Cleanroom Magazin 02-2015

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Save the Date! Vision. Innovation. Expertise. 27. + 28. 10. 2015 Frankfurt am Main

Internationale Fachmesse und Kongress für Reinraumtechnologie. Innovativ & interdisziplinnär – Reinraumlösungen für alle Branchen. Mehr Informationen und Impressionen unter www.cleanzone.messefrankfurt.com


Liebe Leserinnen und Leser!

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den Händen. Drei Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe war es an der Zeit, das Magazin inhaltlich und optisch auf das nächste Level zu heben. Ziel war ein reineres Erscheinungsbild für eine reine Branche. Dabei strebten wir von Anfang mehr als kosmetische Veränderungen an. Das Magazin sollte nicht nur optisch ansprechender werden, sondern auch zielgruppenorientierter, nutzwertiger, strukturierter und spannender. Unser Relaunch ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse. Genauer gesagt: von drei Analysen. Wir hatten Medienwissenschaftler damit beauftragt, eine Markt-, eine Wettbewerbs- und eine Zielgruppenanalyse für uns zu erstellen. Ein zeitaufwendiger Prozess, dem sich die Medienberatungs-und Marktforschungsagentur comstrat widmete. Deren Inhaber, Prof. Dr. Jasper A. Friedrich (HMKW Berlin) und Medienwirtschaftler und Redakteur Christoph Heinemann, präsentierten uns die Ergebnisse in drei langen Konferenzen. Ihre Vorschläge führten mitFrank Duvernell »Eine Frage unserer Zielgruppenanalyse lautete: Welche Themen sind für Sie, liebe Leser, interessant und spannend?

unter zu kontroversen Diskussionen. Doch im Schmelztiegel der Fakten, Meinungen, Bauchgefühle und Argumente kristallisierte sich schließlich unsere neue Magazinstruktur heraus.

Die Antwort überraschte nicht: Deutlich wur-

5%

de Ihr Wunsch nach einem möglichst neutra-

abstrakt

len und modernen Informationsmedium mit Fachexpertise. Weitere Befragungsergebnisse finden Sie in den Infografiken rechts.«

1. Wie wünschen Sie sich das

nur Text

technisch

22%

Aussagen der Befragten:

22%

19% 54%

46%

modern

32%

lifestyle

1.

Reportagen

Artikel

Design dieses Magazins? 2. Welcher Zeitschriftenstil wäre passend?

2.

Das Wichtigste in Kürze: Wir haben den deutsch- und englisch-sprachigen Teil voneinander getrennt und revers gegeneinander geheftet. Wahrscheinlich ist es Ihnen sofort anhand der doppelten Titelseite aufgefallen. Durch diese Trennung können wir vom bisherigen zweispaltigen Layout (links deutsch, rechts englisch) auf ein dreispaltiges Layout wechseln, was uns ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Inhaltlich gliedert sich das neue Magazin nun in einen journalistischen, einen technischen und einen Service-Teil. Damit ist der große Frühjahrsputz in unserem Magazin vollbracht. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Frank Duvernell Herausgeber

2/2015

EDITORIAL

Heute halten Sie unser völlig neu gestaltetes »Cleanroom Magazin« in


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INHALT 02/2015 08 08

08

Titelthema: Schöne Natur – gefährliche Kontamination Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor Kontaminationsgefahren aus der Natur zu schützen.

LIFE & BUSINESS INHALT

Neues aus der Welt der Reinträume

06

Marktgeschehen in Kürze

Ebola-Impfstoff noch in diesem Jahr? • Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand • Europas Mikrotechnikbranche investiert wieder • Pharmaindustrie pusht Schweizer Exportbilanz • Neues Forschungszentrum in Villach • Rekordjahr für Braun Melsungen AG • SEMICON Europe bringt Gründer und Investoren zusammen

.................................................. 16 16

Krankenhauskeime: Was tun gegen sie? In Europa inf izieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern. Durch die konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien ließe sich ein Großteil der Infektionen und Todesfälle verhindern.

.................................................. 22

NanoBioMedizin: Mit dem U-Boot zur Krebszelle

Nanosysteme können medizinische Wirkstoffe im Körper direkt an den Krankheitsherd heranführen und dort gezielt freisetzen. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen.

16

.................................................. 28 Einblicke: Unterwegs mit… Philippe Trösch, Sales Engineer der Novasina AG

.................................................. 30 30

OLEDs:

Organische lichtemittierende Dioden könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren. Ihre besonderen Eigenschaften eröffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produkte.

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36

Im Porträt: Armando Rastelli, Linz

30

Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik in Linz. Dessen Reinräume nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Forschung ein.

SCIENCE & TECHNOLOGY

Lösungen für die Welt der Reinräume

40

Technologie in Kürze

Trends in der Dünnschichttechnologie • Menschenähnlicher Labor-Roboter • Ein Computer im Reiskornformat • Baumaterial für Nanosysteme • Nanomedikament schützt Nerven • Neues Reinigungsverfahren für Therapeutika • Reinraumtaugliche Servopresse

50

.................................................. 42 Effizienz im Reinraum: So geht’s Reinräume zu betreiben, verursacht hohe Kosten. Doch oft lassen sich schon mit geringen Veränderungen deutliche Einsparungen erzielen.

.................................................. 46

Nachwuchs: Studierende gründen GMP-Schule

Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arznei, Kosmetik und Lebensmitteln gehören eher selten zum Lehrplan. Darum haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten für sich selbst eine GMP-Schule gegründet.

.................................................. 49

Was machen Sie da,…?

Stefan Grilec, ReinraumProduktionsmonteur

SERVICE

Veranstaltungen, Awards, feste Rubriken

50 50

Recht und Regularien: Normen sind Geldspartipps Normen und Richtlinien für das Betreiben von Reinräumen enthalten nicht nur Pf lichten, sondern auch Hinweise zur Betriebskostensenkung.

................................................

................................................

52

Innovation: Kandidaten für Cleanroom Award 2015 gesucht

55

Noch bis zum 31. August können Ideen zu Innovation, Nachhaltigkeit und Energieeff izienz im Reinraum bei der ReinraumAkademie eingereicht werden

Der Cleanroom Award wird seit 2012 verliehen. Wer seither zu den Finalisten des Cleanroom-Awards zählte.

................................................ 53

Cleanroom Award: Jetzt Projekte einreichen

Beim Cleanroom Award spielt es keine Rolle, ob eine Idee oder ein marktreifes Produkt vorgestellt werden. So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015.

................................................ 54

Die Sieger: Wer bisher den Cleanroom Award gewann

Die Besucher der Fachmesse Cleanzone küren jedes Jahr unter fünf Finalisten die Innovation des Jahres.

Preisverdächtig: Das waren die Nominierten der Vorjahre

................................................ 56 Im Interview: Egon Buchta Wie die Cleanroom-Award-Kandidaten ausgewählt werden, erklärt Jury-Mitglied Egon Buchta, Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH..

................................................ 58

Veranstaltungen

60

Impressum

................................................

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Life&Business

LIFE & BUSINESS | IN KÜRZE

Marktgeschehen in Kürze

Neues Forschungszentrum in Villach

aus dem Jahr 2008 um rund zwei Mil-

ner guten und stabilen wirtschaft-

liarden Franken übertroffen. Vor al-

lichen Verfassung«, sagte der Vor-

lem die chemisch-pharmazeutische

standsvorsitzende Heinz-Walter

Exzellenzcluster | Mit ASSIC, dem

Industrie hat ihre Exporte gesteigert.

Große bei der Bilanzpräsentation

Austrian Smart Systems Integrati-

Die Ausfuhren dieser Branche stie-

am 27. März im hessischen Melsun-

on Research Center, wurde kürzlich

gen um fünf Prozent auf 85,3 Milliar-

gen. Das 1839 in einer Apotheke ge-

im österreichischen Villach ein neu-

den Franken, wie die Eidgenössische

gründete Unternehmen ist heute in

es Exzellenzcluster bewilligt. Damit

Zollverwaltung mitteilte. Damit trug

61 Ländern präsent und hat 50.000

wird der Standort Villach als eine der

die chemisch-pharmazeutische In-

Mitarbeiter.

führenden europäischen Regionen

dustrie 60 Prozent zum letztjährigen

im Forschungsbereich Mikroelekt-

Exportplus bei. Ihr Anteil am Gesam-

ronik und Systemintegration weiter

texport stieg auf 41 Prozent.

ausgebaut. ASSIC erhielt von einer internationalen Expertenjury den COMET-Status für bis zu acht Jahre

Neuer Rekord bei Braun Melsungen

Ebola-Impfstoff noch in diesem Jahr? Forschungserfolg | Wissenschaftler des Instituts für Tropenmedizin im südwestdeutschen Tübingen haben

zuerkannt. Das COMET-Programm (Competence Centers for Excellent

Erlössprung | Die B. Braun Melsu-

einen Erfolg versprechenden Ebo-

Technologies) fördert die Kooperati-

ngen AG hat ihr 175-jähriges Jubi-

la-Impftest durchgeführt. An der

on von Wissenschaft und Wirtschaft

läumsjahr mit einem Umsatz- und

internationalen Studie nahmen 138

sowie den Aufbau gemeinsamer For-

Ergebnisrekord abgeschlossen. Der

Freiwillige in Gabun, Kenia, Deutsch-

schungskompetenzen und deren

deutsche Medizintechnikhersteller

land und der Schweiz teil. Verwendet

Verwertung. Dank dieser Förderung

wurde dabei der bereits zehn Jah-

werden in den nächsten Jahren zahl-

re alte, aber noch nicht lizenzierte

reiche intelligente Bauteile und Sys-

Wirkstoff rVSV-ZEBOV-GP aus Ka-

teme in das Leben vieler Menschen

nada. Wie der Test zeigte, wurde der

Einzug halten, die die Handschrift

Wirkstoff von den Probanden gut

des neuen Exzellenzzentrums tra-

vertragen, zudem bildeten sie Anti-

gen, sei es in Automobilen, Mobil-

körper gegen Ebola aus. Die Forscher

telefonen, in der Medizintechnik, der Unterhaltungselektronik oder in Haushaltsgeräten.

Pharmaindustrie pusht Schweizer Exporte

Produktion von Infusionsgeräten: Rückführung von Anguss zur Abfallvermeidung.

hoffen, dass der Impfstoff noch im Laufe dieses Jahres zugelassen wird.

Foto: B. Braun Melsungen AG.

steigerte im Geschäftsjahr 2014 seinen Umsatz um fünf Prozent auf 5,43 Millionen Euro (Vorjahr: 5,17

Rekordjahr | Die Schweiz hat im ver-

Millionen Euro). Der Konzernjahres-

gangenen Jahr so viel exportiert wie

überschuss erhöhte sich um 0,3 Pro-

noch nie. Mit Ausfuhren im Gesamt-

zent auf 316,3 Millionen Euro (Vor-

wert von 208,3 Milliarden Franken

jahr: 315,5 Millionen Euro). »Der B.

wurde 2014 der bisherige Rekordwert

Braun-Konzern befindet sich in ei-

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Ein neuer Wirkstoff gegen Ebola könnte bald als Impfstoff zugelassen werden. Foto: Schlierner


Mikrotechnikbranche investiert wieder

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Die wichtigsten Zielmärkte der europäischen Mikrotechnikbranche 2013 und 2015. Grafik: IVAM Research

Beim aktuellen Ebola-Ausbruch in

Chip-Auftragsfertiger noch Werke

tenerhebung des internationalen

Westafrika haben sich laut Weltge-

von Nicht-EU-Konzernen in Europa

IVAM Fachverbandes für Mikro-

sundheitsorganisation bisher 25.000

mitgezählt.

technik haben 2014 knapp ein Drit-

Menschen mit dem lebensgefährlichen Virus infiziert, mehr als 10.000 davon sind gestorben.

Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand

Gründer treffen Investoren

tel der Unternehmen mehr Geld ausgegeben als im Vorjahr. Damit zeigte sich die Branche investitionsfreudiger als in vorausgegan-

SEMICON Europe | Auf der Halblei-

genen Jahren und auch als der

ter-Tagungsmesse »SEMICON Euro-

Durchschnitt der europäischen

pe« vom 6. bis 8. Oktober 2015 im ost-

Wirtschaft. 2015 Jahr wollen die

Studie | US-Unternehmen dominie-

deutschen Dresden erhalten 60 junge

Mikrotechnikunternehmen er-

ren den Halbleiter-Weltmarkt mit

Hightechfirmen die Chance, ihre Ide-

neut mehr Mittel für Technologie-

einem Anteil von 55 Prozent. Euro-

en vor Kapitalgebern zu präsentie-

entwicklung und Unternehmens-

päische Halbleiter-Konzerne haben

ren. Wie der Branchenverband SE-

wachstum in die Hand nehmen.

dagegen lediglich sechs Prozent An-

MI ankündigte, soll auf diese Weise

Knapp 36 Prozent planen, mehr zu

teil am Weltmarkt. Dies ergab eine

mehr Wagniskapital aktiviert wer-

investieren als 2014.

Studie des US-Marktforschungsun-

den, damit innovative Start-ups in den Schlüsseltechnologien Mikro-

Unter den Zielmärkten hat der Me-

und Nanotechnologie, Informations-

dizintechnik- und Gesundheits-

und Kommunikationstechnologie,

markt für die Mikrotechnikbran-

Umwelt- und Energietechnik, Auto-

che die größte Bedeutung. Mehr als

mobilbau, Materialwissenschaften,

die Hälfte der europäischen Unter-

Maschinen- und Anlagenbau sowie

nehmen beliefert diesen Mark. Für

Medizintechnik und Life Sciences zu

knapp ein Viertel ist es der wich-

erfolgreichen Unternehmen heran-

tigste Zielmarkt. Daneben ist die

US-Konzernen dominiert. Foto: popov48

wachsen können. Start-ups aus ganz

Automobilindustrie für die Mik-

Europa können sich bis zum 31. Mai

rotechnikbranche in den vergan-

ternehmens IC Insights. Laut dieser

2015 um einen Auftritt auf Europas

genen zwei Jahren wieder wichti-

Analyse ist Europas Weltmarktan-

größter Chipmesse bewerben.

ger geworden. Automobiltechnik

Die weltweite Halbleiterfertigung wird von

teil noch geringer als von der EU angegeben. Die EU-Kommission hatte 2013 das Ziel ausgegeben, den euro-

Mikrotechnikbranche investiert wieder mehr

päischen Weltmarktanteil durch

ist derzeit für elf Prozent der Unternehmen der Hauptzielmarkt. 2013 waren es nur knapp vier Prozent der Unternehmen.

Förderprogramme von zehn auf 20

Optimismus | Die europäische Mi-

Prozent zu verdoppeln. IC Insights

krotechnikbranche hat zuletzt wie-

hatte in der Studie allerdings weder

der mehr investiert. Laut einer Da-

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Nießendes Mädchen vor einem blühenden Baum. Foto: fotolia, Tatyana Gladskih

LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE

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Schöne Natur – gefährliche Kontamination

Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum. 2/2015


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Schöne Natur – gefährliche Kontamination

LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE

Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum. Im Frühjahr verunreinigen Pollen und Düngemittelstäube die Luft. Zugleich explodiert das Keimwachstum durch steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor den erhöhten Kontaminationsgefahren aus der Natur zu schützen.

hohen Filterfläche und dem daraus resultierenden niedrigen Druckverlust bei höchster Effizienz. Die dritte Stufe bilden HEPA-Filter, die je nach benötigter Reinraumklasse alle übrigen partikulären Verunreinigun-

Der Winter ist vorbei, die Tage wer-

ten, sorgfältig arbeiten und regel-

den länger, die Temperaturen stei-

mäßige Wartungen durchführen,

gen. Endlich! Und mit dem begin-

damit die Anlagen sauber bleiben«,

»Setzt man die in der Luft transpor-

nenden Frühjahr regen sich in uns

betont Spehl. Er kennt den Fall eines

tierten Partikel in Größenrelatio-

Menschen nun neue Lebensgeister.

Labors in Waldnähe, dessen Betrei-

nen zueinander, dann haben wir es

Aber auch die Natur blüht auf. Und

ber mit seinen neuen Filtern wäh-

im übertragenen Sinne mit einem

das bedeutet: Gräser, Kräuter, Blu-

rend der Nadelbaumblüte eine böse

Mix aus Hüpfbällen, Wassermelo-

men und Bäume schütten wieder

Überraschung erlebte. »Was sich da

nen, Äpfeln, Blaubeeren und Mohn-

Myriaden von Pollen in die milde

auf die Filter legte, war richtig kleb-

körnern zu tun«, sagt Filterexper-

Frühlingsluft. Zudem beginnen die

riger Staub. Weil die Pollen milchig

te Frank Spehl. »Die Hüpfbälle und

Landwirte mit der Feldarbeit und

weiß waren, konnte man sie auf den

Wassermelonen bleiben schon in

belasten die Luft zusätzlich mit

noch sauberen Filtern nicht erken-

der ersten Filterstufe hängen. Die

Düngemittelstäuben, Gülleparti-

nen. Das Ergebnis: Die Filter waren

Äpfel entsprechen in diesem Ver-

keln und Herbizid-Aerosolen. »Al-

zu, wie mit Sprühkleber behandelt,

gleich den Pollen, sie werden eben-

les, was man jetzt riechen kann, sind

man konnte es auf den ersten Blick

so wie die Blaubeeren in der zweiten

Molekülketten, die auch Risiken

nicht feststellen. Der Reinraum

Filterstufe abgeschieden. Die dritte

für den Reinraum bergen können«,

blieb jedoch unbehelligt«, berichtet

Stufe, die Hepa-Filter, passieren ma-

sagt Frank Spehl, Vertriebsleiter

der AAF-Filterexperte.

ximal ein paar Mohnkügelchen –

Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Das Unternehmen

gen weitestgehend abscheiden.

abhängig von der Filterklasse.«

spezialisiert auf Luftfiltersysteme.

