Seminararbeit Wohlfahrtsstaaten

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Soziologisches Institut der Universität Zürich Seminar „Wohlfahrtsstaaten“ bei Prof. Dr. Marc Szydlik Herbstsemester 2007

Der Pfadabhängigkeit auf der Spur Eine Analyse sozialdemokratischer, konservativer und liberaler Wohlfahrtsstaaten

Adrian Wenzl Christoph Lutz Christoph Hess 1


Inhalts체bersicht 1. Einleitung Christoph Lutz

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2. Pfadabh채ngigkeit: Theoretische Grundlagen Adrian Wenzl

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3. Sozialdemokratisches Wohlfahrtsregime: Schweden und D채nemark Adrian Wenzl

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4. Konservatives Wohlfahrtsregime: Deutschland und Frankreich Christoph Lutz

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5. Liberales Wohlfahrtsregime: Grossbritannien und USA Christoph Hess

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6. Fazit und Perspektiven Christoph Hess

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Bibliographie

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Kontaktangaben

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Hinweis zum Textumfang

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„Es muss sich alles ändern, damit alles beim Alten bleibt.“ Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1958): „Il Gattopardo“

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1. Einleitung Christoph Lutz Fast 20 Jahre sind seit dem erstmaligen Erscheinen von Gøsta Esping-Andersens bahnbrechendem Werk „The Three Worlds of Welfare Capitalism“ vergangen und noch immer wird in politikwissenschaftlichen, ökonomischen und soziologischen Forscherkreisen rege über die Relevanz und Korrektheit seiner Typologie diskutiert. Die Einteilung der Wohlfahrtsstaaten in drei Typen – in ein sozialdemokratisches, liberales und konservatives Regime – vereinfachte den wissenschaftlichen Diskurs und Esping-Andersen erlangte in der Wohlfahrtsstaatenforschung schnell Berühmtheit. Offenbar traf er 1990, dem Jahr als die „Drei Welten des Wohlfahrtskapitalismus“ erschienen sind, den Nerv der Zeit und brachte in Zeiten der politischen Neuorientierung – mit dem Zerfall der Sowjetunion und der Wiedervereinigung Deutschlands – hilfreiche Anknüpfungspunkte für die soziologische und politikwissenschaftliche Forschung, die sich neuen Herausforderungen auf globaler und europäischer Ebene ausgeliefert sah. Sein Werk wurde gelobt, rief aber auch zahlreiche kritische Stimmen hervor. Zum einen wurden die Indikatoren, anhand denen der dänische Sozialwissenschaftler die Länder in die jeweiligen Regimetypen einordnete, hinterfragt (Obinger/Wagschal 1998), zum anderen bildeten das induktive Vorgehen bei der Konstruktion der Typologie und der wenig historische Fokus der Ausführungen (Borchert 1998) für immer neue Forscher Anknüpfungspunkte zu kritischen empirischen Analysen, die in Fachzeitschriften und Sammelbänden erschienen sind (Czada 1999, Arts/Gelissen 2002, Lessenich/Ostner 1998, Kemeny 1995). Neben den genannten Kritikpunkten wird heute oftmals betont, dass die südeuropäischen Wohlfahrtsstaaten Italien, Spanien, Portugal und Griechenland nicht so recht zum konservativen Typus, dem Esping-Andersen (1990) Italien zugeordnet hatte, passen und daher ein viertes mediterranes Regime zur konzisen Typologisierung der wohlfahrtsstaatlichen Realität nötig sei (Lessenich 1994, Castles 1995). Zudem wurde Esping-Andersen Gender- und Familienblindheit vorgeworfen (Orloff 1993), es wurde also bemängelt, dass die Rolle der Frau und der Familie von ihm in seinen Analysen zu wenig beachtet worden sei. Während diese Kritikpunkte in unserer Seminararbeit an mehreren Stellen durchscheinen, bleibt unser Hauptaugenmerk auf einen anderen Punkt seiner „Drei Welten“ gerichtet, nämlich auf den historisch-institutionalistischen Kern seiner Aussagen, bzw. auf das weitgehende Fehlen desselben. Im derzeitigen wohlfahrtsstaatlichen Forschungsstand kommt dieser Mangel schön zum Ausdruck, denn einerseits erscheinen immer wieder vergleichende Artikel und Monographien, in denen kaum auf längerfristige historische Entwicklungen einzelner Wohlfahrtsstaaten resp. -regime eingegangen, sondern vorwiegend aktuelles statis4


tisches Material verschiedener Länder verglichen wird (Schmid 1996, Bieling/Deppe 1997). Andererseits bietet die historische Perspektive auf die Sozialpolitik wegen ihrer Detailversessenheit kaum Grundlagen für institutionalistische Vergleiche im Stile von EspingAndersen – rühmliche Ausnahmen, z.B. Kaufmann (2003), vorbehalten. In dieser Seminararbeit wollen wir dieser scheinbaren Unvereinbarkeit Abhilfe schaffen. Es geht uns konkret darum, ausgehend von Esping-Andersens Regimetypologie verschiedene Wohlfahrtsstaaten auf ihre Statik und Dynamik hin zu untersuchen. Dem Konzept der Pfadabhängigkeit kommt dabei ein zentraler Stellenwert zu: Es geht von der Vorstellung aus, dass sich Wohlfahrtsstaaten auf festgelegten Pfaden entwickeln und ihrer Ausgestaltung trotz gewissen Anpassungen an soziale, ökonomische und politische Veränderungen im Grossen und Ganzen treu bleiben. Borchert spricht in diesem Zusammenhang von „Beharrungskräften […], die ein Fortschreiten auf dem einmal eingeschlagenen Pfad begünstigen und grundlegende Kurskorrekturen erschweren“ (Borchert 1998: 145). Einmal etablierte Systeme der sozialen Sicherung, z.B. die stark lohnarbeitszentrierte Finanzierung der Sozialversicherungen in Deutschland oder das relativ egalisierende auf Steuerfinanzierung basierende Wohlfahrtssystem der skandinavischen Gesellschaften, sind aufgrund hoher Wechselkosten und starkem Rückhalt in der Bevölkerung oder auch politischer und rechtlicher Ursachen nur schwer grundlegend reformierbar. Die Frage, ob viele kleine Veränderungen, z.B. durch neue Koalitions- und Regierungsbildungen oder Modifikationen der Sozialprogramme, das Gesamtbild der klar abtrennbaren und zuordenbaren Regime im Sinne von Esping-Andersen (1990) trüben können und ob es in den letzten Jahren zu einer Konvergenz der wohlfahrtsstaatlichen Regimetypen gekommen ist, lässt sich nur schwer beantworten und kann in dieser Arbeit kaum empirisch überprüft werden (vgl. dazu Kite 2004). Vielmehr geht es uns darum, die historische Gewachsenheit bestimmter Wohlfahrtsstaatsarrangements zu beleuchten und Veränderungen aufzuzeigen, die mit einer strikten Auslegung der Pfadabhängigkeitsthese nur unzureichend vereinbar sind. Unter Berücksichtigung wichtiger ökonomischer und politischer Ereignisse – wie der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren, dem 2. Weltkrieg, der Ölkrise, und der Europäisierung und Globalisierung in den 1980er und 1990er Jahren, aber auch länderspezifischer Veränderungen in der Politik und Gesellschaft und deren Einfluss auf die Ausgestaltung unterschiedlicher Wohlfahrtsstaaten – versuchen wir die Einbettung der Sozialpolitik in den jeweiligen zeitgeschichtlichen und kulturellen Kontext zu veranschaulichen. Erweist sich die Vorstellung der Pfadabhängigkeit als haltbar oder vermögen wandlungsspezifische, aber dadurch komplexe Beschreibungen die wohlfahrtsstaatliche Wirklichkeit besser zu erfassen? Diese Frage zieht sich durch die ganze Arbeit hindurch und daran werden sich die einzelnen Länderanalysen orientieren. 5


Diese Seminararbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Nach der Einleitung werden die theoretischen Grundlagen für die anschliessenden Kapitel präsentiert. Insbesondere das Konzept der Pfadabhängigkeit wird in diesem Teil genauer unter die Lupe genommen. Es wird herausgearbeitet, welche Rolle es in der ökonomischen, politikwissenschaftlichen und soziologischen Forschung spielt und welche Autoren sich wie mit ihm beschäftigt haben. Zudem wird der Bezug zur Typologie von Esping-Andersen (1990) hergestellt, um anschliessend die Fragestellung der Seminararbeit vorzubringen. Der darauf folgende Analyseteil gliedert sich in drei Kapitel und beantwortet diese Fragestellung, indem er aufzeigt, wie einzelne Länder mit spezifischen historischen Ereignissen aber auch langfristigen eher abstrakten Trends aus sozial-politischer Sicht umgegangen sind und wie diese Wohlfahrtsstaaten ihre heutige Ausgestaltung erreicht haben. Es werden je zwei Beispielländer für jeden Regimetypen analysiert: Schweden und Dänemark für den sozialdemokratischen Typus (Kapitel 3), Deutschland und Frankreich als Vertreter des konservativen Regimes (Kapitel 4) sowie Grossbritannien und die USA, die im liberalen Typus verhaftet sind (Kapitel 5). Im sechsten und letzten Kapitel werden die Erkenntnisse aus den Länderuntersuchungen zusammengetragen und die Perspektiven zukünftiger wissenschaftlicher Diskussion und Forschung skizziert. [7'263 Zeichen]

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2. Pfadabhängigkeit: Theoretische Grundlagen Adrian Wenzl In diesem Kapitel wird der Begriff der Pfadabhängigkeit ausgearbeitet und anschliessend seine Verwendung anhand von verschiedenen Konzepten vorgestellt. Danach erfolgt die Verknüpfung mit der Wohlfahrtsstaaten-Typologie und der Fragestellung unserer Seminararbeit.

Zum Begriff der Pfadabhängigkeit Die Pfadabhängigkeitsthese dient als Erklärung für die langfristige Stabilität von unterschiedlich erfolgreichen Institutionen sowie für die Dominanz von Technologien oder Produkten. Durch Krisen oder Innovationen können jedoch bestehende Institutionen hinterfragt und von neuen Vorstellungen abgelöst werden. Einmal eingeschlagene Pfade werden darum nie ewig fortgeführt, im Gegenteil, das Verlassen eines Pfades ist im Verlaufe der Zeit sogar höchst wahrscheinlich, da bestehende Regelungen nie für alle Parteien optimal ausgelegt werden können. Der Begriff der Pfadabhängigkeit hat in jüngster Zeit stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere in der Transformationsforschung, obwohl für seinen genauen Bedeutungsgehalt nach wie vor keine einheitliche Definition vorliegt. Einig ist man sich jedoch in der Hinsicht, dass vergangene Ereignisse eine entscheidende Rolle spielen, in welche Richtung sich der Pfad eines Wohlfahrtsstaates weiterentwickeln wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass die eigene Geschichte die Ausgestaltung zukünftiger Entscheidungen mitbeeinflusst (Ackermann 2001: 9ff.). Die Idee, dass Vergangenes Zukünftiges beeinflusst, gleicht in diesem Kontext auch stark der Theorie der Strukturierung von Anthony Giddens, in welcher er auf jene Regeln verweist, die am meisten in Raum und Zeit verankert sind. Diese Regeln, welche über die Zeit durch Institutionen und Gesellschaft gefestigt wurden, üben wesentlichen Einfluss auf unser zukünftiges Handeln aus (Giddens 1995: 70). Nebst der Erinnerung an die eigene Geschichte, sieht Ackermann Pfadabhängigkeitsprozesse weitere Eigenschaften aufweisen. Er spricht von Nichtvorhersagbarkeit und meint damit, dass trotz positiver Rückkoppelungen nie genau gesagt werden kann, welches von mehreren möglichen Ereignissen sich einstellen wird. Als zweite Eigenschaft verweist er auf die Inflexibilität von Pfadabhängigkeitsprozessen. Damit meint er, dass wenn ein Prozess einmal ein stabiles Gleichgewicht erreicht hat, dieses nicht wieder von alleine verlassen wird. Als dritte Eigenschaft nennt er potentielle Ineffizienz und impliziert damit, dass keineswegs immer der effizienteste Weg gewählt wird (Ackermann 2001: 19f.). Im nachfolgenden Abschnitt wird erst auf diejenigen Ansätze fokussiert, welche Erklärungen für die Entstehung pfadabhängiger Prozesse liefern. Zentraler Punkt dieser 7


Ansätze ist die Frage, warum sich die Vergangenheit so stark auf zukünftige Handlungen auswirkt? Hierzu gibt es eine Reihe von Ansätzen die, obwohl sie aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen stammen, mehrheitlich den Grund in der gegenseitigen Abhängigkeit verschiedener Faktoren, wie z.B. Institutionen, Regierungen oder Interessensgruppen sehen. Abschliessend werden einige kritische Stimmen vorgestellt, welche die Erklärungskraft der Pfadabhängigkeitsthese in Frage stellen.

Konzepte zur Erklärung der Pfadabhängigkeit Der Mathematiker George Polya hat mit einem Modell, dem Standard-Polya-Prozess, die Pfadabhängigkeit zu illustrieren versucht. Ausgangslage des Modells war, dass sich in einer Urne zwei Kugeln befinden, von denen eine weiss und die andere rot ist. Es wird nun per Zufallsauswahl eine Kugel gezogen und entsprechend der Farbe der gezogenen Kugel eine weitere Kugel derselben Farbe in die Urne gelegt. Dieses Vorgehen wird in jeder Runde wiederholt. Der Prozess der sich nun einstellt, ist insofern pfadabhängig, als dass die Wahrscheinlichkeit, eine Kugel einer bestimmten Farbe zu ziehen, mit der Proportion der Kugeln dieser Farbe in der Urne genau übereinstimmen muss. Wenn also der Anteil von Kugeln einer bestimmten Farbe steigt, erhöht sich wiederum die Wahrscheinlichkeit, genau diese Farbe zu ziehen; es liegen positive Rückkoppelungen beziehungsweise Selbstverstärkungen vor. Dabei lässt sich erkennen, dass vor allem die ersten Ziehungen von besonderer Relevanz sind, weil die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Pfad in die eine oder andere Richtung entwickeln kann, noch sehr hoch ist (Wetzel 2005: 7). Einen pragmatischeren Ansatz wählte der Ökonome Arthur, der sich mit dem Konzept der Pfadabhängigkeit in der Ökonomie beschäftigt hat. Er fand vier Aspekte der Selbstverstärkung: Hohe Gründungskosten, fallende Stückkosten bei steigender Produktion, Lerneffekte, welche dazu führen, dass sich Produkte bei zunehmender Verbreitung verbessern und Koordinationseffekte, bei ähnlich handelnden Wirtschaftssubjekten. Für das Eintreten von pfadabhängigen Verläufen ist nach Arthur die Bedingung des increasing return massgeblich. Damit meint er, dass eine stärkere Anwendung einer Technologie den Nutzen in selbstverstärkender Weise erhöht (Arthur 1994: 112). Pierson, der ebenfalls an die selbstverstärkende Wirkung von increasing returns glaubt, begründet dies folgendermassen: „[...] the relative benefits of the current activity compared with other possible options increase over time, [because/A.W.] the costs of exit, of switching to some previously plausible alternative, rise” (Pierson 2000: 252). Zum Ansatz von Arthur fügt Beyer hinzu, dass die ökonomische Perspektive der Pfadabhängigkeit den Geltungsbereich jedoch stark einschränkt, da diese nur solange funktioniert, bis eine optimale Grösse erreicht wurde. Denn gleichzeitig gilt für die meisten ökono8


mischen Tätigkeiten ein diminishing return, welcher dann einsetzt, wenn die optimale Produktionsgrösse überschritten wurde. Der Aspekt der increasing returns hat darum nur dort Gültigkeit, wo dieses Limit nicht gilt, wie z.B. in wissensbasierten Technologien (Beyer 2006: 15f.). Katz und Shapiro (1986) sprechen in diesem Zusammenhang nicht von increasing returns, sondern von Netzwerkexternalitäten. Diese können als Skalenerträge auf der Nachfrageseite aufgefasst werden. Ein Produkt ist demzufolge umso attraktiver, je mehr Menschen es aktuell nutzen. Katz und Shapiro heben ebenfalls hervor, dass der Mensch grundsätzlich ein Interesse daran hat, dass ein Gut auch in Zukunft einen Nutzen bringen wird. Haben Menschen die Erwartung, dass ein Gut auch in Zukunft noch bestehen wird, dann bewirken diese Erwartungen eine Stabilisierung des eingeschlagenen Pfades (Beyer 2006: 28f.). North, einer der prominentesten Vertreter des Konzepts der Pfadabhängigkeit, betont nebst den ökonomischen Selbstverstärkungsmechanismen von Arthur, Interessensgruppen, die eine Beibehaltung eines Pfades anstreben. Nach North muss ein eingeschlagener Pfad dabei nicht zwingend produktiv sein, denn entsprechend geschaffener Anreizstrukturen durch bestehende Institutionen, können sich Organisationen oder Interessensgruppen herausbilden, die sich gegen Veränderungen wehren, weil die Grundlage ihrer Wohlfahrt unter einer institutionellen Veränderung schwinden würde. Entsprechend haben diese Gruppen ein Interesse daran, institutionellen Wandel zu hemmen oder in eine bestimmte Richtung zu verstärken (North 1992: 118). Die vorgestellten Ansätze zeigen, dass getroffene Entscheidungen, haben sie sich einmal verbreitet, mittels Selbstverstärkungsprozessen gestützt werden und über die Zeit etablieren. Mahoney (2000) argumentiert allerdings, dass dieser Ansatz zu kurz greift, da dieser doch wichtige Aspekte wie die zeitliche Abfolge und den Kontext dieser Entscheidungen zu sehr vernachlässigt. Er definiert darum drei Aspekte, die für die Pfadabhängigkeitsanalyse mindestens berücksichtigt werden sollten: • „First, path-dependent analysis involves the study of causal processes that are highly sensitive to events that take place in the early stages of an overall historical sequence”. • „Second, in a path-dependent sequence, early historical events are contingent occurrences that cannot be explained on the basis of prior events or initial conditions”. •

„Third, once contingent historical events take place, path-dependent sequences are marked by relatively deterministic causal patterns or what can be thought of as inertia” (Mahoney 2000: 511f.).

