1/2017 Einzelpreis EUR 10,-/ Jahresabo EUR 36,-
Das Magazin für Genossenschaften
Information Medien, Big Data und die Genossenschaft
Großes Interview Eine Genossenschaft macht Schlagzeilen: Die Austria Presse Agentur
Modernes Lernen Die Volksbank Akademie und ihr neues BlendedLearning-Konzept
Frischer Wind Echte Aufbruchstimmung vermitteln: Das müssen Führungskräfte beachten
Lang ersehnt. Fair beraten. Wahr gemacht. Monatlich
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Der faire Credit der TeamBank Österreich.
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Der faire Credit ist Österreichs erster Kredit mit DQS-Siegel für Fairness im Ratenkredit.
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Kommentar
Freie Medien für freie Menschen
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er Staat sind wir. In der Demokratie delegieren die Bürger die Erfüllung gemeinsamer Anliegen an gewählte Politiker, die sich zu regelmäßigen Wahlterminen rechtfertigen müssen. Die Politik handelt im Auftrag der Bürger. Bei der nächsten Wahl drücken diese Zustimmung oder Ablehnung aus und verlängern oder beenden die Amtszeiten. Der Bürger ist der Souverän. Die Politik hat zwar auch, aber bei weitem nicht nur die Wähleranliegen im Sinn. Sie verfolgt eigene Interessen und hat dazu noch einen besseren Zugang zu Informationen. Sie nimmt allzu gerne die Wählerinteressen für sich in Anspruch und interpretiert sie so, wie es ihren eigenen Vorstellungen entspricht. Die Bürger müssen aufpassen und die Politik laufend beobachten und überwachen, damit ihnen nicht die Souveränität abhandenkommt. Nichts zählt für gewählte Politiker so sehr wie die öffentliche Meinung. Art und Intensität der Medienberichterstattung haben Einfluss auf die Politik. Die Bürger informieren sich in den klassischen Medien und tauschen sich in den sozialen Netzwerken aus. So kommen sie zu ihren Wahlentscheiden. In den Wahlen verlängern sie das Mandat der Erfolgreichen, Sympathischen und Bemühten, erteilen verbrauchten Politikern und Parteien eine Absage und entscheiden sich für neue Persönlichkeiten mit frischen Ideen. Qualität und Innovation in der Politik nehmen dadurch zu. Dazu kommt, dass die Medienberichterstattung schon lange vor den Wahlterminen disziplinierend wirkt und die Amtsinhaber und gewählten Mandatsträger laufend zu Höchstleistungen anspornt. Um die Chancen auf die Wiederwahl zu sichern, müssen sie nicht nur im direkten Wählerkontakt überzeugen. Eine positive Berichterstattung multipliziert die Anerkennung ihrer politischen Arbeit und steigert die Chancen auf eine erfolgreiche Laufbahn in der Politik. Unabhängige und informative Medien tragen so zu einer besseren Auswahl von fähigen Politikerpersönlichkeiten bei und stärken die Leistungsanreize der Amtsinhaber. Die Chancen steigen, dass die Qualität und die Problemlösungskompetenz in der Politik zunehmen. Die Medien sind daher ein wichtiger Bestandteil der institutionellen Qualität eines Landes und unterstützen auf diesem Weg Wachstum, Wohlfahrt und die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Ihre positive Rolle ist aber von vielen Seiten bedroht. Wenn einflussreiche Interessengruppen und finanzstarke Lobbyisten die Medien kapern und nicht genügend Ausgleich von anderer Seite möglich ist, dann droht gelenkte und einseitige Berichterstattung. Ein unbeeinflusstes Urteil der Bürger wird schwierig. Qualität, Umfang und Vielfalt der Berichterstattung brauchen auch nachhaltige Finanzierung. Es reicht nicht, den Wettbewerb spielen zu lassen und den Marktzutritt neuer Anbieter zu ermöglichen. Die Medienunternehmen müssen auch für alle Leistungen bezahlt werden. Neben den werbefinanzierten Gratisangeboten mit hohem Unterhaltungswert, aber wenig Tiefgang, die den investigativen Journalismus Marktanteile und Einnahmen kosten, gibt es noch ein weiteres Nachfrageproblem. Es sind vor allem die informierten Medienkonsumenten, die auf mangelhafte Politik reagieren, sich an Wahlen und Abstimmungen beteiligen und damit zur besseren Auswahl und zu mehr Verantwortlichkeit in der Politik beitragen. Eine höhere Qualität der politischen Entscheidungen nützt jedoch allen, auch denjenigen, die sich nicht informieren und daher wenig Medienberichte konsumieren. Das ist wie klassisches Trittbrettfahren, das zu fehlender Nachfrage und unzureichender Finanzierung von Medien mit hohem Informationsgehalt führt. Eine begrenzte Medienförderung kann hier helfen. Investigativer Journalismus kann demokratische Kontrolle zudem nur dann stärken, wenn er selbst Zugang zu Informationen hat. Deshalb müssen Transparenz und Wettbewerb auch auf der vorgelagerten Stufe gesichert sein. Das setzt Transparenzvorschriften und Berichtspflichten in öffentlicher Verwaltung und großen Konzernen im Streubesitz voraus. Auch die Universitäten müssen die Ergebnisse der Forschung der Öffentlichkeit zugänglich machen, damit das neue Wissen Nutzen für die Allgemeinheit stiften kann. Unabhängige Medien und ein funktionierender Wettbewerb in der Berichterstattung sind die beste Garantie dafür, dass die Bürger Zugang zu unabhängigen Informationen haben, die sie für ihre Meinungsbildung brauchen. Je besser sie informiert sind, desto eher können sie Einfluss und Kontrolle auf die Politik ausüben. Nur mit freien und unabhängigen Medien werden die Bürger zum wahren Souverän.
Christian Keuschnigg Professor für Nationalökonomie an der Universität St. Gallen und Leiter des Wirtschaftspolitischen Zentrums in Wien cooperativ 1/17
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Inhalt
Inhalt 01 Kommentar: Christian Keuschnigg 02 Inhalt 03 Editorial 60 Ex Libris
04
63 Impressum 64 Anno dazumal 14
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Thema
Management
Wirtschaft
04 Großes Interview
14 Volksbank Akademie
22 Rundum-Beratung
Kooperation statt Fake News: Was die genossenschaftliche Nachrichtenagentur APA leistet.
Barbara Czak-Pobeheim im Gespräch über Blended Learning und die Bildungstrends der Zukunft.
Ein Service der Volksbanken weist Kunden den Weg durch den Förderdschungel.
08 Medienwelt
16 „Nach oben“
24 Neue Studie
Wenn Genossenschaften Schlagzeilen machen und Leser zu Mitgliedern werden.
Aufbruchstimmung vermitteln in den Volksbanken: Die Rolle der Führungskräfte.
Warum genossenschaftliche Kooperation das traditionelle Handwerk zukunftsfit macht.
10 Big Data
19 Wiener Kongresse
26 Machtwende
Der 360-Grad-Blick auf den Bankkunden: Was möglich ist und wo die Grenzen liegen.
Zwei spannende Veranstaltungen zu den Themen Firmenkunden und Retailgeschäft.
„Eine neue Welt tut sich auf“: Die Trendforscher John und Doris Naisbitt im Gespräch.
12 Bitte etwas lauter!
20 Top-Mitarbeiter
29 Wohnbau-Milliarde
Warum PR auch für KMUs sinnvoll ist und was es dabei zu beachten gilt.
Wie Unternehmen durch Empfehlungen das Rennen um die besten Köpfe gewinnen.
Die Antwort der Volksbanken auf die steigende Finanzierungsnachfrage nach Wohnraum.
29 Editorial
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International
Kultur
Sport
Chronik
30 Die Welt in Zahlen
38 Brasilien erleben
42 Hart am Wind
Neben Amazonas und Zuckerhut auch ein Hauch Österreich: Bericht über eine Reise der Gegensätze.
Ein Boot der französischen Volksbanken siegte bei der härtesten Regatta der Welt.
46 ÖGV: Verbandstag sichert gemeinsame Zukunft
Der neue „World Co-operative Monitor“ – oder: Die Vermessung des Genossenschaftswesens
44 Talente von morgen
32 Das G2G-Zeitalter Gut vernetzt in die genossenschaftliche Zukunft: Die Ergebnisse der GRACE-Studie.
Andreas Goldberger tourte wieder als Skisprung-Scout durch Österreich: Die besten Bilder.
34 Économie Sociale
45 Fußball-Krone
48 Die Volksbank Wien im Dialog mit ihren Eigentümern 59 Ehrungen
Welche Volksbank stellt die besten Kicker? Beim Hallencup in Ried gab‘s die Antwort.
In Teil zwei seiner Serie analysiert Hans-H. Münkner soziale Unternehmen in Südkorea und China.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, in Zeiten, in denen Fake News die Runde machen, ist seriöse und unabhängige Information ein besonders hohes Gut. Mit der Austria Presse Agentur kämpft dafür an vorderster Front auch eine Genossenschaft. Im Rahmen des Schwerpunktes in diesem Heft bringen wir dazu ein ausführliches Interview mit der APA-Geschäftsführung. Außerdem blicken wir über die Grenzen und zeigen auf, wo Nachrichten sonst noch genossenschaftlich entstehen. In Gestalt von Big Data ist Information aber auch ein brandaktuelles Thema für die Banken. Wir erörtern dazu, was möglich ist und wo die Grenzen liegen. Erfreuliches gibt es aus dem Volksbanken-Verbund zu berichten: Es geht bergauf, das haben nun auch die Ratingagenturen Moody’s und Fitch bestätigt. Die neue Wohnbau-Milliarde ist daher auch ein Signal an den Markt: Die Volksbanken sind wieder da! Und das sind keine Fake News. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr Günther Griessmair
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Thema
„Kooperation
statt
Fake News“
Österreichs größter und wichtigster Informationsdienstleister, die Austria Presse Agentur, arbeitet erfolgreich als Genossenschaft – und das seit nunmehr 70 Jahren. Die beiden Geschäftsführer Clemens Pig und Karin Thiller im Gespräch über Kooperation in der Medienwelt, Fake News und die digitale Zukunft. Interview: Fotos:
Günther Griessmair Wolfgang Schmidt
„cooperativ“: Die APA ist als Nachrichtenagentur in der Rechtsform der Genossenschaft organisiert. Worin liegen ihre Besonderheiten, was macht die DNA der APA aus? Karin Thiller: Die APA-Genossenschaft ist gewissermaßen das Herzstück der österreichischen Medienlandschaft. Sie ist eine Plattform, die verschiedenste Medienhäuser zusammenbringt, um das gemeinsame Interesse in den Vordergrund zu stellen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erweist sich diese Kooperation als äußerst wichtig. Clemens Pig: Eine Besonderheit liegt auch in ihrer traditionsreichen Geschichte: Die APA ist die viertälteste Nachrichtenagentur der Welt! Zudem ist sie unabhängig - in Zeiten, in denen alle über Fake News diskutieren, ist das ein hohes Gut. Und: Die APA ist als Organisation einzigartig, weil sie die ge4
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samte publizistische Vielfalt des Landes in einem einzigen Unternehmen abbildet. Welche Bedeutung hat dabei die Rechtsform der Genossenschaft? Pig: Die Genossenschaft ermöglicht es besser als andere Rechtsformen, einen inhaltlichen Interessenausgleich herzustellen. Zudem ist sie eine äußerst demokratische Rechtsform. Das Prinzip „Ein Mitglied, eine Stimme“ bedeutet, dass auch die Interessen kleinerer Gesellschafter gut abgebildet werden können. Und ich wage sogar zu behaupten: Die Genossenschaft ist nicht nur zeitgemäß, sie ist auch sehr zukunftsorientiert. In einer Welt, in der die großen digitalen Plattformen dominieren, stellt sie sicher, dass die Wertschöpfung im Land bleibt und nicht abfließt. Was hat sich am Förderauftrag der APA seit der Gründung 1946 geändert? Damals
war die Rede von „einem unabhängigen Nachrichtendienst für die österreichischen Zeitungen, gleichgültig welcher politischen oder weltanschaulichen Tendenz“. Thiller: Im Grunde gar nicht so viel. Der Kernauftrag, die Grundversorgung der österreichischen Medien mit Nachrichten und Informationsdienstleistungen, besteht unverändert. Dieser Auftrag hat sich aber um neue Themenfelder erweitert: Information ist heute eng mit Technologie verbunden, daher fokussieren wir stark in diese Richtung. Das trägt auch maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg für uns und somit für unsere Mitglieder bei. Als B2B-Gesellschaft ist die APA vielen Lesern gar nicht so vertraut. Können Sie das Unternehmen anhand einiger Kennzahlen beschreiben? Pig: Gerne. Wir hatten im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von
Thema 75,5 Millionen Euro und beschäftigen knapp 600 Mitarbeiter. Unser täglicher Nachrichten-Output liegt bei etwa 550 Meldungen, wobei die Hälfte davon journalistische Eigenproduktionen der APA-Redaktion sind, der Rest sind für den österreichischen Markt aufbereitete Meldungen unserer 25 internationalen Kooperationspartner. Neben dem Sitz in Wien verfügen wir über Redaktionsbüros in jeder Landeshauptstadt sowie in Brüssel. Dazu kommt ein starkes Standbein in der Schweiz – wir halten 50 Prozent an der Bildagentur Keystone -, in Deutschland betreiben wir gemeinsam mit der Deutschen Presse-Agentur die Geschäftszweige Mobile Publishing und Finanzberichterstattung. Unsere Eigentümerstruktur ist denkbar breit aufgestellt: Bis auf die „Krone“ und „Heute“ sind alle tagesaktuellen Printmedien des Landes sowie der ORF Gesellschafter der APA.
Clemens Pig: „Die Genossenschaftsidee ist zukunftsorientiert“
Konkurrierende Medien, die an einem Tisch sitzen – das klingt nach Konflikt. Wie geht es bei den Mitgliederversammlungen zu? Pig: Viel harmonischer, als sich das Außenstehende vorstellen! Es wird sehr sachorientiert gearbeitet. Für alle Gesellschafter steht dabei das Wohl der APA im Mittelpunkt. Sie bieten Ihre Dienstleistungen auch Nichtmitgliedern an. Eine Einladung für Trittbrettfahrer? Thiller: Keineswegs. Wir beliefern zwar auch Nichtmitglieder, das steht so in den Statuten, aber im Grunde profitieren davon alle. Wir machen 40 Prozent unseres Umsatzes mit klassischen Medien, den Rest mit Institutionen aus Politik und Wirtschaft. Das ist eine gute Mischung, die uns auch weniger krisenanfällig macht, da wir sehr breit aufgestellt sind. Pig: Als neutrale Plattform gilt für uns der Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet: Es gilt derselbe Tarif sowohl für Mitglieder als auch für Nichtmitglieder. Aber nur die Mitglieder profitieren auch vom Member Value: Sie erhalten regelmäßige Dividenden und kön-
Karin Thiller: „Information ist heute eng mit Technologie verbunden“
nen als Eigentümer die Geschicke der APA mitbestimmen. Wie steht das Unternehmen APA wirtschaftlich da? Pig: Wir erzielen seit Jahren Gewinne, die wir auch in Zukunft stabil halten wollen. Denn auch wenn bei uns als Genossenschaft der Shareholder Value nicht an erster Stelle steht, sind Gewinne und Dividenden für den Fortbestand der APA doch ganz zentral. Zwar werden die wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen insgesamt schwieriger, aber wir steuern gegen, indem wir stark in neue Projekte investieren, in die Produkte der Zukunft. Die Digitalisierung setzt das Mediengeschäft nicht nur unter Druck, es tun sich auch neue Chancen auf. Insgesamt steckt die österreichische Medienbranche aber in der Krise. Die Auflagen der gedruckten Zeitungen sinken, zuletzt musste das „Wirtschaftsblatt“ eingestellt werden. Hat die Tageszeitung überhaupt noch Zukunft? cooperativ 1/17
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Thema
Pig: Auf jeden Fall! Sie muss sich nur auf das konzentrieren, was sie in der digitalen Welt sein kann: der beste und schnellste Browser der Welt mit anderer inhaltlicher Ausrichtung als die Online-Medien. Und Marktbereinigungen gab es in der Geschichte immer wieder, lange vor der Digitalisierung. Heute geht es einfach darum, die richtigen Inhalte und Formate über die richtigen Kanäle an die User zu bringen. Thiller: Die meisten Verlage haben verstanden, dass sie einer Transformation unterliegen, und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Dennoch wird die gedruckte Zeitung noch sehr lange ein geschätztes Medium bleiben, da bin ich mir sicher. Auch im Zukunftsbereich Online sieht es nicht rosig aus. Die Nutzerzahlen steigen zwar stetig, aber Paid Content kommt nicht recht vom Fleck. Kann die APA hier helfen? Pig: Die APA ist schon von ihrem Grundverständnis her eine Paid Content Company. Wir unterstützen dabei auch unsere Mitglieder - etwa, indem wir neue Bezahlmodelle wie den „Austria-Kiosk“ bereitstellen. Dennoch kann man 25 Jahre Gratiskultur im Internet nicht einfach so wegwischen. Es wird aber bestimmte Arten von Inhalten geben, die man monetarisieren kann. Ich denke da insbesondere auch an Job- oder Immobilienmarktplätze, die ja schon immer im Produkt Zeitung integriert waren und Erlöse beigesteuert haben. Viele Medienunternehmen etablieren entsprechende Online-Portale sehr erfolgreich. Die APA will aber auch Werkezuge für Verlage anbieten, um mit Paid Content zu experimentieren. Mit der im Jänner neu gestarteten „Austria Videoplattform“ ermöglichen wir nicht nur den Austausch von Bewegtbild, sondern auch dessen Finanzierung über Werbeerlöse. 6
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Stichwort Werbeerlöse: Die fließen großteils zu den Giganten wie Facebook und Google ab. Ein Problem für Sie? Pig: Die APA selbst liefert ja nicht an die Endöffentlichkeit, somit auch nicht an Google & Co. Aber für die Verlage sind Urheberrecht und Leistungsschutzrecht natürlich Riesenthemen. Thiller: Neben dem wirtschaftlichen Aspekt gibt es auch einen gesellschaftlichen: Es droht die Abwanderung des
Die Austria Presse Agentur eG wurde am 1. September 1946 als unabhängige Nachrichtenagentur für Österreich gegründet. Zunächst war die Genossenschaft im Gebäude der Wiener Börse beheimatet. Heute residiert die APA mit ihrem hochmodernen Newsroom in der Laimgrubengasse. 2016 feierte sie ihr 70-jähriges Bestehen. Die APA befindet sich im Eigentum zwölf österreichischer Tageszeitungen und des ORF.
