DAS KONZERT- UND OPERNMAGAZIN
Januar 2014
Thomas hampson Ăœber Operetten, Golf und Golden Retriever olga scheps Kommt mit Chopin nach Hause
Julia Fischer
Mit Leidenschaft und klarer Planung
NEU!
J E TZ Mitneh T Men
BESONDERE HÖREMPFEHLUNGEN BEI SONY MUSIC
NEUJAHRKONZERT 2014 Das Neujahrskonzert 2014 verspricht ein herausragendes Konzertereignis zu werden. Die Wiener Philharmoniker treffen auf eine der bekanntesten Musiker-Persönlichkeiten unserer Zeit, den Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim. Erhältlich ab Januar 2014
AVE MARIA Wer könnte diese besinnliche geistliche Musik aus dem Umfeld der Sixtinischen Kapelle in Rom schöner singen als der italienische Star-Tenor Vittorio Grigòlo, der als Junge im Knabenchor der Sixtinischen Kapelle das Singen lernte.
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BACH ARIEN Die katalanische Sopranistin Nuria Rial wandelt auf den Spuren von J. S. Bachs Ehefrau Anna Magdalena Bach, einer virtuosen Sängerin und gefragten Solistin ihrer Zeit. Begleitet wird Rial vom Kammerorchester Basel unter Julia Schröder.
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Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser! Neues Jahr, neues Glück? Auf jeden Fall wird der Auftakt am 1. Januar traditionell sehr beschwingt ausfallen, wenn Daniel Barenboim und die Wiener Philharmoniker zum bekanntesten Neujahrskonzert der Welt einladen und Millionen Menschen in über 80 Ländern sich vor den Fernsehschirmen den Klassikern der Strauß-Dynastie und ihrer Zeitgenossen hingeben. Mit von der Partie ist in diesem Jahr auch der Namensvetter mit dem doppelten ‚s‘, schließlich gibt es 2014 den 150. Geburtstag von Gregor Burgenmeister Richard Strauss zu feiern – was sich natürlich auch Herausgeber/Chefredakteur in unserem Opernteil widerspiegelt. Die anderen namhaften Jubilare Carl Philipp Emanuel Bach und Christoph Willibald Gluck, die vor 300 Jahren geboren wurden, dürften es dagegen schwieriger haben. In China beginnt das neue Jahr übrigens erst am 31. Januar: Es ist das Jahr des Holzpferdes, das für große Aktivität steht. Wir haben vorher schon einmal unseren Autoren Jakob Buhre in die Volksrepublik geschickt: In Shanghai hat er Long Yu getroffen, einen der bekanntesten chinesischen Dirigenten, der im Fernen Osten der westlichen Klassik das Feld bereitet, gleich die drei bedeutendsten Orchester des Riesen-Reiches leitet und im Januar mit seinem Shanghai Symphony Orchestra für fünf Konzerte nach Deutschland kommt. Ein ruheloser Geist, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen – das Jahr des quirligen Holzpferdes dürfte also sein Jahr werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein spannendes neues Jahr voller musikalischer Entdeckungen und Abenteuer, Ihr
Fotos: Ivo von Renner, Christoph Soeder, privat
P.S.: Eines der schönsten Werke der Kirchenmusik, Pergolesis Stabat Mater erhalten Sie als Prämie, wenn Sie jetzt ein concerti-Abo bestellen. Weitere Infos finden Sie auf der vorletzten Seite dieses Magazins.
KURZ VORGESTELLT
Felix Broede ist nicht nur einer der weltweit gefragtesten Fotografen klassischer Musiker, auch zahlreiche Schauspieler und PopMusiker schätzen seine Arbeiten, die schon seit der ersten Ausgabe 2006 in großer Regelmäßigkeit das concerti-Cover zieren.
Dr. Christiane Schwerdtfeger stammt aus Thüringen, ist Musikwissenschaftlerin und Autorin, leidenschaftliche Sängerin und Radfahrerin. Seit Herbst betreut sie als Termin redakteurin von Leipzig aus für concerti das vielfältige Musikleben ihrer Region. Januar 2014 concerti 3
inhalt
KONZERT
8 Violine als leidenschaft
PortrÄt Renaud Capuçon ist Geiger, Festivalintendant und bald auch Professor. Seine Antriebskraft ist große Neugier, sein Energiespender die Familie
10 Mit leidenschaft und klarer Planung interVieW Ob als Solistin, Kammer-
musikerin oder Professorin: Julia Fischer hat hohe Ansprüche an sich selbst – und an ihre Kollegen und Studenten
14 Willkommen zu hause
10
Julia Fischer Immer aufs Ganze
PortrÄt Sie ist jung, schön und unglaublich talentiert: die Pianistin Olga Scheps
OPER
18 Klangbad im Schlachthaus
Feuilleton An der Semperoper Dresden
wird mit einer Neuinszenierung der Elektra durch Barbara Frey und Christian Thielemann das Strauss-Jahr eingeläutet
20 nicht nur entertainment
14
Olga scheps Endlich Chopin
Kurz GeFraGt Thomas Hampson – der
amerikanische Bariton – über Operetten, Golf und Golden Retriever
REGIONALSEITEN
DIE WELT DER KLASSIK
20
Thomas Hampson Nur kein Neid
RUBRIKEN 3 Editorial | 6 Kurz & Knapp | 22 Opern-Kritiken 24 Opern-Tipps | 32 Konzert-Tipps 40 CD-Rezensionen | 48 Multimedia-Tipps 50 Vorschau & Impressum 4 concerti Januar 2014
27 Kein Phantom, sondern oper
FeStiValGuiDe In Deutschland und Europa – wir stellen Ihnen die interessantesten Programme, Orte und Künstler vor
36 »Wir wollen das Vorbild sein«
rePortaGe Zu Besuch beim Shanghai
Symphony Orchestra
44 »eine tolle inspiration«
BlinD Gehört Der Tenor Daniel Behle hört
und kommentiert CDs von Kollegen, ohne dass er erfährt, wer singt
Fotos: Felix Broede, Uwe Arens/Sony Classical, Marco Borggreve
An dieser Stelle finden Sie in den Ausgaben Hamburg, Berlin, Mitteldeutschland und München die Regionalseiten
… Chor von internationalem Format … Münchner Merkur
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… wunderbare Plastizität und gestochen scharfes Klangbild … Donaukurier
Audi Jugendchor Akademie Vorsingtermine 2014: 1.2. Linz / 2.2. München / 8.2. Köln / 9.2. Hamburg Infos und Anmeldung zum Vorsingen unter: www.audi.de/vorsingen
Audi ArtExperience
kurz & knapp
was ist EiN ...
Portamento? Klingt nach einer italienischen Vorspeise, doch hinter dem Begriff steckt eine Phrasierungstechnik. In der Instrumentalmusik werden dabei zwei aufeinander folgende Noten durch einen Schleifer oder ein kurzes Glissando miteinander verbunden. Sänger nutzen das Portamento, um hohe Töne zu erreichen sowie um rhetorische Figuren zu betonen.
Minuten lauschte jeder Deutsche täglich im vergangenen Jahr Musik von Tonträgern – sechs Minuten mehr als zehn Jahre zuvor.
Klassik sorgt für steigende Umsätze! Im Lebensmittelhandel ist dieser schöne Traum der Musikbranche Realität: Statt nerviger Popbeats hat Deutschlands größte Supermarktkette in zwei Edeka-Läden ruhige Klänge von Bach und Satie eingesetzt – und die Umsätze stiegen um 15 bis 20 Prozent. Die Kunden assoziierten mit Klassik Höherwertiges, so das Fazit der begleitenden Studie – und verweilten ob der ruhigen Töne länger.
... Ich habe den Text gelernt, Note für Note ... „Take That“-Sänger Gary Barlow
Disharmonien bei den Leipziger Chorknaben
Mit eigenen Fangesängen zum Erfolg? Das Ziel der Kicker des RB Leipzig heißt 2. Bundesliga 6 concerti Januar 2014
Auf Historie halten Klassik- wie FußballFans viel. In Leipzig haben sie erste zu Genüge, doch auf dem grünen Rasen gibt es nur einen Retortenclub, der dank Sponsorengeld nun groß rauskommen soll. Dafür sind jetzt vom Verein sogar Fangesänge kreiert worden – musikalisch indes so schlicht, dass bislang nur wenige Punkte eingefahren wurden. Vielleicht hätten die Vereinsoberen Anleihen bei Bach und Mendelssohn nehmen sollen.
Fotos: Steven Haberland, GEPA pictures /Roger Petzsche, Florian Rainer, Matt Deegan
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Mit allen Sinnen genieSSen
3 Fragen an ... Michael Haentjes 2
lässt sich denn im Geschäft mit Klassik-CDs noch wirklich Geld verdienen? Ich glaube an gut ausgestattete CDs, die mehr bieten als die reine Tonaufnahme. Gute Gestaltung, aufwendige Verpackung und natürlich künstlerisch hochwertige Einspielungen haben auch in den nächsten Jahren noch ihren Markt. Aktuell machen wir zudem auch sehr gute Erfahrungen mit preiswerten Mehrfach-CD-Boxen unserer Tochtergesellschaft Brillant Classics und mit preiswertem Nischenrepertoire. Und natürlich ist unser gesamtes Repertoire digital über die großen Plattformen wie iTunes oder Spotify verfügbar.
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Geld macht ihr Konzern edel vor allem mit u-Musik und Büchern – leisten Sie sich die Klassik da als schmückende liebhaberei? In der Klassik haben wir etwas andere Renditeanforderungen als in der U-Musik. Dafür ist das Geschäft nachhaltiger und deswegen unter dem Strich auch wirtschaftlich weiterhin interessant.
(K)eine FraGe Der leiDenSChaFt? Wer kommt warum in die Oper? Markus Lutz hat sich des Themas in seiner Studie „Besucherbindung im Opernbetrieb“ angenommen und vier Gruppen von Besuchern ermittelt. Aufs traditionelle Abo schwört ein Drittel, ähnlich groß die Zahl derjenigen, die sich einen netten Abend machen wollen. Das Gemeinschaftserlebnis ist für ein Fünftel wichtig, pure Leidenschaft verspürt nur der kleinste Teil.
angesichts des Silbersees in den Konzerten wird oft das ende der Klassik-Branche prognostiziert – was halten Sie dagegen? Ich gehe wahnsinnig gerne in Konzerte und sehe dort auch immer wieder interessierte junge Menschen. Vor allem aber in den Orchestern sehe ich viele ausgezeichnete junge Musiker. Von daher bin ich hoffnungsfroh, dass eine neue Generation heranwächst, die ein breit gefächertes Musikinteresse entwickelt hat.
Serviceorientierte
leidenschaftliche
30,88 %
15,59 %
19,94 %
33,58 %
Sozial-interagierende
traditionelle
Besuchergruppen in der Oper Januar 2014 concerti 7
portrÄt
Violine als leidenschaft renauD CaPuÇon ist Geiger, Festivalintendant und bald auch Professor. Seine antriebskraft ist große neugier, sein energiespender die Familie. Von Antoinette Schmelter de Escobar
8 concerti Januar 2014
riser Konservatorium verkraftete. Ab dem Alter von 13 fuhr er jede Woche allein mit dem Zug von seiner Heimatstadt
Geige spielen allein reicht ihm nicht: Nun leitet Renaud Capuçon auch sein eigenes Festival
Chambéry am Fuß der Savoyer Alpen nach Paris, um dort von Montag bis Mittwoch ganztägig Unterricht zu nehmen und
Foto: Renaud Hennekeuser
N
ichts dürfte für Renaud Capuçon schlimmer sein, als dass dem „Instrument seines Lebens“ etwas zustößt. Umso gewagter scheint es, dass der Geiger seine wertvolle Guarneri del Gesù „Panette“ von 1721 zuhause nicht unter Verschluss hält. Stattdessen spielt er in Anwesenheit seines dreijährigen Sohnes täglich auf der Preziose, die ihn schon bei der ersten Begegnung wegen ihres „wundervollen Klangs“ faszinierte. „Zum Arbeiten gibt es in unserer Wohnung keinen ‚heiligen’ Platz“, erklärt Capuçon. „Wenn ich übe, kommt und geht Elliot, findet mein Tun ganz normal.“ Auch ansonsten bemühe er sich, seine Arbeit so wenig wie möglich von Sohn und Frau, der Fernseh-Journalistin Laurence Ferrari, abzukoppeln. „Mein Agent weiß, dass ich nicht länger als acht Tage weg will. Das Zusammensein mit meiner Familie gibt mir viel Kraft.“ Sein privates und professionelles Leben in Einklang zu bringen, findet er eine Frage der Organisation. Streng genommen trennt er aber nicht zwischen beiden. „Violine zu spielen ist mein Beruf und meine Leidenschaft. Was damit zu tun hat, empfinde ich nie als Last.“ So lässt sich erklären, wie Capuçon die ersten Jahre am Pa-
abends bei seiner Gastfamilie dem er auf seinem Weg zum todmüde ins Bett zu fallen. Cello-Virtuosen mit Tipps und „Das war anstrengend, aber mei- Kontakten einige Türen habe ne eigene Entscheidung“, erin- öffnen können. Ab 2014 wird nert sich der 1976 Geborene, Renaud Capuçon alle zwei Woder die restliche Zeit daheim chen als Professor in Lausanne bei seinen Eltern weiterlernte, unterrichten. Außerdem setzt die außer einem Faible für Klas- er beim Osterfestival in Aixsik nichts mit Musik verband. en-Provence, das er im Früh„Entsprechend eifrig war ich bei jahr 2013 als Leiter aus der der Sache.“ An diesem Enthu- Taufe gehoben hat, auf den siasmus hat sich auch in den musikalischen Dialog der GeJahren danach nichts geändert. nerationen. „Bei der Premiere Auf das Geigen-Studium in der hatten wir eine Auslastung von französischen Hauptstadt folg- 83%“, freut sich Capuçon. te die Fortsetzung seiner Aus- „Grund ist wohl der Termin, an bildung in Berlin bei Lehrern dem es wenig Konkurrenz gibt. wie Thomas Brandis oder Isaac Außerdem lade ich nur Leute Stern. Parallel dazu sammelte auf Top-Niveau ein. Nicht zuer etwa als Konzertmeister des letzt ist Aix als Stadt sehr atGustav Mahler Jugendorches- traktiv.“ ters Bühnenerfahrung, baute Immerzu Abwechslung sein Repertoire aus, das mit im Repertoire Brahms, Schumann und Beethoven nach eigener Aussage Diese neuen Aufgaben ändern „sehr deutsch“ ist, und profitier- nichts daran, dass Capuçon te vom Zusammentreffen mit weiterhin selbst zu seiner GeiKoryphäen wie Abbado oder ge greift, bei der jedes Jahr ein Barenboim, die ihm „Vertrauen Stück mehr gemeinsame Entschenkten“ und ihn „aufbau- wicklung bedeute. Auf seine ten“. Saint-Saëns-Einspielung „La muse et le poète“, die im Herbst Er möchte junge Talente 2013 bei Erato erschien, folgen fördern und aufbauen bald Stücke von Bach und dem Rückblickend habe er sich in lettischen Komponisten Pe¯teris Ruhe entwickeln und zu den Vasks. Hinzu kommen regelfür ihn richtigen Zeitpunkten mäßig Konzerte, bei denen einen Schritt nach dem ande- Kammermusik „als essenzielle ren tun können. „Das ist leider Schule des Spielens“ nicht fehimmer seltener der Fall“, be- len darf. Begleiter ist dabei dauert Capuçon. „Unsere heu- regelmäßig sein Bruder Gautier. tige Konsumgesellschaft ver- Doch damit keine Langeweile langt ständig nach neuen Stars. aufkommt, sind ihm auch anEntsprechend schnell lancie- dere Partner auf dem Podium ren Plattenlabels junge Talente wichtig. „Meine Neugier ist und lassen sie wieder fallen, groß“, so Capuçon. Deshalb sei wenn der Erfolg ausbleibt.“ Für sein Repertoire noch lange ihn ist das ein Grund, selbst nicht ausgereizt, störe ihn ein vielversprechenden Nach- Wechsel von Orchestern und wuchs zu fördern. Und das Orten bei seinen Tourneen nicht nur im Fall seines fünf nicht. Und das in Deutschland Jahre jüngeren Bruders Gautier, und Österreich, wo er Anfang
2014 konzertiert, noch weniger als anderswo. „In diesen Ländern besitzt das Publikum eine bessere Vorbildung, hört anders zu.“ Konzert-TIPPs
Magdeburg Sa. 18.1., 17:00 Uhr Johanniskirche MDR Sinfonieorchester, Kristjan Järvi (Leitung), Renaud Capuçon (Violine). Werke von Steiner, Korngold & Brahms Leipzig So. 19.1., 11:00 Uhr Gewandhaus (Großer Saal) siehe Magdeburg Essen Fr. 24.1., 20:00 Uhr Philharmonie Orchestre „Les Siècles“, François-Xavier Roth (Leitung), Renaud Capuçon (Violine). Werke von Rameau, Saint-Saëns, Grétry & Bizet München Mo. 24.2., 20:00 Uhr Gasteig (Philharmonie) Mozarteum Orchester Salzburg, Marc Minkowski (Leitung), Renaud Capuçon (Violine). Werke von Tschaikowsky, Mendelssohn & RimskyKorsakow Berlin Mo. 17.3., 20:00 Uhr Philharmonie Junge Deutsche Philharmonie, Stefan Asbury (Leitung), Renaud Capuçon (Violine). Werke von Schreker, Schumann & Schostakowitsch Hamburg Mo. 19.5., 20:00 Uhr Laeiszhalle (Kleiner Saal) Renaud Capuçon (Violine), David Kadouch (Klavier). Werke von Schubert online-Tipp
Renaud Capuçon spielt Faurés Berceuse op. 16 Das Video sowie weitere Konzerte auf: www.concerti.de/renaudcapucon CD-Tipp
Saint-Saëns: Violinkonzert Nr. 3, Cellokonzert Nr. 1 & La Muse et la Poète Renaud Capuçon (Violine), Gautier Capuçon (Violoncello), Orchestre Philharmonique de Radio France, Lionel Bringuier (Leitung). Erato Januar 2014 concerti 9
intErViEw
Vielfältig: Julia Fischer ist Geigerin und Pianistin, Professorin und zweifache Mutter. Sie wurde 1983 in München geboren und begann bereits mit neun Jahren ihr Studium bei ana Chumachenco. Als Solistin ist sie weltweit bei den renommierten orchestern zu Gast. Bereits mit 19 legte sie ihre erste CD-Einspielung vor – zahlreiche folgten.