Mahoney betont dabei, dass den Ereignissen zu Beginn einer neuen Epoche grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, diese aber nicht immer vor dem Hintergrund früherer 9


Ereignisse erklärt werden können. Schliesslich betont er den Selbstverstärkungsprozess, der sich in Gang setzt, nachdem eine Richtung eingeschlagen wurde. Damit betont er die Sensitivität der Pfadentwicklung zu Beginn eines neuen Pfades. Weil in dieser Zeit jedoch bestehende Institutionen stark in Frage gestellt werden, lässt sich ein Fortsetzen des Pfades nur indirekt auf der Existenz dieser Institutionen begründen. Vielmehr treten an dieser Stelle neue Ideen und Vorschläge in den Vordergrund, die sich von bestehenden institutionellen Arrangements abgrenzen. Weil neue Vorschläge immer im historischen Kontext eines Landes gefällt werden und darum stark mit den vorhanden kulturellen Werten verbunden sind, unterscheiden sich diese von Land zu Land sehr stark. Mayer unterstreicht in diesem Zusammenhang die Eigenwilligkeit nationalstaatlicher Pfadabhängigkeitsprozesse, trotz der für die meisten westeuropäischen Länder ähnlichen globalen Herausforderungen. „Even if pressures and challenges of global social change may to some degree be similar, the responses will vary widely given the diverging institutional configurations existing in any given country“ (Mayer 2001: 90). Zu diesen Eigenwilligkeiten zählt er z.B. Zulassungsbeschränkungen für ausländische Investoren, die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt oder die Massnahme, die sozialen Versicherungsleistungen auf alle Bevölkerungsteile auszuweiten.

Zur Kritik am Konzept der Pfadabhängigkeit Scherrer weist in seiner Kritik am Konzept der Pfadabhängigkeit darauf hin, dass das Problem der Operationalisierung nach wie vor ungelöst bleibt. Nebst der Frage nach dem relevanten Untersuchungszeitraum stellt sich auch die Frage nach den Ereignissen, die für die Studie berücksichtigt werden. Somit können bedeutende Ereignisse unbeachtet bleiben, weil sie nicht als bedeutend betrachtet und scheinbar unbedeutende Ereignisse überbewertet werden. Zudem verweist Scherrer in seiner Kritik auf die soziale Evolution der Geschichte. Für das Konzept der Pfadabhängigkeit stelle sich deshalb das Problem des unendlichen Regresses (Scherrer 2001: 6). Lehmbruch kritisiert an dem von Arthur und Pierson geäusserten Ansatz der increasing returns, dessen Modellcharakter. Er glaubt, dass die Operationalisierung und Erklärung von Pfadabhängigkeit politischer Institutionen mittels ökonomischer Daten zu kurz greifen. Pfadabhängige politische Institutionen sieht er vielmehr als Ergebnis von Machtkonstellationen (Lehmbruch 2002: 15). Wetzel sieht einen weiteren Kritikpunkt in der Unmöglichkeit, institutionellen Wandel endogen zu erklären. Es muss darum immer von ausserhalb eine exogene Schockwirkung eintreten, damit bestimmte pfadabhängige Entwicklungen ausgelöst werden (Wetzel 2005: 30). Eine sprichwörtlich „pfadunabhängige“ Position vertritt der Rational-Choice-Ansatz. Bezogen auf politische Wahlentscheidungen gilt die These, dass diese von vergangenen 10


Handlungen losgelöst gefällt werden. Downs schlussfolgerte in seinem berühmten Werk „Economic Theory of Democracy“, dass der Wahlakt ausschliesslich im Hinblick auf die Auswahl einer Regierung erfolgt, welche die persönlichen Bedürfnisse maximiert. Daraus schliesst er, dass jede politische Regierung das ungeplante Ergebnis individueller Handlungen darstellt und deshalb auch kein Bezug zu einer Vorgängerregierung möglich ist (Kunz 2004: 76ff.).

Die Wohlfahrtsstaaten-Typologie von Esping-Andersen und Pfadabhängigkeit Ausgangspunkt in der Wohlfahrtsstaaten-Typologie von Esping-Andersen ist die Sozialdemokratisierung des Kapitalismus. Dazu äussert er sich folgendermassen: „[…] social policy was never neutral, but part of a more general campaign to weaken, or absorb, the socialist impulse and to secure a lasting institutionalization of politically preferable principles of social organizations“ (Esping-Andersen 1990: 110). Neben der Abwehr des Sozialismus sieht Esping-Andersen vor allem historische Gründe als Triebkräfte hinter der Entwicklung der drei Wohlfahrtsstaatsregime. So bildeten die Kirche, die Aristokratie und ein autoritärer Staat die Triebkräfte im frühkapitalistischen Kontinentaleuropa hin zum sozialdemokratischen Modell, während im angelsächsischen Raum der schwächelnde Absolutismus und die Dominanz des laissez-faire Bürgertums das liberale Regime gefördert haben. Vor diesem Hintergrund verteidigt Esping-Andersen seine These, dass die Stärke der linken Parteien in einem Staat, die Sozialdemokratisierung wesentlich beeinflusst: „The analyses leave little doubt that leftparty power is decisive for decommodification, full-employment efforts, and general social democratization“. Die unterschiedliche Stärke der linken Parteien hat sich dann in der Konstitution des Gesellschaftsvertrags niedergeschlagen und Esping-Andersen hat daraus drei unterschiedliche Wohlfahrtsregime gebildet, die er als das liberale, konservative und sozialdemokratische Modell bezeichnet. Da eine totale Machtübernahme durch die linken Parteien jedoch eine Utopie bleibt, sieht Esping-Andersen die drei Regime auf ihren Pfaden bleiben (Esping-Andersen 1990: 137f.). An dieser Stelle setzen wir mit der Fragestellung unserer Arbeit ein. Lässt sich tatsächlich eine Pfadabhängigkeit in den drei Wohlfahrtsregime feststellen? Sind die Wohlfahrtsstaaten in ihrer Weiterentwicklung tatsächlich historischen Kräften unterworfen und verhindern etablierte Institutionen eine pfadabweichende Erneuerung des Wohlfahrtsstaats? Konkret untersuchen wir in jedem der drei Wohlfahrtsregime zwei Länder, mit deren Hilfe wir versuchen werden, diese Frage zu beantworten. Dabei helfen werden uns auch jene drei Kategorien, auf denen die Typologie von Esping-Andersen (1990) basiert: Dekommodifizierung als Mass für die Abhängigkeit von Arbeitsmarktpartizipation, Stratifizierung als Ausdruck sozialstruktu-

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reller Inklusion oder Exklusion sowie eine institutionelle Trias aus Markt, Familie und Staat, die sich ergänzend und einander substituierend wohlfahrtsstaatliche Leistungen erbringen. Für die Aufarbeitung der angesprochenen Fragen ergibt sich das Problem, welcher Zeitpunkt als Ausgangspunkt der Untersuchung herangezogen werden soll, denn die Regimetypologie von Esping-Andersen basiert auf Daten zwischen 1946 und 1980, gleichwohl die Wohlfahrtsstaaten in ihrer jeweiligen Ausprägung teilweise schon länger existieren. Die Frage des Beginns des Untersuchungszeitpunktes muss darum aus einer historischen Perspektive, für jedes Land individuell festgelegt werden. Anschliessend soll anhand bestimmter nationaler und internationaler Ereignisse eine länderspezifische Analyse durchgeführt werden, welche einen Einfluss auf die Pfadabhängigkeit der Wohlfahrtsstaaten vermuten lassen. Die Wahl der Ereignisse richtet sich dabei nach der Relevanz, welche diese auf den nationalen Kontext ausüben. In den entsprechenden Kapiteln werden zur Untersuchung der Auswirkungen auf den Wohlfahrtsstaat unter anderem Politikprogramme näher betrachtet. Um ein Verlassen des Pfades feststellen zu können, muss gewissermassen ein wohlfahrtsstaatlich-idealtypischer Pfad vorkonstruiert und anschliessend mit der Realität verglichen werden, weil nur so eine Pfadabweichung als solche identifiziert und nicht fälschlicherweise als abgeschwächte Weiterführung desselben Pfades interpretiert wird. Dieses Vorgehen liegt den in den nachfolgenden drei Kapiteln durchgeführten Untersuchungen zugrunde. Die dabei gefundenen Indizien und Hinweise können bisweilen zweideutig interpretiert werden. Hierzu stellt Borchert berechtigterweise die Frage, ob der Abbau eines Wohlfahrtsstaates mit denselben analytischen Kategorien wie sein Aufbau analysiert werden kann. Und andererseits stellt sich die Frage, ob die Typologisierung der Nachkriegssituation auch in einer neuen Ära ihre Gültigkeit behält (Borchert 1997: 142). [16'197 Zeichen]

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3. Sozialdemokratisches Wohlfahrtsregime Adrian Wenzl Fast alle Länder in Europa waren an der Wende zum 18. Jahrhundert in ihrer gesellschaftlichen Ordnung durch den Feudalismus und Absolutismus geprägt. Es herrschte ein System der persönlichen Unfreiheit, der starren Bindungen und Traditionen und eines erlahmten Produktionsfortschritts. Die liberalen Strömungen, die sich seit dem 18. Jahrhundert in Europa ausbreiteten, vermochten diese Strukturen immer stärker aufzuweichen. Ausgangspunkt dieser Veränderungen war die Französische Revolution und der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. In wirtschaftlicher Perspektive leitete der Liberalismus aus diesen Prinzipien eine uneingeschränkte Gewerbe- und Eigentumsfreiheit ab. Der freie Wettbewerb und seine wirtschaftlichen Folgen waren für den Liberalismus quasi ein Naturgesetz der harmonischen Wirtschaftsordnung (Meyer 1991: 12ff.). Auch die sozialdemokratischen Grundwerte gründen wie diejenigen des Liberalismus in der Französischen Revolution. Im Gegensatz zum Liberalismus sind aus sozialdemokratischer Perspektive Freiheit und Gleichheit jedoch erst dann möglich, wenn Solidarität das Handeln der Menschen untereinander verbindet und die ökonomischen Handlungsbedingungen deshalb nicht dem freien Markt überlassen werden. Der Glaube, dass der Staat die Bürger vor den Ergebnissen des Marktes schützen muss, war die sozialdemokratische Interpretation von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (Merkel et al. 2006: 26). In den sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten ist das Erbe dieser Interpretation noch heute sichtbar, da sich diese gemäss der Typologie von Esping-Andersen (1990) durch hohe Dekommodifizierung und tiefe Stratifizierung kennzeichnen. Die Rolle der Sozialdemokratie in der Regierungspolitik spielte bis zum Ende des ersten Weltkriegs in Europa nur eine marginale Rolle, da sich die Arbeiterparteien ausschliesslich in der Oppositionsrolle befanden. Während die Sozialdemokratie in der Nachkriegszeit ihr goldenes Zeitalter erlebte, läutete die Zeit nach der Ölkrise eine Phase des Rückzugs ein. Die mit der Globalisierung verschärfte Wettbewerbssituation der Nationalstaaten warf Anfang der 1990er Jahre die Frage nach der Zukunft der Sozialdemokratie auf. Gegen Ende des letzten Jahrtausends hatte sich die Sozialdemokratie von ihrer Schwächephase erholt und stellte 12 der 15 Regierungen in der Europäischen Union (Meyer 2002: 17ff.). Das sozialdemokratische Wohlfahrtsregime ist durch einen umfassenden Typ von Sozialstaatlichkeit gekennzeichnet, da in ihm die Grundrechte der Bürger nicht nur im Hinblick auf die soziale Sicherung gewährleistet, sondern darüber hinaus auch die Entscheidungsteilhabe durch soziale Autonomie gefördert werden. Zu den Grundrechten im sozialdemokratischen Wohlfahrtsregime gehören Sicherungsleistungen für alle, die unab13


hängig von Einkommen, Beiträgen oder Arbeitsleistungen gewährt werden. Ziel ist es, Statusgleichheit zwischen den Bürgern zu fördern und die Bedürfnisse der Bürger in den Handlungsbereichen Gesundheit, Erziehung, Bildung, Wohnen und soziale Sicherheit nicht dem Wirken blosser Marktkräfte zu überlassen. Soziale Demokratie heisst aber auch, dass diese nur in der Symbiose mit kapitalistischen Ökonomien und nicht statt oder gegen die Märkte Entfaltung finden kann (Meyer 2005: 313ff.). Gegenwärtig sind in Europa vor allem die skandinavischen Länder Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland nach sozialdemokratischen Prinzipien ausgestaltet. Esping-Andersen (1998) ordnet diese Länder dem kleinsten der drei Wohlfahrtsstaat-Typen zu und begründet diese Zuordnung anhand der Tatsache, dass in diesen Ländern die Sozialdemokratie die treibende Kraft sozialer Reformen darstellt. Die Sozialdemokraten streben einen Wohlfahrtsstaat an, der Gleichheit auf höchstem Niveau zum Ziel hat und nicht wie in anderen Staaten eine Befriedigung von Mindestbedürfnissen. Das sozialdemokratische Modell drängt den Markt zurück und sorgt für eine universale Solidarität im und mit dem Wohlfahrtsstaat. Entsprechend diesen Zielsetzungen zeichnet sich das sozialdemokratische Wohlfahrtsregime durch eine hohe Dekommodifizierung und eine tiefe Stratifizierung aus (Esping-Andersen 1998: 44f.). Die in dieser Arbeit vorgenommene Pfadabhängigkeitsanalyse sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaaten wird anhand der Länder Schweden und Dänemark exemplarisch durchgeführt. Schweden wurde aus dem Grund ausgewählt, weil es Esping-Andersen’s Kriterien eines sozialdemokratischen Wohlfahrtsregime, am eindeutigsten entspricht. Dänemark, das in den 1990er mit seiner Arbeitsmarktpolitik der flexicurity und negotiated economy einen liberaleren Kurs eingeschlagen hat, soll ebenfalls Teil unserer Pfadabhängigkeitsanalyse sein. Dabei interessiert uns vor allem, ob Schweden und Dänemark in einer globalisierten Welt mit ihrem umfassenden Wohlfahrtsstaat bestehen können oder ob

bereits ein Rückzug des

Wohlfahrtsstaates ersichtlich ist. [4'906 Zeichen]

3.1 Schweden Der nachfolgende Abschnitt bietet einen umrissartigen Überblick über die wirtschaftspolitischen Ereignisse Schwedens im 20. Jahrhundert unter Berücksichtigung der Pfadabhängigkeitsthese.

Die Anfänge des Wohlfahrtsstaates in Schweden Nach den napoleonischen Kriegen prägte eine lange Phase des Friedens die Entwicklung Schwedens. Zwischen 1850 und 1930 durchlebte das Königreich einen rasanten und 14


radikalen Wandel von einer Agrargesellschaft hin zu einer liberalen Industriegesellschaft, begünstigt durch die im Norden reichlich vorhandenen Rohstoffe (Astrup 1997: 22ff.). Die schwedische Wirtschaftspolitik war zu dieser Zeit sehr liberal gesteuert und ging mit einer tiefen Staatsquote einher. In dieser Zeit entstanden auch eine Reihe grosser Industriekonzerne, namentlich SAS, Saab, Elektrolux oder ABB. Die schwedischen Unternehmen hatten sich in dieser Zeit als global player etabliert und führten Schweden zu einer wirtschaftlichen Grossmacht (Hannemann 2007: 132f.). Die ersten sozialpolitischen Ansätze in Schweden entstanden angesichts der sozialen und ökonomischen Veränderungen im Zuge der Industrialisierung. Um die Jahrhundertwende wurden der Reihe nach das Arbeitsschutzgesetz (1889), die Rentenversicherung (1913), die Armenfürsorge (1918) und die Kinderfürsorge (1924) eingeführt (Schmid 2002: 203). Wendepunkt des Liberalismus in Schweden war der Zusammenbruch des Finanzimperiums von Ivar Krueger im Jahre 1932, welcher Tausende Kleinsparer um ihre Ersparnisse brachte. Als bekannt wurde, dass der damalige schwedische Premierminister der liberalen Volkspartei, Felix Hamrin, mit Ivar Krueger in dubiose Geschäfte verwickelt war, nahm das Ende des Liberalismus in Schweden seinen Anfang. Zur gleichen Zeit wurde in Schweden eine Studie über die „Krise der Bevölkerungsfrage“ publik gemacht, die eine beträchtliche Abnahme des Geburtenüberschusses konstatierte. Diese Abnahme wurde wiederum auf die Problemlagen der städtischen Bevölkerung zurückgeführt und im Zuge dieser Ereignisse entstanden in der schwedischen Gesellschaft grosse Unsicherheiten über die Zukunft des Landes. Die Sozialdemokratische Partei, unter ihrem Vorsitzenden Peter Albin Hansson, wusste dieses Vakuum als Erste zu füllen und die Macht an sich zu reissen (Schmid 2002: 206ff.). Der Regierungswechsel im Jahre 1932 ist in Bezug auf unsere Fragestellung der Pfadabhängigkeit zwiespältig zu bewerten. Aus ideologischer Perspektive ist sicherlich eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft zu konstatieren, wie weiter unten in diesem Abschnitt noch näher erklärt wird. In Bezug auf die Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates hatte sich unmittelbar aus dem Regierungswechsel keine Veränderung ergeben. Die schwedischen Sozialversicherungen waren im europäischen Vergleich bereits sehr weit ausgebaut und es bestand auch aus gesellschaftlicher Perspektive kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Söderström (1994) konnte zudem zeigen, dass die öffentlichen Ausgaben gemessen am BIP im Zeitraum 1930-1940 nahezu konstant blieben, was als weiteres Indiz dafür zu interpretieren ist (Von Otter 1999: 88). Nichtsdestotrotz kann an dieser Stelle von einem Pfadwechsel gesprochen werden, weil das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft einem grundlegenden Wandel unterworfen und von nachhaltiger Dauer war.

