Save the Date! Vision. Innovation. Expertise. 27. + 28. 10. 2015 Frankfurt am Main
Internationale Fachmesse und Kongress für Reinraumtechnologie. Innovativ & interdisziplinnär – Reinraumlösungen für alle Branchen. Mehr Informationen und Impressionen unter www.cleanzone.messefrankfurt.com
Liebe Leserinnen und Leser!
3
den Händen. Drei Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe war es an der Zeit, das Magazin inhaltlich und optisch auf das nächste Level zu heben. Ziel war ein reineres Erscheinungsbild für eine reine Branche. Dabei strebten wir von Anfang mehr als kosmetische Veränderungen an. Das Magazin sollte nicht nur optisch ansprechender werden, sondern auch zielgruppenorientierter, nutzwertiger, strukturierter und spannender. Unser Relaunch ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse. Genauer gesagt: von drei Analysen. Wir hatten Medienwissenschaftler damit beauftragt, eine Markt-, eine Wettbewerbs- und eine Zielgruppenanalyse für uns zu erstellen. Ein zeitaufwendiger Prozess, dem sich die Medienberatungs-und Marktforschungsagentur comstrat widmete. Deren Inhaber, Prof. Dr. Jasper A. Friedrich (HMKW Berlin) und Medienwirtschaftler und Redakteur Christoph Heinemann, präsentierten uns die Ergebnisse in drei langen Konferenzen. Ihre Vorschläge führten mitFrank Duvernell »Eine Frage unserer Zielgruppenanalyse lautete: Welche Themen sind für Sie, liebe Leser, interessant und spannend?
unter zu kontroversen Diskussionen. Doch im Schmelztiegel der Fakten, Meinungen, Bauchgefühle und Argumente kristallisierte sich schließlich unsere neue Magazinstruktur heraus.
Die Antwort überraschte nicht: Deutlich wur-
5%
de Ihr Wunsch nach einem möglichst neutra-
abstrakt
len und modernen Informationsmedium mit Fachexpertise. Weitere Befragungsergebnisse finden Sie in den Infografiken rechts.«
1. Wie wünschen Sie sich das
nur Text
technisch
22%
Aussagen der Befragten:
22%
19% 54%
46%
modern
32%
lifestyle
1.
Reportagen
Artikel
Design dieses Magazins? 2. Welcher Zeitschriftenstil wäre passend?
2.
Das Wichtigste in Kürze: Wir haben den deutsch- und englisch-sprachigen Teil voneinander getrennt und revers gegeneinander geheftet. Wahrscheinlich ist es Ihnen sofort anhand der doppelten Titelseite aufgefallen. Durch diese Trennung können wir vom bisherigen zweispaltigen Layout (links deutsch, rechts englisch) auf ein dreispaltiges Layout wechseln, was uns ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Inhaltlich gliedert sich das neue Magazin nun in einen journalistischen, einen technischen und einen Service-Teil. Damit ist der große Frühjahrsputz in unserem Magazin vollbracht. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!
Frank Duvernell Herausgeber
2/2015
EDITORIAL
Heute halten Sie unser völlig neu gestaltetes »Cleanroom Magazin« in
4
INHALT 02/2015 08 08
08
Titelthema: Schöne Natur – gefährliche Kontamination Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor Kontaminationsgefahren aus der Natur zu schützen.
LIFE & BUSINESS INHALT
Neues aus der Welt der Reinträume
06
Marktgeschehen in Kürze
Ebola-Impfstoff noch in diesem Jahr? • Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand • Europas Mikrotechnikbranche investiert wieder • Pharmaindustrie pusht Schweizer Exportbilanz • Neues Forschungszentrum in Villach • Rekordjahr für Braun Melsungen AG • SEMICON Europe bringt Gründer und Investoren zusammen
.................................................. 16 16
Krankenhauskeime: Was tun gegen sie? In Europa inf izieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern. Durch die konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien ließe sich ein Großteil der Infektionen und Todesfälle verhindern.
.................................................. 22
NanoBioMedizin: Mit dem U-Boot zur Krebszelle
Nanosysteme können medizinische Wirkstoffe im Körper direkt an den Krankheitsherd heranführen und dort gezielt freisetzen. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen.
16
.................................................. 28 Einblicke: Unterwegs mit… Philippe Trösch, Sales Engineer der Novasina AG
.................................................. 30 30
OLEDs:
Organische lichtemittierende Dioden könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren. Ihre besonderen Eigenschaften eröffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produkte.
2/2015
5
36
Im Porträt: Armando Rastelli, Linz
30
Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik in Linz. Dessen Reinräume nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Forschung ein.
SCIENCE & TECHNOLOGY
Lösungen für die Welt der Reinräume
40
Technologie in Kürze
Trends in der Dünnschichttechnologie • Menschenähnlicher Labor-Roboter • Ein Computer im Reiskornformat • Baumaterial für Nanosysteme • Nanomedikament schützt Nerven • Neues Reinigungsverfahren für Therapeutika • Reinraumtaugliche Servopresse
50
.................................................. 42 Effizienz im Reinraum: So geht’s Reinräume zu betreiben, verursacht hohe Kosten. Doch oft lassen sich schon mit geringen Veränderungen deutliche Einsparungen erzielen.
.................................................. 46
Nachwuchs: Studierende gründen GMP-Schule
Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arznei, Kosmetik und Lebensmitteln gehören eher selten zum Lehrplan. Darum haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten für sich selbst eine GMP-Schule gegründet.
.................................................. 49
Was machen Sie da,…?
Stefan Grilec, ReinraumProduktionsmonteur
SERVICE
Veranstaltungen, Awards, feste Rubriken
50 50
Recht und Regularien: Normen sind Geldspartipps Normen und Richtlinien für das Betreiben von Reinräumen enthalten nicht nur Pf lichten, sondern auch Hinweise zur Betriebskostensenkung.
................................................
................................................
52
Innovation: Kandidaten für Cleanroom Award 2015 gesucht
55
Noch bis zum 31. August können Ideen zu Innovation, Nachhaltigkeit und Energieeff izienz im Reinraum bei der ReinraumAkademie eingereicht werden
Der Cleanroom Award wird seit 2012 verliehen. Wer seither zu den Finalisten des Cleanroom-Awards zählte.
................................................ 53
Cleanroom Award: Jetzt Projekte einreichen
Beim Cleanroom Award spielt es keine Rolle, ob eine Idee oder ein marktreifes Produkt vorgestellt werden. So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015.
................................................ 54
Die Sieger: Wer bisher den Cleanroom Award gewann
Die Besucher der Fachmesse Cleanzone küren jedes Jahr unter fünf Finalisten die Innovation des Jahres.
Preisverdächtig: Das waren die Nominierten der Vorjahre
................................................ 56 Im Interview: Egon Buchta Wie die Cleanroom-Award-Kandidaten ausgewählt werden, erklärt Jury-Mitglied Egon Buchta, Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH..
................................................ 58
Veranstaltungen
60
Impressum
................................................
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Life&Business
LIFE & BUSINESS | IN KÜRZE
Marktgeschehen in Kürze
Neues Forschungszentrum in Villach
aus dem Jahr 2008 um rund zwei Mil-
ner guten und stabilen wirtschaft-
liarden Franken übertroffen. Vor al-
lichen Verfassung«, sagte der Vor-
lem die chemisch-pharmazeutische
standsvorsitzende Heinz-Walter
Exzellenzcluster | Mit ASSIC, dem
Industrie hat ihre Exporte gesteigert.
Große bei der Bilanzpräsentation
Austrian Smart Systems Integrati-
Die Ausfuhren dieser Branche stie-
am 27. März im hessischen Melsun-
on Research Center, wurde kürzlich
gen um fünf Prozent auf 85,3 Milliar-
gen. Das 1839 in einer Apotheke ge-
im österreichischen Villach ein neu-
den Franken, wie die Eidgenössische
gründete Unternehmen ist heute in
es Exzellenzcluster bewilligt. Damit
Zollverwaltung mitteilte. Damit trug
61 Ländern präsent und hat 50.000
wird der Standort Villach als eine der
die chemisch-pharmazeutische In-
Mitarbeiter.
führenden europäischen Regionen
dustrie 60 Prozent zum letztjährigen
im Forschungsbereich Mikroelekt-
Exportplus bei. Ihr Anteil am Gesam-
ronik und Systemintegration weiter
texport stieg auf 41 Prozent.
ausgebaut. ASSIC erhielt von einer internationalen Expertenjury den COMET-Status für bis zu acht Jahre
Neuer Rekord bei Braun Melsungen
Ebola-Impfstoff noch in diesem Jahr? Forschungserfolg | Wissenschaftler des Instituts für Tropenmedizin im südwestdeutschen Tübingen haben
zuerkannt. Das COMET-Programm (Competence Centers for Excellent
Erlössprung | Die B. Braun Melsu-
einen Erfolg versprechenden Ebo-
Technologies) fördert die Kooperati-
ngen AG hat ihr 175-jähriges Jubi-
la-Impftest durchgeführt. An der
on von Wissenschaft und Wirtschaft
läumsjahr mit einem Umsatz- und
internationalen Studie nahmen 138
sowie den Aufbau gemeinsamer For-
Ergebnisrekord abgeschlossen. Der
Freiwillige in Gabun, Kenia, Deutsch-
schungskompetenzen und deren
deutsche Medizintechnikhersteller
land und der Schweiz teil. Verwendet
Verwertung. Dank dieser Förderung
wurde dabei der bereits zehn Jah-
werden in den nächsten Jahren zahl-
re alte, aber noch nicht lizenzierte
reiche intelligente Bauteile und Sys-
Wirkstoff rVSV-ZEBOV-GP aus Ka-
teme in das Leben vieler Menschen
nada. Wie der Test zeigte, wurde der
Einzug halten, die die Handschrift
Wirkstoff von den Probanden gut
des neuen Exzellenzzentrums tra-
vertragen, zudem bildeten sie Anti-
gen, sei es in Automobilen, Mobil-
körper gegen Ebola aus. Die Forscher
telefonen, in der Medizintechnik, der Unterhaltungselektronik oder in Haushaltsgeräten.
Pharmaindustrie pusht Schweizer Exporte
Produktion von Infusionsgeräten: Rückführung von Anguss zur Abfallvermeidung.
hoffen, dass der Impfstoff noch im Laufe dieses Jahres zugelassen wird.
Foto: B. Braun Melsungen AG.
steigerte im Geschäftsjahr 2014 seinen Umsatz um fünf Prozent auf 5,43 Millionen Euro (Vorjahr: 5,17
Rekordjahr | Die Schweiz hat im ver-
Millionen Euro). Der Konzernjahres-
gangenen Jahr so viel exportiert wie
überschuss erhöhte sich um 0,3 Pro-
noch nie. Mit Ausfuhren im Gesamt-
zent auf 316,3 Millionen Euro (Vor-
wert von 208,3 Milliarden Franken
jahr: 315,5 Millionen Euro). »Der B.
wurde 2014 der bisherige Rekordwert
Braun-Konzern befindet sich in ei-
2/2015
Ein neuer Wirkstoff gegen Ebola könnte bald als Impfstoff zugelassen werden. Foto: Schlierner
Mikrotechnikbranche investiert wieder
7
Die wichtigsten Zielmärkte der europäischen Mikrotechnikbranche 2013 und 2015. Grafik: IVAM Research
Beim aktuellen Ebola-Ausbruch in
Chip-Auftragsfertiger noch Werke
tenerhebung des internationalen
Westafrika haben sich laut Weltge-
von Nicht-EU-Konzernen in Europa
IVAM Fachverbandes für Mikro-
sundheitsorganisation bisher 25.000
mitgezählt.
technik haben 2014 knapp ein Drit-
Menschen mit dem lebensgefährlichen Virus infiziert, mehr als 10.000 davon sind gestorben.
Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand
Gründer treffen Investoren
tel der Unternehmen mehr Geld ausgegeben als im Vorjahr. Damit zeigte sich die Branche investitionsfreudiger als in vorausgegan-
SEMICON Europe | Auf der Halblei-
genen Jahren und auch als der
ter-Tagungsmesse »SEMICON Euro-
Durchschnitt der europäischen
pe« vom 6. bis 8. Oktober 2015 im ost-
Wirtschaft. 2015 Jahr wollen die
Studie | US-Unternehmen dominie-
deutschen Dresden erhalten 60 junge
Mikrotechnikunternehmen er-
ren den Halbleiter-Weltmarkt mit
Hightechfirmen die Chance, ihre Ide-
neut mehr Mittel für Technologie-
einem Anteil von 55 Prozent. Euro-
en vor Kapitalgebern zu präsentie-
entwicklung und Unternehmens-
päische Halbleiter-Konzerne haben
ren. Wie der Branchenverband SE-
wachstum in die Hand nehmen.
dagegen lediglich sechs Prozent An-
MI ankündigte, soll auf diese Weise
Knapp 36 Prozent planen, mehr zu
teil am Weltmarkt. Dies ergab eine
mehr Wagniskapital aktiviert wer-
investieren als 2014.
Studie des US-Marktforschungsun-
den, damit innovative Start-ups in den Schlüsseltechnologien Mikro-
Unter den Zielmärkten hat der Me-
und Nanotechnologie, Informations-
dizintechnik- und Gesundheits-
und Kommunikationstechnologie,
markt für die Mikrotechnikbran-
Umwelt- und Energietechnik, Auto-
che die größte Bedeutung. Mehr als
mobilbau, Materialwissenschaften,
die Hälfte der europäischen Unter-
Maschinen- und Anlagenbau sowie
nehmen beliefert diesen Mark. Für
Medizintechnik und Life Sciences zu
knapp ein Viertel ist es der wich-
erfolgreichen Unternehmen heran-
tigste Zielmarkt. Daneben ist die
US-Konzernen dominiert. Foto: popov48
wachsen können. Start-ups aus ganz
Automobilindustrie für die Mik-
Europa können sich bis zum 31. Mai
rotechnikbranche in den vergan-
ternehmens IC Insights. Laut dieser
2015 um einen Auftritt auf Europas
genen zwei Jahren wieder wichti-
Analyse ist Europas Weltmarktan-
größter Chipmesse bewerben.
ger geworden. Automobiltechnik
Die weltweite Halbleiterfertigung wird von
teil noch geringer als von der EU angegeben. Die EU-Kommission hatte 2013 das Ziel ausgegeben, den euro-
Mikrotechnikbranche investiert wieder mehr
päischen Weltmarktanteil durch
ist derzeit für elf Prozent der Unternehmen der Hauptzielmarkt. 2013 waren es nur knapp vier Prozent der Unternehmen.
Förderprogramme von zehn auf 20
Optimismus | Die europäische Mi-
Prozent zu verdoppeln. IC Insights
krotechnikbranche hat zuletzt wie-
hatte in der Studie allerdings weder
der mehr investiert. Laut einer Da-
2/2015
Nießendes Mädchen vor einem blühenden Baum. Foto: fotolia, Tatyana Gladskih
LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE
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2/2015
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Schöne Natur – gefährliche Kontamination
Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum. 2/2015
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Schöne Natur – gefährliche Kontamination
LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE
Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum. Im Frühjahr verunreinigen Pollen und Düngemittelstäube die Luft. Zugleich explodiert das Keimwachstum durch steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor den erhöhten Kontaminationsgefahren aus der Natur zu schützen.
hohen Filterfläche und dem daraus resultierenden niedrigen Druckverlust bei höchster Effizienz. Die dritte Stufe bilden HEPA-Filter, die je nach benötigter Reinraumklasse alle übrigen partikulären Verunreinigun-
Der Winter ist vorbei, die Tage wer-
ten, sorgfältig arbeiten und regel-
den länger, die Temperaturen stei-
mäßige Wartungen durchführen,
gen. Endlich! Und mit dem begin-
damit die Anlagen sauber bleiben«,
»Setzt man die in der Luft transpor-
nenden Frühjahr regen sich in uns
betont Spehl. Er kennt den Fall eines
tierten Partikel in Größenrelatio-
Menschen nun neue Lebensgeister.
Labors in Waldnähe, dessen Betrei-
nen zueinander, dann haben wir es
Aber auch die Natur blüht auf. Und
ber mit seinen neuen Filtern wäh-
im übertragenen Sinne mit einem
das bedeutet: Gräser, Kräuter, Blu-
rend der Nadelbaumblüte eine böse
Mix aus Hüpfbällen, Wassermelo-
men und Bäume schütten wieder
Überraschung erlebte. »Was sich da
nen, Äpfeln, Blaubeeren und Mohn-
Myriaden von Pollen in die milde
auf die Filter legte, war richtig kleb-
körnern zu tun«, sagt Filterexper-
Frühlingsluft. Zudem beginnen die
riger Staub. Weil die Pollen milchig
te Frank Spehl. »Die Hüpfbälle und
Landwirte mit der Feldarbeit und
weiß waren, konnte man sie auf den
Wassermelonen bleiben schon in
belasten die Luft zusätzlich mit
noch sauberen Filtern nicht erken-
der ersten Filterstufe hängen. Die
Düngemittelstäuben, Gülleparti-
nen. Das Ergebnis: Die Filter waren
Äpfel entsprechen in diesem Ver-
keln und Herbizid-Aerosolen. »Al-
zu, wie mit Sprühkleber behandelt,
gleich den Pollen, sie werden eben-
les, was man jetzt riechen kann, sind
man konnte es auf den ersten Blick
so wie die Blaubeeren in der zweiten
Molekülketten, die auch Risiken
nicht feststellen. Der Reinraum
Filterstufe abgeschieden. Die dritte
für den Reinraum bergen können«,
blieb jedoch unbehelligt«, berichtet
Stufe, die Hepa-Filter, passieren ma-
sagt Frank Spehl, Vertriebsleiter
der AAF-Filterexperte.
ximal ein paar Mohnkügelchen –
Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Das Unternehmen
gen weitestgehend abscheiden.
abhängig von der Filterklasse.«
spezialisiert auf Luftfiltersysteme.