Foto: Uwe Ahrens
ZUr pErSon
Mit Leidenschaft und klarer Planung Ob als Solistin, Kammermusikerin oder Professorin: Julia Fischer hat hohe Ansprßche an sich selbst – und an ihre Kollegen und Studenten. Von Ulrike Henningsen
Interview
Frau Fischer, wie schaffen Sie es, so gelassen zu bleiben?
Die innere Gelassenheit kommt durch die Musik. Wenn ich total gestresst bin und dann einfach mal eine Stunde übe, ist die Welt schon wieder in Ordnung. Denn das ist ja in Wahrheit etwas, das ich für mich tue. So wie andere Leute eine Stunde Yoga machen oder joggen gehen, erlebe ich das Üben, wenn ich daheim bin. Ich achte sehr darauf, mir trotz aller anderen Verpflichtungen diese Stunde jeden Tag einzurichten. Das ist eine Zeit, in der ich mich ganz mit mir selber beschäftigen und mich ausdrücken kann. Das würde ich wahrscheinlich auch machen, wenn ich beruflich etwas ganz anderes täte. Auf der anderen Seite hat das Üben aber ja auch immer ein produktives Ziel – etwa für eine Aufnahme. Anfang des Jahres erscheint Ihre neue CD mit Werken des spanischen Geigenvirtuosen Pablo de Sarasate. Was reizt Sie an seiner Musik?
Ich war im Konzert, habe ein Stück von Sarasate gehört und fand es total schön. Es war klasse, da zu sitzen und diese Musik zu hören. Ich selber spiele ja auch eher dieses ganz tragische Zeug, große Konzerte und Sonaten, und je länger das Werk dauert, umso besser. Da 12 concerti Januar 2014
fand ich es für mich auch mal ganz reizvoll, eine ganze Welt in drei Minuten kreieren zu müssen und nicht immer die Architektur eines großen Violinkonzerts vor mir zu haben. Diese Stücke sind im besten Sinn Unterhaltungsmusik, und es hat ganz großen Spaß gemacht, diese kleinen Geschichten zu erzählen.
»So in den Tag hinein leben – das kann ich bis heute nicht« Solche Kammermusik fordert in einer anderen Weise heraus, als es Solokonzerte tun. Was mögen Sie besonders an dieser Art des Musizierens?
Ich hab diese Kommunikation mit den anderen Musikern sehr gern. Ich mag es, wenn man sich noch eine kurze SMS mit Anregungen schickt und nach dem Konzert bei einem Glas Wein darüber diskutiert, ob die Interpretation jetzt richtig oder falsch war. Das ist doch total spannend. In den Stücken von Sarasate sind die Musiker allerdings nicht so gleichberechtigt wie in anderen Kammermusikstücken. Hier übernimmt ganz eindeutig die Geige die Führung. Ich spiele mit meiner Pianistin Milana Chernyavska schon seit fünfzehn Jahren zusammen. Sie gibt sonst sehr gerne den Ton an, aber selbst sie bestätigt, dass ich das im Sarasate tun darf. Hatten Sie das Bedürfnis, sich im Klavierpart einzumischen?
Ich mische mich bei einer Sonate von César Franck deutlich
mehr ein. Prinzipiell mische ich mich beim Klavier viel zu viel ein, aber Milana geht damit sehr gut um. Sie vertreten anderen gegen über selbstbewusst ihren Standpunkt und weisen immer wieder darauf hin, dass dies mit ihrer Fähigkeit zur Selbstkritik zusammenhängt, zur der Sie schon in jungen Jahren aufgefordert wurden. Was trägt noch dazu bei?
Selbstkritik ist der eine Punkt, aber ich glaube, es ist genauso wichtig, aus einer Mücke keinen Elefanten zu machen. Da hilft es natürlich auch extrem, wenn zuhause jemand ist, der sich mit Musik auskennt. Meine Mutter ist Pianistin. Das hat sehr geholfen. Sie war in der Vorbereitung extrem streng und gleichzeitig dann nach den Konzerten, die ich als Schülerin gegeben habe, total entspannt. Außerdem hatte ich mit Ana Chumachenco eine geniale Lehrerin. Aus ihrer Klasse kommen einfach so viele gute Geiger. Sie wurden bereits mit neun Jahren Jungstudentin bei ihr. Das ist ein Alter, in dem andere Kinder spielen. Gab es das in Ihrer Kindheit auch?
Ja, diesen Freiraum gab es immer, denn meine ganze Schulzeit bis zur 9., 10. Klasse war eigentlich sehr entspannt. Nur zum Abitur hin wurde es dann stressiger, weil ich schon so viele Konzerte spielte. Ich ging auf eine ganz normale Schule. Allerdings war mein Tag damals bereits sehr strukturiert. Bis eins bin ich zur Schule gegangen. Danach hatte ich drei Stunden frei. Von vier bis fünf habe ich Klavier geübt. Von
Foto: Felix Broede
E
ine vielbeschäftigte und überaus erfolgreiche junge Frau ist Julia Fischer. Ihr Pensum an Pflichten ist hoch und anspruchsvoll. Trotzdem wirkt Julia Fischer auch nach einem Tag voller Termine am späten Nachmittag noch frisch und entspannt.
Konzert-TIPPs
Berlin Mi, 22.1., 19:30 Uhr Philharmonie Baltic Youth Philharmonic, Kristjan Järvi (Leitung), Julia Fischer (Violine), Denis Matsuev (Klavier). Werke von Strauss, Rachmaninow, Bach & Skrjabin München Fr. 24.1., 20:00 Uhr Gasteig (Philharmonie) Dresdner Philharmonie, Michael Sanderling (Leitung), Julia Fischer (Violine). Werke von Sibelius & Brahms Dresden Sa. 25.1., 19:30 Uhr, So. 26.1., 11:00 & 19:30 Uhr Schauspielhaus (Gr. Haus) Dresdner Philharmonie, Michael Sanderling (Leitung), Julia Fischer (Violine). Werke von Schumann & Sibelius
Leidenschaft bringt sie zum Strahlen: Julia Fischer arbeitet gerne mit engagierten Studenten
fünf bis halb sieben und dann nochmal von halb acht bis um neun habe ich Geige geübt. Das ist heute noch in mir drin. Wenn ich am Abend übe und es wird neun, dann denke ich kurz „Oh, ich muss aufhören, es ist neun Uhr.“ Das ist natürlich totaler Quatsch. Es ist für mich aber immer noch wichtig, diese klare Planung zu haben. Dann schafft man ja interessanterweise viel mehr, als wenn man so in den Tag lebt. Das kann ich bis heute nicht. Dann bekomme ich unfassbar schlechte Laune. Die klare Planung brauchen Sie auch für die Hochschule: Seit sieben Jahren bereits unterrichten Sie Studenten. Fällt es Ihnen manchmal schwer, das Suchen und Ringen Ihrer Schüler auszu halten?
Mit jedem Fall komme ich nicht klar. Wahrscheinlich hängt das
auch mit dem Alter zusammen. Ich gebe aber immer ganz unproblematisch zu, dass jemand bei mir nicht so gut aufgehoben ist. Schon in der Aufnahmeprüfung spreche ich die Schüler an, die zu mir wollen, wenn ich das Gefühl habe, dass ich der falsche Lehrer bin. In München an der Musikhochschule haben wir ein paar hervorragende Lehrer. Durch dieses Privileg kann ich einen Studenten auch guten Gewissens zu jemand anderem schicken. Grundsätzlich komme ich mit dem Suchen und Irren der jungen Musiker sehr gut zurecht. Ich komme sehr schlecht zurecht mit Irren und nicht Suchen. Mit Leuten, die auf den Input warten und mit Musikern ohne Leidenschaft habe ich ein Problem. Damit komme ich nicht klar. Wenn Musiker keine Leidenschaft und Dramatik mitbringen, werde ich wahnsinnig.
Düsseldorf So. 9.2., 11:00 Uhr & Mo. 10.2., 20:00 Uhr Tonhalle Düsseldorfer Symphoniker, Andrey Boreyko (Leitung), Julia Fischer (Violine). Werke von Mendelssohn, Schumann & Hindemith Dortmund Fr. 21.3., 20:00 Uhr Konzerthaus San Francisco Symphony, Michael Tilson Thomas (Leitung), Julia Fischer (Violine). Werke von Ives, Prokofjew & Beethoven Leipzig Do. 1.5. & Fr. 2.5., 20:00 Uhr Gewandhaus (Großer Saal) Gewandhausorchester, Christoph Eschenbach (Leitung), Julia Fischer (Violine). Werke von Schumann & Bruckner online-Tipp
Ein Blick hinter die Kulissen der Aufnahme von Mozarts Concertante mit Julia Fischer Das Video sowie weitere Konzerte auf: www.concerti.de/juliafischer
CD-Tipp
Sarasate: Danzas Españolas op. 23 & 26, Zigeunerweisen op. 20, Caprice basque op. 24 u.a. Julia Fischer (Violine) Milana Chernyavska (Klavier) Erscheint bei Decca am 14.2. Januar 2014 concerti 13
portrÄt
Kann nicht nur schön aussehen: Olga Scheps begeistert Kritiker mit ihrem Klavierspiel
Willkommen zu hause
N
un also Chopin. Olga Scheps sitzt in einem Kölner Café, die nebelverhangene Hohenzollernbrücke in Sichtweite, vor sich eine Tasse mit grünem Tee – und schwärmt von Frédéric Chopin. Einem ihrer Lieblingskomponisten, wie die junge Pianistin 14 concerti Januar 2014
mit einem verlegenen Lächeln gesteht. „Mir gefällt vor allem seine offene und klare Sprache“, sagt die 27-Jährige WahlKölnerin. Bei Chopin gehe es um menschliche Gefühle. Um eine Musik, die aus dem Herzen gesprochen sei. Daher verstehe man bei Chopin sofort,
um was es gehe – ganz egal, ob man mit klassischer Musik nun etwas am Hut habe oder nicht. Gefühle hat jeder Mensch. Gefühle versteht jeder Mensch. Diese Direktheit, diese Offenheit gefällt Olga Scheps. Chopin zu spielen, sei für sie daher immer auch ein bisschen wie
Foto: Uwe Arens/Sony Classical
Sie ist jung, schön und unglaublich talentiert: die Pianistin olGa SChePS. Demnächst erscheint ihre neue CD – mit den Klavierkonzerten von Frédéric Chopin. Von Stefanie Paul
nach Hause zu kommen. Denn die Musikerin legt diese Offenheit, diese Direktheit auch in ihr Spiel, sie will mit ihrem Publikum in Kontakt treten, einen Dialog beginnen. „Jemand erzählt etwas und ein anderer hört zu, lässt sich mitreißen und inspirieren, ohne diesen Dialog funktioniert Musik nicht“, sagt die Musikerin. So entstehe doch überhaupt erst die Musik. Chopins Klavierkonzerte in ungewohnter Bearbeitung
Demnächst erscheint nun die neue CD der in Moskau geborenen Pianistin. Darauf zu hören, wie könnte es anders sein: Chopin. Die Klavierkonzerte 1 und 2. Damit hat sich Olga Scheps einen ihrer „vielen kleinen Träume“ erfüllt. Die Aufnahmen entstanden zusammen mit dem Stuttgarter Kammerorchester – einem sehr feinsinnigen Ensemble, wie Olga Scheps erklärt – und dessen Chefdirigenten Matthias Foremny. Aufgenommen wurde an zwei Tagen im Studio des SWR in Stuttgart. Es sei eine besondere Bearbeitung der Stücke, für Kammerorchester, ohne Bläser, nur Streicher. „Das ist eine ganz besondere Entdeckung für jeden, der Chopins Klavierkonzerte in so einer Bearbeitung noch nicht kennt“, schwärmt die Pianistin über die Aufnahmen. Pünktlich zur neuen CD geht Olga Scheps auch auf Tour. Am 20. Januar hat sie ihr Heimspiel, wie sie es nennt. Dann tritt die Pianistin in der Kölner Philharmonie auf. Im Gepäck wird sie dann auch wieder jede Menge Schokolade haben. Denn die isst sie vor einem Auftritt in Mengen. „Ich kann nicht hung-
rig auf die Bühne gehen“, sagt Olga Scheps. Die Schokolade gebe ihr das Gefühl, genug Energie zu haben. Ihre Eltern sind ihr Vorbilder und Kritiker zugleich
Vor rund 20 Jahren zog Olga Scheps mit ihrer Familie von Moskau nach Deutschland. Zuerst nach Wuppertal, dann nach Köln. Ihr Vater Ilja ist Pianist und Professor an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Ihre Mutter Tamara ist ebenfalls Pianistin. Genauso wie die ältere Schwester Anna. Prädikat: Musikerfamilie? Ihre Eltern hätten sie nie zum Klavierspiel gedrängt. „Das kam ganz automatisch“, sagt die junge Frau mit den langen, dunkelbraunen Haaren. Kinder würden doch oft das Verhalten ihrer Eltern imitieren, „und bei uns wurde eben immer Klavier gespielt“, erklärt die Virtuosin ihre Berufswahl. Ihre Eltern seien bis heute ihre ehrlichsten Kritiker. Von ihnen habe sie auch Disziplin gelernt. Dafür sei sie ihnen bis heute dankbar. „Meine Eltern haben mir beigebracht, wenn du etwas erreichen willst, musst du dafür auch etwas tun“, erklärt Olga Scheps. Sich weiterzuentwickeln ist ihr wichtigstes Ziel
Diese Bodenständigkeit ist nicht etwa gespielt oder aufgesetzt, sie ist ernst gemeint. Der 27-Jährigen ist das Bild des abgehobenen Klassikstars anscheinend komplett fremd. 2010 erhielt sie für ihre DebütCD den Klassik-Echo – als beste Nachwuchskünstlerin. Für die Pianistin allerdings kein Grund abzuheben. „Ich habe nie das Gefühl oder das Bedürf-
nis gehabt, stehen zu bleiben. Ich versuche, immer weiter an mir zu arbeiten und Neues zu lernen“, sagt sie. Stattdessen vergleicht sich Olga Scheps sogar ganz profan mit einem Leistungssportler. Um ein Stück mühelos spielen zu können, bedürfe es harter Arbeit und stundenlangen Trainings. Erst dann, wenn man sich über die Technik keinerlei Gedanken mehr machen müsse, könne man an den Inhalt des Stückes gehen, an die Gefühle denken. Das sei einerseits ein Knochenjob, andererseits aber auch völlige Freiheit. Denn sie könne den ganzen Tag genau das tun, was ihr wirklich Spaß mache – was sie liebe.