Clemens Pig ist seit 1. Juli 2016 Vorsitzender der APA-Geschäftsführung. Bereits zuvor war der gebürtige Tiroler Co-Geschäftsführer und Prokurist der APA. 1996 gründete er das Institut MediaWatch, das 2001 von der APA erworben wurde. Karin Thiller ist ebenfalls seit 1. Juli 2016 Geschäftsführerin der APA und konzentriert sich dabei vor allem auf Verkauf, Marketing, Produktmanagement und Personalentwicklung. Zuvor leitete Thiller das APA-Tochterunternehmen OTS.
öffentlichen Diskurses in soziale Medien. Um hier dagegenzuhalten, braucht es kreative Lösungen, auch damit die Wertschöpfung im Land bleibt. Einerseits muss man die großen Player in die Schranken weisen, was international im Gleichschritt erfolgen sollte, andererseits muss jeder das Beste aus dem eigenen Ecosystem herausholen. Wie mächtig Informationen und auch Falschinformationen sind, hat man zuletzt rund um die Wahl Donald Trumps deutlich gesehen. Was sollte man gegen Fake News unternehmen? Pig: Die Frage des Trusted Content und wie man diesen sicherstellt, ist eines unserer Topthemen für 2017, das wir im Schulterschluss mit den heimischen Medien angehen wollen. Denn Fake News bewegen nicht nur unsere Branche, sondern alle Menschen. Der US-Wahlkampf war sicher die Spitze des Eisbergs, man hat gesehen, was durch Manipulation alles möglich ist. Zugleich bietet sich in dieser Debatte für Verlage aber auch die Chance, die eigene Kernkompetenz aufzuzeigen: Unabhängige und vielfältige Berichterstattung, die zwar je nach Blattlinie unterschiedlich gestaltet ist, aber nie einseitig, ist für den demokratischen Prozess zentral. Auch als APA wollen wir heuer konkrete Lösungen für das Problem der Fake News anbieten, möglicherweise in Form eines Software-Tools zur Bewertung der Glaubwürdigkeit von externen Informationsquellen.
Thema
Thiller: Wir nähern uns der Problematik aus mehreren Richtungen - einerseits durch technische Hilfsmittel, andererseits durch Kooperation in großen Netzwerken. Pig: In diesem Zusammenhang denken wir auch eine sogenannte Anti-Troll-Software an, die identifiziert, wenn User in sozialen Medien mit verschiedenen Identitäten oder gar automatisiert posten. Das soll Klarheit und Transparenz herstellen. Denn: Gerüchte und Falschmeldungen am Stammtisch gab es zwar früher auch, neu hinzugekommen sind allerdings die Möglichkeit der Anonymität und die potentiell sehr hohe Reichweite durch die technischen Möglichkeiten. Sie heften sich Unabhängigkeit auf ihre Fahnen. Die ist aber üblicherweise schwer zu verteidigen: Wie oft kommt es bei Ihnen zu Interventionsversuchen von Politikern und anderen Interessengruppen? Pig: Ganz ehrlich - die gibt es gar nicht. Und wenn es sie gäbe, würden sie bei uns abprallen. Da wir ökonomisch sehr gut aufgestellt sind, kann man uns auch nicht unter Druck setzen. Im Fall des Falles würden wir einen Kunden halt ziehen lassen. Was es natürlich ab und zu gibt, sind Anrufe in der Reaktion mit Hinweisen und Ergänzungen, die unsere Redakteure dann sorgsam prüfen. Es ist ja legitim, seinen Standpunkt zu übermitteln.
Thiller: Unlängst habe ich mit der Chefredakteurin eines großen Qualitätsmediums über dieses Thema gesprochen. Sie hat uns bescheinigt, dass die APA auch von außen als unabhängig wahrgenommen wird. Diesen Ruf haben wir uns erarbeitet. Es gilt: Wie man sich bettet, so liegt man. Information wird auch für Unternehmen wichtiger. Immer mehr Firmen wollen die Kommunikation mit der Öffentlichkeit selbst in die Hand nehmen. Corporate Publishing ist dazu ein Schlagwort. Die APA bietet auch dafür Werkzeuge. Ein Ersatz für Medien und Nachrichten? Thiller: Wahr ist, dass gute Information, die aus Unternehmen und somit aus erster Hand kommt, wertvoll ist, obwohl sie natürlich redaktionelle Artikel nicht ersetzen kann. Allerdings sind viele Organisationen nicht in der Lage, sich die Brille des Lesers aufzusetzen. Sie tun sich einfach schwer einzuschätzen, was eine interessante Geschichte ist und was nicht. Dennoch bieten Werkzeuge wie das Originaltext-Service der APA eine tolle Möglichkeit, eine Öffentlichkeit zu erreichen, die sonst nur schwer erreichbar wäre. Letztlich entscheidet aber weiterhin der Journalist bzw. der Leser, ob die Information auch interessant genug ist. Was sind die großen Zukunftsthemen für die APA? Der „Austria-Kiosk“, bei dem man bald nicht nur digitale Zeitungen und Magazine, sondern auch Einzelartikel kau-
fen kann, und die „Austria Videoplattform“ wurden ja schon erwähnt. Pig: Ich möchte hier zuallererst unser neu gegründetes Medialab nennen, das sich mit Prototypen für neue Produktwelten beschäftigt. Unser Ziel ist es, Innovationen schneller und treffsicherer zu den Kunden zu bringen. Generell ist es unsere Strategie, die APA zu einer „News-Tech-Agentur“ weiterzuentwickeln. Denn Nachrichten bewegen sich immer mehr im technologischen Kontext. Neben der redaktionellen Kompetenz wollen wir daher auch die technologische ausbauen. Wir analysieren dazu heuer den Bedarf des heimischen Medienmarkes an IT-Lösungen. In der Folge wollen wir Komplettanbieter für mediale Produktion und Vermarktung werden. Denkbar ist dabei etwa auch, dass wir ein eigenes Content Management System für die heimischen Medien entwickeln. All das dient letztlich dem Zweck, unseren Erfolg und damit unsere Unabhängigkeit abzusichern. Denn die gehört einfach zu unserer DNA. Daran hat sich in den letzten 70 Jahren nichts geändert, nur der Weg dorthin ist heute ein anderer. Eine schöne Aufgabe, für die es sich lohnt, täglich alle Kraft und Energie aufzuwenden. Thiller: Ja, wir beide sind privilegiert, weil wir uns in einer extrem spannenden und sich wandelnden Branche bewegen und dabei gemeinsam mit den Medienhäusern Innovationen entwickeln können.
Hier entstehen die Nachrichten: Impressionen aus dem APA-Newsroom
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Thema
Wenn Genossenschaften Schlagzeilen machen Unabhängige Information ist ein hohes Gut. Aber auch in der Medienwelt nimmt die Konzentration zu, die Meinungsvielfalt ab. Da macht es einen Unterschied, ob Nachrichten von einem börsennotierten Unternehmen bereitgestellt werden oder von einer Genossenschaft. Für letztere Variante gibt es erfolgreiche Beispiele. Text: Holger Blisse Fotos: Jonas Maron, taz
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hnlich den Wertpapierbörsen, bei denen die Genossenschaft historisch ebenfalls eine gefragte Rechtsform war, haben sich zahlreiche Nachrichtenagenturen genossenschaftlich organisiert. Gewissermaßen sind sie die Börsen für Informationen. Dabei steht in der Regel weniger ein hoher Ertrag aus der Verwertung im Vordergrund, es geht vielmehr um Objektivität, rasche Verfügbarkeit und möglichst zeitnahe und weite Verbreitung. Vor allem aber ist die genossenschaftliche Rechtsform am ehesten Garant für Unabhängigkeit. Die größte Agentur der Welt, die US-amerikanische Associated Press, setzt daher ebenso auf die Genossenschaft wie die italienische ANSA oder die österreichische APA. Die Deutsche Presse-Agentur ist zwar formal eine GmbH, aber nach genossenschaftlichen Prinzipien organisiert. Jene Nachrichtenagenturen, die im Staatseigentum stehen, sind dagegen in der Regel viel stärker politischen Einflüssen ausgesetzt. Auch aus Sicht der Eigentümer einer Nachrichtenagentur erweist sich die Genossenschaft als eine den von der APA im Selbstverständnis genannten Attributen – unabhängig, zuverlässig, schnell und ausgewogen - gerecht werdende Organisations- und Rechtsform: unabhängig, weil sie nicht – weder freundlich noch feindlich – übernommen werden kann, in ihrem Bestand gesichert, solange ihre Mitglieder aktiv bleiben, reaktionsschnell und ausgewogen, weil die Mitglieder gleichberechtigt Einfluss auf Willensbildung und Entscheidungsprozesse nehmen. 8
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Sicherung der Medienund Meinungsvielfalt Doch nicht nur Agenturen, sondern auch Zeitungen und Verlage sind genossenschaftlich organisiert – vor allem gilt das für die „alternative Szene“. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass dabei die Person und weniger das Kapital im Vordergrund stehen soll. Bei diesen Genossenschaften braucht es ebenfalls Mitglieder, die sich finanziell engagieren und damit das wirtschaftliche Überleben absichern, auch wenn sie selbst überwiegend oder ausschließlich einen immateriellen Nutzen aus dem Fortbestand eines weiteren unabhängigen Mediums ziehen: Sie leisten einen Beitrag zur Medien- und damit Meinungsvielfalt, der in gewisser Weise allen zugutekommt – was man auch als Einladung für eigenes Engagement verstehen könnte, eine aufrechte Opposition zu erhalten, ohne gleich mit allen ihren Positionen selbst übereinstimmen zu müssen.
Vom Leser zum Mitglied – das Modell „taz“ Für Beispiele von Mediengenossenschaften muss man nur zu unseren nördlichen oder südlichen Nachbarn blicken: Die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Berliner Tageszeitung „taz“ (www.taz.de) etwa bekam 1992 die taz-Genossenschaft als Förderin. Für die über 16.500 Mitglieder ist „eine politische Rendite wichtiger als finanzielle Gewinne“, wie sie es
formulieren. Allein 2016 traten der Genossenschaft 1.103 neue Mitglieder bei. 326 Mitglieder stockten ihr Geschäftsguthaben auf - ein Geschäftsanteil beträgt 500 Euro. So flossen der Genossenschaft insgesamt über eine Million Euro zu. Die genossenschaftliche Lösung bei der „taz“ wurde aus der Not heraus geboren: Die Leser retteten die wirtschaftlich angeschlagene Zeitung, indem rund 2.000 von ihnen mit je 1.000 D-Mark dazu beitrugen, die „taz“ weiterzuführen. Das erfolgreiche Motto lautete: „Keine taz mehr – ohne mich!“ Es wurde später auf den Abobezug übertragen. Einmal jährlich können alle Mitglieder an der Generalversammlung teilnehmen, aus ihrer Mitte den Aufsichtsrat wählen und die Mittelverwendung für wichtige Unternehmensentwicklungen der „taz“ beschließen. Interessant ist, dass die Gruppe der Mitarbeiter ein viertes Organ – neben Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand – bildet. Die Versammlung der Mitarbeitenden besitzt Sonderrechte, etwa das Recht, drei der fünf Vorstandsmitglieder zu bestellen oder Generalversammlungsbeschlüssen zu widersprechen. Die Generalversammlung hat dann erneut darüber abzustimmen, die Zurückweisung dieses Widerspruchs bedarf zu ihrer Gültigkeit eines einstimmig gefassten Beschlusses der Generalversammlung. Bei der „taz“ garantiert die Genossenschaft auch die Unabhängigkeit: Dem Wunsch einiger nach einem finanzstarken Großinvestor aus der Ver-
Thema
lagsbranche hielt man immer entgegen: „Kauft die taz, bevor es ein anderer tut!“ Heute sieht man die Genossenschaft als bestmögliche Unternehmensform für die „taz“, die eben auch vor den Konzentrationsbewegungen in der Verlagswelt schützt. Dafür verzichten die Finanziers auf geldwerte Vorteile aus ihrem Investment und erhalten von der „taz“ eine politische Rendite - in Form einer unabhängigen Zeitung.
„Junge Welt“ – von der DDR ins Jetzt Ein weiteres Beispiel ist ebenfalls in Berlin beheimatet: die rund 2.000 Mitglieder zählende LPG junge Welt e.G. (www.jungewelt.de). 1947 in der DDR gegründet, entwickelte sich die „Junge Welt“ bis 1989 zur auflagenstärksten Tageszeitung des Landes. Sie galt als kritischer und informativer als andere Medien, war sehr populär und reichte über die Zielgruppe einer Jugendzeitung (Zentralorgan der FDJ) hinaus. Nach der Wende wurde sie verkauft, verlor stark an Auflage und Profil, weil man sich von einem klar linken Kurs abkehrte. Anfang April 1995 wurde die Produktion eingestellt. Daraufhin gründeten Mitarbeiter den Verlag 8. Mai GmbH und später die Genossenschaft LPG junge Welt (LPG steht für Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft). So haben sie das weitere Erscheinen der „Jungen Welt“ als „marxistische Tageszeitung“ bis heute abgesichert.
„Salto“ als Sprachrohr der Zivilgesellschaft Jüngeren Datums ist die Idee von „salto.bz“, eines Projekts im Online-Journalismus aus Südtirol. Vor fünf Jahren wollte man eine unabhängige, zweisprachige Plattform entwickeln, „auf der Fakten analysiert und kulturelle Gräben überwunden werden“. Die Idee wurde einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert und fand Zustimmung. Der genossenschaftliche Träger Demos 2.0 entstand 2012. Der erste genossenschaftlich organisierte Nachrich-
Die Mitarbeiter der taz-Genossenschaft und ihr Produkt
ten-Herausgeber in Südtirol zählt heute rund 120 Mitglieder. Das Nachrichten- und Communityportal ging am 22. März 2013 online: „unabhängig – zweisprachig – partizipativ“, wie es hieß, „ein Ort, an dem sich Information mit Partizipation und Meinungsvielfalt trifft“. salto.bz sieht sich als Non-Profit-Projekt mit klarem Fokus auf Südtirol und alles, was für die Südtiroler Gesellschaft relevant ist. Das Ziel von Demos 2.0 ist der Aufbau und Betrieb von salto.bz ohne Gewinnabsicht. Die Genossenschaft will damit ein Sprachrohr für die Zivilgesellschaft bieten, das Öffentlichkeit für wichtige Themen schafft. Dies soll durch journalistische Beiträge der „salto“-Redaktion und durch Beiträge der Leser erreicht werden. Die Finanzierung der Genossenschaft Demos 2.0 stützt sich auf das Gründungskapital, Mitgliedsbeiträge von Genossenschaftsmitgliedern sowie auf die Unterstützung durch private und öffentliche institutionelle Förderer, Werbung und Sponsoring. Ordentliche Mitglieder zeichnen mindestens zwei
Anteile zu je 50 Euro, „Gönner-Mitglieder“ mindestens zehn. Die Wahl fiel auf die Genossenschaft, weil sie mit vielen Mitgliedern „eine ausgezeichnete Garantie für die Gewahr von Medienvielfalt und den Schutz von Unabhängigkeit des Herausgebers darstellt. Um eine Genossenschaft zu verkaufen, braucht es einen Mehrheitsbeschluss der Mitgliedervollversammlung. Zusätzlich ist das Genossenschaftsmodell ein guter Kompromiss zwischen breit gestreutem Besitztum (alle Genossenschaftsmitglieder) und effizienter Geschäftsführung“.
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Innenleben des GoogleRechenzentrums in Douglas County, Georgia
Big Data, Kundennähe und der 360-Grad-Blick Die Volksbanken setzen seit langem auf Kundennähe. Die persönliche Kenntnis von Kunden ist ein Aktivposten, immer wichtiger wird jedoch auch die digitale Nähe. Mit Hilfe von Big-Data-Analysemethoden versucht man weltweit, einen 360-Grad-Blick auf den Kunden zu bekommen, Preis und Service extrem zu personalisieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Eine Bestandsaufnahme. Text: Hermann Fritzl Foto: Google
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s war einmal ein US-Präsident namens Richard Milhous Nixon. Er traute niemandem, nicht einmal sich selbst. Deshalb installierte er ein geheimes Abhörsystem im Oval Office, seinem Arbeitszimmer: Fünf Mikrofone gab es in seinem Schreibtisch, zwei neben der Sitzgruppe am Kamin, weitere Mikrofone waren im Kabinettssaal versteckt. Die aufnehmenden Tonbandgeräte waren im Keller des Weißen Hauses untergebracht. Wenig später verwanzte er auch sein Büro im Executive Office Building neben dem Weißen Haus. Zusätzlich ließ Nixon Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates, Beamte des Pentagon und des Außenministeriums sowie Journalisten abhören, dazu durch die NSA auch einfache Bürger. Nur so nebenbei: Nixon und seine Regierungsmitglieder wiederum wurden von der Fernaufklärung des Heeres 10
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überwacht, da das Militär der zivilen Führung nicht traute. Nach Monaten des Belauschens kam Nixon zum Schluss: „Das Abhören war sehr unproduktiv.“ Die Wanzen enthüllten nichts als „Klatsch und Scheiße“, wie er auf einem seiner eigenen Tonbänder festhielt. Big Data im analogen Zeitalter war plump, hat Nixon nur Schnappschüsse und damit weniger gebracht als erhofft, letztlich hat es ihn das Amt gekostet.
Was kann Big Data im digitalen Zeitalter? Big Data kann jetzt mehr, deutlich mehr. Jeder von uns hinterlässt permanent Unmengen an digitalen Spuren, gewollt und ungewollt: unsere Barabhebungen am Bankomaten, unsere Einkäufe mit Kreditkarte bei Amazon, un-
sere Bewegungsabläufe und Kontakte übers iPhone, unsere Suchabfragen bei Google, unsere Likes auf Facebook und so fort. Viel Rauschen, wenige Signale wie bei Nixon? Yottabytes von Daten, nur die wenigsten davon sinnvoll? Big Data bringt erst durch den Einsatz neuer Analyseverfahren neue Möglichkeiten. Wir „ticken“ nämlich ziemlich einfach, behaupten jedenfalls Psychologen, die das sogenannte Ocean-Modell erstellt haben. Anhand von nur fünf Persönlichkeitsdimensionen, den Big Five, lasse sich der Charakter eines Menschen messen und voraussagen, welche Einstellungen er hat und wie er sich in etwa verhalten wird. Das Problem der aufwendigen Datenbeschaffung mittels Fragebogen kann durch Online-Befragungen auf Facebook, an denen Millionen teilnehmen,
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elegant gelöst werden. Verblüffende Ergebnisse: Aus nur 68 Facebook-Likes lassen sich die Hautfarbe mit 95-prozentiger Treffsicherheit, die sexuelle Orientierung mit 88-prozentiger Wahrscheinlichkeit und die Nähe zu einer politischen Partei mit 85 Prozent vorhersagen. Angeblich kann das Modell anhand von zehn Facebooks-Likes eine Person besser einschätzen als ein Arbeitskollege. 70 Likes reichen, um die Menschenkenntnis eines Freundes, 150 um die der Eltern zu überbieten. Mit 300 Likes kann das Modell das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen als deren Partner. Die Online-Marketingfirma Cambridge Analytica soll dieses psychografische Wissen, Big-Data-Auswertungen von sozialen Medien, Internet-Suchverhalten, Daten aus Mobilfunknetzen mit personalisierter Werbung kombiniert und damit in Großbritannien Brexit-Befürworter Nigel Farage und in den USA dem laut Umfragen aussichtslosen Kandidaten Donald John Trump zum Sieg verholfen haben.