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Das schwedische „Volksheim“ und der Beginn des modernen Wohlfahrtsstaates Peter Albin Hansson präsentierte den Schweden in der Folge seine Zukunftsvision des sogenannten „Volksheim“. Mit dem „Volksheim“ wollte Hansson einen Raum schaffen, in dem alle Schweden gleichermassen Platz haben, wo Benachteiligungen aufgehoben würden und in welchem man sich zum solidarischen Zusammenleben bekennen würde (Henze 1998: 35ff.). Die Vision eines Volksheims hatte Hansson allerdings schon früher entworfen. In seiner berühmten Rede als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei stellte er der zweiten Kammer des Reichstags im Jahre 1928 seine Vision vor: „In einem guten Heim walten Gleichheit, Umsicht, Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft. Übertragen auf das grosse Heim der Nation und der Bürger bedeutet dies ein Abbau aller sozialen und ökonomischen Grenzen, die heute die Bürger unterteilen in Privilegierte und Zurückgesetzte, in Herrschende und Abhängige, in Reiche und Arme, Besitzende und Verarmte, Plündernde und Ausgeplünderte“ (Häfner 1998: 36 zit. nach Rojas 1996: 39f.). Mit dem Begriff des „Volksheim“ hatte Hansson ein ursprünglich sozialkonservatives und nationalistisches Motiv als Symbol für die sozialdemokratische Politik verwendet. Der Erfolg resultierte aus der Fähigkeit, die klassenlose Gesellschaft, das familiäre Heim und die Nation in einem Symbol zu vereinen. Das „Volksheim“ sollte aber auch als Lösungsformel für die konfliktreichen Spannungen zwischen Tradition und Moderne dienen (Häfner 1998: 36f.). Die Vision des „Volksheim“ wurde nach der Regierungsübernahme durch die Sozialdemokraten zum ordnenden Strukturprinzip und veränderte das politische wie auch gesellschaftliche Leben der Schweden. Das sozialdemokratische Projekt wurde zum Projekt einer ganzen Nation und daraus resultierte eine kollektivistische Grundorientierung. Fortan galt eine Kooperation zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern um die wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen. Im Jahre 1938 wurde in Saltsjöbaden, einem kleinen Vorort von Stockholm, ein Abkommen geschlossen, welches die schwedische Wirtschaftspolitik für die nächsten 50 Jahre beeinflussen sollte. Tarifabschlüsse und Lohnverhandlungen wurden nach einem vorgegebenen Handlungsmuster auf nationaler Ebene ausgehandelt und zwar solange, bis beide Parteien zufrieden gestellt waren (Schmid 2002: 208). Auch die wirtschaftlichen Ziele hatten sich zu dieser Zeit gewandelt. Vollbeschäftigung galt nun als wichtigstes Ziel und Basis der Wohlfahrt um die Sozialversicherungssysteme für Krankheit, Alter oder Arbeitslosigkeit finanzieren zu können. Weil die Grundorientierung des Wohlfahrtsstaates in der Universalität aller Bürger lag, wurde dementsprechend auch die nichterwerbstätige Bevölkerung versichert (Meidner 1997: 39). In den folgenden 40 Jahren, von 1950 bis 1990, entwickelte Schweden im Vergleich zu Westeuropa, eine Ausnahmerolle im sozial- und arbeitsmarktpolitischen Bereich:

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Mit der gesetzlich vergleichsweise frühen Gleichstellung der Frau, gekoppelt mit ausgebauter Kinderbetreuung, flexiblen Elternurlaubsregelungen und Elterngeld konnte die Frauenerwerbstätigkeit auf 70% - 80% gesteigert werden.

Die auf Vollbeschäftigung ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik konnte die Arbeitslosenquote extrem niedrig halten, in den 1980er Jahren herrschte quasi Vollbeschäftigung.

Ein sehr hoher Anteil der Erwerbstätigen arbeitete im staatlichen Sektor. Folglich trug der öffentliche Sektor auch einen hohen Anteil zum schwedischen Bruttosozialprodukt bei (Lissner/Wöss 1999: 19).

Eine weitere schwedische Besonderheit basierte auf dem Grundsatz, dass der Bezug von Sozialleistungen mit wenigen Ausnahmen steuerpflichtig ist. Damit floss ein Teil der Sozialausgaben wieder in die Staatskasse zurück (Lissner/Wöss 1999: 20). Schwedens sozialpolitische Vorreiterrolle in Europa ist die Folge eines kontinuierlichen Ausbaus der Sozialwerke. Zur Zeit der Machtübernahme durch die Sozialdemokraten im Jahre 1932 war Schweden noch im Mittelfeld platziert. Bei genauer Betrachtung und Miteinbezugnahme aller sozialen Rechte wurde die Führungsposition erst Anfang der 80er Jahre, auf dem Höhepunkt der schwedischen Wohlfahrtspolitik, erreicht. Abbildung 3.1 verdeutlicht

diese

Stellung:

Berücksichtigt sind die Fakto-

Abbildung 3.1: Rangierung der Wohlfahrtsstaaten im internationalen Vergleich

ren

Rang

1930

1960

1985

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Deutschland Grossbritannien Österreich Irland Dänemark Niederlande Belgien Schweden Schweiz Italien Frankreich Australien Neuseeland Norwegen Kanada Finnland USA Japan

Niederlande Österreich Deutschland Neuseeland Belgien Schweden Frankreich Norwegen Dänemark Australien Grossbritannien Irland Schweiz Italien Kanada USA Finnland Japan

Schweden Norwegen Finnland Dänemark Schweiz Neuseeland Niederlande Belgien Österreich Deutschland Kanada Irland Japan Frankreich Italien Australien Grossbritannien USA

gesetzliche

Altersrente,

Kindergeld, Vergütungen bei Krankheit, Arbeitsunfällen und Arbeitslosigkeit (Hort 1999: 112). Ebenfalls gut ersichtlich sind

im

Jahre

1985

die

Führungspositionen der sozialdemokratischen

Wohlfahrts-

staaten, während die liberalen Wohlfahrtsstaaten

tendenziell

am unteren Ende der Tabelle zu

Quelle: Korpi (1990)

finden sind.

Erste Probleme im schwedischen Wohlfahrtsstaat Die stetige Expansion des Wohlfahrtsstaates hat zu grundlegenden Problemen in Schweden geführt. So stimmten einerseits die Lohnforderungen mit dem volkswirtschaftlichen Spielraum immer weniger überein und den Verteilungsaspekten der Sozialausgaben wurde, im Zuge von verminderten Anreizen auf dem Arbeitsmarkt und einer gesunkenen Flexibilität auf 17


Seiten der Unternehmen, immer grösseres Gewicht verliehen. Andererseits nahm die Produktivität Schwedens ab Anfang der 1970er Jahre markant ab und die Wettbewerbsfähigkeit verschlechterte sich gegenüber anderen Ländern in Europa (Abbildung 3.2). Die LindbeckKommission sah ein grosses Versäumnis des Staates in der Förderung von Investitionen und Erträgen seitens der Unternehmen. Eine Erklärung sieht die Kommission in der Tatsache, dass der schwedische Kapitalmarkt durch die Devisenregulierung lange Zeit „eingesperrt“ war und sich schwedische Investoren darum an niedrigere Renditen als in anderen Ländern gewöhnt hatten (Lindbeck-Kommission 1999: 174ff.). Die globale Energiekrise im Jahre 1973/74 war darum auch die erste Bewährungsprobe für den schwedischen Wohlfahrtsstaat, weil die exportorientierte Wirtschaft besonders unter dem hohen Ölpreis zu leiden hatte. Die ver-

Abbildung 3.2: Veränderung der Produktivität in den OECD-Ländern in Europa und in Schweden

schlechterte Wirtschaftslage liess die Zustimmung zum Wohlfahrtsstaat fallen. Auf die

OECDLänder

Frage, ob der schwedische Staat in Zukunft 1970: 1971: 1972: 1973: 1974: 1975: 1976: 1977: 1978: Ø 1970 – 1978:

Sozialleistungen eher zurückfahren sollte als weiter ausbauen, befürworteten in einer jährlich

durchgeführten

Meinungsumfrage

knapp mehr als 50 % deren Abbau (Andersen et al. 1999: 245). Abbildung 3.3 zeigt die auf

4.2 3.3 4.2 4.3 1.3 0.6 4.2 2.4 3.0 3.1

den Beginn der Ölkrise sprunghaft angestie-

% % % % % % % % % %

Schweden 5.2 1.2 2.0 3.3 1.1 0.7 0.8 - 1.8 1.3 1.5

% % % % % % % % % %

Quelle: Lindbeck-Kommission (1999)

gene Ablehnung. Es ist darum keineswegs überraschend, dass nach einer 44-jährigen Regierungsperiode der sozialdemokratischen Partei im Jahre 1976 die liberale Partei zusammen mit der Zentrumspartei und den Konservativen die Regierung übernahm. Die neue

Abbildung 3.3: Zustimmung zum Wohlfahrtsstaat in Schweden

Regierung begann mit der Rationalisierung staatlicher Behörden und öffnete einige staatliche Tätigkeitsbereiche dem Wettbewerb, blieb in ihren Reformbemühungen

Zustimmung 1960: 1968: 1973: 1975: 1980:

jedoch bescheiden (Von Otter 1999: 95).

50 63 42 60 64

% % % % %

Ablehnung 32 33 52 32 28

% % % % %

Quelle: Swallfors (1996)

Weil sich die schwedische Wirtschaft von der Energiekrise besser erholte als gedacht und die liberale Koalitionsregierung im Streit über den Bau eines neuen Kernkraftwerks zerbrach, übernahm im Jahre 1982 wieder die Sozialdemokratische Partei die Führung (Marklund et al. 1999: 47ff.). Der erste Regierungswechsel in Schweden nach 44-jähriger Regierungsperiode der Sozialdemokraten deutete zwar auf Anpassungen im Wohlfahrtsstaat hin, es kann an dieser Stelle jedoch nicht von einem Pfadwechsel gesprochen werden. Die Zustimmung zum

18


Wohlfahrtsstaat war in der Bevölkerung nach wie sehr gross und es erfolgte kein Abbau an wohlfahrtsstaatlichen Leistungen. In den 1980er Jahre wurden weitere Wirtschaftsbereiche dereguliert, wie z.B. der Telekommunikationsmarkt, der Kredit- oder Devisenmarkt, während die Ausgaben für die Sozialversicherungen leicht anstiegen. In den Jahren 1991-1994 erlebte Schweden die schwerste Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren. Die Ursachen lagen einerseits in der weltweiten Konjunkturabkühlung, welche insbesondere die schwedischen Exportunternehmen traf, die darauf mit Rationalisierungen und Entlassungen reagierten. Andererseits lagen die Probleme in der Bankenkrise, für welche die Regierung grosse Liquiditäts- und Sicherungsgarantien abgab (Henkes 2006: 275f.). Mit der Wirtschaftskrise gab es erneut einen Regierungswechsel. Das prioritäre Ziel der Vollbeschäftigung wich der Bekämpfung der Inflation. Zusätzlich beschloss die Regierung eine Steuerreform, senkte den Einkommensspitzensteuersatz und erhöhte die Mehrwertsteuer. Die daraus resultierenden niedrigeren Steuereinnahmen hatten zur Folge, dass sich der Wohlfahrtsstaat in Richtung grösserer individueller Freiheit und dem Abbau öffentlicher Produktionsmonopole entwickelte (Hort 1999: 125ff.). Der Wahlkampf im Jahre 1994 war geprägt von den Themen Staatsverschuldung, Haushaltsdefizit und Arbeitslosigkeit. Obwohl die Reformen durch die liberale Regierung Wirkung zu zeigen begannen, wurde sie abgewählt und die Sozialdemokraten eroberten die Macht zurück. In den folgenden vier Jahren strebte die neue Regierung eine Konsolidierung der Staatsfinanzen an, 1998 konnte die fiskalische Situation des Haushalts als gelöst angesehen werden. Dies erlaubte der Regierung, die zuvor getätigten Kürzungen wieder zurückzunehmen und in verschiedenen Bereichen den Wohlfahrtsstaat auszubauen. Trotz einer veränderten Weltlage verfolgte die Sozialdemokratische Partei nach wie vor das Ziel einer solidarischen Gesellschaft in Freiheit und Gleichheit. Die Bevölkerung bestätigte diese Richtung durch die Wiederwahl der Partei im Jahre 2002 (Henkes 2006: 313ff.). Die 1990er Jahre sind symptomatisch für die Wohlfahrtspolitik in Schweden. Zeigen die wirtschaftlichen Daten nach unten, dann wird eine liberalere Regierung gewählt und zwar solange, bis die Daten wieder nach oben zeigen. Reformen am Wohlfahrtsstaat konnten somit immer wieder rückgängig gemacht werden. Dass es seit den 1930er Jahren keinen Pfadwechsel gab, hat sicherlich mit der robusten schwedischen Ökonomie zu tun, die sich von Krisen immer wieder erholt hat. Andererseits ist das sozialdemokratische Projekt in den Köpfen der Schweden so stark verankert, dass keine Regierung bislang versucht hat, den Wohlfahrtsstaat ernsthaft umzubauen. [13'366 Zeichen]

19


3.2 Dänemark Im Zuge der industriellen Revolution am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in Dänemark eine urbane Arbeiterklasse, Gewerkschaften und die sozialdemokratische Partei (Miller 1991: 26f.). Der in Dänemark wie in ganz Skandinavien hohe Organisationsgrad der Arbeiterklasse sowie eine einheitliche Gewerkschaft, erlaubten es schon früh, wohlfahrtsstaatliche Anliegen in die Politik einzubringen. So entstanden im europäischen Vergleich relativ früh die Renten-, und Kranken- (1891) sowie die Unfallversicherung (1898). Die Sozialdemokraten gewannen in der Folge immer mehr Wählerstimmen und im Jahre 1924 wurde die erste sozialdemokratische Regierung mit ihrem Parteivorsitzenden Tholvard Stauning ins Amt gewählt, welche die nächsten 20 Jahre an der Macht blieb. Das späte Eintreten in die antideutsche Widerstandsbewegung kostete den Sozialdemokraten nach dem 2. Weltkrieg jedoch die Macht. Nach einer kurzen Oppositionsphase übernahmen sie aber bereits 1947 wieder die Führungsrolle. In der Nachkriegszeit wurde der Keynesianismus zur wichtigsten Doktrin in der Wirtschaftspolitik Dänemarks. Dieser stand unter dem Einfluss der Forderungen der USA nach vierjährigen Wiederaufbauplänen im Hinblick auf die Kreditvergabe beim MarshallPlan. Die dänischen Sozialdemokraten waren von den Ideen des Keynesianismus beeinflusst, so dass sie mehr und mehr den Gedanken einer präventiven Gesetzgebung entdeckten (Frenzel 2002: 92f.). In dieser Phase kann von einem eigentlichen Pfadwechsel in der dänischen Wirtschaftspolitik gesprochen werden, denn die Sozialdemokraten bewegten sich weg von ihrer früheren Zielsetzung „Klasse und Sozialismus“ hin zur Maxime „Lohnempfänger und Mitbestimmung“. Das Bedürftigkeitsprinzip wurde immer stärker durch die Etablierung sozialer Rechte verdrängt (Petersen 1998: 91). Die folgenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen waren in erster Linie möglich, da es eine Kooperation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gab. Die Arbeitnehmer waren ihrerseits bereit, den Rationalisierungswünschen der Arbeitgeber entgegen zu kommen sowie einem leistungsabhängigen Lohnsystem zuzustimmen, wenn im Gegenzug der Einführung von Mindestlöhnen und der Ausweitung ihrer Arbeitsrechte zugestimmt würde (Christiansen 1994: 86f.). Die folgenden goldenen Jahre im dänischen Wohlfahrtsstaat erleichterten diesen Wechsel und bestätigten darüber hinaus die Sozialdemokraten in ihrer Strategie. Der Einfluss des Staates auf die Wirtschaft begann in der Folge immer grösser zu werden. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass in Dänemark die Finanzierung der Sozialversicherungen im europäischen Vergleich schon relativ früh über Steuern eingeführt wurde. Ein weiterer Grund liegt einerseits in der politisch-kulturell verwurzelten Einschätzung, dass der Staat eine aktive Rolle spielen soll und andererseits darin, dass es in Dänemark nie eine starke Trennung zwischen öffentlicher und privater Sphäre gab. Aus diesem Grund erkennen die Dänen 20


beispielsweise, die in anderen Ländern als private Angelegenheit betrachtete Kindererziehung oder Altenpflege, als selbstverständliche Aufgaben des Staates an (Schmid 2002: 121ff.).