Dreistufiges Filterkonzept

Grundsätzlich, so beruhigt Frank

Um Pollen sicher aus dem Rein-

Spehl, sei die Luft- und Filtertechnik

raum fernzuhalten, empfiehlt sich

Da die Pollen bei korrektem An-

heutzutage so gut, dass weder Pol-

ein dreistufiges Filterkonzept. Für

lagenbau gar nicht bis zu den He-

len noch sonstige Partikel im Rein-

die Vorstufe sind hochwertige Ta-

pa-Filtern, geschweige denn in den

raum ankämen. Die erste und zwei-

schenfilter auf synthetischer Basis

Reinraum, vordringen können,

te Filterstufe scheide normalerweise

erste Wahl. Diese haben eine hohe

gibt es auch keine Unterschiede zu

sämtliche Pollen und feinste Par-

Staubspeicherfähigkeit und kön-

beachten zwischen dem Betreiben

tikel aus der Luft ab. »Sie müssen

nen auch mal Feuchtigkeit vertra-

eines ISO- und eines GMP-Rein-

allerdings im Vorfeld des Reinrau-

gen. Für die zweite Stufe sind Kom-

raums. Die ISO-Norm (Internati-

mes den Stand der Technik beach-

paktfilter prädestiniert, wegen ihrer

onal Organization for Standardiz-

im westdeutschen Oberhausen ist

2/2015

Zeitpunkt des Filterwechsels


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Eine Birke schüttet ihre Pollen aus. Foto: fotolia, Ingo Bartussek

ation) legt die maximal zulässige

die Abscheidemedien zu wech-

peraturen richtig wohl. In der Fol-

Partikelkonzentration in einem

seln. Die nächste Wartung sollte

ge vermehren sie sich erheblich

Reinraum fest und ist zum Bei-

dann im November erfolgen, um

schneller als im Winter.

spiel in der Halbleiterindustrie

die Reinraumanlage mit frischen

relevant. GMP-Richtlinien (Good

Filtern über den Winter und die

In der Luft finden die Mikroorganis-

Manufacturing Practice) dienen

im Frühjahr folgende Pollenzeit

men aufgrund fehlender Nährstoffe

der Qualitätssicherung in Rein-

zu bringen.

meist keine günstigen Lebensbedin-

räumen, in denen es neben Parti-

gungen und sterben rasch ab. Doch

kelfreiheit auch um Keimfreiheit

mit zunehmender Luftfeuchtigkeit

geht, zum Beispiel in der Produktion von Arzneimitteln, Lebens-

Beschleunigtes Keimwachstum

mitteln oder Kosmetika.

steigen ihre Überlebenschancen deutlich an (Abb. 1, S. 14: »Überleben von Keimen in Abhängigkeit von

Weitere jahreszeitliche Herausfor-

der relativen Luftfeuchte«). Tatsäch-

Was den Filterwechsel angeht, hat

derungen für den Reinraum sind im

lich tritt auch in unseren Breiten bei

es keinen Sinn, unmittelbar vor

Frühjahr und Sommer die steigen-

sommerlichen Temperaturen eine

Beginn der Pollensaison einen

den Temperaturen und die damit

hohe Luftfeuchtigkeit auf (Abb. 2,

Austausch vorzunehmen. Besser

einhergehende höhere Luftfeuch-

S. 15: »Wassergehalt der Luft«). Da

ist es, mit den vorhandenen Fil-

tigkeit. Beides treibt das Keimwachs-

die Luft mit steigender Temperatur

tern noch die Hauptzeit des Pol-

tum an. Denn so wie die meisten

lenflugs zu absolvieren und erst

Menschen fühlen sich auch die

Rät zum Filteraustausch erst nach der

danach, etwa im Frühsommer,

meisten Keime bei warmen Tem-

Pollensaison: Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Foto: René Dreyer, Cleanroom Media

»Alles, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können.« Frank Spehl, AAF-Lufttechnik GmbH

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LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE

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Pollenflugkalender: Etwa von April bis Juli ist Hochsaison für Pollen. Quelle: DAK / Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst

immer mehr Wasser aufnehmen kann, erhöht sich auch die Lebens-

Reinraum oder Keimraum?

dauer der luftgetragenen Keime. Zu-

kühlt, dann kondensiert das Wasser und schlägt sich an kühleren Flächen oder Baugruppen nieder. Jeder

sätzlich ist für sie der hohe Anteil

Besonders anfällig für die Ansied-

kennt diesen Effekt aus dem heimi-

an Partikeln in der Sommerluft von

lung von Keimen sind im Frühjahr

schen Badezimmer, wenn beim Du-

Vorteil. Denn Pollen und Staub wir-

und Sommer die raumlufttechni-

schen der Spiegel beschlägt. Trifft

ken wie Keim-Shuttles und führen

schen Anlagen. Hierbei handelt

das kondensierte Wasser im Rein-

zu einer schnellen Verteilung der

es sich um Einrichtungen, die den

raum auf geringfügige Verschmut-

Mikroorganismen. Erst ein reini-

Zustand der Raumluft bezüglich

zungen, bildet sich ein Mikromilieu,

gendes Gewitter dekontaminiert die

Temperatur, Feuchte und Luftqua-

das Keimen ideale Vermehrungsbe-

Luft und spült die Keime mit dem

lität in einer gewünschten Form

dingungen bietet.

Regen zu Boden.

beeinflussen. Sie bewirken den

Warnt vor ungenügender Luftentfeuch-

Luftaustauch und versorgen die

»Die Kühlung und Entfeuchtung

Reinräume mit aufbereiteter Luft

der Luft ist eine sehr diffizile Auf-

und gekühlter Luft.

gabe, insbesondere bei Anlagen, deren Temperatur und Feuchtig-

Die Ursache für die Anfälligkeit

keit unabhängig von den Zustän-

raumlufttechnischer Anlagen

den der Außenluft in engen Tole-

Technology GmbH. Foto: Maja Franke,

liegt im sogenannten Taupunkt

ranzen gehalten werden müssen«,

Cleanroom Media

der Luft. Das ist diejenige Tempe-

sagt Andreas Machmüller, Ge-

raturschwelle, unterhalb der sich

schäftsführer der MCRT Micro Cle-

das Wasser aus der Luft abscheidet

anRoom Technology GmbH. Das

(Abb. 3, S. 15: »Taupunkte für rela-

Unternehmen im hessischen Heu-

tive Luftfeuchte«). Bei Luft mit ei-

chelheim ist ein führender Anbie-

ner Temperatur von 25 Grad Celsi-

ter von kundenspezifischen Rein-

us und 80 Prozent relativer Feuchte

raumlösungen. Das Problem von

liegt der Taupunkt zum Beispiel

Außentemperatur und Raumfeuch-

bei 21 Grad Celsius. Wird diese 25

tigkeit betreffe in der Reinraum-

Grad warme Sommerluft nun bei-

technik nahezu alle Bereiche, in

spielsweise auf 20 Grad herunterge-

denen Medikamente und pharma-

tung im Reinraum: Andreas Machmüller, Geschäftsführer der MCRT Micro CleanRoom

2/2015


13 zeutische Produkte oder auch Mik-

führer. Hierfür spreche auch, dass

Wasser durch Unterschreiten des

ro- und Nanostrukturen hergestellt

nach neuesten Erfahrungen bislang

Taupunktes kondensiert. Die Ent-

werden, betont Machmüller. »Au-

kondenswasserfreie Kühlwasser-

feuchtung der warmen Luft kann

ßerdem darf auch der Mensch nicht

leitungen bei Oberflächentempera-

durchaus hohe Betriebskosten ver-

vergessen werden, der beim Schwit-

turen von 18 Grad schwitzten. Die-

ursachen. Wer hier sparen will,

zen eine noch stärkere Kontamina-

ses Wasser verteile sich dann zum

läuft allerdings Gefahr, dass sich

tionsquelle als sonst für den Prozess

einen über die zirkulierende Luft

die Keime gut entwickeln können

und den gesamten Reinraum dar-

im Reinraum, was absolut schäd-

und über die Klimaanlage im ge-

stellt.« Umgekehrt könne in zu tro-

lich sei, oder treffe schlimmstenfalls

samten Reinraum verteilen. Das

ckenen Fertigungsbereichen durch

auf prozessrelevante Stellen, was zu

Thema Luftaufbereitung wird übri-

elektrostatische Aufladung das Pro-

Beschädigungen führen könne. Zu

gens eines der Kongressthemen auf

dukt zerstört werden.

erkennen sei ein solches Problem

der diesjährigen Cleanzone sein.

an nassen Schwebstofffiltern und

Die internationalen Fachmesse für

tropfenden Decken. »Ich empfehle

Reinraumtechnologie findet am 27.

daher, den ‚nassen’ Außenluftküh-

und 28. Oktober 2015 in Frankfurt

ler auf 34 bis 35 Grad Celsius bei 40

am Main statt.

Nasse Filter und tropfende Decken

Prozent relativer Luftfeuchte auszuNach der Erfahrung von Andreas

legen«, sagt Andreas Machmüller.

Machmüller sei die in den Nor-

Strömungstechnische Totpunkte

men vorgegebene Auslegung von

Die Luftentfeuchtung im Rein-

Reinraum-Klimaanlagen mit 32

raum ist im Frühjahr und Som-

Grad Celsius bei 40 Prozent rela-

mer folglich unverzichtbar. Nut-

Eine weitere Kontaminationsquel-

tiver Luftfeuchte nicht mehr aus-

zen lassen sich hierfür entweder

le stellen verwinkelte Kanalsys-

reichend. Das Beispiel der richtig

leistungsstarke Verdichter, die die

teme dar. Denn überall dort, wo

ausgelegten, aber trotzdem ausge-

Luft komprimieren, bis das Was-

strömungstechnische Totpunk-

fallenen Klimaanlagen in ICE-Zü-

ser in Tröpfchenform ausfällt – wie

te entstehen, also an Knicken, Ab-

gen habe das verdeutlicht. »Die

bei einem feuchten Schwamm, der

zweigungen, Kanten, Vorsprüngen

Werte sind nach meiner Einschät-

zusammengedrückt wird. Oder die

oder Unebenheiten, können Parti-

zung dringend nach oben zu korri-

feuchte Sommerluft wird über ein

kel und Keime den Luftstrom ver-

gieren«, sagt der MCRT-Geschäfts-

Kühlregister geleitet, wodurch das

lassen und sich unbemerkt ansie-

Pollen. Foto: fotolia

2/2015


LIFE & BUSINESS | TITELGESCHICHTE

14

Abbildung 1: Überleben von Keimen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte. Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben Keime deutlich länger, hier dargestellt am Beispiel von Staphylokokkus aureus, Escherichia coli und Enterokokkus faecialis. • Halbwertszeit: Zeitraum, in dem die Hälfte der Keime abgestorben ist. • r. F.: Abkürzung für relative Feuchte, d.h. relativer Anteil der maximal möglichen Wasseraufnahme durch die Luft. (Nach: Böhm et al.: Abfall-Wirtschaft, Neues aus Forschung und Praxis; M.I.C. BAEZA-Verlag Witzenhaus, 1998.)

deln. Deshalb ist bereits bei der Planung auf ein möglichst wenig verwinkeltes Kanalsystem zu achten. Zudem ist die Einhaltung der Wartungsintervalle sowie die Reinigung beziehungsweise Sanitisierung des Kanalsystems gerade vor

Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben Keime deutlich länger.

Sommerbeginn wichtig. Überdies empfiehlt sich eine zusätzliche Risikoanalyse für den

Richtiges Einschleusen trainieren

Sommer. Dabei sind insbeson-

wie möglich, um dann je Schleusenstufe entsprechend aufbereitete, saubere Bekleidungsteile aufzu-

dere die strömungstechnischen

Darüber hinaus sind natürlich die

Verhältnisse im Reinraum zu be-

großen Einfallstore für Partikel

achten und Bereiche mit gerin-

und Keime penibel zu kontrollie-

Doch trotz genau beschriebener

ger Luftbewegung zu identifizie-

ren. Hierzu zählen neben Luftaus-

Abläufe lässt sich bei diesen Proze-

ren, da hier ein erhöhtes Risiko

lässen und Filtern vor allem die Per-

deren das Verschleppen von Kon-

für einen mangelhaften Abtrans-

sonal- und Materialschleusen. Das

taminationen nie vollständig ver-

port luftgetragener Keime besteht.

Einschleusen von Mensch und Ma-

hindern, sagt Frank Duvernell,

Weiterhin sind mögliche Konden-

terial sorgt in einem Höchstmaß für

Geschäftsführer der profi-con Gm-

sationsbereiche zu lokalisieren,

die Einbringung und Verschleppung

bH Contamination Control im säch-

da bereits geringfügig kältere Flä-

von Pollen, Keimen und Partikeln

sischen Leipzig. Das Unternehmen

chen zur Abscheidung von Luft-

in den Reinraum. Um diese Verun-

ist seit 1985 in der Reinigung von

feuchtigkeit führen und ideale

reinigungen zu minimieren, gibt es

staubfreien und sterilen Reinräu-

Wachstumsbedingungen für Kei-

definierte Ankleideschritte. Sie se-

men sowie in der Schulung von

me entstehen können.

hen vor, dass eine Person mehrere

Reinraumpersonal tätig. »Die Dis-

Schleusenbereiche betritt und bei

ziplin und Tagesform der Mitarbei-

den niedrigsten Anforderungen so

ter können mitunter zu bedeuten-

viel Kleidung von außerhalb ablegt

den Abweichungen führen«, weiß

2/2015

nehmen und anzuziehen.


15

Abbildung 2: Wassergehalt der Luft.

Abbildung 3: Taupunkte bei relativer Luftfeuchte von 80%.

Je höher die Temperatur ansteigt, desto mehr Wasser kann die Luft

Die Abkühlung von Luft mit 80% relativer Luftfeuchte führt zur Ab-

aufnehmen. Bei 100% relative Feuchte ist die Sättigung erreicht.

scheidung von Wasser am Taupunkt.

der Experte für richtiges Verhalten

reinigt werden. Das kann viel Zeit in

schrieben und trainiert werden. Nur

im Reinraum. »Darum ist es wich-

Anspruch nehmen, wenn es richtig

dann lässt sich eine maximale Re-

tig, die Mitarbeiter durch gezieltes

gemacht werden soll. »Auch hierbei

duzierung der Verunreinigungen

Training für die erhöhten Risiken

spielt die Motivation des Personals

erreichen.

durch Pollen, Partikel und Keime zu

eine große Rolle«, sagt Frank Duver-

sensibilisieren.«

nell. Um den Zeitaufwand und das

Betreiber von Reinräumen, die

Kontaminationsrisiko zu vermei-

sich die Ratschläge der Exper-

Das gilt genauso für das Einbringen

den, rät er dazu, reines Werkzeug im

ten zu Herzen nehmen, können

von Material. Ein Werkzeugkoffer,

Reinraum zu lagern, welches dann

den Herausforderungen der wär-

den ein Handwerker zuvor auf ei-

von entsprechendem Fachpersonal

meren Jahreszeit gelassen entge-

ner Baustelle benutzt hat und nun

gereinigt wird. Ist das Einbringen

gensehen. Denn Pollenflug, Luft-

in den Reinraum mitnehmen will,

bestimmter Werkzeug partout nicht

feuchtigkeit und Keimwachstum

muss zuvor samt Inhalt Quadratmil-

zu umgehen, müssen auch hierfür

werden ihrem Reinraum nichts

limeter für Quadratmillimeter ge-

die Einschleuseprozesse exakt be-

anhaben können.

Reinraum-Expertentage zu »Reinraum und Umweltschutz« Am 09. und 10. Juni 2015 veranstaltet die CleanroomAcademy GmbH im schwei-

Cleanroom Experience Competence Center

zerischen Wangen an der Aare zweitägi-

Vorstadt 4

ge Reinraum-Expertentage zum Thema

CH-3380 Wangen an der Aare

»Reinraum und Umweltschutz«. Das Spektrum der Expertenvorträge reicht von der Energie- und Lärmreduzierung

E-Mail: luisa.guenther@reinraum-akademie.de

über die Trennung und Entsorgung von

Internet: www.cl-ex.com (unter »Expert Days«)

Abfall bis hin zum grünen Reinraum.

2/2015


16 Instrumententisch: Differential-Flow-L端ftungen verhindern, dass Keime aus der Umgebung in die offene Wunde oder auf den Instrumententisch

LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME

gelangen. Foto: WavebreakmediaMicro

2/2015


Was tun gegen Krankenhauskeime?

In Europas Kliniken infizieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern.

Krankenhauskeime töten allein in Deutschland bis zu 40.000 Patienten pro Jahr. Dies meldet die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Da es kein zentrales Meldeverfahren gibt, dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. Eine konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien könnte einen großen Teil der Infektionen und Todesfälle verhindern. Er ist schnell, aggressiv und hat in-

Täglich 80.000 Patienten

zwischen zwölf Menschenleben

An der Studie hatten 1.000 Kliniken aus allen EU-Staaten sowie Norwegen und Island teilgenommen. Nach Auswertung von 231.000 Patientendaten samt Antibiotika-Verschreibungen ergab sich folgendes Bild: Bei 19,4 Prozent aller infizierten Patienten verursachten die Keime eine Lungenentzündung, bei 19 Pro-

auf dem Gewissen. Sein Name: Aci-

Ausbrüche von multiresistenten

zent eine Harnwegsinfektion. In fast

netobacter baumanii. Der Tatort:

Keimen wie an der Kieler Unikli-

20 Prozent der Fälle war die Operati-

das Universitätsklinikum Schles-

nik gibt es regelmäßig in den Kran-

onswunde nach dem chirurgischen

Clostridium difficile zählt in Krankenhäusern

Staphylococcus aureus gilt als einer der häu-

zu den Haupterregern mitunter tödlicher

figsten Verursacher von Krankenhausinfek-

Durchfallerkrankungen. Foto: HZI / Rhode

tionen. Foto: HZI/Rhode

bruch unter Kontrolle zu sein. Doch

kenhäusern rund um die Welt. Al-

Eingriff keimbelastet. Das größte Ri-

dann brach eine zweite Infektions-

lein in Europa infizieren sich jedes

siko, von Keimen befallen zu wer-

welle aus. Niemand weiß, woher der

Jahr 3,2 Millionen Menschen mit

den, besteht laut der Studie auf der

Erreger diesmal kam. Das Tückische

einem Krankenhauskeim. Zu die-

Intensivstation. Im EU-Durchschnitt

an ihm ist: Er verbreitet sich durch

sem erschreckenden Ergebnis kam

ziehen sich hier 19,5 Prozent aller Pa-

die Luft sowie durch Kontaktinfekti-

eine Studie des European Centre

tienten eine Krankenhausinfektion

on. Die Unsichtbarkeit des Keims ist

for Disease Prevention and Cont-

dabei nur ein Problem. Das andere

rol (ECDC) im schwedischen Solna.

ist, dass er gegen mehrere Antibioti-

Demnach müssen in Europas Kli-

kagruppen resistent ist - er lässt sich

niken täglich 80.000 Patienten we-

zunächst nicht mit Medikamenten

gen Infektionen behandelt werden,

ausmerzen.

die sie zuvor noch nicht hatten und

wig-Holstein in Kiel. Seit Dezember 2014 grassiert hier der gefürchtete Krankenhauskeim. Normalerweise lebt er im Wasser und in der Erde. In die Uniklinik gelangte er mit einem Patienten, der am 11. Dezember 2014 aus dem Mittelmeerraum nach Kiel verlegt worden war. Als der Patient starb, hatte Acinetobacter baumanii bereits weitere Patienten infiziert. Anfang Januar 2015 schien der Aus-

sich erst durch ihren Aufenthalt im Krankenhaus oder eine Behandlung zuzogen.

ECDC-Direktor Marc Sprenger plädiert zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen für mehrdimensionale Präventions- und Kontrollprogramme. Foto: ECDC

2/2015

17


LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME

18

Medizinische Instrumente. Foto: werbefoto-burger.ch

tor des ECDC, der Niederländer Marc

aus den Kliniken selbst, sondern

Sprenger, mahnt die Verantwortli-

werden hineingeschleppt«, sagt Ver-

chen: »Ein Gutteil der Kranken-

bandsvizepräsidentin Professor Julia

hausinfektionen könnte durch ein

Seifert. Nach Ansicht des Verbandes

Bündel nachhaltiger und mehrdi-

gibt es für die Zunahme multiresis-

mensionaler Präventions- und Kon-

tenter Keime mehrere Gründe: den

trollprogramme verhindert werden.«

vermehrten Antibiotika-Einsatz in der Tiermast, verunreinigtes Import-

Schärfere Gesetze gefordert

fleisch, die Weitergabe der Erreger durch Bauern, Tierärzte und Touristen sowie laxe Hygiene-Vorschriften und ein ebensolcher Umgang mit

Der Berufsverband der Deutschen

Antibiotika in vielen Ländern.

Chirurgen geht einen Schritt weiter und fordert schärfere Gesetze.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer

Um das Problem in den Griff zu be-

der Deutschen Krankenhausgesell-

kommen, reiche das neue Infekti-

schaft (DKG), will den Hebel in den

stammen, sondern eingeschleppt werden.

onsschutzgesetz nicht aus. Vielmehr

Krankenhäusern ansetzen. »Wie der

Foto: Jenny Sieboldt

müsse schon bei der Entstehung der

Fall Kiel zeigt, kann trotz konsequen-

Keime angesetzt und nicht erst im

ter Einhaltung von Hygienemaßnah-

zu. In den meisten Fällen sind Atem-

Krankenhaus gehandelt werden.

men das Risiko einer Erregerübertra-

wege und Blutbahn betroffen.

»Denn die Erreger stammen selten

gung nicht ausgeschlossen werden.«

Julia Seifert, Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen, beobachtet, dass Erreger selten aus den Krankenhäusern

Der ECDC-Studie zufolge ist das Darmbakterium Escherichia Coli (E.Coli) der häufigste Krankenhausheim. Der Zweithäufigste ist Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Er verursacht in Deutschland zwischen 20 und 40 Prozent aller Krankenhausinfektionen, in Rumänien, Italien und Portugal sind es mehr als 60 Prozent. Der Direk-

2/2015

»Der Kampf gegen resistente Keime erfordert ein konsequentes Vorgehen auf allen Ebenen.« Hermann Gröhe, Gesundheitsminister in Deutschland.


19

Operation: Offene Wunden sind Einfallstore für Keime. Foto: WavebreakMediaMicro

besitzen: den OP«, sagt Gernod Dittel. Mit Reinraumtechnologien lasse sich die benötigte mikrobiologische Luftreinheit herstellen.