Konzert-TIPPs
Köln Mo. 20.1., 20:00 Uhr Kölner Philharmonie Amadeus Chamber Orchestra of Polish Radio, Agnieszka Duczmal (Leitung), Olga Scheps (Klavier). Werke von Mozart, Chopin & Mussorgsky
Düsseldorf Mi. 22.1., 20:00 Uhr Tonhalle Amadeus Chamber Orchestra of Polish Radio, Agnieszka Duczmal (Leitung), Olga Scheps (Klavier). Mozart: Divertimento F-Dur KV 138, Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll, Tschaikowsky: Serenade C-Dur op. 48 Hamburg Do. 23.1., 19:30 Uhr Laeiszhalle (Großer Saal) siehe Düsseldorf Berlin Fr. 24.1., 20:00 Uhr Kammermusiksaal siehe Düsseldorf CD-Tipp
Chopin: Klavierkonzerte Nr. 1 & 2 Olga Scheps (Klavier) Stuttgarter Kammerorchester Matthias Foremny (Leitung) Erscheint bei Sony Classical am 17.1. Januar 2014 concerti 15
Unsere Programme jetzt auch im neuen Digitalradio
Weitere Informationen: digitalradio.de deutschlandradio.de Hรถrerservice 0221.345-1831
OPER
Die interessantesten Inszenierungen und Künstler – wir stellen Ihnen das Wichtigste aus der Welt der Oper vor Anna Netrebko muss die Leonora als somnambules Püppchen spielen, entflammt ihr Publikum dafür mit glühenden Spitzentönen
Foto: Matthias Baus
18_Feuilleton Klangbad im Schlachthaus An der Semperoper Dresden wird mit einer Neuin-
szenierung der Elektra durch Barbara Frey und Christian Thielemann das Strauss-Jahr eingeläutet 20_Kurz gefragt nicht nur entertainment Thomas Hampson – der amerikanische Bariton – über Operetten, Golf und Golden Retriever 22_Kurz besprochen opern-Kritiken Was Sie tagesaktuell auf unserer Website erwartet 24_opern-tipps Die Winter-Highlights in Deutschland und Europa Januar 2014 concerti 17
Feuilleton
Klangbad im Schlachthaus
Will den Text mit der Musik versöhnen: Regisseurin Barbara Frey
N
ach einer Aufführung der Elektra in Basel offenbarte ein „biederer Schwyzer“, dass ihm die Oper „ganz großartig“ gefallen habe. Aber auf die Nachfrage: „Und die Musik?“ antwortete er: „Musik habe ich gar keine gehört!“ Die von Richard Strauss anno 1942 persönlich überlieferte Anekdote kommentierte er selbst lakonisch: „So ein Zuschauer ist mir lieber als ein kritisierender Dilettant, der die Musik schließlich doch nicht verstanden hat.“ Der bayrische Komponist, dessen Antikenoper am 25.1.1909 von Dirigent Ernst von Schuch in Dresden aus der Taufe gehoben wurde, wusste sehr wohl, dass er „bis an die äußersten Grenzen der Harmonik“ und der „Aufnahmefähigkeit heutiger Ohren gegangen“ war. Strauss war 44 18 concerti Januar 2014
Jahre jung, als er seine riesig er meinte dazu einst: „Das besetzte „Orchesteroper“ kom- Hofmannthal-Drama findet ponierte und „noch für germa- nicht statt“, stattdessen eine nische ff schwärmte“; gegen „Elektra-Symphonie für Singdie gewaltigen Blechbläsersal- stimmen und Orchester nach ven im Fortissimo macht er es einem Handlungsschema des auch seinen Sängerinnen und Dramatikers Hugo von HofSängern enorm schwer, sich mannsthal. Großartig und stimmlich durchzusetzen. Al- missverständlich.“ Barbara lein dem „klangschönen Dresd- Frey betont, es sei mitnichten ner Musterorchester“ und dem nur die pure Lautstärke, die „gewissenhaften Schuch“ war diese Oper bestimmt: „Der Text es zu danken, dass Strauss re- ist eine ganz wichtige Kategosümieren konnte: „Am Premi- rie. Man merkt einem guten erenabend war alles tadellos!“ Sänger genau an, was er denkt. Er will wirklich wissen, was er »Hören und Sehen gehen da singt.“ Wenn dann im letzdurchaus nicht zusammen« ten Duett der Schwestern ChryDer stürmische Kampf zwi- sothemis und Elektra Text und schen Wort und Ton aber tobt Musik sehr wohl in entgegenin der Elektra immer wieder, gesetzte Richtungen weisen bis heute. Wo aber, wenn nicht und „dieser merkwürdige hymam Ort der Uraufführung, soll- nische Gestus von etwas tief te er in idealer Weise ausgetra- Schwarzem übermalt wird“, gen werden? Christian Thiele- müsse man „im Körper der mann am Pult seiner Staatska- Sänger einen Ausdruck dafür pelle und Barbara Frey als vom finden, dass Sehen und Hören Schauspiel kommender Regis- durchaus nicht zusammengeseurin obliegt es, Hugo von hen. Das ist hier wie mit dem Hofmannsthals im Lichte der Pfeifen im dunklen Wald: Man Psychoanalyse geschriebenes macht sich die Situation schöfeinfühlendes Libretto und die ner als sie ist.“ sich ausrasende Musik von »Elektra – ein riesiger Richard Strauss auszutarieren. Kollateralschaden« Doch hat der Text dabei überhaupt eine Chance? Der musi- Die Regisseurin stellt klar: kalische Philosoph Hans Mey- „Letztlich handelt das Stück
Foto: Schauspielhaus Zürich, Kunstverlag Schwalb
An der Semperoper Dresden wird mit einer Neuinszenierung der Elektra durch Barbara Frey und Christian Thielemann das Strauss-Jahr eingeläutet. Von Peter Krause
vom Krieg und seinen Folgen. Es ist ein einziger riesiger Kollateralschaden.“ In ihrer Regiearbeit geht es ihr nun aber um ein Konterkarieren dieser musikalisch vermittelten Gewalt durch menschliche Verletzlichkeit. Sie will in einem „Raum voller Leere“ die kleinen Körper der Sängerinnen zeigen, die mitsammen Figuren darstellen, die dem Tod anheimgefallen sind. Dabei geht es ihr um Reduktion, also „den Mut, wenig zu machen und dabei doch maximale Verdichtung herzustellen. Man muss aufpassen, dass man szenisch nicht ständig hinterherkommentiert, was die Musik gerade sagt.“ Frey beschreibt den Gegensatz, wie aus dieser feinnervigen Frau Elektra ein solcher Schrei und Der auratische Ort der Uraufführung: 1909 ging Strauss‘ Elektra ein so gewaltiges Singen her- in der Semperoper erstmals über die Bühne auskommen. Und doch ist die Agamemnon-Tochter ein so empfindsames, gleichsam gur gezeichnet, die ihr als eine fast hysterisch überhöhte postheroisches Wesen – das wir Art „steinerner Gast, als Unto- Wunsch der Chrysothemis, aus der Tragödie auszubrechen „in der Physis der wunderbaren ter“ vorkommt. Evelyn Herlitzius kennenler- Die von Strauss auskomponier- und Kinder zu kriegen, habe nen müssen.“ Besonderes Au- te „psychische Polyphonie“ doch etwas Monströses. Das genmerk legt die Regisseurin habe also unmittelbar auch Anziehende und das Abstoßenauf die grandiose Szene des etwas mit den Menschen dieses de, das Zarte und das HeroiWiedererkennens von Elektra Stücks zu tun. Ruth Berghaus, sche, das innige Klangbad und und Orest: „Die Geschwister- die als Altmeisterin der Opern- das blutspritzende Schlachtbeziehung ist etwas Außerge- regie für die letzte Elektra- haus, die Utopie eines Morgen wöhnliches, biologisch besteht Inszenierung an der Sempero- und der Zusammensturz ins hier ja der engste Verwandt- per verantwortlich zeichnete, Nichts nunmehr in eine schilschaftsgrad überhaupt. In der sagte einmal: „Singen ist eine lernde, nie eindeutige Balance Oper entsteht da ein Wärme- Existenzform.“ Ihre Sängerin- zu bringen – ist das nicht eine herd, der überwältigend ist und nen und Sänger will Barbara Ansage, um das Strauss-Jahr die Hoffnung auf eine bessere Frey ermuntern, mit ihr etwas am Ort der Elektra-UrauffühWelt danach aufscheinen lässt. Grundsätzlich zu erkunden: rung vielsagend einzuläuten? Die Musik tönt so zart wie eine „Was ist ein Mensch auf der Zellmembran.“ Im Text wiede- Bühne, der singt, spricht und opern-TIPP rum spürt Barbara Frey eine spielt? Was kann in den Köp„merkwürdige Nähe“, ja eine fen, dem Gemüt und den Kör- So. 19.1. (Premiere), 18:00 Uhr Semperoper Dresden inzestuose Note auf. Und der pern der Sängerinnen Aus- Strauss: Elektra. Christian Thielemann rächende Bruder Orest stehe kunft geben über dieses Desas- (Leitung), Barbara Frey (Regie), Walam Ende zwar für die politische ter?“ Letztlich seien alle Figu- traud Meier, Evelyn Herlitzius, Anne Schwanewilms, René Pape u.a. Restitution, sei aber von Hof- ren durch enorme Widersprü- Weitere Termine 22.1., 25.1., 31.1., 22.6., mannsthal als gebrochene Fi- che charakterisiert, selbst der jeweils 19:00 Uhr & 29.6., 18:00 Uhr Januar 2014 concerti 19
Kurz gefragt
Nicht nur Entertainment Thomas Hampson ist der amerikanische Bariton –
und als Konzertsänger und in der Oper gleichermaßen erfolgreich. Hier spricht er über …
Wenn Sie’s originell haben wollen: Sie werden gebraucht. – Nein, Eifersüchteleien dürfen Sie nicht von mir erwarten. Mein verehrter Lehrer Horst
Günther, der im vergangenen Jahr starb, hat immer gesagt: Ein lyrischer Bariton muss immer tenoral singen können, das ist kein hochgeschobener Bass. Das Training ist das gleiche. … Carl Loewe
Die „Anstrengungen der Jugend“ sind vorbei: Thomas Hampson 20 concerti Januar 2014
umgesetzt, die Melodien sind sehr zugänglich und sehr schön, sie wirken insgesamt unmittelbarer, aber sind deswegen nicht weniger wert. Ich finde, alle Sänger sollten sich damit beschäftigen. Übrigens ist das Repertoire sehr schwer zu singen.
Dieser große Meister wird weithin unterschätzt. Er hatte mit … Golf seiner Kunst, Geschichten zu erzählen, Einflüsse auf Brahms, Das ist mein Hauptsport wie Schubert und sogar Wagner. Er für andere der Fußball. Er hat war nicht nur der Melancholi- sehr viele Ähnlichkeiten mit ker und Balladenheld, sondern dem Singen: Wenn man keine hat phänomenal schöne Lieder genaue Vorstellung davon hat, geschrieben. Lieder sind ein wie der Ball fliegen soll, wird interessantes Labor, in dem er nicht gut aufkommen, und man ausprobiert, wie man er- es bleibt dann reine Glückssazählt, sie haben eine direkte che. Die innere VorstellungsVerwandtschaft zur Opernbüh- kraft ist das Wichtigste, sogar ne. Prinzipiell verstehe ich den im Leben. Druck nicht, sich zwischen Fä… Älterwerden chern entscheiden zu sollen. Mein Beruf ist Sänger, meine Das Altern ist heutzutage geAufgabe ist es, Emotionen und nerell zu negativ konnotiert. Zusammenhänge des Lebens Einiges wird einfacher, reicher, im Gesang zu vermitteln. Daher erfüllender; man kann die Anstehe ich allen musikalischen strengungen der Jugend abFormen zur Verfügung. streifen. Man muss sich allerdings immer fragen: Kann ich … Operetten noch, was ich von mir erwarte? Obwohl ein Opernsänger seine Die Antwort darauf hat nichts Grenzen kennen sollte, wäre mit Alter zu tun. es schade, Operetten zu mei… Klischees den. Ich finde sie sehr ansprechend, eine Operette erschöpft Davon gibt es viel zu viele. Es sich bei weitem nicht in einer kommt öfter vor, dass echtes „Kleinoper“ im Sinne von Wissen und erarbeitete Mei„Kleinmeistern“. Gefühle und nungen gegen Klischees ersetzt Geschehen werden in Echtzeit werden. Das ist besonders in
Foto: Marco Borggreve
… Tenöre
der klassischen Musik gefähr- … Heimat: schiedenen Einflüsse Kosmolich, wenn man sie als Produkt Europa oder Amerika? polit. Einer meiner Vorfahren, behandelt. Man erkennt das Rein physisch betrachtet hat ein Herr Keck, war sogar Deutimmer an diesen Superlativen. Heimat eher mit dem Zuhause scher und hat im RevolutionsNur wie kann man Marketing zu tun, und das ist dort, wo krieg gekämpft. von Branding und Kitsch un- meine Familie auch ist. Über … Politik terscheiden? Sänger arbeiten mein ideelles Heimatgefühl ja immer mit der eigenen Per- entscheidet meine Herkunft: Meine Pflicht als kultureller son, da ist es ganz wichtig, bei Ich bin und bleibe Amerikaner. Botschafter gilt international; der Wahrheit zu bleiben und Dort vermisse ich aber die Be- mein Auftrag ist es, die Kunst sich eben nicht in Stereotypen geisterung, nach den eigentli- lebendig zu erhalten. Auf den zwingen zu lassen, nur weil sie chen Ursprüngen zu suchen. von ihr vermittelten Kern unkommerziell erfolgreich sind. Ideologisch erkenne ich meine serer Werte sollten wir uns Ich möchte das für mich nicht, Wurzeln in Europa: Ich liebe besinnen und uns nicht nur auf sondern versuche nicht zu täu- die Vielfalt, denn die ist eigent- Entertainment zurückziehen. schen. Natürlich, gelobt zu liche Grundlage des amerika- Künste müssen auch politische werden, stört niemanden, und nischen Staates. In den USA Fragen behandeln, denn Moral ich gebe zu, dass ich der füh- aber besteht die Tendenz, zu- kann man nicht in Gesetze fasrende amerikanische Bariton mindest politisch gesehen, eine sen. Ich weiß nur: Wenn Sie bin, aber das ist ja ein Fakt, geschlossene Gesellschaft zu eine menschliche Gesellschaft einfach meiner Erfahrung we- bleiben. Als Künstler ist man wollen, bilden Sie sie! Christian Schmidt gen. Ich überhöhe mich da unvermeidlich durch die vernicht, sondern werde engagiert von einer Industrie, die meinen opern- & Konzert-TIPPs online-Tipp Wert erkennt. … Golden Retriever
Jetzt versetzen Sie mir einen Stich ins Herz. Unser erster mit dem Namen Lenny, der meiner Tochter gehörte, starb in der Weihnachtszeit 2010 mit zwölf Jahren nach einem Lebertumor. Da war ich wirklich traurig. Wir haben dann sofort Lenny 2.0 besorgt, der ist auch ein Sonnenschein, aber mir nicht so nah. Golden Retriever ist die tollste Rasse, die es gibt: Familienhunde, gescheit, treu, schön. Da ich mit Katze und Hund aufgewachsen bin, mag ich beide. Ich bewundere die Selbstständigkeit von Katzen, dafür sind Hunde großzügiger mit ihrer Freundschaft. Überhaupt mag ich Tiere sehr und wünschte, ich wäre öfter im Zoo, um mich mit ihnen unterhalten zu können. Da ist ja immer die Frage: Wer schaut wen an, wer sitzt im Käfig?
München Fr. 3.1., 19:00 Uhr, Mo. 6.1., 18:00 Uhr Bayerische Staatsoper Verdi: La Traviata. Paolo Carignani (Leitung), Günter Krämer (Inszenierung) So. 26.1., 19:30 Uhr Residenz (Herkulessaal) Thomas Hampson (Bariton), Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson (Leitung). Werke von Brahms, Barber, Schubert, Wolf & Schönberg Berlin Sa. 18. & Mi. 22.1., 19:30 Uhr Deutsche Oper Puccini: Tosca. Matthias Foremny (Leitung), Boleslaw Barlog (Inszenierung) Hamburg Di. 4.2., 20:00 Uhr Laeiszhalle (Großer Saal) Programm siehe München Residenz Dresden Do. 29.5., 11:00 Uhr Semperoper Dresdner Musikfestspiele: The Philharmonics, Thomas Hampson (Bariton) Werke von Strauss, Kreisler, Ravel, Kern, Weill, Gershwin & Porter Essen Sa. 14.6., 20:00 Uhr Philharmonie Thomas Hampson (Bariton), Luca Pisaroni (Bassbariton), Baden-Badener Philharmonie, Pavel Baleff (Leitung) Arien von Mozart, Bizet, Verdi u.a.
Thomas Hampson spricht im Interview über die Digitalisierung der Musikwelt Das Video sowie weitere Termine auf: www.concerti.de/hampson CD-Tipp
Britten: War Requiem Anna Netrebko, Ian Bostridge, Thomas Hampson, Coro & Orchestra dell‘Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Antonio Pappano (Leitung) Warner Classics DVD-Tipp
Verdi: La Traviata mit Anna Netrebko, Rolando Villazón, Thomas Hampson u.a. Wiener Philharmoniker, Carlo Rizzi (Leitung) Deutsche Grammophon Januar 2014 concerti 21
KUrZ BESproChEn
OPERN-KRiTiKEN Was Sie tagesaktuell auf unserer Website erwartet
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uter Journalismus lebt von fachlicher Expertise und maximaler Aktualität. Um Ihnen als Monatsmagazin auch letztere zu bieten, verfolgen unsere Opern-Autoren die wichtigsten Premieren in Deutschland und Europa und berichten in ihren Online-Kritiken tagesaktuell: über Siege und Niederlagen – ob in Berlin, Paris oder Mainz.
und wo ist das Phantom?
Sportskanonen: Bernsteins Musical-Klassiker
lacroix‘ Barock-Schick: Glucks Ezio in Frankfurt
haMBurG, 28.11.2013 Natürlich schnurren die Szenenwechsel herrlich rasant ab, die Ballett-Ratten entzücken das Auge. Das Phantom der Oper beweist in den Ensembleszenen seinen Rang als MusicalKlassiker der Extraklasse. Nur einen verräterischen Satz des Impresario hätten die Produzenten streichen sollen: „Uns fehlt der Star.“ (PK)
Berlin 24.11.2013 An der Komischen Oper wird ein Musical gespielt, als sei hier nie etwas anderes geschehen. Es ist eine Aufführung, die das düstere Werk auf seine wesentlichen Elemente reduzieren will. Es gibt nur dunkles Schwarz oder gleißendes Licht. Die Ausstattung ist gewollt spartanisch, umso farbiger sind die Bilder aus Klang. (MN)
FranKFurt 7.12.2013 Noch ganz verspielt, virtuos und verrückt, so richtig barock eben feiert der junge Gluck die frühe Emanzipation des Individuums: Zwei Kerle wollen dieselbe Frau. Luxus-Counter Max Emanuel Cencic ist der fiese Kaiser Valentiano, die Edel-Altistin Sonia Prina sein Feldherr und Gegenspieler in Liebesdingen Ezio. (PK)
Stage theater neue Flora hamburg Lloyd Webber: Das Phantom der Oper. Klaus Wilhelm (Leitung), Mathias Edenborn, Valerie Link, Nicky Wuchinger u.a. termine: täglich außer montags
Komische oper Berlin Bernstein: West Side Story. Koen Schoots (Leitung), Barrie Kosky (Inszenierung) Weitere termine: 25., 29., 31.12.13, 4., 5., 25.1. & 24.5.14
oper Frankfurt Gluck: Ezio. Christian Curnyn (Leitung), Vincent Boussard (Inszenierung), Christian Lacroix (Kostüme), Max Emanuel Cencic, Paula Murrihy, Sonia Prina, Simon Bode u.a.