Die 1970er Jahre im dänischen Wohlfahrtsstaat – erste Probleme Mit dem Aufkommen der globalen Energiekrise in den 1970er Jahren, haben die Sozialdemokraten an Wählerstimmen verloren. Eine neue anti-wohlfahrtsstaatliche Partei liess die Zustimmung der Sozialdemokraten auf nur noch 25 % sinken. Nebst dem Aufstreben der neuen Partei, der Verschlechterung des Haushalts sowie einer ansteigenden Arbeitslosenquote, gibt es über den Rückgang der Wählerstimmen der Sozialdemokraten allerdings verschiedene Theorien. So wurde argumentiert, dass die während der Regierungszeit der Sozialdemokraten eingeführten sozialen Rechte nicht weit genug gingen und darum die Bedingungen für eine politische Teilhabe der Arbeiter nach wie vor ungenügend seien. So machte sich eine gewisse Resignation unter den Arbeitern breit, die sich trotz der gut ausgebauten Sozialversicherungen von der Politik untervertreten fühlten. Eine andere Theorie argumentierte, dass durch den gestiegenen Wohlstand in Dänemark, die Arbeiterklasse zunehmend der Mittelklasse ähnlicher wurde und darum eher moderatere politische Programme wünschte (Esping-Andersen 1978: 45). Die Verschlechterung des Staatshaushaltes und der Anstieg der Arbeitslosenquote in der Folge der Energiekrise hatten die Parteienlandschaft umgekrempelt und ein Abbau des teuren Wohlfahrtsstaates schien eine logische Konsequenz. Nach der Erdrutschwahl im Jahre 1973 und den darauf folgenden zehn Jahren waren nicht mehr nur vier grosse Parteien im Parlament vertreten, sondern zwischenzeitlich bis zu elf. Eine Mehrheitsregierung rückte in weite Ferne und es folgten Jahre der Minderheitsregierungen in verschiedenen Kombinationen. Wider Erwarten unternahmen aber weder die sozialdemokratischen noch die liberal gesinnten Parteien grosse Veränderungen im Wohlfahrtsstaat. Das Ziel ihrer Programmatik bestand vor allem darin, die Expansion der Sozialausgaben zu stoppen. Gegen Ende der 1970er Jahre waren die Sozialausgaben jedoch immer noch am steigen und mehr Leute denn je im öffentlichen Sektor beschäftigt (Miller 1991: 107). Ein Grund für die Zurückhaltung in der Drosselung der Sozialausgaben liegt in der Zustimmung der Bevölkerung zum Wohlfahrtsstaat. Die Sorge der Politiker, für Einschnitte im Wohlfahrtsstaat von der Bevölkerung abgestraft zu werden, verleiteten diese dazu, wichtige Reformvorhaben unangetastet zu lassen. Abbildung 3.4 bestätigt darum auch den Einbruch der Zustimmung

zum

Abbildung 3.4: Zustimmung bzw. Ablehnung zum Wohlfahrtsstaat Zustimmung 1970: 1975: 1980: 1985:

62 39 57 69

% % % %

Ablehnung 27 48 30 19

% % % %

Quellen: 1970, 1975 Glans (1986) 1980, 1985 Borre/Andersen (1997)

Wohlfahrtsstaat 21


während der Erdrutschwahl im Jahre 1973, aber auch die kurz darauf wieder steigende Zustimmung (Andersen et al. 1999: 240).

Die 1980er Jahre – ein Jahrzehnt der Neuorientierung In den 1980er Jahren setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass der Wohlfahrtsstaat in dieser Form nicht mehr länger tragbar war. Von 1982 bis 1993 herrschte in Dänemark eine Minderheitsregierung unter vier bürgerlichen Parteien. Diese unternahmen erste zögerliche Reformen, wohl wissend, dass radikale Reformen sofort zu einer Abwahl führen würden (Henkes 2006: 319). Die dänische Sozialdemokratie ging in die Opposition und nutzte die Zeit zu einer Neuorientierung. Dabei verabschiedete sie sich vom Keynesianismus hin zu einer liberaleren Wirtschaftspolitik. Die Sozialdemokraten wollten den Wohlfahrtsstaat allerdings nicht aufgegeben, sondern in zentralen Punkten modifizieren. So sollte jeder Bürger nach wie vor Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben. Dieses Recht wurde aber um die Pflicht ergänzt, dass jeder Bürger arbeiten musste, wollte er weiterhin Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Arbeitslose mussten an Weiterbildungsprogrammen teilnehmen oder den Beweis antreten, keine geeignete Arbeitsstelle gefunden zu haben. Gleichzeitig verabschiedeten sich die Sozialdemokraten vom Gleichheitsbegriff. Dieser wurde nun durch den Begriff der gerechten Lastenverteilung ersetzt. Die Sozialdemokraten strebten vom passiven Wohlfahrtsstaat hin zu einem aktiven Staat, der die Bürger motivieren sollte, sich aktiv an ihm zu beteiligen. Dies allerdings immer noch mit dem gleichen Ziel wie früher, der Vollbeschäftigung (Frenzel 2002: 126ff.). Trotz der Dringlichkeit für Reformen galten die 1980er Jahre als ein Jahrzehnt der moderaten Veränderungen in der dänischen Wirtschaftspolitik. Der wirtschaftliche Aufschwung Mitte der 1980er Jahre hat die strukturellen Reformen weiter verzögert. Schwartz beschreibt die politische Situation in Dänemark in den 1980er Jahren folgendermassen: „The coalition's weakness was clearly visible, particularly as the nongovernment parties had a habit of constituting themselves as an alternative majority to pass legislation over the coalition's head. Lacking the votes and a plan, and with elections occurring on average every two years in the 1980s, the bourgeois coalition achieved very little institutional change” (Schwartz 1994: 550). Trotz einer bürgerlichen Regierung während eines Jahrzehnts kann an dieser Stelle nicht von einem Pfadwechsel in der dänischen Wirtschaftspolitik gesprochen werden. Betrachtet man einige makroökonomische Daten, dann zeigt sich nach wie vor das Bild eines wohlgenährten Wohlfahrtsstaates. So nahm beispielsweise die Staatsquote zu, was mit der Vielzahl an neu geschaffenen Stellen im öffentlichen Dienst zu erklären ist, um der steigenden Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken (Abbildungen 3.5 – 3.7 auf der nächsten Seite) und andererseits blieben die Kosten für die soziale Sicherheit gemessen am BIP konstant hoch 22


(Abbildung 3.8). Aufgrund der makroökonomischen Daten und der politischen Umstände einer Minderheitsregierung kann deshalb der Schluss gezogen werden, dass auch die dänische Sozialpolitik keinen Pfadwechsel vollzog. Sehr wohl kann jedoch gesagt werden, dass in dieser Zeit ein Umdenken statt gefunden hat, welches den Wohlfahrtsstaat in Zukunft nicht unberührt lassen sollte. Abbildung 3.5: Beschäftigte im öffentlichen Sektor (in Tsd.) in Dänemark 1970: 1975: 1980: 1985: 1990:

Abbildung 3.6: Arbeitslosenquote in Dänemark

480’000 610’000 770’000 920’000 960’000

1970: 1975: 1980: 1985: 1990:

1.6 5.0 6.8 8.8 9.7

% % % % %

Quelle: Pedersen/Pedersen/Smith (1995)

Quelle: OECD (1993)

Abbildung 3.7: Staatsquote in Dänemark 1980: 1985: 1990: 1995:

53.6 56.8 57.0 60.3

Abbildung 3.8: Ausgaben für Soziale Sicherheit gemessen am BIP (in %)

% % % %

1980: 1985: 1990: 1995:

Quellen: 1980, 1985 Finanzbericht (2002) 1990, 1995 Finanzbericht (2004)

25.2 24.2 25.5 28.9

% % % % Quelle: OECD (2007)

Neue arbeitspolitische Massnahmen im dänischen Wohlfahrtsstaat Eine neue Wirtschaftskrise Anfang der 1990er Jahre brachte Veränderungen im Wohlfahrtsstaat erneut auf die Tagesordnung. Die Arbeitslosigkeit hatte mit 10.7 % einen neuen Höchststand erreicht. Mit der Wahl der Sozialdemokraten im Jahre 1993, gab es eine Neuorientierung in der dänischen Arbeitsmarktpolitik. Frenzel beschreibt die neue Politik als „einfallsreichen Mix aus skandinavischer Wohlfahrtsstaat-Generösität, einem aber gleichwohl Härte zeigenden aktiven und aktivierenden Staat plus angloamerikanischer Flexibilität“ (Frenzel 2002: 214). Die neue Arbeitsmarktpolitik wurde auch als flexicurity bezeichnet. Damit ist gemeint, dass den Unternehmen in Bezug auf die Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern ein flexibler Handlungsspielraum gewährt wurde, während der Staat den Arbeitnehmern nach wie vor sichernd zur Seite stand. Konkret bedeutete dies, dass sich der Staat gänzlich aus der Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber heraushielt. Die gesetzlichen Regulierungen von Arbeitszeit und Kündigungsschutz wurden auf ein Minimum beschränkt. Bei Kündigungen werden beispielsweise keine Abfindungen bezahlt und nur die ersten zwei Tage der Arbeitslosigkeit von den Arbeitgebern finanziert. Die dänischen Unternehmen waren dadurch in der Lage, flexibler auf Konjunkturschwankungen zu reagieren. Im europäischen Vergleich hatte nun Dänemark direkt nach Grossbritannien, die liberalsten Kündigungsschutzregelungen. Ermöglicht wurde diese hire and fire Politik durch die staatlichen Lohnersatzleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit: Je nach Region konnten 23


Arbeitslose bis zu vier Jahre Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen (Dingeldey 2005: 21). Eine weitere arbeitspolitische Massnahme bestand in der negotiated economy. Ähnlich wie in Schweden wurde darauf geachtet, dass den Sozialpartnern einer hoher Grad an Mitbestimmung gewährt wurde. Hintergrund war die Überlegung, dass eine Konsensorientierung im Bereich des Arbeitsmarktes Voraussetzung dafür ist, damit die Politik ihre Entscheidungen flexibel gestalten, gegebenenfalls sogar auch wieder revidieren kann. In Bezug auf die Lohnpolitik wurde von der dänischen Regierung beschlossen, diese nur sehr moderat zu gestalten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes im internationalen Vergleich zu steigern (Dingeldey 2005: 21f.) Diese Massnahmen sowie eine Reihe weiterer kleinerer Reformen haben Dänemark auf den Pfad des Wachstums geführt. Was in den folgenden Jahren passierte, war ein regelrechtes „Jobwunder“ (Die Zeit 1997) und Dänemark wurde kürzlich als „Darling of European Social Democrats“ (Time 2007) bezeichnet. In Zahlen ausgedrückt bedeutete dies eine Halbierung der Arbeitslosenzahlen in fünf Jahren auf 5.4 % im Jahr 1998. Aktuellste Arbeitslosenzahlen belegen den nachhaltigen Trend dieser Massnahmen. Im Oktober 2007 betrug die Arbeitslosigkeit noch 3.0 % (Statistics Denmark 2007). Besonders interessant ist auch ein Blick auf den Global Competitiveness Report, der jährlich vom World Economic Forum herausgegeben wird. Im Ranking der Jahre 2007/2008 belegt Dänemark hinter den USA und der Schweiz den dritten Platz. Trotz hoher Steuern gelingt es Dänemark, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber weniger stark besteuerten Wohlfahrtsstaaten zu behaupten (WEF 2007). Berechtigterweise stellt Frenzel die Frage, ob Dänemark damit einen irreversiblen Pfadwechsel des Wohlfahrtsstaats zum sozialliberalen Wettbewerbsstaat eingeläutet hat. Diesbezüglich meint er aber, dass Dänemark eher zu seinen historischen Wurzeln zurückgefunden hätte, denn der dänische Wohlfahrtsstaat sei von Anfang an ein sozialliberales Projekt gewesen, welches ebenso von den bürgerlichen Parteien getragen und durchgesetzt wurde (Frenzel 2002: 216). Auch unter sozialpolitischer Betrachtung kann eher von Umbau anstatt Abbau gesprochen werden. Bogedan weist diesbezüglich darauf hin, dass zwischen Flexibilität im Arbeitsmarkt und hoher sozialer Sicherheit kein Widerspruch bestehen muss. Vielmehr ist es Arbeitnehmern möglich, durch eine Politik der Arbeitsmarktflexibilität besser vor den sozialen Risiken der Arbeitslosigkeit geschützt zu werden (Bogedan 2005: 30f.). [13'176 Zeichen]

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4. Konservatives Wohlfahrtsregime Christoph Lutz In diesem Kapitel werden zuerst die Merkmale des konservativen Typus nach EspingAndersen (1990, 1998) erläutert, anschliessend werden ausgewählte wohlfahrtsstaatliche Veränderungen und Entwicklungen in zwei Ländern dieses Regimetypus – Deutschland und Frankreich – auf Pfadabhängigkeit hin untersucht. Esping-Andersen (1990: 27) beschreibt den konservativen Regimetypus als stark korporatistisch. Viele Interessensvertreter sind an der Ausgestaltung sozialpolitischer Lösungen beteiligt und es existieren stark nach Berufsgruppen differenzierte Beitragssysteme bei den Sozialversicherungen. Die Kirche, insbesondere die katholische, spielte eine wichtige Rolle bei der Ausformung dieses Typus. Dies äussert sich am Festhalten an traditionellen Familienund Rollenbildern, in denen die Vollzeiterwerbstätigkeit der Frau durch die institutionelle Ausgestaltung der Sozialpolitik erschwert wird. So sind z.B. Krippenplätze nur in geringer Zahl vorhanden und auch Tagesschulen gibt es erst in rudimentärem Masse (Bonss/LudwigMayerhofer 2000: 119). Das Prinzip der Subsidiarität, also die Vorstellung, dass der Staat erst unterstützend eingreifen soll, wenn im Familienkreis keine oder nur mangelhafte Unterstützung gegeben ist, kann als zentraler Umverteilungsmechanismus im konservativen Typus angesehen werden (Opielka 2004). Bei Esping-Andersens (1990) Indizes der Stratifizierung und Dekommodifizierung weist das konservative Modell hohe resp. mittlere Werte auf. Die starke Stratifizierung der Sicherungssysteme nach Berufen hat einen Einfluss auf die Struktur der Gesellschaft. Im Gegensatz zum eher egalisierenden Charakter der Sozialpolitik im sozialdemokratischen Regime, werden in den konservativen Gesellschaften bestehende soziale Ungleichheiten durch wohlfahrtsstaatliche Eingriffe nicht etwa abgebaut, sondern erhalten oder vergrössert. Gründe dafür sind das wenig progressive Steuersystem und die fehlende Gleichheit der Leistungen (Opielka 2004). Hinzu kommen hohe Ausgaben für die Beamtenversorgung, eine Eigenschaft die mit dem Begriff „Etatismus“ umschrieben wird. Bezüglich Dekommodifizierung liegt der konservative Wohlfahrtsstaatstypus im mittleren Bereich. Personen, die in einem konservativen Wohlfahrtsstaat leben sind also mittelmässig gegen Marktkräfte und Einkommensausfälle geschützt. Dementsprechend sind die Einkommensersatzquoten im Vergleich mit den anderen zwei Typen irgendwo in der Mitte angesiedelt. Staat versucht mit Ausgaben für arbeitsmarktbezogene Massnahmen – wie Kursen zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser oder Beschäftigungsprogrammen – die Fürsorgeleistungen gering zu halten, was aber nicht optimal gelingt. Es bleiben relativ hohe Fürsorgeausgaben, u.a. auch weil die Arbeitslosenquote in diesem Typus relativ hoch ist. 25


Beim dritten zentralen Indikator von Esping-Andersen (1990), nämlich dem Welfare-Mix der drei zentralen Institutionen Staat, Markt und Familie, bildet insbesondere die Familie, aber auch der Staat – wenn auch in geringerem Ausmass – für den konservativen Typus die tragende Säule der wohlfahrtsstaatlichen Ordnung. [3'101 Zeichen]

4.1 Deutschland Deutschland wird von Esping-Andersen (1998) als Paradebeispiel für den konservativen Typus herangezogen. Diese privilegierte Behandlung hängt damit zusammen, dass sich Deutschland als das bevölkerungsreichste und im globalen Kontext neben Frankreich wichtigste Land dieses Modells herausstellt. Zudem verfügt es aufgrund seiner bewegten Geschichte über optimale Voraussetzungen zu historischen Analysen und Prüfungen der Pfadabhängigkeit.

Reflexionen zum deutschen Pfad: Das Bismarck’sche Erbe im Wohlfahrtsstaat In der Literatur wird oft die Einführung der Krankenversicherung (1883) und ein Jahr später der Unfallversicherung unter Reichskanzler Bismarck als Stunde Null der deutschen Sozialpolitik herbeigezogen1. Dieses Vorgehen ist zwar stark vereinfachend und z.T. auch irreführend, weil es Entwicklungen und Formen der sozialen Sicherung vor dem besagten Jahr vernachlässigt und die Rolle der Neuerung etwas überbetont, da diese anfangs nur einem kleinen Teil der Bevölkerung in geringem Mass zukam, aber es bietet den Vorteil einer Spezifizierung des Untersuchungsgegenstands (Ullrich 2005: 24ff.). Deshalb bediene auch ich mich dieses Anfangspunkts. Hat sich der deutsche Wohlfahrtsstaat im Zuge der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen seit seiner Institutionalisierung so stark gewandelt, dass man von einem Pfadwechsel sprechen kann? Bevor diese zentrale Frage beantwortet werden kann, muss der deutsche Pfad genauer definiert werden. In Anlehnung an Borchert (1998), Vogel (1999), Esping-Andersen (1990) und Ullrich (2005) sollen die Eigenheiten des deutschen Pfades deshalb kurz vorgestellt werden. Ideologisch und geistesgeschichtlich spielten in Deutschland weniger die Exponenten der klassischen politischen Ökonomie oder des Utilitarismus ein wichtige Rolle, sondern eher Philosophen wie Kant und Hegel sowie Wirtschaftswissenschaftler in der Preussischen Staatstradition, die dem Konservatismus zugeordnet werden können. Zu nennen sind z.B. Adolph Wagner mit der „Staatswirtschaftlichen Ökonomie“ (Esping-Andersen 1990: 59) oder die 1

Für eine konzise Antwort zur zweifellos schwierigen Frage, wann ein sinnvoller Anfangs- und Anknüpfungspunkt für sozialpolitische Analysen zu setzen ist, kann Ullrich zitiert werden, der herausstreicht, dass „vielleicht doch die Einführung von Sozialversicherungen im Deutschen Kaiserreich“ (2005: 20) als Startpunkt gesehen werden kann.