Was bedeutet Big Data für Retailbanken? Der Zugang zu Unmengen von Daten führt noch zu keinen Ertragsund Wettbewerbsvorteilen, zu keinen neuen Geschäftsfeldern, solange nicht die notwendige Technologie und Experten mit entsprechendem Know-how für innovative Analyseverfahren vorhanden sind. Was sich Google, Facebook oder Amazon strategisch, finanziell, technologisch, personell, experimentell und legistisch auf diesen Ge-
bieten leisten können, ist für die meisten europäischen Retailbank-Gruppen allerdings nicht direkt (nach)machbar. Technik-Hypes pendeln zwischen Euphorie und Enttäuschung, das gilt wohl auch für Big Data. Aber aus jedem Hype können brauchbare Elemente mitgenommen werden. Gefahren lauern in Überinvestitionen in IT, Consulting-Stunden und Experten, aber auch in mangelndem Mut zu Experimenten und zuvorderst in mangelnder Strategie. „Beginne klein und löse Schritt für Schritt komplexere Aufgaben“, ist ein möglicher strategischer Zugang, den etwa die Rabobank gewählt hat. Die Holländer haben mit der Verbesserung ihrer Geschäftsprozesse begonnen, da sie auf interne Daten zugreifen konnten, der IT-Einsatz gering und der ROI rasch zu erwarten war. Wie gut ein Modell ist, offenbart sich daran, wie gut es menschliches Verhalten vorhersagen kann. Das zeigen die Scoring-Modelle. Lange Zeit wussten Kreditnehmer mehr über ihr Risikoverhalten als die Kreditgeber, heute kann der Kunde von der Bank oft besser eingeschätzt werden, als er das selbst kann. Ein logischer Big-Data-Anwendungsbereich für Finanzdienstleister ist das Kredit-Scoring etwa unter Einbeziehung von Social-Media-Daten, Web-Suchergebnissen und anderen persönlichen Online-Daten. Tausende neue Variablen sind vorstellbar, ob sie deutlich bessere Ergebnisse liefern als bisher verwendete, muss sich aber erst beweisen. Im Marketing ist der 360-GradBlick auf den Kunden die Zukunft. Da-
mit wird eine personalisierte Preisund Produktgestaltung im Rahmen des Kundenlebenszyklus möglich, wie sie bisher unbekannt war. Mit dem Einsatz digitaler Assistenten wird es Formen proaktiver Betreuung geben, die zu einer neuen Form der Kundennähe führen. Hier besteht die Schnittstelle zur Artificial Intelligence.
Es gibt auch Grenzen Big Data eröffnet Banken auch die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Allerdings gibt es Grenzen: Die Rabobank wollte mit dem Weiterverkauf ihrer Kundendaten an Drittanbieter ein neues Geschäftsfeld eröffnen und löste damit in Holland eine heftige öffentliche Diskussion aus. Kunden erwarten zu Recht, dass ihre Bankdaten vertraulich behandelt und nicht weitergegeben werden. In ihrem an die Öffentlichkeit gerichteten Positionspapier zum Big-Data-Einsatz hält die Rabobank fest: „Der technologische Fortschritt ist irreversibel, deshalb werden die Kundendaten zunehmend analysiert und sind zudem ein wesentlicher Bestandteil unserer Geschäftstätigkeit. Dies ermöglicht es uns, ständig unser Service für unsere Kunden zu verbessern und zu personalisieren. Die Nichtverwendung dieser Daten ist daher für uns keine Option, es stellt sich uns nur die Frage, wie und wie schnell wir dies tun werden. Dabei berücksichtigen wir einerseits die legalen Begrenzungen und andererseits die Grenzen durch Ethik, durch Politik und der gesellschaftlichen Diskussion.“
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Thema
PR für KMUs:
Bitte etwas lauter! Pressearbeit leicht gemacht mit dem OTS-Service der APA
Soll ich – oder soll ich nicht? Public Relations hat sich bei Klein- und Mittelbetrieben in Österreich noch nicht großflächig durchgesetzt. Doch woher kommt die Zurückhaltung in der Branche, und was braucht es für gute PR-Arbeit wirklich? Text: Martina Wiesenbauer-Vrublovsky Foto: APA-Fotoservice/Biach
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lein- und Mittelbetriebe sind eine wichtige Säule unserer Wirtschaft. 99 Prozent der gewerblichen Unternehmen zählen zu den KMUs - nicht wenige davon sind genossenschaftlich verbunden. KMUs beschäftigen laut Wirtschaftskammer Österreich knapp zwei Drittel der gesamten Erwerbstätigen. Davon sind laut Statistik Austria die meisten in Gewerbe, Handwerk, Handel sowie Tourismus und Freizeitwirtschaft tätig. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass die Gruppe der kleinen bis mittelgroßen Betriebe in puncto PR-Aktivitäten noch eher leise unterwegs ist. Gleich vorweg, Public Relations – zu Deutsch Öffentlichkeitsarbeit – ist nichts, was große Unternehmen für sich gepachtet haben. Strategischer Aufbau einer Beziehung zu anderen Unternehmen, Kunden, Lieferanten sowie Behörden, Investoren und den eigenen Mitarbeitern ist für KMUs und auch Ein-Personen-Unternehmen mindestens genauso wichtig. Besonders kleinere Un12
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ternehmen sind zusehends dem Druck ausgesetzt, sich von den Mitbewerbern abzuheben und Sympathiepunkte zu sammeln: Sei es, um Vertrauen und Image aufzubauen und aufrecht zu erhalten, die Bekanntheit der Marke bzw. des Unternehmens zu steigern oder das Kaufverhalten zu beeinflussen. Warum also die Zurückhaltung in der Branche? Das liegt vielleicht an einigen Irrtümern, die sich hartnäckig halten.
Irrtum 1: Ich brauche keine Öffentlichkeitsarbeit Jedes Unternehmen, das zukunftsfähig sein möchte, ist mit Öffentlichkeitsarbeit konfrontiert. Sei es, wenn es eine Website online stellt, die Präsenz in sozialen Netzwerken ausbaut oder ein Interview in der Regionalzeitung gibt – sprich: um mit Botschaften Aufmerksamkeit zu erzeugen, und zwar positive. Wer sein Unternehmen also langfristig
sichtbar machen will, braucht PR. Dabei sollte Öffentlichkeitsarbeit nichts sein, was zufällig passiert. Sie muss systematisch erfolgen, denn PR-Aktivitäten beeinflussen sich gegenseitig.
Irrtum 2: Über mich gibt es nichts zu erzählen Menschen lieben Geschichten. Durch die sozialen Netzwerke hat sich das Spektrum der Plattformen noch erweitert, auf denen wir unsere Storys erzählen können. Ob über das traditionell geführte Familienunternehmen, die persönliche Erfolgsstory, Innovationen oder Veranstaltungen bzw. aktuelle Anlässe – die Inhalte sind so vielfältig wie die Unternehmen selbst. Eine interessante Geschichte und ein ansprechend aufbereiteter Pressetext können Redakteure dazu bewegen, die Inhalte in ihrer Berichterstattung aufzugreifen und so für eine gesteigerte Öffentlichkeit sorgen.
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Irrtum 3: Ein bisschen Übertreibung schadet nicht „Am besten, größten, schnellsten“ – unzählige Werbebotschaften prasseln täglich auf uns ein. Um hier mit der eigenen Botschaft zum Konsumenten durchzudringen, setzt die Werbung auf Superlative. Diese Übertreibungen haben in der PR jedoch nichts verloren. Im Gegensatz zur Werbung zielt PR nicht auf kurzfristige (Verkaufs-) Ziele, sondern auf langfristigen Aufbau von Image und Reputation. Ein wertvolles Kapital. Besonders in der Pressearbeit zählen Fakten statt Meinungen und stringente Botschaften. Journalisten erwarten sich wahre Informationen und absolute Seriosität. Öffentlichkeitsarbeit ist außerdem keine punktuell eingesetzte Maßnahme, sondern eine kontinuierliche Aktivität, die Ausdauer verlangt. Deshalb kann man auch ruhig mit kleinen Schritten beginnen. Man sprintet ja auch nicht vom Start eines Marathons los.
Irrtum 4: Medien sind schwierig zu erreichen Der Redaktionsalltag von Journalisten ist geprägt von Meetings, Recherche, Terminen, dem Sortieren einer Flut an Informationen bei knappem Zeitkontingent. Unmöglich ist es jedoch nicht, sich mit der eigenen Message Gehör zu verschaffen. Was es braucht, um ins Wahrnehmungsfeld der Journalisten zu rücken, ist nicht nur eine „gute Geschichte“, sondern auch eine professionelle Gestaltung der Presseaussendung. Vom Titel über die Strukturierung
des Textes bis hin zu zusätzlichem Bildmaterial gilt es, Formalkriterien zu beachten. Auch das Maß an Informationen ist wichtig: Ein häufiger Fehler ist es, jedes Detail zu erwähnen. Zusätzliches Material hingegen – besonders in Form von visuellen Elementen – ist sehr wertvoll für die Berichterstattung. Fakt ist: Für Journalisten muss auf den ersten Blick klar sein, worum es in der Aussendung geht und was der Aussender sagen möchte. „Viel hilft viel“ ist hier also nicht unbedingt der beste Ansatz, und eine professionelle Vorgehensweise beim Texten seitens der PR-Verantwortlichen ist ein Must.
Irrtum 4 1/2: Alles viel zu teuer und zu aufwendig Zeit und Kosten sind immer wichtige Entscheidungskriterien. Mit den
Lexikon: APA-OTS APA-OTS Originaltext-Service ist der führende Dienstleister in Österreich für die Distribution digitaler PR-Inhalte an Medien und Öffentlichkeit in Text, Bild, Grafik, Audio- und Video-Formaten. Mit innovativen Services unterstützt APA-OTS Kommunikationsprofis bei der ContentProduktion und -Verwaltung sowie bei der Herstellung von Reichweite und Sichtbarkeit in Medien, Suchmaschinen und Social Media. APA-OTS ist eine 100-prozentige Tochter der APA. Geschäftsführerin ist Martina Wiesenbauer-Vrublovsky. Weitere Infos: service.ots.at
großen Budgets der Konzerne können KMUs natürlich nicht mithalten. Im Gegensatz zu Großunternehmen müssen kleinere Betriebe aber auch nicht den Gesamtmarkt bearbeiten, sondern können sich auf kleinere Zielgruppen und Stakeholder-Segmente konzentrieren. Um auch mit wenigen Mitteln möglichst viel Wirkung zu erzielen, ist also die Herangehensweise entscheidend. Das Motto „Gute Vorbereitung ist die halbe Miete“ gilt auch hier. Eine strategische Ausrichtung der eigenen PR-Arbeit ist daher unerlässlich. Sind die Segel einmal gesetzt, sollte der Kurs nicht gleich wieder geändert werden. Vertrauen und Image aufzubauen, verlangt Kontinuität und Geduld. Und ja, der richtige Einsatz der PR-Werkzeuge ist durchaus mit Aufwand verbunden, gute PR-Arbeit ist aber bereits mit kleinem Budget möglich – sich dafür Zeit zu nehmen, lohnt sich. Die Frage, ob PR sinnvoll ist oder nicht, stellt sich also gar nicht. Vielmehr müssen Unternehmen, egal ob klein oder groß, für sich herausfinden, welche Maßnahmen sie setzen wollen. Zurückhaltung bei der eigenen PR-Arbeit ist eine vergebene Chance, sich medienwirksam und gewinnbringend zu positionieren. Und mit der Pressearbeit stehen Kommunikationsprofis ja nicht alleine da: Professionelle Verbreitungsdienste wie APA-OTS unterstützen und beraten PR-Verantwortliche, die Kommunikationskanäle zu überblicken, zu bespielen und jeweils optimal für ihre Kommunikationsziele einzusetzen. In diesem Sinne: PR im KMU-Bereich darf gern etwas lauter sein!
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Management
„Als Avatar zum Seminar – warum nicht?“ Seit November 2014 verantwortet Barbara Czak-Pobeheim die Geschicke der Volksbank Akademie. Seither hat sich bei der Ausbildung der Mitarbeiter viel getan. Blended Learning heißt das neue Zauberwort. Ein Gespräch über die neue Strategie, die Pläne für die Zukunft – und welche Rolle Virtual Reality dabei spielt. Interview: Fotos:
Günther Griessmair Günther Griessmair, Volksbank Akademie
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ls geschäftsführender Vorstand der Volksbank Akademie verantwortet Czak-Pobeheim mit ihrem Team die zertifizierten bankfachlichen Seminare inklusive Fit&Proper-Schulungen für die über 4.000 Mitarbeiter des Volksbanken-Verbundes. Sie leitete bei ihrem Amtsantritt einen klaren Paradigmenwechsel in Richtung Blended Learning ein, stellte eine nachhaltige Finanzierung mit den Stakeholdern auf und strukturierte das strategische Entscheidungsgremium, den Lenkungsausschuss, neu. Damit soll die Volksbank Akademie fit gemacht werden für die Disruption mit digitalem Lernen. „cooperativ“: Sie sind seit nunmehr über zwei Jahren Vorstand der Volksbank Akademie. Was hat sich seither verändert? Barbara Czak-Pobeheim: In vergangenen Jahren hat unser Geschäftsmodell einen totalen Paradigmenwechsel erlebt. Früher hatte die Volksbank Akademie über 350 Seminarformate im Angebot, welche von rund 30 Mitarbeitern betreut und an die Volksbanken verkauft wurden. Diese Formate waren klassisch mit Schwerpunkt auf Präsenztrainings und ohne Zertifizierungspflicht. Die Ausbildungsdauer betrug durchschnittlich fünf Jahre und wurde oft mit internen Berufstrainern umgesetzt. Zusätzlich zu diesem Bildungsprogramm haben die regionalen Volksbanken eigene Aus- und Weiterbildungsangebote entwickelt. Als ausgebildete Wirt14
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Barbara Czak-Pobeheim leitet seit November 2014 die Geschicke der Volksbank Akademie
schaftspädagogin war für mich schon bei der Bestellung zum geschäftsführenden Vorstand der Akademie ganz klar: Hier bleibt kein Stein auf dem anderen. Immerhin kenne ich den Volksbanken-Verbund nun schon seit über 20 Jahren und hatte dabei auch die Chance, als Geschäftsführerin des Ausschusses Planung, Budgetierung und Controlling beim Verbund gemäß §30a BWG mitzuwirken - bis hin zum Modell der acht starken Regionalbanken. Mein Ziel war es von Beginn an, gemeinsam mit meinem starken Team digitale Wissensvermittlung mit Blended Learning als Standard anzubieten.
„Am Anfang war ich bezüglich Blended Learning skeptisch, aber seit ich das digitale Konzept der Grundausbildung kenne, bin ich überzeugt und stehe als Prüfer jederzeit gerne der Volksbank Akademie 3.0 zur Verfügung.“ Thomas Böhm, Leiter Regionaldirektion, VB Niederösterreich
Die Volksbank Akademie hat sich trotz der Fusionen 2015 und 2016 als stabiler Bildungspartner etablieren können. Dabei bedeuten Zusammenschlüsse für alle Mitarbeiter sehr hohen Zeitaufwand und Stress. Wie haben Sie es geschafft, ihre Seminare trotzdem zu gewährleisten? Das war in der Tat eine große Herausforderung! Einerseits war da der Kos-
tenfaktor für die mehrere Tage dauernden Präsenzseminare, andererseits gab es auch große Unsicherheit bei den Mitarbeitern, die vielfach nicht wussten, welche Funktion sie zukünftig in der Bank innehaben werden. Mir war es wichtig, mit allen Volksbanken eine zentrale, professionelle Aus- und Weiterbildung mit Standards für ganz Österreich aufzustellen. Erfreulicherweise sind alle wichtigen Volksbank-Manager in meinem wichtigsten strategischen Entscheidungsgremium, dem Lenkungsausschuss, vertreten. Im Dezember 2015 wurde dort mit einer neuen Vereinssatzung die Digitalisierungsstrategie beschlossen und eine nachhaltige Finanzierung für die Volksbank Akademie 3.0 sichergestellt. Als solche weist sie klare Alleinstellungsmerkmale im Verbund auf - etwa die umfassende Bankausbildung als Blended-Learning-Format, die Zertifizierung der internen Trainer und Prüfer sowie der Teilnehmer, aber auch Kosteneffizienz durch ein zentrales Seminar-Management sowie Qualitätssicherung. Die Volksbank Akademie stellt nun ausschließlich obligatorische Lehrgänge zur Verfügung. Unsere Wissensbilanz hat sich aufgrund dieser Vorgehensweise positiv entwickelt. Ein weiteres wichtiges Ziel war für mich und mein Team, die Grundausbildung für Neueintretende mit eigenen Volksbank-Mitarbeitern in vier Bildungsregionen zu starten, um den jeweiligen regionalen Spirit der Volksbanken sicherzustellen. Dazu haben wir gemeinsam mit
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einem externen Partner einen maßgeschneiderten Train-the-Trainer-Lehrgang aufgesetzt, der durch ein externes Audit zertifiziert wird. Und wir alle waren sehr stolz, als wir 2016 zwölf erfolgreiche Absolventen in die Trainercommunity aufnehmen konnten. Diese Erfolgsgeschichte hat dazu geführt, dass wir 2017 aufgrund der starken Nachfrage gleich zwei Durchgänge mit je 16 Teilnehmern ansetzten mussten.