Dreistufiges Filterkonzept
Grundsätzlich, so beruhigt Frank
Um Pollen sicher aus dem Rein-
Spehl, sei die Luft- und Filtertechnik
raum fernzuhalten, empfiehlt sich
Da die Pollen bei korrektem An-
heutzutage so gut, dass weder Pol-
ein dreistufiges Filterkonzept. Für
lagenbau gar nicht bis zu den He-
len noch sonstige Partikel im Rein-
die Vorstufe sind hochwertige Ta-
pa-Filtern, geschweige denn in den
raum ankämen. Die erste und zwei-
schenfilter auf synthetischer Basis
Reinraum, vordringen können,
te Filterstufe scheide normalerweise
erste Wahl. Diese haben eine hohe
gibt es auch keine Unterschiede zu
sämtliche Pollen und feinste Par-
Staubspeicherfähigkeit und kön-
beachten zwischen dem Betreiben
tikel aus der Luft ab. »Sie müssen
nen auch mal Feuchtigkeit vertra-
eines ISO- und eines GMP-Rein-
allerdings im Vorfeld des Reinrau-
gen. Für die zweite Stufe sind Kom-
raums. Die ISO-Norm (Internati-
mes den Stand der Technik beach-
paktfilter prädestiniert, wegen ihrer
onal Organization for Standardiz-
im westdeutschen Oberhausen ist
2/2015
Zeitpunkt des Filterwechsels
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Eine Birke schüttet ihre Pollen aus. Foto: fotolia, Ingo Bartussek
ation) legt die maximal zulässige
die Abscheidemedien zu wech-
peraturen richtig wohl. In der Fol-
Partikelkonzentration in einem
seln. Die nächste Wartung sollte
ge vermehren sie sich erheblich
Reinraum fest und ist zum Bei-
dann im November erfolgen, um
schneller als im Winter.
spiel in der Halbleiterindustrie
die Reinraumanlage mit frischen
relevant. GMP-Richtlinien (Good
Filtern über den Winter und die
In der Luft finden die Mikroorganis-
Manufacturing Practice) dienen
im Frühjahr folgende Pollenzeit
men aufgrund fehlender Nährstoffe
der Qualitätssicherung in Rein-
zu bringen.
meist keine günstigen Lebensbedin-
räumen, in denen es neben Parti-
gungen und sterben rasch ab. Doch
kelfreiheit auch um Keimfreiheit
mit zunehmender Luftfeuchtigkeit
geht, zum Beispiel in der Produktion von Arzneimitteln, Lebens-
Beschleunigtes Keimwachstum
mitteln oder Kosmetika.
steigen ihre Überlebenschancen deutlich an (Abb. 1, S. 14: »Überleben von Keimen in Abhängigkeit von
Weitere jahreszeitliche Herausfor-
der relativen Luftfeuchte«). Tatsäch-
Was den Filterwechsel angeht, hat
derungen für den Reinraum sind im
lich tritt auch in unseren Breiten bei
es keinen Sinn, unmittelbar vor
Frühjahr und Sommer die steigen-
sommerlichen Temperaturen eine
Beginn der Pollensaison einen
den Temperaturen und die damit
hohe Luftfeuchtigkeit auf (Abb. 2,
Austausch vorzunehmen. Besser
einhergehende höhere Luftfeuch-
S. 15: »Wassergehalt der Luft«). Da
ist es, mit den vorhandenen Fil-
tigkeit. Beides treibt das Keimwachs-
die Luft mit steigender Temperatur
tern noch die Hauptzeit des Pol-
tum an. Denn so wie die meisten
lenflugs zu absolvieren und erst
Menschen fühlen sich auch die
Rät zum Filteraustausch erst nach der
danach, etwa im Frühsommer,
meisten Keime bei warmen Tem-
Pollensaison: Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Foto: René Dreyer, Cleanroom Media
»Alles, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können.« Frank Spehl, AAF-Lufttechnik GmbH
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LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE
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Pollenflugkalender: Etwa von April bis Juli ist Hochsaison für Pollen. Quelle: DAK / Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst
immer mehr Wasser aufnehmen kann, erhöht sich auch die Lebens-
Reinraum oder Keimraum?
dauer der luftgetragenen Keime. Zu-
kühlt, dann kondensiert das Wasser und schlägt sich an kühleren Flächen oder Baugruppen nieder. Jeder
sätzlich ist für sie der hohe Anteil
Besonders anfällig für die Ansied-
kennt diesen Effekt aus dem heimi-
an Partikeln in der Sommerluft von
lung von Keimen sind im Frühjahr
schen Badezimmer, wenn beim Du-
Vorteil. Denn Pollen und Staub wir-
und Sommer die raumlufttechni-
schen der Spiegel beschlägt. Trifft
ken wie Keim-Shuttles und führen
schen Anlagen. Hierbei handelt
das kondensierte Wasser im Rein-
zu einer schnellen Verteilung der
es sich um Einrichtungen, die den
raum auf geringfügige Verschmut-
Mikroorganismen. Erst ein reini-
Zustand der Raumluft bezüglich
zungen, bildet sich ein Mikromilieu,
gendes Gewitter dekontaminiert die
Temperatur, Feuchte und Luftqua-
das Keimen ideale Vermehrungsbe-
Luft und spült die Keime mit dem
lität in einer gewünschten Form
dingungen bietet.
Regen zu Boden.
beeinflussen. Sie bewirken den
Warnt vor ungenügender Luftentfeuch-
Luftaustauch und versorgen die
»Die Kühlung und Entfeuchtung
Reinräume mit aufbereiteter Luft
der Luft ist eine sehr diffizile Auf-
und gekühlter Luft.
gabe, insbesondere bei Anlagen, deren Temperatur und Feuchtig-
Die Ursache für die Anfälligkeit
keit unabhängig von den Zustän-
raumlufttechnischer Anlagen
den der Außenluft in engen Tole-
Technology GmbH. Foto: Maja Franke,
liegt im sogenannten Taupunkt
ranzen gehalten werden müssen«,
Cleanroom Media
der Luft. Das ist diejenige Tempe-
sagt Andreas Machmüller, Ge-
raturschwelle, unterhalb der sich
schäftsführer der MCRT Micro Cle-
das Wasser aus der Luft abscheidet
anRoom Technology GmbH. Das
(Abb. 3, S. 15: »Taupunkte für rela-
Unternehmen im hessischen Heu-
tive Luftfeuchte«). Bei Luft mit ei-
chelheim ist ein führender Anbie-
ner Temperatur von 25 Grad Celsi-
ter von kundenspezifischen Rein-
us und 80 Prozent relativer Feuchte
raumlösungen. Das Problem von
liegt der Taupunkt zum Beispiel
Außentemperatur und Raumfeuch-
bei 21 Grad Celsius. Wird diese 25
tigkeit betreffe in der Reinraum-
Grad warme Sommerluft nun bei-
technik nahezu alle Bereiche, in
spielsweise auf 20 Grad herunterge-
denen Medikamente und pharma-
tung im Reinraum: Andreas Machmüller, Geschäftsführer der MCRT Micro CleanRoom
2/2015
13 zeutische Produkte oder auch Mik-
führer. Hierfür spreche auch, dass
Wasser durch Unterschreiten des
ro- und Nanostrukturen hergestellt
nach neuesten Erfahrungen bislang
Taupunktes kondensiert. Die Ent-
werden, betont Machmüller. »Au-
kondenswasserfreie Kühlwasser-
feuchtung der warmen Luft kann
ßerdem darf auch der Mensch nicht
leitungen bei Oberflächentempera-
durchaus hohe Betriebskosten ver-
vergessen werden, der beim Schwit-
turen von 18 Grad schwitzten. Die-
ursachen. Wer hier sparen will,
zen eine noch stärkere Kontamina-
ses Wasser verteile sich dann zum
läuft allerdings Gefahr, dass sich
tionsquelle als sonst für den Prozess
einen über die zirkulierende Luft
die Keime gut entwickeln können
und den gesamten Reinraum dar-
im Reinraum, was absolut schäd-
und über die Klimaanlage im ge-
stellt.« Umgekehrt könne in zu tro-
lich sei, oder treffe schlimmstenfalls
samten Reinraum verteilen. Das
ckenen Fertigungsbereichen durch
auf prozessrelevante Stellen, was zu
Thema Luftaufbereitung wird übri-
elektrostatische Aufladung das Pro-
Beschädigungen führen könne. Zu
gens eines der Kongressthemen auf
dukt zerstört werden.
erkennen sei ein solches Problem
der diesjährigen Cleanzone sein.
an nassen Schwebstofffiltern und
Die internationalen Fachmesse für
tropfenden Decken. »Ich empfehle
Reinraumtechnologie findet am 27.
daher, den ‚nassen’ Außenluftküh-
und 28. Oktober 2015 in Frankfurt
ler auf 34 bis 35 Grad Celsius bei 40
am Main statt.
Nasse Filter und tropfende Decken
Prozent relativer Luftfeuchte auszuNach der Erfahrung von Andreas
legen«, sagt Andreas Machmüller.
Machmüller sei die in den Nor-
Strömungstechnische Totpunkte
men vorgegebene Auslegung von
Die Luftentfeuchtung im Rein-
Reinraum-Klimaanlagen mit 32
raum ist im Frühjahr und Som-
Grad Celsius bei 40 Prozent rela-
mer folglich unverzichtbar. Nut-
Eine weitere Kontaminationsquel-
tiver Luftfeuchte nicht mehr aus-
zen lassen sich hierfür entweder
le stellen verwinkelte Kanalsys-
reichend. Das Beispiel der richtig
leistungsstarke Verdichter, die die
teme dar. Denn überall dort, wo
ausgelegten, aber trotzdem ausge-
Luft komprimieren, bis das Was-
strömungstechnische Totpunk-
fallenen Klimaanlagen in ICE-Zü-
ser in Tröpfchenform ausfällt – wie
te entstehen, also an Knicken, Ab-
gen habe das verdeutlicht. »Die
bei einem feuchten Schwamm, der
zweigungen, Kanten, Vorsprüngen
Werte sind nach meiner Einschät-
zusammengedrückt wird. Oder die
oder Unebenheiten, können Parti-
zung dringend nach oben zu korri-
feuchte Sommerluft wird über ein
kel und Keime den Luftstrom ver-
gieren«, sagt der MCRT-Geschäfts-
Kühlregister geleitet, wodurch das
lassen und sich unbemerkt ansie-
Pollen. Foto: fotolia
2/2015
LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE
14
Abbildung 1: Überleben von Keimen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte. Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben Keime deutlich länger, hier dargestellt am Beispiel von Staphylokokkus aureus, Escherichia coli und Enterokokkus faecialis. • Halbwertszeit: Zeitraum, in dem die Hälfte der Keime abgestorben ist. • r. F.: Abkürzung für relative Feuchte, d.h. relativer Anteil der maximal möglichen Wasseraufnahme durch die Luft. (Nach: Böhm et al.: Abfall-Wirtschaft, Neues aus Forschung und Praxis; M.I.C. BAEZA-Verlag Witzenhaus, 1998.)
deln. Deshalb ist bereits bei der Planung auf ein möglichst wenig verwinkeltes Kanalsystem zu achten. Zudem ist die Einhaltung der Wartungsintervalle sowie die Reinigung beziehungsweise Sanitisierung des Kanalsystems gerade vor
Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben Keime deutlich länger.
Sommerbeginn wichtig. Überdies empfiehlt sich eine zusätzliche Risikoanalyse für den
Richtiges Einschleusen trainieren
Sommer. Dabei sind insbeson-
wie möglich, um dann je Schleusenstufe entsprechend aufbereitete, saubere Bekleidungsteile aufzu-
dere die strömungstechnischen
Darüber hinaus sind natürlich die
Verhältnisse im Reinraum zu be-
großen Einfallstore für Partikel
achten und Bereiche mit gerin-
und Keime penibel zu kontrollie-
Doch trotz genau beschriebener
ger Luftbewegung zu identifizie-
ren. Hierzu zählen neben Luftaus-
Abläufe lässt sich bei diesen Proze-
ren, da hier ein erhöhtes Risiko
lässen und Filtern vor allem die Per-
deren das Verschleppen von Kon-
für einen mangelhaften Abtrans-
sonal- und Materialschleusen. Das
taminationen nie vollständig ver-
port luftgetragener Keime besteht.
Einschleusen von Mensch und Ma-
hindern, sagt Frank Duvernell,
Weiterhin sind mögliche Konden-
terial sorgt in einem Höchstmaß für
Geschäftsführer der profi-con Gm-
sationsbereiche zu lokalisieren,
die Einbringung und Verschleppung
bH Contamination Control im säch-
da bereits geringfügig kältere Flä-
von Pollen, Keimen und Partikeln
sischen Leipzig. Das Unternehmen
chen zur Abscheidung von Luft-
in den Reinraum. Um diese Verun-
ist seit 1985 in der Reinigung von
feuchtigkeit führen und ideale
reinigungen zu minimieren, gibt es
staubfreien und sterilen Reinräu-
Wachstumsbedingungen für Kei-
definierte Ankleideschritte. Sie se-
men sowie in der Schulung von
me entstehen können.
hen vor, dass eine Person mehrere
Reinraumpersonal tätig. »Die Dis-
Schleusenbereiche betritt und bei
ziplin und Tagesform der Mitarbei-
den niedrigsten Anforderungen so
ter können mitunter zu bedeuten-
viel Kleidung von außerhalb ablegt
den Abweichungen führen«, weiß
2/2015
nehmen und anzuziehen.
15
Abbildung 2: Wassergehalt der Luft.
Abbildung 3: Taupunkte bei relativer Luftfeuchte von 80%.
Je höher die Temperatur ansteigt, desto mehr Wasser kann die Luft
Die Abkühlung von Luft mit 80% relativer Luftfeuchte führt zur Ab-
aufnehmen. Bei 100% relative Feuchte ist die Sättigung erreicht.
scheidung von Wasser am Taupunkt.
der Experte für richtiges Verhalten
reinigt werden. Das kann viel Zeit in
schrieben und trainiert werden. Nur
im Reinraum. »Darum ist es wich-
Anspruch nehmen, wenn es richtig
dann lässt sich eine maximale Re-
tig, die Mitarbeiter durch gezieltes
gemacht werden soll. »Auch hierbei
duzierung der Verunreinigungen
Training für die erhöhten Risiken
spielt die Motivation des Personals
erreichen.
durch Pollen, Partikel und Keime zu
eine große Rolle«, sagt Frank Duver-
sensibilisieren.«
nell. Um den Zeitaufwand und das
Betreiber von Reinräumen, die
Kontaminationsrisiko zu vermei-
sich die Ratschläge der Exper-
Das gilt genauso für das Einbringen
den, rät er dazu, reines Werkzeug im
ten zu Herzen nehmen, können
von Material. Ein Werkzeugkoffer,
Reinraum zu lagern, welches dann
den Herausforderungen der wär-
den ein Handwerker zuvor auf ei-
von entsprechendem Fachpersonal
meren Jahreszeit gelassen entge-
ner Baustelle benutzt hat und nun
gereinigt wird. Ist das Einbringen
gensehen. Denn Pollenflug, Luft-
in den Reinraum mitnehmen will,
bestimmter Werkzeug partout nicht
feuchtigkeit und Keimwachstum
muss zuvor samt Inhalt Quadratmil-
zu umgehen, müssen auch hierfür
werden ihrem Reinraum nichts
limeter für Quadratmillimeter ge-
die Einschleuseprozesse exakt be-
anhaben können.
Reinraum-Expertentage zu »Reinraum und Umweltschutz« Am 09. und 10. Juni 2015 veranstaltet die CleanroomAcademy GmbH im schwei-
Cleanroom Experience Competence Center
zerischen Wangen an der Aare zweitägi-
Vorstadt 4
ge Reinraum-Expertentage zum Thema
CH-3380 Wangen an der Aare
»Reinraum und Umweltschutz«. Das Spektrum der Expertenvorträge reicht von der Energie- und Lärmreduzierung
E-Mail: luisa.guenther@reinraum-akademie.de
über die Trennung und Entsorgung von
Internet: www.cl-ex.com (unter »Expert Days«)
Abfall bis hin zum grünen Reinraum.
2/2015
16 Instrumententisch: Differential-Flow-L端ftungen verhindern, dass Keime aus der Umgebung in die offene Wunde oder auf den Instrumententisch
LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME
gelangen. Foto: WavebreakmediaMicro
2/2015
Was tun gegen Krankenhauskeime?
In Europas Kliniken infizieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern.
Krankenhauskeime töten allein in Deutschland bis zu 40.000 Patienten pro Jahr. Dies meldet die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Da es kein zentrales Meldeverfahren gibt, dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. Eine konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien könnte einen großen Teil der Infektionen und Todesfälle verhindern. Er ist schnell, aggressiv und hat in-
Täglich 80.000 Patienten
zwischen zwölf Menschenleben
An der Studie hatten 1.000 Kliniken aus allen EU-Staaten sowie Norwegen und Island teilgenommen. Nach Auswertung von 231.000 Patientendaten samt Antibiotika-Verschreibungen ergab sich folgendes Bild: Bei 19,4 Prozent aller infizierten Patienten verursachten die Keime eine Lungenentzündung, bei 19 Pro-
auf dem Gewissen. Sein Name: Aci-
Ausbrüche von multiresistenten
zent eine Harnwegsinfektion. In fast
netobacter baumanii. Der Tatort:
Keimen wie an der Kieler Unikli-
20 Prozent der Fälle war die Operati-
das Universitätsklinikum Schles-
nik gibt es regelmäßig in den Kran-
onswunde nach dem chirurgischen
Clostridium difficile zählt in Krankenhäusern
Staphylococcus aureus gilt als einer der häu-
zu den Haupterregern mitunter tödlicher
figsten Verursacher von Krankenhausinfek-
Durchfallerkrankungen. Foto: HZI / Rhode
tionen. Foto: HZI/Rhode
bruch unter Kontrolle zu sein. Doch
kenhäusern rund um die Welt. Al-
Eingriff keimbelastet. Das größte Ri-
dann brach eine zweite Infektions-
lein in Europa infizieren sich jedes
siko, von Keimen befallen zu wer-
welle aus. Niemand weiß, woher der
Jahr 3,2 Millionen Menschen mit
den, besteht laut der Studie auf der
Erreger diesmal kam. Das Tückische
einem Krankenhauskeim. Zu die-
Intensivstation. Im EU-Durchschnitt
an ihm ist: Er verbreitet sich durch
sem erschreckenden Ergebnis kam
ziehen sich hier 19,5 Prozent aller Pa-
die Luft sowie durch Kontaktinfekti-
eine Studie des European Centre
tienten eine Krankenhausinfektion
on. Die Unsichtbarkeit des Keims ist
for Disease Prevention and Cont-
dabei nur ein Problem. Das andere
rol (ECDC) im schwedischen Solna.
ist, dass er gegen mehrere Antibioti-
Demnach müssen in Europas Kli-
kagruppen resistent ist - er lässt sich
niken täglich 80.000 Patienten we-
zunächst nicht mit Medikamenten
gen Infektionen behandelt werden,
ausmerzen.
die sie zuvor noch nicht hatten und
wig-Holstein in Kiel. Seit Dezember 2014 grassiert hier der gefürchtete Krankenhauskeim. Normalerweise lebt er im Wasser und in der Erde. In die Uniklinik gelangte er mit einem Patienten, der am 11. Dezember 2014 aus dem Mittelmeerraum nach Kiel verlegt worden war. Als der Patient starb, hatte Acinetobacter baumanii bereits weitere Patienten infiziert. Anfang Januar 2015 schien der Aus-
sich erst durch ihren Aufenthalt im Krankenhaus oder eine Behandlung zuzogen.
ECDC-Direktor Marc Sprenger plädiert zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen für mehrdimensionale Präventions- und Kontrollprogramme. Foto: ECDC
2/2015
17
LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME
18
Medizinische Instrumente. Foto: werbefoto-burger.ch
tor des ECDC, der Niederländer Marc
aus den Kliniken selbst, sondern
Sprenger, mahnt die Verantwortli-
werden hineingeschleppt«, sagt Ver-
chen: »Ein Gutteil der Kranken-
bandsvizepräsidentin Professor Julia
hausinfektionen könnte durch ein
Seifert. Nach Ansicht des Verbandes
Bündel nachhaltiger und mehrdi-
gibt es für die Zunahme multiresis-
mensionaler Präventions- und Kon-
tenter Keime mehrere Gründe: den
trollprogramme verhindert werden.«
vermehrten Antibiotika-Einsatz in der Tiermast, verunreinigtes Import-
Schärfere Gesetze gefordert
fleisch, die Weitergabe der Erreger durch Bauern, Tierärzte und Touristen sowie laxe Hygiene-Vorschriften und ein ebensolcher Umgang mit
Der Berufsverband der Deutschen
Antibiotika in vielen Ländern.
Chirurgen geht einen Schritt weiter und fordert schärfere Gesetze.