26


deutsche „Historische Schule“ mit Friedrich List und Gustav Schmoller, die einen patriarchalen Neo-Absolutismus dem laissez-faire vorzogen. Als gesellschaftlich relevanteste Grundwerte werden nicht Freiheit oder Gleichheit, sondern Disziplin angesehen (EspingAndersen 1998: 21). Diese konservative politische Ökonomie war im Gegensatz zu den marktoffenen Vorstellungen der angelsächsischen politischen Ökonomie und den sozial integrierenden auf Rousseau und andere französischen Philosophen rekurrierenden Vorstellungen der sozialdemokratischen Länder nationalistisch ausgerichtet und anti-revolutionär orientiert. Klassenkonflikte sollten vermieden werden, indem man demokratische Bewegungen in die Schranken wies und an traditionellen Strukturen festhielt. Klassen-unterschiede waren in dieser Vorstellung Voraussetzung für die Stabilität der Nation (ebd.). In der konkreten Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme ähnelt der deutsche Pfad in vielerlei Hinsicht dem Esping-Andersen’schen Idealtyp der konservativen Regimes. Das Bismarck’sche Modell – wie Hicks et al. (1995) den sozialpolitischen Weg nennen, den Deutschland im ausgehenden 19. Jahrhundert eingeschlagen hat – ist durch die starke Fokussierung auf die Lohn- und Industriearbeiterschaft sowie die Zentralität der Sozialversicherungen im Sicherungssystem gekennzeichnet. Wenn wir von Pfadabhängigkeit ausgehen, müsste sich das Bismarck’sche Modell also bis heute in seinen Grundzügen erhalten haben und dürfte an verschiedenen critical junctures keine wesentlich andere Richtung eingeschlagen haben. Für Deutschland besonders relevante critical junctures sind der Fall des Kaiserreichs, die Weltwirtschaftskrise mit der kurz darauf folgenden Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und der anschliessenden Niederlage im 2. Weltkrieg, die wirtschaftliche Stagnation im Zuge der Ölkrise Mitte der 1970er Jahre und die Wiedervereinigung zu Beginn der 1990er Jahre.

Die Frühphase des Deutschen Wohlfahrtsstaats und die Zeit des Nationalsozialismus Die Anfangstage des deutschen Wohlfahrtsstaats sind vom Gegensatz zwischen dem autoritären Wilhelminisch-Preussischen Staatssystem und der sich entwickelnden und emanzipierenden Arbeiterbewegung geprägt. Die Herrschaftsträger des noch jungen Deutschen Reiches sahen in den sozialistischen und sozialdemokratischen Bewegungen eine Gefahr für die staatliche Ordnung und die Regentschaft des Kaisers. Mit dem Sozialistengesetz und der Einführung der Sozialversicherungen versuchte man dieser spannungsgeladenen Situation Herr zu werden. Das Verbot der sozialdemokratischen Parteien – also das Sozialistengesetz – erwies sich schon wenig später als nicht mehr haltbar und wurde 1890 wieder abgeschafft. Im Gegensatz dazu sollten sich die Sozialversicherungen als zukunftsträchtig herausstellen. Sie wurden in der Frühphase der Sozialversicherungen, die auch als Entstehungsphase bezeichnet wird und bis zum Ende des 2. Weltkriegs dauerte, schrittweise aus27


und umgebaut: 1889 kam die Rentenversicherung hinzu und während der Weimarer Republik wurden die Beiträge, trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten, erhöht (Borchert 1998). In diese Zeit fallen auch wichtige sozialpolitische Innovationen wie die Einführung der Arbeitslosenversicherung (1927) und eine erste Reform der Alterssicherung (1922). Obwohl diese Neuerungen der Bevölkerung zweifellos neue Perspektiven eröffneten und die Situation für die von der Rezession, Inflation und Arbeitslosigkeit Betroffenen etwas erleichterten, krempelten sie die sozialpolitische Landkarte des Landes nicht um. Nach dem ersten Weltkrieg schlug man keinen neuen Pfad ein, sondern baute den alten etwas aus, machte ihn begehbarer, verbreiterte ihn, ja verzierte ihn, liess aber die verästelten Windungen und Kehren beim Alten (Schmidt 2005: 45ff.). Mit der Weltwirtschaftskrise von 1930 und der daraus resultierenden wirtschaftlich schwierigen Situation, sowie mit dem Bewusstsein der Niederlage im 1. Weltkrieg, gewannen reaktive Kräfte in Deutschland an Auftrieb und nur wenige Jahre später beherrschte die nationalsozialistische Diktatur unter Hitler das Land. Sachsse und Tennstedt (1992) teilen den nationalsozialistischen Wohlfahrtsstaat in zwei Phasen ein. Die erste, die sie als autoritäre Phase des Wohlfahrtsstaates in Deutschland bezeichnen, dauerte von 1930 bis 1938 und wurde durch die Weltwirtschaftskrise und den politischen Umbruch, der in der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gipfelte, eingeleitet. Kennzeichnend für diese Phase sind die Rückgängigmachung vieler Demokratisierungs- und Verrechtlichungstendenzen der Wiemarer Republik. Im Zentrum der sozialpolitischen Bestrebungen stand nicht mehr wie zuvor die Sicherheit der Bürger, sondern die Stärkung der Volksgemeinschaft mit der rassistischen Utopie des „gesunden Volkes der Zukunft“ (ebd.: 274). Als Mittel dazu wurde die Fürsorge, die im Kaiserreich und der Weimarer Republik traditionell den Sozialversicherungen deutlich untergeordnet war, aufgewertet und als ein die völkische Gemeinschaft stärkendes Programm zu einer zentralen sozialstaatlichen Institution gemacht. In der völkischen Phase, die von 1939 bis zum Ende des 2. Weltkriegs dauerte, wurden die spezifisch nationalsozialistischen sozialpolitischen Elemente ausgebaut und mehr und mehr vernetzt, so dass eine allumfassende Segregation nach rassehygienischen Kriterien bestimmte, wer Beiträge bekam und wer nicht „würdig“ war staatliche Hilfe zu fordern. Prägnant auf einen Punkt gebracht kann man das nationalsozialistische Wohlfahrtssystem mit folgenden Worten zusammenfassen: „Der Wohlfahrtsstaat des Nationalsozialismus war Instrument nicht der Integration der Schwachen und Benachteiligten, sondern der Verschärfung rassistischer Ungleichheit“ (ebd.: 276). Mit diesen Ausführungen im Hinterkopf können wir von einem Pfadwechsel während der Zeit des Nationalsozialismus sprechen, obwohl auch Elemente vorhanden waren, besonders bei der Unfallversicherung, die durch die 3. Berufskrankheitsverordnung (1936) zunächst aufgestockt wurde und in der Tradition der Weimarer Republik 28


stand (Schmidt 2005: 54ff.). Die ideellen Grundsätze der Sozialpolitik im 3. Reich und die konkrete Ausformung wohlfahrtsstaatlicher Massnahmen sind jedoch nur in wenigen Punkten mit dem oben definierten Kriterien des Deutschen Pfades in Einklang zu bringen und deshalb ist es angebracht von einem eigenen, nicht Bismarck’schen Pfad in den Jahren 1930 bis 1945 zu sprechen.

Zurück zu alten Pfaden: die Entwicklung von 1945 bis zur Gegenwart In den Nachkriegsjahren, die von beträchtlichem wirtschaftlichem Wachstum und relativer gesellschaftlicher Stabilität (mit tiefen Arbeitslosenquoten und traditionellem Rollen- und Familienverständnis) geprägt waren, konnte die CDU unter den Bundeskanzlern Adenauer, Erhard und Kiesinger sozialpolitisch an die Weimarer Republik und an die Grundideen des Bismarck’schen Systems anknüpfen (Kaufmann 2003: 281). Dabei passten die jeweiligen Koalitionen die Sozialpolitik der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes an, was sich darin äussert, dass die Wachstumsraten der Sozialausgaben und das Wirtschaftswachstum in grossem Masse korrespondierten (ebd.: 311). Sowohl die CDU als auch die SPD fühlten sich einem „Sozialen Kapitalismus“ (Schmidt 2005) verpflichtet, in dem der Sozialpolitik eine entscheidende Position zukam. Die wichtigste sozialpolitische Neuerung dieser Zeit stellte die Einführung des noch heute bestehenden umlagefinanzierten Rentensystems (1957) dar. Im Gegensatz zum Rentensystem von 1889, das die Auszahlung der Rente erst ab mindestens 30jähriger Arbeitszeit und dem Erreichen des 70. Lebensjahres garantierte, und nach dem Kapitaldeckungsverfahren organisiert war – und somit Tendenzen der Geldentwicklung, v.a. der Inflation, stark ausgesetzt – bot die umlagenfinanzierte Rente bessere Möglichkeiten zur flexiblen und schnellen Verteilung der Beiträge an die Bezüger. Diese wohl bedeutendste sozialpolitische Neuerung seit der Einführung der ersten Sicherungssysteme Ende des 19. Jahrhunderts wurde von Experten sowohl bewundert als auch kritisiert, bei der Bevölkerung fand sie aber grossen Anklang (Alber 1989: 61). Aber nicht nur die Rente, sondern auch die Kranken- und Unfallversicherung gestalteten sich nach dem Umlageverfahren und wurden immer wieder modifiziert. Nicht verändert wurde in der Phase nach dem 2. Weltkrieg die arbeitsmarktbezogene Finanzierung der Sozialversicherungen. Nicht durch Steuern, sondern durch direkte Abgaben aus dem Arbeitsmarkt – je vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Hälfte getragen – sollte sich die sozialpolitische Stabilität langfristig ergeben. Ähnlich wie in anderen europäischen Staaten hielten das Wirtschaftswunder und die wohlfahrtsstaatliche Stabilität in der BRD relativ lange an. Dies wird durch Abbildung 4.1 (nachfolgende Seite) veranschaulicht, die die Entwicklung der Arbeitslosenquoten von 1950 bis zur Gegenwart aufzeigt. In der Prosperitätsphase, die bis Mitte der 1970er Jahre andauerte, konnten die jeweiligen Regierungen grosszügige Wohlfahrtspolitik betreiben, die insbesondere Rentnern, 29


Familien mit Kindern und Studenten zugute kam (Schmidt 2005: 92). Erst Mitte der 1970er Jahre zeichnete sich ein Ansteigen der Arbeitslosenquote ab. Danach waren arbeitsmarktpolitische Anpassungen notwendig, die aber von der Regierung Schmidt trotz der Ankündigung einer Gesamtreform des Sozialsystems (Alber 1989: 63) nur sehr zögerlich in die Hand genommen wurden. Die Sozialversicherungen blieben in ihrem Charakter kaum berührt und sowohl die von der SPD Regierung unter Brandt und später Schmidt ins Leben gerufenen wohlfahrtsstaatlichen Massnahmen, als auch die Restrukturierungen unter CDU-Kanzler Helmut Kohl (Regierungszeit von 1982-1998) veränderten die seit der

Abbildung 4.1: Arbeitslosenquote in (West-)Deutschland in % der erwerbsfähigen Personen 1950: 1955: 1960: 1965: 1970: 1975: 1980: 1985: 1990: 1995: 2000: 2005:

11.0 % 5.6 % 1.3 % 0.7 % 0.7 % 4.7 % 3.8 % 9.3 % 7.2 % 9.1 % 8.4 % 11.0 %

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007)

Entstehungsphase und der Rentenreform bestehenden Sicherungssysteme nur punktuell. Beispiele für sozialpolitische Massnahmen in der Prosperitätsphase sind die Angleichung der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung, die Erweiterung der Alterssicherung für Landwirte und die Rentenreform von 1972 (Schmidt 2005: 89ff.). In der anschliessenden Rezessionsphase (1974-1990) standen sowohl Konsolidierungsmassnahmen, wie z.B. Einsparungen bei der Ausbildungsförderung und dem Arbeitslosengeld, als auch Verbesserungen (zu nennen sind v.a. Schritte hin zu einer frauenfreundlicheren Sozialpolitik) auf dem Programm. Einen wesentlichen Einschnitt in der deutschen Geschichte brachte dann die Wiedervereinigung 1990 mit sich. Der administrative Aufwand bei der Zusammenlegung der Sozialpolitik der vormals getrennten Länder BRD und DDR war enorm und wurde sehr gut gemeistert (ebd.: 102). Es entstanden jedoch hohe Folgekosten, die durch die Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1995 noch verstärkt wurden (Bahle 2003). Für die rot-grüne Koalition stellten diese beträchtliche Hindernisse dar und pfadfremde Reformen wie die Einführung der Riester-Rente – nach dem Kapitaldeckungsverfahren und auf privater Basis organisiert – und die Hartz-Programme als Synonym für aktivierende – und somit eher dem liberalen Typus zuordenbare – Massnahmen stellten wesentliche Abweichungen vom Bismarck’schen Modell dar und werden den politischen Analytikern und Pfadabhängigkeitsforschern wohl noch zahlreiche schlaflose Nächte bereiten. Obwohl eine eindeutige Antwort auf die eingangs gestellte Frage, ob sich der deutsche Wohlfahrtsstaat pfadabhängig entwickelt hat, schwierig ist, scheint die Antwort doch eher Ja zu lauten. Mit dem starken Fokus auf die Sozialversicherung und der engen Verknüpfung der sozialen Sicherung mit der Berufsarbeit bestehen zentrale Merkmale des Bismarck’schen Systems fort. Obwohl die institutionellen Regelungen der Zeit angepasst wurden und kleinere 30


und grössere Modifikationen nicht ausbleiben konnten, hielt man an den Grundgedanken der sozialen Sicherung, an der Subsidiarität und am stark stratifizierten Beitragssystem fest. Dieses Modell scheint in der Bevölkerung grossen Rückhalt zu finden. Mehr als 60 % der Deutschen bewerten zentrale sozialstaatliche Einrichtungen wie die Sozialhilfe und die Krankenversicherung positiv. Indessen nimmt die Zufriedenheit mit der sozialen Sicherung insgesamt ab: V.a. in Westdeutschland ist die Zufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 10 in den letzten rund 20 Jahren stetig von 7 auf 5,5 gefallen, was nicht unwesentlich mit den pfadfremden Reformen der rot-grünen Koalition zusammenhängen dürfte und diese kritisch hinterfragt (Krömmelbein et al. 2007: 138f.). [14'630 Zeichen]

4.2 Frankreich Obwohl Frankreich von seiner politischen und wirtschaftlichen Bedeutung her gesehen mit Deutschland konkurrenzieren kann, wird es in der Wohlfahrtsstaatsanalyse seltener als Beispiel zitiert als Deutschland (Kaufmann 2005: 246). Es ist deshalb aufschlussreich ein etwas anders gestaltetes Beispiel eines konservativen Wohlfahrtsstaats unter die Lupe zu nehmen.

Der französische Pfad: familienbezogener Patriarchalismus Der französische Wohlfahrtsstaat wird in der Literatur als Nachzügler dargestellt (Kaufmann 2003: 213 ff., Steinhilber 1997, Schmid 1996: 140). Erst nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich das Land zu einem modernen Industriestaat. Zuvor hatte man mit einem Drittel der Beschäftigten im primären Sektor und starken regionalen Unterschieden in der wirtschaftlichen Entwicklung eine schlechte Position inne im Vergleich zu den übrigen grossen europäischen Nationen. Mit grossem Tempo avancierte Frankreich darauf in den trente glorieuses, den 30 glorreichen Jahren von 1945 bis zur Ölkrise 1974, zu einer führenden Gesellschaft in Europa. Durchschnittliche Wachstumsraten des BIP von rund 5 % dokumentieren dieses rasende Wachstum eindrücklich (Steinhilber 1997: 90). Im Gegensatz zur eher föderalistischen Natur der deutschen Politik, blieb Frankreich aber zentralistisch regiert. Die wichtigsten Ämter und Grossunternehmen waren und sind noch heute zum grossen Teil im Grossraum Paris angesiedelt. Die Industrieunternehmen arbeiteten eng mit dem Staat zusammen und wurden von ihm kontrolliert, aber auch gezielt gefördert. Diese wirtschaftlichstaatliche Verflechtung wird von Steinhilber (1997: 89) als „etatistische Variante des Fordismus“ bezeichnet. Hier kommt der Esping-Andersen’sche (1990) Etatismus zum Tragen, der im konservativen Typus, zu dem Frankreich gehört, besonders stark ausgeprägt ist. Im Gegensatz zum deutschen Pfad stützt sich der französische Weg nicht auf konservative in der 31


(aufgeklärt) absolutistischen Tradition stehende Denker und Ökonomen, sondern auf das Denken der Aufklärung und der Französischen Revolution. Die historische Gewachsenheit des französischen Staats mit seiner lange führenden Position in Europa dringt bis heute durch, indem sie Frankreich „als Nation, nicht als politisch verfassten Staat“ eint (Kaufmann 2003: 208). Der französische Pfad wird von Schunter-Kleemann (1992: 141ff.) mit dem Begriff „familienbezogener Patriarchalismus“ umschrieben. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Familie als soziale Institution vom Staat in besonderem Masse gefördert wird und die Familienpolitik ein zentralerer Aspekt der Sozialpolitik ist als z.B. in Deutschland. Nicht umsonst ist „Frankreich […] das einzige westliche Land, in dem durch eine Familiengründung das Haushaltseinkommen im Durchschnitt nicht verringert wird“ (Steinhilber 1997: 110). Im Gegensatz zu Deutschland kommt der Frau im französischen Arbeitsmarkt eine wesentlich wichtigere Rolle zu. Ein grosser Teil der erwerbsfähigen weiblichen Bevölkerung arbeitet – wenn auch meistens auf teilzeitlicher Basis. Die Frau hat somit eine Doppelrolle als Arbeitende und Mutter inne, was sich aber dank relativ gut ausgebauten Betreuungsangeboten wie den écoles maternelles, also den Tagesstätten bzw. Kindergärten für Kleinkinder, besser vereinbaren lässt als in anderen Ländern des konservativen Typus.