Reinraumkonzepte für den OP Hierfür gibt es im Wesentlichen drei Konzepte: die turbulenzarme Verdrängungsströmung, die turbulente Mischlüftung und die SchichtGeorg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, fordert zur Infektionsprophylaxe ein konzertiertes Zusammenwirken aller Beteiligten. Foto: DKG

Gernod Dittel, Vorstandsvorsitzender des

lüftung. Bei allen drei Arten wird

Deutschen Reinrauminstituts, kritisiert, dass

kontinuierlich gereinigte Luft zuge-

viele Operationssäle nicht dem technologischen Stand von heute entsprechen. Foto: Stefan Noack

führt. Der Unterschied: Während die turbulente Mischströmung für eine Verdünnung der Konzentration luft-

Notwendig sei daher ein konzertier-

de des Deutschen Reinrauminstituts

getragener Schwebstoffteilchen sorgt,

tes Zusammenwirken aller Beteilig-

und Geschäftsführer des Ingenieur-

bewirken die turbulenz- arme Ver-

ten. Zwar habe die Infektionspro-

büros Dittel Engineering kritisiert,

drängungsströmung und die Schicht-

phylaxe schon seit Jahren für die

dass das Gros der Operationssäle in

lüftung eine Verdrängung - bei der

Kliniken allerhöchste Priorität und

Deutschland nicht dem technologi-

Verdrängungsströmung von oben,

es konnten viele Verbesserungen er-

schen Stand von heute entspreche.

bei der Schichtlüftung von unten.

reicht werden. »Mehr Infektionsver-

Viele OPs seien um die 30 Jahre alt.

meidung wäre aber möglich, wenn

Der Professor aus dem oberbayeri-

Besonders geeignet für Operations-

alle konsequent dazu beitragen wür-

schen Kochel am See ist überzeugt,

säle ist die turbulenzarme Verdrän-

den«, sagt Baum. Dazu seien auch In-

dass sich die Zahl der Infektionen re-

gungsströmung. Hierbei werden

vestitionen in bauliche und sanitäre

duzieren ließe, wenn es in den »Herz-

Patient und OP-Team vom Decken-

Ausstattungen nötig.

kammern der Krankenhäuser« sau-

auslass herab mit steriler Reinluft

Dafür plädiert auch Professor Ger-

berer zuginge. »Jedes Krankenhaus

überflutet, welche dann in den Rau-

nod Dittel. Der Vorstandsvorsitzen-

sollte mindestens einen Reinraum

mecken durch Auslässe wieder ent-

2/2015


20 weicht. Bei diesem auch Laminar Flow genannten Belüftungskonzept können keine Partikel und Keime aus der Umgebung in die offene Wunde des Patienten oder auf den Instrumententisch gelangen. Da es sehr kostenaufwendig wäre, den gesamten OP so zu belüften, empfiehlt sich eine Unterteilung des Raumes in verschiedene Rein-

LIFE & BUSINESS | KRANKENHAUSKEIME

heitsgrade. Bewerkstelligen lässt sich das mit Differential-Flow-Lüf-

Sterilisationsanlage. Foto: werbefoto-burger.ch

tungen. Sie erzeugen innerhalb eines Kernbereichs eine schnellere Luftströmung als im übrigen Raum.

bannt. Zwar schützt die Differenti-

häuser meist auch eine hausinterne

So wird die höchste Reinheit genau

al-Flow-Lüftung den Kernbereich

Apotheke. Lösungen aus der Rein-

dort realisiert, wo sie gebraucht wird,

vor Kontaminationen aus der Um-

raumtechnologie sorgen auch hier

und sicher verhindert, dass Konta-

gebung, doch eine große Kontami-

für die nötige Reinheit. Isolatoren

minationen aus anderen Teilen des

nationsquelle befindet sich inner-

zum Beispiel oder auch Sicherheits-

Raumes in diese Kernzone eindrin-

halb der Verdrängungsströmung:

und Laminar-Flow-Werkbänke er-

gen. Klinikbetreiber sollten jedoch

Es ist das OP-Team selbst.

möglichen die aseptische Verarbei-

bedenken, dass die Bewegungen des OP-Teams sowie die Abwärme

Forscherin am Rasterelektronenmikroskop. Auf den Monitoren sind Krankenhauskeime zu sehen. Foto: Jan-Peter Kasper, FSU

tung von Wirkstoffen. Geschützt Um den Patienten zu schützen, ist

durch die Gummiärmel und –hand-

zwar das Tragen von Schutzklei-

schuhe der Isolatoren können die

dung vorgeschrieben. »Besonders

Mitarbeiter im Inneren des isolier-

streng sind die Vorschriften hierfür

ten Bereichs mit den Stoffen hantie-

allerdings nicht«, kritisiert Gernod

ren. Ein laminarer Luftstrom stellt

Dittel. »In anderen Reinräumen,

hierbei die erforderliche Luftrein-

zum Beispiel in der Pharmazie, wer-

heit sicher. Nach der Arbeit wird der

den deutlich strengere Kleidungs-

isolierte Bereich mit Wasserstoff-

vorschriften und Einschleusetech-

peroxid gereinigt und sterilisiert.

niken praktiziert.« Dort wäre es zum Beispiel undenkbar, in Straßenschu-

Entscheidend für das Unschädlich-

hen einzutreten. Im Operationssaal

machen von Krankenhauskeimen

von Lampen und Geräten den ver-

hingegen seien Ärzte und Helfer

ist auch eine durchgängige Projekt-

drängenden Luftstrom verwirbeln.

keineswegs komplett verhüllt. Meist

planung. Einzelmaßnahmen hel-

Um sicherzustellen, dass die Ver-

bestehe die Kleidung aus Schürze,

fen wenig, denn im Krankenhaus

drängungswirkung in jedem Fall

sterilen Handschuhen, Kopf- und

hängen alle Subsysteme eng mitei-

aufrechterhalten wird, sollten ge-

Mundschutz sowie normalen Schu-

nander zusammen. »Allein mit dem

eignete Dienstleister zuvor unter-

hen und Strümpfen. Trüge das Per-

Umbau des OP wird es nicht gelin-

suchen, welche Strömungsart und

sonal stattdessen Ganzkörperover-

gen, ein Krankenhaus virologisch

-geschwindigkeit zum Ausgleich der

alls mit Atemluftabsaugung sowie

und bakteriologisch sicher zu ma-

Störfaktoren erforderlich sind.

sterile Stiefel, würde die Zahl der

chen«, sagt Gernod Dittel. Was nüt-

Mikroorganismen pro Kubikmeter

ze eine sterile Operation, wenn an-

Luft drastisch sinken, nämlich auf

schließend Keime über die in der

das Niveau der GMP-Klasse A, die

Krankenhausküche zubereiteten

höchste aller sterilen Reinraumklas-

Speisen oder über Besucher zum

sen. Das hätten Tests an der Hoch-

Patienten gelangen? Auch komme

schule Luzern gezeigt.

es immer wieder vor, dass neue Ab-

Schlechte Schutzkleidung Doch damit allein ist die Gefahr von Infektionen durch luftgetragene Krankenhauskeime nicht ge-

2/2015

teilungen schon vor der InbetriebNeben den OPs besitzen Kranken-

nahme wegen Hygienemängeln


21 umgebaut werden müssen. Wurden beispielsweise die Fliesen in einem neuen OP mit normalem Zement verfugt, dann gleicht das einem mikrobiologischen Super-Gau. Darum müsse sich nicht nur jede Abteilung, sondern das Krankenhaus an sich in einem größeren Zusammenhang sehen. Nötig sei ein interdisziplinärer Ansatz.

Der Gesundheitsminister handelt

Autoklav im Medizinlabor. Foto: Lyosha Nazarenko

Eine scharfe Waffe im Kampf ge-

-umgebung bei der Herstellung von

den, ließen sich viele Krankenhau-

gen Krankenhauskeime ist auch der

Arzneimitteln. Im Gegensatz zu vie-

sinfektionen vermeiden. Allein der

GMP-Leitfaden (Good Manufactu-

len hygienekritischen Branchen ha-

Umstand, dass Krankenhaus-Apo-

ring Practice). Diese Richtlinie zur

ben Krankenhäuser aber nur mini-

theken weniger streng auditiert wer-

guten Herstellungspraxis sichert die

male Erfahrungen mit GMP. Würden

den als externe Apotheken, verlei-

Qualität der Produktionsabläufe und

sie die Richtlinie konsequent anwen-

tet in Krankenhaus-Apotheken zu Nachlässigkeiten.

Multiresistente Krankenhauskeime

Inzwischen griff Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ins Geschehen ein. »Der Kampf gegen

Was sind multiresistente Keime?

resistente Keime erfordert ein kon-

Hierbei handelt es sich um Krankheitserreger, die durch zu häu-

sequentes Vorgehen auf allen Ebe-

figen oder falschen Antibiotika-Einsatz resistent geworden sind.

nen«, sagte er nach dem 12. Todes-

Da einige Erreger gleich gegen mehrere Antibiotika-Klassen eine

fall im Kieler Universitätsklinikum

Unempfindlichkeit ausgebildet haben, werden sie multiresistente

und legte einen Zehn-Punkte-Plan

Keime genannt.

vor. Darin fordert er unter anderem von den Krankenhäusern die

Warum sind multiresistente Keime so gefährlich?

strikte Einhaltung der Hygienevor-

Keime, die Resistenzen gegen Antibiotika ausgebildet haben, lassen

schriften sowie Kontrollen durch

sich nicht mehr medikamentös abtöten. Ihre Übertragung erfolgt

die Gesundheitsämter. Zudem will

durch direkten Körperkontakt, über Gegenstände und über die Luft.

er die Meldepflichten verschärfen, so dass resistente Erreger nicht erst

Welche Keime treten am häufigsten auf?

bei einem Krankheitsausbruch,

MRSA-, VRE- und EBSL-Keime verursachen die meisten Todesfälle.

sondern schon beim ersten Nach-

Die Kürzel stehen für Methicillin-resistente Staphylococcus aureus,

weis gemeldet werden müssen. Das

Vancomycin-resistente Enterokokken und Beta-Laktamase produ-

verschaffe den Gesundheitsämtern

zierende Enterobakterien.

wertvolle Zeit. Der Kieler Fall müsse auch Anlass sein, Verfahren zu er-

Wer ist infektionsgefährdet?

proben, durch die Patienten bereits

Krankenhauskeime sind besonders gefährlich für alte und immun-

im Vorfeld geplanter Krankenhaus-

geschwächte Menschen sowie für Patienten auf Intensivstationen.

aufenthalte auf bestimmte gefähr-

Auch Menschen, die mit vielen anderen Patienten auf engem Raum

liche Keime untersucht werden,

untergebracht sind, sowie mangelnde Hygiene im Krankenhaus er-

sagt Gröhe. Sein Verordnungsent-

höhen das Infektionsrisiko.

wurf ist bereits in der Ressortabstimmung. Er soll noch im Sommer in Kraft treten.

2/2015


22

Mit dem U-Boot zur Krebszelle

Durch die Integration von Nanotechnologien in biomedizinische Anwendungen können Wirkstoffe direkt an den Krankheitsherd herangeführt werden und dort gezielt ihre Wirkung entfalten. Zudem erkennen die Nanosysteme beginnende Krankheiten schon vor dem Auftreten erster Symptome. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen.

gen bei der Nanomaterialentwicklung bis hin zur Klinik. Anlass für den Zusammenschluss war die Erkenntnis, dass sich die Nanotechnologie nur dann erfolgreich in biomedizinische Anwendungen integrieren lässt, wenn Materialwis-

Wenn Ärzte in Zukunft eine Krank-

strukturen reicht oft die Anlagerung

senschaftler, Chemiker, Biologen

heit diagnostizieren wollen, dann

weniger Moleküle an der Oberfläche

und Physiker mit Pharmazeuten,

schauen sie dem Patienten nicht

aus, um die elektrische Leitfähigkeit

Kliniken und Industrieunterneh-

mehr in den Mund, sondern in die

der Struktur deutlich zu ändern.«

men zusammenarbeiten. Mit der

Zellen. Winzige Sensorsysteme im

Dadurch lassen sich krankheitsspe-

Plattform existiert nun erstmals ein

Nanometerbereich könnten das

zifische Biomarker sehr früh auf-

Rahmen für den erforderlichen Dia-

schon bald ermöglichen. Sie drin-

spüren, noch bevor der Patient die

log aller Akteure.

gen minimalinvasiv wie eine Nadel

ersten Symptome spürt. Darüber hi-

in lebende Zellen ein und nehmen

naus können die Forscher mit Hil-

Das deutsche Bundesministerium

dort vielfältige biochemische Analy-

fe der Nanosensoren den Zellen

für Bildung und Forschung unter-

sen vor. So lassen sich aufkeimende

von innen bei der Arbeit zuschau-

stützt die Anwendung der Nano-

Krankheiten erkennen, noch bevor

en. So hat Steffen Strehle gemein-

technologie in der Pharmazie und

der Betroffene überhaupt die ersten

sam mit weiteren Wissenschaftlern

Medizintechnik mit zahlreichen

Symptome wahrnimmt.

beispielsweise den »Herzschlag« ei-

Fördermaßnahmen in der Werk-

ner einzelnen Herzmuskelzelle in-

stoff- und Gesundheitsforschung.

Forscher im südwestdeutschen

trazellulär aufgezeichnet. »Nano-

Als besonders aussichtsreich gilt

Ulm arbeiten bereits an solchen

systeme besitzen ein interessantes

der Einsatz sogenannter nanoskali-

Nano-U-Booten. Sie bestehen aus

und vielseitiges Einsatzpotenzial«,

ger, funktionalisierbarer Transpor-

winzig kleinen halbleitenden Na-

sagt Strehle. Leider schafften es aus-

ter. Sie sollen Wirkstoffe effizienter

nostrukturen, die als Biosensoren

sichtsreiche Laborversuche allzu oft

über biologische Barrieren hinweg

nicht in die Praxis.

an den Wirkort bringen. Forscher

Foto: fotolia

LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN

NanoBioMedizin hilft, Krankheiten früher zu erkennen und gezielt zu therapieren.

in der Zelle vielfältige Prozesse un-

arbeiten bereits an der Entwick-

tersuchen können, ohne deren komplexes Zusammenspiel nennenswert zu stören. Dies könnte künftig die Arbeit mit Sonden überflüssig

NanobiomedizinPlattform gegründet

lung entsprechender Trägersysteme. Hierfür werden unter anderem Makromoleküle, Lipide, Biopolymere und Hydrogele genutzt. Faszinie-

machen, die die biochemischen Vorgänge in den Zellen nachhaltig be-

Um das zu ändern, wurde am 4.

rend daran ist, dass sich zusätzliche

einträchtigen.

März 2015 in Frankfurt am Main

Funktionen in die Trägersysteme

e i n e d e u t s c h e N a n o B i o Me d i -

integrieren lassen. So kann zum

Steffen Strehle, Forscher am Institut

zin-Plattform gegründet. Ihr Ziel

Beispiel über Magnetfelder oder

für Elektronische Bauelemente und

ist die Etablierung forschungsdiszi-

pH-Werte die Wirkstofffreisetzung

Schaltungen der Universität Ulm,

plin-übergreifender Konzepte und

»eingeschaltet« oder der Wirkstoff

erklärt: »Bei halbleitenden Nano-

Wertschöpfungsketten, angefan-

am Wirkort angereichert werden.

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Fotos: fotolia, beawolf

23

Nano-Roboter könnten künftig medizinische Wirkstoffe transportieren, Krebszellen zerstören und Gentherapien an Zellen vornehmen.

Nanopartikel als Transportbehäl-

Sie können über die Haut, den

Einschleusen von DNA in Zellen,

ter eignen sich für den Kampf ge-

Darm oder den Blutkreislauf an ihr

beispielsweise für Gentherapien,

gen eine Vielzahl von Krankheiten,

Ziel gebracht werden, etwa ins Ge-

sind Nanopartikel als Transportbe-

darunter Tumore, Entzündungen,

hirn, in den Verdauungstrakt oder

hälter prädestiniert.

Hautkrankheiten und Alzheimer.

in sonstige Organe. Auch für das

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LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN

Fotos: fotolia, beawolf

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Stark wachsender Markt

keit von Wirkstoffen sorgen. Hierzu

vor allem in der in-vitro- und in-vi-

zählen die Verkapselung mit Liposo-

vo-Diagnostik, in Knochenersatz-

Nanotechnologische Produkte in der

men und Polymeren, die Vergröße-

materialien und in nanobeschich-

Medizin sind ein boomender Markt.

rung der Wirkstoffoberfläche durch

teten Implantaten. Auf Letztere setzt

Der weltweite Umsatz mit derarti-

Mahl- und Emulgierverfahren oder

gen Produkten soll sich nach einer

auch die chemische Anbindung

Prognose des Marktforschungsun-

von Polyethylenglycol an Pro-

ternehmens BCC von 43 Milliarden

tein-Wirkstoffe. Bei letztgenann-

Dollar im Jahr 2011 bis 2016 mehr als

tem Verfahren hängen sich zum

verdoppeln. Die Zahl nanomedizini-

Beispiel kettenförmige Struktu-

scher Produkte auf dem Weltmarkt

ren an den Wirkstoff an, hüllen

wird auf über 100 geschätzt, davon

diesen ein und schützen ihn ge-

entfallen rund ein Drittel auf den

gen Angriffe des Immunsystems,

Pharmabereich. Hinzu kommen

so dass er unbeschadet an seinen

rund 150 Produkte, die sich derzeit

Einsatzort gelangen kann.

in klinischer Erprobung befinden. Schon länger etabliert in der phar-

Kommerzielle Nanoprodukte

Setzt im Kampf gegen antibiotika-resistente Keime auf Nanosilber: Professor Manfred Köller, Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in Bochum.

zum »Beispiel das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum

mazeutischen Anwendung sind Verfahren, die für eine verbesser-

In der Medizintechnik finden sich

Bergmannsheil im westdeutschen

te Aufnahme und Bioverfügbar-

kommerzielle Nanoprodukte heute

Bochum. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler aus der Chirurgischen Forschung mit nanopartiku-

»Nanopartikuläres Silber bietet eine neue Perspektive.« Professor Manfred Köller, Chirurgische Universitätsklinik Bochum

lärem Silber. »Die antimikrobielle Wirkung von Silber ist zwar schon sehr lange bekannt, aber der Siegeszug der Antibiotika hat die Anwendung von Silber im medizinischen Bereich fast vergessen lassen«, sagt

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Fotos: fotolia, beawolf

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Professor Manfred Köller, Leiter der

Winzigkeit. Denn ihre Oberfläche

einem Verfahren, das die Nanotech-

Chirurgischen Universitätsklinik.

ist zusammengenommen viel grö-

nologie auf neuartige Weise mit

ßer als die eines einzelnen großen

Prinzipien aus der Festplattentech-

Da viele Mikroorganismen, insbe-

Körpers mit gleicher Silbermen-

nologie kombiniert. Auf diese Wei-

sondere die so genannten Kranken-

ge. Da die vergrößerte Oberfläche

se sollen losgelöste Tumorzellen im

hauskeime, mittlerweile Resisten-

kontinuierlich mehr Silber freisetzt,

menschlichen Kreislauf nachgewie-

zen gegen Antibiotika entwickelt

kann das Wachstum der Mikroor-

sen werden. »Es deutet viel darauf

haben, suchen Mediziner un-

ganismen besser gehemmt werden.

hin, dass im Körper verstreute Tumorzellen tatsächlich ein frühzeiti-

ter Hochdruck nach Alternativen. »Hier bietet nanopartikuläres Silber eine neue Perspektive«, betont

Krebszellen im Visier

ges Warnsignal für eine Krebserkrankung oder für das Wiederauftreten der Erkrankung nach der Tumorthe-

Professor Köller. Anwendungen ergeben sich zum Beispiel bei Be-

Eine weitere vielversprechende An-

rapie sind«, sagt Projektleiter Profes-

schichtungen von Kathetern, Ste-

wendung der Nanobiomedizin liegt

sor Roland Stauber.

rilverpackungen, OP-Geräten oder

in der Krebsfrüherkennung. Medi-

auch Prothesen. Die Vorteile der

ziner der Johannes Gutenberg-Uni-

Der Nachweis solcher Tumorzellen

Nanopartikel liegen dabei in ihrer

versität Mainz forschen hierzu an

sei sowohl für die Prognose als auch

Swiss Medtech Expo 2015 Die Swiss Medtech Expo in Luzern, Schweiz, gilt als Branchentreff für die Medizintechnik-Industrie. Sie findet statt vom 15. bis 16.09.2015. Auf der Messe präsentieren sich Systemlieferanten und Dienstleister sowie Forschungs- und Bildungsinstitute mit ihren Produkten und Services. Besucher aus reinräusive Implantate, Diagnostik, neue Materialien, Oberflächen, Mikro- und Nanotechnologie, Robotik und elektromechanische Geräte. | Mehr Informationen unter: www.medtech-expo.ch

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Foto: fotolia

me-nutzenden Branchen erhalten hier einen aktuellen Marktüberblick zu Themen wie aktive und pas-


LIFE & BUSINESS | NANOBIOMEDIZIN

26 für die Diagnose besonders interes-

Entwicklung hochsensibler Biosen-

chen gestreuten Lichts durch die

sant. In dem Forschungsprojekt ar-

soren, die es erlauben, einen Herz-

eingefangenen Proteine verändert,

beiten die Mainzer Wissenschaftler

infarkt schnell und sicher nachzu-

kann mit entsprechenden Messme-

gemeinsam mit Partnern aus Indus-

weisen. Dabei kommt bestimmten

thoden eine Diagnose bereits in ei-

trie und Wissenschaft daran, die

Proteinen eine besondere Bedeu-

nem sehr frühen Stadium erfolgen.