Georg Baum, Hauptgeschäftsführer
Um das Problem in den Griff zu be-
der Deutschen Krankenhausgesell-
kommen, reiche das neue Infekti-
schaft (DKG), will den Hebel in den
stammen, sondern eingeschleppt werden.
onsschutzgesetz nicht aus. Vielmehr
Krankenhäusern ansetzen. »Wie der
Foto: Jenny Sieboldt
müsse schon bei der Entstehung der
Fall Kiel zeigt, kann trotz konsequen-
Keime angesetzt und nicht erst im
ter Einhaltung von Hygienemaßnah-
zu. In den meisten Fällen sind Atem-
Krankenhaus gehandelt werden.
men das Risiko einer Erregerübertra-
wege und Blutbahn betroffen.
»Denn die Erreger stammen selten
gung nicht ausgeschlossen werden.«
Julia Seifert, Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen, beobachtet, dass Erreger selten aus den Krankenhäusern
Der ECDC-Studie zufolge ist das Darmbakterium Escherichia Coli (E.Coli) der häufigste Krankenhausheim. Der Zweithäufigste ist Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Er verursacht in Deutschland zwischen 20 und 40 Prozent aller Krankenhausinfektionen, in Rumänien, Italien und Portugal sind es mehr als 60 Prozent. Der Direk-
2/2015
»Der Kampf gegen resistente Keime erfordert ein konsequentes Vorgehen auf allen Ebenen.« Hermann Gröhe, Gesundheitsminister in Deutschland.
19
Operation: Offene Wunden sind Einfallstore für Keime. Foto: WavebreakMediaMicro
besitzen: den OP«, sagt Gernod Dittel. Mit Reinraumtechnologien lasse sich die benötigte mikrobiologische Luftreinheit herstellen.
Reinraumkonzepte für den OP Hierfür gibt es im Wesentlichen drei Konzepte: die turbulenzarme Verdrängungsströmung, die turbulente Mischlüftung und die SchichtGeorg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, fordert zur Infektionsprophylaxe ein konzertiertes Zusammenwirken aller Beteiligten. Foto: DKG
Gernod Dittel, Vorstandsvorsitzender des
lüftung. Bei allen drei Arten wird
Deutschen Reinrauminstituts, kritisiert, dass
kontinuierlich gereinigte Luft zuge-
viele Operationssäle nicht dem technologischen Stand von heute entsprechen. Foto: Stefan Noack
führt. Der Unterschied: Während die turbulente Mischströmung für eine Verdünnung der Konzentration luft-
Notwendig sei daher ein konzertier-
de des Deutschen Reinrauminstituts
getragener Schwebstoffteilchen sorgt,
tes Zusammenwirken aller Beteilig-
und Geschäftsführer des Ingenieur-
bewirken die turbulenz- arme Ver-
ten. Zwar habe die Infektionspro-
büros Dittel Engineering kritisiert,
drängungsströmung und die Schicht-
phylaxe schon seit Jahren für die
dass das Gros der Operationssäle in
lüftung eine Verdrängung - bei der
Kliniken allerhöchste Priorität und
Deutschland nicht dem technologi-
Verdrängungsströmung von oben,
es konnten viele Verbesserungen er-
schen Stand von heute entspreche.
bei der Schichtlüftung von unten.
reicht werden. »Mehr Infektionsver-
Viele OPs seien um die 30 Jahre alt.
meidung wäre aber möglich, wenn
Der Professor aus dem oberbayeri-
Besonders geeignet für Operations-
alle konsequent dazu beitragen wür-
schen Kochel am See ist überzeugt,
säle ist die turbulenzarme Verdrän-
den«, sagt Baum. Dazu seien auch In-
dass sich die Zahl der Infektionen re-
gungsströmung. Hierbei werden
vestitionen in bauliche und sanitäre
duzieren ließe, wenn es in den »Herz-
Patient und OP-Team vom Decken-
Ausstattungen nötig.
kammern der Krankenhäuser« sau-
auslass herab mit steriler Reinluft
Dafür plädiert auch Professor Ger-
berer zuginge. »Jedes Krankenhaus
überflutet, welche dann in den Rau-
nod Dittel. Der Vorstandsvorsitzen-
sollte mindestens einen Reinraum
mecken durch Auslässe wieder ent-
2/2015
20 weicht. Bei diesem auch Laminar Flow genannten Belüftungskonzept können keine Partikel und Keime aus der Umgebung in die offene Wunde des Patienten oder auf den Instrumententisch gelangen. Da es sehr kostenaufwendig wäre, den gesamten OP so zu belüften, empfiehlt sich eine Unterteilung des Raumes in verschiedene Rein-
LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME
heitsgrade. Bewerkstelligen lässt sich das mit Differential-Flow-Lüf-
Sterilisationsanlage. Foto: werbefoto-burger.ch
tungen. Sie erzeugen innerhalb eines Kernbereichs eine schnellere Luftströmung als im übrigen Raum.
bannt. Zwar schützt die Differenti-
häuser meist auch eine hausinterne
So wird die höchste Reinheit genau
al-Flow-Lüftung den Kernbereich
Apotheke. Lösungen aus der Rein-
dort realisiert, wo sie gebraucht wird,
vor Kontaminationen aus der Um-
raumtechnologie sorgen auch hier
und sicher verhindert, dass Konta-
gebung, doch eine große Kontami-
für die nötige Reinheit. Isolatoren
minationen aus anderen Teilen des
nationsquelle befindet sich inner-
zum Beispiel oder auch Sicherheits-
Raumes in diese Kernzone eindrin-
halb der Verdrängungsströmung:
und Laminar-Flow-Werkbänke er-
gen. Klinikbetreiber sollten jedoch
Es ist das OP-Team selbst.
möglichen die aseptische Verarbei-
bedenken, dass die Bewegungen des OP-Teams sowie die Abwärme
Forscherin am Rasterelektronenmikroskop. Auf den Monitoren sind Krankenhauskeime zu sehen. Foto: Jan-Peter Kasper, FSU
tung von Wirkstoffen. Geschützt Um den Patienten zu schützen, ist
durch die Gummiärmel und –hand-
zwar das Tragen von Schutzklei-
schuhe der Isolatoren können die
dung vorgeschrieben. »Besonders
Mitarbeiter im Inneren des isolier-
streng sind die Vorschriften hierfür
ten Bereichs mit den Stoffen hantie-
allerdings nicht«, kritisiert Gernod
ren. Ein laminarer Luftstrom stellt
Dittel. »In anderen Reinräumen,
hierbei die erforderliche Luftrein-
zum Beispiel in der Pharmazie, wer-
heit sicher. Nach der Arbeit wird der
den deutlich strengere Kleidungs-
isolierte Bereich mit Wasserstoff-
vorschriften und Einschleusetech-
peroxid gereinigt und sterilisiert.
niken praktiziert.« Dort wäre es zum Beispiel undenkbar, in Straßenschu-
Entscheidend für das Unschädlich-
hen einzutreten. Im Operationssaal
machen von Krankenhauskeimen
von Lampen und Geräten den ver-
hingegen seien Ärzte und Helfer
ist auch eine durchgängige Projekt-
drängenden Luftstrom verwirbeln.
keineswegs komplett verhüllt. Meist
planung. Einzelmaßnahmen hel-
Um sicherzustellen, dass die Ver-
bestehe die Kleidung aus Schürze,
fen wenig, denn im Krankenhaus
drängungswirkung in jedem Fall
sterilen Handschuhen, Kopf- und
hängen alle Subsysteme eng mitei-
aufrechterhalten wird, sollten ge-
Mundschutz sowie normalen Schu-
nander zusammen. »Allein mit dem
eignete Dienstleister zuvor unter-
hen und Strümpfen. Trüge das Per-
Umbau des OP wird es nicht gelin-
suchen, welche Strömungsart und
sonal stattdessen Ganzkörperover-
gen, ein Krankenhaus virologisch
-geschwindigkeit zum Ausgleich der
alls mit Atemluftabsaugung sowie
und bakteriologisch sicher zu ma-
Störfaktoren erforderlich sind.
sterile Stiefel, würde die Zahl der
chen«, sagt Gernod Dittel. Was nüt-
Mikroorganismen pro Kubikmeter
ze eine sterile Operation, wenn an-
Luft drastisch sinken, nämlich auf
schließend Keime über die in der
das Niveau der GMP-Klasse A, die
Krankenhausküche zubereiteten
höchste aller sterilen Reinraumklas-
Speisen oder über Besucher zum
sen. Das hätten Tests an der Hoch-
Patienten gelangen? Auch komme
schule Luzern gezeigt.
es immer wieder vor, dass neue Ab-
Schlechte Schutzkleidung Doch damit allein ist die Gefahr von Infektionen durch luftgetragene Krankenhauskeime nicht ge-
2/2015
teilungen schon vor der InbetriebNeben den OPs besitzen Kranken-
nahme wegen Hygienemängeln
21 umgebaut werden müssen. Wurden beispielsweise die Fliesen in einem neuen OP mit normalem Zement verfugt, dann gleicht das einem mikrobiologischen Super-Gau. Darum müsse sich nicht nur jede Abteilung, sondern das Krankenhaus an sich in einem größeren Zusammenhang sehen. Nötig sei ein interdisziplinärer Ansatz.
Der Gesundheitsminister handelt
Autoklav im Medizinlabor. Foto: Lyosha Nazarenko
Eine scharfe Waffe im Kampf ge-
-umgebung bei der Herstellung von
den, ließen sich viele Krankenhau-
gen Krankenhauskeime ist auch der
Arzneimitteln. Im Gegensatz zu vie-
sinfektionen vermeiden. Allein der
GMP-Leitfaden (Good Manufactu-
len hygienekritischen Branchen ha-
Umstand, dass Krankenhaus-Apo-
ring Practice). Diese Richtlinie zur
ben Krankenhäuser aber nur mini-
theken weniger streng auditiert wer-
guten Herstellungspraxis sichert die
male Erfahrungen mit GMP. Würden
den als externe Apotheken, verlei-
Qualität der Produktionsabläufe und
sie die Richtlinie konsequent anwen-
tet in Krankenhaus-Apotheken zu Nachlässigkeiten.
Multiresistente Krankenhauskeime
Inzwischen griff Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ins Geschehen ein. »Der Kampf gegen
Was sind multiresistente Keime?
resistente Keime erfordert ein kon-
Hierbei handelt es sich um Krankheitserreger, die durch zu häu-
sequentes Vorgehen auf allen Ebe-
figen oder falschen Antibiotika-Einsatz resistent geworden sind.
nen«, sagte er nach dem 12. Todes-
Da einige Erreger gleich gegen mehrere Antibiotika-Klassen eine
fall im Kieler Universitätsklinikum
Unempfindlichkeit ausgebildet haben, werden sie multiresistente
und legte einen Zehn-Punkte-Plan
Keime genannt.
vor. Darin fordert er unter anderem von den Krankenhäusern die
Warum sind multiresistente Keime so gefährlich?
strikte Einhaltung der Hygienevor-
Keime, die Resistenzen gegen Antibiotika ausgebildet haben, lassen
schriften sowie Kontrollen durch
sich nicht mehr medikamentös abtöten. Ihre Übertragung erfolgt
die Gesundheitsämter. Zudem will
durch direkten Körperkontakt, über Gegenstände und über die Luft.
er die Meldepflichten verschärfen, so dass resistente Erreger nicht erst
Welche Keime treten am häufigsten auf?
bei einem Krankheitsausbruch,
MRSA-, VRE- und EBSL-Keime verursachen die meisten Todesfälle.
sondern schon beim ersten Nach-
Die Kürzel stehen für Methicillin-resistente Staphylococcus aureus,
weis gemeldet werden müssen. Das
Vancomycin-resistente Enterokokken und Beta-Laktamase produ-
verschaffe den Gesundheitsämtern
zierende Enterobakterien.
wertvolle Zeit. Der Kieler Fall müsse auch Anlass sein, Verfahren zu er-
Wer ist infektionsgefährdet?
proben, durch die Patienten bereits
Krankenhauskeime sind besonders gefährlich für alte und immun-
im Vorfeld geplanter Krankenhaus-
geschwächte Menschen sowie für Patienten auf Intensivstationen.
aufenthalte auf bestimmte gefähr-
Auch Menschen, die mit vielen anderen Patienten auf engem Raum
liche Keime untersucht werden,
untergebracht sind, sowie mangelnde Hygiene im Krankenhaus er-
sagt Gröhe. Sein Verordnungsent-
höhen das Infektionsrisiko.
wurf ist bereits in der Ressortabstimmung. Er soll noch im Sommer in Kraft treten.
2/2015
22
Mit dem U-Boot zur Krebszelle
Durch die Integration von Nanotechnologien in biomedizinische Anwendungen können Wirkstoffe direkt an den Krankheitsherd herangeführt werden und dort gezielt ihre Wirkung entfalten. Zudem erkennen die Nanosysteme beginnende Krankheiten schon vor dem Auftreten erster Symptome. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen.
gen bei der Nanomaterialentwicklung bis hin zur Klinik. Anlass für den Zusammenschluss war die Erkenntnis, dass sich die Nanotechnologie nur dann erfolgreich in biomedizinische Anwendungen integrieren lässt, wenn Materialwis-
Wenn Ärzte in Zukunft eine Krank-
strukturen reicht oft die Anlagerung
senschaftler, Chemiker, Biologen
heit diagnostizieren wollen, dann
weniger Moleküle an der Oberfläche
und Physiker mit Pharmazeuten,
schauen sie dem Patienten nicht
aus, um die elektrische Leitfähigkeit
Kliniken und Industrieunterneh-
mehr in den Mund, sondern in die
der Struktur deutlich zu ändern.«
men zusammenarbeiten. Mit der
Zellen. Winzige Sensorsysteme im
Dadurch lassen sich krankheitsspe-
Plattform existiert nun erstmals ein
Nanometerbereich könnten das
zifische Biomarker sehr früh auf-
Rahmen für den erforderlichen Dia-
schon bald ermöglichen. Sie drin-
spüren, noch bevor der Patient die
log aller Akteure.
gen minimalinvasiv wie eine Nadel
ersten Symptome spürt. Darüber hi-
in lebende Zellen ein und nehmen
naus können die Forscher mit Hil-
Das deutsche Bundesministerium
dort vielfältige biochemische Analy-
fe der Nanosensoren den Zellen
für Bildung und Forschung unter-
sen vor. So lassen sich aufkeimende
von innen bei der Arbeit zuschau-
stützt die Anwendung der Nano-
Krankheiten erkennen, noch bevor
en. So hat Steffen Strehle gemein-
technologie in der Pharmazie und
der Betroffene überhaupt die ersten
sam mit weiteren Wissenschaftlern
Medizintechnik mit zahlreichen
Symptome wahrnimmt.
beispielsweise den »Herzschlag« ei-
Fördermaßnahmen in der Werk-
ner einzelnen Herzmuskelzelle in-
stoff- und Gesundheitsforschung.
Forscher im südwestdeutschen
trazellulär aufgezeichnet. »Nano-
Als besonders aussichtsreich gilt
Ulm arbeiten bereits an solchen
systeme besitzen ein interessantes
der Einsatz sogenannter nanoskali-
Nano-U-Booten. Sie bestehen aus
und vielseitiges Einsatzpotenzial«,
ger, funktionalisierbarer Transpor-
winzig kleinen halbleitenden Na-
sagt Strehle. Leider schafften es aus-
ter. Sie sollen Wirkstoffe effizienter
nostrukturen, die als Biosensoren
sichtsreiche Laborversuche allzu oft
über biologische Barrieren hinweg
nicht in die Praxis.
an den Wirkort bringen. Forscher
Foto: fotolia
LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN
NanoBioMedizin hilft, Krankheiten früher zu erkennen und gezielt zu therapieren.
in der Zelle vielfältige Prozesse un-
arbeiten bereits an der Entwick-
tersuchen können, ohne deren komplexes Zusammenspiel nennenswert zu stören. Dies könnte künftig die Arbeit mit Sonden überflüssig
NanobiomedizinPlattform gegründet
lung entsprechender Trägersysteme. Hierfür werden unter anderem Makromoleküle, Lipide, Biopolymere und Hydrogele genutzt. Faszinie-
machen, die die biochemischen Vorgänge in den Zellen nachhaltig be-
Um das zu ändern, wurde am 4.
rend daran ist, dass sich zusätzliche
einträchtigen.
März 2015 in Frankfurt am Main
Funktionen in die Trägersysteme
e i n e d e u t s c h e N a n o B i o Me d i -
integrieren lassen. So kann zum
Steffen Strehle, Forscher am Institut
zin-Plattform gegründet. Ihr Ziel
Beispiel über Magnetfelder oder
für Elektronische Bauelemente und
ist die Etablierung forschungsdiszi-
pH-Werte die Wirkstofffreisetzung
Schaltungen der Universität Ulm,
plin-übergreifender Konzepte und
»eingeschaltet« oder der Wirkstoff
erklärt: »Bei halbleitenden Nano-
Wertschöpfungsketten, angefan-
am Wirkort angereichert werden.
2/2015
Fotos: fotolia, beawolf
23
Nano-Roboter könnten künftig medizinische Wirkstoffe transportieren, Krebszellen zerstören und Gentherapien an Zellen vornehmen.
Nanopartikel als Transportbehäl-
Sie können über die Haut, den
Einschleusen von DNA in Zellen,
ter eignen sich für den Kampf ge-
Darm oder den Blutkreislauf an ihr
beispielsweise für Gentherapien,
gen eine Vielzahl von Krankheiten,
Ziel gebracht werden, etwa ins Ge-
sind Nanopartikel als Transportbe-
darunter Tumore, Entzündungen,
hirn, in den Verdauungstrakt oder
hälter prädestiniert.