22 concerti Januar 2014
Laufend aktuelle Opern-Rezensionen: www.concerti.de/oper
Fotos: Stage Entertainment, Iko Freese/drama-berlin.de, Barbara Aumüller, Wilfried Hösl, Mara Eggert
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Vorschau
MAINZ 11.1.2014 Staatstheater Mainz Verdi: La Traviata Florian Csizmadia (Leitung), Vera Nemirova (Inszenierung), Jens Killian (Bühne)
Debüt der Giganten: Berlins Il Trovatore
MÜNCHEN 21.11.2013 Heimliche Hauptperson ist Kirill Petrenko. Als Pathosverweigerer und Präzisionsfanatiker weiß er bei seinem Amtsantritt als Generalmusikdirektor immer auch um die Untiefen der herrlichen Partitur. Wenn im baritonseligen „Mir anvertraut“ Sentiment droht, führt er den Strauss-Hit auf seine Lied-Innigkeit zurück. Wenn die Holzbläser stichelnd die Neurosen der Figuren offenbaren, spitzt er die Modernität der Musik detailversessen zu. Wenn der Orchester-Riesenapparat hingegen zu vorschnellen Fortissimo-Höhepunkten verleitet, verzögert er die Klang-Eruptionen, die er sich fürs furiose Finale aufspart. (PK)
Berlin 29.11.2013 Hier gibt es einen Trovatore zu bestaunen, der in gleich mehrfacher Hinsicht mit der Rezeptionsgeschichte bricht. Und das liegt nicht nur an den beiden berühmtesten Sängern unserer Zeit, die hier in für sie neuen Rollen debütierten. Auch Daniel Barenboim macht klar, dass es ihm kaum um schmissigen Hm-Ta-Ta-Ohrenschmaus geht. Leonoras Auftritts arie nimmt er so langsam, dass man Angst um den Atem der Sopranistin haben müsste, stünde hier nicht eine Anna Netrebko auf der Bühne. Sie verfügt freilich über eine so superbe Atemkontrolle, dass man meint, Barenboim und seine Staatskapelle trage sie auf Händen. (PK)
Nationaltheater München Strauss: Die Frau ohne Schatten. Kirill Petrenko (Leitung), Krzysztof Warlikowski (Inszenierung), Johan Botha u.a. Weitere Termine: 29.6. & 3.7.14
Staatsoper im Schiller Theater Berlin Verdi: Il Trovatore. Daniel Barenboim (Leitung), Philipp Stölzl (Inszenierung), Anna Netrebko, Plácido Domingo u.a. Letzter Termin: 22.12.13
HAMBURG 19.1.2014 Hamburgische Staatsoper Bizet: Carmen Alexander Soddy (Leitung), JensDaniel Herzog (Inszenierung) Dortmunds Opernintendant inszeniert an der Elbe eine neue Carmen – die Fassung mit gesprochenen Dialogen DRESDEN 19.1.2014 Semperoper Strauss: Elektra Christian Thielemann (Leitung), Barbara Frey (Inszenierung), Waltraud Meier, Anne Schwanewilms, René Pape Am Ort der Elektra-Uraufführung von 1909 wird das Strauss-Jahr mit einer Neuinszenierung eingeläutet BERLIN 25.1.2014 Staatsoper im Schiller Theater: Janáček: Katja Kabanowa Sir Simon Rattle (Leitung), Andrea Breth (Inszenierung) Stardirigent leistet Nachbarschaftshilfe: Sir Simon Rattle dirigiert Janáček an der Staatsoper
RICHARD WAGNERS TETRALOGIE IN DER NÜRNBERGER NEUINSZENIERUNG
DAS RHEINGOLD
Foto: Ludwig Olah
Der Präzisionsfanatiker: Die Frau ohne Schatten
Nach ihrem an Wieland Wagners Weltenscheibe anknüpfenden, fulminanten Frankfurter Ring macht Vera Nemirova nun La Traviata
AB 30. NOVEMBER 2013
DIE WALKÜRE AB 05. APRIL 2014
SIEGFRIED
AB 19. APRIL 2015
GÖTTERDÄMMERUNG AB 10. OKTOBER 2015
Musikalische Leitung Marcus Bosch Inszenierung Georg Schmiedleitner Staatsintendant und Operndirektor Peter Theiler
KARTEN & INFOS: 0180-5-231 600
(14-42 ct/Min)
WWW.STAATSTHEATER.NUERNBERG.DE
Januar 2014 concerti 23
OPERN-Tipps Die Winter-Highlights in Deutschland und Europa
Mainz: Vera Nemirova inszeniert La Traviata oper Einst als Peter Konwit-
Vida Mikneviciute, hier in Manets Bild Nana, debütiert als Traviata Sa., 11.1., 19:30 Uhr (Premiere) Staatstheater Mainz Verdi: La Traviata. Florian Csizmadia (Leitung), Vera Nemirova (Inszenierung). Di. 14.1. & Fr. 17.1., 19:30 Uhr 24 concerti Januar 2014
Feuchtfröhliches Studentenleben – aber nur auf den ersten Blick
Oslo: Herheims La Bohème oper Eine Bohème wie aus dem
Bilderbuch hat Stefan Herheim da in seiner norwegischen Heimat inszeniert – aber nur auf den ersten Blick. In der Tat lässt der bei den Festspielen von Bayreuth und Salzburg für Furore sorgende Regisseur Puccinis Rührstück in Bühnenbild und Kostümen der Osloer Traditionsproduktion von 1963 spielen. Doch darin bleibt natürlich nicht alles beim Alten. Gewitzt spielt der einstige Absolvent der Hamburger Regieschmiede von Götz Friedrich mit den Erwartungen des Opernpublikums, das er gehörig dazu herausfordert, über die eigenen Bilder von allzu liebgewonnenen Stücken nachzudenken. Mimì kämpft im
Krankenhaus um ihr Leben, Ärzte, Pfleger und Freunde lenken sie ab und spielen für sie ein kleines Stück schöner heiler Welt in Form von richtig großer Oper, Puccinis La Bohème. Geschickt in der Schwebe bleibt, ob sich hier ein echtes Wunder vor dem Tode ereignet oder doch nur ein allzu schöner Traum. Natürlich prallen die Ebenen dann immer wieder aufeinander, bricht der Tod auch in die muntere Weihnachtslaune des Quartier Latin ein. Eine spannungsreiche Vergegenwärtigung. Mo., 27.1. (Wiederaufnahme), 19:00 Uhr Oper Oslo (Großes Haus) Puccini: La Bohème. Kirill Karabits (Leitung), Stefan Herheim (Regie). 29.1., 10., 12., 14., 16., 21., 24., 26. & 27.2., 1.3.
Fotos: Martina Pipprich, Erik Berg, Bettina Stöß, Opéra national de Paris/Eric Mahoudeau, Martin Sigmund
schnys Meisterschülerin gerühmt, ist Vera Nemirova längst eine der prägendsten Regisseurinnen der jüngeren Generation. Ihre Violetta Valéry bezeichnet sie als von der Gesellschaft gefeierten und zugleich gejagten Star – ein „Objekt der Begierde“, das dem Druck standhalten muss, dem die Fan-Gemeinde es aussetzt. Violettas (Lebens-)Weg ist kurz, „auf den Tod ausgerichtet“, sagt Nemirova. Erst als Alfredo in Violettas Leben tritt, verlässt sie durch dessen Liebe diesen Pfad, entzieht sich der Kontrolle der Öffentlichkeit – doch die Gesellschaft zwingt sie wieder auf ihren alten Weg zurück.
Berlin: Malakhovs Gala Ballett Viele Gelegenheiten
gibt es nicht mehr, den Berliner Ballettchef in hochfliegender Aktion zu bewundern. Denn Vladimir Malakhov verlässt die Hauptstadt mit Saisonende. Im Januar steht eine neue und nunmehr letzte Serie der Gala Malakhov & Friends als Treffpunkt der Tanzelite dafür ganz im Zeichen des 10-jährigen Be-
Wunderbarer Pas de deux: Iana Salenko und Dinu Tamazlacaru
stehens des Staatsballetts Berlin, das unter Malakhovs Intendanz 2004 gegründet wurde. Die pure Energie tanzender Menschen wird in der Gala wieder mit Raffinesse und vielen Überraschungen entfaltet. Dann stehen ein wiederentdecktes Bravourstück neben Neuem. Nicht fehlen dürfen neben Meister Malakhov selbst die Publikumslieblinge Iana Salenko und Dinu Tamazlacaru, sie tanzen den Grand pas de deux aus Don Quixote in einer Choreographie nach Marius Petipa. Di., 21.1. (Premiere), 19:30 uhr Deutsche oper Berlin Malakhov & Friends. Robert Reimer (Leitung), Vladimir Malakhov, Staatsballett Berlin. 23., 24., 25., 27.1., 27., 28., 31.3.
Paris: rousset in der Garnier oPer Es gibt eine ungeschrie-
bene Regel: Die Hausorchester der großen Opernhäuser würden sich lieber prügeln lassen, als ihr Zuhause, den angestammten Graben, konkurrierenden Ensembles zu überlassen, auch wenn letztere über noch mehr Expertise in einem Randbereich des Repertoires verfügen als sie selbst. Nachdem die Staatsoper Berlin erfolgreich mit dieser Regel gebrochen hat und vorzügliche Barockabende mit von René Jacobs geleiteten Spezialensembles realisierte, feiert im Palais Garnier der Pariser Oper nun endlich Christophe Rousset mit Les Talens Lyriques sein Debüt. 1991 gründete der französische Cembalist und
Dirigent sein Orchester, das zur internationalen Speerspitze der historischen Aufführungspraxis gehört. Rousset leitet Händels Alcina in der legendären Carsen-Inszenierung.
DarMStaDt
triStan unD iSolDe Sa., 25.1., 17:00 uhr Großes haus Hausherr John Dew inszeniert Wagner, der aufstrebende junge Heldentenor Andreas Schager singt den Tristan DüSSelDorF
lohenGrin Sa., 18.1., 18:00 uhr opernhaus Sabine Hartmannshenn inszeniert das Märchen vom Schwanenritter in einer Spitzenbesetzung KarlSruhe
DoCtor atoMiC Sa., 25.1., 19:00 uhr Großes haus John Adams‘ Faust-Oper des Atomzeitalters: Der Wissenschaftler Oppenheimer treibt den ersten Atombombenversuch voran Kiel
triStan unD iSolDe Sa., 25.1., 17:00 uhr opernhaus Die japanische Künstlerin Chiharu Shiota kreiert das Bühnenbild für Daniel Karaseks Wagner-Inszenierung an der Förde StuttGart
la traViata
Sa., 25.1., 19:00 uhr opernhaus Unerbittlich unsentimental und analytisch präzise: So inszenierte die 1996 verstorbene Ruth Berghaus auch Verdis La Traviata. In der Wiederaufnahme singt die junge mazedonische Sopranistin Ana Durlovski WieSBaDen
Ungewohnt: Händels Alcina im Mekka der Grand Opéra Sa., 25.1. (Wiederaufnahme), 19:30 uhr oper Paris (Palais Garnier) Händel: Alcina. Christophe Rousset (Leitung), Robert Carsen (Inszenierung) 27.1., 30.1., 2., 5., 7., 9. & 12.2.
Weitere Tipps, Termine, Tickets und mehr: www.concerti.de
Die MaCht DeS SChiCKSalS Sa., 25.1., 19:30 uhr Großes haus Nach Aida und Luisa Miller inszeniert der deutschtürkische Regisseur Immo Karaman zum dritten Mal Verdi in Wiesbaden
Januar 2014 concerti 25
DIE BESTEN GUTEN KLASSIK-CDs 25 neue CD-Highlights jetzt zum Sonderpreis erh채ltlich
und viele weitere ...
FEsTiVALs In Deutschland und Europa – wir stellen Ihnen die interessantesten Programme, Orte und Künstler vor
Foto: Ungarisches Tourismusamt
Spektakuläre Kulisse an der Donau: Budapest ist nicht nur wegen des Frühlingsfestivals eine Reise wert
28_Budapest Kein Phantom, sondern oper Eine Stadt wie geschaffen für ein Frühlingsfestival.
Über zwei Wochen zeigt Budapest seine kulturelle Vielfalt. Ein kleines Sightseeing 30_hamburg unterwegs auf unbekannten Pfaden Die deutsch-französischen Kulturtage „arabesques“ pflegen besondere Freundschaften 31_arnstadt zwischen originalorgel und Bratwurst Arnstadt versprüht Authentizität als echte „Bachstadt“ Januar 2014 concerti 27
FEStiValGUidE
Auf den Spuren des Komponisten: der Saal der Liszt Musikakademie
Kein Phantom, sondern oper
F
erenc Liszt-Platz im Herzen von Budapest: Da harrt er nun im langen Gewand mit wallender Mähne ganz in Eisen gegossen: Franz Liszt. Der Blick nach unten auf eine imaginäre Klaviertastatur gerichtet, die Hände vehement gestikulierend im leeren Raum, zwei Finger der linken sind bereits abgebrochen worden. Auch Ikonen werden manchmal ramponiert. „Franz Liszt schaut verzweifelt, weil er das 28 concerti Januar 2014
New York (wohl eine Bar) noch nicht besuchen kann“, unkte ein Scherzkeks im Internet über die 1986 entstandene Skulptur. Vielleicht, weil sie ganz im Gegensatz zu jener Büste Liszts steht, die sich in der Loggia der Ungarischen Staatsoper weihevoll und erhaben – wie es sich für einen genius loci gehört – vor dem Opernbesucher aufbaut. Doch davon später. Gleich um die Ecke auf der Wesselényi utca
52 die von Liszt begründete Musikakademie – im Neubau von 1907; eine der international renommierten Ausbildungsstätten für junge Musiker. Zu den Professoren gehörten einst Béla Bartók und Zoltán Kodály. Nicht weniger prominent die Riege der Absolventen, unter ihnen György Ligeti, Tibor Varga und Joseph Szigeti, die Dirigenten Ferenc Fricsay und Georg Solti und viele andere. Auch Gabor Ta= Zeitraum
= Künstler
= Ort
Foto: Ungarisches Tourismusamt
unGarn Budapest: eine Stadt wie geschaffen für ein Frühlingsfestival. über zwei Wochen zeigt sie ihre kulturelle Vielfalt. ein kleines Sightseeing. Von Teresa Pieschacón Raphael
kacs-Nagy wurde hier als Geiger und Dirigent ausgebildet. Er wird im prunkvollen Jugendstilsaal des Hauses am 29.3. das Festivalorchester dirigieren, eines der künstlerischen Highlights des Festivals. In weiteren Konzerten werden unter anderem Joshua Bell und Steven Isserlis erwartet. Zahlreiche Orte, die (Musik-) Geschichte(n) atmen
Je nüchterner das Gebäude, umso pompöser der Name, könnte man bei dem „Palast der Künste“ meinen. Ein BetonMultifunktionsbau mit mächtiger Glasfront, am Donauufer im Stadtteil Pest gelegen, mit einem imposanten Konzert-, einem Theatersaal und einem Zeitgenössischen Museum. Traditionelles findet sich hier mit Experimentellem, die Klassik mit dem Tanz, dem Jazz, die Weltmusik und die bildende Kunst. Am 28.3. gastieren hier die Wiener Philharmoniker. Andere Standorte: der Marmorsaal des Ungarischen Rundfunks, das Nationale Filmtheater Uránia, manche wun-
derbare Kirche der Stadt. Und das Thália Theater, die zweite Spielstätte der Ungarischen Staatsoper. Überhaupt spielt die Oper eine wichtige Rolle im Festival, schließlich steht in der Budapester Andrássy út eines der prächtigsten und schönsten Opernhäuser der Welt. Ganz im Stil der Neorenaissance in den Jahren 1875 bis 1884 erbaut, wird das bereits bemerkenswerte Äußere des Gebäudes von seiner inneren Pracht übertroffen. Wo man auch hinsieht: kunstvoll vergoldeter Stuck, Deckengemälde, Marmorsäulen und wertvolle Mosaikarbeiten. Statuen an der Balustrade erinnern an große europäische Komponisten. Die Logen der Zuschauer erstrecken sich über drei Geschosse, deren größte Kaiser Franz Joseph vorbehalten war, der sich für den Bau des Opernhauses engagierte. Opulente tonnenschwere Lüster verleihen den Räumlichkeiten eine magische, fast mystische Atmosphäre, die den Geist vergangener Zeiten heraufbeschwört – und so manche
Spukgeschichte, weshalb wohl der italienische HorrorfilmRegisseur Dario Argento seinen Film „Das Phantom der Oper“ hier inszenierte. Wahr aber ist, dass ein Kommandant von Stalins Leibwache Anfang des 20. Jahrhunderts für einige Zeit als Friseur am Haus arbeitete. Und dass Otto Klemperer hier dirigierte und Gustav Mahler das Haus als Operndirektor von 1888 bis 1891 führte, in der Nachfolge von Ferenc Erkel, dem Komponisten der ungarischen Nationalhymne. Giacomo Puccini inszenierte hier zwei Premieren seiner Opern. 2014 steht seine Tosca auf dem Programm; außerdem Leoš Janácˇeks Jenu°fa, Wagners Fliegender Holländer sowie Mozarts Die Hochzeit des Figaro. Nur Franz Liszt wird es im Opernhaus nicht zu hören geben. Sein Jubiläumsjahr (2011) ist sowieso um. Budapester Frühlingsfestival 21.3. - 6.4.2014 Gabor Takacs-Nagy, Joshua Bell, Steven Isserlis, Elena Bashkirova, Dénes Várjon u.a. Budapest
KONZERTE | THEATER | BALLETT | LITERATUR | LANDPARTIEN
Einzeltermine, Details, Tickets und vieles mehr auf www.concerti.de/festivalguide
Januar 2014 concerti 29
Festivalguide
Unterwegs auf unbekannten Pfaden HAmburg Die deutsch-französischen Kulturtage
„arabesques“ pflegen besondere Freundschaften
Pfaden, sondern auch bei den Spielstätten. Offenbar ein Erfolgsrezept, denn auch 2014 begeben sich Thiébaud und seine Künstlerfreunde wieder mit ungewöhnlichen Angeboten an außergewöhnliche Orte. Sei es mit einer von Klaviermusik begleiteten Lesung von Saint-Exuperys berühmter Erzählung „Der kleine Prinz“ im Lichtwarksaal (23.1.), einem deutsch-französischen Poetry-Slam am selben Tag im Nachtasyl des Schauspielhauses oder Chansonpop von Fredda (6.2. Kolbenhof).