Konzentration der seltenen Zellen

tung als Biomarker zu. Ihr Vorkom-

im Blut durch magnetische Detek-

men im Blut weist auf die Erkran-

Die wissenschaftlichen Grundla-

tion mit einem Festplattenlesekopf

kung hin und ermöglicht eine frühe

gen hierfür sind geschaffen. Nun

zu bestimmen. Der Wissenschaftli-

Diagnose.

soll der Schritt in die praktische

che Vorstand der Universitätsmedi-

Anwendung folgen. Professor Joa-

zin, Professor Reinhard Urban, er-

chim Krenn, Leiter der Arbeitsgrup-

klärt: »Die rechtzeitige Erkennung

pe Nano-Optik, denkt bereits an ent-

ist nach wie vor das entscheiden-

sprechende optische Nanosensoren:

de Kriterium in der Krebsbekämp-

»Wir haben in den letzten Jahren ge-

fung.« Der Forschungsansatz des

lernt, die Nanopartikel herzustellen

Verbundprojekts sei daher unge-

und zu charakterisieren. Ihre An-

heuer innovativ und verspreche ei-

wendung auf die Sensorik ist der lo-

ne neue Dimension für künftige

gische nächste Schritt.«

Therapiekonzepte.

Arbeitet an optischen Nanosensoren für die Herzinfarkt-Früherkennung: Professor Joachim Krenn, Universität Graz.

Nanosensoren gegen Herzinfarkt

Innovative Medizinprodukte dieser Art spielen für die Therapie und Diagnostik des Menschen eine im-

Grundlage der Früherkennung sind

mer größere Rolle. Voraussetzung

speziell designte Gold-Nanopartikel,

für ihr einwandfreies Funktionie-

Auch in der Herzinfarkt-Früher-

die an der Universität hergestellt

ren ist, dass sie bei der Herstellung

kennung könnte die Nanobiome-

werden und über besondere opti-

vor jeglichen partikulären und mi-

dizin bald für einen Durchbruch

sche Eigenschaften verfügen. Diese

krobiologischen Verunreinigungen

sorgen. Vielversprechende Arbei-

Nanopartikel werden mit einer mo-

sicher geschützt werden. Hier liegt

ten auf diesem Gebiet leisten For-

lekularen Schicht überzogen, wel-

für die Reinraumtechnik ein gro-

scher am Institut für Physik der

che die gesuchten Proteine an sich

ßes Potenzial, denn ohne hochreine

Karl-Franzens-Universität im ös-

bindet. Da sich die spektrale Zusam-

Forschungs- und Fertigungsanlagen

terreichischen Graz. Ihr Ziel ist die

mensetzung des von den Nanoteil-

keine Nanobiomedizin.

Ein reiner Raum entsteht im Kopf www.reinraum-akademie.de AKADEMIE – Schulungen, Fachseminare, Coachings CLEANROOM EXPERTS DAYS – Tagungen WISSENSPORTAL – Trends und Innovationen COMPETENCE CENTER – Reinraumwissen zum Anfassen

2/2015


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Helfen steht jedem gut. Jette Joop, Designerin und DRK-Botschafterin

Eines f端r alle ...

DRK.de 2/2015


28

Unterwegs mit...

LIFE & BUSINESS | UNTERWEGS MIT

Philippe Trösch, Novasina AG

Philippe Trösch ist Sales Engineer der Novasina AG. Das schweizer Unternehmen entwickelt und produziert Lösungen zur Messung, Visualisierung und Auswertung von Klimaparametern wie Luftfeuchte und Differenzdruck. Philipp Tröschs Aufgabe ist es, aus den vielfältigen Möglichkeiten die optimale Mess- und Regeltechniklösung für die Anwender zu gestalten. Wie oft sind Sie unterwegs?

Was ist dabei Ihr liebstes Fortbewegungsmittel?

Ich bin jede Woche zwei bis drei Ta-

Reiserouten flexibel planen kann. Gegen einen Chauffeur hätte ich aber nichts einzuwenden. Oder wenigstens ein Fahrzeug mit Kaffeemaschine.

Worauf legen Sie beim Reisen wert? Dass ich alles dabei habe. Das betrifft nicht nur Unterlagen, An-

ge bei Kunden vor Ort und berate

Eigentlich wären Flugzeug und Zug

gebote und Geräte, sondern auch

sie, um ideale Lösungen für ihre in-

eine gute Wahl. Dann könnte ich

Ersatzkleidung, falls ich mir mal

dividuellen Anforderungen zu fin-

mich während der Reisezeit mit an-

den notwendigen Kaffee oder et-

den. Es ist aber auch Zeit fürs Büro

derem beschäftigen. In der Praxis

was anderes übers Hemd schüt-

nötig, zur Kontaktpflege per Tele-

ist aber das Auto mein bevorzugtes

ten sollte. Alles andere ergibt sich

fon und E-Mail sowie für die Doku-

Reisemittel, da ich alles Notwendige

von selbst. Ein charmantes, ruhi-

mentation.

unkompliziert mitnehmen und die

ges Hotel, das nicht gerade von ei-

2/2015


29 ner Techno-Convention oder ähn-

te mich gedanklich aufs nächste

lichem heimgesucht wird, ist ein

Kundengespräch vor. Aber wenn

zusätzlicher Bonus.

ich im Hotel angekommen bin, ge-

Was darf unterwegs nie fehlen? Neben den geschäftlichen Unterla-

he ich zum Abschalten gern Joggen oder Spazieren.

Wie gelingt Ihnen das Abschalten am besten?

gen und Produkten darf mein Wasserkocher nicht fehlen. Ich mag es,

Indem ich Sport treibe oder in-

mir abends im Hotel einen Tee oder

dem ich durch eine hübsche Alt-

einen Kaffee zuzubereiten. Man

stadt gehe und mich in einem Ca-

trinkt auf Reisen sowieso zu wenig

fé entspanne. Oder auch, indem

oder zu viel vom Falschen. Außer-

ich mich einfach auf eine Bank

dem kann ich bei einem Getränk

setze und den Blick in eine schö-

und Lektüre gut runterkommen.

ne Landschaften genieße.

Welche Musik hören Sie auf Reisen?

Welche Reiseziele favorisieren Sie und warum?

Meistens höre ich, was gerade im Autoradio läuft, vom 80er-Jah-

Ich mag kleine Städtchen mit

re-Heuler bis zum aktuellen Ohr-

Altstadtcharme wie zum Bei-

wurm. Manchmal hängt meine

spiel Wangen an der Aare, wo

Musikauswahl aber auch von mei-

man zudem interessante Leute

ner Stimmung nach einem Kun-

aus der Reinraumbranche trifft.

denbesuch ab. Wenn ich den Kopf

Man staunt auch, wie viele zau-

freibekommen will und gleichzei-

berhafte 300-Seelen-Täler in der

tig über die deutschen Autobah-

Schweiz existieren, in denen High-

nen rase, höre ich zum Beispiel

tech-Startups oder kleine Firmen

Hardrock.

mit Weltruf sitzen. Privat ist Süd-

Welche Länder und Regionen stehen bei Ihren Reisen am häufigsten auf der Liste? Ich bin in der Schweiz und in Süddeutschland bis hinauf nach

korea mein Favorit. Ich hatte dort früher beruflich zu tun, das Volk ist mir sehr ans Herz gewachsen.

Was würden Sie als Erstes ändern, wenn Sie die unbegrenzte Möglichkeit dazu hätten?

Frankfurt am Main unterwegs. Ein häufiges Ziel ist für mich das Clus-

Ich würde die Herzen der Men-

ter in Basel mit seinen Pharmafir-

schen für Veränderungen und Un-

men und Zulieferern.

bekanntes öffnen. Und ich würde

Können Sie vom Tagesgeschäft abschalten, wenn Sie unterwegs sind?

dafür sorgen, dass sich die Menschen weniger auf ihre Computer konzentrieren und stattdessen öfter mal Gespräche führen und die Schönheit der einfachen Dinge ge-

Beim Fahren konzentriere ich

nießen, zum Beispiel die Frühlings-

mich auf den Verkehr und berei-

sonne im Gesicht.

2/2015


30

Die Neuerfindung des Lichts

LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS

OLEDs könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren.

Organische lichtemittierende Dioden sind extrem dünn, sehr kontraststark und äußerst energieeffizient. Diese Eigenschaften eröffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produkte. Dass die visionären Anwendungen auch für mehr Bedarf an Reinraumtechnologie sorgen, wissen dabei die Wenigsten.

tung. Jeder Subpixel ist eine eigene kleine Lampe«, erklärt Manfred Weigand, Global OLED Lighting Marketing Director bei der Merck KGaA im hessischen Darmstadt. Ein weiterer Vorzug der OLEDs sei, dass sie auf flexible

Eine solche Instrumententafel hat

unglaublichen Biegevorgang die

Substrate aufgebracht werden kön-

die Welt noch nicht gesehen. Statt

OLED-Technologie.

nen, so dass sich die Displays biegen

Tacho und Drehzahlmesser zieren das Autocockpit neuartige Displays – und das vom Lenkrad bis zur Beifahrertür. Audi präsentierte diese

lassen. »Das eröffnet Herstellern völ-

Erstaunliche Eigenschaften

Innovation im November 2014 auf

lig neue Möglichkeiten im Produktdesign«, sagt Weigand. Denkbar sind zum Beispiel smar-

der Los Angeles Motor Show in dem

Das Initialwort OLED steht für »or-

te Verpackungen, die mit Werbefil-

aufsehenerregenden Showcar Audi

ganische lichtemittierende Dio-

men oder Texten vorbeigehende Kun-

prologue Avant.

de«. Dabei handelt es sich um ein

den auf sich aufmerksam machen. Im

lichtaussendendes Bauelement aus

Verbundprojekt »cyFLEX« des Bun-

Die Instrumententafel ist über

organischem Halbleitermaterial, das

desministeriums für Bildung und

die gesamte Breite als Anzeigeflä-

sich in dünnen Schichten herstellen

Forschung arbeiten das Karlsruher

che mit Touchpads gestaltet. Rund

lässt. Im Gegensatz zu Flüssigkristall-

Institut für Technologie KIT und die

ums Lenkrad steuert der Fahrer die

bildschirmen (LCDs) bieten OLEDs

deutsche Cynora GmbH an Materia-

Lichtfunktionen und Assistenzsys-

eine brillante Farbbildqualität, ge-

lien, die sich für das Bedrucken oder

teme. Rechts davon erstreckt sich

stochen scharfe Kontraste und eine

Beschichten mit organischen Leucht-

ein Widescreen-Display, auf dem

tausendfache schnellere Reaktions-

dioden eignen. Mit gedruckten OLEDs

der Beifahrer das Multimediasys-

zeit, wodurch jegliches Ruckeln bei

ließen sich auch leuchtende Beschil-

tem bedient und zum Beispiel Mu-

der Bildwiedergabe entfällt. Zudem

derungen oder Werbetafeln herstel-

sik aussucht oder Routen eingibt.

geben organische Leuchtdioden ihr

len. Das Projekt läuft bis zum Herbst

Mit einer Wischbewegung schickt

Licht im Gegensatz zu herkömmli-

2015 und könnte das Produktmarke-

er dann dem Fahrer die Navigati-

chen Lichtquellen nicht punktförmig,

ting revolutionieren.

onsziele oder Musik-Playlists aufs

sondern diffus und blendfrei auf der

Lenkraddisplay. Und als wäre die-

gesamten Fläche ab. Weitere Vortei-

ses virtuelle Armaturenbrett nicht

le sind der größere Blickwinkel, die

schon spektakulär genug, setzt Au-

hauchdünne Bauweise und der nied-

di im digitalen Cockpit des prolo-

rige Energieverbrauch.

Revolution im Lichtund Produktdesign Gleiches gilt für die Beleuchtungstech-

gue Avant noch ein weiteres Highlight: Nach dem Starten des Motors

Letzteres prädestiniert OLEDs für den

nik. Zu den Visionen der Experten ge-

wölbt sich dem Fahrer aus der Mit-

Einsatz in tragbaren Geräten wie Han-

hören leuchtende Tapeten, die sich

telkonsole ein zusätzliches Touch-

dys und Notebooks. »OLEDs brauchen

auf Knopfdruck in Fernsehbildschir-

display mit weiteren Funktionen

keine Flüssigkristalle, keine Polarisati-

me verwandeln. Große Flächen zum

entgegen. Möglich macht diesen

onsfilter, keine Hintergrundbeleuch-

Leuchten zu bringen, ist mit OLEDs

2/2015


Fotos: Audi AG

31

Die Instrumententafel und weitere Anzeigen des Audi prologue Avant bestehen aus großen Touchdisplays, die teils aus organischen Leuchtdioden gefertigt sind.

möglich, weil sich ihre Moleküle breit

projekt LOIGB. Erste Ergebnisse

werden. »Die Anwendungsmöglich-

verteilen lassen und sie keine Kühlung

wurden im März 2015 auf der Inter-

keiten für die im Projekt erreichten

benötigen wie LCDs. Noch aber schei-

nationalen Fachmesse für gedruck-

Ergebnisse sind außerordentlich

tern großflächige Anwendungen an

te Elektronik LOPEC in München

vielfältig«, schwärmt Projektlei-

den Kosten, denn je nach Ausführung

vorgestellt, darunter farbvariable

ter Jan Hesse. »Neben dem Einsatz

ist OLED-Licht 10- bis 100-mal so teu-

OLED-Module, die weißes Misch-

in der Allgemeinbeleuchtung, bei-

er wie herkömmliches. Trotzdem se-

licht erzeugen. Hierzu müssen die

spielsweise in Fenstern, Wandele-

hen Marktbeobachter in großflächi-

Lichtfarben Rot, Grün und Blau ge-

menten oder Tapeten, eignen sich

gen OLED-Beleuchtungen bereits das

trennt angesteuert werden. Solche

die farbvariablen OLEDs in der Au-

»next big thing«, sobald deren Prei-

farbvariablen organischen Leucht-

tomobil- und Schienenfahrzeug-

se fallen.

dioden könnten zum Beispiel in

technik zur Fahrzeuginnenraum-

den großen Verbundglasscheiben,

beleuchtung – und hier besonders

An großflächigen OLED-Modulen

die in Zügen als Gepäckablage die-

für die Ambient- oder Akzentbe-

arbeiteten Forscher im Verbund-

nen, als Leuchtmittel eingesetzt

leuchtung.« Auch in der Luftfahr-

2/2015


LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS

32

OLED-Rücklicht-Demonstrator. Foto Osram

tindustrie bestehe Interesse, diese

Passagier die Hand zum Display aus,

von mehr als 30 Milliarden Euro al-

Technologie perspektivisch für die

erscheinen darauf mittels Eyetra-

lein für OLED-Displays. Dieser Markt

Ambientbeleuchtung in Flugzeug-

cking und Sensoren virtuelle Be-

soll jährlich um 35 Prozent wachsen.

kabinen einzusetzen.

dienelemente.

Wegen der noch hohen Kosten der organischen Leuchtdioden sind vor-

Neue Perspektiven im Fahrzeugbau

Jede Fläche – egal ob Fenster, Wand,

erst kleinflächige Anwendungen in

Spiegel oder Lampenschirm – könn-

Smartphones, Tablet-Computern,

te künftig zur Lichtquelle werden.

PC-Monitoren und Flachbildschir-

Und die Hersteller arbeiten bereits Besonders liebäugeln die Fahrzeug-

mit Hochdruck daran. So kündig-

hersteller mit den OLEDs, ermög-

te die südkoreanische LG Chem

lichen sie doch ganz neue Gestal-

Ltd. im Herbst 2014 neue OLED-Be-

tungsmöglichkeiten. Audi hat das

leuchtungspanels an, die bei einer

im Cockpit des Showcars prologue

Lebensdauer von 40.000 Stunden ei-

Avant mit den neuartigen Instru-

ne Lichtausbeute von 100 Lumen pro

mententafeln bereits demonstriert.

Watt haben (Glühlampe: 16 bis 20 Lu-

Darüber hinaus könnten die dünn-

men pro Watt). Das stellt einen neu-

schichtigen organischen Leuchtdi-

en Effizienzrekord dar und macht

oden in beliebiger Form als Blinker

OLEDs konkurrenzfähig gegenüber

oder Rücklichter auf Karosserien

anderen technologischen Lösungen

geklebt werden, den Innenraum be-

wie Fluoreszenzlampen und LEDs.

te Letzteres im Januar 2015 auf der Consumer Electronics Show CES in

ist das weltweit erste beidseitig gewölbte OLED-Display. Foto: Samsung

men prädestiniert für den Einsatz der stromsparenden, kontrastreichen

leuchten oder als Info-Displays dienen. Mercedes-Benz demonstrier-

Runde Sache: Das Samsung Galaxy S6 Edge

Durchbruch im Displaymarkt

OLED-Displays. Zu den Vorreitern in diesem Markt gehört LG. Der südkoreanische Konzern sorgte mit gekrümmten Fernsehern für Aufsehen,

Las Vegas. Das dort vorgestellte futuristische Forschungsfahrzeug F 015

Neben der Raumbeleuchtung erobern

die das komplette Gesichtsfeld eines

verfügt über flexible OLED-Displays

die organischen lichtemittierenden

mittig davor sitzenden Zuschauers

an den Türinnenseiten. Darauf kön-

Dioden mit Riesenschritten den Dis-

ausfüllen. Inzwischen gibt es Proto-

nen die Insassen Medieninhalte be-

playmarkt. Das Marktforschungsins-

typen, bei denen der Zuschauer die

trachten oder dem Autopiloten bei

titut DisplaySearch prognostiziert für

Stärke der Krümmung per Knopf-

der Arbeit zuschauen. Streckt ein

2019 ein weltweites Marktvolumen

druck selbst bestimmen kann. Einen

2/2015


33 So funktionieren OLEDs

Kathode leitende Schichten

Bei OLEDs fließt der Strom nicht wie bei Glühlampen durch ei-

Licht emittierende Schichten

nen Draht, sondern durch mehrere organische Schichten. Dabei

leitende Schichten

und lichtemittierende Schichten. Die Schichten sind eingebet-

gibt es leitende Schichten zum Transport der Ladungsteilchen

Anode

tet zwischen zwei großflächigen Elektroden, der Kathode und

Glas/Folie

der Anode. Grafik: www.cl-ex.com Licht

Schritt weiter gehen Nokia und die

len Brillengläser zwei Minibildschir-

die angezeigten Informationen mit sei-

japanische Semiconductor Energy

me aus organischen Leuchtdioden, die

nem Blick steuern kann. Beispielswei-

Laboratory Co., Ltd. (SEL). Deren ge-

dem Nutzer die Sicht auf die reale Welt

se lässt sich durch einen Blick auf die

meinsam entwickelte OLED-Displays

und gleichzeitig auf zusätzliche virtu-

Pfeiltaste eine Seite in einer virtuellen

lassen sich nicht nur krümmen, son-

elle Informationen ermöglichen. Eine

Anleitung umblättern.

dern sogar falten, während sie Videos

Kamerafunktion erfasst dabei die Au-

Systemdesigner Rigo Herold, der die

zeigen. Laut Nokia sollen die Displays

genbewegungen des Nutzers, so dass er

Augmented-Reality-Datenbrille we-

bis zu 100.000 Knickvorgänge unbeschadet überstehen. Auch Samsung hat die flexiblen OLEDs für sich entdeckt. Am 1. März 2015, einen Tag vor Eröffnung des Mobile World Congress in Barcelona, stellte der koreanische Hersteller das neue Oberklasse-Smartphone Galaxy S6 Edge vor. Dessen Besonderheit ist ein Bildschirm, der sich erstmals auf beiden Seiten über den Geräterand wölbt. Die gebogenen Bildschirmränder dienen als zusätzliche Informationsanzeigen. Samsung will bis 2017 umgerechnet 3,3 Milliarden Euro in die Fertigung von organischen Displays investieren.