Hautkrankheiten und Alzheimer.
in sonstige Organe. Auch für das
2/2015
LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN
Fotos: fotolia, beawolf
24
Stark wachsender Markt
keit von Wirkstoffen sorgen. Hierzu
vor allem in der in-vitro- und in-vi-
zählen die Verkapselung mit Liposo-
vo-Diagnostik, in Knochenersatz-
Nanotechnologische Produkte in der
men und Polymeren, die Vergröße-
materialien und in nanobeschich-
Medizin sind ein boomender Markt.
rung der Wirkstoffoberfläche durch
teten Implantaten. Auf Letztere setzt
Der weltweite Umsatz mit derarti-
Mahl- und Emulgierverfahren oder
gen Produkten soll sich nach einer
auch die chemische Anbindung
Prognose des Marktforschungsun-
von Polyethylenglycol an Pro-
ternehmens BCC von 43 Milliarden
tein-Wirkstoffe. Bei letztgenann-
Dollar im Jahr 2011 bis 2016 mehr als
tem Verfahren hängen sich zum
verdoppeln. Die Zahl nanomedizini-
Beispiel kettenförmige Struktu-
scher Produkte auf dem Weltmarkt
ren an den Wirkstoff an, hüllen
wird auf über 100 geschätzt, davon
diesen ein und schützen ihn ge-
entfallen rund ein Drittel auf den
gen Angriffe des Immunsystems,
Pharmabereich. Hinzu kommen
so dass er unbeschadet an seinen
rund 150 Produkte, die sich derzeit
Einsatzort gelangen kann.
in klinischer Erprobung befinden. Schon länger etabliert in der phar-
Kommerzielle Nanoprodukte
Setzt im Kampf gegen antibiotika-resistente Keime auf Nanosilber: Professor Manfred Köller, Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in Bochum.
zum »Beispiel das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum
mazeutischen Anwendung sind Verfahren, die für eine verbesser-
In der Medizintechnik finden sich
Bergmannsheil im westdeutschen
te Aufnahme und Bioverfügbar-
kommerzielle Nanoprodukte heute
Bochum. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler aus der Chirurgischen Forschung mit nanopartiku-
»Nanopartikuläres Silber bietet eine neue Perspektive.« Professor Manfred Köller, Chirurgische Universitätsklinik Bochum
lärem Silber. »Die antimikrobielle Wirkung von Silber ist zwar schon sehr lange bekannt, aber der Siegeszug der Antibiotika hat die Anwendung von Silber im medizinischen Bereich fast vergessen lassen«, sagt
2/2015
Fotos: fotolia, beawolf
25
Professor Manfred Köller, Leiter der
Winzigkeit. Denn ihre Oberfläche
einem Verfahren, das die Nanotech-
Chirurgischen Universitätsklinik.
ist zusammengenommen viel grö-
nologie auf neuartige Weise mit
ßer als die eines einzelnen großen
Prinzipien aus der Festplattentech-
Da viele Mikroorganismen, insbe-
Körpers mit gleicher Silbermen-
nologie kombiniert. Auf diese Wei-
sondere die so genannten Kranken-
ge. Da die vergrößerte Oberfläche
se sollen losgelöste Tumorzellen im
hauskeime, mittlerweile Resisten-
kontinuierlich mehr Silber freisetzt,
menschlichen Kreislauf nachgewie-
zen gegen Antibiotika entwickelt
kann das Wachstum der Mikroor-
sen werden. »Es deutet viel darauf
haben, suchen Mediziner un-
ganismen besser gehemmt werden.
hin, dass im Körper verstreute Tumorzellen tatsächlich ein frühzeiti-
ter Hochdruck nach Alternativen. »Hier bietet nanopartikuläres Silber eine neue Perspektive«, betont
Krebszellen im Visier
ges Warnsignal für eine Krebserkrankung oder für das Wiederauftreten der Erkrankung nach der Tumorthe-
Professor Köller. Anwendungen ergeben sich zum Beispiel bei Be-
Eine weitere vielversprechende An-
rapie sind«, sagt Projektleiter Profes-
schichtungen von Kathetern, Ste-
wendung der Nanobiomedizin liegt
sor Roland Stauber.
rilverpackungen, OP-Geräten oder
in der Krebsfrüherkennung. Medi-
auch Prothesen. Die Vorteile der
ziner der Johannes Gutenberg-Uni-
Der Nachweis solcher Tumorzellen
Nanopartikel liegen dabei in ihrer
versität Mainz forschen hierzu an
sei sowohl für die Prognose als auch
Swiss Medtech Expo 2015 Die Swiss Medtech Expo in Luzern, Schweiz, gilt als Branchentreff für die Medizintechnik-Industrie. Sie findet statt vom 15. bis 16.09.2015. Auf der Messe präsentieren sich Systemlieferanten und Dienstleister sowie Forschungs- und Bildungsinstitute mit ihren Produkten und Services. Besucher aus reinräusive Implantate, Diagnostik, neue Materialien, Oberflächen, Mikro- und Nanotechnologie, Robotik und elektromechanische Geräte. | Mehr Informationen unter: www.medtech-expo.ch
2/2015
Foto: fotolia
me-nutzenden Branchen erhalten hier einen aktuellen Marktüberblick zu Themen wie aktive und pas-
LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN
26 für die Diagnose besonders interes-
Entwicklung hochsensibler Biosen-
chen gestreuten Lichts durch die
sant. In dem Forschungsprojekt ar-
soren, die es erlauben, einen Herz-
eingefangenen Proteine verändert,
beiten die Mainzer Wissenschaftler
infarkt schnell und sicher nachzu-
kann mit entsprechenden Messme-
gemeinsam mit Partnern aus Indus-
weisen. Dabei kommt bestimmten
thoden eine Diagnose bereits in ei-
trie und Wissenschaft daran, die
Proteinen eine besondere Bedeu-
nem sehr frühen Stadium erfolgen.
Konzentration der seltenen Zellen
tung als Biomarker zu. Ihr Vorkom-
im Blut durch magnetische Detek-
men im Blut weist auf die Erkran-
Die wissenschaftlichen Grundla-
tion mit einem Festplattenlesekopf
kung hin und ermöglicht eine frühe
gen hierfür sind geschaffen. Nun
zu bestimmen. Der Wissenschaftli-
Diagnose.
soll der Schritt in die praktische
che Vorstand der Universitätsmedi-
Anwendung folgen. Professor Joa-
zin, Professor Reinhard Urban, er-
chim Krenn, Leiter der Arbeitsgrup-
klärt: »Die rechtzeitige Erkennung
pe Nano-Optik, denkt bereits an ent-
ist nach wie vor das entscheiden-
sprechende optische Nanosensoren:
de Kriterium in der Krebsbekämp-
»Wir haben in den letzten Jahren ge-
fung.« Der Forschungsansatz des
lernt, die Nanopartikel herzustellen
Verbundprojekts sei daher unge-
und zu charakterisieren. Ihre An-
heuer innovativ und verspreche ei-
wendung auf die Sensorik ist der lo-
ne neue Dimension für künftige
gische nächste Schritt.«
Therapiekonzepte.
Arbeitet an optischen Nanosensoren für die Herzinfarkt-Früherkennung: Professor Joachim Krenn, Universität Graz.
Nanosensoren gegen Herzinfarkt
Innovative Medizinprodukte dieser Art spielen für die Therapie und Diagnostik des Menschen eine im-
Grundlage der Früherkennung sind
mer größere Rolle. Voraussetzung
speziell designte Gold-Nanopartikel,
für ihr einwandfreies Funktionie-
Auch in der Herzinfarkt-Früher-
die an der Universität hergestellt
ren ist, dass sie bei der Herstellung
kennung könnte die Nanobiome-
werden und über besondere opti-
vor jeglichen partikulären und mi-
dizin bald für einen Durchbruch
sche Eigenschaften verfügen. Diese
krobiologischen Verunreinigungen
sorgen. Vielversprechende Arbei-
Nanopartikel werden mit einer mo-
sicher geschützt werden. Hier liegt
ten auf diesem Gebiet leisten For-
lekularen Schicht überzogen, wel-
für die Reinraumtechnik ein gro-
scher am Institut für Physik der
che die gesuchten Proteine an sich
ßes Potenzial, denn ohne hochreine
Karl-Franzens-Universität im ös-
bindet. Da sich die spektrale Zusam-
Forschungs- und Fertigungsanlagen
terreichischen Graz. Ihr Ziel ist die
mensetzung des von den Nanoteil-
keine Nanobiomedizin.
Ein reiner Raum entsteht im Kopf www.reinraum-akademie.de AKADEMIE – Schulungen, Fachseminare, Coachings CLEANROOM EXPERTS DAYS – Tagungen WISSENSPORTAL – Trends und Innovationen COMPETENCE CENTER – Reinraumwissen zum Anfassen
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Helfen steht jedem gut. Jette Joop, Designerin und DRK-Botschafterin
Eines f端r alle ...
DRK.de 2/2015
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Unterwegs mit...
LIFE & BUSINESS | UNTERWEGS MIT
Philippe Trösch, Novasina AG
Philippe Trösch ist Sales Engineer der Novasina AG. Das schweizer Unternehmen entwickelt und produziert Lösungen zur Messung, Visualisierung und Auswertung von Klimaparametern wie Luftfeuchte und Differenzdruck. Philipp Tröschs Aufgabe ist es, aus den vielfältigen Möglichkeiten die optimale Mess- und Regeltechniklösung für die Anwender zu gestalten. Wie oft sind Sie unterwegs?
Was ist dabei Ihr liebstes Fortbewegungsmittel?
Ich bin jede Woche zwei bis drei Ta-
Reiserouten flexibel planen kann. Gegen einen Chauffeur hätte ich aber nichts einzuwenden. Oder wenigstens ein Fahrzeug mit Kaffeemaschine.
Worauf legen Sie beim Reisen wert? Dass ich alles dabei habe. Das betrifft nicht nur Unterlagen, An-
ge bei Kunden vor Ort und berate
Eigentlich wären Flugzeug und Zug
gebote und Geräte, sondern auch
sie, um ideale Lösungen für ihre in-
eine gute Wahl. Dann könnte ich
Ersatzkleidung, falls ich mir mal
dividuellen Anforderungen zu fin-
mich während der Reisezeit mit an-
den notwendigen Kaffee oder et-
den. Es ist aber auch Zeit fürs Büro
derem beschäftigen. In der Praxis
was anderes übers Hemd schüt-
nötig, zur Kontaktpflege per Tele-
ist aber das Auto mein bevorzugtes
ten sollte. Alles andere ergibt sich
fon und E-Mail sowie für die Doku-
Reisemittel, da ich alles Notwendige
von selbst. Ein charmantes, ruhi-
mentation.
unkompliziert mitnehmen und die
ges Hotel, das nicht gerade von ei-
2/2015
29 ner Techno-Convention oder ähn-
te mich gedanklich aufs nächste
lichem heimgesucht wird, ist ein
Kundengespräch vor. Aber wenn
zusätzlicher Bonus.
ich im Hotel angekommen bin, ge-
Was darf unterwegs nie fehlen? Neben den geschäftlichen Unterla-
he ich zum Abschalten gern Joggen oder Spazieren.
Wie gelingt Ihnen das Abschalten am besten?
gen und Produkten darf mein Wasserkocher nicht fehlen. Ich mag es,
Indem ich Sport treibe oder in-
mir abends im Hotel einen Tee oder
dem ich durch eine hübsche Alt-
einen Kaffee zuzubereiten. Man
stadt gehe und mich in einem Ca-
trinkt auf Reisen sowieso zu wenig
fé entspanne. Oder auch, indem
oder zu viel vom Falschen. Außer-
ich mich einfach auf eine Bank
dem kann ich bei einem Getränk
setze und den Blick in eine schö-
und Lektüre gut runterkommen.
ne Landschaften genieße.
Welche Musik hören Sie auf Reisen?
Welche Reiseziele favorisieren Sie und warum?
Meistens höre ich, was gerade im Autoradio läuft, vom 80er-Jah-
Ich mag kleine Städtchen mit
re-Heuler bis zum aktuellen Ohr-
Altstadtcharme wie zum Bei-
wurm. Manchmal hängt meine
spiel Wangen an der Aare, wo
Musikauswahl aber auch von mei-
man zudem interessante Leute
ner Stimmung nach einem Kun-
aus der Reinraumbranche trifft.
denbesuch ab. Wenn ich den Kopf
Man staunt auch, wie viele zau-
freibekommen will und gleichzei-
berhafte 300-Seelen-Täler in der
tig über die deutschen Autobah-
Schweiz existieren, in denen High-
nen rase, höre ich zum Beispiel
tech-Startups oder kleine Firmen
Hardrock.
mit Weltruf sitzen. Privat ist Süd-
Welche Länder und Regionen stehen bei Ihren Reisen am häufigsten auf der Liste? Ich bin in der Schweiz und in Süddeutschland bis hinauf nach
korea mein Favorit. Ich hatte dort früher beruflich zu tun, das Volk ist mir sehr ans Herz gewachsen.
Was würden Sie als Erstes ändern, wenn Sie die unbegrenzte Möglichkeit dazu hätten?
Frankfurt am Main unterwegs. Ein häufiges Ziel ist für mich das Clus-
Ich würde die Herzen der Men-
ter in Basel mit seinen Pharmafir-
schen für Veränderungen und Un-
men und Zulieferern.
bekanntes öffnen. Und ich würde
Können Sie vom Tagesgeschäft abschalten, wenn Sie unterwegs sind?
dafür sorgen, dass sich die Menschen weniger auf ihre Computer konzentrieren und stattdessen öfter mal Gespräche führen und die Schönheit der einfachen Dinge ge-
Beim Fahren konzentriere ich
nießen, zum Beispiel die Frühlings-
mich auf den Verkehr und berei-
sonne im Gesicht.
2/2015
30
Die Neuerfindung des Lichts
LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS
OLEDs könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren.
Organische lichtemittierende Dioden sind extrem dünn, sehr kontraststark und äußerst energieeffizient. Diese Eigenschaften eröffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produkte. Dass die visionären Anwendungen auch für mehr Bedarf an Reinraumtechnologie sorgen, wissen dabei die Wenigsten.
tung. Jeder Subpixel ist eine eigene kleine Lampe«, erklärt Manfred Weigand, Global OLED Lighting Marketing Director bei der Merck KGaA im hessischen Darmstadt. Ein weiterer Vorzug der OLEDs sei, dass sie auf flexible
Eine solche Instrumententafel hat
unglaublichen Biegevorgang die
Substrate aufgebracht werden kön-
die Welt noch nicht gesehen. Statt
OLED-Technologie.
nen, so dass sich die Displays biegen
Tacho und Drehzahlmesser zieren das Autocockpit neuartige Displays – und das vom Lenkrad bis zur Beifahrertür. Audi präsentierte diese
lassen. »Das eröffnet Herstellern völ-
Erstaunliche Eigenschaften
Innovation im November 2014 auf
lig neue Möglichkeiten im Produktdesign«, sagt Weigand. Denkbar sind zum Beispiel smar-
der Los Angeles Motor Show in dem
Das Initialwort OLED steht für »or-
te Verpackungen, die mit Werbefil-
aufsehenerregenden Showcar Audi
ganische lichtemittierende Dio-
men oder Texten vorbeigehende Kun-
prologue Avant.
de«. Dabei handelt es sich um ein
den auf sich aufmerksam machen. Im
lichtaussendendes Bauelement aus
Verbundprojekt »cyFLEX« des Bun-
Die Instrumententafel ist über
organischem Halbleitermaterial, das
desministeriums für Bildung und
die gesamte Breite als Anzeigeflä-
sich in dünnen Schichten herstellen
Forschung arbeiten das Karlsruher
che mit Touchpads gestaltet. Rund
lässt. Im Gegensatz zu Flüssigkristall-
Institut für Technologie KIT und die
ums Lenkrad steuert der Fahrer die
bildschirmen (LCDs) bieten OLEDs
deutsche Cynora GmbH an Materia-
Lichtfunktionen und Assistenzsys-
eine brillante Farbbildqualität, ge-
lien, die sich für das Bedrucken oder
teme. Rechts davon erstreckt sich
stochen scharfe Kontraste und eine
Beschichten mit organischen Leucht-
ein Widescreen-Display, auf dem
tausendfache schnellere Reaktions-
dioden eignen. Mit gedruckten OLEDs
der Beifahrer das Multimediasys-
zeit, wodurch jegliches Ruckeln bei
ließen sich auch leuchtende Beschil-
tem bedient und zum Beispiel Mu-
der Bildwiedergabe entfällt. Zudem
derungen oder Werbetafeln herstel-
sik aussucht oder Routen eingibt.
geben organische Leuchtdioden ihr
len. Das Projekt läuft bis zum Herbst
Mit einer Wischbewegung schickt
Licht im Gegensatz zu herkömmli-
2015 und könnte das Produktmarke-
er dann dem Fahrer die Navigati-
chen Lichtquellen nicht punktförmig,
ting revolutionieren.
onsziele oder Musik-Playlists aufs
sondern diffus und blendfrei auf der
Lenkraddisplay. Und als wäre die-
gesamten Fläche ab. Weitere Vortei-
ses virtuelle Armaturenbrett nicht
le sind der größere Blickwinkel, die
schon spektakulär genug, setzt Au-
hauchdünne Bauweise und der nied-
di im digitalen Cockpit des prolo-
rige Energieverbrauch.
Revolution im Lichtund Produktdesign Gleiches gilt für die Beleuchtungstech-
gue Avant noch ein weiteres Highlight: Nach dem Starten des Motors
Letzteres prädestiniert OLEDs für den
nik. Zu den Visionen der Experten ge-
wölbt sich dem Fahrer aus der Mit-
Einsatz in tragbaren Geräten wie Han-
hören leuchtende Tapeten, die sich
telkonsole ein zusätzliches Touch-
dys und Notebooks. »OLEDs brauchen
auf Knopfdruck in Fernsehbildschir-
display mit weiteren Funktionen
keine Flüssigkristalle, keine Polarisati-
me verwandeln. Große Flächen zum
entgegen. Möglich macht diesen
onsfilter, keine Hintergrundbeleuch-
Leuchten zu bringen, ist mit OLEDs
2/2015
Fotos: Audi AG
31
Die Instrumententafel und weitere Anzeigen des Audi prologue Avant bestehen aus großen Touchdisplays, die teils aus organischen Leuchtdioden gefertigt sind.
möglich, weil sich ihre Moleküle breit
projekt LOIGB. Erste Ergebnisse
werden. »Die Anwendungsmöglich-
verteilen lassen und sie keine Kühlung
wurden im März 2015 auf der Inter-
keiten für die im Projekt erreichten
benötigen wie LCDs. Noch aber schei-
nationalen Fachmesse für gedruck-
Ergebnisse sind außerordentlich
tern großflächige Anwendungen an
te Elektronik LOPEC in München
vielfältig«, schwärmt Projektlei-
den Kosten, denn je nach Ausführung
vorgestellt, darunter farbvariable
ter Jan Hesse. »Neben dem Einsatz
ist OLED-Licht 10- bis 100-mal so teu-
OLED-Module, die weißes Misch-
in der Allgemeinbeleuchtung, bei-
er wie herkömmliches. Trotzdem se-
licht erzeugen. Hierzu müssen die
spielsweise in Fenstern, Wandele-
hen Marktbeobachter in großflächi-
Lichtfarben Rot, Grün und Blau ge-
menten oder Tapeten, eignen sich
gen OLED-Beleuchtungen bereits das
trennt angesteuert werden. Solche
die farbvariablen OLEDs in der Au-
»next big thing«, sobald deren Prei-
farbvariablen organischen Leucht-
tomobil- und Schienenfahrzeug-
se fallen.
dioden könnten zum Beispiel in
technik zur Fahrzeuginnenraum-
den großen Verbundglasscheiben,
beleuchtung – und hier besonders
An großflächigen OLED-Modulen
die in Zügen als Gepäckablage die-
für die Ambient- oder Akzentbe-
arbeiteten Forscher im Verbund-
nen, als Leuchtmittel eingesetzt
leuchtung.« Auch in der Luftfahr-
2/2015
LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS
32
OLED-Rücklicht-Demonstrator. Foto Osram
tindustrie bestehe Interesse, diese
Passagier die Hand zum Display aus,
von mehr als 30 Milliarden Euro al-
Technologie perspektivisch für die
erscheinen darauf mittels Eyetra-
lein für OLED-Displays. Dieser Markt
Ambientbeleuchtung in Flugzeug-
cking und Sensoren virtuelle Be-
soll jährlich um 35 Prozent wachsen.
kabinen einzusetzen.
dienelemente.
Wegen der noch hohen Kosten der organischen Leuchtdioden sind vor-
Neue Perspektiven im Fahrzeugbau
Jede Fläche – egal ob Fenster, Wand,
erst kleinflächige Anwendungen in
Spiegel oder Lampenschirm – könn-
Smartphones, Tablet-Computern,
te künftig zur Lichtquelle werden.
PC-Monitoren und Flachbildschir-
Und die Hersteller arbeiten bereits Besonders liebäugeln die Fahrzeug-
mit Hochdruck daran. So kündig-
hersteller mit den OLEDs, ermög-
te die südkoreanische LG Chem
lichen sie doch ganz neue Gestal-
Ltd. im Herbst 2014 neue OLED-Be-
tungsmöglichkeiten. Audi hat das
leuchtungspanels an, die bei einer
im Cockpit des Showcars prologue
Lebensdauer von 40.000 Stunden ei-
Avant mit den neuartigen Instru-
ne Lichtausbeute von 100 Lumen pro
mententafeln bereits demonstriert.