Auf zu neuen Horizonten: Das Atos Trio (o.l.), das Bläserquintett Alma und Kyoko Okada vom Ensemble Musicatreize reizt das Unbekannte
E
inst bekriegten sie sich, heute lieben sie sich – nun gut, vielleicht nicht alle und nicht auf allen Gebieten, denn auf dem grünen Rasen wird es nicht erst seit dem Foul Schumachers an Battiston wohl kaum mehr zur Freundschaft reichen. Doch zum Glück gibt es ja die Kultur, und die taugt fast immer zum Brückenschlag. Und so war es denn auch ein Musiker, der 2012 in Hamburg die deutsch-französischen Kulturtage „arabesques“ intiierte: Nicolas Thiébaud, seines Zeichen Solo-Oboist der Hambur30 concerti Januar 2014
ger Philharmoniker. Und da Freundschaften nur gedeihen, wenn diese auch gepflegt werden, dehnte Monsieur den Bund quer durch die Genres schon im letzten Jahr auf einen ganzen Monat aus! 50 Jahre Elysée-Vertrag, 55 Jahre Städtepartnerschaft Hamburg-Marseille gab es da zu feiern, Musiker, Literaten, Publizisten, Maler und Filmer widmeten sich dem künstlerischen Schaffen dies- und jenseits des Rheins und wandelten dabei nicht allein in ihren Programmen auf eher unbekannten
Der musikalische FestivalSchwerpunkt liegt angesichts des eigenen Berufes nahe, und doch beweist der französische Holzbläser nicht nur Sinn für besondere Klänge – sei es den kammermusikalischen Jazz des famosen Massoud Godemann Trios (31.1. Nochtspeicher) oder auch die Entdeckungs freude der NDR-(Sinfoniker-) Kollegen vom Fabergé-Quintett, denen die Wiederentdek kung der zauberhaften Streichquintette Adolphe Blancs zu verdanken ist (8.2. Kulturkirche Altona). Sein Programm schlägt mit Debatten wie „Wohin steuert Europa?“ oder einem Gespräch mit dem von den Nazis vertriebenen Schriftsteller Georges-Arthur Goldschmidt auch den Bogen zur (Kultur-)Politik: Brücken, die jeden politischen Gipfel vergessen lassen. Christoph Forsthoff arabesques 22.1. - 22.2.2014 NDR Brass, Quintette Alma, Atos Trio, Ensemble Arabesques, Harvestehuder Kammerchor, Fabergé Quintett Hamburg = Zeitraum
= Künstler
= Ort
Fotos: Frank Jerke, Guy Vivien, Bläserquintett alma, Steffen Rosipal Photography
Musikalische Brückenschläge zu Jazz, Pop und Chanson
Zwischen Originalorgel und Bratwurst Thüringen Arnstadt versprüht Authentizität als echte „Bachstadt“
A
ls 1404 erstmals die Thüringer Bratwurst erwähnt wurde, hatte Arnstadt, 20 Kilometer südlich von Erfurt, schon 700 Jahre auf dem Buckel. Die einst „älteste Stadt der DDR“ bewahrte sich ihren
Kleinodcharakter, der den Charme des hiesigen BachFestivals ausmacht – eines der kleinsten, aber bemerkenswertesten der Festgemeinde. Schließlich begann hier Johann Sebastian seine Karriere, als er
Benannt nach dem berühmtesten Sohn der Stadt: In der JohannSebastian-Bach-Kirche singen in diesem Jahr u.a. Singer Pur
1703 die Orgel von Johann Friedrich Wender abnahm, die einzige im Originalzustand, auf dem noch der Großmeister gespielt hat. Nur vier Jahre hielt es Bach in Arnstadt aus, aber er scheint immer noch anwesend. Zen trale Veranstaltungsorte sind originale historische Gebäude, Ausflüge, Führungen und Kulinaria gehören zum Programm. Das Festival ist familiär, die Landschaft reizend und die Thüringer Küche köstlich. Echte Leidenschaft für Bachs Musik eint. Noch bezahlbare, hoch motivierte Ensembles graben immer wieder die Bachliteratur nach neuen Aspekten um, forschen nach Geistesverwandten. Musiker-Prominenz kommt auch, aber sie setzt nur Duftmarken fürs Marketing. Denn in Arnstadt geht es schlieplich vor allem um die Authentizität. Christian Schmidt Bach-Festival Arnstadt 21.3. - 30.3.2014 Sebastian Klinger, Singer Pur, Blechbläserensemble Ludwig Güttler, Christian Handschke u.a. Arnstadt
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Januar 2014 concerti 31
Konzert-Tipps Ausgewählte Konzerte im Januar
Hamburg 10.1.2014
Bremen 30.1.2014
Christian Tetzlaff
2
6 Jean-Yves Thibaudet Berlin 13.1.2014
Magdalena Kožená
1
Essen 6.1.2014
4 Vadim Repin Düsseldorf 10.1.2014
3 Camilla Nylund
Frankfurt 14.1.2014
Mojca Erdmann
Leipzig 11.1.2014
8 Colin Currie
5
Stuttgart 29.1.2014
10 Xavier de Maistre München 26.1.2014
9 Thomas Hampson
32 concerti Januar 2014
Fotos: Giorgia Bertazzi, Kasskara-Decca, Harald Hoffmann, Mathias Bothor, Promo, Markus Hoffmann, Felix Broede, Marco Borggreve
Hannover 23.1.2014
7 Alban Gerhardt
Berlin Mi. 1.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Haydn: Die Jahreszeiten. Akademie für Alte Musik, RIAS Kammerchor Berlin, Hans-Christoph Rademann (Leitung), Christina Langhammer (Sopran), Daniel Behle (Tenor), Daniel Schmutzhard (Bariton) Di. 7.1.2014, 20:00 uhr Konzerthaus (Großer Saal) Staatskapelle Berlin, András Schiff (Klavier & Leitung). Bach: Klavierkonzerte d-Moll BWV 1052, E-Dur BWV 1053, D-Dur BWV 1054 u.a.
1 MaGDalena Kožená Mo. 13.1.2014, 20:00 uhr Kammermusiksaal Magdalena Kožená (Sopran), Les Violons du Roy, Bernard Labadie (Leitung). Mozart: Sinfonie Nr. 33 B-Dur, Auszüge aus „La clemenza di Tito“, Haydn: Arianna a Naxos, Sinfonie Nr. 85 B-Dur „La Reine“ Nach Vorbild der „Vingt-quatre Violons du Roi“ am Hofe Ludwigs XIII. gründete Bernard Labadie im kanadischen Quebec sein auf Musik des 17. und 18. Jahrhunderts spezialisiertes Kammerorchester.
Fr. 17.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Berliner Philharmoniker, Zubin Mehta (Leitung), Marlis Petersen (Sopran). Crumb: Ancient Voices of Children, Bruckner: Sinfonie Nr. 9 d-Moll Mi. 22.1.2014, 20:00 uhr heimathafen neukölln Ferhan & Ferzan Önder (Klavier), Borusan Quartett. Cello Case – Alte und neue türkische Impulse in der klassischen Musik
So. 19.1.2014, 20:00 uhr Glocke (Großer Saal) Suzanne von Borsody (Rezitation), Trio Azul. Frida Kahlo – ein musikalisch-literarisches Porträt
2 ChriStian tetzlaFF Do. 30.1.2014, 20:00 uhr Sendesaal Bremen konzert im dunkeln: Christian Tetzlaff (Violine). Bach: Partita Nr. 2 d-Moll BWV 1004, Sonate Nr. 3 C-Dur BWV 1005 Die Entdeckung des Hörens ohne Ablenkung durch visuelle Eindrücke – in völliger Dunkelheit kann man in Bremen Weltstars der Klassikszene einfach mal nur zuhören.
DreSDen Mi. 1.1.2014, 11:00 uhr albertinum (lichthof) Dresdner Philharmonie, Michael Sanderling (Leitung). Werke von Holst, Debussy, Strauß u.a. So. 12.1.2014, 19:00 uhr Schloss albrechtsberg (Kronensaal) Dresdner Streichquintett. Dragonetti: The Famous Solo (EA), Verdi: Streichquartett e-Moll, Onslow: Quintett Nr. 20 d-Moll op. 45 Sa. 25.1.2014, 19:30 uhr Schauspielhaus (Großes haus) Dresdner Philharmonie, Michael Sanderling (Leitung), Julia Fischer (Violine). Schumann: Ouvertüre zur „Braut von Messina“ op. 100, Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120, Sibelius: Violinkonzert d-Moll op. 47
Mi. 22.1.2014, 20:00 uhr haus des rundfunks (Großer Sendesaal) Ultraschall Festival. Jörg Widmann (Klarinette), Thomas Zehetmair (Violine), Ruth Killius (Viola), Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Heinz Holliger (Leitung). Widmann: 5 Bruchstücke, Carter: Clarinet Concerto, Holliger: Janus, Huber: Tenebrae
Mi. 29.1.2014, 20:00 uhr Deutsches hygiene-Museum (Großer Saal) Christian Dollfuß (Klarinette), Philipp Zeller (Fagott), Björn Kadenbach (Kornett), Matthias Franz (Posaune), Oliver Mills (Pauken), Alexej Bröse (Schlagzeug), Martin & Kristina Kasik (Klavier), Eva Dollfuß (Violine), Ilíe Cozmaţchi (Kontrabass), Olaf Bär (Sprecher). Bartók: Sonate für 2 Klaviere und Schlagzeug Sz 110, Strawinsky: Die Geschichte vom Soldaten
BreMen
DüSSelDorF
So. 12.1.2014, 20:00 uhr Glocke Bremer Philharmoniker, Steven Sloane (Leitung), Dominique Horwitz (Gesang). Berlioz: Ouvertüre „Römischer Karneval“, Strauss: Rosenkavalier-Suite, Piazzolla: Tango Sensations, Schostakowitsch: Cheryomushki-Suite
So. 5.1.2014, 11:00 uhr Palais Wittgenstein Dragos Manza (Violine), Florin Iliescu (Violine), Christian Atanasiu (Viola), Gilad Kaplansky (Violoncello), Alina Elena Bercu (Klavier). Kammermusik für Klavierquintett
Di. 14.1.2014, 20:00 uhr tonhalle Academy of St Martin in the Fields, Joshua Bell (Violine). Bach: Doppelkonzert d-Moll BWV 1043, Beethoven: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“, Brahms: Violinkonzert D-Dur op. 77
3 CaMilla nYlunD Fr. 10.1.2014, 20:00 uhr tonhalle Camilla Nylund (Sopran), Gerd Grochowski (Bariton), Düsseldorfer Symphoniker, Axel Kober (Leitung). Strauss: Don Juan op. 20, Schillings: Symphonischer Prolog zu Sophokles‘ „König Oedipus“ op. 11, Zemlinsky: Lyrische Symphonie op. 18 Dem Thema „Totalitarismus“ widmen die Düsseldorfer Symphoniker 2014 ihre Konzerte. „Linientreue“ Werke, die das Orchester im Dritten Reich aufführte, werden dabei solchen Werken gegenübergestellt, die als „entartet“ galten und verboten wurden – in letzterem Fall Zemlinskys Lyrische Symphonie.
Mi. 22.1.2014, 20:00 uhr tonhalle Amadeus-Kammerorchester des Polnischen Rundfunks, Agnieszka Duczmal (Leitung), Olga Scheps (Klavier). Mozart: Divertimento F-Dur KV 138, Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op. 11, Tschaikowsky: Serenade C-Dur op. 48 Mo. 27.1.2014, 20:00 uhr tonhalle Jewgenij Kissin (Klavier). Schubert: Sonate D-Dur D 850 „Gasteiner Sonate“, Skrjabin: Sonate Nr. 2 op. 19 „Sonate-Fantaisie“ & Etüden op. 8 (Auswahl)
eSSen 4 VaDiM rePin Mo. 6.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Philharmonia Orchestra London, Vladimir Ashkenazy (Leitung), Vadim Repin (Violine). Tschaikowsky: Ouvertüre „Romeo und Julia“, Violinkonzert D-Dur op. 35, Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 „Er ist einfach der beste und perfekteste Geiger, den ich je gehört habe“, sagte einst Yehudi Menuhin nach einem Konzert über Vadim Repin. Er ist der Heimat verpflichtet: Der aus Nowosibirsk stammende Musiker spielt an diesem rein russischen Abend passenderweise Tschaikowskys Violinkonzert.
Januar 2014 concerti 33
KonZErt-tippS
Do. 16.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Chicago Symphony Orchestra, Riccardo Muti (Leitung). Verdi: Ballettmusik aus „Macbeth“, Strauss: Tod und Verklärung op. 24, Prokofjew: Suite aus „Romeo und Julia“ So. 26.1.2014, 17:00 uhr Philharmonie Olga Peretyatko (Sopran), Münchner Symphoniker, Ola Rudner (Leitung). Arien und Orchesterwerke von Rossini, Mozart, Bellini, Bizet u.a. Fr. 31.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Juilliard String Quartet Beethoven: Streichquartett G-Dur op. 18/2, Jones: Streichquartett Nr. 3 „Wovon man nicht sprechen kann…“, Schubert: Streichquartett Nr. 15 G-Dur D 887
FranKFurt Mo. 13.1.2014, 20:00 uhr alte oper (Großer Saal) Academy of St Martin in the Fields, Albrecht Mayer (Oboe), Joshua Bell (Violine). Bach: Violinkonzert E-Dur BWV 1042, Konzert für Oboe und Violine c-Moll BWV 1060, Beethoven: Oboenkonzert F-Dur Hess 12, Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“
5 MoJCa erDMann Di. 14.1.2014, 20:00 uhr oper Frankfurt Mojca Erdmann (Sopran), Malcolm Martineau (Klavier). Lieder von Strauss, Mozart, Schubert, Rihm, Reimann, Mendelssohn & Schumann Zwischen deutscher Romantik und Moderne pendelt die Liedauswahl Mojca Erdmanns: Strauss‘ Ophelia-Lieder kombiniert sie mit Reimanns Helena und Schuberts Heidenröslein.
34 concerti Januar 2014
Do. 23.1.2014, 20:00 uhr alte oper (Großer Saal) Finnish Radio Symphony Orchestra, Hannu Lintu (Leitung), Alice Sara Ott (Klavier). Beethoven: LeonorenOuvertüre Nr. 2, Liszt: Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur, Sibelius: Sinfonien Nr. 6 d-Moll & Nr. 7 C-Dur Fr. 24.1.2014, 20:00 uhr hr-Sendesaal hr-Sinfonieorchester, David Afkham (Leitung), Francesco Piemontesi (Klavier). Ligeti: Lontano, Bartók: Konzert für Orchester, Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 Fr. 24.1.2014, 20:00 uhr alte oper (Mozart Saal) Ensemble Modern, Erik Nielsen (Leitung). Adams: Son of Chamber Symphony, Henze: Apollo et Hyazinthus Fr. 31.1.2014, 20:00 uhr Jahrhunderthalle Music Discovery Project. Oliver Koletzki, Fran, Jan Blomqvist, Nagel, hr-Sinfonieorchester, John Axelrod (Leitung). Werke von Reich, Adams u.a.
halle Mo. 13.1.2014, 19:30 uhr Georg-Friedrich-händel halle Staatskapelle Halle, Olari Elts (Leitung), Isabelle van Keulen (Violine). Werke von Pärt, Schostakowitsch & Strawinsky
haMBurG
6
Jean-YVeS thiBauDet
Mo. 13.1.2014, 20:00 uhr laeiszhalle (Kleiner Saal) Midori (Violine), Özgür Aydin (Klavier). Schubert: Violinsonate A-Dur „Duo“, Lutosławski: Partita, Bach: Sonate Nr. 4 c-Moll BWV 1017, Beethoven: Violinsonate G-Dur op. 96 Fr. 24.1.2014, 20:00 uhr nDr rolf-liebermann-Studio NDR Chor, Philip Mayers (Klavier), Philipp Ahmann (Leitung). Zemlinsky/ Gottwald: Gesänge nach Texten von Maurice Maeterlinck, Brahms: Quartette op. 92, Fuchs: Gesänge op. 65, Jenner: Quartette, Reger: Abendlied op. 6/3, Schreker: Schlehenblüte & Versunken Mo. 27.1.2014, 20:00 uhr laeiszhalle (Großer Saal) Philharmoniker Hamburg, Dmitrij Kitajenko (Leitung), Elisabeth Leonskaja (Klavier). Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 54, Strawinsky: Der Feuervogel (Suite 1919), Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 16 Fr. 31.1.2014, 20:00 uhr Kampnagel NDR Brass, NDR Percussion Byrd: Earl of Oxfords March, Henze: Ragtimes and Habaneras, Weill: Suite aus „Die Dreigroschenoper“
hannoVer Mi. 15.1.2014, 20:00 uhr hCC Cuarteto Casals, Carles Trepat (Gitarre). Beethoven: Streichquartett Nr. 3 D-Dur, García: Minueto E-Dur & Sonata E-Dur, Boccherini: Streichquartett Nr. 4 D-Dur „Fandango“, Turina: La Oración del Torero op. 34, Schostakowitsch: Streichquartett Nr. 4
7 alBan GerharDt
Fr. 10.1.2014, 20:00 uhr laeiszhalle (Großer Saal) Jean-Yves Thibaudet (Klavier), NDR Sinfonieorchester, Juraj Valčuha (Leitung). Dvořák: Der Wassermann, Kodály: Tänze aus Galanta, Liszt: Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur, Strauss: Der Rosenkavalier
Do. 23.1.2014, 20:00 uhr nDr landesfunkhaus (Großer Sendesaal) Alban Gerhardt (Violoncello), NDR Radiophilharmonie, Eivind Gullberg Jensen (Leitung). Britten: Sinfonie für Violoncello und Orchester op. 68, Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur
Sein Faible für Film lebt JeanYves Thibaudet musikalisch aus: So steuerte er u.a. den Soundtrack zur Jane-Austen-Verfilmung von „Stolz und Vorurteil“ bei.