„Durch die Train-the-Trainer-Ausbildung bin ich seit Oktober 2016 EU-weit zertifizierte Trainerin der neuen Generation. Die Selbstreflexion sowie die didaktische Aufbereitung von Trainingsdesigns waren für mich sehr hilfreich. Ich freue mich schon auf mein erstes Blended-Learning-Seminar im Modul Serviceberater.“ Julia Walchshofer, Kundenberaterin, VB Oberösterreich
Wie funktioniert die neue digitale Ausbildung in der Akademie? Mittlerweile sind alle Mitarbeiter im Verbund auf unserer digitalen Lernplattform „Moodle“. Jetzt ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam auf diesen digitalen Lernprozess einlassen und unsere Lernkultur vollkommen ändern: weg von einem Ausbildungsevent hin zu einem eigenverantwortlichen Ausbildungsprozess. Unsere Seminare laufen nicht mehr von Montag bis Freitag. Sie beginnen mit einer sechswöchigen Online-Phase. Dabei erfolgt eine virtuelle Gruppenbildung zum gemeinsamen Lösen von Aufgaben. Lernen passiert in didaktisch aufbereiteten, kurzen Fachsequenzen, die in Wissenschecks bei den Teilnehmern gesichert werden. Dieses Wissen wird anschließend in einer Präsenzphase von zwei bis vier Tagen mittels Praxisbeispielen intensiv geübt und angewendet. Abgeschlossen wir dieser Lernprozess durch eine vierwöchige on-
line-begleitete Transferphase beim „Training on the Job“, in der die Nachbereitung des Gelernten mit Einzelübungen, Mentor und Abschlusstest erfolgt. Beim Blended Learning mischen wir also E-Learning mit Präsenztraining, somit profitieren die Teilnehmer einerseits von der sozialen Interaktion, können sich aber andererseits einen Großteil des Wissens flexibel über E-Learning-Formate aneignen. Die ersten zwei Kurse aus der Grundausbildung sind am 13. Februar gestartet. In diesem Jahr folgen noch 38 weitere. Dabei ist es mir wichtig, die Qualität in unseren Lehrgängen nicht nur zu halten, sondern ständig zu verbessern. Dazu gehören die ganz aktuell umgesetzte Integration von Verkaufs- und Produktschulungen sowie der zukünftige Ausbau von Online-Trainings und Apps, die orts- und zeitunabhängig in den Arbeitsalltag integriert werden können, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen und die Mitarbeiter bestens für unsere Kunden weiterzubilden. Die ersten Auswirkungen werden wir bereits heuer durch einen überproportionalen Anstieg von Kursabsolventen in Online-Trainings erleben.
„Die Vertriebsschulung der Grundausbildung mittels Blended Learning ist modern und sofort in der Praxis einsetzbar. Ich bin stolz, dass ich als Trainer diese Erfolgserlebnisse bei den Teilnehmern ab Mai mitverantworte.“ Gunter Kampitsch, Privatkundenbetreuer, VB Kärnten
Welche weiteren neuen Angebote können Sie sich vorstellen? Das Ziel für die nächsten Jahre ist es, den Lernfortschritt in Echtzeit zu verfolgen und neue, auf den Lernenden ab-
Die Zukunft des Lernens? Barbara Czak-Pobeheim testet die VR-Brille
gestimmte Übungsbeispiele automatisch vorzuschlagen. Somit hat der Trainer sofort den Überblick, wo die Lernpotenziale seiner Gruppe für die Präsenzphase liegen. Rollenspiele könnten dabei mit Hilfe von Cyberwelten und Virtual-Reality-Brillen geübt werden. Der Schulungsteilnehmer trainiert dadurch nicht nur Beratungsgespräche anhand von produktspezifischem Wissen, sondern auch seinen Sinn für Empathie. Das und vieles mehr wird die virtuelle Welt ermöglichen. Ich selbst habe schon eine VR-Brille getestet und war begeistert. Ich habe dazu auch schon eine Fülle von spannenden Ideen wie „Als Avatar zum Seminar“. Aber zu viel will ich dazu noch nicht verraten. Welche Herausforderungen sehen Sie dabei in den nächsten Jahren auf sich zukommen? Die Frage der ausreichenden Finanzierung ist hier sicher eine große Herausforderung. Und neben all den digitalen Maßnahmen ist es mir wichtig, auch die begonnenen Optimierungsprozesse in den Organisationsabläufen mit den Volksbanken fortzuführen. Mein ganz großes Ziel ist es, dass die Trainer und Prüfer, die Teilnehmer sowie die Stakeholder und mein Team stolz auf ihre innovative Volksbank Akademie sind.
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Management
Aufbruchstimmung in Volksbanken:
Die Rolle der Führungskräfte Wenn es in Banken darum geht, die richtigen Werte und Aufbruchstimmung zu vermitteln, dann sind vor allem die Führungskräfte gefordert. Wie sie diese wichtige Aufgabe meistern können und was das für das Management der Volksbanken bedeutet. Text und Grafiken: Anton Schmoll
„Die Sonne scheint von oben“, „Die Treppe wird von oben gekehrt“ - diese Aussprüche haben auch bei der Gestaltung der Unternehmenskultur ihre Gültigkeit. Signalisieren sie doch nichts anderes, als dass dem Top-Management eine zentrale Rolle bei der Kulturentwicklung zukommt. Die Unternehmenskultur kann nur dann zum Erfolgsfaktor werden, wenn sie im Zentrum der Aufmerksamkeit des Vorstands bzw. der Geschäftsleiter steht. Nachhaltige Kunden- und Vertriebsorientierung beginnt beim Vorstand und seiner Einstellung zum Vertrieb. Er muss den klaren Willen zu erkennen geben, dass ihm Markt und Kunde wichtig sind. Kernaufgabe der Führungskräfte ist es, jene Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich die Mitarbeiter mit Freude und Engagement für die Umsetzung der neuen Leitideen einsetzen. Die fachlichen und menschlichen Qualitä-
Die Erfolgsfaktoren am Markt
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ten der Mitarbeiter entscheiden in großem Ausmaß über Erfolg und Misserfolg einer Neupositionierung. Die besten Strategiekonzepte sind letztlich Makulatur, wenn sich die Mitarbeiter damit nicht identifizieren und die Werte der Bank nicht verinnerlicht und gelebt werden.
Eine Vision, die überzeugt Führung verleiht der Bank Zukunftsperspektive. Bevor die ersten Schritte zur Gestaltung der Unternehmenskultur getan werden, gilt es zunächst, die Frage zu beantworten: Wohin soll die Reise gehen? Das Top-Management muss dabei eine Vision entwickeln, die überzeugt. Erfolgreiche Banken lassen sich von starken Visionen leiten. Eine solche ist ein Ziel, das förmlich einen Sog ausübt. Sie vermag die Führungskräfte zu aktivieren, um in der Folge auch die Mitarbeiter für Ideen zu begeistern. Ein Blick in den Bankenalltag zeigt allerdings, dass die bewusste Auseinandersetzung mit Zukunftsvorstellungen vielfach zu kurz kommt. Dabei haben klare Ziele, die in die Zukunft reichen, für die Entwicklung der Marktstrategien und für die Mitarbeiter eine wichtige Orientierungsfunktion. Sie sollen dazu beitragen, das Engagement aller konsequent auf Markt und Kunden zu konzentrieren. Zukunfts-
Ziel- und Handlungsfelder der Führungskräfte
und Ergebnisorientierung liegen daher näher beisammen, als dies bisweilen auf den ersten Blick scheinen mag.
Rollenwandel der Führungskräfte Jede Strategie bleibt Theorie, solange es nicht gelingt, sie im Alltag spürbar zu machen und konsequent umzusetzen. Für den Erfolg am Markt ist entscheidend, wie „die PS auf die Straße“ gebracht werden. Das ist die zentrale Aufgabe der Führungskräfte. Eine Bank zielorientiert zu steuern und entsprechende Ergebnisse zu erzielen, ist heute angesichts der verschärften Markt- und Wettbewerbssituation mit hohen Herausforderungen verbunden. Die Abbildung auf dieser Seite skizziert die verschiedenen Ziel- und Handlungsfelder einer Führungskraft. Anspruchsvolle Ziele sind nur zu erreichen, wenn es gelingt, bei den Mitarbeitern die grundlegenden Überzeugungen der Unternehmens- und Vertriebskultur zu verankern. Führungskräfte müssen das Verständnis für die zentra-
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len Werte der Kultur anstoßen und einen Mentalitätswechsel fördern. Dazu bedarf es allerdings einer neuen Art der Führung. Die „Amtsautorität“ des Vorgesetzten zählt immer weniger. Gefragt sind vielmehr Sozialkompetenz und in besonderem Maße Kommunikations- und Motivationsfähigkeit. Folgender Rollenwandel zeichnet sich für Führungskräfte ab: » vom Verwalter von Führungsaufga ben zum Promotor von Ideen » vom Vorgesetzten zum Berater, Mentor und Coach von Mitarbeitern » vom Disziplinator zum Inspirator Um über entsprechende Führungskompetenz zu verfügen, müssen Führungskräfte für ihre herausfordernden Aufgaben qualifiziert und fit gemacht werden. Sie sind daher gefordert, sich den geänderten Anforderungen zu stellen und sich selbst weiterzubilden, wenn sie ihrem Führungsauftrag unter den veränderten Bedingungen gerecht werden wollen. Die geläufigen Fragestellungen „Wie kann ich meine Mitarbeiter besser motivieren?“ oder „Welche Führungsinstrumente kann ich dabei einsetzen?“ sind vielfach zu eng und zu einseitig. Um zu einer neuen Unternehmenskultur zu gelangen, gilt es, die Frage umzukehren: „Wie muss ich als Führungskraft sein, damit meine Mitarbeiter besser motiviert sind?“ Im Kern heißt das: Veränderung der Unternehmenskultur heißt auch Veränderung der Führungskultur.
Hohe Anforderungen zu erfüllen Eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Führung liegt in der persönlichen Einstellung zur Führungsaufgabe. Ein Manager muss einen klaren Führungswillen besitzen, der sich darin zeigt, den eigenen Verantwortungsbereich zu gestalten. Die eigenen Vorstellungen basieren auf einem klaren Wertesystem und werden mit Engagement vertreten. Besonders wichtig ist: Die Führungsaufgabe und der Umgang mit Menschen müssen Freude machen. Wer
Mitarbeiter für die Umsetzung von Zielen begeistern und motivieren (movere – bewegen) möchte, muss von seinem eigenen Tun überzeugt sein. Die Quelle für die Fähigkeit, andere für den Verkauf zu begeistern, ist eine hohe Eigenmotivation, die auch auf die Mitarbeiter ausstrahlt. Der Kirchenlehrer Augustinus hat diesen Gedanken schön zusammengefasst, wenn er meint: „In dir muss brennen, was du bei anderen entzünden willst.“ Weiters sind für die Gestaltung und Pflege der Unternehmenskultur noch folgende Eigenschaften und Fähigkeiten von besonderer Bedeutung: » Charisma und eine gefestigte Per sönlichkeit » Fähigkeit, Visionen zu entwickeln » Vernetztes Denken » Kontaktfreudigkeit » Hohe Kommunikationsfähigkeit » Motivations- und Begeisterungs fähigkeit » Wertschätzung und Achtung » Kritikfähigkeit » Emotionale Intelligenz » Coaching-Kompetenz » Konfliktlösungskompetenz » Kooperativer Führungsstil
Vorleben und Vorbild sein Führungskräfte bestimmen nicht nur die Richtung und den Kurs in der Bank, sondern beeinflussen auch viele Mitarbeiter. Durch diesen Multiplikatoreffekt haben sie daher eine zentrale Bedeutung bei der Vermittlung und Pflege der Kultur. Durch ihr Verhalten personifizieren und symbolisieren Führungskräfte bestimmte Werthaltungen. „Kundenorientierung“ oder „Serviceorientierung“ sind inhaltsleere, gleichsam blutleere Schlagworte. Es gilt, sie im Alltag mit Leben zu erfüllen. Durch ihre Tätigkeit vermitteln Führungskräfte bestimmte Signale, die bei den Mitarbeitern (positive oder negative) Reaktionen auslösen. Führungskräfte haben Vorbildfunktion! Kulturbewusste Führungskräfte vermitteln die Werte im Vertrieb nicht
durch Worte, sondern durch Handlungen - „Lasst Taten sprechen“ hat auch hier seine Berechtigung. Entscheidend ist dabei das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen dem, was geschrieben und gesagt wird, und dem, was gelebt wird. Die Kultur in einer Bank wird nicht davon geprägt, was in Leitsätzen oder Leitbildern auf Hochglanzpapier gedruckt ist, sondern durch das Wirken und Handeln der Führungskräfte im Alltag. Wenn Kundenorientierung einen zentralen Wert darstellt, orientieren sich die Mitarbeiter beispielsweise daran, wie sie ihre Führungskräfte vorleben. Wenn viel von Kundenorientierung gesprochen wird, kann nicht der Auseinandersetzung mit Statistiken höhere Priorität eingeräumt werden als den Kundenkontakten. Wie viele Kundenkontakte haben Führungskräfte? Wie oft begleiten sie ihre Mitarbeiter zu Kundengesprächen? Solche Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Es zeigt sich dabei ganz deutlich: Ein wichtiger Ansatz zur Gestaltung einer starken Unternehmensund Vertriebskultur ist das glaubwürdige Handeln der Führungskräfte als Vorbild.
Sinn der Tätigkeit erklären Führungskräfte sind „Übersetzer“ der Geschäftspolitik. Dabei geht es auch um die Frage der Sinnfindung, deren Bedeutung in der Betriebsamkeit und Hektik des Bankalltags oftmals unterschätzt wird. Mitarbeiter wollen verstehen, was sie tun, und es muss für sie einen tieferen Sinn ergeben. Diese Gedanken sind nicht nur im Hinblick auf die Attraktivität des Berufs und für die Mitarbeiterzufriedenheit von Bedeutung, sondern auch deshalb, weil jeder einzelne mehr leistet, wenn er sich in dem wiederfindet, was er tut. Der Mitarbeiter muss verstehen, was sein Tun bewirkt – positiv wie negativ. Sinn in etwas kann man nur erkennen, wenn das Tun und dessen Folgen verstanden werden. Mitarbeiter cooperativ 1/17
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müssen ihre Aufgabe als einen erlebbaren Beitrag für das Ganze sehen. Ansonsten sind sie nicht motiviert. Dazu eine kleine Geschichte: An einer großen Baustelle kam einmal ein Spaziergänger vorbei und fragte drei Arbeiter nach ihrer Tätigkeit. Der erste gab zur Antwort: „Ich klopfe Steine.“ Der zweite sagte: „Ich verdiene hier mein Geld.“ Der dritte aber überlegte kurz und antwortete voller Stolz: „Ich helfe mit, einen Dom zu bauen.“ Ob sich die Mitarbeiter als Steineklopfer oder Dombauer sehen, liegt mit in der Verantwortung der Führungskraft.
Wertorientierte Kommunikation Erfolgreiche Führungskräfte haben die Fähigkeit, aus dem Leitbild der Bank konkrete Vorstellungen für das Verhalten am Markt herauszudestillieren, die einfach, leicht verständlich und inspirierend sind. Sie verstehen es, ein Klima der Begeisterung zu schaffen – sie vermitteln ihren Mitarbeitern das Gefühl, zu den Besten zu gehören und selbst an anerkannter Qualität mitzuwirken. Wertvorstellungen lassen sich allerdings nicht durch Anweisungen oder Aktenvermerke in die Tagesarbeit umsetzen. Werte können nur durch Menschen im direkten Kontakt mit anderen vermittelt werden. Der Weg dazu heißt daher schlicht und einfach persönliche Kommunikation. Der Erfolg der Bemü-
Rationalität und Emotionalität miteinander verbinden
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hungen, eine durchgehende Kultur zu entwickeln und zu gestalten, hängt daher auch sehr von der Kommunikationsfähigkeit der Führungskraft ab. Kulturbewusste Kommunikation ist mehr als die bloße Übertragung von Informationen – im Kern geht es um einen Bewusstmachungsprozess. Der entscheidende Ansatzpunkt liegt dabei weniger auf der rationalen Ebene, sondern überwiegend im Gefühls- und Erlebensbereich. Durch Emotionalität werden sichtbare Zeichen gesetzt – sie ist somit geeignet, Verhalten mit Werten zu verbinden. Erfolgreiche Vertriebsführungskräfte besitzen daher ausgeprägte Fähigkeiten im Bereich der emotionalen Kompetenz.
qualität, Vertrauen, Bodenständigkeit, Kundennähe. Das sind aber nicht nur klare Signale nach außen, sondern auch Versprechen in den Markt. Sie beinhalten die Verpflichtung, die neue Strategie der Volksbanken als kunden- und serviceorientierte Regionalbanken mit Leben zu füllen! Dabei kommt den Geschäftsleitern und Führungskräften eine zentrale Rolle zu. Sie müssen nun die mit der Corporate Identity verbundenen Versprechen in ihren Häusern entsprechend interpretieren und für eine echte Aufbruchstimmung vor Ort sorgen. Sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit alle spüren: „Die (=unsere) Volksbank ist im Aufwärtstrend.“
Volksbanken: Aufbruchstimmung vermitteln Der Volksbanken-Verbund ist nicht nur im Umbruch, sondern auch im Aufbruch. „Nach oben“ lautet ja aktuell auch eine zentrale Werbebotschaft. Das vermittelt Zuversicht und neue Kraft. Und die in der neuen Corporate Identity verwendeten Begriffe machen auch die zentralen Werte deutlich, für die die Volksbanken stehen: Handschlag-
Signal und Leistungsversprechen: Die neue Werbelinie der Volksbanken
Management
Internationale Bankenkongresse Mit dem Wiener Firmenkundenkongress und dem Bank-ManagementSymposium, die beide bereits zum zwölften Mal stattfinden, werden auch heuer wieder praxisorientierte Plattformen für den länder- und sektorübergreifenden Erfahrungsaustausch geboten.
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as Firmenkundengeschäft ist im Umbruch. Die fortschreitende Digitalisierung hat das Unternehmerverhalten und das Wettbewerbsumfeld massiv verändert. Branchenfremde Konkurrenten und Fintechs greifen immer mehr die Wertschöpfungskette der Banken an. Die Antwort auf diese Herausforderung kann nur sein, innovative Vorgehensweisen konsequent und systematisch zu entwickeln sowie umzusetzen. Vor allem für Regionalbanken gilt es nun, die vertrauensvolle, persönliche Firmenkundenbetreuung in die digitale Welt zu übertragen. Dabei will der Firmenkundenkongress am 27. und 28. März auf Schloss Wilhelminenberg in Wien unterstützen. Erfahrene Praktiker aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Sektoren zeigen bewährte und innovative Vertriebsstrategien auf, mit denen dieses profitable Geschäftsfeld erfolgreich positioniert und ausgebaut werden kann. Die Themenschwerpunkte reichen von der Hebung schlummernder Potenziale im Gewerbekundengeschäft über zukunftsorientierte Unternehmensanalyse und neue Wege der Mittelstandsfinanzierung bis hin zu Crowdinvesting und digitaler Beratung mit dem Banking Guide. Mit Rainer Nussbaumer, Regionaldirektor für das Salzkammergut, wird heuer auch wieder ein Vertreter des Volksbanken-Verbundes referieren. Um das nicht minder wichtige Thema der Zukunft des Privatkundengeschäfts geht es dann beim Bank-Management-Symposium, das im An-
schluss an den Firmenkundenkongress am 28. und 29. März am selben Ort stattfindet und vor allem das Spannungsfeld „Digital versus stationär“ behandelt. Wie sieht die Customer Journey der Bankkunden aus? Warum sind Online-Abschlüsse bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben? Diese Fragen beantwortet eine aktuelle Studie über das digitale Kundenverhalten in der Finanzbranche. Und: Werden Fintechs als Feind gesehen oder kann man sie sinnvoll für Kooperationen nutzen? Weitere Schwerpunkte bilden neue Ansätze in der Preis- und Produktdifferenzierung sowie im Vermögensmanagement. Wo gibt es Wachstumschancen, und wie kann man die fehlenden Erträge im Zinsgeschäft ersetzen? Schließlich wird dargelegt, dass Innovationen und Veränderungen nur mit einer neuen Führungskultur möglich sind.