Watt haben (Glühlampe: 16 bis 20 Lu-
Darüber hinaus könnten die dünn-
men pro Watt). Das stellt einen neu-
schichtigen organischen Leuchtdi-
en Effizienzrekord dar und macht
oden in beliebiger Form als Blinker
OLEDs konkurrenzfähig gegenüber
oder Rücklichter auf Karosserien
anderen technologischen Lösungen
geklebt werden, den Innenraum be-
wie Fluoreszenzlampen und LEDs.
te Letzteres im Januar 2015 auf der Consumer Electronics Show CES in
ist das weltweit erste beidseitig gewölbte OLED-Display. Foto: Samsung
men prädestiniert für den Einsatz der stromsparenden, kontrastreichen
leuchten oder als Info-Displays dienen. Mercedes-Benz demonstrier-
Runde Sache: Das Samsung Galaxy S6 Edge
Durchbruch im Displaymarkt
OLED-Displays. Zu den Vorreitern in diesem Markt gehört LG. Der südkoreanische Konzern sorgte mit gekrümmten Fernsehern für Aufsehen,
Las Vegas. Das dort vorgestellte futuristische Forschungsfahrzeug F 015
Neben der Raumbeleuchtung erobern
die das komplette Gesichtsfeld eines
verfügt über flexible OLED-Displays
die organischen lichtemittierenden
mittig davor sitzenden Zuschauers
an den Türinnenseiten. Darauf kön-
Dioden mit Riesenschritten den Dis-
ausfüllen. Inzwischen gibt es Proto-
nen die Insassen Medieninhalte be-
playmarkt. Das Marktforschungsins-
typen, bei denen der Zuschauer die
trachten oder dem Autopiloten bei
titut DisplaySearch prognostiziert für
Stärke der Krümmung per Knopf-
der Arbeit zuschauen. Streckt ein
2019 ein weltweites Marktvolumen
druck selbst bestimmen kann. Einen
2/2015
33 So funktionieren OLEDs
Kathode leitende Schichten
Bei OLEDs fließt der Strom nicht wie bei Glühlampen durch ei-
Licht emittierende Schichten
nen Draht, sondern durch mehrere organische Schichten. Dabei
leitende Schichten
und lichtemittierende Schichten. Die Schichten sind eingebet-
gibt es leitende Schichten zum Transport der Ladungsteilchen
Anode
tet zwischen zwei großflächigen Elektroden, der Kathode und
Glas/Folie
der Anode. Grafik: www.cl-ex.com Licht
Schritt weiter gehen Nokia und die
len Brillengläser zwei Minibildschir-
die angezeigten Informationen mit sei-
japanische Semiconductor Energy
me aus organischen Leuchtdioden, die
nem Blick steuern kann. Beispielswei-
Laboratory Co., Ltd. (SEL). Deren ge-
dem Nutzer die Sicht auf die reale Welt
se lässt sich durch einen Blick auf die
meinsam entwickelte OLED-Displays
und gleichzeitig auf zusätzliche virtu-
Pfeiltaste eine Seite in einer virtuellen
lassen sich nicht nur krümmen, son-
elle Informationen ermöglichen. Eine
Anleitung umblättern.
dern sogar falten, während sie Videos
Kamerafunktion erfasst dabei die Au-
Systemdesigner Rigo Herold, der die
zeigen. Laut Nokia sollen die Displays
genbewegungen des Nutzers, so dass er
Augmented-Reality-Datenbrille we-
bis zu 100.000 Knickvorgänge unbeschadet überstehen. Auch Samsung hat die flexiblen OLEDs für sich entdeckt. Am 1. März 2015, einen Tag vor Eröffnung des Mobile World Congress in Barcelona, stellte der koreanische Hersteller das neue Oberklasse-Smartphone Galaxy S6 Edge vor. Dessen Besonderheit ist ein Bildschirm, der sich erstmals auf beiden Seiten über den Geräterand wölbt. Die gebogenen Bildschirmränder dienen als zusätzliche Informationsanzeigen. Samsung will bis 2017 umgerechnet 3,3 Milliarden Euro in die Fertigung von organischen Displays investieren.
Deutsche Forscher vorn dabei Auch deutsche Forscher spielen bei der OLED-Technologie international vorn mit. So erhielten die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl und Plasmatechnik FEP aus Dresden einen Innovationspreis für eine blickgesteuerte Datenbrille. Sie hat anstelle der normaNeue OLED-Hochleistungsmodule von Philips. Foto: Philips
2/2015
34 Das Jahr des Lichts
Produktion organischer lichtemittierender Leuchtdioden im Reinraum zu lösen sind. »OLEDs sind hochemp-
Die UNO hat das Jahr 2015 als »Internationa-
findlich gegenüber Sauerstoff und
les Jahr des Lichts und der lichtbasierten
Feuchtigkeit. Sie müssen perfekt ein-
Technologien« ausgerufen. Lichtimpulse bil-
gekapselt werden, um Korrosion an
den das Rückgrat des Internets, verbessern
der Kathode zu verhindern und die
medizinische Methoden, ermöglichen kabel-
empfindlichen OLED-Schichten zu
lose Kommunikation und reduzieren durch
schützen.« Wie dicht diese Einkapse-
Photovoltaik und energieeffizientes OLED-
lung sein muss, verdeutlicht Weigand
Licht den Ausstoß von Treibhausgasen.
am Beispiel eines Fußballfeldes, das
LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS
Im Jahr 2015 fallen die Jahrestage vieler wichtiger Veröffentlichungen aus der Wissenschaftsdisziplin Optik zusammen. Vor 400 Jahren entwickelten französische Ingenieure den ersten Prototyp einer solarenergiebetriebenen Maschine. 200 Jahre später publizierte Fresnel sein erstes Werk über die Wellentheorie des Lichts. Maxwell legte 1865 die Grundlagen der Elektrizitätslehre mit seiner Theorie der klassischen Elektrodynamik. 1915 stellte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie vor. 1965 entdeckten Penzias und Wilson mit der Kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung einen Beleg für die Urknalltheorie.
mit einer Plane vollständig abgedeckt wird. Würde es einen Monat lang permanent regnen, dann dürfte die Plane höchstens einen einzigen Tropfen durchlassen. Auf die OLED-Herstellung übertragen bedeutet das zum Beispiel: weniger als ein sichtbarer Defekt auf einem TV-Panel. Eine weitere Herausforderung sind die Kosten der Serienfertigung. Hier richten sich die Hoffnungen auf die
sentlich mitentwickelt hat, sagte stolz:
fahr für den Markterfolg. Ein weiterer
junge Inkjet-Technologie. Sie könnte
»Der Innovationspreis zeigt, dass ne-
kritischer Faktor seien die technischen
das etablierte, aber teure Aufdampfen
ben Google auch in Deutschland in-
Hindernisse in der Massenproduktion,
der OLED-Schichten ersetzen. »Wir
tensiv an Datenbrillen geforscht wird
etwa die Skalierbarkeit der Produkti-
sind überzeugt, dass durch gedruck-
und dass unsere Datenbrille mit der
on, die unausgereiften Druckverfah-
te OLEDs die Kosten für großflächi-
berührungslosen Augensteuerung ein
ren und die zu hohe Ausschussquo-
ge Anwendungen signifikant sinken
sensationelles Alleinstellungsmerk-
te. Laut der Studie hängen die Risiken
werden«, sagt Manfred Weigand. Sei-
mal besitzt.« Anwendungen ergeben
allerdings stark von der Art der Dis-
ner Meinung nach lautet die Frage da-
sich in der Chirurgie, im Automobilbe-
play-Anwendung ab, denn die Kom-
her nicht, ob OLEDs überhaupt den
reich, im Flugzeugbau, in der Wartung
plexität und die Kosten der Produk-
Durchbruch schaffen, sondern ledig-
oder auch bei Taucheinsätzen, kurz
tion steigen überproportional zur
lich wann.
überall da, wo der Nutzer beide Hän-
Displaygröße. »Sollten die bestehen-
de freihaben muss und gleichzeitig
den technischen Hindernisse nicht ge-
»Es sind spannende Zeiten für die
Anleitungen für seine Arbeit benötigt.
löst werden, ist eine kosteneffiziente
organische Elektronik«, konsta-
Massenproduktion nicht realisierbar«,
tiert Professor Ching W. Tang. Der
befürchtet Thomas Krug, geschäftsfüh-
chinesisch-amerikanische Che-
render Partner von WTS Consulting.
miker an der University of Roches-
OLED-Technologie mit Risiken und Chancen Bei aller Begeisterung für die neu-
ter in den USA gilt als Vater der orOLED-Experte Manfred Weigand von
ganischen Solarzelle und weiterer
der Merck KGaA in Darmstadt weiß,
optoelektronischer Bauteile, darun-
welche Herausforderungen bei der
ter auch der organischen Leuchtdio-
en Möglichkeiten – noch steht die
de. Nach den Zukunftsaussichten sei-
OLED-Technologie vor einigen wirt-
ner Erfindung befragt, lautet Tangs
schaftlichen und technischen Heraus-
Prognose: »OLEDs zur Beleuchtung
forderungen. In der jüngsten Studie
werden zuerst die Autos, dann die
der Münchner WTS Consulting Gm-
Häuser und Wohnungen erobern.«
bH zum OLED-Display-Markt sehen 76 Prozent der Befragten in den hohen Produktionskosten die größte Ge-
2/2015
Flexible OLED, hergestellt im Sheet-to-SheetVerfahren. Foto: Fraunhofer FEP
35 Was ist der Unterschied zwischen LED und OLED? Material: • LED (lichtemittierende Dioden) sind aus anorganischen lichtemittierenden Halbleiter-Bauelementen aufgebaut. • OLED (organische lichtemittierende Dioden) bestehen aus organischen halbleitenden Schichten. Eigenschaften: • LEDs strahlen punktförmig. Sie sind daher für Anwendungen prädestiniert, die gerichtetes Licht erfordern, zum Beispiel Laden-, Straßen- oder Bühnenbeleuchtungen. LED habe eine lange Brenndauer und spielen ihre Effizienzvorteile überall da aus, wo Licht ganztags eingeschaltet ist. • OLEDs strahlen auf der gesamten Fläche. Sie geben ein angenehm weiches, blendfreies, diffuses Licht ab, das neue dekorative Anwendungen ermöglicht. Da OLEDs flexibel sind, könnten sie künftig jedes Objekt in eine Lichtquelle verwandeln. Lebensdauer: • LEDs haben eine lange Lebensdauer. Werden sie unter den richtigen Bedingungen betrieben (Betriebsstrom und Temperatur), können sie über 100.000 Stunden leuchten. Anders als Glühlampen gehen LEDs nicht plötzlich kaputt, sondern verlieren im Lauf ihres Lebens langsam an Helligkeit. • OLEDs haben gemeinhin eine Lebensdauer von 10.000 Stunden. Die von Philips entwickelten Lumiblade-OLEDs erreichen bereits 30.000 Betriebsstunden und verfügen danach noch über 70 Prozent ihrer Leuchtkraft. Zum Vergleich: Eine klassische Glühbirne hält 1.000 Stunden.
2/2015
36
Die Kunst der Nanostrukturierung
LIFE & BUSINESS | PORTRÄT
Einzigartige Grundlagenforschung in Linz
Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Die Reinräume dieser Einrichtung nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Grundlagenforschung und Ausbildung ein. Irgendwie fehlt ihm jegliche professorale Aura. Man könnte Ar-
Wegweisende Forschungen
mando Rastelli fast für einen
ihn, was das nun genau heiße, und er erläutert: »Wir wollen die neuen Halbleiter-Nanostrukturen als Lichtquelle nutzen und mit Hilfe von Ansätzen aus der Quantenmechanik neuartige Computer ermöglichen.« Wenn künftig Lichtteilchen durch die Leitungen flitzten
Studenten halten. Mit seinen 41
Woran Armando Rastelli mit sei-
statt Elektronen, dann würde die
Jahren wirkt er unglaublich jung.
nem Team forscht, klingt ziemlich
Datenkommunikation schneller, si-
Und er gibt sich auch so: umgäng-
kryptisch, ist aber spektakulär. Die
cherer und energiesparender wer-
lich, unprätentiös, nahbar. Von Re-
Wissenschaftler arbeiten an »Ver-
den. Da es aber bisher kaum solche
spekt einflößendem Habitus kei-
fahren zur Herstellung neuartiger
Lichtquellen gebe, seien die Linzer
ne Spur. Als ich ihn zum Gespräch
Halbleiter-Nanostrukturen, zur
Forschungen zur Abscheidung und
treffe, liegt mir fast das »Du« auf
Steuerung von deren optischen und
Nanostrukturierung von Halblei-
der Zunge.
elektronischen Eigenschaften so-
terstrukturen wegweisend.
»Was wir hier machen, ist einzigartig.« Professor Armando Rastelli,
Deutsch im Selbststudium
Johannes Kepler Universität, Linz
Ehe Rastelli vor drei Jahren nach Österreich zog, hatte ihn sein Berufsweg schon durch die Schweiz,
Doch der erste Eindruck täuscht. Die
wie an der Untersuchung der ther-
Italien, Finnland und Deutschland
Vita von Professor Armando Rastel-
moelektrischen Eigenschaften von
geführt. Neben physikalischen
li ist durchaus Respekt einflößend.
Halbleiter-Dünnschichten«. So zi-
Phänomenen konnte er dabei auch
Er hat studiert und promoviert, hat
tiere ich es aus einer Quelle. Rastel-
europäische Mentalitätsunter-
in fünf Ländern Europas als Wis-
li, der mir gegenüber sitzt, beugt
schiede studieren. Geboren wurde
senschaftler gearbeitet und ist heu-
sich über den Tisch, schaut auf den
Armando Rastelli im italienischen
te Chef von 50 Mitarbeitern. Rastelli
Ausdruck und versucht, die für ihn
Fermo als Sohn eines Architekten
leitet das Institut für Halbleiter- und
auf dem Kopf stehende Schrift zu
und einer Hausfrau. Nach dem
Festkörperphysik an der Johannes
lesen. Das ist offenbar zu anstren-
Physikstudium in Camerino und
Kepler Universität in Linz. Mit ihren
gend. Kurzerhand schnappt er
Bologna forschte er über Halblei-
Reinräumen gilt die Einrichtung als
sich den Zettel und liest die Pas-
terphysik in Pavia. Bald darauf bot
führende Forschungsinstitution in
sage noch einmal. Ja, das stimme
sich die Gelegenheit, an die Eidge-
Österreich auf dem Gebiet der Na-
so, sagt er. Er legt mir den Zettel
nössische Technische Hochschu-
nostrukturen aus Halbleitermate-
wieder hin, trinkt einen Schluck
le im schweizerischen Zürich zu
rialien. »Was wir hier machen, ist
Kaffee und schaut mich aufmerk-
wechseln. Der junge Forscher sagte
einzigartig«, sagt der Institutsleiter.
sam durch seine Brille an. Ich frage
zu, konnte aber kein Wort deutsch.
2/2015
37
Professor Armando Rastelli: Der italienische Physiker leitet an der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich, das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik. Foto: JKU/Eder
Schwaben und Sachsen
»Also habe ich mir abends mit
ren brauchte. In dieser Zeit war er
Buch und Kassetten selbst deutsch
auch für drei Monate in Finnland
beigebracht«, sagt er und muss da-
am Optoelectronic Research Cen-
2007 hieß es erneut Umzugskar-
bei schmunzeln. »Das hat mir in
ter der TU Tampere und für vier
tons packen. »Mein Stuttgar-
Zürich anfangs wenig geholfen.«
Monate im italienischen Como
ter Chef bekam eine Professur
Schwizerdütsch sei eben etwas
am Labor für Nanostruktur-Epita-
in Dresden angeboten und frag-
ganz anderes.
xie und Silizium-Spintronik. Und
te mich, ob ich mitkomme«, er-
zu guter Letzt halfen ihm die an-
zählt Rastelli. Da es sich um eine
fangs so distanziert scheinenden
unbefristete Stelle handelte, griff
Schweizer sogar noch beim beruf-
er zu und wurde Abteilungslei-
lichen Wechsel.
ter am Leibniz-Institut für Fest-
Schweizer Lehrzeit »Der Wechsel in die Schweiz war
körper- und Werkstoffforschung.
eine große Umstellung für mich«,
Dieser Wechsel führte Rastelli
Ich frage ihn, wie er das Leben
sagt Rastelli. Er musste seine locke-
nach seiner Promotion in Pavia
unter Schweizern, Schwaben und
re italienische Small-Talk-Menta-
2003 nach Deutschland. Er wurde
Sachsen im Vergleich empfun-
lität etwas zügeln. »Als ich einmal
Gruppenleiter am Max-Plank-In-
den habe. Da muss er nicht lange
auf eine sehr wortreiche und of-
stitut für Festkörperforschung
überlegen: »Die Einstellung der
fenbar recht ziellos formulierte
in Stuttgart. »Mein Professor aus
Deutschen gegenüber Italienern
Frage keine Antwort erhielt, ha-
Zürich hatte ein Empfehlungs-
ist positiver als die der Schwei-
be ich schnell gelernt, mich klar
schreiben für mich dorthin ge-
zer«, antwortet er. Und die Sach-
und strukturiert auszudrücken.«
schickt, und die sagten zu.« Auch
sen seien wiederum lockerer als
er sagte zu und ahnte dabei nicht,
die Schwaben. »Bei denen heißt
Trotz solch kleiner Anfangs-
dass er in Stuttgart neben neuen
es immer ‚schaffe, schaffe’, das
schwierigkeiten blieb der junge
Erkenntnissen über das Wachs-
prägt auch die Forschung. In Dres-
Italiener statt der geplanten vier
tum von Halbleiterstrukturen
den sind die Leute gelassener und
Monate für anderthalb Jahre in
auch das Herz einer Frau gewin-
freundlicher.« Rastelli trinkt sei-
Zürich. Er fand hier alles, was er
nen würde. Heute sind die beiden
nen Kaffee aus. Gleich wird er auf-
für seine Doktorarbeit über Sili-
Eltern von siebenjährigen Zwil-
brechen, um der Verteidigung ei-
zium-Germanium-Nanostruktu-
lingsschwestern.
ner Doktorarbeit beizuwohnen.