Trial & Error: Zur Unübersichtlichkeit des französischen Wohlfahrtsstaats Die trente glorieuses brachten eine tiefe Arbeitslosigkeit und den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme mit sich. Zentraler Aspekt der Soziapolitik blieb die Familienpolitik. Da diese sehr kostspielige Förderungsmassnahmen umfasste, wuchsen die Sozialausgaben schneller als die Wirtschaft. Wie wir auf Abbildung 4.2 sehen, erlitt die Wirtschaft Frankreichs zwischen 1971 und 1975 einen erheblichen Dämpfer und das Wachstum schrumpfte um 5 % innerhalb von lediglich vier Jahren. Abbildung 4.2: Wirtschaftswachstum (prozentuales Wachstum des BIP) in Frankreich 1971: 1975: 1980: 1985: 1990: 1995: 2000: 2005:

4.8 % -0.3 % 1.8 % 2.0 % 2.7 % 2.2 % 4.0 % 1.2 % Quelle: OECD (2007a)

Anfangs der 1970er Jahre blieben die Sozialausgaben auf konstantem Niveau, jedoch immer noch über dem OECD-Durchschnitt. Erst ab 1974 und dem abflauenden Wirtschaftswachstum wurden sie stark erhöht (Abbildung 4.3), was den Sozialstaat in eine schwierige Situation brachte und den Staatshaushalt überschuldete. 32


Abbildung 4.3: Sozialausgaben (gemessen in % des BIP) in Frankreich 1960: 1968: 1974: 1980: 1985: 1990:

13.5 17.0 15.5 19.2 22.1 21.4

% % % % % % Quelle: Steinhilber (1997)

Gleichzeitig brachte die Immigration aus den entkolonialisierten Gebieten des Maghreb zusätzliche Probleme für die Finanzierung des Sozialstaats mit sich. Durch die ungeschickte Siedlungspolitik entstanden in den Vorstädten segregierte Gebiete, in denen die Arbeitslosigkeit und die sozialen Probleme immer weniger kontrolliert werden konnten (Bourdieu 1997). Auf staatlicher Seite reagierte man zunächst zögerlich auf die Probleme in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Ende der 1970er und insbesondere anfangs der 1980er Jahre verstärkte man aber die arbeitsmarktpolitischen Massnahmen und versuchte, die schlimmsten Folgen der Rezession mit verschiedenen Programmen abzufedern. Insbesondere durch Frühpensionierungen und Reduktion der Wochenarbeitszeit konnten beträchtliche Teile der Arbeitslosigkeit abgefangen werden. Später verlagerte man sich weitgehend auf die gezielte Förderung bestimmter Gruppen, v.a. Jugendlicher. Atypische Beschäftigungsformen, die Ende der 1970er Jahre mehr und mehr auftauchten, verstärkten in der Folgezeit die bereits prekären Beschäftigungs- und Lebensverhältnisse verschiedener sozialer Gruppen, v.a. Jugendlicher, Ausländer und Frauen. Davon zeugt, dass 1994 70 % der Arbeitsverträge befristet waren (Steinhilber 1997: 101). Bei den Jugendlichen war die um sich greifende Arbeitslosigkeit besonders heftig zu spüren, da das Bildungssystem und das Berufssystem Frankreichs nur lose verknüpft sind und ein eklatanter Lehrstellenmangel vorherrscht. Mit der Zeit verschlimmerte sich die Situation immer mehr und Mitte der 1980er Jahre bekamen weniger als 30 % der Berufsschulabgänger (BEP oder CAP-Abschluss) einen Arbeitsvertrag (ebd.: 99). Die wohl wichtigste Massnahme im wohlfahrtsstaatlichen Gefüge Frankreichs zur Bekämpfung der oben beschriebenen Probleme stellt das 1988 eingeführte Mindesteinkommen RMI dar. Dieses sichert den nicht mehr leistungsberechtigten Arbeitslosen ein Grundeinkommen, sofern sie sich bereit erklären, an Integrationsmassnahmen teilzunehmen und über 25 Jahre alt sind oder Kinder haben. Heute sind fast 2 % der Gesamtbevölkerung Bezüger des RMI (Ministère de la Santé, de la Jeunesse et des Sports 2007). Die Bereitschaft des Staates in den Arbeitsmarkt einzugreifen ist in Frankreich relativ hoch und die Arbeitsmarktausgaben gemessen im Verhältnis zum BIP verdreifachten sich in den Jahren von 1973 bis 1990 (ebd.: 105). In den letzten Jahren scheint man sich jedoch ver33


mehrt am liberalen Vorbild der USA zu orientieren, was sich im Abbau an Regulierungen bei der Berufsausbildung und der Senkung der Lohnnebenkosten äussert. Ähnlich wie im Bismarck’schen Modell ist auch im familienbezogenen Patriarchalismus das Rentensystem sehr wichtig und auch hier fanden in den letzten Jahren beträchtliche Umbaumassnahmen statt. Deshalb wurde Mitte der 1990er Jahre die Höhe der Renten stärker an die Berufslaufbahn angepasst. Von der Unübersichtlichkeit der Sozialprogramme zeugt heute v.a. die vielfältige Mischung von Programmen der sozialen Sicherung, einerseits von staatlicher Seite organisiert, andererseits in arbeitsmarktspezifischen Aktivierungsprogrammen implementiert. Es existiert beispielsweise eine Vielzahl verschiedener obligatorischer und freiwilliger Zusatzkassen, die vom Arbeitnehmer beansprucht werden können. Vier Nationalkassen bilden den Grundstock für die allgemeine Sozialversicherung des régime général: (Schmid 1996: 143): ACOSS (Beitragseinzug und Finanzmanagement), CNAM (Kranken, Invaliditäts- und Unfallversicherung), CNAV (Altersvorsorge) und CNAF (Familienkasse). Die Arbeitslosenversicherung UNEDIC ist gesondert gegliedert und beitragsfinanziert. Sie wurde erst 1958 ins Leben gerufen und steht somit als Beispiel für die späte Institutionalisierung der sozialen Sicherung in Frankreich Im Grossen und Ganzen befindet sich der französische Wohlfahrtsstaat in einer Umbauphase. Es fällt schwer eine stringente Schlussfolgerung auf die Thematik der Pfadabhängigkeit zu ziehen. Nimmt man jedoch die Vielzahl an sozialpolitischen Massnahmen und Programmen, den starken Fokus auf die Familienpolitik sowie den für die konservativen Regime typischen Etatismus und Korporatismus als bestimmende Merkmale für den französischen Pfad zur Hand, so kann nicht von einem Pfadwechsel gesprochen werden, obwohl der französische Wohlfahrtsstaat durch die Rezession ab Mitte der 1970er Jahre wesentlich neue Impulse und Elemente erhalten hat. [8'625 Zeichen]

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5. Liberales Wohlfahrtsregime Christoph Hess In diesem Kapitel geht es darum, gemäss der Fragestellung dieser Arbeit im historischen Zeitverlauf zu untersuchen, ob sich ausgewählte wohlfahrtsstaatliche Veränderungen in Beispielländern mit einem liberalen Wohlfahrtsregime pfadabhängig bzw. pfadunabhängig vollzogen haben. Zu diesem Zweck ist es unverzichtbar, im nachfolgenden Abschnitt den für diese Untersuchung massgebenden Pfad zu definieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Definition um ein theoretisches Konstrukt handelt, das sich nicht gänzlich mit den originären Eigenheiten der Beispielländer USA und Grossbritannien vereinbaren lässt, was folgendermassen zu verstehen ist: Die separat erfolgenden Betrachtungen des britischen und des amerikanischen Wohlfahrtsstaates nehmen auf länderspezifische Merkmale wie die Poor Laws oder den New Deal Bezug, die in einer verallgemeinernden Definition nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen fiel die Wahl auf diese beiden Länder, weil sie verglichen mit Kanada, Australien und Neuseeland als in ökonomischer, politischer und geographischer Hinsicht relevanter bezeichnet werden können. In Anlehnung an die Ausführungen im Kapitel über die theoretischen Grundlagen gelangt für die Bestimmung pfadabhängiger bzw. pfadunabhängiger Veränderungen folgendes Entscheidungskriterium zur Anwendung: Während Kontinuität in der Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates darauf hindeutet, dass sich eine Veränderung pfadabhängig vollzogen hat, ist Diskontinuität ein Indiz dafür, dass ein Pfadwechsel vonstatten ging. Die Analysen von jeweils drei ausgewählten Zeitperioden pro Land gliedern sich in zwei Schritte: Zuerst soll das Ausmass der Veränderungen umschrieben werden, anschliessend werden Indizien und Argumente für oder gegen die These der Pfadabhängigkeit diskutiert. Obschon es in der Untersuchung primär darum geht, von möglichen Erklärungszusammenhängen absehend die These der Pfadabhängigkeit zu testen, werden am Rande mögliche Ursachen für pfadabhängige bzw. pfadunabhängige Veränderungen angesprochen, wobei soziologische von politikwissenschaftlichen Betrachtungsweisen zu unterscheiden sind.

Der Pfad liberaler Wohlfahrtsstaaten Eine Vielzahl der Auseinandersetzungen über die Ausgestaltung von Wohlfahrtsstaaten lässt sich offenkundig auf ideologische Ideenkonflikte reduzieren (Krieger 1963, Hoover/Plant 1989). Die Ideen, die dabei ins Feld geführt werden, säumen gewissermassen einen Pfad, dem über die Zeit hinweg verschiedene Exponenten folgen, die sich entlang dieses Pfades stets ähnlicher Argumente für oder gegen wohlfahrtsstaatliche Ausgestaltungsprinzipien bedienen. Um dem liberalen Pfad auf die Spur zu kommen, ist es in dieser Hinsicht lohnenswert, sich 35


die Ideen des Liberalismus vor Augen zu führen. Dessen Ideengeschichte geht auf die Werke von Denkern zurück, die sich darin einig waren, dass der Weg zu Gleichheit und Wohlstand über einen freien Markt und wenig bis gar keine staatlichen Eingriffe führe (Esping-Andersen 1998: 20). Einer dieser Denker war Adam Smith: In „The Wealth of Nations“ spricht er sich gegen einen einflussreichen Staat aus, stattdessen soll auf dem freien Markt die „unsichtbare Hand“ für Effizienz und Ordnung sorgen – eine Losung, die bis in die Gegenwart gerne zitiert wird (Brocker 2007: 318 ff.). Ebenfalls Beachtung verdient hat Friedrich von Hayek: In „Der Weg zur Knechtschaft“ und in „Die Verfassung der Freiheit“ kritisiert er den Umverteilungsmechanismus der Sozialversicherungen und er wirft die Frage auf, ob Risikovorsorge nicht besser durch private Versicherungen wahrgenommen werden sollte – eine Position, die ebenfalls zu jeder Zeit ihre Verfechter gefunden hat (Schwarz et al. 2007: 88, Eichenhofer 1999: 23). Ein weiterer liberaler Denker, der sich mit dem Wohlfahrtsstaat auseinandergesetzt hat, ist Milton Friedman: In „Capitalism and Freedom“ wirft er dem Sozialstaat vor, er bevormunde das Individuum, indem er ihm mittels Umverteilung und „Gleichmacherei“ staatliche Präferenzen aufzwinge (Schwarz et al. 2007: 76). Eine Definition der Sozialpolitik liberaler Wohlfahrtsstaaten lässt sich nicht nur an den Ideen des Liberalismus, sondern auch an den Prinzipien „Eigenverantwortung“ und „Marktrationalität“ festmachen. Sozialpolitik muss demnach Anreize für eigenverantwortliches Handeln schaffen: Bevor in einem liberalen Wohlfahrtsstaat eine Person Unterstützungsleistungen geltend machen kann, findet eine ausgeprägte Bedarfsprüfung statt. Marktrationalität impliziert, dass der Markt effizienter agiere als der Staat, darum muss letzterer versuchen, soziale Dienste durch Dritte auf privatwirtschaftlicher Basis bereitstellen zu lassen. Marktmechanismen sollen auch dafür sorgen, dass aus der Maximierung der Beschäftigung die besten Wohlfahrtsergebnisse resultieren (Myles 1996: 131). Bereits anhand dieser knappen Ausführungen wird augenfällig, dass sich liberale Sozialpolitik weit mehr der ökonomischen Theorie als Überlegungen zu sozialer Gerechtigkeit oder Solidarität bedient. In den Kategorien der Wohlfahrtsstaaten-Typologie von Esping-Andersen (1990) gesprochen gibt es im liberalen Wohlfahrtsregime geringe Dekommodifizierung, in der Trias aus Markt, Staat und Familie dominiert der Markt und die Stratifikationsmechanismen wirken auf Exklusion hin (Andress/Heien 2001: 324). Mit anderen Worten: Der Erfolg auf dem Arbeitsmarkt ist für die individuelle Existenzsicherung von entscheidender Bedeutung, im Falle des Scheiterns stellt der Staat nur geringe Unterstützungsleistungen bereit. Da die Frauenerwerbsquoten hoch und die Familienverhältnisse eher instabil sind, bietet auch die Familie nur beschränkt Alternativen (Mayer 2001: 102). Gescheiterte, arme, behinderte und sonstwie benachteiligte Menschen sehen sich zudem mit einem Bildungswesen sowie Einkommens-

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und Vermögensungleichheiten konfrontiert, die exkludierend stratifizieren und kaum als inkludierend zu bezeichnende Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen. [5'954 Zeichen]

5.1 Grossbritannien Grossbritannien wird fortwährend zur Gruppe der liberalen Wohlfahrtsstaaten gezählt, obschon dem Land zugleich eine Abweichler-Rolle attestiert wird. Es handelt sich indessen auch um dasjenige Land in Europa, dessen politische Ökonomie durch den Liberalismus am tiefgreifendsten geprägt zu sein scheint. Schon im Jahre 1834 wurde im Zuge der Reform der durch Königin Elisabeth I. erlassenen Poor Laws aus dem Jahre 1601 ein bis in die Gegenwart erhalten gebliebenes Prinzip etabliert: Diejenigen Menschen, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, sollen „ärmer sein als der ärmste Arbeiter“ (Dunkley 1981: 124). Darüber hinaus wurde bereits zu jener Zeit im Sinne einer Bedarfsprüfung zwischen würdigen und unwürdigen Armen unterschieden und man beabsichtigte, die Armen nur vorübergehend zu unterstützen, da diese zu einer selbstständigen Lebensführung zurückfinden sollten (Scharf 2001: 45). Wie im Einstieg zu diesem Kapitel angesprochen, muss das theoretische Konstrukt des Pfades liberaler Wohlfahrtsstaaten um solche auf die Poor Laws zurückgehenden Ausgestaltungsprinzipien ergänzt werden, will man dieses Konstrukt auf Grossbritannien beziehen. Bereits im Kapitel zu den theoretischen Grundlagen wurde in diesem Zusammenhang betont, dass hinsichtlich von Pfadabhängigkeits-Analysen den Frühphasen historischer Zeitverläufe besondere Aufmerksamkeit zukommen sollte. Zu Zeiten der Poor Laws konnte noch nicht von einem eigentlichen Wohlfahrtsstaat gesprochen werden, denn es wurden nur auf kommunaler Ebene Unterstützungsleistungen erbracht. Private Initiativen wie die Friendly Societies versuchten, diese Hilfen zu ergänzen.