Wiener Bankenkongresse Seit 2003 – über 200 Vorträge – über 2.500 Teilnehmer Länder- und sektorenübergreifender Erfahrungsaustausch – praxisbezogen – ansprechendes Ambiente Information und Anmeldung: Wolfgang Ronzal Seminare und Kongresse, 1140 Wien www.ronzal.at Tel./Fax: +43 (0)1 985 31 45 E-Mail: wolfgang@ronzal.at
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Management
Das
Rennen um die besten Köpfe
Wenn gute Bewerber rar sind und der Wettbewerb um die besten Talente tobt, ist ein professionelles Mitarbeiter-Empfehlungsmanagement unumgänglich. Was dabei zu beachten ist. Text: Anne M. Schüller
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ehrere Untersuchungen zeigen, dass die durch eine Empfehlung gewonnenen Mitarbeiter meist die wertvollsten sind: Sie kommen schneller an Bord, sie passen besser, sie integrieren sich reibungsloser, sie bleiben länger, sie arbeiten engagierter, sie sind produktiver, und sie werden selbst eher als Empfehler aktiv. Untersuchungen zeigen auch: Empfehlungen von Topleuten bringen ebensolche Mitarbeiter - hochengagiert, loyal, hocheffizient. Empfehlungen von guten bis mittelprächtigen Mitarbeitern bringen gute bis mittelprächtige Mitarbeiter, und Empfehlungen von Mitarbeitern, die enttäuschen, bringen meist auch enttäuschende Bewerber. Daher sollten vor allem die Topleute zum Empfehlen angeregt werden.
Erfolgskontrolle: Die Zahlen sprechen für sich Wie wirksam ein Empfehlungsprogramm ist, ermittelt man durch folgende Fragen: » Wie hoch ist die Bewerbertermin quote bei Mitarbeiter-Empfehlun20
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gen? Und bei den sonstigen Aktivitäten? » Wie lange dauert es bis zur Ver tragsunterzeichnung bei Mitarbei ter-Empfehlungen? Und bei den sonstigen Aktivitäten? » Wie hoch ist die „Abschlussquote“ bei Mitarbeiter-Empfehlungen? Und bei den sonstigen Aktivitäten? » Wie teuer ist ein neu gewonn ener Mitarbeiter, wenn er auf grund einer Empfehlung kommt? Und wie teuer ist er im Fall anderer Recruiting-Maßnahmen? » Wie hoch ist der Anteil der Empfoh lenen, die die Probezeit erfolgreich beenden? Und wie hoch ist dieser Anteil bei den nicht Empfohlenen? » Wie hoch sind Bleibedauer, Fluktu ationsrate und weitere relevante Kennzahlen bei den Empfohlenen? Und bei den nicht Empfohlenen? » Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden Empfohlene, die Mitarbeiter wurden, selbst als Empfehler aktiv? » Welche Mitarbeiter in welchen Ab teilungen empfehlen am ehesten weiter? Mit welchem Erfolg? Und wie hoch ist die jeweilige Qualität?
» Gibt es geschlechterspezifische, kul turelle, regionale oder nationale Un terschiede? Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Geschäfts bereichen oder Niederlassungen? » Wer oder was wird am stärksten weiterempfohlen? Und was gar nicht? Mithilfe solcher Analysen lassen sich Erfolgsmuster erkennen und konkrete Maßnahmen ableiten, um das derzeitige Empfehlungsvolumen und die sich daraus ergebende Bewerberqualität weiter zu steigern.
Sind Belohnungen das ausschlaggebende Kriterium? Laut einer für Monster.at durchgeführten Studie unter den österreichischen Top-500-Arbeitgebern halten acht von zehn Firmen ihre Mitarbeiter dazu an, offene Stellen in ihrem privaten Umfeld weiterzuempfehlen. Erfolgreiche Mitarbeiterempfehlungen werden in über einem Fünftel der Unternehmen entlohnt. 45,5 Prozent davon zahlen für eine erfolgreiche Einstellung bis zu 500 Euro in Geld- oder Sachwerten. Weitere
Management
45,5 Prozent zahlen bis zu 1.000 Euro, der Rest liegt darüber. Doch funktioniert Geld immer, um hausinterne Empfehler zu aktivieren? Nein, natürlich nicht. In einem Fall hatte die Firmenleitung ein volles Monatsgehalt als „Kopfprämie“ ausgelobt. Dennoch gingen keine Bewerbungen ein. Der Grund? Das auf der Karriereseite so hoch gelobte gute Betriebsklima gab es nicht. Ganz im Gegenteil. Die Führungskultur dort war ziemlich mies. Wer will seinen Freunden sowas antun? Und: Erfährt der Empfehlungsempfänger, dass Geld geflossen ist, können darunter Glaubwürdigkeit und Vertrauen leiden. Dies schärft den kritischen Blick, die Sache wird intensiver geprüft und unter die Lupe genommen. Man entwickelt Vorbehalte und folgt dem nicht ganz uneigennützigen Rat am Ende dann doch lieber nicht. Die unbezahlten Tipps sind immer die besten. Ob man diese dann im Nachhinein belohnt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Wie Empfehlungsprogramme gut funktionieren Bei gut funktionierenden Mitarbeiter-Empfehlungsprogrammen werden Offline- und Online-Aktivitäten miteinander verknüpft. Meist gibt es einen Flyer, der alles Notwendige erklärt. Und
Zum Thema: ManagementBuch des Jahres
natürlich sollten die Infos über das Programm im Social Intranet stehen. Definieren Sie die Zielgruppen, die an dem Programm teilnehmen sollen, damit Sie keine unangebrachten Empfehlungen erhalten. Halten Sie den Papierkram so einfach wie möglich. Bieten Sie zusätzlich kleine „Wie werde ich ein Power-Empfehler“-Trainings an. Richten Sie ein Blog ein, in dem die Empfehler die besten Tipps miteinander teilen können. Stellen Sie einen speziellen Ansprechpartner bereit. Informieren Sie zeitnah über alle offenen Stellen. Installieren Sie ein Status-Programm für laufende Empfehlungen. Berichten Sie regelmäßig und begeistert über Erfolge. Ehren Sie die besten Empfehler. Und: Lassen Sie auch Externe zu diesem Programm zu.
Was bei der Konstruktion außerdem zu beachten ist Lassen Sie die Belegschaft ein solches Programm mitgestalten. Und beim Konstruieren nicht nur an Geld und Gutscheine denken! Appellieren Sie auch an den Sammeltrieb, so dass man über ein Punktesystem an größere Goodies herankommen kann. Und Achtung: Nichtmonetäre Belohnungen sollten immer frei wählbar sein. Staffeln Sie die Prämien je nach Verweildauer des neuen Mitarbeiters. Bieten Sie außergewöhnliche Weiterbildungsangebote an. Oder eine Möglichkeit, sinnvoll zu spenden. Finden Sie Dinge, die man sich für Geld nicht kaufen kann: zusätzliche Urlaubstage, den
kostenlosen Firmenparkplatz in der ersten Reihe, die Verlosung einer Traumreise, ein Fest für alle Empfehler. Oder gehen Sie als Chef einmal ganz spontan auf „Empfehler-Dankeschön-Tour“. Das wird einen bleibenden Eindruck hinterlassen - und die Leute zu noch größeren Taten anspornen. Denn persönliche Aufmerksamkeiten der Oberen zählen besonders.
Jede Empfehlung ist eingespartes Recruiting-Geld Unabhängig vom Einstellungserfolg: Geben Sie dem Empfehler eine Rückmeldung darüber, was aus seiner Empfehlung geworden ist. Wertschätzen Sie dabei die Person, die Sie durch ihn kennen gelernt haben. Das kann sich so anhören: „Ich muss schon sagen, Sie kennen interessante, angenehme, profilierte Leute.“ Solche Momente des kleinen Glücks sind es, die wir Menschen besonders wertvoll finden. Und sie verpflichten. Soziologen nennen das den Reziprozitätseffekt. So wird aus einem Erstempfehler mit etwas Glück ein Power-Multiplikator. Und jede Empfehlung, die einen passenden Bewerber bringt, schont das Recruiting-Budget. Ein zusätzlicher Nebeneffekt: Die Performance derjenigen, die ein Unternehmen mit Inbrunst und Leidenschaft weiterempfehlen, wird wachsen. Und ihre Loyalität wird steigen. So kommt man schließlich zu Mitarbeiter-Fans mit quasi eingebauter Bleibegarantie.
Über die Autorin Anne M. Schüller Das Touchpoint-Unternehmen Gabal Verlag 368 Seiten 29,90 Euro ISBN: 978-3-86936-550-3 Auch als Hörbuch erhältlich
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint-Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Ihr Touchpoint-Institut bildet auch zertifizierte Touchpoint-Manager aus. www.touchpoint-management.de
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Rundum-Service bei Förderungen
Besonders für Start-ups und KMUs ist es schwer, den Förderdschungel zu überblicken. Daher stellen die Volksbanken ihren Firmenkunden ein eigenes Fördermanagement-Service zur Verfügung. Dessen Leiter, Stefan Tauchner, verrät, worauf es dabei ankommt. „Von der Wiege bis zum Grabe, Formulare, Formulare!“ Dieser Ausspruch gilt nicht nur im täglichen Leben, sondern gleichermaßen auch für die Beantragung von Förderungen. Während manche Unternehmen mit bürokratischen Hemmnissen zu kämpfen haben, lukrieren andere scheinbar mühelos Fördermittel in erheblicher Höhe für ihre Projektvorhaben. Was ist der Trick dabei?
Die Förderfalle Die Antragsteller müssen während der Einreichphase die notwendigen Unterlagen in der entsprechenden Qualität beibringen. Vor allem kleinen Unternehmen mangelt es oft an der erforderlichen Zeit, und sie finden sich in der sprichwörtlichen Förderfalle wieder. Die logische Konsequenz daraus ist, dass bei zukünftigen Projekten von unternehmerischer Seite keine Förderungen mehr nachgefragt werden. 22
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Es empfiehlt sich, im Vorfeld einer erfolgreichen Antragstellung folgende Fragen abzuklären: » Für Neugründer und bei Betriebs übernahmen: Wird weiter eine un selbstständige Tätigkeit beibehalten, und waren der Neugründer oder die Gesellschafter schon in der Vergan genheit selbstständig aktiv? » Weist das Projekt positive nach haltige Auswirkungen für das Un ternehmen auf - etwa Exportaus weitung, Ansprechen neuer Kunden schichten, ein verbessertes Pro duktionsverfahren, Umweltrelevanz oder einfach klassische Ersatz investitionen? » Sind Eigenmittel aus der unterneh merischen Sphäre vorhanden und auch für das Förderprojekt ein setzbar? » Kann der Unternehmer für eine ge förderte Bankfinanzierung entspre chende Sicherheiten beistellen?
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» Liegt eine plausible Planrechnung bzw. ein Businessplan unter Berück sichtigung der unternehmerischen Auswirkungen nach Projektdurch führung vor? » Liegt eine Plankostenaufstellung unter Berücksichtigung der bauli chen Mehrkosten vor? Die Volksbank leistet dabei wertvolle Inputs zur zielführenden Unterlagenaufbereitung und sorgt auch für die zeitgerechte Vorlage bei den Förderstellen. Technische Expertisen für Umweltund Forschungsprojekte werden von Kooperationspartnern bereitgestellt, diese nehmen dem Kunden auf Wunsch auch die komplette Antragseinreichung ab.
Organisation ist alles Die Zeitspanne von der erstmaligen Antragsstellung, idealerweise vor dem verbindlichen Auftragsbeginn, bis zu einer endgültigen Förderzusage ist maßgebend. Denn die Qualität und die rasche Bereitstellung der Unterlagen durch den Antragsteller entscheiden über den Erfolg. Die meiste Zeit geht erfahrungsgemäß dadurch verloren, dass die vom Förderwerber aufzubereitenden Unterlagen verspätet oder nur nach mehrmaliger Aufforderung durch die Förderstellen beigebracht werden. Das ist weder im Sinne der Unternehmen noch der einreichenden Bank.
Die Leistungen der Förderabteilung » » » » » » »
Persönliche Beratung vor Ort in der Volksbank oder direkt beim Kunden Fördercheck als Erstanalyse der Fördermöglichkeiten des Kunden Förderleitfaden mit allen Infos rund um das Thema Förderung Newsletter-Service zu Neuerungen aus dem Förderbereich regelmäßige Fördertage mit News zum Thema Fördermanagement von der Antragstellung bis zur Abrechnung Regionale Kundenveranstaltungen rund um neue Förderungen für Unternehmen » Durchführung interner Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen Ein Erfolgsstory aus der Praxis Der Codos Büroservice GmbH, einem innovativen Anbieter von Büroflächen und Dienstleistungen, konnte dank Volksbank-Förderservice der Start in die Selbstständigkeit erleichtert werden. Die Förderabteilung schnürte dabei ein maßgeschneidertes Förderpaket unter Berücksichtigung einer geförderten Finanzierung für Erstinvestitionen sowie für den laufenden Betriebsmittelbedarf. Mittlerweile wurde bereits die zweite Ausbauphase des Unternehmens durch die Volksbank finanziert.
Unternehmen sind zudem gut beraten, bei der Antragseinreichung Projektordner für die abzurechnenden Kosten anzulegen und die Belege (Originalrechnungen, Zahlungsbelege und Kontoauszüge in Kopie, Auftragsbestätigungen) entsprechend der eingereichten Projektkostenaufschlüsselung chronologisch zu ordnen. Wenn EU-Förderungen eine Rolle spielen, übernehmen die Förderstellen selbst die Kostenkontrolle. Durch eine geordnete und transparente Darstellung der Abrechnungsgrundlagen werden die Rückfragen der Kontrolleinheiten auf ein Minimum reduziert. Unternehmen, die diese Grundsätze beachten, haben gute Chancen, eine positive Förderentscheidung zu erlangen, Antragstellung und Abrechnung gehen fast auf Knopfdruck.
Über den Autor Stefan Tauchner leitet das Verbund-Förderservice in der VOLKSBANK WIEN. Ihm zur Seite stehen Manuela Vorisek, Joachim Neuner und ein Mid-Office für die Abwicklung der zentralen Förderagenden des gesamten Verbundes.
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Handwerk: Kooperation macht zukunftsfit
Das Handwerk ist vom Strukturwandel besonders stark betroffen. Eine Studie der DZ BANK hat sich die Probleme der gewerblichen Wirtschaft genauer angesehen und dabei auch Lösungsvorschläge aufgezeigt. Einer davon ist die genossenschaftliche Kooperation. Text: Michael Stappel
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as Handwerk steht vor einer Reihe großer Herausforderungen. Dazu zählen der Fachkräftemangel und Nachfolgeprobleme, die Konkurrenz durch Industrie und ausländische Anbieter sowie steigende Anforderungen aufgrund des technischen Fortschritts. Dabei sind die einzelnen Gewerbe recht unterschiedlich betroffen: Während sich etwa Bäcker, Konditoren und Fleischhauer dem Wettbewerb durch die Back- bzw. Fleischindustrie ausgesetzt sehen, beklagen andere Gewerbe die Konkurrenz durch Billiganbieter aus dem EU-Ausland. Für Kfz-Mechaniker oder Elektriker ist es überlebenswichtig, sich permanent weiterzubilden und die jeweils neuesten Techniken zu beherrschen. Handwerkern fast aller Gewerbe fällt es inzwischen schwer, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Auch Probleme mit der Unternehmensnachfolge ziehen sich quer durch alle Handwerkszweige. Die skizzierten Herausforderungen sind keine grundsätzlich neuen Erscheinungen. Allerdings deutet vieles darauf hin, dass sie sich in Zukunft stark verdichten werden und dass sich der Wandel im Handwerk rasant beschleunigen dürfte. Zu den Antriebskräften dieser Ver24
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schärfung gehören der Altersstrukturwandel, der mit dem allmählichen Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge an Fahrt gewinnt, sowie ein neuer informationstechnischer Innovationsschub, der sich unter dem Stichwort Digitalisierung zusammenfassen lässt.
Genossenschaftliche Kooperation als Lösung Handwerksbetriebe sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die meist individuelle Produkte und Dienstleistungen anbieten bzw. kleine Mengen produzieren. Im Gegensatz dazu setzt die Industrie auf Massenproduktion mit niedrigen Stückkosten. Um ihren Größennachteil auszugleichen, können Handwerker kooperieren. Die Zusammenarbeit in Genossenschaften ist dabei ein schon lange bewährter Weg. Durch Bündelung der Nachfrage der angeschlossenen Handwerker können Preisvorteile bei der Beschaffung erzielt werden. Auf
der Absatzseite finden sich Kooperationsfelder etwa in Form von Gemeinschaftswerbung, Markenpflege oder Auftragsvermittlung. Neben dem seit langem bestehenden Problem des Wettbewerbs durch industrielle Massenware spielen heute aber auch die anderen oben skizzierten Herausforderungen eine zunehmend wichtige Rolle. Zu Themen wie Fachkräftemangel, Unternehmensnachfolge oder Digitalisierung kann genossenschaftliche Kooperation ebenfalls einen Problemlösungsbeitrag liefern. Dabei geht es vor allem darum, die Attraktivität des Handwerks für Ausbildungssuchende, Fachkräfte und Kunden weiter zu stärken sowie Alternativen bei der Unternehmensnachfolge aufzuzeigen.