2/2015
LIFE & BUSINESS | PORTRÄT
38
Professor Armando Rastelli wurde in Fermo, Italien, geboren. Heute lebt er im österreichischen Linz und ist Vater von Zwillingsschwestern. Foto: JKU/Eder
Mädchen im Reinraum
»Frauen in der Technik« und beim
Vorfreude auf 2016
»Girls’ Day« können die TeilnehAls ich kurz in meine Unterlagen
merinnen Führungen durch den
»Reinraumeinrichtungen für die
schaue, stützt sich der Wahlöster-
Reinraum erleben und Experi-
Ausbildung gibt es in Österreich
reicher mit den Ellenbogen auf
mente durchführen, zum Beispiel
nur hier in Linz und in Wien«, be-
die Tischkante und liest wieder
einen Wafer belichten. Die Begeis-
tont Professor Rastelli. Er selbst
mit. Seit 2012 lebt er nun in Linz
terung sei immer groß. Sogar das
kommt höchstens noch ein Mal
mit seiner schwäbischen Frau und
aufwendige Ankleideprozedere
pro Woche in den Reinraum. Dort
den Kindern. Er forscht an neuen
werde als eher lustig empfunden.
schaut er den Mitarbeitern über die
Halbleiterbauelementen auf Ba-
»Das Highlight ist immer die Luft-
Schulter. »Durch den Lehrbetrieb
sis von Galliumarsenid für An-
dusche«, berichtet Rastelli. Darü-
habe ich leider kaum noch Zeit,
wendungen in der Quantenoptik
ber hinaus gibt es die Veranstal-
selbst etwas auszuprobieren.« Doch
und Quantenkommunikation. Pri-
tung »Traumberuf Technik« für
das wird sich bald ändern. Das Lin-
vat liebt er Radfahren, Hardrock
beide Geschlechter, ebenfalls mit
zer Institut für Halbleiter- und Fest-
und Metal, Familienwanderun-
Reinraum-Führungen und Erklä-
körperphysik bekommt 2016 eine
gen und Astronomie. Für Letzte-
rungen. Außerdem, so der Haus-
neue Anlage zur Herstellung von
res kann er auch schon seine Töch-
herr, könnten angehende Master
Nanostrukturen auf der Basis von
ter begeistern. Apropos Mädchen
und Bachelor ihre Praktika zum
Galliumarsenid-Materialien. Dann,
und Wissenschaft. Sein Institut in
Teil im Reinraum absolvieren, was
so hat es sich Professor Rastelli fest
Linz bemüht sich sehr um weib-
sich für die meisten als Vorteil bei
vorgenommen, will er endlich wie-
lichen Nachwuchs für Berufe im
der Jobsuche erweise.
der selbst im Reinraum experimen-
Reinraum. Bei der Veranstaltung
2/2015
tieren. | Text: Frank Baecke
39
DO YOU SPEAK CLEANROOMS?
ional Issue t a n r e t In l ia c Spe ition ACHEMA Ed s 20.000 Copie
© NEJRON PHOTO | Fotolia
WE SPEAK MS! CLEANROO 3 dline: April 1 Editorial Dea adline: May 11 De Advertising
More information? Editor in Chief | Roy Fox Tel.: +49 (0) 6201 606714 | roy.fox@wiley.com Advertising | Roland Thomé Tel.: +49 (0) 6201 606757 | roland.thome@wiley.com www.gitverlag.com/go/reinraumtechnik
2/2015
40
Science & Technology Technologie in Kürze
SCIENCE & TECHNOLOGY | IN KÜRZE
03
Baumaterial für Nanosysteme
ISC in Würzburg bietet jetzt eine Pi-
Informationen sendet er dann an ei-
lotanlage an, auf der Hersteller wich-
nen Empfänger. Da dem Mikrocom-
tige Material- und Prozessparameter
puter sowohl Tastatur als auch Dis-
Faden-Kristalle | Im Dünnschichtla-
vor dem Übertrag auf ihre Fertigungs-
play fehlen, wird er mit Lichtwellen
bor des Max-Planck-Institutes für In-
anlagen durchtesten und absichern
programmiert. Nach Angaben der For-
telligente Systeme in Stuttgart werden
können. Auf der Beschichtungsanlage
scher könnte »Michigan Micro Mo-
Faden-Kristalle hergestellt, die sich als
lässt sich mit unterschiedlichen Subs-
te« im Internet der Dinge sowie im
idealer Baustoff für kleinstformatige
traten, Beschichtungsmaterialien und
menschlichen Körper eingesetzt wer-
Roboter eignen. Die Kristalle in Form
Auftragsverfahren arbeiten. Dies er-
den. Die Entwicklungsarbeiten dauer-
von »Nano-Haaren« werden durch
öffnet Herstellern ganz neue Entwick-
ten zehn Jahre. Jetzt, so die Forscher, sei
Verdampfung von Metallen im Vakuum erzeugt. Sie haben ein vollkomme-
der Computer serienreif.
02
nes, defektfreies Gefüge und sind dadurch äußerst belastbar. Sie behalten
Menschenähnlicher Labor-Roboter
sogar unter mechanischer Beanspruchung ihre Form langfristig bei. Da-
Der Roboter-Hersteller Yaskawa zeigt
mit eignen sie sich als idealer Baustoff
auf der Messe ACHEMA vom 15. bis 19.
für intelligente Systeme im Nano-For-
Juni 2015 in Frankfurt am Main zwei
mat: Sie verbrauchen wenig Energie
Roboter-Modelle zum Einsatz in der
und springen bei mechanischer Belas-
Chemie- und Prozessindustrie, im La-
tung immer wieder in ihre Ausgangs-
bor- und Analysebereich sowie in der
form zurück.
01
lungsmöglichkeiten im Bereich der
Pharma-, Verpackungs- und Lagertech-
Beschichtungstechnologien. Die Rol-
nik. Der Handlingroboter Motoman
le-zu-Rolle-Anlage wird in einem Rein-
MH3BM erfüllt höchste Hygienestan-
raum der Klasse ISO 8 betrieben. Das
dards und kann für die Entwicklung
stellt qualitativ hochwertige und stö-
neuer Medikamente ebenso eingesetzt
rungsarme Beschichtungen sicher.
werden wie bei der Probenverarbei-
Computer im Reiskornformat Schneller Transfer vom Labor auf die Rolle
Miniaturisierung | Nur ein Kubikmillimeter groß ist der wahrscheinlich kleinste funktionsfähige Computer der Welt. Er wurde von Forschern an
Beschichtungen | Mit funktionali-
der Universität Michigan gebaut und
sierten Oberflächen können Unter-
auf den Namen »Michigan Micro Mo-
nehmen Produkte aufwerten und die
te« getauft. Der Winzling kann Drü-
Wertschöpfung steigern. Das Fraun-
cke und Temperaturen messen sowie
hofer-Institut für Silicatforschung
Fotos aufnehmen. Seine gewonnenen
2/2015
tung oder für pharmazeutische Dosierapplikationen. Seine Zulassung für
Bild 01: Die im Vakuum erzeugten Faden-Kristalle sind mechanisch äußerst belastbar. Foto: Dr. Gunther Richter Bild 02: Neue Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage im Fraunhofer ISC. Foto K. Dobberke für Fraunhofer ISC Bild 03: Einen menschenähnlichen Roboter, der komplexe Labortätigkeiten ausführen kann, stellt Hersteller Yaskawa in einer Live-Demozelle auf der ACHEMA lässt vor. Foto: Yaskawa
41 die Reinraumklasse ISO5 ermöglicht
unter anderem eingesetzt bei der Fer-
seinen Einsatz für Montage-, Hand-
tigung von Herzschrittmachern oder
ling- und Verpackungsaufgaben in
auch bei Funktionsprüfungen, etwa
den Labor- oder Produktionsanlagen
von Spritzen oder Inhalatoren. Die Ein-
vieler Industrien.
heiten sind als Modul zur Integration in bestehende Anlagen oder als Präzi-
Daneben stellt Motoman den men-
sionsarbeitsplatz lieferbar. Letzterer
schenähnlichen Roboter CSDA10F vor.
eignet sich für das präzise Fügen und
Er wurde speziell für die Hygienean-
Krimpen von Einzelteilen oder Bau-
forderungen in Labors entwickelt und
gruppen und verfügt über eine integ-
ist prädestiniert für den Einsatz in der
rierte Qualitätskontrolle. Darüber hi-
schnell abgebaut und ausgeschie-
Biomedizin-Synthese und in der che-
naus stehen dem Anwender speziell
den. Zudem können sie oftmals nicht
mischen Analytik.
abgedichtete Einheiten für Anwen-
die Barriere zwischen Blutkreislauf
dungen im Reinraum zur Verfügung.
und Gehirn überwinden. Diese Pro-
Reinraumtaugliche Servopresse
Nanomedikament schützt Nerven
Foto: psdesign1
im Organismus viele Moleküle zu
bleme lösten die Forscher nun mit Hilfe von Nanoteilchen, die sie mit dem Wirkstoff Adenosin, der auf die Rezeptoren des Nervensystems
Messeneuheit | Die Berliner PROMESS
Forschungserfolg | Wissenschaftler
wirkt, koppelten. Durch diese Kom-
Gesellschaft für Montage- und Prüf-
der Universität Hacettepe im türki-
bination wird der Abbau des Wirk-
systeme mbH präsentierte Ende Ap-
schen Ankara haben ein Nanome-
stoffes durch den Stoffwechselpro-
ril in Stuttgart auf der Messe Medtec
dikament entwickelt, mit dem sich
zess verzögert, die Überwindung der
2015 eine Auswahl ihrer hochpräzi-
Erkrankungen wie Knochenmark-
Blut-Hirn-Schranke verbessert und
sen Servopressen, darunter auch eine
verletzungen und Schlaganfälle bes-
die Einwirkung auf die Neuronen
neu entwickelte Reinraumpresse. Die
ser behandeln lassen. Bisher werden
erhöht. Nebenwirkungen wurden
Fügemodule des Herstellers werden
bei der Abgabe von Medikamenten
nicht beobachtet.
2/2015
42
Damit der Reinraum nicht zum Kostentreiber wird
SCIENCE & TECHNOLOGY | EFFIZIENZ IM REINRAUM
Deutliche Energie- und Kosteneinsparungen lassen sich oft schon mit geringen Veränderungen realisieren. Das Betreiben von reinen Produktionsumgebungen erfordert hohe Aufwendungen für technische Ausstattungen und professionelle Reinigungsprozesse. Hinzu kommen laufende Ausgaben für Verbrauchsgüter wie Handschuhe, Tücher und Kleidung. Mit gezielten Optimierungen können Kosten und Aufwand reduziert werden. Das Spektrum an Möglichkeiten ist breit.
Ist der Reinraum bereits errichtet, lassen sich die laufenden Kosten für Betrieb, Wartung, Schulung und Betreuung oft durch das Drehen an bestimmten Stellschrauben deutlich reduzieren. »Muss ich wirklich 50 plus/minus fünf
Wenn dem Controller beim Blick
heft steht aber oft nur drin, was
Prozent Luftfeuchte einhalten und
auf die Energierechnung die Ge-
man mit der Anlage machen will,
damit über einen langen Zeitraum
sichtszüge entgleisen, dann dau-
nicht wie die Energieplanung aus-
im Jahr viel Energie zum Be- und
ert es nicht lange, bis der Ruf nach
sehen soll«, verweist Steffen Röhm
Entfeuchten aufwenden, oder ge-
Kostensenkung laut wird. Leider er-
auf ein häufiges Manko. Wer also
nügt auch der für Menschen be-
fordert das Erzeugen und Aufrecht-
einen Reinraum neu konzipiert,
hagliche Bereich von 35 bis 65 Pro-
erhalten bestimmter Reinraumklas-
der sollte die Energieplanung be-
zent, wenn es keine Vorgaben für
sen viel Energie in Form von Wärme,
ziehungsweise den energetisch
das Produkt gibt, so dass ich we-
Kälte und Strom. Doch dagegen lässt
sinnvollen Betrieb mit ins Lasten-
niger nachregeln muss und Ener-
sich etliches unternehmen. Exper-
heft aufnehmen. Die technischen
gie sparen kann«, nennt Qualifi-
ten warnen allerdings vor blindem
Möglichkeiten reichen von einer
zierungsingenieur Steffen Röhm
Aktionismus. »Eine Energiesparmaßnahme darf nicht so viel kosten, dass sie sich auch in 30 Jahren noch nicht rechnet«, mahnt Steffen Röhm. Er ist Projektleiter im Competence Center Engineering der Pharmaserv GmbH & Co.KG im hessischen Marburg.
Energieplanung muss ins Lastenheft
Der Einkauf von Reinraumprodukten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden.« Carsten Moschner, Geschäftsführer dastex
Wer mit seinem Reinraum sozu-
energetisch optimierten Gebäu-
ein Beispiel. Weitere prozessbe-
sagen auf der weißen Leinwand
dehülle über hohe Umluftantei-
zogene Einsparmöglichkeiten bö-
beginnt, der kann mit dem Ener-
le, Entfeuchtung mit Direktver-
ten das Anpassen von Kanaldruck
giesparen bereits im Lastenheft
dampfung und Nachheizung über
und Raumtemperatur, die Fest-
anfangen. Denn darin werden
die Heißgasnutzung oder auch das
legung tatsächlich notwendiger
die wirtschaftlichen, technischen
Heizen und Kühlen mit Wärme-
Reinraumklassen und -größen so-
und organisatorischen Erwartun-
pumpe bis hin zum Absenkbetrieb
wie das Minimieren der Luftwech-
gen des Auftraggebers an seine
nach Produktionsschluss.
selraten auf ein sinnvolles Niveau.
Anlage festgehalten. »Im Lasten-
2/2015
43 Vergleich der Luft-Reinheitsklassen nach der Partikelkonzentration ISO 14644-1
GMP
US Fed Std 209E*
ISO Klasse 1 ISO Klasse 2 ISO Klasse 3 1 ISO Klasse 4 10 ISO Klasse 5 A/B 100 ISO Klasse 6 1 000 ISO Klasse 7 C 10 000 ISO Klasse 8 D 100 000 ISO Klasse 9
0,1 10 100 1 000 1 240 10 000 12 400 100 000 1 000 000 -
0,2 2 24 237 265 2 370 2 650 23 700 26 500 237 000 -
Partikelgrenzwerte (µm/m3) 0,3 0,5 10 4 102 35 106 35,3 1 020 352 1 060 353 10 200 3 520 3 520 10 600 3 530 102 000 35 200 35 300 352 000 352 000 353 000 3 520 000 3 520 000 3 520 000 35 200 000
1 8 83 832 8 320 83 200 12 461 832 000 124 610 8 320 000
5 29 20/29 293 247 2 930 2 900 2 470 29 300 29 000 24 700 293 000
*Der US-Federal-Standard 209E wurde im Jahr 2001 von der ISO 14644-1 abgelöst und ist nicht mehr gültig.
Mehr Effizienz durch moderne Filter
bierung des Druckverlustes«, betont Frank Spehl. Mit anderen Worten:
Luftwechselraten optimieren
Die neuen synthetischen LuftfilterGroßen Einfluss auf die Betriebs-
medien bieten eine viel höhere Ab-
Weitere kostensenkende Tipps
kosten haben auch die Filter. »Die
scheideleistung bei wesentlich effi-
hat Jürgen Blattner parat. Der In-
Krux hierbei ist: Eine hohe Ab-
zienterem Energieeinsatz. Positiver
haber des BSR Ingenieur-Büros im
scheideleistung erfordert zunächst
Nebeneffekt: Auch die Prozesssi-
baden-württembergischen Ober-
einmal einen hohen Energieauf-
cherheit steigt und damit die Qua-
hausen-Reinhausen ist auf Qualifi-
wand«, sagt Frank Spehl, Vertriebs-
lität der im Reinraum hergestellten
zierung und Monitoring von Rein-
leiter der AAF Lufttechnik GmbH
Produkte.
räumen spezialisiert. Der studierte
im nordrhein-westfälischen Ober-
Verfahrenstechniker verweist dar-
hausen. »Der Energiebedarf der
Doch selbst die besten Filter müs-
auf, dass nirgends vorgeschrieben
Filter soll aber reduziert werden -
sen eines Tages ausgetauscht wer-
sei, wie oft die Luft in einem Rein-
hier standen wir bisher vor einem
den. Für den Reinraumbetreiber ist
raum gewechselt werden müsse. »Es
Dilemma.«
das ist ein teures Vergnügen, denn
ist ja schließlich ein Unterschied,
das Öffnen der Decke bedeutet nicht
ob zwei oder zehn Leute im Raum
Neue Entwicklungen brachten
nur Produktionsstillstand, sondern
sind«, nennt Blattner den Grund. Er
die Lösung. Wurden die Filter zu-
auch eine große Verschmutzung des
empfiehlt Betreibern, die Partikel-
vor aus einem groben Vorfilterme-
Reinraums. Frank Spehl sagt hierzu:
konzentration im Reinraum über
dium mit dahinter liegendem fei-
»Den Aufwand des Filterwechsels
einen gesamten Arbeitstag hinweg
neren Material hergestellt, stehen
haben Sie sowieso irgendwann. Aber
messen zu lassen. So werde sichtbar,
heute neuartige Nanowave-Struk-
das Wann können Sie beeinflussen.
wie hoch die Partikelkonzentration
turen zur Verfügung. »Diese Mate-
Darum ist es sinnvoll, teure, aber gu-
nach Arbeitsbeginn durch das Ein-
rialien bewirken nahezu eine Ver-
te Filter mit langer Standzeit zu kau-
schleusen von Personen und Ma-
dopplung der abscheidewirksamen
fen. Dann müssen Sie die Filter selte-
terial ansteige, wie weit sie danach
Filterfläche bei gleichzeitiger Hal-
ner austauschen und sparen Geld.«
wieder absinke, wie hoch sie nach
2/2015
44 Kein Geiz-ist-geil bei Verbrauchsmaterialien
der Frühstückspause wieder anstei-
einer Wartung oder Instandhaltung
ge und bis zur Mittagspause wieder
von betriebswirtschaftlicher Rele-
absinke und so weiter. Wer seine ty-
vanz, betont Jürgen Blattner: »War-
pischen Verläufe kenne, der könne
ten Sie mit einem Filteraustausch
Hinterfragen sollten Reinraumbetrei-
die Luftwechselraten optimal an die
nicht so lange, bis 90 Prozent der
ber auch ihre Kosten für Verbrauchs-
Prozesse anpassen. »Auf diese Weise
Standzeit erreicht sind.
güter wie Handschuhe, Kleidung,
konnten wir zum Beispiel bei einem
Irgendwann ist ein neuer Filter
Tücher, Swabs und Reinigungsmit-
Kunden die Luftwechselrate um 20
günstiger als der Energieaufwand
tel. Genauer gesagt: nicht die Kosten,
Prozent reduzieren«, beziffert Jür-
für den Leistungsverlust des alten
sondern das Kosten-Nutzen-Verhält-
gen Blattner den Lohn der Mühe.
Filters.«
nis. »Es bringt Ihnen nichts, wenn die
Weniger Technik, weniger Wartungsaufwand
Wurden Änderungen an einer An-
günstigsten Preises bestellt werden
lage vorgenommen, muss der Be-
und Ihnen dadurch Mehrkosten in
treiber sicherstellen, dass sie sich
der Produktion entstehen«, sagt Cars-
anschließend weiterhin im quali-
ten Moschner. Er ist Geschäftsführer
fizierten Zustand befindet. Zahl-
der dastex Reinraumzubehör GmbH &
Bei der Auslegung eines Reinrau-
reiche Normen, Richtlinien und
Co.KG in Muggensturm am Fuße des
mes sollten Betreiber auch darauf
Verordnungen beschreiben zwar
Schwarzwaldes. Fast noch harmlose
achten, dass sie diesen nicht über-
die Notwendigkeit und Vorgehens-
Beispiele für solche Opportunitäts-
dimensionieren. Denn je mehr
weisen bei einer Requalifizierung,
kosten sind unter anderem schlechte
Technik sie einbauen lassen, des-
enthalten aber oft keine Hinweise
Bekleidung, die vorzeitig ausgetauscht
to aufwendiger werden Wartung
auf deren Häufigkeit. Dr. Lothar
werden muss, oder ungeeignete Tü-
und Instandhaltung. Und da kommt
Gail, Berater und Experte für Rein-
cher, die durch ihre geringere Reini-
mehr zusammen, als es auf den ers-
raum- und Steriltechnik, emp-
gungsleistung mehr Arbeit verursa-
ten Blick scheint. Denn regelmä-
fiehlt Reinraumbetreibern darum,
chen.