Nachkriegszeit: Konsens bringt Ideen verschiedener Parteien ins Spiel Die Poor Laws haben den britischen Wohlfahrtsstaat auf Kurs gebracht, wirklich zu neuen Ufern aufgebrochen bzw. entstanden ist dieser aber erst in der Nachkriegszeit. Die liberalsozialdemokratische Denkhaltung, die in den 1930er Jahren vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise von 1929 den politischen Diskurs bestimmt hat, wurde im Jahre 1942 durch William Beveridge zu einem als Beveridge-Bericht bekannt gewordenen Gutachten gebündelt, nach dessen Massgabe der britische Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit ausgestaltet wurde. Als Liberaler wollte Beveridge Eigenverantwortung einfordern und dem Markt Vorrang gewähren, wodurch Wohlfahrt vom Arbeitsmarkt ausgehen sollte. Unter ideologischem Einfluss von John Maynard Keynes betonte er zugleich die Notwendigkeit staatlicher Ein37


griffe (Myles 1996: 118, Scharf 2001: 47). Die Begründung des staatlichen Gesundheitswesens mit Namen National Health Service (NHS) geht genauso auf seine Initiative zurück wie eine Regelung, die allen Kindern kostenlosen Zugang zur Sekundarschule ermöglichte (Kaufmann 2003: 144, Scharf 2001: 48). Die Umgestaltung der Sozialpolitik nach Massgabe des Beveridge-Berichts führte zu zahlreichen Gesetzesänderungen, welche die revidierten Poor Laws aus den 1830er Jahren Stück für Stück ersetzten (Scharf 2001: 49). An deren Stelle führte der Pfad, auf dem sich der britische Wohlfahrtsstaat in den Jahren der Nachkriegszeit entwickelt hat, mit Verweis auf das Prinzip der Eigenverantwortung und die zentrale Rolle des Arbeitsmarktes liberale Traditionen fort. Kritische Stimmen glaubten an diesem Pfad freilich auch sozialdemokratische Züge auszumachen, wobei auf die inkludierenden Massnahmen im Bildungs- und Gesundheitswesen verwiesen wurde (Hoover/Plant 1989: 155). Von pfadunabhängigen Veränderungen kann angesichts solch zweideutiger Einschätzungen nicht die Rede sein, viel eher muss von einem kontinuierlichen Weg des Konsens gesprochen werden, der es nicht nur dem sozialdemokratischen und dem liberalen Lager, sondern auch den Konservativen ermöglichte, wohlfahrtsstaatliche Ausgestaltungsideen in den politischen Diskurs einzubringen (Harris 2004: 1 ff.). Mit jenem im Kapitel über die theoretischen Grundlagen angesprochenen Kugeln-UrnenModell vor Augen könnte man auch sagen: Als am politischen Diskurs beteiligte Akteure hatten verschiedene Parteien die Möglichkeit, eigene Kugeln in der Urne zu platzieren, was die Einflusswahrscheinlichkeiten in den nachfolgenden Zeitperioden erhöht hat. Die Entwicklung des britischen Wohlfahrtsstaates wurde durch diese Konstellation nachhaltig geprägt, was mitunter an eine Erklärung der Abweichler-Rolle Grossbritanniens heranführt, worauf in den Schlussfolgerungen noch zurückzukommen sein wird.

Thatcherismus: Geradeaus komplett die Richtung gewechselt Der Wahlsieg der Konservativen und der Amtsantritt von Margaret Thatcher als Premierministerin folgten im Frühjahr 1979 auf den Winter of Discontent, in dem sich öffentlicher Unmut über die damalige Labour-Regierung breit machte und die Angestellten des öffentlichen Sektors streikten. Sie warfen der Regierung vor, noch immer nicht angemessen auf die Inflation und die Arbeitslosigkeit reagiert zu haben, die sich als Folgen der Ölkrise anfangs der 1970er Jahre einstellten. Der Wohlfahrtsstaat wurde für „moralisch bankrott“ erklärt, wobei die Konservativen ähnlich wie die Reformer der Poor Laws in den 1830er Jahren der Bevölkerung versprachen, mit ihrer Politik die Gesellschaft zu „remoralisieren“ (Lowe 2005: 319 ff.). Margaret Thatcher politisierte in Anlehnung an die Ideen von Friedrich von Hayek und Milton Friedman deutlicher gemäss marktliberaler Prinzipien als es William Beveridge getan hatte (Hutton 1995: 12). Auf den britischen Wohlfahrtsstaat hatte der Thatcherismus 38


folgende Auswirkungen: Der soziale Wohnungsbau wurde privatisiert, die staatlichen Grundrenten wurden gekürzt, der Mindestlohn wurde abgeschafft und man verabschiedete sich vom Ziel der Vollbeschäftigung, um stattdessen auf die Inflationsbekämpfung zu fokussieren (Borchert 1995: 102, Eichenhofer 1999: 63 ff.). Die Bankrotterklärung, mit der dem Wohlfahrtsstaat sämtliche Moral abgesprochen wurde, bot nach Robinson/Bell (1978) unter soziologischen Gesichtspunkten mit Verweis auf die schwindende Legitimation fruchtbare Voraussetzungen für einen Pfadwechsel. Margaret Thatcher verkündete denn auch, sie hätte mit ihrer Politik einen „kompletten Richtungswechsel“ herbeigeführt (Hoover/Plant 1989: 132) Wenn man die monetaristisch motivierten Veränderungen, die sich unter ihrer Ägide in der Wirtschaftspolitik vollzogen haben, an der keynesianischen Konsenspolitik in den Jahren der Nachkriegszeit bemisst, dann könnte in der Tat von einer „Veränderung dritter Ordnung“ gesprochen werden, womit Hall (1993) radikale Politikwechsel umschreibt. Die in Abbildung 5.1 aufgelisteten Sozialausgaben für die Jahre 1975 bis 1984 zeugen demgegenüber von sozialpolitischer Kontinuität. Dies lässt sich folgendermassen deuten: Der beabsichtigte Pfadwechsel weg vom Staat und hin zum Markt konnte nicht in der gewünschten Weise vollzogen werden, weil sich die Privatwirtschaft wider Erwarten nicht als effizienter erwiesen hat. Hierbei zeigt sich, dass pfadabhängige Veränderungen mitunter ineffizient sind, wo-

Abbildung 5.1: Sozialausgaben in Prozenten des BIP vor und während der Amtszeit von Margaret Thatcher in den Jahren 1979 bis 1990 1975/1976: 1976/1977: 1977/1978: 1978/1979: 1979/1980: 1980/1981: 1981/1982: 1982/1983: 1983/1984:

rauf im Kapitel über die theoretischen Grundlagen hingewiesen wurde. Der Staat konnte nicht durch den Markt substituiert werden, beide politischen Institutionen verblieben in den Positionen, die sie schon in

25.4 25.5 23.7 23.2 22.9 24.0 24.3 24.2 24.5

% % % % % % % % % Quelle: Lowe (2005)

der Nachkriegszeit innehatten. Diese Kon-

stellation, die sich damit pfadabhängig verändert hat, wird von Deutungsversuchen aufgegriffen, die sich auf den Umstand beziehen, dass für Margaret Thatcher ähnlich wie für William Beveridge „the free economy and the strong state“ gleichermassen galten und der eingeschlagene Pfad keine der beiden politischen Institutionen auf der Strecke lassen wollte (Borchert 1995: 105). Diese unter politikwissenschaftlicher Betrachtungsweise auf Pfadabhängigkeit hindeutenden Indizien korrespondieren mit soziologischen Überlegungen zum kulturellen Kontext, über den gesagt werden kann, dass sich Margaret Thatcher auf einen liberalen Wertekanon bezogen hat, der schon im Zeitalter der Poor Laws handlungsleitend gewesen war (Hutton 1995: 52).

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New Labour: Pfadwechsel auf den „Dritten Weg“ ? Mitte der 1990er Jahre wurde in vielen Ländern darüber debattiert, wie sich eine kostengünstigere Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates realisieren liesse und wie in ihm Marktkräfte ausgeprägter zum Zuge kommen könnten. Die britische Bevölkerung ahnte indessen, wohin solcherlei Bestrebungen führen können, schliesslich war Margaret Thatcher noch nicht vergessen (Eichenhofer 1999: 72). Die Labour-Partei und Tony Blair, der 1997 zum Premierminister gewählt wurde, wussten von dieser Situation zu profitieren. Im Wahlkampf versprachen sie als New Labour auftretend die Lehren aus den Jahren des Thatcherismus gezogen zu haben: Zwei Jahre nach dem Wahlsieg wurden darum wieder ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik initiiert, und die Forcierung einer inkludierenden Bildungspolitik sollte jeden in die Lage versetzen, auf dem Arbeitsmarkt zu reüssieren (Schmid 2002: 175). Nicht nur Fulbrook (2001) stellt infrage, ob die Reformen von New Labour tatsächlich viel Neues gebracht haben. Ein Blick zurück auf den Konsens der Nachkriegszeit zeigt, dass sich der britische Wohlfahrtsstaat schon damals auf einem Weg zwischen Liberalismus und Sozialdemokratie bewegt hat. Abbildung 5.2 weist aus, dass sich die Sozialausgaben vor und während der Amtszeit von Tony Blair nicht

Abbildung 5.2: Sozialausgaben in Prozenten des BIP vor und während der Amtszeit von Tony Blair in den Jahren 1997 bis 2007

markant verändert haben, was auf sozialpolitische Kontinuität hindeutet. Tony Blair

1993/1994: 1994/1995: 1995/1996: 1996/1997: 1997/1998: 1998/1999: 1999/2000: 2000/2001: 2001/2002:

vertrat zudem die Ansicht, dass Arbeit die beste Form der Wohlfahrt sei, womit er gleichsam den Beveridge-Bericht zitierte (Lowe 2005: 400). Ebenfalls seit Beveridge

26.3 26.0 25.8 24.4 23.3 22.8 22.8 22.8 24.0

von kontinuierlicher Bedeutung waren das

% % % % % % % % % Quelle: Lowe (2005)

Prinzip der Eigenverantwortung und der NHS. Dieser wurde mithilfe von Public-PrivatePartnerships reformiert, was zeigt, dass Tony Blair den wohlfahrtsstaatlichen Nutzen privatwirtschaftlicher Hilfe in der Tradition des Liberalismus zu schätzen weiss. Von soziologischem Interesse ist Abbildung 5.3, der entnommen werden kann, dass in den 1980er und 1990er Jahren hinsichtlich der für den Liberalismus charakteristischen Höherbewertung von Freiheit gegenüber Gleichheit ein anhaltender Abwärtstrend messbar ist, was bezo-

Abbildung 5.3: Zustimmung zur Aussage „Freiheit vor Gleichheit“ (E032) in Grossbritannien 1981: 1990: 1999:

gen auf den Wohlfahrtsstaat als schwindende Legitimation für den liberalen Pfad

72.1 % 65.0 % 59.7 %

Quelle: World Values Survey (1981, 1990, 1999)

gedeutet werden kann. Zugleich war für die

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1990er Jahre auch konstante Zufriedenheit mit dem Sozialwesen festzustellen, wodurch dieser Legitimationsschwund möglicherweise an Wirkungskraft eingebüsst hat und zugleich einem Pfadwechsel keinen Vorschub mehr leisten konnte (WVS 1990, 1998, 1999).

Schlussfolgerungen Wenn man wie eben getan ausgewählte Veränderungen des britischen Wohlfahrtsstaates im historischen Zeitverlauf betrachtet, dann erscheint die eingangs angesprochene AbweichlerRolle Grossbritanniens mitunter logisch und verständlich: Politische Kräfte aus dem liberalen, aus dem sozialdemokratischen und aus dem konservativen Lager konnten insbesondere in der Nachkriegszeit latent wohlfahrtsstaatliche Ausgestaltungs-Ideen einbringen, die sich später in Regierungspolitik manifestieren konnten. Der Schlingerkurs, auf dem man den britischen Wohlfahrtsstaat daraus folgernd wähnen könnte, ist insofern ein paradoxes Indiz für pfadabhängige Veränderungen. Ein weiteres Indiz für wohlfahrtsstaatliche Kontinuität ist die Dekommodifizierung, die sich gemäss Abbildung 5.4 stets auf tiefem Niveau bewegt hat. Dies korrespondiert mit der Feststellung, dass der britische Wohlfahrtsstaat trotz Umorientierungen bei Beveridge und bei Blair, die inkludierende Massnahmen initiiert haben, stets in unmittelbarem Bezug zum Arbeitsmarkt ausgestaltet wurde. Darum ähnelt der BeveridgeBericht dem Regierungsprogramm von Tony Blair und Margaret Thatcher glaubte die durch die Poor Laws gelungene Remoralisierung der Gesellschaft wiederholen zu können. Ebenso präsentierte sich der NHS als wohlfahrtsstaatliches Kontinuum, genauso wie die Familie im sozialpolitischen Diskurs konstant marginalisiert wurde. Kontinuierliche Entwicklungen lassen sich ferner auch auf kultureller Ebene feststellen, wo die Prinzipien der Poor Laws über die Jahre und Jahrzehnte hinweg stets

Abbildung 5.4: Auf die Rentenversicherung bezogener Dekommodifizierungs-Index 1972: 1980: 1990: 2000:

24.8 31.2 26.5 27.8 Quelle: Scruggs/Allan (2003)

handlungsleitend blieben. Insgesamt liefern die gefundenen Zusammenhänge somit zahlreiche Indizien, die gegen etwaige Pfadwechsel und für die These der Pfadabhängigkeit sprechen, wobei zu beachten gilt, dass sich diese Aussage auf die untersuchten Veränderungen und Zeitabschnitt bezieht. [12'388 Zeichen]

5.2 USA Die USA werden häufig als idealtypisches Beispielland für die Gruppe der liberalen Wohlfahrtsstaaten bezeichnet. Die Tatsache, dass das Land zusammen mit Grossbritannien auf dem Pfad liberaler Wohlfahrtsregime unterwegs ist, lässt sich unter anderem historisch erklären: 41


Als sie einst den Atlantik überquert haben, führten europäische Einwanderer die Idee der zu jener Zeit in Grossbritannien geltenden Poor Laws in ihrem Gepäck mit (Cammisa 1998: 25). Trattner (1988) vertritt darum die Meinung, dass diese Idee am Anfang des amerikanischen Wohlfahrtsstaates gestanden und diesem zugleich seine Entwicklungsrichtung vorgegeben habe, was mit der Bedeutsamkeit der Frühphasen historischer Zeitverläufe korrespondiert, die im Kapitel über die theoretischen Grundlagen Erwähnung findet. Wie im Einstieg zu diesem Kapitel angesprochen, sollten darum die Poor Laws – auf die im vorangehenden Abschnitt über Grossbritannien eingegangen wurde – nicht ausser Acht gelassen werden, wenn man das verallgemeinernde theoretische Konstrukt des Pfades liberaler Wohlfahrtsstaaten auf die USA beziehen möchte. Die Armenhilfe wurde im 18. und 19. Jahrhundert noch nicht als staatliche Aufgabe betrachtet, sondern von Kommunen in Kombination mit privater Hilfe verrichtet, was mitunter als Public-Private Mix bezeichnet wird (Metzer 1985: 119). Der nach Titmuss (1974) bereits zu diesem Zeitpunkt als residual zu bezeichnende amerikanische Wohlfahrtsstaat veränderte sich erst mit dem New Deal grundlegend.

New Deal: Der Staat übernimmt eine aktive Rolle Das Umgreifen der Great Depression im Anschluss an die Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 zwang den amerikanischen Staat in Erwägung zu ziehen, durch Eingriffe in die bis anhin kommunal geregelte Sozialhilfe die Bewältigung der schwierigen Umstände zu befördern (Ferguson 1984: 42). Mit der Lancierung des Social Security Act im Jahre 1935 beabsichtigte Präsident Franklin D. Roosevelt (Democrats) dem Staat eine aktive Rolle zukommen zu lassen: Bei der Old Age Insurance, bei der Arbeitslosenhilfe und bei der Aid to Families with Dependent Children (AFDC) handelte es sich fortan um staatliche Angelegenheiten. Anhand von Indikatoren wie Umverteilung oder Regulierung haben Lewis-Beck und Squire (1991) untersucht, wie stark sich der amerikanische Wohlfahrtsstaat durch den New Deal tatsächlich verändert hat. Sie kamen zum Schluss, dass sich zwischen Franklin D. Roosevelt und seinem Vorgänger Herbert Hoover (Republicans) in vielerlei Hinsicht Kontinuität feststellen lässt und ein grosser Teil des New Deal aus Hoover-Programmen extrapoliert werden kann (Lewis-Beck/Squire 1991: 107 ff.). Auch Metzer (1985) und Keller (1999) sprechen davon, dass die durch die Poor Laws vorgegebene Entwicklungsrichtung beibehalten wurde. Entgegen solchen Einschätzungen, die den New Deal als eine pfadabhängige Veränderung klassifizieren, kann der Rollenwechsel des Staates indessen auch als pfadunabhängig erfolgter „Gesinnungswandel“ gedeutet werden (Krieger 1963: 562).

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Reaganomics: Kurskorrektur und Bestätigung des liberalen Pfades In den 1960er Jahren lancierte der damalige Präsident Lyndon B. Johnson (Democrats) einen War on Poverty, für den er nicht nur Programme zur Armutsbekämpfung auffahren liess, sondern auch die Einführung des Medicaid veranlasste, was die Gesundheits- und Pflegeversicherung für arme Menschen sicherstellen sollte (Cammisa 1998: 49). Mit inkludierenden Massnahmen dergestalt ging es Johnson nicht darum, die Marktkräfte ausser Kraft zu setzen oder den Pfad liberaler Wohlfahrtsstaaten zu verlassen, denn letztlich sollten gesteigerte Beschäftigungsraten und nicht erhöhte Transferleistungen die Probleme lösen (Myles 1996: 120). Von konservativer Seite regte sich trotzdem Widerstand gegen die Stossrichtung dieser Veränderungen, man sah unter anderem das Prinzip der Eigenverantwortung in Gefahr. Die Ölkrise verbunden mit Inflation und ökonomischer Stagnation anfangs der 1970er Jahre verlieh dieser Kritik jene politische Schubkraft, die den Konservativen im Jahre 1980 den Wahlsieg ermöglichte und Ronald Reagan zum Präsidenten machte. Als Reaktion auf die genannten Probleme stellte dieser auf eine monetaristisch ausgerichtete Wirtschaftspolitik (Reaganomics) um, die eine Kürzung der Sozialausgaben intendierte sowie Steuersenkungen und Deregulierungsanpassungen auf dem Arbeitsmarkt mit sich brachte (Ellison 2006: 71, Collins 2007: 59 ff.). Es wird teilweise argumentiert, Ronald Reagan habe das Ende des New Deal herbeigeführt und die „radikalste Neuorientierung der amerikanischen Politik seit 1935“ vollzogen, wobei vornehmlich auf die Veränderungen in der Wirtschaftspolitik hingewiesen wird (Borchert 1995: 109). Ein Blick auf die Sozialausgaben in Prozenten des BIP offenbart demgegenüber eine konstante Entwicklung von 13.3 % im Jahre 1980 zu 13.4 % zehn Jahre später im Jahre 1990 (OECD 2007b). Die Ausgaben für den Earned Income Tax Credit (EITC) erhöhten sich gar von knapp 5 auf über 25 Milliarden Dollar (Seeleib-Kaiser 2001: 323). Der EITC ist ein fiskalisches Wohlfahrtsprogramm, das jedem Steuerzahler offen steht, der ein steuerbares Einkommen unter einer festgelegten Obergrenze hat und für mindestens ein Kind im Alter bis 19 Jahre aufkommen muss. Im Sinne der ökonomischen Theorie funktioniert der EITC über Anreizwirkungen, denn entscheidend ist die Bedingung, dass man über ein Einkommen aus Erwerbsarbeit verfügen muss (Howard 2003: 403 ff.). Eine Erhöhung des EITC spricht also – abgesehen vom Einfluss weiterer Faktoren – nicht für einen Pfadwechsel, sondern ist viel eher ein Indiz dafür, dass der liberale Pfad bestätigt und weiterverfolgt wurde, was nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vermeintlichen Kursänderung durch Ronald Reagans Vorgänger Lyndon B. Johnson von einiger Bedeutung ist.