1962 wünschte sich Mstislav Rostropowitsch von Britten ein Konzert. Über die enstandene CelloSinfonie urteilte er: „Das Beste, was je für Cello komponiert wurde.“
Fotos: Felix Broede, Marco Borggreve, Kasskara/Decca, Sim Canetty-Clarke/Hyperion Records
Mi. 15.1.2014, 20:00 uhr Philharmonie Julia Lezhneva (Sopran), Philippe Jaroussky (Countertenor), I barocchisti, Diego Fasolis (Leitung). Vivaldi: Concerto grosso d-Moll RV 565, Psalmvertonung „Nisi dominus“ g-Moll RV 608 & Sonata Es-Dur RV 130 „Al Santo Sepolcro“, Pergolesi: Stabat Mater
Köln Fr. 10.1.2014, 20:00 uhr Kölner Philharmonie Musik der Zeit: Labyrinth. WDR Sinfonieorchester Köln, Emilio Pomàrico (Leitung), Sarah Wegener (Sopran), Jörg Widmann (Klarinette). Boulez: Dialogue de l’ombre double, Widmann: Labyrinth (UA) Do. 16.1.2014, 20:00 uhr Kölner Philharmonie Wiener Philharmoniker, Riccardo Chailly (Leitung), Christian Tetzlaff (Violine). Sibelius: Finlandia op. 26 & Violinkonzert op. 47, Bruckner: Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106 Fr. 17.1.2014, 20:00 uhr Kölner Philharmonie Von Liebe und Tod. WDR Sinfonieorchester Köln, Juraj Valcuha (Leitung), Christianne Stotijn (Mezzosopran). Fauré: Pelléas und Mélisande op. 80, Chausson: Poème de l’amour et de la mer op. 19, Zemlinsky: Die Seejungfrau So. 19.1.2014, 20:00 uhr Kölner Philharmonie Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Mikhail Pletnev (Leitung), Daniil Trifonov (Klavier). Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op. 11, Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 9 op. 70
leiPziG
So. 12.1.2014, 18:00 uhr Schaubühne lindenfels Kammermusik und Film: Leipzig Brass. West Side Story mit Musik von Bernstein, Copland, Scott, Parker u.a. Do. 16.1.2014, 20:00 uhr Gewandhaus (Großer Saal) Gewandhausorchester, Paavo Järvi (Leitung), Janine Jansen (Violine). Debussy: Prélude à l‘après-midi d‘un faune, Szymanowski: Violinkonzert Nr. 1, Prokofjew: Sinfonie Nr. 6 es-Moll
MünChen Do. 2.1.2014, 20:00 uhr Gasteig (Philharmonie) Irène Theorin (Sopran), Alexandra Petersamer (Mezzosopran), Christian Elsner (Tenor), Georg Zeppenfeld (Bass), Münchner Philharmoniker, Philharmonischer Chor München, Lorin Maazel (Leitung). Beethoven: Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 Mo. 13.1.2014, 20:00 uhr Funkhaus (Studio 2) Marie-Elisabeth Hecker (Violoncello), Gabriele Carcano (Klavier). Werke von Bloch, Webern & Brahms
Mo. 13.1.2014, 20:00 uhr liederhalle (Mozartsaal) Barock auf hoher See. Carolyn Sampson (Sopran), Petra Müllejans (Violine), Freiburger Barockorchester. Vivaldi: Arie „Siam navi all‘onde“ aus der Oper „L‘Olimpiade“ & Concerto F-Dur, Händel: Arie „Finchè un zeffiro suave“ aus der Oper „Ezio“ & Arie „Io son quella navicella“ aus der Oper „Imeneo“, Telemann: Suite C-Dur „Hamburger Ebb‘ und Fluth“ u.a. Do. 16.1.2014, 20:00 uhr liederhalle (Beethovensaal) Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Stéphane Denève (Leitung), Nicholas Angelich (Klavier). Ravel: Pavane pour une infante défunte, Dutilleux: Sinfonie Nr. 1, Rachmaninow: Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40, Strawinsky: Der Feuervogel (Suite) So. 19.1.2014, 20:00 uhr liederhalle (Mozartsaal) Nash Ensemble of London. Mozart: Klavierquartett g-Moll KV 478, Britten: Divertimenti, Brahms: Klavierquintett f-Moll op. 34a
Do. 16.1.2014, 20:00 uhr Gasteig (Philharmonie) Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (Leitung), Gil Shaham (Violine). Berg: Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“, Bruckner: Sinfonie Nr. 9 d-Moll So. 19.1.2014, 11:00 uhr Prinzregententheater Ivo Pogorelich (Klavier). Beethoven: Sonate c-Moll op. 13 „Pathétique“, Die Wut über den verlorenen Groschen, Sonate f-Moll „Appassionata“ u.a.
8 Colin Currie Sa. 11.1.2014, 20:00 uhr Gewandhaus (Großer Saal) Colin Currie (Percussion), MDR Sinfonieorchester, MDR Rundfunkchor, Kristjan Järvi (Leitung). Adams: Desert Chorus, MacMillan: Veni, Veni, Emmanuel, Reich: Desert Music Steve Reich, Composer in Residence des MDR 2013/14, komponierte seine Desert Music auf Grundlage von Gedichten des Amerikaners William Carlos Williams und thematisiert darin die Wüste sowohl als vegetationsarme Landschaft als auch als psychischen Bewusstseinszustand. Das Konzert wird am 12.1.14, 19:30 Uhr, bei MDR Figaro übertragen.
StuttGart
9 thoMaS haMPSon So. 26.1.2014, 19:30 uhr residenz (herkulessaal) Thomas Hampson (Bariton), Amsterdam Sinfonietta. Lieder von Wolf, Brahms, Mendelssohn u.a. Liederabend mit Orchester: Thomas Hampson interpretiert das Genre neu und bricht mit angestammten Hörgewohnheiten.
10 XaVier De MaiStre Mi. 29.1.2014, 20:00 uhr liederhalle (Beethovensaal) Academy of St Martin in the Fields, Xavier de Maistre (Harfe). Elgar: Introduktion und Allegro op. 47, Mozart: & Sinfonie G-Dur KV 129, Parish-Alvars: Harfenkonzert e-Moll op. 34 Ein Novum bei der Academy: Erstmals steht bei einem Tourneeprojekt des Orchesters die Harfe im solistischen Mittelpunkt – eine Position, die mit Xavier de Maistre nicht besser besetzt sein könnte.
onlinE-tipp
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rEportaGE
»Wir wollen das Vorbild sein« in China entwickelt sich eine zunehmend lebendige KlassikSzene – zu Besuch beim ShanGhai SYMPhonY orCheStra , das erstmals auf tournee nach Deutschland kommt. Von Jakob Buhre
36 concerti Januar 2014
Fotos: CAMI Music, Shanghai Symphony, Jakob Buhre
D
er derzeit wichtigste Gange – gerade entsteht eine Studiert hat er in den 80er JahDirigent in China trägt komplexe Podestkonstruktion ren in Berlin an der HochschuMundschutz und einen – doch die dynamisch-kunstvol- le der Künste. Anschließend Helm. Es ist Anfang Dezember le Innenarchitektur des 1200 kehrte er in die Heimat zurück: in Shanghai. Long Yu steht in Zuschauer fassenden Großen „Damals gab es in China nur vereinzelt Klassik-Konzerte, es einer Staubwolke neben Ma- Saales ist bereits erkennbar. xim Vengerov, im Unterge- Ein Maestro mit Bauhelm ist gab keine Konzertsaison, keine schoss des neuen Konzertsaals ein seltenes Bild, in diesem Fall Reihen oder Festivals“, erinnert des Shanghai Symphony Or- aber durchaus von symboli- er sich. „Ich habe die letzten 15 chestra, der im Herbst 2014 schem Charakter. Denn die Jahre daran gearbeitet, dass die eröffnet werden soll. Die Bau- neue Konzerthalle in der Fu- Klassik in China eine Zukunft arbeiten sind noch in vollem xing Road ist nicht sein einzi- hat, ich habe das professionelges Großprojekt, im Grunde le Orchestersystem hierher laboriert Yu an etwas noch gebracht. Jetzt haben wir ein ZUr pErSon Größerem: eine Klassik-Kultur Saisonprogramm, wir holen in China nach westlichem Vor- internationale Künstler nach bild zu etablieren. China, wir bauen ein Repertoire auf und ermutigen vor Long Yu will eine lebendige allem jungen Leute, OrchesterKlassikSzene aufbauen musiker zu werden. Diejenigen, Der 49-Jährige arbeitet dafür die im Ausland studiert haben, gleich an mehreren Orten, leitet versuchen wir zurückzuholen das China Philharmonic Or- und ihnen bessere MöglichkeilonG Yu chestra in Peking, das Guan- ten anzubieten.“ Der 49-jährige Chinese ist zhou Symphony Orchestra und Seit seinem Antritt beim SSO Chefdirigent des Shanghai gründete 1997 das Beijing Mu- erfolgten daher eine ganze ReiSymphony orchestra, des sic Festival. 2009 wurde er he von Maßnahmen: Neben China Philharmonic orchesschließlich zum Chefdirigen- dem vollen Saisonkalender tra und Gründer des Beijing Music Festivals. In den 80er ten des Symphony Orchestra gibt es ein mehrtägiges SomJahren studierte er an der von Shanghai gewählt, seiner merfestival, eine Kooperation universität der Künste Heimatstadt. Bereits 1879 ge- mit den New Yorker PhilharBerlin und dirigierte seitgründet ist es das älteste Or- monikern, ebenfalls wurde ein dem weltweit bedeutende chester Chinas – und es ist Outreach-Programm ins Leben Orchester wie das new York gerade dabei, sich zur moderns- gerufen, bei dem kleine KonPhilharmonic, die Münchner ten Klassikinstitution des Lan- zerte in Schulen und UniverPhilharmoniker oder das des zu entwickeln, wobei Yu sitäten organisiert werden. NDR Sinfonieorchester. eine entscheidende Rolle spielt. Nach Vorspielen in New York,
Das (Klassik-)Leben ist eine Baustelle: Maxim Vengerov und Long Yu
Der Konzertsaal lässt sich schon erahnen: 2014 wird das Shanghai Symphony Orchestra ihn eröffnen
Long Yu arbeitet mit Maxim Vengerov an Tschaikowskys Violinkonzert
Januar 2014 concerti 37
Vengerov, Eschenbach, Marriner: Über einen Mangel an bekannten Namen kann Shanghai nicht klagen
Das Geschäft des Geigenbauers läuft gut
38 concerti Januar 2014
eher wie eine staatliche Behörde organisiert, daran hat sich in den vergangenen fünf Jahren viel verändert. Allerdings gibt es hier für uns kein Modell, an dem wir uns orientieren können. Wir wollen jetzt selbst das Vorbild für andere Orchester in China sein.“ Finanziert wird das SSO zur einen Hälfte von staatlicher Seite, die andere kommt durch Kartenverkäufe und Gelder von Sponsoren zusammen, unter denen wiederum Firmen sind, an denen der Staat Anteile hält.
Dass es um das Budget gut bestellt ist, lässt sich am Saisonprogramm ablesen, in dem sich viele große Namen wie Christoph Eschenbach, Sarah Chang und Yo-Yo Ma aneinanderreihen. Stars wie Lang Lang sorgen für einen KlassikBoom
Wobei die internationale Ausrichtung auch der vielfältigen Metropole Shanghai sehr entgegen kommt. Wer einmal durch den Stadtteil der „französischen Konzession“ streift,
Fotos: Jakob Buhre
Shanghai und Berlin wurde ein Drittel der Orchesterbesetzung ausgewechselt, zudem ist jeder Musiker für Kammerkonzerte verpflichtet. Auch ein Kartenabo existiert bereits, welches von etwa einem Viertel der Besucher in Anspruch genommen wird. „Für einen Großteil unseres Publikums ist die Klassik zu einem neuen Hobby geworden“, erklärt Fedina Zhou, die Vizepräsidentin des SSO. Gleichzeitig räumt sie Schwierigkeiten bei der Umstrukturierung ein: „Wir waren früher
trifft unterwegs zahlreiche Europäer und Amerikaner, die sich hier niedergelassen haben. Zudem erlebt China gerade einen Klassik-Boom. Insbesondere der Erfolg von Künstlern wie Lang Lang und Yundi Li hat viele Hoffnungen geweckt, bei Eltern, Musikmanagern und Plattenfirmen. Der Boom ist in Shanghai auch auf mancher Straße sichtbar. In der Nähe des Konservatoriums reihen sich Noten-, Geigenund Klavierläden aneinander. Ein Geigenbauer berichtet, dass er 2013 etwa 600 Instrumente verkauft hat, rund sechs mal so viel wie noch vor zehn Jahren. Ein paar Häuser weiter sitzt Maxim Vengerov auf der Bühne einer Musikschule, wo er einen Meisterkurs gibt. Die Aula ist randvoll mit jungen Schülern, auch Eltern sind gekommen, ein 10-Jähriger spielt eine Wieniawski-Variation. Der Ehrgeiz eines aufstrebenden Landes
Long Yu freut sich angesichts des Nachwuchses, äußert aber auch Zweifel: „Es ist nicht immer richtige Motivation dahinter. Viele Eltern wollen, dass ihr Kind Klavier lernt, damit es der nächste Lang Lang wird. Das finde ich falsch, es geht nicht darum, ein Star zu werden, sondern viel wichtiger ist, dass sie Musikliebhaber werden, das ist unsere Zukunft.“ Auch er selbst mache sich nichts aus Ruhm oder Karriere, versichert Yu mehrfach. „Ich arbeite so hart daran, weil ich die Musik liebe und eine Verantwortung fühle für die Klassik in China.“ In Jeans und Wollpulli sitzt er im Innenhof jener Musikschule, die er als
Teenager besuchte. Spontan hat er vorgeschlagen, das concerti-Interview draußen zu führen. Die „frische“ Luft ist in diesen Tagen in Shanghai jedoch nicht ungefährlich. Die Luftverschmutzungswerte sind im Dezember so hoch wie noch nie. Aufgrund des Smogs wirkt das populäre Panorama des Finanzbezirks Pudong wie hinter einer Milchglasscheibe, der ungesunde Nebeneffekt einer Wirtschaft, die auf Hochtouren läuft. Es wäre eigentlich ein Leichtes, in der aufstrebenden Entwicklung des Shanghai Symphony Orchestra eine Parallele zu sehen zu dem geballten Siegeswillen, mit dem die Volksrepublik auf die Weltmärkte strebt. In der Probe des Shanghai Symphony Orchestra
Doch dann beginnt die Orchesterprobe, und man merkt ziemlich schnell, dass es hier um Kunst geht, nicht um Prestige oder Verkaufszahlen. Man erlebt einen lebendigen, bunten Klangkörper, Musiker aus verschiedenen Generationen und Nationen. Da ist kein Drill, keine übertriebene Disziplin zu hören. Der chinesische Schriftzug „Arbeitet hart, arbeitet zusammen“, der im Probensaal in der Hunan Road über einem Beethoven-Porträt prangt, scheint lediglich an vergangene Zeiten zu erinnern. Long Yu arbeitet sehr präzise, bricht bei Ungenauigkeiten sofort ab, gibt Anweisungen mal auf Chinesisch, mal auf Englisch. Gerade werden die Bilder einer Ausstellung geprobt, bei denen er nach und nach die Farben deutlicher werden lässt. Immer wieder stei-
gert er sich in die Partitur regelrecht hinein, wuchtet den Oberkörper vor und zurück – und doch vermeidet er das Pompöse, das Spektakel. Und er scherzt viel mit seinen Musikern. Als Maxim Vengerov für Tschaikowskys Violinkonzert auf die Bühne kommt, bittet er ihn bei einer Cellopassage um einen Rat, und fügt hinzu: „Hier kann jeder seine Meinung sagen, da sind wir demokratisch.“ Großes Lachen im Raum. Vengerov zeigt sich nach der Probe angetan: „Ich finde es erstaunlich, was Long Yu macht. China ist ja bereits sehr reich an Musik, trotzdem gibt es das Bedürfnis, die westliche Kultur zu integrieren. Während man in Europa eher dazu tendiert, Orchester zu schließen, spüre ich in China einen großen Willen, etwas zu erreichen. Ich sehe hier Potential für die nächsten 50 Jahre.“ Konzert-TIPPs
München Mo. 13.1., 20:00 Uhr Residenz (Herkulessaal) Shanghai Symphony Orchestra, Long Yu (Leitung), Ray Chen (Violine). Werke von Yanjun Hua & Tschaikowsky Nürnberg Di. 14.1., 20:00 Uhr Meistersingerhalle Programm siehe München Düsseldorf Fr. 17.1., 20:00 Uhr Tonhalle Shanghai Symphony Orchestra, Long Yu (Leitung), Ray Chen (Violine). Werke von Yanjun Hua, Tschaikowsky & Mussorgsky Hamburg Mo. 20.1., 19:30 Uhr Laeiszhalle (Großer Saal) Programm siehe München Fr, 25.4., 20:00 Uhr Laeiszhalle (Großer Saal) NDR Sinfonieorchester, Long Yu (Leitung), Jian Wang (Violoncello), Yvonne Naef (Mezzosopran), Andreas Schager (Tenor). Werke von Qigang Chen & Mahler Köln Fr. 24.1., 20:00 Uhr Philharmonie Programm siehe Düsseldorf Januar 2014 concerti 39
REzENsiONEN CD-Rezensionen bewertet und ausgewählt von Ihrer concerti-Redaktion Nein, kein Steinway: Für diese Aufnahme wählte András Schiff historische Flügel
Das große Vexierspiel
R
udolf Serkin hat sie Spitz-auf-Knopf gedeutet, Swjatoslav Richter hat sie mit Bleigewichten behängt, Alfred Brendel hat ihren Humor hinterfragt, und nun kommt András Schiff und spiegelt Beethovens Diabelli-Variationen mit sich selbst: Er hat dieses Gipfel-Werk gleich doppelt aufgenommen, an einem historischen Brodmann-Flügel aus den frühen 1820er Jahren und an einem Bechstein von 1921. Im Ansatz ähneln sich 40 concerti Januar 2014
beide Einspielungen, im Detail offenbaren sie reizvolle Unterschiede. Mittelstimmen treten hervor, Melodielinien gewinnen an Leuchtkraft, Bassfiguren an knurriger Eleganz. Schiff kennt jeden Winkel, jede Verzierung, jeden Übergang. Er deutet diesen Kosmos mit seinen 33 Veränderungen wie ein großes Vexierspiel. Mal klopft er launig den Rhythmus mit der linken Hand, dann perlt er virtuose Ketten mit der rechten. Natürlich hat man dieses
Werk schon größer, mächtiger, polarer gehört, doch Schiff ist auch ein Meister der Bescheidenheit. Im Zweifelsfall lässt er die Musik sprechen, nicht sich selbst. Komplettiert wird das Album durch die kluge Paarung mit Beethovens letzter Sonate und den Bagatellen op. Christoph Vratz 126. Beethoven: Diabelli-Variationen, Sonate nr. 32 & Bagatellen op. 126 András Schiff (Franz Brodmann-Hammerklavier/Bechstein-Flügel 1921) ECM (2CDs)
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Foto: Nadia F. Romanini/ECM Records
CD DeS MonatS András Schiff erforscht die Diabelli-Variationen von zwei Seiten
troppo ritardando
ein ganz eigenes Klangideal
ein Genie, liebe hörer!