ßig gewartet werden müssen nicht
die Zuverlässigkeit ihres Prozes-
nur die Prozessmaschinen im Rein-
ses für die Qualität des Produk-
Richtig teuer wird es dagegen, wenn
raum, sondern zum Beispiel auch
tes als Maßstab zu nehmen. Hilf-
nach der Geiz-ist-geil-Methode ein-
die Elektro-, Lüftungs-, Heizungs-
reich hierfür sei das Hinterfragen
gekaufte Verbrauchsgüter die eige-
und Kältetechnik, die Anlagen für
der Messungen. »Sind diese ange-
nen Produkte schädigen. Carsten Mo-
technische Gase, Wasseraufberei-
messen, dann kann ich entschei-
schner kennt solche Fälle zur Genüge.
tung und Druckluft, die MSR-Tech-
den, ob eine erneute Prüfung in
Eine Firma im Halbleiterbereich etwa
nik und das GMP-Monitoring. Ne-
24 Monaten ausreichend ist, oder
sparte durch den Einkauf von Nitril-
ben diesen Arbeitsumfängen an
ob ich alle sechs Monaten prüfen
handschuhen einen fünfstelligen
sich sei auch der richtige Zeitpunkt
muss«, erklärt Dr. Gail.
Eurobetrag im Jahr ein, erlitt aber einen deutlich höheren Schaden in der Produktion, weil die Handschuhe zu Korrosion auf den Wafern führten. In einem Unternehmen der Optikindustrie zerstörte ein »falsches« ReinFoto: www.cl-ex.com
SCIENCE & TECHNOLOGY | EFFIZIENZ IM REINRAUM
Verbrauchsgüter nur aufgrund des
raumtuch durch Ausgasung vollständig die optische Oberfläche eines sehr teuren Objektes, ohne dieses überhaupt berührt zu haben.
Produkte aus Edelstahl wie dieser Reinigungswagen sind prädestiniert für den Reinraum. Die glatten Oberflächen lassen sich besonders gut reinigen, zudem ist Edelstahl sterilisierbar.
2/2015
45 »Der Einkauf von Reinraumprodukten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden«, warnt Carsten Moschner. »Ich sage: Kosten sparen ja, aber in Relation.« Bei Handschuhen zum Beispiel sollten Reißfestigkeit, Dichtheit Foto: www.cl-ex.com
und Beständigkeit gegen Chemikalien kaufentscheidend sein und nicht der beste Preis. »Wenn ich beim Anziehen schon jeden zweiten Handschuh zerreiße, dann spare ich nichts«, sagt Moschner. Ähnliches gelte für die Auswahl von Tüchern. »Wenn Sie Ihren Fingerprint auf dem Handy mit einem Zellstofftaschentuch wegwischen wollen, dann brauchen Sie recht lange.
Für einen effizienten Betrieb sorgt auch die Auswahl von Reinraummobiliar, das sich leicht reinigen lässt.
Aber mit einem Mikrofasertuch geht das sehr schnell«, verdeutlicht Mosch-
mische Belastung des Autoklavie-
cken oder zu nass sein«, sagt Diet-
ner das Optimierungspotenzial. Wer
rens aushalten und trotzdem noch
mar Pfennig. Ist der Mopp zu trocken,
sich vorab damit auseinandersetze,
gut reinigen.
frohlocken die Keime. »Das Wasser, das wir auf den Boden bringen, ist
ob er Plexiglas- oder Edelstahloberflächen zu reinigen hat, ob er Öl, Fett, lose
Für Reinigungswagen und Geräte
wie eine Straßenbahn, mit der das
Partikel oder chemische Verbindun-
sollte unbedingt Edelstahl verwen-
Desinfektionsmittel zu den Keimen
gen entfernen muss, der könne treff-
det werden, weil dieser sterilisierbar
kommt«, erklärt Pfennig. Ein Filmab-
sicher entscheiden, mit welchem Tuch
ist. Auch sollten die manuellen Sys-
riss bedeutet somit: keine Desinfek-
er den größten Effizienzvorteil erzielt.
teme immer über offene Abschlüs-
tion. Ist der Mopp hingegen zu nass,
se und abgerundete Kanten verfü-
kommt es zum Schichtaufbau. Man
gen, weil diese leicht zugänglich
kennt dieses Phänomen von den kle-
und daher gut zu reinigen sind. Die
benden Krankenhaus-Fußböden.
Effizienter Reinigen
Verbindungen an Geräten sollten Vom Einfluss der Einkäufer kann
entweder fest und ohne Fugen oder
Pfennig löste das Zu-nass-zu-tro-
auch Dietmar Pfennig ein Lied sin-
zum Abnehmen gestaltet sein, um
cken-Problem durch die Entwick-
gen. »Wenn für die Reinraumreini-
Ansammlungen von Partikeln und
lung eines geschlossenen Systems,
gung kein geeignetes, geprüftes oder
Mikroorganismen zu vermeiden.
in dem der Mopp von selbst immer
nicht zertifiziertes Equipment ge-
Letztere lagern sich auch an une-
mit derselben Lösungsmenge durch-
kauft wird, dann kann das dazu füh-
benen Schweißnähten und in Haar-
tränkt wird. Damit lässt sich in der
ren, dass sie im Reinraum etwas vor-
rissen ein. Allein ein Haarriss von
manuellen Reinigung eine reprodu-
finden, was sie dort nicht vorfinden
nur drei Millimeter Länge und drei
zierbare Qualität erzielen. Und allen
wollen«, sagt der Geschäftsführer
Hundertstel Millimeter Tiefe bietet
Kunden, die da geringschätzig sa-
der Pfennig Reinigungstechnik Gm-
Platz für 100.000 Mikroorganismen.
gen, es gehe doch nur ums Putzen,
bH im süddeutschen Durach. Baum-
entgegnet Dietmar Pfennig: »Reini-
wollfaser-Mopps zum Beispiel gä-
Neben der Auswahl reinraumopti-
gung und Desinfektion beeinflussen
ben bis zu 100.000 mal mehr Partikel
mierter Produkte haben auch die
eine Reinraum-Produktion genau-
ab, weil Baumwolle keine Endlos-
Reinigungsmethoden einen Ein-
so wie eine lufttechnische Anlage.
faser sei, sondern eine kurze Faser.
fluss auf den effizienten Betrieb von
Die Anlage wird einmal konzipiert,
Schon dieses Beispiel zeige, welches
Reinräumen. »Das Problem ist: Men-
dann läuft sie – richtige Wartung
Effizienzpotenzial in der Verwen-
schen arbeiten verständlicherweise
vorausgesetzt. Reinigung und Des-
dung von optimierten Systemen lie-
niemals exakt gleich, dadurch sind
infektion aber sind individuell und
ge. Mopps sollten aus Textilfasern
Vorgänge nicht reproduzierbar. Ein
werden von Menschen ausgeführt,
bestehen, die die mechanische Be-
Mopp beispielsweise könnte folglich
darum ist eine reproduzierbare
lastung des Reinigens und die ther-
nach dem Tränken entweder zu tro-
Qualität so wichtig.«
2/2015
46
Studierende gründen GMP-Schule
SCIENCE & TECHNOLOGY | GMP-SCHULE
Absolventen organisieren auf eigene Faust Lehrveranstaltungen zum Thema GxP.
In Eigeninitiative haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten gemeinsam eine GMP Spring School aus der Taufe gehoben. Damit wollen sie ihre Studiengänge um einen kleinen, aber wichtigen Baustein erweitern: das Wissen über Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arzneimitteln, Kosmetika und Lebensmitteln.
vermittelt. Dieser Lehrgang in Halle an der Saale war so erfolgreich, dass umgehend über Folgeveranstaltungen nachgedacht wurde. Das Ergebnis: Die Studenten gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und schufen damit geeignete
Viele gut ausgebildete Absolventen
versität Halle das Projekt »GMP für
Rahmenbedingungen für die erfolg-
aus naturwissenschaftlichen Stu-
Studenten« aus der Taufe.
reiche Fortführung des Projektes.
diengängen stellten nach dem Beginn ihrer beruflichen Laufbahn fest, dass ihnen gewisse Kenntnis-
GxP in kompakter Form
se über die gesetzlichen Regelun-
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Für die nächste Veranstaltung in Dresden meldeten sich be-
gen im LifeSciences-Bereich fehlen.
In dem einwöchigen Lehrgang wur-
reits 150 Interessenten an. Dieser
Da dieses Wissen an Hochschulen
de den Spätsemester-Studierenden
Lehrgang fand vom 09. bis 13. März
nur selten vermittelt wird, starteten
und Berufsanfängern das regula-
2015 im Dresdner Zentrum für Re-
Studierende aus Halle an der Saale,
torische Umfeld der Guten Labor-
generative Therapie statt. Die Orga-
Leipzig und Dresden eine beispiel-
praxis (GLP), der Guten Klinischen
nisatoren hatten hierzu mit viel En-
hafte Eigeninitiative. Sie hoben mit
Praxis (GCP), der Guten Herstel-
gagement und Einsatz kompetente
Unterstützung der Studentischen
lungspraxis (GMP) und der guten
Vertreter der regionalen LifeScien-
Förderinitiative der Naturwissen-
Verteilungspraxis (GDP), kurzum
ce-Industrie als Referenten gewin-
schaften e.V. der Martin-Luther-Uni-
alles zu »GxP« in kompakter Form
nen können.
Win-Win-Situation für die Region Mit ihrer Idee »GMP für Studenten« fanden die Organisatoren bei den Industrievertretern schnell offene Ohren. Bereits erste Anfragen wurden meist wohlwollend aufgenommen. Warum hatten die Studierenden mit ihrer Idee so großen
Die von drei ostdeutschen Universitäten initiierte GMP Spring School wendete sich an Studierende und Doktoranden der Lebenswissenschaften. Foto: Philip Franke
2/2015
47
Müsliboard mit 48 Portionsbechern (à 85g Bio-Müsli) Folgebestellung zum Vorzugspreis Lieferrhythmus wählbar, keine Mindestlaufzeit
DE-ÖKO-037 EU-/ Nicht-EULandwirtschaft
2/2015
SCIENCE & TECHNOLOGY | GMP-SCHULE
48
Erfolg? Weil das Konzept für eine Win-Win-Situation auf regionaler
Praxisnahe Wissensvermittlung
Ebene sorgt. Einerseits wird das An-
Die Veranstalter von »GMP für Studenten« hatten auch begleitende Prozesse ins Programm aufgenom-
liegen der Studierenden, ihre Wis-
Da viele der zur Veranstaltung »GMP
men. Hierzu waren Referenten aus
senslücken vor dem Berufsstart zu
für Studenten« eingeladenen Fach-
der Logistik und dem Reinraum-Ma-
schließen, durch lokale Fach- und
leute beruflich im GMP-Umfeld zu-
nagement eingeladen.
Sachkompetenz unterstützt, ande-
hause sind, konnten sie die Themen
rerseits erleichtern die entstande-
sehr praxisnah und lebendig prä-
nen Kontakte den Unternehmen
sentieren. Weitere Vortragende aus
die Rekrutierung künftiger Mitar-
experimentellen und präklinischen
beiter aus dem Kreis der enthusi-
Forschungseinrichtungen betonten,
Der Vertreter eines weltweit operie-
astischen Lehrgangsteilnehmer.
wie wichtig es sei, dass die Entwick-
renden Logistikdienstleisters berich-
Tatsächlich war auch für diesen
lung innovativer diagnostischer und
tete dabei über die Möglichkeiten
Aspekt viel Zeit vorgesehen wor-
therapeutischer Konzepte innerhalb
und Risiken des (fälschungs-)siche-
den. Die eingeladenen Industriever-
der regulatorischen Rahmenbedin-
ren Transports von Arzneimitteln und
treter hatten die Möglichkeit, ihre
gungen erfolgen muss. Denn wer
Analyseproben. Abgerundet wurde
Unternehmen ausführlich vorzu-
die Anforderungen der Guten La-
der Lehrgang durch einen Überblick
stellen. Mehr noch: Mitarbeiter aus
borpraxis (GLP) und der Guten Kli-
über GMP-Anforderungen aus Behör-
den Human-Resources-Abteilun-
nischen Praxis (GCP) unterschätze,
densicht.
gen wurden aufgefordert, die Re-
der gehe Risiken ein, durch die in-
krutierungspolitik ihrer Unterneh-
novative Projekte schnell in einem
Die Teilnehmer von »GMP für Stu-
men darzulegen.
Desaster enden können.
denten« erhielten ein Zertifikat.
GMP reicht über Reinraum hinaus
Dieses dürfte ihnen Vorteile bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bringen. Der nächste Lehrgang ist bereits in Planung und wird im Juli in der Saalestadt Halle stattfinden. Informationen gibt es im Internet unter www.gmp-kurs.de. Text: Dr. Rüdiger Laub Bild oben: Auch das gar nicht so einfache Anziehen von Reinraumanzügen konnte trainiert werden. Foto: Eleni Patelakis Bild links: Voller Hörsaal: Das Interesse der Studierenden, ihr Wissen über GMP-Regularien zu erweitern, war groß. Foto: Philip Franke
2/2015
Was machen Sie da, Stefan Grilec?
49
»Mein Name ist Stefan Grilec. Seit
ne Schlauchsysteme für die Ein-
nung werden dann die pharma-
März 2012 bin ich bei der Tecno Plast
mal-Anwendung in der Pharmain-
zeutischen Anschlüsse verbaut
Industrietechnik GmbH in Düssel-
dustrie. Diese Schlauchsysteme
und befestigt. Zum Schluss folgt
dorf als Produktionsmonteur tätig.
werden individuell nach Kunden-
die Mehrfachverpackung mit Eti-
Meine Aufgaben umfassen die Fer-
wunsch gestaltet, wodurch ihrer
kettierung. Die Daten auf dem Eti-
tigung von Single-Use-Systemen im
Form und Größe kaum Grenzen
kett stellen die Rückverfolgbarkeit
Rein- und Sauberraum sowie die
gesetzt sind. Während der Pro-
der Chargen und die genaue Pro-
Kontrolle von Zulieferteilen und
duktion erfolgt der Zuschnitt der
duktzuordnung sicher. Falls ge-
Rückstellmustern.
Schläuche auf die gewünschten
wünscht, werden die Produkte an-
Im Reinraum fertige ich hochrei-
Längen. Gemäß technischer Zeich-
schließend gammasterilisiert. Um die Schlauchsysteme vor Kontaminationen zu schützen, ist ein sehr gewissenhaftes und reines Arbeiten nötig. Darum muss während der gesamten Produktionszeit im Reinraum nicht nur Schutzkleidung getragen werden, sondern auch regelmäßig eine Reinigung und Desinfektion der Arbeitsflächen nach genauen Vorgaben stattfinden. Die Tätigkeit im Reinraum erfordert somit ein sehr hohes Maß an Eigenverantwortung hinsichtlich der reinen und sachgemäßen Herstellung der Produkte. Die bereits gefertigten Systeme versehe ich hier mit einer ersten Umverpackung.«
Stefan Grilec ist Reinraum Produktions-Monteur bei der TECNO PLAST Industrietechnik GmbH in Düsseldorf, einem Veredler von Schläuchen für die Pharma- und Chemieindustrie mit angeschlossener Reinraumproduktion. Foto: Lisa Dämmer
2/2015
SCIENCE & TECHNOLOGY | WAS MACHEN SIE DA...?
Kurzprofile aus der Reinraumbranche
50
Regularien – lästige Pflicht oder geldwerte Tipps?
SERVICE | RECHT UND REGULARIEN
In den Normen und Richtlinien stecken viele Hinweise auf Effizienzsteigerungen.
Die Einhaltung sämtlicher Vorschriften für das Betreiben von Reinräumen verursacht hohe Betriebskosten. Doch es gibt Möglichkeiten, diese Kosten zu reduzieren, ohne die Regularien zu verletzen.
die Spezifikation bereits bis auf 0,3 Meter pro Sekunde plusminus 20 Prozent ausgeweitet wurde, findet laut Dr. Gail bisher noch wenig Beachtung. Aktuelle Studien belegen sogar, dass die tur-
Schon Goethe stöhnte: »Wenn man alle
für Reinraumtechnik (ICCCS) ist unter
bulenzarme Verdrängungsströmung
Gesetze studieren sollte, so hätte man
anderem auch im VDI-Fachausschuss
selbst noch bei 0,2 Meter pro Sekunde
gar keine Zeit, sie zu übertreten.« In die-
Reinraumtechnik und in der interna-
erhalten bleibt. »Der Wert von 0,45 sagt
se Klage können heutige Betreiber von
tionalen Reinraumnormung tätig. Aus
also gar nichts«, konstatiert Dr. Lothar
Reinräumen laut einstimmen. Denn
seiner Beratertätigkeit weiß Dr. Gail: »In
Gail. »Entscheidend ist daher nicht das
wer den Überblick über alle regulato-
aller Regel werden die Möglichkeiten
Einhalten einer bestimmten Luftge-
rischen Anforderungen an Design, Bau
zur Effizienzverbesserung nicht aus-
schwindigkeit, sondern das Aufrecht-
und Betrieb von Reinräumen behalten
geschöpft.«
erhalten der unidirektionalen Verdrän-
will, der steht vor einer enormen Her-
gungsströmung.« Wie stark diese sein
ausforderung. Und das ist nur die eine
Das beginnt schon bei der Luftge-
müsse, hänge vom individuellen An-
Seite der Medaille. Die andere Seite ist,
schwindigkeit im Reinraum, mit der
wendungsfall ab. Aktuelle Regulari-
aus den zahlreichen Normen, Regeln,
luftgetragene Kontaminationen vom
en verzichteten daher auf eine Stan-
Richtlinien und Leitfäden die richtigen
Produkt ferngehalten werden sollen.
dard-Spezifikation.
Schlussfolgerungen für den eigenen
Die Standard-Spezifikation hierfür lau-
Reinraum zu ziehen und die Vorgaben
tet 0,45 Meter pro Sekunde plusminus
Möglichkeiten zur Kostenoptimierung
so umzusetzen, dass die Betriebskosten
20 Prozent. Diese Spezifikation hatten
beim Reinraumbetrieb bieten auch Bar-
im Rahmen bleiben.
US-Forscher einst in den 1960-er Jah-
rieretechniken. Sie helfen, den Energie-
ren festgelegt und dann gebetsmüh-
verbrauch für die Aufbereitung und den
»Die Reinraum-Regularien enthalten
lenartig so lange wiederholt, bis sie
Transport der enormen Luftmengen
vielfältige Hinweise darauf, wie sich
sich als Standard etablierte. Das Pro-
zu senken. Dies gelingt, indem die Pro-
ein Reinraum effizient betreiben lässt«,
blem hierbei ist, dass diese Vorgabe ei-
zessflächen für die kritischen Arbeits-
betont Dr. Lothar Gail. Der Mitbegrün-
nen maßgeblichen Kostenfaktor für
schritte möglichst klein gehalten wer-
der der Internationalen Gesellschaft
den Energieverbrauch darstellt. Dass
den. Empfehlungen hierzu enthält die
Einstieg in die Reinraumtechnik Auf der Cleanzone 2015, der Internationalen Fachmesse für Reinraumtechnologie am 27. und 28. Oktober in Frankfurt am Main, erwartet die Messebesucher eine Diskussionsrunde zum Thema »Einstieg in die Reinraumtechnik«. Auf dem Podium werden Branchenexperten darüber referieren, wie Zulieferer erfolgreich in die Reinraumbranche vorstoßen können und welche Anforderungen sie nicht unterschätzen dürfen. Anwender von Reinraumtechnologien erfahren hier, wie sie qualifizierte Lieferanten und geeignete Mitarbeiter finden können. Die Veranstaltung »Einstieg in die Reinraumtechnik« findet am 28. Oktober in der Cleanzone Plaza statt. Die Vorträge auf der Cleanzone Plaza sind für alle Besucher kostenfrei nutzbar.