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„To end welfare as we know it“: Reformen im langen Schatten des New Deal Vor seinem ersten Wahlsieg im Jahr 1992 verkündete Bill Clinton, er beabsichtige „to end welfare as we know it“ (Mead 2000: 557). Drei Jahre später liess er mit der Verabschiedung des Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act (PRWORA) den markigen Worten konkrete Reformen folgen: Die als Teil des New Deal eingeführte AFDC wurde in die Temporary Assistance for Needy Families (TANF) umgewandelt, wobei das neue Sozialhilfeprogramm verkürzte Bezugszeiten vorsah und Eltern im Sinne des Workfare verpflichtete, als Gegenleistung Arbeit für das Gemeinwohl zu verrichten (Schneider 1998: 167). Auch das Supplemental Security Income (SSI), das vornehmlich alten und behinderten Menschen zugute kam sowie die Programme für vergünstigten Nahrungsmittelbezug (Food Stamps) waren von den Reformen betroffen. Es setzte sich die Idee der Welfare to Work durch: Der Staat soll mittels inkludierender Massnahmen jede und jeden zu eigener Erwerbstätigkeit befähigen, denn Arbeit ist wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung vorzuziehen (Caraley 2001: 527). Der TANF lag fortan eine dezentrale Organisationsstruktur zugrunde, womit den Bundesstaaten erweiterte Kompetenzen zufielen. Crothers und Lind (2002) vertreten in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die Reformen von Ronald Reagan jene von Bill Clinton vorbereiteten, denn eine Verlagerung der wohlfahrtsstaatlichen Kompetenzen zu den Bundesstaaten begann bereits in den 1980er Jahren. Die Autorinnen konnten zudem nachweisen, dass jene Republikaner, welche auf die Ausgestaltung des PRWORA entscheidenden Einfluss nahmen, in der Tradition von Reagan zu verorten sind. Hierzu muss angemerkt werden, dass den Republikanern diese Einflussmöglichkeiten nur darum offen standen, weil sie zum Zeitpunkt der Verabschiedung des PRWORA im Kongress die Mehrheit innehatten. An dieser Stelle drängt sich zudem eine Bemerkung über den Liberalismus-Begriff in den USA auf: Was gemäss der Typologie von Esping-Andersen (1990) gemeinhin als „liberal“ bezeichnet wird, entspricht nach amerikanischen Begrifflichkeiten „republikanisch“ oder „konservativ“. Keller (1999) blickt noch weiter zurück und glaubt zu erkennen, dass sich die Reformen im „langen Schatten“ des New Deal vollzogen hätten. Auch Gebhardt (1997) spricht davon, dass die Politikgestaltung durch „eingefrorene Entscheidungen“ früherer Reformen eingeschränkt war – schliesslich gelangten mit Workfare und Welfare to Work jene Sozialhilfekonzepte zur Umsetzung, über die zuvor jahrelang diskutiert wurde (Gebhardt 1997: 30). Die mit diesen Konzepten verbundenen inkludierenden Massnahmen sollten derweil nicht vom liberalen Pfad wegführen, sondern das Funktionieren des Marktes gewährleisten (Seeleib-Kaiser 2001: 340). Solchen Standpunkten, die im Rahmen der PRWORA-Reformen durchwegs pfadabhängige Veränderungen vorliegen sehen, steht unter anderem Hall (1993) gegenüber, der meint, die Reformen kämen aus politikwissenschaftlicher Perspektive einer paradigmatischen „Verände44


rung dritter Ordnung“ gleich. Schneider und Jacoby (2005) konnten belegen, dass sich in den Medien zum Zeitpunkt der Reformen in der Berichterstattung über den Wohlfahrtsstaat ein negativer Unterton breit gemacht hat, was unter soziologischen Gesichtspunkten dessen Legitimation erodieren liess. Ebenfalls aus soziologischer Perspektive argumentieren Putnam (2000) und Ellison (2006), für die Individualisierungstendenzen darauf hindeuten, dass sich ein Wertewandel vollzogen hat, der einen Pfadwechsel begünstigen und erklären könnte.

Schlussfolgerungen Im soeben betrachteten Zeitverlauf – der sich notgedrungen auf ausgewählte Perioden und Veränderungen beschränken muss und diese nur oberflächlich abhandeln kann – wird ersichtlich, dass der amerikanische Wohlfahrtsstaat im Zuge seiner Entwicklung dem liberalen Pfad treu geblieben ist, obschon gegenteilige Einschätzungen nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Die Veränderungen, die der New Deal mit sich gebracht hat, könnten am ehesten als pfadunabhängig klassifiziert werden. Danach ging tiefe Dekommodifizierung (Abbildung 5.5) verbunden mit der Ansicht, dass sich über den

Abbildung 5.5: Auf die Rentenversicherung bezogener Dekommodifizierungs-Index 1972: 1980: 1990: 2000:

25.6 26.4 27.4 26.7 Quelle: Scruggs/Allan (2003)

Arbeitsmarkt die besten Wohlfahrtsergebnisse erzielen lassen, stets mit jenem Residualismus einher, der schon vor dem New Deal festzustellen war. Selten wurden Umorientierungen im Stile des War on Poverty ins Auge gefasst, woraus unter Umständen höhere Dekommodifizierung oder geringere Exklusion hinsichtlich der sozialstrukturellen Stratifikationsmechanismen hätten resultieren können. Und der Umstand, dass in gewissen Bereichen der Sozialhilfe noch immer ein Public-Private Mix praktiziert wird und nach den jüngsten Reformen die Bundesstaaten wieder mehr sozialpolitische Kompetenzen innehaben, deutet auf eine Verknüpfung zwischen dem modernen Wohlfahrtsstaat und den Poor Laws hin, was ebenfalls für ein Verbleiben auf dem originären Pfad spricht (Cammisa 1998: 137). Unter Bezugnahme auf das Kapitel über die theoretischen Grundlagen kann gesagt werden, dass sich wohlfahrtsstaatliche Veränderungen dann pfadabhängig vollziehen, wenn institutionell und ideologisch Kontinuität feststellbar ist. Im Hinblick auf das politische System der USA ist in diesem Zusammenhang auf einen als „Honeymoon-Phase“ bezeichneten institutionellen Stabilisierungsfaktor hinzuweisen: Grundlegende Weichenstellungen sind demnach nur in den Frühphasen einer Administration möglich, weil dann die Medien noch zurückhaltend berichten und die Bürokratie politisch führungslos ist (Cnudde/McCrone 1969). Vielleicht konnte Bill Clinton aus diesem Grund den mit „to end welfare as we know it“ rhetorisch angekündigten Pfadwechsel nicht vollziehen. Diese Vermutung korrespondiert mit der Feststellung, dass Unterschiede zwischen Politikern und Parteien 45


oftmals nur auf symbolischen und rhetorischen Differenzen beruhen, was mit den Mechanismen des politischen Machterwerbs zusammenhängt und dafür spricht, dass sich wenig ändert oder aber Veränderungen pfadabhängig vonstatten gehen (Cammisa 1998, Lewis-Beck/Squire 1991: 118). Jennings (1979) hat mit dem Parteienwettbewerb einen dieser Mechanismen genauer untersucht, wobei ihm der Nachweis gelungen ist, dass Wohlfahrtspolitik immer dann am grosszügigsten ist, wenn die Parteien am stärksten um die Wählergunst kämpfen. Bezogen auf die These der Pfadabhängigkeit kann daraus abgeleitet werden, dass kontinuierlicher Parteienwettbewerb, der in einem politischen System mit zwei Parteien als gegeben betrachtet werden kann, zu konstanten Ausgabevolumina bzw. zu pfadabhängigen Veränderungen führt. Diesen politikwissenschaftlich-institutionellen Indizien für die These der Pfadabhängigkeit steht die soziologische Argumentation gegenüber, die sich auf Werthaltungen bezieht. Abbildung 5.6 zeigt, dass die amerikanische Bevölkerung in den 1980er und 1990er Jahren stets dezidiert der Meinung war, dass der Staat Eigenverantwortung einfordern müsse, was dessen liberalen Kurs legitimierte und pfadabhängige Entwicklungen begünstigte. In einer anderen Studie über Einstellungen und Werthaltungen stellen Feldman und Zaller (1992) aus-

Abbildung 5.6: Antworten mit den Werten 8, 9 oder 10 auf einer Skala von 1 bis 10 mit 10 = „stimme voll zu“ zur Aussage „Bevölkerung sollte mehr Verantwortung übernehmen“ (E037) 1982: 1990: 1995: 1999:

geprägte Ambivalenz fest was die Zuwendung zu politischen Ideologien betrifft. Für die These der Pfadabhängig-

72.0 75.4 75.1 75.0

% % % %

Quelle: World Values Survey (1982, 1990, 1995, 1999)

keit bedeutet dies, dass sich konkurrierende Ideen gegenseitig in ihrer Wirkungskraft neutralisieren weil Kurswechsel aus der Vergangenheit in nachfolgenden Perioden korrigiert werden, wodurch letztlich Pfadwechsel erschwert werden. [13'298 Zeichen]

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6. Fazit und Perspektiven Christoph Hess Zum Anfang dieser Seminararbeit haben wir uns mit der Wohlfahrtsstaaten-Typologie von Esping-Andersen (1990) als konzeptuellem Wegweiser sowie theoretischem Proviant im Gepäck auf die Spur der Pfadabhängigkeit begeben. Die Reise führte uns durch Schweden, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und die USA, wobei wir nicht aus touristischer Neugier, sondern mit wissenschaftlichem Erkenntnisinteresse unterwegs waren: Es sollten Antworten auf die Frage gefunden werden, ob sich wohlfahrtsstaatliche Veränderungen und Entwicklungen in den genannten Beispielländern pfadabhängig bzw. pfadunabhängig vollzogen haben, wobei Ersteres die These der Pfadabhängigkeit bekräftigen würde. Im Lichte der nachfolgend rekapitulierten Erkenntnisse dieser Arbeit büsst die gewählte Fragestellung nichts von ihrer Relevanz ein: Einander entgegengesetzte Einschätzungen beispielsweise über die Anpassungen, die sich im Zuge des New Deal in den USA oder durch die Flexicurity in Dänemark vollzogen haben, bestätigen die Vermutung, dass mitnichten Klarheit darüber vorliegt, ob Wohlfahrtsstaaten ihren Pfaden treu bleiben und in der Typologie von Esping-Andersen (1990) über mehrere Zeitabschnitte hinweg gleich zu verorten sind. Es ist demnach nicht nur auf den ersten Blick, sondern auch nach mehrmaligem Hinschauen schwierig, die „statische Dynamik“ von Wohlfahrtsstaaten zu verstehen (Borchert 1998: 39 ff.). Ausgehend vom „Volksheim“ skizzierte Adrian Wenzl die sozialpolitische Vorreiterrolle Schwedens, wo seit den 1930er Jahren stets pfadabhängige Veränderungen vonstatten gingen, weil eine robuste Ökonomie und intakte Legitimation durch die Bevölkerung etwaige Pfadwechsel hinfällig machten. Ferner kam er zum Schluss, dass im Dänemark der 1980er Jahre auch eine bürgerliche Regierung nicht imstande war, wohlfahrtsstaatliche Veränderungen in die Wege zu leiten, die vom sozialdemokratischen Pfad weggeführt hätten. Bezüglich der seit neuerer Zeit am dänischen Arbeitsmarkt angewandten Flexicurity gelangte er indessen zu einem anderen Befund: Äusserst liberale Kündigungsschutzregelungen rücken Dänemark weg von sozialdemokratischen Ausgestaltungsprinzipien in die Nähe von Grossbritannien. Berücksichtigt man darüber hinaus die Anfänge des dänischen Wohlfahrtsstaates, so muss dieses Urteil allerdings relativiert werden: Die Veränderungen entsprechen sodann weniger einem Pfadwechsel, sondern eher einer Rückkehr auf den originären Pfad. Keines der untersuchten Beispielländer hat politische Umwälzungen jenen Ausmasses erlebt wie Deutschland in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur. Christoph Lutz argumentierte deshalb, dass jene Zeitläufe nicht ohne Einfluss auf den Pfad wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung bleiben konnten und Abweichungen von der konservativen Veränderungsrichtung festzustellen sind. Ein Vergleich der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg mit 47


der Nachkriegszeit lieferte derweil Indizien, welche die These der Pfadabhängigkeit zu bestätigen scheinen: In der Prosperitätsphase wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung fand man offenbar auf jenen konservativen Pfad zurück, auf den sich der deutsche Wohlfahrtsstaat in seinen Anfangsstadien begeben hatte. Etwas schwieriger gestaltete sich die Analyse des französischen Wohlfahrtsstaates, der in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten offenkundig insbesondere seine Unübersichtlichkeit pfadabhängig weiterentwickelt hat. Trotz neuer Impulse in den 1980er Jahren und einer anhaltenden Umbauphase deuten jedoch verschiedene Indizien darauf hin, dass die Pfadabhängigkeitsthese auch für Frankreich gültig ist. Hinsichtlich der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung in Grossbritannien stellte Christoph Hess Kontinuität allerorten fest: Die Prinzipien der Poor Laws blieben über die Zeit hinweg fortwährend handlungsleitend, die Familie wurde im sozialpolitischen Diskurs konstant marginalisiert, was auf die Zentralität des Marktes hindeutet, die wiederum mit tiefen Dekommodifizierungswerten einherging. Auch die Abweichler-Rolle Grossbritanniens im Rahmen der Typologie von Esping-Andersen (1990) lässt sich als paradoxes Indiz für pfadabhängige Veränderungen deuten. In analoger Weise gingen auch in den USA die betrachteten wohlfahrtsstaatlichen Veränderungen pfadabhängig vonstatten: Unter institutionellen Gesichtspunkten ähneln aktuell zur Anwendung gelangende Ausgestaltungsprinzipien jenen der Frühphasen des amerikanischen Wohlfahrtsstaates, kulturell büssten diese Prinzipien nicht an Legitimation ein und wohlfahrtsstaatlichen Umorientierungen wurden gegebenenfalls Kurskorrekturen entgegnet. Auch unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse wirft die mit der WohlfahrtsstaatenTypologie von Esping-Andersen (1990) in Verbindung gebrachte Pfadabhängigkeitsthese noch zahlreiche Fragen auf, die zukünftiger wissenschaftlicher Diskussion und Erforschung bedürfen. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, sich mithilfe historischer Perspektiven einen Durchblick zu den in der Einleitung angesprochenen blinden Flecken im Forschungsstand zu verschaffen, wobei diese Fährte als gewinnbringend empfunden wurde. Die dabei getätigten Bemühungen haben Antworten zutage gebracht, denen es jedoch insbesondere an empirischer Tiefe fehlt: Eine Vielzahl der gefundenen Indizien deutet darauf hin, dass sich Wohlfahrtsstaaten in den untersuchten Zeitabschnitten pfadabhängig entwickelt und verändert haben, wodurch die These der Pfadabhängigkeit bekräftigt wird. Neben empirischer Tiefe wäre im Rahmen der zukünftigen Forschung auch erweiterte konzeptuelle Breite wünschenswert: Aus Ermangelung an Zeit und Zeichen mussten wir vom Kontext abstrahieren, in dem sich wohlfahrtsstaatliche Veränderungen vollziehen. Genauso wenig darf die anhaltende Diskussion um mögliche Erweiterungen und Änderungen an der Typologie von EspingAndersen (1990) nicht ausser Acht gelassen werden, wofür sich unter anderem Borchert (1998) oder Obinger und Wagschal (1997) aussprechen. [5'947 Zeichen] 48


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Kontaktangaben Adrian Wenzl [03-707-916] Neugasse 52 CH-8005 ZĂźrich

adrian.wenzl@gmx.net 079 / 387 57 76 Publizistikwissenschaft / Betriebswirtschaftslehre / Soziologie

Christoph Lutz [04-712-899] Reggenschwilerstrasse 28 CH-9402 MĂśrschwil

chrislutz@access.uzh.ch 079 / 504 13 61 Soziologie / Management & Economics / Publizistikwissenschaft

Christoph Hess [05-721-758] Im Aeglister 14 CH-8124 Maur

christoph.hess@access.uzh.ch 078 / 879 18 82 Soziologie / Volkswirtschaftslehre / Politikwissenschaft

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Hinweis zum Textumfang Die vorliegende Seminararbeit umfasst 118'851 Zeichen. Wir bedauern, dass es uns damit nicht gelungen ist, die Vorgaben zum Textumfang einzuhalten. Gleichzeitig sind wir zur Einsicht gelangt, dass wissenschaftliches Arbeiten weniger mit der Darlegung von Wissen in H端lle und F端lle, sondern viel eher mit auf den Punkt gebrachter Erkenntnis zu tun haben sollte.

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