Deutsche Forscher vorn dabei Auch deutsche Forscher spielen bei der OLED-Technologie international vorn mit. So erhielten die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl und Plasmatechnik FEP aus Dresden einen Innovationspreis für eine blickgesteuerte Datenbrille. Sie hat anstelle der normaNeue OLED-Hochleistungsmodule von Philips. Foto: Philips

2/2015


34 Das Jahr des Lichts

Produktion organischer lichtemittierender Leuchtdioden im Reinraum zu lösen sind. »OLEDs sind hochemp-

Die UNO hat das Jahr 2015 als »Internationa-

findlich gegenüber Sauerstoff und

les Jahr des Lichts und der lichtbasierten

Feuchtigkeit. Sie müssen perfekt ein-

Technologien« ausgerufen. Lichtimpulse bil-

gekapselt werden, um Korrosion an

den das Rückgrat des Internets, verbessern

der Kathode zu verhindern und die

medizinische Methoden, ermöglichen kabel-

empfindlichen OLED-Schichten zu

lose Kommunikation und reduzieren durch

schützen.« Wie dicht diese Einkapse-

Photovoltaik und energieeffizientes OLED-

lung sein muss, verdeutlicht Weigand

Licht den Ausstoß von Treibhausgasen.

am Beispiel eines Fußballfeldes, das

LIFE & BUSINESS | ZUKUNFT DES LICHTS

Im Jahr 2015 fallen die Jahrestage vieler wichtiger Veröffentlichungen aus der Wissenschaftsdisziplin Optik zusammen. Vor 400 Jahren entwickelten französische Ingenieure den ersten Prototyp einer solarenergiebetriebenen Maschine. 200 Jahre später publizierte Fresnel sein erstes Werk über die Wellentheorie des Lichts. Maxwell legte 1865 die Grundlagen der Elektrizitätslehre mit seiner Theorie der klassischen Elektrodynamik. 1915 stellte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie vor. 1965 entdeckten Penzias und Wilson mit der Kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung einen Beleg für die Urknalltheorie.

mit einer Plane vollständig abgedeckt wird. Würde es einen Monat lang permanent regnen, dann dürfte die Plane höchstens einen einzigen Tropfen durchlassen. Auf die OLED-Herstellung übertragen bedeutet das zum Beispiel: weniger als ein sichtbarer Defekt auf einem TV-Panel. Eine weitere Herausforderung sind die Kosten der Serienfertigung. Hier richten sich die Hoffnungen auf die

sentlich mitentwickelt hat, sagte stolz:

fahr für den Markterfolg. Ein weiterer

junge Inkjet-Technologie. Sie könnte

»Der Innovationspreis zeigt, dass ne-

kritischer Faktor seien die technischen

das etablierte, aber teure Aufdampfen

ben Google auch in Deutschland in-

Hindernisse in der Massenproduktion,

der OLED-Schichten ersetzen. »Wir

tensiv an Datenbrillen geforscht wird

etwa die Skalierbarkeit der Produkti-

sind überzeugt, dass durch gedruck-

und dass unsere Datenbrille mit der

on, die unausgereiften Druckverfah-

te OLEDs die Kosten für großflächi-

berührungslosen Augensteuerung ein

ren und die zu hohe Ausschussquo-

ge Anwendungen signifikant sinken

sensationelles Alleinstellungsmerk-

te. Laut der Studie hängen die Risiken

werden«, sagt Manfred Weigand. Sei-

mal besitzt.« Anwendungen ergeben

allerdings stark von der Art der Dis-

ner Meinung nach lautet die Frage da-

sich in der Chirurgie, im Automobilbe-

play-Anwendung ab, denn die Kom-

her nicht, ob OLEDs überhaupt den

reich, im Flugzeugbau, in der Wartung

plexität und die Kosten der Produk-

Durchbruch schaffen, sondern ledig-

oder auch bei Taucheinsätzen, kurz

tion steigen überproportional zur

lich wann.

überall da, wo der Nutzer beide Hän-

Displaygröße. »Sollten die bestehen-

de freihaben muss und gleichzeitig

den technischen Hindernisse nicht ge-

»Es sind spannende Zeiten für die

Anleitungen für seine Arbeit benötigt.

löst werden, ist eine kosteneffiziente

organische Elektronik«, konsta-

Massenproduktion nicht realisierbar«,

tiert Professor Ching W. Tang. Der

befürchtet Thomas Krug, geschäftsfüh-

chinesisch-amerikanische Che-

render Partner von WTS Consulting.

miker an der University of Roches-

OLED-Technologie mit Risiken und Chancen Bei aller Begeisterung für die neu-

ter in den USA gilt als Vater der orOLED-Experte Manfred Weigand von

ganischen Solarzelle und weiterer

der Merck KGaA in Darmstadt weiß,

optoelektronischer Bauteile, darun-

welche Herausforderungen bei der

ter auch der organischen Leuchtdio-

en Möglichkeiten – noch steht die

de. Nach den Zukunftsaussichten sei-

OLED-Technologie vor einigen wirt-

ner Erfindung befragt, lautet Tangs

schaftlichen und technischen Heraus-

Prognose: »OLEDs zur Beleuchtung

forderungen. In der jüngsten Studie

werden zuerst die Autos, dann die

der Münchner WTS Consulting Gm-

Häuser und Wohnungen erobern.«

bH zum OLED-Display-Markt sehen 76 Prozent der Befragten in den hohen Produktionskosten die größte Ge-

2/2015

Flexible OLED, hergestellt im Sheet-to-SheetVerfahren. Foto: Fraunhofer FEP


35 Was ist der Unterschied zwischen LED und OLED? Material: • LED (lichtemittierende Dioden) sind aus anorganischen lichtemittierenden Halbleiter-Bauelementen aufgebaut. • OLED (organische lichtemittierende Dioden) bestehen aus organischen halbleitenden Schichten. Eigenschaften: • LEDs strahlen punktförmig. Sie sind daher für Anwendungen prädestiniert, die gerichtetes Licht erfordern, zum Beispiel Laden-, Straßen- oder Bühnenbeleuchtungen. LED habe eine lange Brenndauer und spielen ihre Effizienzvorteile überall da aus, wo Licht ganztags eingeschaltet ist. • OLEDs strahlen auf der gesamten Fläche. Sie geben ein angenehm weiches, blendfreies, diffuses Licht ab, das neue dekorative Anwendungen ermöglicht. Da OLEDs flexibel sind, könnten sie künftig jedes Objekt in eine Lichtquelle verwandeln. Lebensdauer: • LEDs haben eine lange Lebensdauer. Werden sie unter den richtigen Bedingungen betrieben (Betriebsstrom und Temperatur), können sie über 100.000 Stunden leuchten. Anders als Glühlampen gehen LEDs nicht plötzlich kaputt, sondern verlieren im Lauf ihres Lebens langsam an Helligkeit. • OLEDs haben gemeinhin eine Lebensdauer von 10.000 Stunden. Die von Philips entwickelten Lumiblade-OLEDs erreichen bereits 30.000 Betriebsstunden und verfügen danach noch über 70 Prozent ihrer Leuchtkraft. Zum Vergleich: Eine klassische Glühbirne hält 1.000 Stunden.

2/2015


36

Die Kunst der Nanostrukturierung

LIFE & BUSINESS | PORTRÄT

Einzigartige Grundlagenforschung in Linz

Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Die Reinräume dieser Einrichtung nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Grundlagenforschung und Ausbildung ein. Irgendwie fehlt ihm jegliche professorale Aura. Man könnte Ar-

Wegweisende Forschungen

mando Rastelli fast für einen

ihn, was das nun genau heiße, und er erläutert: »Wir wollen die neuen Halbleiter-Nanostrukturen als Lichtquelle nutzen und mit Hilfe von Ansätzen aus der Quantenmechanik neuartige Computer ermöglichen.« Wenn künftig Lichtteilchen durch die Leitungen flitzten

Studenten halten. Mit seinen 41

Woran Armando Rastelli mit sei-

statt Elektronen, dann würde die

Jahren wirkt er unglaublich jung.

nem Team forscht, klingt ziemlich

Datenkommunikation schneller, si-

Und er gibt sich auch so: umgäng-

kryptisch, ist aber spektakulär. Die

cherer und energiesparender wer-

lich, unprätentiös, nahbar. Von Re-

Wissenschaftler arbeiten an »Ver-

den. Da es aber bisher kaum solche

spekt einflößendem Habitus kei-

fahren zur Herstellung neuartiger

Lichtquellen gebe, seien die Linzer

ne Spur. Als ich ihn zum Gespräch

Halbleiter-Nanostrukturen, zur

Forschungen zur Abscheidung und

treffe, liegt mir fast das »Du« auf

Steuerung von deren optischen und

Nanostrukturierung von Halblei-

der Zunge.

elektronischen Eigenschaften so-

terstrukturen wegweisend.

»Was wir hier machen, ist einzigartig.« Professor Armando Rastelli,

Deutsch im Selbststudium

Johannes Kepler Universität, Linz

Ehe Rastelli vor drei Jahren nach Österreich zog, hatte ihn sein Berufsweg schon durch die Schweiz,

Doch der erste Eindruck täuscht. Die

wie an der Untersuchung der ther-

Italien, Finnland und Deutschland

Vita von Professor Armando Rastel-

moelektrischen Eigenschaften von

geführt. Neben physikalischen

li ist durchaus Respekt einflößend.

Halbleiter-Dünnschichten«. So zi-

Phänomenen konnte er dabei auch

Er hat studiert und promoviert, hat

tiere ich es aus einer Quelle. Rastel-

europäische Mentalitätsunter-

in fünf Ländern Europas als Wis-

li, der mir gegenüber sitzt, beugt

schiede studieren. Geboren wurde

senschaftler gearbeitet und ist heu-

sich über den Tisch, schaut auf den

Armando Rastelli im italienischen

te Chef von 50 Mitarbeitern. Rastelli

Ausdruck und versucht, die für ihn

Fermo als Sohn eines Architekten

leitet das Institut für Halbleiter- und

auf dem Kopf stehende Schrift zu

und einer Hausfrau. Nach dem

Festkörperphysik an der Johannes

lesen. Das ist offenbar zu anstren-

Physikstudium in Camerino und

Kepler Universität in Linz. Mit ihren

gend. Kurzerhand schnappt er

Bologna forschte er über Halblei-

Reinräumen gilt die Einrichtung als

sich den Zettel und liest die Pas-

terphysik in Pavia. Bald darauf bot

führende Forschungsinstitution in

sage noch einmal. Ja, das stimme

sich die Gelegenheit, an die Eidge-

Österreich auf dem Gebiet der Na-

so, sagt er. Er legt mir den Zettel

nössische Technische Hochschu-

nostrukturen aus Halbleitermate-

wieder hin, trinkt einen Schluck

le im schweizerischen Zürich zu

rialien. »Was wir hier machen, ist

Kaffee und schaut mich aufmerk-

wechseln. Der junge Forscher sagte

einzigartig«, sagt der Institutsleiter.

sam durch seine Brille an. Ich frage

zu, konnte aber kein Wort deutsch.

2/2015


37

Professor Armando Rastelli: Der italienische Physiker leitet an der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich, das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik. Foto: JKU/Eder

Schwaben und Sachsen

»Also habe ich mir abends mit

ren brauchte. In dieser Zeit war er

Buch und Kassetten selbst deutsch

auch für drei Monate in Finnland

beigebracht«, sagt er und muss da-

am Optoelectronic Research Cen-

2007 hieß es erneut Umzugskar-

bei schmunzeln. »Das hat mir in

ter der TU Tampere und für vier

tons packen. »Mein Stuttgar-

Zürich anfangs wenig geholfen.«

Monate im italienischen Como

ter Chef bekam eine Professur

Schwizerdütsch sei eben etwas

am Labor für Nanostruktur-Epita-

in Dresden angeboten und frag-

ganz anderes.

xie und Silizium-Spintronik. Und

te mich, ob ich mitkomme«, er-

zu guter Letzt halfen ihm die an-

zählt Rastelli. Da es sich um eine

fangs so distanziert scheinenden

unbefristete Stelle handelte, griff

Schweizer sogar noch beim beruf-

er zu und wurde Abteilungslei-

lichen Wechsel.

ter am Leibniz-Institut für Fest-

Schweizer Lehrzeit »Der Wechsel in die Schweiz war

körper- und Werkstoffforschung.

eine große Umstellung für mich«,

Dieser Wechsel führte Rastelli

Ich frage ihn, wie er das Leben

sagt Rastelli. Er musste seine locke-

nach seiner Promotion in Pavia

unter Schweizern, Schwaben und

re italienische Small-Talk-Menta-

2003 nach Deutschland. Er wurde

Sachsen im Vergleich empfun-

lität etwas zügeln. »Als ich einmal

Gruppenleiter am Max-Plank-In-

den habe. Da muss er nicht lange

auf eine sehr wortreiche und of-

stitut für Festkörperforschung

überlegen: »Die Einstellung der

fenbar recht ziellos formulierte

in Stuttgart. »Mein Professor aus

Deutschen gegenüber Italienern

Frage keine Antwort erhielt, ha-

Zürich hatte ein Empfehlungs-

ist positiver als die der Schwei-

be ich schnell gelernt, mich klar

schreiben für mich dorthin ge-

zer«, antwortet er. Und die Sach-

und strukturiert auszudrücken.«

schickt, und die sagten zu.« Auch

sen seien wiederum lockerer als

er sagte zu und ahnte dabei nicht,

die Schwaben. »Bei denen heißt

Trotz solch kleiner Anfangs-

dass er in Stuttgart neben neuen

es immer ‚schaffe, schaffe’, das

schwierigkeiten blieb der junge

Erkenntnissen über das Wachs-

prägt auch die Forschung. In Dres-

Italiener statt der geplanten vier

tum von Halbleiterstrukturen

den sind die Leute gelassener und

Monate für anderthalb Jahre in

auch das Herz einer Frau gewin-

freundlicher.« Rastelli trinkt sei-

Zürich. Er fand hier alles, was er

nen würde. Heute sind die beiden

nen Kaffee aus. Gleich wird er auf-

für seine Doktorarbeit über Sili-

Eltern von siebenjährigen Zwil-

brechen, um der Verteidigung ei-

zium-Germanium-Nanostruktu-

lingsschwestern.

ner Doktorarbeit beizuwohnen.

2/2015


LIFE & BUSINESS | PORTRÄT

38

Professor Armando Rastelli wurde in Fermo, Italien, geboren. Heute lebt er im österreichischen Linz und ist Vater von Zwillingsschwestern. Foto: JKU/Eder

Mädchen im Reinraum

»Frauen in der Technik« und beim

Vorfreude auf 2016

»Girls’ Day« können die TeilnehAls ich kurz in meine Unterlagen

merinnen Führungen durch den

»Reinraumeinrichtungen für die

schaue, stützt sich der Wahlöster-

Reinraum erleben und Experi-

Ausbildung gibt es in Österreich

reicher mit den Ellenbogen auf

mente durchführen, zum Beispiel

nur hier in Linz und in Wien«, be-

die Tischkante und liest wieder

einen Wafer belichten. Die Begeis-

tont Professor Rastelli. Er selbst

mit. Seit 2012 lebt er nun in Linz

terung sei immer groß. Sogar das

kommt höchstens noch ein Mal

mit seiner schwäbischen Frau und

aufwendige Ankleideprozedere

pro Woche in den Reinraum. Dort

den Kindern. Er forscht an neuen

werde als eher lustig empfunden.

schaut er den Mitarbeitern über die

Halbleiterbauelementen auf Ba-

»Das Highlight ist immer die Luft-

Schulter. »Durch den Lehrbetrieb

sis von Galliumarsenid für An-

dusche«, berichtet Rastelli. Darü-

habe ich leider kaum noch Zeit,

wendungen in der Quantenoptik

ber hinaus gibt es die Veranstal-

selbst etwas auszuprobieren.« Doch

und Quantenkommunikation. Pri-

tung »Traumberuf Technik« für

das wird sich bald ändern. Das Lin-

vat liebt er Radfahren, Hardrock

beide Geschlechter, ebenfalls mit

zer Institut für Halbleiter- und Fest-

und Metal, Familienwanderun-

Reinraum-Führungen und Erklä-

körperphysik bekommt 2016 eine

gen und Astronomie. Für Letzte-

rungen. Außerdem, so der Haus-

neue Anlage zur Herstellung von

res kann er auch schon seine Töch-

herr, könnten angehende Master

Nanostrukturen auf der Basis von

ter begeistern. Apropos Mädchen

und Bachelor ihre Praktika zum

Galliumarsenid-Materialien. Dann,

und Wissenschaft. Sein Institut in

Teil im Reinraum absolvieren, was

so hat es sich Professor Rastelli fest

Linz bemüht sich sehr um weib-

sich für die meisten als Vorteil bei

vorgenommen, will er endlich wie-

lichen Nachwuchs für Berufe im

der Jobsuche erweise.

der selbst im Reinraum experimen-

Reinraum. Bei der Veranstaltung

2/2015

tieren. | Text: Frank Baecke


39

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2/2015


40

Science & Technology Technologie in Kürze

SCIENCE & TECHNOLOGY | IN KÜRZE

03

Baumaterial für Nanosysteme

ISC in Würzburg bietet jetzt eine Pi-

Informationen sendet er dann an ei-

lotanlage an, auf der Hersteller wich-

nen Empfänger. Da dem Mikrocom-

tige Material- und Prozessparameter

puter sowohl Tastatur als auch Dis-

Faden-Kristalle | Im Dünnschichtla-

vor dem Übertrag auf ihre Fertigungs-

play fehlen, wird er mit Lichtwellen

bor des Max-Planck-Institutes für In-

anlagen durchtesten und absichern

programmiert. Nach Angaben der For-

telligente Systeme in Stuttgart werden

können. Auf der Beschichtungsanlage

scher könnte »Michigan Micro Mo-

Faden-Kristalle hergestellt, die sich als

lässt sich mit unterschiedlichen Subs-

te« im Internet der Dinge sowie im

idealer Baustoff für kleinstformatige

traten, Beschichtungsmaterialien und

menschlichen Körper eingesetzt wer-

Roboter eignen. Die Kristalle in Form

Auftragsverfahren arbeiten. Dies er-

den. Die Entwicklungsarbeiten dauer-

von »Nano-Haaren« werden durch

öffnet Herstellern ganz neue Entwick-

ten zehn Jahre. Jetzt, so die Forscher, sei

Verdampfung von Metallen im Vakuum erzeugt. Sie haben ein vollkomme-

der Computer serienreif.

02

nes, defektfreies Gefüge und sind dadurch äußerst belastbar. Sie behalten

Menschenähnlicher Labor-Roboter

sogar unter mechanischer Beanspruchung ihre Form langfristig bei. Da-

Der Roboter-Hersteller Yaskawa zeigt

mit eignen sie sich als idealer Baustoff

auf der Messe ACHEMA vom 15. bis 19.

für intelligente Systeme im Nano-For-

Juni 2015 in Frankfurt am Main zwei

mat: Sie verbrauchen wenig Energie

Roboter-Modelle zum Einsatz in der

und springen bei mechanischer Belas-

Chemie- und Prozessindustrie, im La-

tung immer wieder in ihre Ausgangs-

bor- und Analysebereich sowie in der

form zurück.