2/2015
51 Wichtige Reinraum-Regularien
VDI 2083 »Reinraumtechnik«
ISO 14644
GMP-Leitfaden
Diese Richtlinienreihe legt die
Die EN ISO 14644 ist eine interna-
Der EU-GMP-Leitfaden für
Anforderungen an die Reinheit
tionale Norm für die Produktion
Human- und Tierarzneimittel
der Raumluft, des Arbeitsplatzes
in Reinräumen sowie für zugehö-
enthält Richtlinien zur Quali-
(Oberflächen, Maschinen, Werk-
rige Reinraumbereiche. Sie lös-
tätssicherung in der Produktion
zeuge), der Prozessmedien (Gase,
te den US Federal Standard 209E
von Arzneimitteln, Kosmetika,
Flüssigkeiten, Chemikalien) so-
ab. In der ISO-Norm sind die
Lebens- und Futtermitteln.
wie der Personen in den verschiedenen Branchen fest.
Reinraumklassen festgelegt.
VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Energieef-
und Qualitätsfaktor zu planen. »Es lohnt
schaltung zwischen Produktionsbe-
fizienz). Diese Richtlinie beschreibt rein-
sich, darüber nachzudenken, welche
trieb und Absenkbetrieb automatisiert
raumspezifische Energie-Einsparpoten-
Druckkaskade man wirklich braucht.«
erfolgen und mit einer Zugangskont-
ziale. Reinraumbetreibern wird hierin
Um zum Beispiel zwei Räume abzugren-
rolle verknüpft werden.
geraten, die Prozesse mit den höchsten
zen, die durch eine Tür oder ein Fenster
Reinheitsanforderungen möglichst in
verbunden seien, benötige man nicht
Welche geldwerten Vorteile ein abge-
abgetrennten Bereichen auszuführen.
einmal fünf Pascal. Dazu reichten sogar
senkter Betrieb nach VDI 2083, 4.2 brin-
Der Grund: Werden die kritischen Pro-
ein oder 0,5 Pascal.
gen kann, erläutert Dr. Lothar Gail am
zesse von der äußeren Umgebung ab-
Fallbeispiel eines Unternehmens mit
getrennt, können die Flächen mit sehr
Labor, Galenik, Klinikmusterherstel-
hohen Luftreinheitsanforderungen so-
lung und Tierhaltung. Die Verantwort-
wie die Zahl der Luftwechsel reduziert
lichen standen vor der Frage, ob sich
werden. Dies bietet neben der Energie-
die Absenkung des Befeuchtungsbe-
einsparung noch einen weiterer Vorteil:
triebs rentieren würde. Hierzu wur-
»Je kleiner eine Prozessfläche ist, desto
den zwei Varianten vorgeschlagen:
besser wird die Qualität des Produktes,
eine geringe Anlagenänderung mit
weil sich Kontaminationen, insbesondere durch das Personal, leichter vermeiden lassen«, sagt Dr. Lothar Gail.
durchaus deutlichen Einsparungen Dr. Lothar Gail gilt als renommierter Experte für Reinraum- und Steriltechnik, Pharmazeutische Technologie, Partikelmesstechnik und Reinstmedienversorgung. Foto: René Dreyer
Kostensenkungspotenzial steckt des
sowie eine größere Anlagenänderung für die maximal mögliche Einsparung. Die erste Variante umfasste die Nachtabsenkung der Befeuchtung für La-
Weiteren im Thema Druckdifferenz.
Die VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Ener-
bor, Galenik und Klinikmusterherstel-
In der ISO-Norm 14644-4 (Planung, Aus-
gieeffizienz), hält noch eine weitere
lung von 43 auf 35 Prozent sowie für
führung und Erst-Inbetriebnahme von
Einsparmöglichkeit bereit, nämlich
die Tierhaltung von 48 auf 35 Prozent.
Reinräumen und zugehörigen Berei-
den reduzierten Betrieb oder Absenk-
Die Kosteneinsparung betrug hierbei
chen) sind Druckunterschiede zwischen
betrieb für produktionsfreie Betrieb-
35 Prozent. Die zweite Variante um-
den angrenzenden Reinraumbereichen
sphasen. Der Absenkbetrieb kann, so
fasste eine generelle Absenkung der
von fünf bis 20 Pascal genannt. Da sich
die Richtlinie, »in der produktionsfrei-
Befeuchtung für Labor, Galenik, Kli-
die einzelnen Bereiche nicht hermetisch
en Zeit zu erheblichen Energieeinspa-
nikmusterherstellung und Tierhal-
voneinander trennen lassen, muss die
rungen bei Lüftungsanlagen und Pro-
tung auf 35 Prozent. Hier belief sich
Druckkaskade permanent aufrechter-
zessmaschinen führen.« Allerdings
die errechnete Kosteneinsparung so-
halten werden. Das ist kostenintensiv.
muss auch im reduzierten Betrieb die
gar auf 55 Prozent.
Dr. Lothar Gail hat hierzu einen wichti-
Einhaltung festgelegter Grenzwerte
gen Hinweis: »Die Druckdifferenz-Spe-
sichergestellt werden. Wichtig ist zu-
Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll,
zifikation bezieht sich nur auf Produkti-
dem, erst dann in den Absenkbetrieb
dass das Befolgen von Normen, Re-
onsräume, nicht auf Schleusenbereiche
zu gehen, wenn das Personal den Rein-
geln, Richtlinien und Leitfäden mehr
- hier lässt sich Energie sparen.« Der
raum verlassen hat sowie nach Rei-
als eine lästige Pflicht ist und bei rich-
Reinraum-Experte rät zudem, Druck-
nigungsarbeiten eine Nachlaufzeit
tiger Umsetzung für einen kostenop-
differenzen von vornherein als Kosten-
einzuplanen. Außerdem sollte die Um-
timierten Reinraumbetrieb sorgt.
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SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015
52
Foto: Francis Rembarz
2/2015
Jetzt bewerben für den Cleanroom Award 2015
Auf der Cleanzone wird die Reinraum-Innovation des Jahres gekürt.
Die ReinraumAkademie ruft wieder die Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Reinraumbranche zur Teilnahme am Cleanroom Award 2015 auf. Die fünf besten Innovationen werden auf der Cleanzone präsentiert, die am 27. und 28. Oktober 2015 in Frankfurt am Main stattfindet. Dem Sieger, den das Messepublikum kürt, winken 3.000 Euro Preisgeld.
Haben Sie schon einmal – nur zum
sende Fahrzeuge baut. Der Sensor-
dukte ohne Reinraumtechnik nicht
hersteller aber, dem eigentlich der
in der gewünschten Qualität her-
Ruhm gebührt, bleibt unbekannt.
stellbar sind und auch die Funktionalität vieler Produkte ausschließ-
Für eine bessere BranchenWahrnehmung
lich unter Reinraumbedingungen gewährleistet werden kann, werden die Unternehmen aus der Reinraumtechnologie öffentlich kaum wahrgenommen.
Den Unternehmen aus der Reinraumbranche geht es in aller Regel
Um das zu ändern, hat die Reinrau-
genauso. Obwohl viele Alltagspro-
mAkademie den Cleanroom Award
So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015
Testen – mit Ihrem Auto eine rich-
Was kann eingereicht werden? Gesucht sind Ideen und Innovationen
tig scharfe Vollbremsung gemacht?
zum Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Sie sollten den Un-
Einfach nur, um ein Gefühl dafür zu
ternehmen der Reinraumbranche einen Technologievorsprung, ei-
bekommen, wie Ihr Wagen reagiert?
nen Effizienzgewinn oder Wettbewerbsvorteil bringen. Dabei spielt
Wahrscheinlich nicht. Und damit
es keine Rolle, ob die Konzepte schon umgesetzt wurden oder erst als
sind Sie nicht allein. Viele Men-
Skizze existieren. Eingereicht werden können alle interessanten Ide-
schen haben noch nie ausprobiert,
en, ob als Scribble auf Papier oder als fertiges Produkt.
wie schnell ihr Wagen zum Stehen kommt, wenn sie mit aller Kraft auf
Bis wann kann man teilnehmen? Der Einreichungsschluss für die
die Bremse treten. Viele trauen sich
Bewerbungsunterlagen ist der 31. August 2015. Teilnehmen können
das auch gar nicht oder es fehlt ih-
sowohl Unternehmen, als auch Institutionen, wissenschaftliche Ein-
nen an Kraft oder Entschlossenheit.
richtungen und Einzelpersonen.
Darum haben findige Autozulieferer kleine Sensoren entwickelt, die
Wohin werden die Unterlagen geschickt? Bewerbungen für den Cle-
beim Tritt aufs Bremspedal erken-
anroom Award 2015 senden Sie bitte an folgende Adresse:
nen, ob der Fahrer eine Vollbremsung machen will oder genauer ge-
ReinraumAkademie GmbH
sagt: muss. Der Sensor gibt dann
Kennwort »Cleanroom Award«
blitzschnell die fehlende Bremskraft
Rosa-Luxemburg-Str. 12-14
hinzu und rettet damit womöglich
04103 Leipzig
das Leben des Fahrers. Das Unge-
Tel.: +49 341 98989 302
rechte daran ist: Der Fahrer hält sei-
E-Mail: info@reinraum-akademie.de
ne Rettung für einen Verdienst des
Internet: www.reinraum-akademie.de
Autoherstellers, der so toll brem-
2/2015
53
54 Die bisherigen Gewinner des Cleanroom Awards (v.l.n.r.): das niederländische Unternehmen Technology of Sense (Apmon, 2012), die portugiesische Laborial S.A. (Blautouch, 2013), die deutsche Initial Textil Service GmbH & Co.KG (CleanVision-Reinraumanzug, 2014). Fotos auf dieser Seite: René Dreyer und Stefan Noack, Cleanroom Media; Sandra Gätke, Messe Frankfurt
SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015
Exhibition GmbH
ins Leben gerufen. Die Auszeich-
che in den Blick der Öffentlichkeit.
reichungen die fünf besten Ide-
nung rückt seit 2012 die besten In-
Hierzu werden jedes Jahr aus ei-
en von einer Jury ausgewählt und
novationen aus der Reinraumbran-
ner Vielzahl internationaler Ein-
auf der Cleanzone in Frankfurt
Das sind die bisherigen Gewinner des Cleanroom Awards APMON: Cleanroom Award 2012 | Das niederländische Unternehmen Technology of Sense gewann 2012 mit dem Projekt APMON den ersten Cleanroom Award überhaupt. APMON steht für Advanced Particle Deposition Monitor und bezeichnet ein Messgerät, das
BLAUTOUCH: Cleanroom Award 2013 | Für das Projekt Blautouch wurde das portugiesische Unternehmen Laborial S.A. mit dem Cleanroom Award 2013 ausgezeichnet. Blautouch ist ein Labortisch mit einer interaktiven Oberf läche, die gemäß GMP-Richtlinie für Reinräume entwickelt wurde. Das interaktive Touchsystem ist unter einer Glasf läche eingebaut und
CLEANVISION-REINRAUMANZUG: Cleanroom Award 2014 | Die Cleanzone-Besucher kürten den neuartigen CleanVision-Rein-
vor allem diejenigen Partikel im
raumanzug der deutschen Initi-
Raum überwacht, die auf das Pro-
al Textil Service GmbH zum Cle-
dukt fallen könnten. Ein Computer
anroom Award-Gewinner 2014.
wertet die vom APMON-Gerät ge-
Der einteilige Anzug mit integrier-
sendeten Daten aus, zeigt perma-
ter Haube und integriertem, aus-
nent die aktuelle Kontamination
tauschbarem Visier ist dank sei-
der Produktoberfläche an und löst beim Überschreiten eines Grenzwertes Alarm aus. Auf diese Weise lässt sich die Zahl schadhafter Produkte stark reduzieren.
ermöglicht die Bedienung eines Computers, der nicht mehr im Reinraum, sondern außerhalb untergebracht ist. Damit entfallen Kontaminationsquellen am Arbeitsplatz. Die glatte Glasoberf läche ist zudem leicht zu reinigen und zu desinf izieren. Blautouch ist eine Lösung für aseptische Einrichtungen.
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ner »Bauweise« nahezu komplett geschlossen. Das prädestiniert ihn für den Einsatz im Sterilbereich. Der Reißverschluss an den Innenseiten der Beine statt vor der Brust erlaubt es, den Overall komplett auf links zu ziehen, was die Gefahr der Außenseiten-Kontamination beim Anziehen reduziert. Durch das integrierte Visier wird das Tragen von Sichtbrillen überflüssig.
55
am Main im Oktober medien- und
die Reinraumbranche sein wird, da-
Fachkreisen viel berichtet«, sagt Ger-
publikumswirksam vorgestellt. In
rüber entscheiden die Messebesu-
brands. »Das war jede Menge kosten-
diesem Jahr findet »Cleanzone –
cher per Stimmzettel. Die Siegereh-
lose Werbung für uns.« Im Ergebnis
Internationale Fachmesse und
rung erfolgt am zweiten Messetag
habe er zahlreiche Kundenanfra-
Kongress für Reinraumtechnolo-
und beschert dem Gewinner ne-
gen für sein neues Produkt erhalten.
gie«, so der korrekte Messename,
ben 3.000 Euro Preisgeld von der
Bewerben für den Cleanroom
vom 27. bis 28. Oktober statt.
ReinraumAkademie auch ein gro-
Award können sich Unternehmen,
ßes Medienecho. Jan Gerbrands, Ge-
wissenschaftliche Einrichtungen
schäftsführer der niederländischen
oder auch Einzelpersonen. Gesucht
Technology of Sense B.V., hat 2012 den
sind Innovationen, Konzepte und
allerersten Cleanroom Award ge-
Verbesserungsideen zum Thema
wonnen. Dieser brachte seinem Un-
Nachhaltigkeit und Energieeffizi-
Welche der fünf nominierten Ide-
ternehmen einen großen Bekannt-
enz. Teilnahmeschluss ist der 31. Au-
en die beste und wegweisendste für
heitsschub. Ȇber uns wurde in
gust 2015 (siehe Kasten).
Cleanroom Award steigert Bekanntheit
Die Nominierten der Vorjahre Auf der Cleanzone werden jedes Jahr fünf Kandidaten für den Cleanroom Award vorgestellt, die zuvor von einer Jur y aus der Vielzahl der Be werber ausge wählt wurden.
System zum Kalibrieren
der Energieeffizienz
von Partikelzählern |
und Minimierung des
TU Graz: Universitätslehrgang
CO2-Ausstoßes durch
Reinraumtechnik |
Reinraumklimatisierung mittels
AAF-Lufttechnik GmbH: Eine
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung
neue Filtertechnik-Generation | Colandis GmbH: ein Projekt, Kunst in den Reinraum zu bringen
Weitere Finalisten 2014: Schiller Automatisierungstechnik: Deckenfördersystem für die
Unter diesen fünf Finalisten wählen die Messebesucher schließlich
Weitere Finalisten 2013:
Fabrikautomatisierung |
die Innovation des Jahres. Die Sieger
Berner International GmbH:
Topas GmbH: neuarti-
der Vorjahre finden Sie im Kasten
Die neue Generation von
ger Nebelgenerator zur
»Das sind die bisherigen Gewinner
Sicherheitswerkbänken |
Strömungsvisualisierung |
des Cleanroom Award«. Und hier
Albany Door Systems GmbH:
W.O.M. World of Medicine GmbH:
sind alle weiteren Nominierten, die
Rapid Roll® Clean – Das ers-
eine Reinraumfabrik mit ver-
es bis in die Endrunden der Vorjahre
te zertifizierte Reinraum-Tor |
schiedenen Produktionsbereichen
schafften:
CO2Nexus Inc.: Tersus™ Liquid
unter einem Dach |
CO2 Cleanroom Laundry Solution |
AAF International: terili-
Weitere Finalisten 2012:
Curasan AG: Innovatives
sationsstrecke mit Heißluft
Palas GmbH: Referenz Aerosol
Reinraumkonzept: Maximierung
für die Pharmaindustrie.
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»Juryarbeit verändert den Blickwinkel«
SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015
Egon Buchta berichtet über die Arbeit der Cleanroom-Award-Jury.
Cleanroom Magazin: Herr Buchta,
Nachhaltigkeit und Effizienz. Hier-
an der Juryarbeit: die verschiede-
als Mitglied der Cleanroom Award
zu müssen die Bewerbungen aussa-
nen Sichtweisen und Meinungen zu
Jury wählen Sie mit ihren Kollegen
gefähig sein. Nur dann können sich
den gleichen Projekten. Dadurch be-
aus allen Projekteinreichungen fünf
die Juroren ein umfassendes Bild
kommt man oft selbst einen ande-
Kandidaten aus, die dann ihr Pro-
von den Projekten machen und ein
ren Blickwinkel.
jekt auf der Cleanzone präsentieren
fundiertes Votum abgeben. Cleanroom Magazin: Wer war denn
dürfen. Wie geht diese Vorauswahl Cleanroom Magazin: Bei rund 30 Be-
vonstatten?
bei der Vorauswahl 2014 Ihr Favorit?
werbungen hat sicherlich jeder JuBuchta: Das ist fast wie bei der Papst-
ror andere Favoriten. Wie kommt
Buchta: Ich habe den CleanVisi-
wahl. Die Jury trifft sich im abge-
man da auf einen gemeinsamen
on-Reinraumanzug ganz weit vorn
schlossenen Kämmerchen und dis-
Nenner?
gesehen. Und tatsächlich hat ihn das
kutiert die eingereichten Projekte.
Messepublikum dann zur Innovati-
Dann wird so lange abgestimmt, bis
Buchta: Wir müssen nach Mehrhei-
on des Jahres 2014 gewählt. Da ja die
die fünf Finalisten gefunden sind.
ten suchen. Decken sich ein oder
Besucher der Messe den Sieger wäh-
zwei Favoriten bei mehreren Juro-
len, bleibt es auch für uns Jurymit-
Cleanroom Magazin: Nach welchen
ren, dann hat man schnell die ersten
glieder bis zum Schluss spannend.
Kriterien werden die Award-Kandi-
Finalisten. Bei den weiteren Kandi-
daten ausgewählt?
daten muss man noch mal in den
Cleanroom Magazin: Herr Buchta,
Kriterienkatalog schauen und die
wir sind gespannt auf die Clean-
Buchta: Gesucht sind wegweisen-
Argumente der anderen Juroren
room-Award-Kandidaten 2015. Vie-
de Ideen hinsichtlich Innovation,
abwägen. Das ist ja das spannende
len Dank für das Gespräch.
Zur Person Egon Buchta ist Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH im südwestdeutschen Wannweil bei Stuttgart. Das Unternehmen ist auf Qualifizierung und Wartung von Reinräumen und reinraumtechnischen Geräten sowie Reinraumanlagen spezialisiert. Egon Buchta ist ständiger Referent bei der IHK mittlerer Niederrhein zu den Themen Reinraumservicetechniker, Sicherheitswerkbänke und Wissensvermittlung. Zudem bekleidet er die Aufgabe des Obmanns im Arbeitskreis Zytostatikawerkbänke DIN 12980 des Normenausschusses Laborgeräte und Laboreinrichtungen des Deutschen Instituts für Normung. Egon Buchta, Foto Rene Dreyer
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FACHSEMINARE 28.-29.09.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Wangen an der Aare (CH) 11.-12.11.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Leipzig (D)
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Nächste Ausgabe | Juli 2015
Frankfurt
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An industrial sector gets new impulses
1/2013
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Düsseldorf
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Norbert Otto Vordenken und Nachdenken Thinking Ahead and Reflecting
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Genuss, Kunst und Kultur Indulgence, art and culture
Tirol – Hightech im Bergparadies
Gut gekleidet im Reinraum www.cleanroom-media.com
Paris
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Architektur
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Ausgabe 2/2012 2/2014
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