Dvořák: Violinkonzert, romanze, Mazurka & humoreske Anne-Sophie Mutter (Violine), Berliner Philharmoniker, Manfred Honeck (Leitung). Deutsche Grammophon
Beethoven: Violinkonzert op. 61 Berg: Violinkonzert Antje Weithaas (Violine), Stavanger Symfoniorkester, Steven Sloane (Leitung). CAvi
enescu: Sonaten für Cello & Klavier nr. 1 & 2, allegro f-Moll, nocturne & Saltarello Valentin Radutiu (Violoncello), Per Rundberg (Klavier). Hänssler Classic
Nach dem Werbeaufwand zu urteilen, muss Antonín Dvořák wieder auferstanden sein und auf der Karlsbrücke eigenhändig sein Violinkonzert spielen. Sensationell! Aber es ist AnneSophie Mutter. 30 Jahre hat sie nichts mit den Berliner Philharmonikern aufgenommen und überhaupt noch nie den Dvořák. Natürlich kennt sie das Stück inwendig, und ihre Deutung ist durchaus originell, gewürzt mit betörenden, befremdlichen Klängen. Spieltechnische Brillanz und üppige Tonschönheit verstehen sich bei den Beteiligten von selbst, aber was soll diese Tempoverschleppung, die streckenweise zu völligem Stillstand führt? Auch die vielen Schleifer und Schluchzer wirken manieristisch, wenn nicht sentimal. Damit dürften selbst viele Anhänger des romantischen Geigenspiels nicht einverstanden sein. Frau Mutter und Herr Honeck wollten Dvořák ganz anders, ganz neu interpretieren – und schossen entschlossen übers Ziel hinaus. (VT)
Am Anfang ihrer Karriere, da feierte die Boulevard-Presse Antje Weithaas als „die neue Anne-Sophie Mutter“. Das sollte ein Kompliment sein, doch den Vergleich hat die Geigerin nie nötig gehabt: Mag ihre Karriere auch längst nicht so medienwirksam verlaufen sein, so hat sich die gebürtige Cottbusserin doch schon früh ihr ganz eigenes Profil erstrichen. Ungemein beseelt, voll lyrischer Empfindsamkeit, doch ohne Verzärtelung, erfüllt von Emotionen, aber ohne Pathos. Ein Klangideal, das nun auch ihre erste (!) Studio-Orchester-CD prägt mit einem sehr differenzierten BeethovenKonzert, das nicht zuletzt durch den unprätentiös pulsierenden Dialog zwischen ihr und dem ungemein vitalen Stavanger Symfoniorkester unter Steven Sloane zu bestechen mag. Und das noch immer traumschöne BergWerk mit einer Zerbrechlichkeit erfüllt, ohne dass der Hörer auch nur eine Phrase lang den Eindruck überbordender Gefühle hätte. (CF)
Stargeiger, Dirigent, Pianist, Sänger und Komponist: Wer würde einem solchen Multitalent nicht das Attribut Genie verpassen? Doch stattdessen ist George Enescu heute nur noch wenigen Musikliebhabern bekannt, findet sich sein Œuvre allenfalls in Spezialistenprogrammen. Respekt also, dass sich Valentin Radutiu und Per Rundberg seiner vier Cellowerke angenommen haben – und nicht nur mit der Weltersteinspielung des ungemein ausdrucksvollen f-Moll-Allegros betören, sondern auch mit den beiden Sonaten aufs Spielfreudigste und Facettenreichste für eine Aufnahme dieser Werke ins Standardrepertoire jedes Cellisten werben. Liegt doch Enescus große Kunst in der Integration ganz unterschiedlicher Stile von den Volksweisen seiner Heimat über Wiener Klangfarben bis hin zu impressionistischen Elementen. Das Ergebnis: eine schwelgerische Musik, doch voller Klarheit, deren Zauber dieses Duo perfekt einfängt. (CF)
Januar 2014 concerti 41
rEZEnSionEn
tempo giusto
Bach: Brandenburgische Konzerte Hille Perl (Gambe), Dorothee Oberlinger (Flöte), Hofkapelle München, Rüdiger Lotter (Leitung) deutsche harmonia mundi
Perfekter Wohlklang
Pergolesi: Stabat mater, Confitebor tibi domine, laudate pueri Dominum Philippe Jaroussky (Countertenor), Julia Lezhneva (Sopran), I Barocchisti, Diego Fasolis (Leitung). Erato
Sehr schöne Tempi kennzeichnen Wie dramatisch muss diese Kirchendiese gelungene Aufnahme der musik sein? Die Frage stellt sich imBrandenburgischen Konzerte. Man- mer, wenn es an Giovanni Battista ches klingt zügiger als gewohnt, Pergolesis Stabat mater geht. Counwie der erste Satz des sechsten, für tertenor Philippe Jaroussky und Sodas sich die Hofkapelle München pranistin Julia Lezhneva gehen das die Gambistin Hille Perl als Starbe- Werk eher meditativ an, mit sehr spargleitung gesucht hat. Manches samem Vibrato, dafür mit sehr schön schwingt perfekt, wie der langsame gemeinsam gearbeiteten VerzierunSatz des vierten Konzerts, wo Do- gen. Die opernhaften Züge des Stürothee Oberlinger diese Starrolle ckes entfalten sie erst im Verlauf der spielt. Alles ist sehr schwungvoll Komposition – meist in den schnellen und auch tänzerisch gespielt. Etwa Passagen, die langsamen bleiben sehr im ersten Brandenburgischen, wo innerlich. Hier herrscht Wohlklang auch die Hörner leichtfüßig über pur – das Schmerzlich-Dramatische alle Klippen kommen und nie weicht der Andacht. I Barocchisti schwerfällig klingen. Nie wird es spielen dazu sehr akzentuiert und hektisch, auch nicht im sehr raschen mit-sprechend, bieten den Sängern Finale des dritten Konzerts. Und der einen kontrastreichen Hintergrund. Höhepunkt der CD ist ein perfekt Klanglich ist das Ganze perfekt – nur schwebender Mittelsatz des fünften etwas mehr Spannung hätte man sich Konzerts. Die Hommage an den Kur- anstelle von Entspanntheit manchmal fürsten Christian Ludwig, die die gewünscht. Sehr dynamisch und Hofkapelle in diesen Konzerten ver- gleichzeitig leicht schließen sich dann Anzeige 11:18 Seite 1 mutet, istConcerti.12.13 hier sehr glaubwürdig05.12.2013 um- das Laudate pueriUhr und das Confitebor an. (KH) gesetzt. (KH)
NEU
FERUCCIO BUSONI Nocturne symphonique op. 43 HANS PFITZNER Klavierkonzert op. 31 MAX REGER Eine romantische Suite op. 125 Tzimon Barto, Klavier Staatskapelle Dresden CHRISTIAN THIELEMANN 2 CD PH12016
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NEU
ihr seid das leben und die ruhe il Cor tristo Werke von Pisano, Marsh & arcadelt Hilliard Ensemble ECM
Auftakt zum Abschied: Sein 40-jähriges Jubiläum feiert das Hilliard Ensemble 2014 – und mit einer letzten Tournee soll dann auch Schluss sein mit den Gesangsjüngern des scheinbar unendlichen Wohlklang-Stromes. Auf dieser CD gelingt den Vokalisten noch einmal eine vollendete Klangkultur aus Gestern und Heute, schlagen sie nahtlos den Bogen von Madrigalen des 16. Jahrhunderts zu düsteren Zeilen aus Dantes Inferno, die ihr Landsmann Roger Marsh vertont hat. Eine Klang-Welt im ewigen Fluss, kunstvoll verwoben in den melodischen Linien, in der Dynamik kaum eine Rolle spielt. Und so lauschen wir wieder einmal andächtig der geradezu unheimlich reinen Intonation, der Präzision und vollendeten Balance ihres homogenen Ensembleklangs. Und fragen uns schon jetzt wehmütig, wer uns künftig derart weihevolle Momente des Innehaltens bescheren wird: Denn ihr, liebe Hilliards, nur ihr seid das Leben und die Ruhe. (CF)
NEU
GÜNTER WAND The Radio Recordings Mozart, Messiaen, Webern, Fortner, Stravinsky, Beethoven, Orff, Saint-Saëns, Koechlin, Berlioz, Cherubini, Brahms, Weber, Zimmermann, Ligeti, Bruckner, Haydn, Braunfels - u.a. 20 CD PH 13038
ANTON BRUCKNER Collection Fine Arts Quartet, Fritz Wunderlich, Christiane Oelze, Pamela Coburn, Matthias Goerne, Michael Schade, Andreas Schmidt, Dresdner Kreuzchor, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Deutsches SymphonieOrchester Berlin - u.a. 20 CD PH13007
RICHARD WAGNER Der Ring des Nibelungen Hans Swarowsky 14 CD PH10034
Profil
JOSEPH HAYDN die Klaviersonaten Ekaterina Derzhavina 9 CD PH12037
Edition Günter
Hänssler
Erhältlich im Fachhandel Profil Medien GmbH . Edition Günter Hänssler www.haensslerprofil.de Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH . www.naxos.de
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Blick ins innere
Celi con brio
Bach: Partita nr. 1, Choralvorspiele, ligeti: Musica ricercata (auszüge), armstrong: Fantasy on BaCh Kit Armstrong (Klavier) Sony Classical
Celibidache – the Berlin recordings 1945-57 Berliner Philharmoniker, Rundfunk-Sinfonie Orchester, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Sergiu Celibidache (Leitung). audite (13 CDs)
Auf seinem Debüt-Album nähert sich der 21-jährige Pianist Kit Armstrong Bachs Choralvorspielen von ihrer emotionalen, sanglichen Seite und rückt die Partita Nr. 1 BWV 825 in ein weiches Licht. Von erstaunlicher technischer Reife und hohem Einfühlungsvermögen zeugt die Einspielung einer Auswahl von György Ligetis Musica ricercata. Bach-Puristen, die nach gestochen scharfer Transparenz suchen, werden mit den filigranen Ausdeutungen dieses sensiblen Tastenstreichlers ihre Probleme haben. Alle anderen erfreuen sich an einem warmen Blick ins Innere der polyphonen Musik. (SI)
Ein Philosoph ist er in jüngeren Jahren nicht gewesen. Die Berliner Nachkriegs-Aufnahmen, größtenteils mit den Philharmonikern und dem Rundfunk-Sinfonieorchester, belegen das bekannte Bild: Sergiu Celibidache als Ekstatiker, als Magier des Klangs, dem der Effekt oft wichtiger war als die geistige Durchdringung einer Partitur. Doch sind seine Schwächen meist interessanter als die Stärken mancher Pultstars von heute. Der junge Rumäne präsentierte ab 1945 mit unglaublichem Einfühlungsvermögen und (angeblich schon in der ersten Probe) auswendig dirigierend viele Komponisten der Feind-Allianz, also Russen, Amerikaner, Briten und Franzosen, aber auch den im Nazi-Reich untergetauchten Günter Raphael mit seiner lebenstrunkenen, amazonisch schillernden und dabei kontrapunktisch genialen 4. Sinfonie von 1947. Rubati wie in den fesselnden Tschaikowsky-Einspielungen (Sinfonie Nr. 2, Romeo und Julia-Ouvertüre) sind übrigens selten; nach Bizets C-Dur-Sinfonie könnte man das Metronom eichen, und die Vierte von Brahms ist ideal abgefedert im Tempo, lässt alle Schönheiten wunderbar atmen, ohne den musikalischen Fluss zu unterbrechen. Beethovens Siebte verwandelt Celibidache in eine Apotheose des Stampfens und Brüllens, auch im elementar überschäumenden La mer flippt er einmal total aus. Langweilig ist das jedenfalls nie. Mendelssohns Italienischer fehlt es freilich ein wenig an Leichtfüßigkeit, Rimsky-Korsakows Ouvertüre Russische Ostern fehlen die Glocken – die waren längst eingeschmolzen für den Endsieg. (VT)
Gegen Windmühlen
Klughardt: Sinfonie nr. 5 c-Moll op. 71 & ouvertüren Anhaltische Philharmonie Dessau Antony Hermus (Leitung) cpo
Warum es in Deutschland mit der spätromantischen Sinfonie so rapide bergab ging? August Klughardts Fünfte (1897) gibt Antwort. Dem Werk des Dessauer Hofkapellmeisters gelingt es trotz gelehrter Künste und gekonnter Instrumentation nur selten, ein wirkliches Drama zu erzählen. Der Kopfsatz tritt energisch auf der Stelle, die Binnensätze sind trivial, allein das Finale vermag mitzureißen durch seinen wuchtigen Schwung. Es werden beachtliche Kräfte entfesselt, und das Dessauer Orchester versteht sie auch plastisch zu bündeln, aber es ist und bleibt ein Kampf gegen Windmühlen. (VT)
KURZ BESPROCHEN rameau: Dardanus Ensemble Pygmalion, Raphael Pichon (Ltg.), Bernard Richter (Tenor), João Fernandes (Bass) u.a. Alpha Rameau auf der Höhe seiner Kunst: Feinste Barockkost bieten das Ensemble Pygmalion und eine glänzend aufgestellte Sängerriege in der Neueinspielung der selten zu hörenden Oper. (EW) Bacharkaden Werke von Bach, Pärt, Dufay, Purcell, Walter u.a. Calmus Ensemble, Lautten Compagney Berlin. Carus Barock und Jazz? Wie nah die Genres einander sind, zeigen Calmus Ensemble und Lautten Compagney, die Bach-Choräle mit älterer und neuer Musik verbinden. Und dabei Swingen. (EW) around the world Werke von Bartók, Händel, Piazzolla u.a. Emmanuel Pahud (Flöte), Chrisian Rivet (Gitarre). Warner Classics Klangfarben ohne Ende: Auf seiner musikalischen Reise wird Pahud Bartók ebenso gerecht wie Ravi Shankar. Und lässt auch in puncto Virtuosität bei Elliot Carter keine Wünsche offen. (KH) Classic meets Cuba ii Werke von Bach, Beethoven, Vivaldi u.a. Klazz Brothers & Cuba Percussion. Sony Classical Das Rezept hat über die Jahre nichts an Frische verloren: Unverwüstliche Klassik-Hits von Bach bis Rachmaninow werden mit kubanischen Rhythmen frech und witzig aufgemischt. (CF) onlinE-tipp
ausführliche sowie täglich neue rezensionen finden Sie im internet Scannen Sie den Bild-Code mit einem Smartphone und einer App für QRCodes oder gehen Sie im Browser auf www.concerti.de/rezensionen Januar 2014 concerti 43
Blind GEhört
ZUr pErSon
Als der würdige Nachfolger des großen Mozart-Sängers Fritz Wunderlich gilt der 1974 in hamburg geborene Daniel Behle. Er studierte zunächst Schulmusik, Posaune und Komposition. Erst als 22-Jähriger nahm er Gesangsunterricht bei seiner Mutter renate Behle. Einen Namen machte er sich vor allem mit Liederabenden und Mozart-Opern.
44 concerti Januar 2014
»Eine tolle Inspiration« Der Tenor Daniel Behle hört und kommentiert CDs seiner Kollegen, ohne dass er erfährt, wer singt. Von Rainer Aschemeier
D
Foto: Julian Laidig
aniel Behle hat eine Menge zu erzählen. Er ist nämlich nicht nur einer von Deutschlands aufregendsten jungen Tenören, sondern er komponiert auch. Gerade hat er ein populäres Album mit Hamburg-Liedern konzipiert und selbst arrangiert. Zudem ist noch eine Winterreise in Vorbereitung, bei der Daniel Behle ebenfalls kompositorisch tätig war. Er hat seine neue Fassung nämlich für ein Klaviertrio mit Sänger angelegt. An einem sonnigen Dezembertag treffe ich den Tenor leicht erkältet im CVJM in Stuttgart. Die Weihnachtszeit macht nicht Halt vor tenoralen Schnupfennasen. Bachs Weihnachtsoratorium steht an und wird ein Stockwerk über uns bereits geprobt. Musiker und Helfer huschen über die Flure. Mitten in diesem Getümmel finden wir einen ruhigen Raum für unser „Blind gehört“-Gespräch.
scheinen ...“ Definitiv eine historische Aufnahme. Dann könnte Strauss hier selbst am Klavier sitzen. Nein? Das ist auf jeden Fall Vintage! Allein schon die Art der Phrasierung, und dann noch das Portamento. Das ist schon fast italienisch. Eine sehr starke Kopfmischung hören wir hier, sehr lyrisch. Tja, da habe ich nun so gar keinen Tipp. Jussi Björling ist das? Wirklich Björling? Aber jung! Darauf wäre ich nicht gekommen. Erstaunlich, dass er auch Lieder auf Schallplatte aufgenommen hat. Ich höre hier Björling zum ersten Mal im Liedsektor. Später hat er ja das ganz große Fach gesungen. Über Björling bin ich überhaupt erst zum Singen gekommen. Das war eine Arie aus Offenbachs Die schöne Helena (singt), das hat Björling auf schwedisch gesungen. Das war eine der ersten Aufnahmen, die ich gehört habe, und bei der ich mir gesagt habe: „Mensch, das ist doch toll!“
„Morgen“ aus Strauss: 4 Lieder op. 27 (Jussi Björling – Collection Vol. 5) Jussi Björling (Tenor) Harry Ebert (Klavier) 1939/2005. Naxos Historical
„In der Fremde“ aus Schumann: Liederkreis op. 39 Peter Schreier (Tenor) Norman Shetler (Klavier) 1975. Berlin Classics
Ah, Strauss! (singt) „Und morgen wird die Sonne wieder
Schumanns In der Fremde. Aha. Habe ich selbst noch nicht
gesungen. Oh, das ist wunderbar! Schöne warme Stimmfärbung, gute Textverständlichkeit. Gefällt mir gut. Ein toller Liedersänger! Ich darf sagen, so wie der singt, so ist das vorbildlich. Wer ist das? Peter Schreier? Wirklich? Das überrascht mich jetzt. Von wann ist denn die Aufnahme? Ach, eine frühe Aufnahme. Schreier hatte später manchmal so eine gewisse Schärfe in der Stimme. Die hört man hier nicht. Es mag aber auch sein, dass das bei ihm je nach der Besetzungsstärke mal ein Thema war und mal nicht. Diese CD ist übrigens auch klanglich sehr schön aufgenommen. Das ist auch nicht immer selbstverständlich.