01

lungsmöglichkeiten im Bereich der

Pharma-, Verpackungs- und Lagertech-

Beschichtungstechnologien. Die Rol-

nik. Der Handlingroboter Motoman

le-zu-Rolle-Anlage wird in einem Rein-

MH3BM erfüllt höchste Hygienestan-

raum der Klasse ISO 8 betrieben. Das

dards und kann für die Entwicklung

stellt qualitativ hochwertige und stö-

neuer Medikamente ebenso eingesetzt

rungsarme Beschichtungen sicher.

werden wie bei der Probenverarbei-

Computer im Reiskornformat Schneller Transfer vom Labor auf die Rolle

Miniaturisierung | Nur ein Kubikmillimeter groß ist der wahrscheinlich kleinste funktionsfähige Computer der Welt. Er wurde von Forschern an

Beschichtungen | Mit funktionali-

der Universität Michigan gebaut und

sierten Oberflächen können Unter-

auf den Namen »Michigan Micro Mo-

nehmen Produkte aufwerten und die

te« getauft. Der Winzling kann Drü-

Wertschöpfung steigern. Das Fraun-

cke und Temperaturen messen sowie

hofer-Institut für Silicatforschung

Fotos aufnehmen. Seine gewonnenen

2/2015

tung oder für pharmazeutische Dosierapplikationen. Seine Zulassung für

Bild 01: Die im Vakuum erzeugten Faden-Kristalle sind mechanisch äußerst belastbar. Foto: Dr. Gunther Richter Bild 02: Neue Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage im Fraunhofer ISC. Foto K. Dobberke für Fraunhofer ISC Bild 03: Einen menschenähnlichen Roboter, der komplexe Labortätigkeiten ausführen kann, stellt Hersteller Yaskawa in einer Live-Demozelle auf der ACHEMA lässt vor. Foto: Yaskawa


41 die Reinraumklasse ISO5 ermöglicht

unter anderem eingesetzt bei der Fer-

seinen Einsatz für Montage-, Hand-

tigung von Herzschrittmachern oder

ling- und Verpackungsaufgaben in

auch bei Funktionsprüfungen, etwa

den Labor- oder Produktionsanlagen

von Spritzen oder Inhalatoren. Die Ein-

vieler Industrien.

heiten sind als Modul zur Integration in bestehende Anlagen oder als Präzi-

Daneben stellt Motoman den men-

sionsarbeitsplatz lieferbar. Letzterer

schenähnlichen Roboter CSDA10F vor.

eignet sich für das präzise Fügen und

Er wurde speziell für die Hygienean-

Krimpen von Einzelteilen oder Bau-

forderungen in Labors entwickelt und

gruppen und verfügt über eine integ-

ist prädestiniert für den Einsatz in der

rierte Qualitätskontrolle. Darüber hi-

schnell abgebaut und ausgeschie-

Biomedizin-Synthese und in der che-

naus stehen dem Anwender speziell

den. Zudem können sie oftmals nicht

mischen Analytik.

abgedichtete Einheiten für Anwen-

die Barriere zwischen Blutkreislauf

dungen im Reinraum zur Verfügung.

und Gehirn überwinden. Diese Pro-

Reinraumtaugliche Servopresse

Nanomedikament schützt Nerven

Foto: psdesign1

im Organismus viele Moleküle zu

bleme lösten die Forscher nun mit Hilfe von Nanoteilchen, die sie mit dem Wirkstoff Adenosin, der auf die Rezeptoren des Nervensystems

Messeneuheit | Die Berliner PROMESS

Forschungserfolg | Wissenschaftler

wirkt, koppelten. Durch diese Kom-

Gesellschaft für Montage- und Prüf-

der Universität Hacettepe im türki-

bination wird der Abbau des Wirk-

systeme mbH präsentierte Ende Ap-

schen Ankara haben ein Nanome-

stoffes durch den Stoffwechselpro-

ril in Stuttgart auf der Messe Medtec

dikament entwickelt, mit dem sich

zess verzögert, die Überwindung der

2015 eine Auswahl ihrer hochpräzi-

Erkrankungen wie Knochenmark-

Blut-Hirn-Schranke verbessert und

sen Servopressen, darunter auch eine

verletzungen und Schlaganfälle bes-

die Einwirkung auf die Neuronen

neu entwickelte Reinraumpresse. Die

ser behandeln lassen. Bisher werden

erhöht. Nebenwirkungen wurden

Fügemodule des Herstellers werden

bei der Abgabe von Medikamenten

nicht beobachtet.

2/2015


42

Damit der Reinraum nicht zum Kostentreiber wird

SCIENCE & TECHNOLOGY | EFFIZIENZ IM REINRAUM

Deutliche Energie- und Kosteneinsparungen lassen sich oft schon mit geringen Veränderungen realisieren. Das Betreiben von reinen Produktionsumgebungen erfordert hohe Aufwendungen für technische Ausstattungen und professionelle Reinigungsprozesse. Hinzu kommen laufende Ausgaben für Verbrauchsgüter wie Handschuhe, Tücher und Kleidung. Mit gezielten Optimierungen können Kosten und Aufwand reduziert werden. Das Spektrum an Möglichkeiten ist breit.

Ist der Reinraum bereits errichtet, lassen sich die laufenden Kosten für Betrieb, Wartung, Schulung und Betreuung oft durch das Drehen an bestimmten Stellschrauben deutlich reduzieren. »Muss ich wirklich 50 plus/minus fünf

Wenn dem Controller beim Blick

heft steht aber oft nur drin, was

Prozent Luftfeuchte einhalten und

auf die Energierechnung die Ge-

man mit der Anlage machen will,

damit über einen langen Zeitraum

sichtszüge entgleisen, dann dau-

nicht wie die Energieplanung aus-

im Jahr viel Energie zum Be- und

ert es nicht lange, bis der Ruf nach

sehen soll«, verweist Steffen Röhm

Entfeuchten aufwenden, oder ge-

Kostensenkung laut wird. Leider er-

auf ein häufiges Manko. Wer also

nügt auch der für Menschen be-

fordert das Erzeugen und Aufrecht-

einen Reinraum neu konzipiert,

hagliche Bereich von 35 bis 65 Pro-

erhalten bestimmter Reinraumklas-

der sollte die Energieplanung be-

zent, wenn es keine Vorgaben für

sen viel Energie in Form von Wärme,

ziehungsweise den energetisch

das Produkt gibt, so dass ich we-

Kälte und Strom. Doch dagegen lässt

sinnvollen Betrieb mit ins Lasten-

niger nachregeln muss und Ener-

sich etliches unternehmen. Exper-

heft aufnehmen. Die technischen

gie sparen kann«, nennt Qualifi-

ten warnen allerdings vor blindem

Möglichkeiten reichen von einer

zierungsingenieur Steffen Röhm

Aktionismus. »Eine Energiesparmaßnahme darf nicht so viel kosten, dass sie sich auch in 30 Jahren noch nicht rechnet«, mahnt Steffen Röhm. Er ist Projektleiter im Competence Center Engineering der Pharmaserv GmbH & Co.KG im hessischen Marburg.

Energieplanung muss ins Lastenheft

Der Einkauf von Reinraumprodukten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden.« Carsten Moschner, Geschäftsführer dastex

Wer mit seinem Reinraum sozu-

energetisch optimierten Gebäu-

ein Beispiel. Weitere prozessbe-

sagen auf der weißen Leinwand

dehülle über hohe Umluftantei-

zogene Einsparmöglichkeiten bö-

beginnt, der kann mit dem Ener-

le, Entfeuchtung mit Direktver-

ten das Anpassen von Kanaldruck

giesparen bereits im Lastenheft

dampfung und Nachheizung über

und Raumtemperatur, die Fest-

anfangen. Denn darin werden

die Heißgasnutzung oder auch das

legung tatsächlich notwendiger

die wirtschaftlichen, technischen

Heizen und Kühlen mit Wärme-

Reinraumklassen und -größen so-

und organisatorischen Erwartun-

pumpe bis hin zum Absenkbetrieb

wie das Minimieren der Luftwech-

gen des Auftraggebers an seine

nach Produktionsschluss.

selraten auf ein sinnvolles Niveau.

Anlage festgehalten. »Im Lasten-

2/2015


43 Vergleich der Luft-Reinheitsklassen nach der Partikelkonzentration ISO 14644-1

GMP

US Fed Std 209E*

ISO Klasse 1 ISO Klasse 2 ISO Klasse 3 1 ISO Klasse 4 10 ISO Klasse 5 A/B 100 ISO Klasse 6 1 000 ISO Klasse 7 C 10 000 ISO Klasse 8 D 100 000 ISO Klasse 9

0,1 10 100 1 000 1 240 10 000 12 400 100 000 1 000 000 -

0,2 2 24 237 265 2 370 2 650 23 700 26 500 237 000 -

Partikelgrenzwerte (µm/m3) 0,3 0,5 10 4 102 35 106 35,3 1 020 352 1 060 353 10 200 3 520 3 520 10 600 3 530 102 000 35 200 35 300 352 000 352 000 353 000 3 520 000 3 520 000 3 520 000 35 200 000

1 8 83 832 8 320 83 200 12 461 832 000 124 610 8 320 000

5 29 20/29 293 247 2 930 2 900 2 470 29 300 29 000 24 700 293 000

*Der US-Federal-Standard 209E wurde im Jahr 2001 von der ISO 14644-1 abgelöst und ist nicht mehr gültig.

Mehr Effizienz durch moderne Filter

bierung des Druckverlustes«, betont Frank Spehl. Mit anderen Worten:

Luftwechselraten optimieren

Die neuen synthetischen LuftfilterGroßen Einfluss auf die Betriebs-

medien bieten eine viel höhere Ab-

Weitere kostensenkende Tipps

kosten haben auch die Filter. »Die

scheideleistung bei wesentlich effi-

hat Jürgen Blattner parat. Der In-

Krux hierbei ist: Eine hohe Ab-

zienterem Energieeinsatz. Positiver

haber des BSR Ingenieur-Büros im

scheideleistung erfordert zunächst

Nebeneffekt: Auch die Prozesssi-

baden-württembergischen Ober-

einmal einen hohen Energieauf-

cherheit steigt und damit die Qua-

hausen-Reinhausen ist auf Qualifi-

wand«, sagt Frank Spehl, Vertriebs-

lität der im Reinraum hergestellten

zierung und Monitoring von Rein-

leiter der AAF Lufttechnik GmbH

Produkte.

räumen spezialisiert. Der studierte

im nordrhein-westfälischen Ober-

Verfahrenstechniker verweist dar-

hausen. »Der Energiebedarf der

Doch selbst die besten Filter müs-

auf, dass nirgends vorgeschrieben

Filter soll aber reduziert werden -

sen eines Tages ausgetauscht wer-

sei, wie oft die Luft in einem Rein-

hier standen wir bisher vor einem

den. Für den Reinraumbetreiber ist

raum gewechselt werden müsse. »Es

Dilemma.«

das ist ein teures Vergnügen, denn

ist ja schließlich ein Unterschied,

das Öffnen der Decke bedeutet nicht

ob zwei oder zehn Leute im Raum

Neue Entwicklungen brachten

nur Produktionsstillstand, sondern

sind«, nennt Blattner den Grund. Er

die Lösung. Wurden die Filter zu-

auch eine große Verschmutzung des

empfiehlt Betreibern, die Partikel-

vor aus einem groben Vorfilterme-

Reinraums. Frank Spehl sagt hierzu:

konzentration im Reinraum über

dium mit dahinter liegendem fei-

»Den Aufwand des Filterwechsels

einen gesamten Arbeitstag hinweg

neren Material hergestellt, stehen

haben Sie sowieso irgendwann. Aber

messen zu lassen. So werde sichtbar,

heute neuartige Nanowave-Struk-

das Wann können Sie beeinflussen.

wie hoch die Partikelkonzentration

turen zur Verfügung. »Diese Mate-

Darum ist es sinnvoll, teure, aber gu-

nach Arbeitsbeginn durch das Ein-

rialien bewirken nahezu eine Ver-

te Filter mit langer Standzeit zu kau-

schleusen von Personen und Ma-

dopplung der abscheidewirksamen

fen. Dann müssen Sie die Filter selte-

terial ansteige, wie weit sie danach

Filterfläche bei gleichzeitiger Hal-

ner austauschen und sparen Geld.«

wieder absinke, wie hoch sie nach

2/2015


44 Kein Geiz-ist-geil bei Verbrauchsmaterialien

der Frühstückspause wieder anstei-

einer Wartung oder Instandhaltung

ge und bis zur Mittagspause wieder

von betriebswirtschaftlicher Rele-

absinke und so weiter. Wer seine ty-

vanz, betont Jürgen Blattner: »War-

pischen Verläufe kenne, der könne

ten Sie mit einem Filteraustausch

Hinterfragen sollten Reinraumbetrei-

die Luftwechselraten optimal an die

nicht so lange, bis 90 Prozent der

ber auch ihre Kosten für Verbrauchs-

Prozesse anpassen. »Auf diese Weise

Standzeit erreicht sind.

güter wie Handschuhe, Kleidung,

konnten wir zum Beispiel bei einem

Irgendwann ist ein neuer Filter

Tücher, Swabs und Reinigungsmit-

Kunden die Luftwechselrate um 20

günstiger als der Energieaufwand

tel. Genauer gesagt: nicht die Kosten,

Prozent reduzieren«, beziffert Jür-

für den Leistungsverlust des alten

sondern das Kosten-Nutzen-Verhält-

gen Blattner den Lohn der Mühe.

Filters.«

nis. »Es bringt Ihnen nichts, wenn die

Weniger Technik, weniger Wartungsaufwand

Wurden Änderungen an einer An-

günstigsten Preises bestellt werden

lage vorgenommen, muss der Be-

und Ihnen dadurch Mehrkosten in

treiber sicherstellen, dass sie sich

der Produktion entstehen«, sagt Cars-

anschließend weiterhin im quali-

ten Moschner. Er ist Geschäftsführer

fizierten Zustand befindet. Zahl-

der dastex Reinraumzubehör GmbH &

Bei der Auslegung eines Reinrau-

reiche Normen, Richtlinien und

Co.KG in Muggensturm am Fuße des

mes sollten Betreiber auch darauf

Verordnungen beschreiben zwar

Schwarzwaldes. Fast noch harmlose

achten, dass sie diesen nicht über-

die Notwendigkeit und Vorgehens-

Beispiele für solche Opportunitäts-

dimensionieren. Denn je mehr

weisen bei einer Requalifizierung,

kosten sind unter anderem schlechte

Technik sie einbauen lassen, des-

enthalten aber oft keine Hinweise

Bekleidung, die vorzeitig ausgetauscht

to aufwendiger werden Wartung

auf deren Häufigkeit. Dr. Lothar

werden muss, oder ungeeignete Tü-

und Instandhaltung. Und da kommt

Gail, Berater und Experte für Rein-

cher, die durch ihre geringere Reini-

mehr zusammen, als es auf den ers-

raum- und Steriltechnik, emp-

gungsleistung mehr Arbeit verursa-

ten Blick scheint. Denn regelmä-

fiehlt Reinraumbetreibern darum,

chen.

ßig gewartet werden müssen nicht

die Zuverlässigkeit ihres Prozes-

nur die Prozessmaschinen im Rein-

ses für die Qualität des Produk-

Richtig teuer wird es dagegen, wenn

raum, sondern zum Beispiel auch

tes als Maßstab zu nehmen. Hilf-

nach der Geiz-ist-geil-Methode ein-

die Elektro-, Lüftungs-, Heizungs-

reich hierfür sei das Hinterfragen

gekaufte Verbrauchsgüter die eige-

und Kältetechnik, die Anlagen für

der Messungen. »Sind diese ange-

nen Produkte schädigen. Carsten Mo-

technische Gase, Wasseraufberei-

messen, dann kann ich entschei-

schner kennt solche Fälle zur Genüge.

tung und Druckluft, die MSR-Tech-

den, ob eine erneute Prüfung in

Eine Firma im Halbleiterbereich etwa

nik und das GMP-Monitoring. Ne-

24 Monaten ausreichend ist, oder

sparte durch den Einkauf von Nitril-

ben diesen Arbeitsumfängen an

ob ich alle sechs Monaten prüfen

handschuhen einen fünfstelligen

sich sei auch der richtige Zeitpunkt

muss«, erklärt Dr. Gail.

Eurobetrag im Jahr ein, erlitt aber einen deutlich höheren Schaden in der Produktion, weil die Handschuhe zu Korrosion auf den Wafern führten. In einem Unternehmen der Optikindustrie zerstörte ein »falsches« ReinFoto: www.cl-ex.com

SCIENCE & TECHNOLOGY | EFFIZIENZ IM REINRAUM

Verbrauchsgüter nur aufgrund des

raumtuch durch Ausgasung vollständig die optische Oberfläche eines sehr teuren Objektes, ohne dieses überhaupt berührt zu haben.

Produkte aus Edelstahl wie dieser Reinigungswagen sind prädestiniert für den Reinraum. Die glatten Oberflächen lassen sich besonders gut reinigen, zudem ist Edelstahl sterilisierbar.

2/2015


45 »Der Einkauf von Reinraumprodukten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden«, warnt Carsten Moschner. »Ich sage: Kosten sparen ja, aber in Relation.« Bei Handschuhen zum Beispiel sollten Reißfestigkeit, Dichtheit Foto: www.cl-ex.com

und Beständigkeit gegen Chemikalien kaufentscheidend sein und nicht der beste Preis. »Wenn ich beim Anziehen schon jeden zweiten Handschuh zerreiße, dann spare ich nichts«, sagt Moschner. Ähnliches gelte für die Auswahl von Tüchern. »Wenn Sie Ihren Fingerprint auf dem Handy mit einem Zellstofftaschentuch wegwischen wollen, dann brauchen Sie recht lange.

Für einen effizienten Betrieb sorgt auch die Auswahl von Reinraummobiliar, das sich leicht reinigen lässt.

Aber mit einem Mikrofasertuch geht das sehr schnell«, verdeutlicht Mosch-

mische Belastung des Autoklavie-

cken oder zu nass sein«, sagt Diet-

ner das Optimierungspotenzial. Wer

rens aushalten und trotzdem noch

mar Pfennig. Ist der Mopp zu trocken,

sich vorab damit auseinandersetze,

gut reinigen.

frohlocken die Keime. »Das Wasser, das wir auf den Boden bringen, ist

ob er Plexiglas- oder Edelstahloberflächen zu reinigen hat, ob er Öl, Fett, lose

Für Reinigungswagen und Geräte

wie eine Straßenbahn, mit der das

Partikel oder chemische Verbindun-

sollte unbedingt Edelstahl verwen-

Desinfektionsmittel zu den Keimen

gen entfernen muss, der könne treff-

det werden, weil dieser sterilisierbar

kommt«, erklärt Pfennig. Ein Filmab-

sicher entscheiden, mit welchem Tuch

ist. Auch sollten die manuellen Sys-

riss bedeutet somit: keine Desinfek-

er den größten Effizienzvorteil erzielt.

teme immer über offene Abschlüs-

tion. Ist der Mopp hingegen zu nass,

se und abgerundete Kanten verfü-

kommt es zum Schichtaufbau. Man

gen, weil diese leicht zugänglich

kennt dieses Phänomen von den kle-

und daher gut zu reinigen sind. Die

benden Krankenhaus-Fußböden.