Erweiterung des Förderauftrags Das kann dadurch geschehen, dass Genossenschaften ihren Förderauftrag für die angeschlossenen Handwerksbetriebe ausdehnen. So können Marketingmaßnahmen ergriffen werden, welche die Vorteile des Handwerks wie Qualität, Service, Regionalität und Vielfalt noch stärker herausstellen und die Betriebe als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Gleichzeitig sollten Handwerkergenossenschaften ihre Mitglieder bei der Automatisierung und Vernetzung ihrer Betriebe sowie der Filialisie-
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rung des Vertriebs durch technisch-betriebswirtschaftliche Beratung, moderne Ladenkonzepte und Digitalisierungsinitiativen fördern. Genossenschaften können ihre Mitglieder auch unterstützen, indem sie attraktive Ausbildungs- und Personalgewinnungskonzepte erarbeiten und gemeinsam mit den Handwerksbetrieben, erfahrenen Bildungsträgern und externen Ausbildungsstationen am Markt platzieren. In jüngerer Vergangenheit sind jedoch auch vollständig neue Genossenschaftsmodelle entstanden, die spezifische Antworten auf Herausforderungen des Handwerks liefern. Hier einige Beispiele:
Nachfolgelösung Produktivgenossenschaft Bei Nachfolgeproblemen besteht die Möglichkeit, einen inhabergeführten Handwerksbetrieb in eine Produktivgenossenschaft umzuwandeln. Hierzu sollte möglichst früh eine Genossenschaft von den Mitarbeitern gegründet werden. Von den ausgezahlten Löhnen wird monatlich ein bestimmter Betrag zur Auffüllung der gezeichneten Genossenschaftsanteile verwendet. Das
so aufgebaute Eigenkapital kann dann, wenn der Altinhaber in den Ruhestand geht, für den Kauf des Handwerksbetriebes verwendet werden – gegebenenfalls ergänzt um Bankkredite. Das Modell der Produktivgenossenschaft bietet sich vor allem an, wenn Einzelne durch die Betriebsübernahme finanziell überfordert sind. Es hat zudem den Vorteil, dass es motivationsfördernd wirkt, weil die Mitarbeiter über die Dividende am Erfolg des Betriebes partizipieren. Außerdem ermöglicht es einen fließenden Übergang, wenn der Altinhaber ebenfalls der Genossenschaft beitritt.
Gewerbeübergreifendes Komplettangebot Während in traditionellen Genossenschaften meist Handwerker eines Gewerbes beim Einkauf kooperieren, zielen gewerbeübergreifende Handwerkergenossenschaften darauf ab, Gesamtaufträge für die Mitglieder verschiedener Gewerbe zu akquirieren. Der besondere Vorteil besteht darin, dass die Genossenschaft bei Bauoder Sanierungsmaßnahmen Komplettangebote für alle notwendigen Handwerksleistungen abgeben kann. Der Auftraggeber muss sich auch nicht um die Koordination der einzelnen Handwerksleistungen kümmern, weil das von der Genossenschaft übernommen wird, genauso wie die Abrechnung der Leistungen.
Familienfreundliche Sozialleistungen Industrieunternehmen mit vielen Beschäftigten fällt es leicht, sich durch Sozialleistungen als familienfreundlicher Arbeitgeber zu präsentieren. Dagegen macht es für einzelne Handwerksbetriebe und andere Mittelständ-
ler oft keinen Sinn, zum Beispiel einen Betriebskindergarten zu betreiben oder Unterstützungsmaßnahmen für Mitarbeiter anzubieten, die Angehörige pflegen. Kleine und mittlere Unternehmen können diesen Nachteil jedoch ausgleichen, indem sie gemeinsam eine Familiengenossenschaft gründen, die den Mitarbeitern der angeschlossenen Betriebe gezielt Sozialleistungen bietet. Darüber hinaus kann sich genossenschaftliche Kooperation auch auf die Gemeinschaftsausbildung von Handwerkernachwuchs, die Gewinnung und Qualifikation von Fachkräften, die Entwicklung moderner Vertriebskonzepte oder Digitalisierungsinitiativen beziehen. Die Möglichkeiten, die Herausforderungen der Zukunft genossenschaftlich zu meistern, sind vielfältig.
Über den Autor Michael Stappel ist Leiter der Gruppe Makroökonomik und Branchenresearch im Bereich Research und Volkswirtschaft bei der DZ BANK.
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„Eine neue Welt tut sich auf“ Mit seinem Buch „Megatrends“ hat der US-Autor John Naisbitt den Begriff der Globalisierung geprägt. Heute lebt der Trendforscher, der schon für die Präsidenten Kennedy und Johnson gearbeitet hat, mit seiner Frau Doris in Wien und China. Gemeinsam mit ihr hat er auch sein neustes Werk „Machtwende“ verfasst. Für „cooperativ“ standen die beiden Rede und Antwort.
„cooperativ“: Herr und Frau Naisbitt, die EU zerfällt, die USA schotten sich unter Donald Trump ab, die Reichen werden immer reicher, während die Mittelschicht schrumpft, so der landläufige Befund. Was läuft da schief? John und Doris Naisbitt: Die Wurzel des wahrscheinlichen Zerfalls der EU liegt in einer falschen Strategie, welche die zu großen wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern unterschätzt hat. Es fehlt eine gemeinsame Wertebasis. Man schaut hilflos zu, wenn Mitgliedstaaten wie Ungarn und Polen fundamentale Grundregeln der Demokratie in Frage stellen. Die Ursache der Ablehnung der etablierten Parteien hat in den USA und in Europa den gleichen Hintergrund: die Enttäuschung und die Entkoppelung von Politik und Menschen. Wobei die Fehler auf beiden Seiten zu finden sind: Wähler fordern Versprechen ein, die nicht haltbar sind, und Politiker und Parteien geben sie, um gewählt zu werden. Die Rückkehr zur Realität beginnt nach der Wahl. Zu Donald Trump: Wieweit er seine „You’re fired“-Mentalität umsetzt, ist noch offen. Es ist aber nicht Amerika, das eine Abschottung ankündigt, sondern ein Präsident, der 26
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von 20 Prozent der Bevölkerung gewählt wurde - von vielen nicht aus Überzeugung, sondern aus Protest. Im Interesse der USA muss man ihm Erfolg wünschen, auch wenn dazu eine Abkehr von seinen politischen und wirtschaftlichen Bocksprüngen nötig ist. Der wahre Gewinner der Wahl ist aber China. Und es wird strategische Schritte setzen, um daraus mehr zu machen. Was die Ungleichheit betrifft: Das Schrumpfen der Mittelschicht ist ein echtes Problem. Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir ein unternehmerfreundliches Umfeld und engagierte Arbeitskräfte. Es ist schwer zu verstehen, warum es etwa einem Unternehmer, der in Kärnten - mit einer Arbeitslosenquote von zwölf Prozent - einen Betrieb gründet, trotz adäquater Bezahlung nicht gelingt, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Es sinkt leider nicht nur die soziale Mobilität, die Wirtschaft klagt auch über einen Rückgang an Flexibilität und Einsatzbereitschaft der Arbeitssuchenden. Ob wir es gutheißen oder nicht: Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb, sowohl als Land als auch als Individuum. In Ihrem jüngsten Buch „Machtwende“ sehen Sie die Länder des globalen Südgürtels - insbesondere China, Südamerika und
Afrika - als Gewinner des Wandels. China holt zwar tatsächlich in Riesenschritten auf, bei Südamerika und vor allem Afrika ist das schon viel weniger offensichtlich. Wie begründen Sie Ihre Prognose? Man muss nur eins und eins zusammenzählen: Wir haben zunehmende Überalterung und hohe Sozialleistungen auf der einen Seite und eine junge Bevölkerung mit geringer staatlicher Absicherung und großem Erfolgshunger auf der anderen. Dazu kommen strategische Allianzen und Freihandelsverträge, die vor allem von China gesteuert werden. Die wirtschaftlichen Bündnisse des globalen Südgürtels, die im Rahmen der Land- und Seerouten der Neuen Seidenstraße weiter ausgebaut werden, schaffen neue Handelsrouten und neue Märkte. Wir sprechen dabei von einem 1,4-Trillionen-Dollar-Projekt, das 4,4 Milliarden Menschen einschließt. Ein großer Teil der Route verläuft durch Zentralasien von China nach Europa, beschleunigt und verbilligt Transporte und macht Märkte zugänglicher. Was Afrika betrifft, wird nicht jeder der 54 Staaten davon profitieren, aber wer sich die Märkte und den Bedarf genauer anschaut, der erkennt, wo die Chancen liegen. Das trifft auch auf Lateiname-
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rika zu. Unser Rat ist, die Investitionen Chinas zu verfolgen und zu schauen, wo sie neue Märkte öffnen.
eine potente Plattform, um Chinas wirtschaftlichen und politischen Einfluss in Europa zu erweitern.
Sie schreiben auch, dass es für Europa und die USA noch nicht zu spät ist zu reagieren. Was muss passieren, damit die westliche Welt vom globalen Wandel profitiert und nicht als Verlierer dasteht?
Beim aktuellen Trend Digitalisierung und Vernetzung fällt auf, dass er in den Köpfen der Menschen immer stärker negativ besetzt ist. Digitalisierung sei schuld an der Arbeitslosigkeit, dem Sterben ganzer Branchen, der Umverteilung von Reichtum zugunsten einiger Weniger, dem Überwachungsstaat. Ist diese Skepsis berechtigt?
Die neuen Märkte schließen Allianzen, aber sie verschließen sich nicht nach außen. Westliche Produkte haben einen guten Ruf, das Know-how wird gebraucht und geschätzt. Die Grundbedingung, um Chancen zu nutzen, ist aber, dass wir einen realistischen Blick auf die Entwicklungen gewinnen. So ist es kaum zu glauben, wie veraltet das Bild Chinas in vielen Fällen ist. Die Ursache liegt zum Teil in einem Unterschied in der Wahrnehmung: Wir neigen nun einmal dazu, das zu sehen, was wir sehen wollen. In diesem Sinne muss die bürokratische und politische EU aufwachen: Denn wenn der Haupteingang blockiert wird, kommt China eben durch die Hintertür. Denken Sie nur an die zunehmenden Arrangements mit osteuropäischen Staaten! Europa ist eine der Spitzendestinationen für chinesische Investments, und Osteuropa bietet
Wann konnten wir den Lauf der technischen Entwicklungen je durch Angst vor Verlust von Arbeitsplätzen aufhalten? Es ist nicht das erste Mal, dass Branchen und Berufsgruppen dramatisch reduziert werden oder verschwinden. Warum hören wir viel mehr auf negative Prognosen als auf positive Ausblicke? Natürlich verändert sich die Berufswelt. Die Berechnungen von Gewinn und Verlust an Arbeitsplätzen halten sich bis jetzt aber ziemlich die Waage. Wenn ich aber heute schon absehen kann, dass mein Job ein Ablaufdatum hat, in wessen Verantwortung sind dann Umschulung und Weiterbildung? Einerseits brauchen wir ein Umdenken in der Bildung und andererseits ein Umdenken in der Lebenspla-
nung. Dazu gehört auch, dass wir stärker auf die unterschiedlichen Neigungen und Talente eingehen und früh mit der Förderung beginnen. Wer in einem Beruf, den er nicht mag, feststeckt, bei dem wird weder Leistung noch Engagement stimmen. Und was die Umverteilung betrifft, so findet diese doch bereits statt. Aber wenn Leistung nicht mehr belohnt wird, wird die Wettbewerbsfähigkeit sinken, nicht steigen. Je besser unsere Fähigkeit zu lernen, desto leichter werden wir die Veränderungen meistern. Digitalisierung sollte dabei als Chance gesehen und nicht zum Sündenbock erklärt werden. Genauso wie wir auch ein wenig sorgfältiger mit der Polarisierung von Arm und Reich umgehen sollten. Daraus lässt sich zwar politisches Kapital schlagen, es nützt aber keinem. Die meisten, die Vermögen schufen - und wir reden dabei nicht von absurden Zahlungen selbst bei Verlusten -, haben zumindest über einen längeren Zeitraum extrem viel gearbeitet. Unabhängig davon, ob das Gehalt eines Spitzenmanagers in seiner Höhe gerechtfertigt ist oder nicht, der Druck ist enorm. Andererseits stellen uns versteckte Gehaltskürzungen, etwa durch Leistung auf Abruf oder Leiharbeit, vor soziale Probleme. Die Schwierigkeit liegt in der Bacooperativ 1/17
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lance von unternehmer- und arbeitnehmerfreundlichen Grundbedingungen. Eine ziemliche Herausforderung für die Sozialpartnerschaft, auch im Kontext des globalen Wettbewerbs. Die Finanzwelt steht derzeit Kopf: Die alte Regel „Sparen bringt Zinsen“ gilt nicht mehr. Ein Forscher (Franz Hahn, Wifo, Anm.) hat unlängst vorausgesagt, dass es in 20 Jahren keine Banken mehr geben wird, weil sie überflüssig werden. Teilen Sie diese Meinung, können Bitcoin, Crowdfunding & Co tatsächlich Menschen als Finanzvermittler ersetzen? Einerseits hören wir von vielen kleinen Unternehmern, dass die Finanzierung von Projekten immer schwieriger wird, wodurch Chancen verloren gehen, andererseits kennen wir leider die Folgen überhöhter Risikobereitschaft. Der alte Hausverstand und die persönliche Einschätzung haben in der heutigen Kreditvergabe leider kaum noch Platz. Gerade im Segment der Klein- und Kleinstunternehmer war das stets die Entscheidungsgrundlage, heute sind es Algorithmen, die Entscheidungen treffen. Für wen ist die Überbürokratisierung im Bankensektor ein Gewinn? Im Gesamtmodell „Bank“ herrschen ein Reformstau und eine gewisse Totengräberstimmung. Klar ist: Bitcoin und Blockchain werden die Finanzwelt auf den Kopf stellen, was Kredite, Einlagen, Handel, Überwachung und auch Transparenz der Transaktionen betrifft. Viele unserer Mitglieder sind Genossenschaften. Unternehmen versuchen dabei, durch Kooperation gegen die großen Player zu bestehen. Kann das funktionieren? Wenn die Kooperationen Sinn machen, ja. Ressourcen und Energien zu bündeln und dabei Eigenständigkeit zu bewahren, ist eine gute Lösung. Aber wir haben unterschiedliche Kräfte am Werk. Denken sie an die Lebensmittelbranche: Konsumenten wollen immer billigere Produkte, die aber nur von hochproduk28
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tiven Erzeugern geliefert werden können. Der kleine Unternehmer hat seine Chancen in Nischenmärkten und im steigenden Qualitätsbewusstsein. Die wirtschaftliche Bedeutung der KMUs wir oft unterschätzt, besonders ihre Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Aber leider tragen Bürokratie und Regeln nicht zur Wettbewerbsfähigkeit bei. Sie verbringen viel Zeit in China, aber auch in Wien. Ganz ehrlich: Wenn Sie sich zwischen Österreich und China entscheiden müssten, welches Land würden Sie wählen und warum? Wir haben bereits gewählt, und zwar Österreich, obwohl unsere beruflichen Möglichkeiten in China bedeutend größer sind. Wir schätzen die Lebensqualität in Österreich sehr, das kulturelle Angebot, die Landschaft, die saubere Luft, besonders, wenn wir aus Peking zurückkommen. Aber die Dynamik finden wir in China - und einen ungeheuren Willen von allen und allem zu lernen. Das trifft sowohl auf die Regierung als auch auf die Bildungseinrichtungen zu, die mit eigenen Foreign-Expert-Programmen Wissen nach China holen. Wir haben zu und mit Zigtausenden Studenten in vielen Regionen Chinas gesprochen. Selbst in abgelegenen Regionen will man sich Zugang zur großen Welt verschaffen. Das sehen wir in Österreich oder den USA nicht.
oder Global Game Change, wie es im Original heißt, ist ja kein Nullsummenspiel. Es ändern sich die Voraussetzungen, und wie bei jedem Wandel steigen gerade dabei die Möglichkeiten. Die meisten Ihrer Prognosen als Zukunftsforscher haben gestimmt. Was wird der nächste Megatrend? Worüber wird Ihr nächstes Buch handeln? Den Begriff Zukunftsforscher mögen wir gar nicht. Wir beobachten, was in der Gegenwart geschieht, und das erlaubt es, Schlüsse für die Zukunft zu ziehen – vorausgesetzt, man lässt sich nicht von Wunschdenken oder Mainstream leiten. Der Wandel von einer westlich dominierten Welt zu einer Welt mit vielen Zentren zeigt sich heute noch viel deutlicher als zu dem Zeitpunkt, als wir „Machtwende“ geschrieben haben. Es geht aber nicht nur darum, Trends aufzuzeigen. Wichtig ist, wie wir damit umgehen und wie flexibel wir in der Anpassung unserer Denkmuster sind. Dabei gibt es erhebliche Hürden, die zu einem großen Teil in uns selbst liegen. Derzeit arbeiten wir an einer leicht verständlichen Beschreibung des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Umfangs der Routen der Neuen Seidenstraße, die übrigens auch Österreich betreffen werden.
Das Buch zum Thema
Sie sind bekannt dafür, letztlich immer eine optimistische Sicht auf die Entwicklungen zu haben. Was sollte uns Österreichern Mut machen? Wir sollten Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben. Es ist ja nicht so, dass das menschliche Potential abhandengekommen ist, es mangelt an politischem Potential. Aber wer sich in Österreich auf die Beine stellt, kann immer noch viel erreichen. Wir müssen uns mehr auf unsere Selbstverantwortung besinnen, für offene Menschen tut sich gerade eine neue Welt auf. Machtwende
John und Doris Naisbitt Machtwende – Wie die Länder des Globalen Südgürtels unsere Welt verändern werden Goldegg Verlag 376 Seiten € 24,95 €
Wirtschaft
Eine Milliarde für den Wohnbau
Generaldirektor Gerald Fleischmann auf der Bauen&EnergieMesse: „Wir können, dürfen und wollen finanzieren!“
Nach der erfolgreichen KMU-Milliarde starten die Volksbanken nun ihren nächsten Schwerpunkt: Die Wohnbau-Milliarde ist die Antwort auf die steigende Finanzierungsnachfrage nach Wohnraum. ffiziell präsentiert wurde die Wohnbau-Milliarde im Februar bei der Bauen&Energie-Messe in Wien. „Es ist die volkswirtschaftliche Aufgabe einer Bank, Unternehmen wie Privatpersonen Investitionen in deren Zukunft zu ermöglichen. Dieser Aufgabe sehen wir uns in unserer Neuausrichtung als die Hausbank der Österreicherinnen und Österreicher im Besonderen verpflichtet. Im Herbst sind wir mit der KMU-Milliarde gestartet, jetzt ziehen wir im privaten Wohnbaubereich mit dem intern ganz einfach Wohnbau-Milliarde genannten Schwerpunkt nach“, so Generaldirektor Gerald Fleischmann bei der Präsentation.
Rating bestätigt Erfolgskurs Ermöglicht wird die Expansion im Finanzierungsbereich durch die nun-
mehr stabile Kapital- und Liquiditätssituation des Volksbanken-Verbundes. Diese positive Entwicklung wurde zuletzt auch von den Ratingagenturen Moody‘s und Fitch bestätigt. Einen Bericht dazu finden Sie auf Seite 51 in diesem Heft.