„In der Fremde“ aus Schumann: Liederkreis op. 39 Anne Schwanewilms (Sopran) Manuel Lange (Klavier) 2013. Capriccio
Aha, nun mit einer Sopranstimme. Interessant. Die Dame kenne ich auf jeden Fall. Aber ich komme wieder nicht drauf. Die Aufnahme ist etwas älter, oder? Nein? Wieder eine sehr warme Stimme. Die Sängerin trifft den Charakter des Liedes sehr gut. Aber man kann ja immer ein wenig meckern. Bei dieser Einspielung zum BeiJanuar 2014 concerti 45
Blind Gehört
spiel werden Konsonanten geopfert, um die auratische Linie beibehalten zu können. Insgesamt sehr schön. Aber die Schreier-Aufnahme gefiel mir besser.
„Recordare“ aus Mozart: Requiem Robert Tear (Tenor), Academy of St. Martin in the Fields, Sir Neville Marriner, Ileana Contrubas, Helen Watts, Robert Tear, John Shirley-Quirk. 1977. Decca
„Im Treibhaus“ aus Wagner: Wesendonck-Lieder Jonas Kaufmann (Tenor) Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles (Leitung) 2013. Decca
Jonas Kaufmann, ganz klar. Wesendonck-Lieder ... Ganz ehrlich? Kaufmann singt mir persönlich zu kehlig. Da spalten sich die Lager. Mir fällt da immer Kurt Moll ein. Der holte sich die Tiefe in der Stimme mit denselben Mitteln wie Kaufmann. Für einen Bass funktioniert das. Aber für einen Tenor? Geschmackssache. Der Rachen muss bei dieser Art zu Singen weit geöffnet sein, 46 concerti Januar 2014
Expertise: Daniel Behle findet für jede Aufnahme klare Worte
und dann kommt das Piano mir zu hauchig. Dieses tiefe Kaufmann-Timbre stellt einen hohen Aufwand dar. Das kostet viel Kraft, um diese Masse an Klang bis in die letzte Reihe der MET zu transportieren. Meine Mutter sagte einmal, eine gute Stimme muss, wie ein fokussierter Strahl sein, der die Musik durch den Saal trägt. Das ist die Art, mit dem geringsten Aufwand maximale Möglichkeiten zu erzielen. Kaufmann aber ist ein Kraftpaket und kann so singen wie er will. Bei ihm funktioniert es ja auch bis zum C, und das ist sehr beeindruckend.
„Fanget an!“ aus Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg Klaus Florian Vogt (Tenor) Bamberger Symphoniker Jonathan Nott (Leitung) 2013. Sony Classical
(noch bevor die Musik startet) ... und nun Vogt. Man erkennt ihn gleich, und seine Stimme soll toll tragen. Vogt ist eben der krasse Gegenentwurf zu Kaufmann. Beides finde ich aber nicht optimal. Vogt zuzuhören ist so, als wenn 99% der Tenöre rechtsrum gehen. Und der Vogt geht linksrum und sagt: Ich komme aber auch an. Und das ist legitim und er hat damit sein Modell gefunden. Manchmal hört man allerdings Schwächen bei der Phrasierung. Er könnte viel besser die Linie ziehen. Er kann das sicher, macht es aber zu selten. Und das geht auf Kosten der Emotionalität. Diese Tiefe, diese archaische Kraft, die bei Wagner in der Musik liegt, die will ich auch im Ausdruck hören. Also: Mein Ideal in Sachen Wagner sehe ich weder bei Vogt noch bei Kaufmann, sondern irgendwo dazwischen.
Foto: Marco Borggreve
Hier muss ich mich erst einmal einhören. Das Quartett im „Recordare“ ist undankbar für den Tenor. Das hört man hier leider auch. Das Mozart-Requiem ist eines von diesen Stücken, die den Sängern viel abverlangen, und hinterher stehst Du trotzdem nicht im Rampenlicht. Robert Tear ist das? Den mag ich normalerweise gern. In dieser Aufnahme aber klingt manches spröde.
„Welch Gefühl schwellt meine Brust“ aus Gluck: Alceste Nicolai Gedda (Tenor), SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Ernest Bour (Leitung) 1954. Hänssler Classic
Das ist Nicolai Gedda! Das höre ich sofort am Portamento. Toll! Hören Sie, wie hier der Ansatz stimmlich zentral und hell ist und trotzdem „hintenrum“ die Abrundung in den tiefen Mitten stattfindet? So sollte es sein. Nicht von unten nach oben und dann noch versuchen, dem Ganzen eine Form zu geben. Gedda ist schon einer der zeitlosen Helden. Gluck ist übrigens das Thema auch einer meiner nächsten CDs. Mit dieser Gedda-Aufnahme kann ich mich sofort identifizieren. Wenn ich so etwas höre, dann nehme ich etwas für mich mit, für meinen Gesang. Wenn ich jetzt rausgehen müsste und singen, dann wüsste ich sofort, wie ich den Ton ansetze. Eine tolle Inspiration.
„Was ist ein König“ aus Humperdinck: Königskinder Peter Anders (Tenor), Kölner RSO, Richard Kraus (Leitung), Käthe MöllerSiepermann (Sopran) 1952. Walhall
Die Königskinder. Hab ich auch schon gemacht. Aber anders als hier. Mir sitzt hier die Stimme ein bisschen zu tief. Dieser Tenor kommt sehr über die Sprache. Das Besondere an Humperdinck ist zwar, dass die Komposition ähnlich wie bei Wagner sehr aus dem Parlando heraus funktioniert. Das war ja sein Novum. Trotzdem hätte
ich persönlich hier gern die Linie mehr gesungen gehört, weniger deklamatorisch. Bei diesem Sänger klingt die Stimme außerdem nach oben hin ein bisschen sehr „zu“, es sollte eigentlich „offener“ klingen. Ach, Peter Anders ist das? Naja, bei dieser alten Rundfunkaufnahme klingt alles etwas topfig. Die Technik war hier nicht ideal. Vielleicht trägt das mit zum eher moderaten Eindruck bei. Die Stimme kann in natura viel schöner geklungen haben.
„Ich will bei meinem Jesu wachen“ aus Bach: Matthäus passion Topi Lehtipuu (Tenor), Akademie für Alte Musik Berlin, RIAS Kammerchor, René Jacobs (Leitung) 2013. harmonia mundi
(sagt lange gar nichts, hört intensiv zu) Bachs Matthäuspassion. Da hätte ich beinahe bei einer neuen Aufnahme von René Jacobs mitgemacht, aber das wurde terminlich leider nichts. Das ist gerade die Aufnahme? Ach, interessant! Dann ist das Topi Lehtipuu? Er gestaltet sehr schön. Mit René Jacobs haben in letzter Zeit leider einige Termine nicht geklappt. René ist genial. Sicher durch und durch Barockmusiker, auch wenn er Mozart macht. Naja, ich habe bereits so viel Barockmusik aufgenommen, dass ich nun darauf achten möchte, im Opernbereich den Weg in Richtung Strauss und Wagner weiterzugehen. Trotzdem tut es mir im Herzen leid, wenn so großartige Sachen wie dieses Bach-Album aus rein terminlichen Gründen nicht funktionieren.
Konzert-TIPPs
Berlin Mi. 1.1., 20:00 Uhr Philharmonie Akademie für Alte Musik, RIAS Kammerchor Berlin, Hans-Christoph Rademann (Leitung), Daniel Behle (Tenor) u.a. Haydn: Die Jahreszeiten
München Sa. 25.1., 20:00 Uhr Prinzregententheater Daniel Behle (Tenor), Sveinung Bjelland (Klavier). Schubert: Winterreise Köln So. 9.2., 20:00 Uhr Philharmonie Daniel Behle (Tenor), Oliver Schnyder (Klavier). Werke von Brahms, Liszt & Strauss Frankfurt Di. 4.3., 20:00 Uhr Oper Frankfurt Daniel Behle (Tenor), Sveinung Bjelland (Klavier). Schubert: Die schöne Müllerin Hamburg Sa. 7.6., 20:00 Uhr Laeiszhalle (Großer Saal) Orchestra Mozart, Arnold Schoenberg Chor, Julia Kleiter (Sopran), Stella Doufexis (Mezzosopran), Daniel Behle (Tenor), Claudio Abbado (Leitung) Werke von Mendelssohn Dresden Mo. 9.6., 20:00 Uhr Frauenkirche Programm siehe Hamburg online-Tipp
Daniel Behle als Lehrer Das Video sowie weitere Konzerte auf: www.concerti.de/behle CD-Tipps
Schumann: Dichterliebe Daniel Behle (Tenor), Sveinung Bjelland (Klavier). Capriccio
Bach: Arien aus Matthäus& Johannes-Passion, Messe h-Moll und Kantaten Daniel Behle (Tenor), Göttinger Stadtkantorei u.a. Sony Classical Januar 2014 concerti 47
MULTiMEDiA Das Beste aus Radio, Fernsehen, Kino und Internet
zDF
neuJahrSKonzert
Mi. 1.1., 11:15 uhr Musikvereinssaal Wien Traditionell beginnt das neue Jahr in Österreich mit der musikalischen Grußbotschaft der Wiener Philharmoniker – und natürlich mit Werken der StraußFamilie. Daneben dirigiert Daniel Barenboim Musik des diesjährigen Jubilars Richard Strauss. 3Sat
ChriStian Gerhaher So. 5.1., 11:30 uhr landestheater Coburg Jubel braust auf, wo immer Christian Gerhaher auftritt – natürlich auch bei diesem Schumann-Liederabend mit seinem Pianisten Gerold Huber.
online: DVoŘáK 24 looPS
into a new World
Am Mischpult: DJ Johann Fanger sorgt für Klangschnipsel
A
uf in die Welt der Klassik: Elektronik-Frickler mit einem Faible für Dvorˇák sollten diese Chance unbedingt nutzen. Noch bis Ende Januar läuft der Remix-Wettbewerb „Into a new World – dvorˇák 24 loops“ des Deutschen SymphonieOrchesters (DSO). Anders als bei bisherigen Remix-Projek-
ten bietet sich hier die Chance, statt alter Aufnahmen Klangbausteine aus dem dritten Satz von Dvorˇáks Sinfonie Aus der Neuen Welt zu verarbeiten – speziell für diesen Wettbewerb eingespielt vom DSO und Cornelius Meister. Aufgebrochen in seine Einzelspuren kann hier jeder den Kern des Satzes ergründen und die Einzelteile dann in einer Version von maximal zwölf Minuten Länge neu verarbeiten. Online finden sich schon Klangexperimente von rund 30 Teilnehmern. Netter Gag: Die besten Tracks werden auf Vinyl veröffentlicht. Bis Fr. 31.1., 24:00 uhr Klangbausteine und alle Infos: www.dso-berlin.de
SWr
ein lieBeStranK Von rolanDo VillazÓn Sa. 11.1., 20:00 uhr Baden-Baden Donizettis Liebestrank hat Rolando Villazón oft selbst gesungen – bei den Pfingstfestspielen hat der Tenor nun auch noch die Regie übernommen und die Oper als Italo-Western inszeniert. arte
riCharD WaGner 1913 So. 19.1., 11:05 uhr Stummfilm Carl Froelich hat 1913 zu Wagners 100. Geburtstag dessen Lebensstationen in üppiger historischer Ausstattung nachgezeichnet.
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BeethoVen-aPP
Die neunte neu erlebt
N
atürlich, wir alle haben Beethovens berühmtestes Werk mindestens schon einmal in unserem Leben gehört. Und doch lässt uns die App zu Beethovens 9. Sinfonie das Werk tatsächlich neu erleben: Weniger ob der vier verschiedenen Einspielungen als vielmehr der durch Farbpunkte erlebbar gemachten Orchester
und der jeweils gerade musizierenden Instrumente. Der zu diesen Farbgewittern am Bildschirmrand gelieferten Erklärungen, Interviews, Partituren und Notentextanalysen – übrigens durchaus amüsant formuliert. Da klickt selbst der Kenner gern. www.appStore.com/beethoven9
Fotos: Wiener Philharmoniker, Oliver Becker, Marco Borggreve, ROH/Tristram Kenton
TV-TiPPs
Kino: liVe-üBertraGunG
Pas de deux mit Popcorn
N
inette de Valois: Ihr Name steht für das Royal Ballet. Einst hatte sie bei Diaghilews Ballets russes getanzt, nun wollte die Frau in Großbritannien eine ähnlich wunderbare Institution aufbauen. Und so scharte sie eine kleine Runde von Tänzern um sich und präsentierte 1931 in London ihren ersten eigenen Ballett-Abend – der Rest ist heute vertanzte Geschichte. Schon bald hatte die Compagnie all die großen Klassiker im Repertoire wie Schwanensee, Der Nussknacker, Coppélia oder Giselle. Letzteres Ballett ist nun in einer der beliebtesten Inszenierungen des Royal Ballet zu erleben – und zwar
Die JahreSzeiten
DeutSChlanDraDio Kultur
Frau ohne SChatten Liebe, Leidenschaft und übernatürliche Kräfte: Giselle
live in ganz Deutschland. Denn die von Sir Peter Wright insznierte und von Marius Petipa choreographierte Giselle wird am 27. Januar live in zahlreiche Kinos zwischen Flensburg und Freiburg übertragen. Mo. 27.1., 20:15 uhr live im Kino Eine Übersicht der Kinos unter: www.roh.org.uk/cinemas
... rudolf Buchbinder
ünstler nicht nur live im Konzert hören, sondern Musiker auf ihren Reisen begleiten und sie hautnah bei Proben, spannenden Projekten und außergewöhnlichen Ereignissen erleben: Solch einen unverstellten Blick in die Künstlerwelt eröffnet das Online-Leser-Interview von concerti. Im Januar begeben wir uns eine Woche lang in die Welt von Rudolf Buchbinder. Einst jüngster Student in Wien, pflegt der Pianist heute ein breites Repertoire, doch besondere Autorität genießt der Österreicher als Beethoven-Interpret. Dessen Klavierkonzert Nr. 5 spielt der 67-Jährige auch mit den Berliner Philharmoni-
DeutSChlanDraDio Kultur
Mi. 1.1., 20:05 uhr Philharmonie Berlin Zum Jahresauftakt dirigiert Hans-Christoph Rademann Haydns Oratorium mit der Berliner Akademie für Alte Musik und dem RIAS Kammerchor.
online-interVieW: in Der Welt Von ...
K
RADiO-TiPPs
kern Ende Januar – und dorthin begleiten wir ihn ebenso wie auf seiner Konzertreise ins japanische Fukoka. Doch auch während seiner freien Tage in Berlin und Wien sind Fragen herzlich willkommen.
Sa. 4.1., 19:05 uhr Bayerische Staatsoper Purer Stimmluxus, diese Aufzeichnung unter Kirill Petrenko: In den Hauptrollen singen Johan Botha, Adrianne Pieczonka und Deborah Polaski. DeutSChlanDFunK
lanGe naCht Sa. 4.1., 23:05 uhr „Musik gehört zu meinem Leben wie das Atmen“: Bis zum Morgengrauen verspricht Autor Wolfgang Hamm musikalische Erlebnisse und Entdeckungen. DeutSChlanDFunK
SternStunDen Mit VlaDiMir horoWitz Do. 9.1., 22:05 uhr historische aufnahmen Er gilt bis heute als der größte Pianist. Die Live-Mitschnitte der 50er- und 60er-Jahre aus der New Yorker Carnegie Hall dokumentieren Horowitz‘ Einzigartigkeit einmal mehr. DeutSChlanDraDio Kultur
auS Polen in Die Welt So. 12.1., 22:00 uhr Musikfeuilleton Kennen Sie Grazyna Bacewicz? Bettina Brand hat sich auf die Spuren einer der bedeutendsten Komponistinnen der modernen polnischen Musik begeben. Br KlaSSiK
PoP-art Mit PurCell
Legt sich die künstlerische Latte immer höher: Rudolf Buchbinder 19.-26. Januar Zu finden ist das Interview unter: www.facebook.com/ concertimagazin
Do. 23.1., 21:05 ein Bayer erobert new York Er sah aus wie eine Figur von Oskar Schlemmer und sang wie ein Kastrat aus dem Barock. Doch im Deutschland der 60er Jahre war für so einen kein Platz, und so ging Klaus Nomi nach New York und ließ sich dort als singender Konditor feiern.
Januar 2014 concerti 49
VorSChaU
Die Februar-Ausgabe erscheint am 24. Januar
Arabella steinbacher Von Mozart bis Martin, von München bis Hamburg: Die junge Geigerin tourt mit großem Repertoire durch deutsche Lande
Rolando Villazón Und nun Mozart: Der Tenor hat wenig Bekanntes des Wiener Klassikers aufgenommen
Antoine Tamestit Streichtrio: Unterwegs mit Frank Peter Zimmermann und Christian Poltéra
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nement sowie an zahlreichen Veranstaltungsorten, Konzert- und Theaterkassen, im Fachhandel, in Kulturinstitutionen, Bildungseinrichtungen, Hotels, Restaurants und Cafés. alle termine,
tickets und vieles mehr auch im internet unter: www.concerti.de 50 concerti Januar 2014
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