Effizienter Reinigen

Verbindungen an Geräten sollten Vom Einfluss der Einkäufer kann

entweder fest und ohne Fugen oder

Pfennig löste das Zu-nass-zu-tro-

auch Dietmar Pfennig ein Lied sin-

zum Abnehmen gestaltet sein, um

cken-Problem durch die Entwick-

gen. »Wenn für die Reinraumreini-

Ansammlungen von Partikeln und

lung eines geschlossenen Systems,

gung kein geeignetes, geprüftes oder

Mikroorganismen zu vermeiden.

in dem der Mopp von selbst immer

nicht zertifiziertes Equipment ge-

Letztere lagern sich auch an une-

mit derselben Lösungsmenge durch-

kauft wird, dann kann das dazu füh-

benen Schweißnähten und in Haar-

tränkt wird. Damit lässt sich in der

ren, dass sie im Reinraum etwas vor-

rissen ein. Allein ein Haarriss von

manuellen Reinigung eine reprodu-

finden, was sie dort nicht vorfinden

nur drei Millimeter Länge und drei

zierbare Qualität erzielen. Und allen

wollen«, sagt der Geschäftsführer

Hundertstel Millimeter Tiefe bietet

Kunden, die da geringschätzig sa-

der Pfennig Reinigungstechnik Gm-

Platz für 100.000 Mikroorganismen.

gen, es gehe doch nur ums Putzen,

bH im süddeutschen Durach. Baum-

entgegnet Dietmar Pfennig: »Reini-

wollfaser-Mopps zum Beispiel gä-

Neben der Auswahl reinraumopti-

gung und Desinfektion beeinflussen

ben bis zu 100.000 mal mehr Partikel

mierter Produkte haben auch die

eine Reinraum-Produktion genau-

ab, weil Baumwolle keine Endlos-

Reinigungsmethoden einen Ein-

so wie eine lufttechnische Anlage.

faser sei, sondern eine kurze Faser.

fluss auf den effizienten Betrieb von

Die Anlage wird einmal konzipiert,

Schon dieses Beispiel zeige, welches

Reinräumen. »Das Problem ist: Men-

dann läuft sie – richtige Wartung

Effizienzpotenzial in der Verwen-

schen arbeiten verständlicherweise

vorausgesetzt. Reinigung und Des-

dung von optimierten Systemen lie-

niemals exakt gleich, dadurch sind

infektion aber sind individuell und

ge. Mopps sollten aus Textilfasern

Vorgänge nicht reproduzierbar. Ein

werden von Menschen ausgeführt,

bestehen, die die mechanische Be-

Mopp beispielsweise könnte folglich

darum ist eine reproduzierbare

lastung des Reinigens und die ther-

nach dem Tränken entweder zu tro-

Qualität so wichtig.«

2/2015


46

Studierende gründen GMP-Schule

SCIENCE & TECHNOLOGY | GMP-SCHULE

Absolventen organisieren auf eigene Faust Lehrveranstaltungen zum Thema GxP.

In Eigeninitiative haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten gemeinsam eine GMP Spring School aus der Taufe gehoben. Damit wollen sie ihre Studiengänge um einen kleinen, aber wichtigen Baustein erweitern: das Wissen über Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arzneimitteln, Kosmetika und Lebensmitteln.

vermittelt. Dieser Lehrgang in Halle an der Saale war so erfolgreich, dass umgehend über Folgeveranstaltungen nachgedacht wurde. Das Ergebnis: Die Studenten gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und schufen damit geeignete

Viele gut ausgebildete Absolventen

versität Halle das Projekt »GMP für

Rahmenbedingungen für die erfolg-

aus naturwissenschaftlichen Stu-

Studenten« aus der Taufe.

reiche Fortführung des Projektes.

diengängen stellten nach dem Beginn ihrer beruflichen Laufbahn fest, dass ihnen gewisse Kenntnis-

GxP in kompakter Form

se über die gesetzlichen Regelun-

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Für die nächste Veranstaltung in Dresden meldeten sich be-

gen im LifeSciences-Bereich fehlen.

In dem einwöchigen Lehrgang wur-

reits 150 Interessenten an. Dieser

Da dieses Wissen an Hochschulen

de den Spätsemester-Studierenden

Lehrgang fand vom 09. bis 13. März

nur selten vermittelt wird, starteten

und Berufsanfängern das regula-

2015 im Dresdner Zentrum für Re-

Studierende aus Halle an der Saale,

torische Umfeld der Guten Labor-

generative Therapie statt. Die Orga-

Leipzig und Dresden eine beispiel-

praxis (GLP), der Guten Klinischen

nisatoren hatten hierzu mit viel En-

hafte Eigeninitiative. Sie hoben mit

Praxis (GCP), der Guten Herstel-

gagement und Einsatz kompetente

Unterstützung der Studentischen

lungspraxis (GMP) und der guten

Vertreter der regionalen LifeScien-

Förderinitiative der Naturwissen-

Verteilungspraxis (GDP), kurzum

ce-Industrie als Referenten gewin-

schaften e.V. der Martin-Luther-Uni-

alles zu »GxP« in kompakter Form

nen können.

Win-Win-Situation für die Region Mit ihrer Idee »GMP für Studenten« fanden die Organisatoren bei den Industrievertretern schnell offene Ohren. Bereits erste Anfragen wurden meist wohlwollend aufgenommen. Warum hatten die Studierenden mit ihrer Idee so großen

Die von drei ostdeutschen Universitäten initiierte GMP Spring School wendete sich an Studierende und Doktoranden der Lebenswissenschaften. Foto: Philip Franke

2/2015


47

Müsliboard mit 48 Portionsbechern (à 85g Bio-Müsli) Folgebestellung zum Vorzugspreis Lieferrhythmus wählbar, keine Mindestlaufzeit

DE-ÖKO-037 EU-/ Nicht-EULandwirtschaft

2/2015


SCIENCE & TECHNOLOGY | GMP-SCHULE

48

Erfolg? Weil das Konzept für eine Win-Win-Situation auf regionaler

Praxisnahe Wissensvermittlung

Ebene sorgt. Einerseits wird das An-

Die Veranstalter von »GMP für Studenten« hatten auch begleitende Prozesse ins Programm aufgenom-

liegen der Studierenden, ihre Wis-

Da viele der zur Veranstaltung »GMP

men. Hierzu waren Referenten aus

senslücken vor dem Berufsstart zu

für Studenten« eingeladenen Fach-

der Logistik und dem Reinraum-Ma-

schließen, durch lokale Fach- und

leute beruflich im GMP-Umfeld zu-

nagement eingeladen.

Sachkompetenz unterstützt, ande-

hause sind, konnten sie die Themen

rerseits erleichtern die entstande-

sehr praxisnah und lebendig prä-

nen Kontakte den Unternehmen

sentieren. Weitere Vortragende aus

die Rekrutierung künftiger Mitar-

experimentellen und präklinischen

beiter aus dem Kreis der enthusi-

Forschungseinrichtungen betonten,

Der Vertreter eines weltweit operie-

astischen Lehrgangsteilnehmer.

wie wichtig es sei, dass die Entwick-

renden Logistikdienstleisters berich-

Tatsächlich war auch für diesen

lung innovativer diagnostischer und

tete dabei über die Möglichkeiten

Aspekt viel Zeit vorgesehen wor-

therapeutischer Konzepte innerhalb

und Risiken des (fälschungs-)siche-

den. Die eingeladenen Industriever-

der regulatorischen Rahmenbedin-

ren Transports von Arzneimitteln und

treter hatten die Möglichkeit, ihre

gungen erfolgen muss. Denn wer

Analyseproben. Abgerundet wurde

Unternehmen ausführlich vorzu-

die Anforderungen der Guten La-

der Lehrgang durch einen Überblick

stellen. Mehr noch: Mitarbeiter aus

borpraxis (GLP) und der Guten Kli-

über GMP-Anforderungen aus Behör-

den Human-Resources-Abteilun-

nischen Praxis (GCP) unterschätze,

densicht.

gen wurden aufgefordert, die Re-

der gehe Risiken ein, durch die in-

krutierungspolitik ihrer Unterneh-

novative Projekte schnell in einem

Die Teilnehmer von »GMP für Stu-

men darzulegen.

Desaster enden können.

denten« erhielten ein Zertifikat.

GMP reicht über Reinraum hinaus

Dieses dürfte ihnen Vorteile bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bringen. Der nächste Lehrgang ist bereits in Planung und wird im Juli in der Saalestadt Halle stattfinden. Informationen gibt es im Internet unter www.gmp-kurs.de. Text: Dr. Rüdiger Laub Bild oben: Auch das gar nicht so einfache Anziehen von Reinraumanzügen konnte trainiert werden. Foto: Eleni Patelakis Bild links: Voller Hörsaal: Das Interesse der Studierenden, ihr Wissen über GMP-Regularien zu erweitern, war groß. Foto: Philip Franke

2/2015


Was machen Sie da, Stefan Grilec?

49

»Mein Name ist Stefan Grilec. Seit

ne Schlauchsysteme für die Ein-

nung werden dann die pharma-

März 2012 bin ich bei der Tecno Plast

mal-Anwendung in der Pharmain-

zeutischen Anschlüsse verbaut

Industrietechnik GmbH in Düssel-

dustrie. Diese Schlauchsysteme

und befestigt. Zum Schluss folgt

dorf als Produktionsmonteur tätig.

werden individuell nach Kunden-

die Mehrfachverpackung mit Eti-

Meine Aufgaben umfassen die Fer-

wunsch gestaltet, wodurch ihrer

kettierung. Die Daten auf dem Eti-

tigung von Single-Use-Systemen im

Form und Größe kaum Grenzen

kett stellen die Rückverfolgbarkeit

Rein- und Sauberraum sowie die

gesetzt sind. Während der Pro-

der Chargen und die genaue Pro-

Kontrolle von Zulieferteilen und

duktion erfolgt der Zuschnitt der

duktzuordnung sicher. Falls ge-

Rückstellmustern.

Schläuche auf die gewünschten

wünscht, werden die Produkte an-

Im Reinraum fertige ich hochrei-

Längen. Gemäß technischer Zeich-

schließend gammasterilisiert. Um die Schlauchsysteme vor Kontaminationen zu schützen, ist ein sehr gewissenhaftes und reines Arbeiten nötig. Darum muss während der gesamten Produktionszeit im Reinraum nicht nur Schutzkleidung getragen werden, sondern auch regelmäßig eine Reinigung und Desinfektion der Arbeitsflächen nach genauen Vorgaben stattfinden. Die Tätigkeit im Reinraum erfordert somit ein sehr hohes Maß an Eigenverantwortung hinsichtlich der reinen und sachgemäßen Herstellung der Produkte. Die bereits gefertigten Systeme versehe ich hier mit einer ersten Umverpackung.«

Stefan Grilec ist Reinraum Produktions-Monteur bei der TECNO PLAST Industrietechnik GmbH in Düsseldorf, einem Veredler von Schläuchen für die Pharma- und Chemieindustrie mit angeschlossener Reinraumproduktion. Foto: Lisa Dämmer

2/2015

SCIENCE & TECHNOLOGY | WAS MACHEN SIE DA...?

Kurzprofile aus der Reinraumbranche


50

Regularien – lästige Pflicht oder geldwerte Tipps?

SERVICE | RECHT UND REGULARIEN

In den Normen und Richtlinien stecken viele Hinweise auf Effizienzsteigerungen.

Die Einhaltung sämtlicher Vorschriften für das Betreiben von Reinräumen verursacht hohe Betriebskosten. Doch es gibt Möglichkeiten, diese Kosten zu reduzieren, ohne die Regularien zu verletzen.

die Spezifikation bereits bis auf 0,3 Meter pro Sekunde plusminus 20 Prozent ausgeweitet wurde, findet laut Dr. Gail bisher noch wenig Beachtung. Aktuelle Studien belegen sogar, dass die tur-

Schon Goethe stöhnte: »Wenn man alle

für Reinraumtechnik (ICCCS) ist unter

bulenzarme Verdrängungsströmung

Gesetze studieren sollte, so hätte man

anderem auch im VDI-Fachausschuss

selbst noch bei 0,2 Meter pro Sekunde

gar keine Zeit, sie zu übertreten.« In die-

Reinraumtechnik und in der interna-

erhalten bleibt. »Der Wert von 0,45 sagt

se Klage können heutige Betreiber von

tionalen Reinraumnormung tätig. Aus

also gar nichts«, konstatiert Dr. Lothar

Reinräumen laut einstimmen. Denn

seiner Beratertätigkeit weiß Dr. Gail: »In

Gail. »Entscheidend ist daher nicht das

wer den Überblick über alle regulato-

aller Regel werden die Möglichkeiten

Einhalten einer bestimmten Luftge-

rischen Anforderungen an Design, Bau

zur Effizienzverbesserung nicht aus-

schwindigkeit, sondern das Aufrecht-

und Betrieb von Reinräumen behalten

geschöpft.«

erhalten der unidirektionalen Verdrän-

will, der steht vor einer enormen Her-

gungsströmung.« Wie stark diese sein

ausforderung. Und das ist nur die eine

Das beginnt schon bei der Luftge-

müsse, hänge vom individuellen An-

Seite der Medaille. Die andere Seite ist,

schwindigkeit im Reinraum, mit der

wendungsfall ab. Aktuelle Regulari-

aus den zahlreichen Normen, Regeln,

luftgetragene Kontaminationen vom

en verzichteten daher auf eine Stan-

Richtlinien und Leitfäden die richtigen

Produkt ferngehalten werden sollen.

dard-Spezifikation.

Schlussfolgerungen für den eigenen

Die Standard-Spezifikation hierfür lau-

Reinraum zu ziehen und die Vorgaben

tet 0,45 Meter pro Sekunde plusminus

Möglichkeiten zur Kostenoptimierung

so umzusetzen, dass die Betriebskosten

20 Prozent. Diese Spezifikation hatten

beim Reinraumbetrieb bieten auch Bar-

im Rahmen bleiben.

US-Forscher einst in den 1960-er Jah-

rieretechniken. Sie helfen, den Energie-

ren festgelegt und dann gebetsmüh-

verbrauch für die Aufbereitung und den

»Die Reinraum-Regularien enthalten

lenartig so lange wiederholt, bis sie

Transport der enormen Luftmengen

vielfältige Hinweise darauf, wie sich

sich als Standard etablierte. Das Pro-

zu senken. Dies gelingt, indem die Pro-

ein Reinraum effizient betreiben lässt«,

blem hierbei ist, dass diese Vorgabe ei-

zessflächen für die kritischen Arbeits-

betont Dr. Lothar Gail. Der Mitbegrün-

nen maßgeblichen Kostenfaktor für

schritte möglichst klein gehalten wer-

der der Internationalen Gesellschaft

den Energieverbrauch darstellt. Dass

den. Empfehlungen hierzu enthält die

Einstieg in die Reinraumtechnik Auf der Cleanzone 2015, der Internationalen Fachmesse für Reinraumtechnologie am 27. und 28. Oktober in Frankfurt am Main, erwartet die Messebesucher eine Diskussionsrunde zum Thema »Einstieg in die Reinraumtechnik«. Auf dem Podium werden Branchenexperten darüber referieren, wie Zulieferer erfolgreich in die Reinraumbranche vorstoßen können und welche Anforderungen sie nicht unterschätzen dürfen. Anwender von Reinraumtechnologien erfahren hier, wie sie qualifizierte Lieferanten und geeignete Mitarbeiter finden können. Die Veranstaltung »Einstieg in die Reinraumtechnik« findet am 28. Oktober in der Cleanzone Plaza statt. Die Vorträge auf der Cleanzone Plaza sind für alle Besucher kostenfrei nutzbar.

2/2015


51 Wichtige Reinraum-Regularien

VDI 2083 »Reinraumtechnik«

ISO 14644

GMP-Leitfaden

Diese Richtlinienreihe legt die

Die EN ISO 14644 ist eine interna-

Der EU-GMP-Leitfaden für

Anforderungen an die Reinheit

tionale Norm für die Produktion

Human- und Tierarzneimittel

der Raumluft, des Arbeitsplatzes

in Reinräumen sowie für zugehö-

enthält Richtlinien zur Quali-

(Oberflächen, Maschinen, Werk-

rige Reinraumbereiche. Sie lös-

tätssicherung in der Produktion

zeuge), der Prozessmedien (Gase,

te den US Federal Standard 209E

von Arzneimitteln, Kosmetika,

Flüssigkeiten, Chemikalien) so-

ab. In der ISO-Norm sind die

Lebens- und Futtermitteln.

wie der Personen in den verschiedenen Branchen fest.

Reinraumklassen festgelegt.

VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Energieef-

und Qualitätsfaktor zu planen. »Es lohnt

schaltung zwischen Produktionsbe-

fizienz). Diese Richtlinie beschreibt rein-

sich, darüber nachzudenken, welche

trieb und Absenkbetrieb automatisiert

raumspezifische Energie-Einsparpoten-

Druckkaskade man wirklich braucht.«

erfolgen und mit einer Zugangskont-

ziale. Reinraumbetreibern wird hierin

Um zum Beispiel zwei Räume abzugren-

rolle verknüpft werden.

geraten, die Prozesse mit den höchsten

zen, die durch eine Tür oder ein Fenster

Reinheitsanforderungen möglichst in

verbunden seien, benötige man nicht

Welche geldwerten Vorteile ein abge-

abgetrennten Bereichen auszuführen.

einmal fünf Pascal. Dazu reichten sogar

senkter Betrieb nach VDI 2083, 4.2 brin-

Der Grund: Werden die kritischen Pro-

ein oder 0,5 Pascal.

gen kann, erläutert Dr. Lothar Gail am

zesse von der äußeren Umgebung ab-

Fallbeispiel eines Unternehmens mit

getrennt, können die Flächen mit sehr

Labor, Galenik, Klinikmusterherstel-

hohen Luftreinheitsanforderungen so-

lung und Tierhaltung. Die Verantwort-

wie die Zahl der Luftwechsel reduziert

lichen standen vor der Frage, ob sich

werden. Dies bietet neben der Energie-

die Absenkung des Befeuchtungsbe-

einsparung noch einen weiterer Vorteil:

triebs rentieren würde. Hierzu wur-

»Je kleiner eine Prozessfläche ist, desto

den zwei Varianten vorgeschlagen:

besser wird die Qualität des Produktes,

eine geringe Anlagenänderung mit

weil sich Kontaminationen, insbesondere durch das Personal, leichter vermeiden lassen«, sagt Dr. Lothar Gail.

durchaus deutlichen Einsparungen Dr. Lothar Gail gilt als renommierter Experte für Reinraum- und Steriltechnik, Pharmazeutische Technologie, Partikelmesstechnik und Reinstmedienversorgung. Foto: René Dreyer

Kostensenkungspotenzial steckt des

sowie eine größere Anlagenänderung für die maximal mögliche Einsparung. Die erste Variante umfasste die Nachtabsenkung der Befeuchtung für La-

Weiteren im Thema Druckdifferenz.

Die VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Ener-

bor, Galenik und Klinikmusterherstel-

In der ISO-Norm 14644-4 (Planung, Aus-

gieeffizienz), hält noch eine weitere

lung von 43 auf 35 Prozent sowie für

führung und Erst-Inbetriebnahme von

Einsparmöglichkeit bereit, nämlich

die Tierhaltung von 48 auf 35 Prozent.

Reinräumen und zugehörigen Berei-

den reduzierten Betrieb oder Absenk-

Die Kosteneinsparung betrug hierbei

chen) sind Druckunterschiede zwischen

betrieb für produktionsfreie Betrieb-

35 Prozent. Die zweite Variante um-

den angrenzenden Reinraumbereichen

sphasen. Der Absenkbetrieb kann, so

fasste eine generelle Absenkung der

von fünf bis 20 Pascal genannt. Da sich

die Richtlinie, »in der produktionsfrei-

Befeuchtung für Labor, Galenik, Kli-

die einzelnen Bereiche nicht hermetisch

en Zeit zu erheblichen Energieeinspa-

nikmusterherstellung und Tierhal-

voneinander trennen lassen, muss die

rungen bei Lüftungsanlagen und Pro-

tung auf 35 Prozent. Hier belief sich

Druckkaskade permanent aufrechter-

zessmaschinen führen.« Allerdings

die errechnete Kosteneinsparung so-

halten werden. Das ist kostenintensiv.

muss auch im reduzierten Betrieb die

gar auf 55 Prozent.