Fotos: Felicitas Matern
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Punkten mit Beratungskompetenz Trotz der niedrigen Zinsen ist der Finanzierungsmarkt allerdings heiß umkämpft. Wie wollen die Volksbanken also punkten? „Mit einer soliden Kernkapitalbasis von über zwölf Prozent haben wir jetzt die Basis geschaffen, unseren bestehenden bzw. neuen Kunden die Finanzierung eines Eigenheims zu guten Konditionen anzubieten. Das bedeutet, wir können, dürfen und wollen finanzieren. Überzeugen wollen wir aber vor allem mit unserer hohen Bera-
tungs- und vor allem auch Förderkompetenz, mit raschen Entscheidungen sowie mit der Entwicklung von umfassenden Finanzierungskonzepten“, erläutert Fleischmann dazu. Weiterer Vorteil: Durch die Zusammenarbeit mit der start:gruppe bei Bauspardarlehen und mit der ERGO in der Haushaltsversicherung können die Wohnbauexperten der Volksbanken die Kundenbedürfnisse in allen Aspekten abedecken.
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International
Die Welt der Genossenschaften in Zahlen
Die in der Studie erfassten Genossenschaften nach Kontinenten
Im Rahmen des „World Co-operative Monitor“ erhebt der Internationale Genossenschaftsbund jedes Jahr die wichtigsten Kennzahlen des weltweiten Genossenschaftswesens. Die aktuelle Studie sieht das kooperative Wirtschaften klar im Aufwind. Text: Grafiken:
Günther Griessmair IGB
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aut neuem Monitor kommen die 300 größten Genossenschaften der Welt aktuell auf einen Umsatz von 2.533 Milliarden US-Dollar, das entspricht in etwa dem Bruttoinlandprodukt Frankreichs. Im Vergleich zum Jahr davor ist das ein Wachstum von stolzen 7,2 Prozent. IGB-Präsidentin Monique Leroux zu den aktuellen Zahlen: „Das Interesse an Genossenschaften steigt weltweit, es lohnt sich, die Werbetrommel für das Genossenschaftsmodell zu rühren. Die Zahlen im World Co-operative Monitor sind dabei ein zentrales Instrument für Bewusstseinsbildung, Politik und Forschung.“ Die aktuelle Studie bezieht sich auf Daten aus dem Jahr 2014, die aus verschiedenen Quellen wie nationalen und sektoralen Statistiken, Jahresberichten und Umfragen zusammengetragen wurden. Insgesamt liegen Zahlen zu 2.370 Genossenschaften aus 63 Ländern vor. 1.420 davon haben einen Umsatz von über 100 Millionen Dollar. In
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Europa wurden 1.623 Genossenschaften untersucht, in Nord- und Südamerika 501, in Asien 234 und in Afrika zwölf. Nach Umsatz (bei Banken werden Erträge herangezogen) größte genossenschaftliche Organisation der Welt ist demnach die französische Crédit Agricole (90 Milliarden US-Dollar), gefolgt von den deutschen Volksund Raiffeisenbanken (70 Milliarden), der BPCE-Gruppe aus Frankreich (69 Milliarden), der südkoreanischen Agrargenossenschaft NH Nonghyup und dem US-Versicherer State Farm (beide 64 Milliarden). Dahinter folgen der US-Krankenversicherer Kaiser Permanente, der Handelsriese Leclerc, die Groupe Crédit Mutuel (beide Frankreich), die deutsche Rewe-Gruppe und der japanische Versicherer Zenkyoren. Etwas anders schaut die Rangliste aus, wenn man den Umsatz in Relation zum BIP pro Kopf (und damit zur Kaufkraft des jeweiligen Landes) setzt. Dabei kommt ein Ranking heraus, das die
Bedeutung der Genossenschaften für die jeweilige Volkswirtschaft besser betont. Hier führt NH Nonghyup vor der indischen Agrargenossenschaft IFFCO, Crédit Agricole, der brasilianischen Gesundheitsgenossenschaft Unimed und der BPCE-Gruppe. Von den 300 größten Genossenschaften sind 39 Prozent im Versicherungssektor tätig, 32 Prozent in der Landwirtschaft, 19 Prozent in Großund Einzelhandel und sechs Prozent im Bankwesen. Erstmals widmet sich im aktuellen World Co-operative Monitor ein eigener Abschnitt der Kapitalstruktur der größten Genossenschaften. Dabei zeige sich das Bild eines Sektors mit guter Kapitalisierung und genug Profitabilität, um Wachstum zu ermöglichen, so die Autoren. Widerlegt wird dabei auch die landläufige Annahme, dass sich Genossenschaften bei der Kapitalbeschaffung schwerer tun als andere Unternehmen.
International
Das Ranking der grĂśĂ&#x;ten Genossenschaften der Welt
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International
Studie zur Kooperation der Zukunft:
Das G2G-Zeitalter Wer gut vernetzt ist und seine Geschäftsdaten optimal verknüpfen kann, wird in Zukunft die Nase vorne haben, meinen Experten. Mehr als die Hälfte der Genossenschaften hinkt diesem Trend allerdings noch hinterher, wie die aktuelle Studie GRACE16 zeigt. Dabei müsste die Netzwerkwirtschaft eigentlich in ihren „Genen“ liegen … Text: Andrea Karner Fotos: CIBP
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ollaborative Commerce oder C-Commerce beschreibt den Zusammenschluss verschiedener Unternehmen zu einer gemeinsamen Arbeitsgruppe über das Internet, so die Definition von Wikipedia. Je nach Art des Projekts können innerhalb dieser Gemeinschaft Allianzen geschlossen werden. Anders als E-Commerce ist C-Commerce auf projektbezogene oder bleibende Partnerschaften ausgerichtet, wie es eben auch Genossenschaften sind. Diese digitale Form der Kooperation ist eine Besonderheit der New Economy, welche die traditionellen Geschäftsbeziehungen überholt. Experten meinen auch, C-Commerce-Lösungen würden bisherige Internet-Vertriebsanwendungen ablösen. Sind Genossenschaften auf diese neue Art des Wirtschaftens vorbereitet? Die Internationale Volksbankenvereinigung (CIBP) hat dazu am Genossenschaftsgipfel in Quebec ihre Studie GRACE16 präsentiert und zu einem strategischen Dialog eingeladen. GRACE steht dabei für „Global Research on Augmented Collaborative Economy“, ist also eine internationale 32
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Studie über C-Commerce. Der Zusatz „Augmented“ drückt aus, dass es um C-Commerce unter Genossenschaften oder genossenschaftlichen Verbünden und ihren Mitgliedern, also gewissermaßen um „G2G“, geht.
C-Commerce als neues Kooperationsmodell Das Ergebnis der Umfrage unter 282 genossenschaftlichen Führungskräften in 126 Genossenschaftsunternehmen aus 18 Branchen zeigt auf, dass 64 Prozent der Genossenschaften hinter den Anforderungen der digitalen Wirtschaft zurückliegen, obwohl gleichzeitig an die 90 Prozent der Mitglieder und Kunden glauben, C-Commerce könnte die nächste Stufe genossenschaftlicher Zusammenarbeit sein. Denn: Plattformen, Ökosysteme, digitale Assets, nachfrageseitige Economies of Scale und Netzwerkeffekte weichen die Grenzen zwischen digitaler und realer Welt auf und können traditionellen Genossenschaften zu Wettbewerbsvorteilen und Wachstum verhelfen. Plattformbasierte Netzwerkunter-
nehmen wie Uber oder Amazon befeuern eine neue Art des Wettbewerbs, der einen grundlegenden Wandel der Weltwirtschaft nach sich zieht, in der international vernetzte Player in einer Sharing Economy die Spielregeln diktieren. Nach Angaben des „Handelsblatt“ wird der Firmenwert von Uber mittlerweile auf 62,5 Milliarden Dollar taxiert. Das US-Start-up ist in 60 Ländern und 270 Städten vertreten, sammelt dabei Daten in den USA, Europa und in Fernost. Als Berater soll Uber die ehemalige EU-Kommissarin Neelie Kroes und den früheren US-Verkehrsminister Ray LaHood verpflichtet haben.
Demokratisches Prinzip als Asset Um die negativen Auswirkungen der Sharing Ecomomy – neben Datenmissbrauch etwa auch Sozialdumping – abzufangen, ist nicht nur der Gesetzgeber gefordert, auch Genossenschaften können hier einen Beitrag leisten. Etwa indem sie das kontinuierliche Wachstum von Daten- und Wissensmanagement für sich nutzen und sichere, vertrauenswürdige und demokratisch verwal-
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dern und Kunden entsprechende Produkte und Dienstleistungen anbieten können. Von der Schaffung eines digitalen Marktplatzes innerhalb genossenschaftlicher Organisationen versprechen sich fast 80 Prozent der Befragten starke Impulse für Innovation und Wachstum durch Cross-Selling-Potenzial und die Verbesserung der Effizienz.
Zentrale Rolle für Genossenschaftsbanken
tete Informationsplattformen schaffen, um so Mehrwert für ihre Mitglieder zu generieren. Laut GRACE-Umfrage glauben 70 Prozent der befragten Genossenschaften, dass sie im C-Commerce, also der Zusammenarbeit unter Genossenschaften oder den angeschlossenen Mitgliedsunternehmen, über zusätzliche oder komplementäre Angebote neue Märkte für sich erschließen und ihren Mitglie-
Vor allem zwei strategische Ziele sind den Studienteilnehmern im Rahmen der Digitalisierung wichtig: die Verbesserung der Innovationsfähigkeit bei der Produktentwicklung und im Serviceangebot sowie nachhaltiges Wachstum, das den Erwartungen der Mitglieder entspricht. 67 Prozent der Befragten glauben, dass in einer solchen digitalen Plattformwirtschaft den Genossenschaftsbanken eine besondere Stellung zukommt: Anstelle des traditionellen Filialgeschäfts könnten sie sich zu Finanzdrehscheiben entwickeln, die das Cross-Selling unter Genossenschaften und ihren Mitgliedern befeuern und neue Netzwerkkontakte herstellen. Dieser vielversprechenden Welt der genossenschaftlichen Netzwerkwirtschaft stehen allerdings drei mächtige Hindernisse gegenüber, die den befragten Führungskräften auch ganz klar bewusst sind: 87 Prozent der Befragten glauben, die genossenschaftliche Kul-
tur selbst stehe einer G2G-Wirtschaft entgegen. Genannt werden auch regulatorische Hürden und schließlich Interessenkonflikte unter den Mitgliedern.
Arbeitsgruppen mit ersten Ergebnissen Trotzdem haben die beiden von der CIBP und Shakesteer durchgeführten Workshops zum Thema in Luzern und in Quebec gezeigt, welches Potenzial in Genossenschaften steckt, wenn ihre Vertreter auch nur für wenige Stunden in einen strategischen Dialog eintreten und gemeinsam an zukunftsträchtigen Geschäftsideen arbeiten. Drei ausgewählten Beispiele illustrieren das: Ein Team mit Vertretern aus der Finanz- und Landwirtschaft sowie einem Energieerzeuger hatte die Idee, in einem landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam preiswerte erneuerbare Energie zu produzieren und damit am Markt erfolgreich zu sein. Leistbares individuelles Wohnen für junge Paare war eine andere Geschäftsidee, die in einer Arbeitsgruppe mit Banken und Wohnbauvertretern entstanden ist. Ein weiteres Expertenteam hat auch schon Anregungen für eine konkrete Systemarchitektur geliefert, mit der ein G2G-Netzwerk funktionieren könnte. Mehr zum Thema erfahren Sie auf der World Credit Union Conference in Wien, bei der am 26. Juli auch die Ergebnisse der CIBP-Studie GRACE16 präsentiert werden.
World Credit Union Conference 2017 Discover the Difference 23 bis 26. Juli Austria Center, Wien www.wcucvienna2017.org Mitglieder des Volksbanken-Verbundes, die an der Veranstaltung teilnehmen möchten, erhalten Sonderkonditionen. Info: a.karner@cibp.eu Netzwerken unter Genossenschaften: Eine Arbeitsgruppe der CIBP cooperativ 1/17
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International
Soziale Unternehmen in Fernost – Teil 2 Wie ist es um die Économie Sociale im fortschrittlichen Industriestaat Südkorea bestellt? Und wie im kommunistisch geführten China? Diesen Fragen widmet sich der zweite Teil unserer Serie über soziale Unternehmen in Asien. Text: Hans-H. Münkner
S
eit rund 15 Jahren, aber insbesondere seit Erlass des Allgemeinen Genossenschaftsgesetzes 2012, lässt sich in Südkorea eine interessante Erneuerung des Genossenschaftsmodells beobachten, wie der von Eric Bidet und Hyunsik Eum verfasste Länderbericht aufzeigt. Genossenschaften entwickeln sich zunehmend zu echten Unternehmen, nachdem sie lange als eine Art öffentlicher Agenturen galten, die seit den 1960er Jahren vom Staat eingerichtet wurden. Von ihnen werden nun Beiträge zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und insbesondere zur Schaffung von Arbeitsplätzen erwartet. Die Autoren des Berichts sehen Südkorea als Musterbeispiel für die Entwicklung von sozialen Unternehmen und einer Économie Sociale, die von verschiedenen Ministerien und einem Netz von örtlichen Agenturen und Programmen gefördert wird. Es geht dabei um die Lösung örtlicher sozialer Probleme in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft, soziale Dienstleistungen, Ausbildungswesen und Wohnen durch Mobilisierung öffentlicher und privater Ressourcen. Dabei wächst das Interesse am Genossenschaftsmodell, das zunehmend für die Erfüllung sozialer Zwecke eingesetzt und von staatlicher Seite gefördert wird.
Landwirtschaftliche Genossenschaften in Südkorea Die landwirtschaftlichen Genossenschaften haben sich in Südkorea zu 34
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Biolandwirtschaft auf dem Vormarsch: Ein Markt in Südkorea
einem starken Akteur auf nationaler und internationaler Ebene entwickelt. Mit rund 2,5 Millionen Mitgliedern und 30.000 Beschäftigten zählt der nationale Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften zu den zehn größten Genossenschaftsunternehmen weltweit. Die Entwicklung zu autonomen, von ihren Mitgliedern getragenen und kontrollierten Genossenschaften ging in den 1970er Jahren von den Konsumgenossenschaften aus, die sich 1987 zu einem Verband zusammenschlossen und für die 1999 ein eigenes Genossenschaftsgesetz erlassen wurde. Die herkömmlichen landwirtschaftlichen Genossenschaften wenden häufig Methoden der industriellen landwirtschaftlichen Produktion an. Mitte der 1980er Jahre entstanden dann Initiativen zur Förderung von Biolandwirtschaft und Umweltschutz. Es entwickelte sich Solidarität zwischen gesundheitsbewussten städtischen Konsumenten und Kleinbauern, die sich gemeinsam für Gemeindeentwicklung einsetzten: Konsumgenos-
senschaften für den täglichen Bedarf, auch in Form von Universitätsgenossenschaften (Konsumgenossenschaften von Studenten, Lehrenden und Angestellten der Universitäten) und Gesundheitsgenossenschaften, inspiriert von japanischen Vorbildern. Um Biolandwirtschaft zu unterstützen, massiven Einsatz von chemischem Dünger zu vermeiden und Landflucht zu bekämpfen, schlossen sich die Konsumgenossenschaften zu einem nationalen Netzwerk zur Vermarktung gesunder, örtlich produzierter Lebensmittel zusammen. 2010 zählte diese Gruppe etwa 700.000 Mitglieder mit rund 300 Verkaufsstellen. Im Jahr 2006 erfuhr die Entwicklung eine rechtliche Anerkennung durch Erlass eines Gesetzes zur Förderung sozialer Unternehmen. Damit wurde Südkorea eines der ersten Länder mit einer derartigen Gesetzgebung. Dieses Gesetz bietet keinen besonderen Rechtsrahmen, sondern ein Unternehmensmodell, das in verschiedenen Rechtsformen realisiert werden kann.
International
Gesundheitsgenossenschaften Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitswesens haben dazu geführt, dass es Gruppen von Bürgern gibt, die sich trotz der seit 1970 bestehenden Pflichtkrankenversicherung medizinische Versorgung nicht leisten können. Die erste als soziales Unternehmen anerkannte Gesundheitsgenossenschaft entstand 1994 in Anseong als Zusammenschluss einer Gruppe von Bauern und sozial eingestellten Medizinstudenten - zunächst noch als Verein. Initiator der zweiten Gesundheitsgenossenschaft war ein Verein junger protestantischer Mediziner, die dritte entstand durch Zusammenarbeit eines Bürgervereins mit einem medizinischen Forschungszentrum. Diese Genossenschaften entwickelten eine demokratische, partizipative Leitung der Kliniken durch die unterschiedlichen Mitgliedergruppen. Patienten haben dabei die Wahl zwischen westlicher und östlicher Medizin. 2003 entstand der Verband der Gesundheitsgenossenschaften, der sich für alternative Medizin, größere Nähe zwischen Arzt und Patient und die Einbeziehung benachteiligter Personen einsetzt. Weitere Besonderheiten der Gesundheitsgenossenschaften sind die Minimierung des Gebrauchs von Antibiotika sowie die Anerkennung der Bedeutung der Prävention. Ein Problem für diese Gesundheitsgenossenschaften ist die Behandlung von Notfällen, wenn es sich um Nichtmitglieder handelt. Hierfür ist heute ein beschränktes Nichtmitgliedergeschäft zulässig. Ein weiteres Problem ist die Existenz „falscher“ Gesundheitsgenossenschaften, die entstehen, wenn Investoren die Rechtsform der Konsumgenossenschaft nutzen, um mit dem Angebot von Gesundheitsdiensten Gewinne zu machen. Um solche Gesundheitsdienste als Genossenschaft anzubieten, müssen lediglich rund 25.000 Euro Eigenkapital und 300 Nutzer nachgewiesen werden. Von den etwa 300 Gesundheitsgenossenschaften in Korea sind nur 20 Mitglieder des nationalen Verbandes und somit „echte“ Gesundheitsgenossenschaften. Mit Hilfe des Allgemeinen Genossenschaftsgesetzes von 2012 und der
Anerkennung sozialer Genossenschaften durch das Gesundheitsministerium soll dieses Problem gelöst werden.