Dr. Lothar Gail hat hierzu einen wichti-

Einhaltung festgelegter Grenzwerte

gen Hinweis: »Die Druckdifferenz-Spe-

sichergestellt werden. Wichtig ist zu-

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll,

zifikation bezieht sich nur auf Produkti-

dem, erst dann in den Absenkbetrieb

dass das Befolgen von Normen, Re-

onsräume, nicht auf Schleusenbereiche

zu gehen, wenn das Personal den Rein-

geln, Richtlinien und Leitfäden mehr

- hier lässt sich Energie sparen.« Der

raum verlassen hat sowie nach Rei-

als eine lästige Pflicht ist und bei rich-

Reinraum-Experte rät zudem, Druck-

nigungsarbeiten eine Nachlaufzeit

tiger Umsetzung für einen kostenop-

differenzen von vornherein als Kosten-

einzuplanen. Außerdem sollte die Um-

timierten Reinraumbetrieb sorgt.

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SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015

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Foto: Francis Rembarz

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Jetzt bewerben für den Cleanroom Award 2015

Auf der Cleanzone wird die Reinraum-Innovation des Jahres gekürt.

Die ReinraumAkademie ruft wieder die Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Reinraumbranche zur Teilnahme am Cleanroom Award 2015 auf. Die fünf besten Innovationen werden auf der Cleanzone präsentiert, die am 27. und 28. Oktober 2015 in Frankfurt am Main stattfindet. Dem Sieger, den das Messepublikum kürt, winken 3.000 Euro Preisgeld.

Haben Sie schon einmal – nur zum

sende Fahrzeuge baut. Der Sensor-

dukte ohne Reinraumtechnik nicht

hersteller aber, dem eigentlich der

in der gewünschten Qualität her-

Ruhm gebührt, bleibt unbekannt.

stellbar sind und auch die Funktionalität vieler Produkte ausschließ-

Für eine bessere BranchenWahrnehmung

lich unter Reinraumbedingungen gewährleistet werden kann, werden die Unternehmen aus der Reinraumtechnologie öffentlich kaum wahrgenommen.

Den Unternehmen aus der Reinraumbranche geht es in aller Regel

Um das zu ändern, hat die Reinrau-

genauso. Obwohl viele Alltagspro-

mAkademie den Cleanroom Award

So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015

Testen – mit Ihrem Auto eine rich-

Was kann eingereicht werden? Gesucht sind Ideen und Innovationen

tig scharfe Vollbremsung gemacht?

zum Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Sie sollten den Un-

Einfach nur, um ein Gefühl dafür zu

ternehmen der Reinraumbranche einen Technologievorsprung, ei-

bekommen, wie Ihr Wagen reagiert?

nen Effizienzgewinn oder Wettbewerbsvorteil bringen. Dabei spielt

Wahrscheinlich nicht. Und damit

es keine Rolle, ob die Konzepte schon umgesetzt wurden oder erst als

sind Sie nicht allein. Viele Men-

Skizze existieren. Eingereicht werden können alle interessanten Ide-

schen haben noch nie ausprobiert,

en, ob als Scribble auf Papier oder als fertiges Produkt.

wie schnell ihr Wagen zum Stehen kommt, wenn sie mit aller Kraft auf

Bis wann kann man teilnehmen? Der Einreichungsschluss für die

die Bremse treten. Viele trauen sich

Bewerbungsunterlagen ist der 31. August 2015. Teilnehmen können

das auch gar nicht oder es fehlt ih-

sowohl Unternehmen, als auch Institutionen, wissenschaftliche Ein-

nen an Kraft oder Entschlossenheit.

richtungen und Einzelpersonen.

Darum haben findige Autozulieferer kleine Sensoren entwickelt, die

Wohin werden die Unterlagen geschickt? Bewerbungen für den Cle-

beim Tritt aufs Bremspedal erken-

anroom Award 2015 senden Sie bitte an folgende Adresse:

nen, ob der Fahrer eine Vollbremsung machen will oder genauer ge-

ReinraumAkademie GmbH

sagt: muss. Der Sensor gibt dann

Kennwort »Cleanroom Award«

blitzschnell die fehlende Bremskraft

Rosa-Luxemburg-Str. 12-14

hinzu und rettet damit womöglich

04103 Leipzig

das Leben des Fahrers. Das Unge-

Tel.: +49 341 98989 302

rechte daran ist: Der Fahrer hält sei-

E-Mail: info@reinraum-akademie.de

ne Rettung für einen Verdienst des

Internet: www.reinraum-akademie.de

Autoherstellers, der so toll brem-

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54 Die bisherigen Gewinner des Cleanroom Awards (v.l.n.r.): das niederländische Unternehmen Technology of Sense (Apmon, 2012), die portugiesische Laborial S.A. (Blautouch, 2013), die deutsche Initial Textil Service GmbH & Co.KG (CleanVision-Reinraumanzug, 2014). Fotos auf dieser Seite: René Dreyer und Stefan Noack, Cleanroom Media; Sandra Gätke, Messe Frankfurt

SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015

Exhibition GmbH

ins Leben gerufen. Die Auszeich-

che in den Blick der Öffentlichkeit.

reichungen die fünf besten Ide-

nung rückt seit 2012 die besten In-

Hierzu werden jedes Jahr aus ei-

en von einer Jury ausgewählt und

novationen aus der Reinraumbran-

ner Vielzahl internationaler Ein-

auf der Cleanzone in Frankfurt

Das sind die bisherigen Gewinner des Cleanroom Awards APMON: Cleanroom Award 2012 | Das niederländische Unternehmen Technology of Sense gewann 2012 mit dem Projekt APMON den ersten Cleanroom Award überhaupt. APMON steht für Advanced Particle Deposition Monitor und bezeichnet ein Messgerät, das

BLAUTOUCH: Cleanroom Award 2013 | Für das Projekt Blautouch wurde das portugiesische Unternehmen Laborial S.A. mit dem Cleanroom Award 2013 ausgezeichnet. Blautouch ist ein Labortisch mit einer interaktiven Oberf läche, die gemäß GMP-Richtlinie für Reinräume entwickelt wurde. Das interaktive Touchsystem ist unter einer Glasf läche eingebaut und

CLEANVISION-REINRAUMANZUG: Cleanroom Award 2014 | Die Cleanzone-Besucher kürten den neuartigen CleanVision-Rein-

vor allem diejenigen Partikel im

raumanzug der deutschen Initi-

Raum überwacht, die auf das Pro-

al Textil Service GmbH zum Cle-

dukt fallen könnten. Ein Computer

anroom Award-Gewinner 2014.

wertet die vom APMON-Gerät ge-

Der einteilige Anzug mit integrier-

sendeten Daten aus, zeigt perma-

ter Haube und integriertem, aus-

nent die aktuelle Kontamination

tauschbarem Visier ist dank sei-

der Produktoberfläche an und löst beim Überschreiten eines Grenzwertes Alarm aus. Auf diese Weise lässt sich die Zahl schadhafter Produkte stark reduzieren.

ermöglicht die Bedienung eines Computers, der nicht mehr im Reinraum, sondern außerhalb untergebracht ist. Damit entfallen Kontaminationsquellen am Arbeitsplatz. Die glatte Glasoberf läche ist zudem leicht zu reinigen und zu desinf izieren. Blautouch ist eine Lösung für aseptische Einrichtungen.

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ner »Bauweise« nahezu komplett geschlossen. Das prädestiniert ihn für den Einsatz im Sterilbereich. Der Reißverschluss an den Innenseiten der Beine statt vor der Brust erlaubt es, den Overall komplett auf links zu ziehen, was die Gefahr der Außenseiten-Kontamination beim Anziehen reduziert. Durch das integrierte Visier wird das Tragen von Sichtbrillen überflüssig.


55

am Main im Oktober medien- und

die Reinraumbranche sein wird, da-

Fachkreisen viel berichtet«, sagt Ger-

publikumswirksam vorgestellt. In

rüber entscheiden die Messebesu-

brands. »Das war jede Menge kosten-

diesem Jahr findet »Cleanzone –

cher per Stimmzettel. Die Siegereh-

lose Werbung für uns.« Im Ergebnis

Internationale Fachmesse und

rung erfolgt am zweiten Messetag

habe er zahlreiche Kundenanfra-

Kongress für Reinraumtechnolo-

und beschert dem Gewinner ne-

gen für sein neues Produkt erhalten.

gie«, so der korrekte Messename,

ben 3.000 Euro Preisgeld von der

Bewerben für den Cleanroom

vom 27. bis 28. Oktober statt.

ReinraumAkademie auch ein gro-

Award können sich Unternehmen,

ßes Medienecho. Jan Gerbrands, Ge-

wissenschaftliche Einrichtungen

schäftsführer der niederländischen

oder auch Einzelpersonen. Gesucht

Technology of Sense B.V., hat 2012 den

sind Innovationen, Konzepte und

allerersten Cleanroom Award ge-

Verbesserungsideen zum Thema

wonnen. Dieser brachte seinem Un-

Nachhaltigkeit und Energieeffizi-

Welche der fünf nominierten Ide-

ternehmen einen großen Bekannt-

enz. Teilnahmeschluss ist der 31. Au-

en die beste und wegweisendste für

heitsschub. Ȇber uns wurde in

gust 2015 (siehe Kasten).

Cleanroom Award steigert Bekanntheit

Die Nominierten der Vorjahre Auf der Cleanzone werden jedes Jahr fünf Kandidaten für den Cleanroom Award vorgestellt, die zuvor von einer Jur y aus der Vielzahl der Be werber ausge wählt wurden.

System zum Kalibrieren

der Energieeffizienz

von Partikelzählern |

und Minimierung des

TU Graz: Universitätslehrgang

CO2-Ausstoßes durch

Reinraumtechnik |

Reinraumklimatisierung mittels

AAF-Lufttechnik GmbH: Eine

Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

neue Filtertechnik-Generation | Colandis GmbH: ein Projekt, Kunst in den Reinraum zu bringen

Weitere Finalisten 2014: Schiller Automatisierungstechnik: Deckenfördersystem für die

Unter diesen fünf Finalisten wählen die Messebesucher schließlich

Weitere Finalisten 2013:

Fabrikautomatisierung |

die Innovation des Jahres. Die Sieger

Berner International GmbH:

Topas GmbH: neuarti-

der Vorjahre finden Sie im Kasten

Die neue Generation von

ger Nebelgenerator zur

»Das sind die bisherigen Gewinner

Sicherheitswerkbänken |

Strömungsvisualisierung |

des Cleanroom Award«. Und hier

Albany Door Systems GmbH:

W.O.M. World of Medicine GmbH:

sind alle weiteren Nominierten, die

Rapid Roll® Clean – Das ers-

eine Reinraumfabrik mit ver-

es bis in die Endrunden der Vorjahre

te zertifizierte Reinraum-Tor |

schiedenen Produktionsbereichen

schafften:

CO2Nexus Inc.: Tersus™ Liquid

unter einem Dach |

CO2 Cleanroom Laundry Solution |

AAF International: terili-

Weitere Finalisten 2012:

Curasan AG: Innovatives

sationsstrecke mit Heißluft

Palas GmbH: Referenz Aerosol

Reinraumkonzept: Maximierung

für die Pharmaindustrie.

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»Juryarbeit verändert den Blickwinkel«

SERVICE | CLEANROOM AWARD 2015

Egon Buchta berichtet über die Arbeit der Cleanroom-Award-Jury.

Cleanroom Magazin: Herr Buchta,

Nachhaltigkeit und Effizienz. Hier-

an der Juryarbeit: die verschiede-

als Mitglied der Cleanroom Award

zu müssen die Bewerbungen aussa-

nen Sichtweisen und Meinungen zu

Jury wählen Sie mit ihren Kollegen

gefähig sein. Nur dann können sich

den gleichen Projekten. Dadurch be-

aus allen Projekteinreichungen fünf

die Juroren ein umfassendes Bild

kommt man oft selbst einen ande-

Kandidaten aus, die dann ihr Pro-

von den Projekten machen und ein

ren Blickwinkel.

jekt auf der Cleanzone präsentieren

fundiertes Votum abgeben. Cleanroom Magazin: Wer war denn

dürfen. Wie geht diese Vorauswahl Cleanroom Magazin: Bei rund 30 Be-

vonstatten?

bei der Vorauswahl 2014 Ihr Favorit?

werbungen hat sicherlich jeder JuBuchta: Das ist fast wie bei der Papst-

ror andere Favoriten. Wie kommt

Buchta: Ich habe den CleanVisi-

wahl. Die Jury trifft sich im abge-

man da auf einen gemeinsamen

on-Reinraumanzug ganz weit vorn

schlossenen Kämmerchen und dis-

Nenner?

gesehen. Und tatsächlich hat ihn das

kutiert die eingereichten Projekte.

Messepublikum dann zur Innovati-

Dann wird so lange abgestimmt, bis

Buchta: Wir müssen nach Mehrhei-

on des Jahres 2014 gewählt. Da ja die

die fünf Finalisten gefunden sind.

ten suchen. Decken sich ein oder

Besucher der Messe den Sieger wäh-

zwei Favoriten bei mehreren Juro-

len, bleibt es auch für uns Jurymit-

Cleanroom Magazin: Nach welchen

ren, dann hat man schnell die ersten

glieder bis zum Schluss spannend.

Kriterien werden die Award-Kandi-

Finalisten. Bei den weiteren Kandi-

daten ausgewählt?

daten muss man noch mal in den

Cleanroom Magazin: Herr Buchta,

Kriterienkatalog schauen und die

wir sind gespannt auf die Clean-

Buchta: Gesucht sind wegweisen-

Argumente der anderen Juroren

room-Award-Kandidaten 2015. Vie-

de Ideen hinsichtlich Innovation,

abwägen. Das ist ja das spannende

len Dank für das Gespräch.

Zur Person Egon Buchta ist Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH im südwestdeutschen Wannweil bei Stuttgart. Das Unternehmen ist auf Qualifizierung und Wartung von Reinräumen und reinraumtechnischen Geräten sowie Reinraumanlagen spezialisiert. Egon Buchta ist ständiger Referent bei der IHK mittlerer Niederrhein zu den Themen Reinraumservicetechniker, Sicherheitswerkbänke und Wissensvermittlung. Zudem bekleidet er die Aufgabe des Obmanns im Arbeitskreis Zytostatikawerkbänke DIN 12980 des Normenausschusses Laborgeräte und Laboreinrichtungen des Deutschen Instituts für Normung. Egon Buchta, Foto Rene Dreyer

2/2015


CLEANROOM EXPERIENCE Die Lizenz zum Wissen für den Reinraumalltag!

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14.-16.07.2015 SEMICON West San Francisco (USA)

Messen und Kongresse

Kiel

06.-08.10.2015 Biotechnica Hannover (Deutschland) SERVICE | VERANSTALTUNGEN

Schwerin

Hamburg

Germany

Bremen

Hannover

Berlin Potsdam Magdeburg

30.09.-03.10.2015 EXPOPHARM Düsseldorf (Deutschland)

Leipzig Düsseldorf

10.-14.10.2015 Anuga Köln (Deutschland)

Erfurt

Dresden

Köln

15.-19.06.2015 ACHEMA Frankfurt am Main (Deutschland)

Frankfurt am Main

Wiesbaden Mainz

Nürnberg

Saarbrücken

27.-28.10.2015 Cleanzone Frankfurt am Main (Deutschland)

Stuttgart

15.-16.09.2015 Swiss Medtech Expo Luzern (Schweiz)

München

Konstanz

Basel Aarau Delèmont Solothurn

Zürich

St. Gallen

Wangen

Neuenburg

Luzern Freiburg

Bern Chur

Lausanne

Genf

Switzerland

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Veranstaltungen der ReinraumAkademie (D) und der CleanroomAcademy (CH) REINRAUM-EXPERTENTAGE 09.-10.06.2015 | Reinraum und Umweltschutz | Wangen an der Aare (CH) 23.-24.09.2015 | Fitness und Ergonomie im Reinraum | Leipzig (D) 30.09.-01.10.2015 | Professionelles Reinraummanagement | Wangen an der Aare (CH) 18.-19.11.2015 | Design von Reinr채umen | Wangen an der Aare (CH) 24.-25.11.2015 | Reinraumverhalten, Reinigung und Schulung | Leipzig (D)

TAGESTRAINING PLUS 16.06.2015 | Aschaffenburg (D) 17.06.2015 | Penzberg (D) 18.06.2015 | Innsbruck (A) 02.07.2015 | Leipzig (D) 06.10.2015 | Wangen an der Aare (CH) 08.10.2015 | Aschaffenburg (D) 10.11.2015 | Leipzig (D)

FACHSEMINARE 28.-29.09.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Wangen an der Aare (CH) 11.-12.11.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Leipzig (D)

2/2015


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st er s

NE U

ch ein un g

i2 01 2

/N Ju E W n

Ausgabe 1/2012

Er

SERVICE | IMPRESSUM

Nächste Ausgabe | Juli 2015

Frankfurt

Attraktives Reiseziel für Technologen Popular destination for technologists

Hans Lindner „Können, Fleiß und Glück“ Ability, Diligence and Luck

Gestaltungsmöglichkeiten von Reinräumen Cleanroom design ideas

An industrial sector gets new impulses

1/2013

Cleanroom Award

Cleanroom Award

Erster Innovationspreis für die Reinraumbranche First special award in the cleanroom industry

Monitoring fallender Partikel Monitoring Particle Deposition

Düsseldorf

Attraktives Reiseziel für Technologen Popular destination for technologists

Sieglinde Sellemond

Norbert Otto Vordenken und Nachdenken Thinking Ahead and Reflecting

Well dressed in a Cleanroom

www.cleanroom-media.com

2/2013

Genuss, Kunst und Kultur Indulgence, art and culture

Tirol – Hightech im Bergparadies

Gut gekleidet im Reinraum www.cleanroom-media.com

Paris

Attraktives Reiseziel für Technologen Popular destination for technologists

Architektur

Eine Branche geht auf Empfang

Ausgabe 2/2012

Tirol – High tech in mountain paradise

CLEANROOM

Ausgabe 2/2012 2/2014

MAGAZIN

Cleanroom Award

Erster Innovationspreis für die Reinraumbranche First special award in the cleanroom industry

Cleanzone

Düsseldorf Die Reinraumwelt trifft sich in Attraktives Frankfurt / The World ofReiseziel cleanfür Technologen room meets in Frankfurt Popular destination for technologists

Barbara

KanegsNorbert Otto berg

Vordenken und DasNachdenken Produkt steht im Thinking Ahead Mittelpunkt / The focus andonReflecting the product

Dresden

Attraktives Reiseziel für Technologen Popular destination for technologists

Blühende Natur Gefährliche Kontamination

Jan Gerbrands Motivation und Leidenschaft Motivation and Passion

Cleanroom Award –

Herausforderung an die Branche Cleanroom Award – Challenging the branch

So nehmen Pollen und Luftfeuchtigkeit Einfluss auf Ihre Produktion

Regularien Lästige Pflicht oder geldwerte Tipps? OLEDs Die Lichtrevolution aus dem Reinraum Krankenhauskeime Wie Raumtechnologien Infektionen verhindern

Cleanroom Award –

Gut gekleidet im Reinraum Fortschritt für den Reinraum Cleanroom Award – Advancement for the Cleanroom

Well dressed in a Cleanroom

www.cleanroom-media.com

ISSN 2364-0405

Impressum CLEANROOM MAGAZIN wird herausgegeben und verlegt von der Cleanroom Media GmbH Rosa-Luxemburg-Straße 12-14 04103 Leipzig Deutschland Internet www.cleanroom-media.com Geschäftsführung Frank Duvernell Leitung Cleanroom Media Maja Franke Tel. +49 341 98989 404 maja.franke@cleanroom-media.com

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Chefredakteur Frank Baecke Tel. +49 341 98989 405 frank.baecke@cleanroom-media.com Übersetzung Bill Hillman Autoren Frank Baecke Prof. Gernod Dittel Frank Duvernell Maja Franke Dr. Rüdiger Laub Knut Neubauer Anzeigen Maja Franke Tel. +49 341 98989 404 maja.franke@cleanroom-media.com

Realisierung Wohlfahrt GmbH www.wohlfahrt.net Erscheinungsweise vierteljährlich Auflage 10.000 Exemplare Druckerei Löhnert-Druck, Leipzig ISSN 2364-0405

Nachdruck Nachdruck und digitale Verwendung von Beiträgen aus dieser Zeitschrift, auch auszugsweise, nur nach vorheriger Genehmigung durch die Redaktion gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen.

02

Frühjahr 2015

Life & Science Informationen für die Reinraumtechnologie


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