Das Genossenschaftsgesetz von 2012 Dieses Allgemeine Genossenschaftsgesetz erlaubt Genossenschaften in allen Tätigkeitsbereichen, mit Ausnahme von Banken und Versicherungen. Es ist ein Gesetz zur Förderung von autonomen Genossenschaften in Einklang mit den Prinzipien des Internationalen Genossenschaftsbundes. Hauptanliegen des Gesetzgebers war, das Genossenschaftsmodell im Kampf gegen Arbeitslosigkeit nutzbar zu machen. Das Gesetz hat die Situation und die Ausprägungsformen der Genossenschaften in Südkorea verändert. Es definiert eine Politik der Regierung gegenüber Genossenschaften. Dabei sieht es einen Masterplan vor, der in dreijährigem Abstand von einem Rat für Genossenschaftspolitik überprüft werden soll. Dieser Rat besteht aus Fachleuten, die vom Ministerium für Strategie und Finanzen ernannt werden (allerdings ohne Vertreter der Genossenschaftsverbände). Für ein Land, in dem sich die verschiedenen Genossenschaftsbewegungen gegeneinander abgeschottet haben, ist dies ein erster Schritt hin zur Zusammenarbeit. Das Allgemeine Genossenschaftsgesetz ersetzt nicht die bestehenden Branchen-Genossenschaftsgesetze für Produzenten, Konsumenten und Banken. Es führt die Unterscheidung zwischen Sozialgenossenschaften und „generischen“ Genossenschaften (Produktivgenossenschaften) ein. Ein großer Teil des neuen Gesetzes ist dabei den Sozialgenossenschaften gewidmet, die mindestens fünf Mitglieder haben müssen und als Multistakeholder-Genossenschaften verschiedene Kategorien von Mitgliedern haben dürfen. Es werden zwei Typen von Tätigkeiten unterschieden: einerseits die Verbesserung der Lage in der Region durch Deckung regionalen Bedarfs und andererseits die Schaffung von Arbeitsplätzen oder das Angebot sozialer Dienstleistungen (in den Bereichen Ausbildung, Gesundheitswesen, Umwelt-
schutz oder Kultur) für benachteiligte Personen, mit oder ohne Gewinnstreben. 30 Prozent der erwirtschafteten Erträge müssen als Reserven eingestellt werden. Anders als die „generischen“ Genossenschaften, die bei den örtlichen Behörden eingetragen werden, unterliegt die Anerkennung als Sozialgenossenschaft der Genehmigung durch das entsprechende Fachministerium. 2016 waren mehr als 400 Genossenschaften als Sozialgenossenschaften registriert: 25 Prozent vom Gesundheitsministerium und je 20 Prozent vom Bildungsministerium und vom Arbeitsministerium. Um als Gesundheitsgenossenschaft anerkannt zu werden, sind mindestens 500 Mitglieder erforderlich, die jeweils eine Beteiligung von rund 4.000 Euro zum Mindestkapital von 80.000 Euro leisten, bei maximaler Beteiligung eines Mitglieds mit zehn Prozent des Gesamtkapitals.
Offizielle Anerkennung für Produktivgenossenschaften Arbeitnehmergenossenschaften gibt es in Korea schon seit den 1980ern, zur Übernahme notleidender Betriebe durch die Belegschaft oder zur Gründung neuer Genossenschaften durch Arbeitslose (oft Frauen). Zweck ist es, Arbeitslose durch Entwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten in Arbeit zu bringen. Dieser Genossenschaftstyp wird im Gesetz von 2012 erstmals offiziell anerkennt, wenn auch nicht in eigenen Bestimmungen geregelt. 2015 gab es etwa 300 solcher Genossenschaften. Am weitesten entwickelt ist die Gruppe „Happy Bridge“ (glückliche Brücke), ein nationales Netz von 500 Restaurants mit 120 Angestellten, wovon 80 Mitglieder sind. Diese Genossenschaft entstand durch Umwandlung einer Aktiengesellschaft. Die erfolgreichste Gruppe in diesem Netzwerk ist „Noodle Tree“ (Nudelbaum). Happy Bridge spielt eine zentrale Rolle. Zusammen mit Mondragón (einer Gruppe von Produktivgenossenschaften im Baskenland/Spanien) hat die Gruppe ein Institut für Genossenschaftsmanagement errichtet. Der Präsident von Happy Bridge ist zugleich Präsident des nationalen Verbandes der Produktivgenossenschaften. cooperativ 1/17
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International Nach den Statistiken des Ministeriums für Strategie und Finanzen gibt es in Südkorea 9.000 Genossenschaften, davon 40 Prozent in Seoul. Von den neu registrierten sozialen Genossenschaften arbeiten 20 bis 25 Prozent in den Bereichen Handel und Vertrieb, zehn bis 15 Prozent in Landwirtschaft, Fischerei oder Forstwirtschaft, etwa ebenso viele in Ausbildung und Dienstleistungen und fünf bis zehn Prozent in Sport und Freizeit. Das Ergebnis des neuen Genossenschaftsgesetzes ist ein Anstieg der Neugründungen, aber nur etwa die Hälfte der eingetragenen Genossenschaften bleibt aktiv. Viele sind Zusammenschlüsse von kleinen und mittleren Unternehmen oder von Selbständigen, sie arbeiten oft wie ein Verein. Nicht alle sind tatsächlich Neugründungen, sondern wie Happy Bridge durch Umwandlung entstanden. Der Unterschied zwischen den Genossenschaftsgesetzen von 2006 und 2012 ist, dass jenes von 2006 keine eigene Rechtsform regelt, sondern die Anerkennung als Sozialgenossenschaft, während durch das Gesetz von 2012 eine Rechtsform für alle Tätigkeitsbereiche geschaffen wurde.
Südkoreas neue Économie Sociale Das Beispiel Südkorea zeigt, wie die Entwicklung des Rechtsrahmens binnen zweier Jahrzehnte auf die Entwicklung von Genossenschaften gewirkt hat. Ihr Image wurde verbessert, aus überwiegend staatlich kontrollierten Organisationen und öffentlichen Agenturen wurden rechtlich anerkennte Initiativen, die aus der sozialen Bewegung hervorgegangen sind. Die Verbindung des sozialen Unternehmens und der Économie Sociale hat zur Entstehung eines neuen Konzepts im Land geführt, das bisher dort wenig bekannt war. Beiträge von Wissenschaftlern, die Économie Sociale in Europa studiert haben, bereiteten den Boden für ihre Nutzung zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut. Die Zusammenführung von Aktivisten der sozialen Bewegung im Kampf gegen Arbeitslosigkeit, der Konsumgenossenschaften und eines Teils der Credit Unions in Verbindung mit der Biolandwirtschaft hat einen Dritten Sektor 36
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Der chinesische Weg
I
n China waren soziale Unternehmen und Économie Sociale bis 2004 wenig bekannte Konzepte, wie aus dem Länderbericht von Xiaomin Yu hervorgeht. In einer Serie von internationalen Konferenzen wurden zwar diese Organisationen und insbesondere die Struktur ihrer Ressourcen diskutiert, auf die Behandlung anderer wichtiger Elemente wie Grad der Autonomie und Leitungsstrukturen wurde aber verzichtet. Seit 2015 gibt es ein Zertifikat über die Qualität von sozialen Unternehmen, das von fünf chinesischen Forschungsinstituten entwickelt wurde. Solche Unternehmen müssen demnach folgende Merkmale haben: Ihr Zweck muss die Förderung von Beschäftigung, Hilfe für sozial benachteiligte Gruppen oder die Lösung besonderer sozialer Probleme sein (Schaffung von Arbeitsplätzen, Leistung von sozialen oder Gesundheitsdiensten, Armutsbekämpfung oder Ausbildung). Mehr als 50 Prozent der Gesamteinnahmen der Organisation müssen aus eigener Geschäftstätigkeit stammen, und die Organisation muss einen Vollzeit-Manager haben. Nach ihrer Entstehung wird unterschieden zwischen sozialen Unternehmen, die vom Staat errichtet wurden, solchen, die aus der Dynamik des Marktes entstanden sind, und solchen mit Förderung internationaler Kooperation. Die Unternehmen teilen sich in drei Hauptkategorien: Organisationen ohne Gewinnstreben, gewinnorientierte Organisationen und hybride Formen. Sie können auf unterschiedliche Art arbeiten: Angebot von Leistungen am Markt, Ausführung vom Staat geförderter Aktivitäten oder Förderung von Unternehmen (wie Mikrofinanz) oder von Beschäftigung. Seit einigen Jahren spielen soziale Unternehmen und Non-Profit-Organisationen (NPOs) eine wachsende Rolle bei jenen Bedürfnissen, die weder der Staat noch der Markt hinreichend befriedigen. Problemfelder sind Arbeitslosigkeit, die im Zuge der Liberalisierung der Märkte wächst, Armut als Folge des Rückgangs staatlicher Sozialleistungen nach Auflösung der ländlichen Kommunen und Probleme mit Wanderarbeitern und ihren Kindern, die mit in die Städte kommen und nicht mehr in den ländlichen Gebieten von den Familien versorgt werden. Viele können die steigenden Kosten von Sozial- und Gesundheitsversorgung nicht mehr bezahlen. Dementsprechend sind Ziele von sozialen Unternehmen die Schaffung von Arbeitsplätzen, Leistung von Sozial- und Gesundheitsdiensten sowie Armutsbekämpfung und Ausbildung. Das sozioökonomische und rechtliche Umfeld, das sich während des hervorgebracht, dessen Förderung zur wirtschaftlichen Wandels in China Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt. herausbildete, hat dazu geführt, dass Seit 2011 entstehen örtliche Zentren für sich soziale Unternehmen anders entÉconomie Sociale, und es werden zahlwickelt haben als in westlichen Länreiche regionale Verordnungen erlassen. dern. Die Liberalisierung der Märkte Es wird auch an einem nationalen Geerfolgte in China in vielfältiger Weise: setz gearbeitet. Inzwischen ist die ÉcoEinerseits gibt es vom Staat verannomie Sociale in Korea öffentlich und lasste Privatisierung und Kommerziakademisch anerkannt - als alternaalisierung von öffentlichen Dienstleistive Ökonomie, in der der Mensch und tungen sowie Versuche, einen Dritten nicht das Kapital im Mittelpunkt steht Sektor zu errichten, der stärker zur und Genossenschaftsgeist an die Stelle Lösung sozioökonomischer Probleme des Individualismus tritt. Verglichen beitragen kann. Zugleich entwickelt etwa mit Frankreich verlief die Entsich verstärktes Interesse des privawicklung in umgekehrter Reihenfolge. ten Sektors an der Übernahme soziZunächst kam es zur Förderung sozialer aler Verantwortung (Corporate Social Unternehmen, dann zur Anerkennung der Économie Sociale.
International
Bauern in China: Armutsbekämpfung als Ziel der Genossenschaften
Responsibility) und Wohltätigkeit. Internationale Akteure bemühen sich, das soziale Unternehmertum zu fördern. Der institutionelle Rahmen ist in China eindeutig weniger entwickelt als in westlichen Ländern. In der Tat gibt es nur in beschränktem Umfang – aber mit steigender Tendenz – finanzielle, intellektuelle und menschliche Ressourcen, obgleich man weiß, dass diese für die Entwicklung von sozialen Unternehmen entscheidend sind. Ferner zeigen die Daten, dass die sozialen Unternehmen in China besondere, relativ einmalige Charakteristika aufweisen, was ihren Rechtsrahmen, ihre Eigenart und ihre Arbeitsweise betrifft. Je nach der Rechtsform, die sie wählen, unterscheiden sie sich stark, was Fragen des Eigentums, der Beteiligung, den steuerlichen Status und die Verteilung der erwirtschafteten Ergebnisse anbelangt
Lücken im Gesetz und staatliche Eingriffe Auch wenn die in China geltenden Gesetze den sozialen Unternehmen einen gewissen Spielraum lassen, der es ihnen erlaubt, sich in unterschiedlicher Weise zu entwickeln, so gibt es doch schwerwiegende Lücken. Die Regelung von Eigentum und Beteiligung bei sozialen Unternehmen entspricht in der Regel dem herkömmlichen Typ oder ist halb-öffentlicher Natur (quasi-governmental), weit entfernt von kollektivem Privateigentum oder Eigentum der Beteiligten. Ferner genießen soziale Unternehmen ohne Gewinnstreben keine vorteilhaftere steuerliche Behandlung als Organisationen mit Gewinnstreben, was letzteren einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Ein weiteres
Problem ist, dass der Staat stark in die Leitung der Unternehmen eingreift, ohne die Interessen der Beteiligten hinreichend zu berücksichtigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in diesem Sektor ein demokratisches Führungsmodell entwickelt, ist deshalb gering. Daraus folgt, dass gewisse Kriterien, die vom internationalen Forschungsnetzwerk EMES als Charakteristika für die Économie Sociale vorgeschlagen wurden, in der gegenwärtigen chinesischen Organisationslandschaft keine Gültigkeit haben. Nach dem EMES-Ansatz ist eines der Hauptkennzeichen der Économie Sociale ihr relativ hoher Grad an Autonomie, während nach dem geltenden chinesischen Recht die beiden häufigsten Formen von NPOs genauestens vom Staat kontrolliert werden, zunächst bei ihrer Eintragung und danach durch jährliche Prüfung. Im Übrigen ist die partizipative Leitung in zahlreichen europäischen Sozialunternehmen einer der größten Beiträge des Netzwerks EMES zur Debatte über die Économie Sociale. In China hat eine hohe Anzahl von sozialen Unternehmen den Status einer NPO, weswegen die Investoren nicht notwendigerweise ihr Eigentum und ihre Arbeit mit den anderen Beteiligten und insbesondere mit den Begünstigten teilen. Aber auf mittlere Sicht könnte ein besser entwickelter Dritter Sektor wie die Économie Sociale in Frankreich dazu beitragen, die Lage zu verbessern.
Weniger Staat – mehr Gesellschaft Seit den 1990er Jahre haben sich in China etwa 600.000 soziale Unternehmen in den Bereichen Ausbildung, Forschung, soziale und industrielle Dienstleistungen und Umweltschutz entwickelt und 6,8 Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Nach Auflösung der ländlichen Kommunen entstanden unter einem neuen Gesetz rund 1,5 Millionen landwirtschaftliche Genossenschaften, die 42 Prozent der landwirtschaftlichen Haushalte erfassen. Der zwölfte Fünfjahresplan der kommunistischen Partei Chinas (2010 bis 2015) sah eine Steigerung der Investitionen in Ausbildung und ein innovatives Gesundheitswesen vor, wobei die Bürger zur aktiven Beteiligung und soziale Unternehmen zur Erwirtschaftung eigener Ressourcen ermutigt wurden. Trotz strenger Staatsaufsicht lautet die Devise: „Weniger Staat – mehr Gesellschaft“. Ein neues Gesetz über ausländische NGOs, das am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist und eine lange Liste von Bereichen enthält, die für ausländische NGOs verboten sind, schränkt deren Autonomie noch stärker ein als bisher. Ausländische NGOs werden nicht mehr vom Innenministerium, sondern von der Polizei kontrolliert. Sie müssen sich neu registrieren und haben zunehmend Schwierigkeiten, chinesische Partnerorganisationen zu finden, da diese ihrerseits Ärger mit den Behörden und stärkere Kontrollen vermeiden wollen.
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Kultur
Amazonas, Zuckerhut und ein Hauch Österreich Der mächtige Amazonas-Strom, das Architekturjuwel Brasilia, das kolonial geprägte Salvador und das bunte Rio: Brasilien ist fraglos ein Land der Superlative. Und wer es aufmerksam bereist, der stößt dabei auch auf Bezüge zu Österreich … Text & Fotos:
Anton Schmoll
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ahezu geräuschlos gleitet unser Boot dahin. Nur die Schreie wilder Affen aus dem nahen Dschungel durchbrechen die Stille. Wir befinden uns auf einem Seitenarm des Amazonas in Brasilien. Etwa 70 Kilometer oberhalb der Stadt Manaus erleben wir ein besonderes Naturparadies: die Anavilhanas-Inselgruppe inmitten des Rio Negro, der an dieser Stelle eine Breite von 27 Kilometern (!) hat. Es ist eines der größten Flussinsel-Archipele der Welt. Bei Niedrigwasser bilden sich hier auf einer Länge von 90 Kilometern rund 400 kleine Inseln, die vom Urwald überwuchert werden. Plötzlich wir die Stille auf dem Strom unterbrochen: „Da, ein Krokodil!“, ruft jemand. Tatsächlich sind es aber Krokodilkaimane, die sich hier im Wasser tummeln. Sie ähneln mit ihren Körperproportionen den echten Krokodilen, sind aber ungefährlich. Das meint zumindest unser Guide, und daher wagen einige ein Bad im Rio Negro. Ein besonderes Erlebnis ist auch die Wanderung durch den Dschungel. Der Guide geht mit einer Machete voraus und schlägt uns quasi den Weg frei. Er zeigt uns allerlei Tricks für das Überleben im Urwald - wie man Feuer macht oder aus bestimmten Zweigen Wasser gewinnen kann. 38
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Die Bäume ringsherum mit ihrer roten Rinde erinnern an den Ursprung des Namens „Brasilien“. Der geht nämlich auf das Brasilholz (pau brasil) zurück, dessen rote Farbe der Feuerglut (brasa) ähnelt. Dieses Holz hatte in der Kolonialzeit als Färbemittel in Textilmanufakturen eine große Bedeutung.
Manaus – Millionenstadt im Urwald Rund 20 Kilometer südöstlich von Manaus mündet de „schwarze Fluss“ in den Amazonas. Dieses Zusammentreffen bietet ein interessantes Naturphänomen: Die beiden Gewässer fließen zunächst elf Kilometer im gleichen Flussbett nebeneinander her. Vor allem aus der Luft ist die unterschiedliche Färbung der Gewässer gut zu erkennen. Die Ursache liegt einerseits in der unterschiedlichen Fließgeschwindigkeit (das trübe Wasser des Amazonas fließt viel schneller) und andererseits in den unterschiedlichen Temperaturen (der dunkle Rio Negro ist je nach Tageszeit um zwei bis sechs Grad wärmer).
Ein Juwel mitten im Regenwald: Die Oper von Manaus
Das Zusammentreffen der Flüsse wird auch durch das Steinmuster auf dem Platz vor der Oper in Manaus symbolisiert: Der Boden ist mit schwarz-weißen Steinen gepflastert, die ein Wellenmuster zeigen. Das Teatro Amazonas, das Opernhaus, wurde 1896 feierlich eröffnet und ist das bekannteste Gebäude der Stadt. Die Baumaterialien wurden allesamt importiert: Marmor aus Carrara, Glasleuchter aus Murano, Mobiliar aus Paris. Mit dem Luxus wollte man der ganzen Welt zei-
Kultur
gen, wozu man hier mitten im Dschungel imstande ist. Der Kautschukboom hatte aus dem einstigen Urwalddorf eine reiche Stadt gemacht.
Pantanal – Südamerikas Serengeti Ein Natur-Highlight der besonderen Art ist die Erkundung von „Südamerikas Serengeti“ – dem Pantanal, was so viel wie „Sumpflandschaft“ bedeutet. Der Weg dorthin führt über die bekannte Transpantaneira, die 145 Kilometer lang ist. Über staubige Pisten und viele wackelige Holzbrücken gelangen wir zu unserer Lodge in Porto Jofre. Ein idealer Ausgangspunkt, um die atemberaubende Tierwelt zu erkunden. Unzählige Arten teilen sich dieses 210.000 Quadratkilometer große Paradies: Man zählt hier rund 80 Säugetierarten und 50 Reptilienarten, dazu kommen noch 240 verschiedene Fischarten sowie 650 Vogelarten. Aus allernächster Nähe können wir die blauen Hyazinth-Aras dabei beobachten, wie sie mit Hilfe ihres starken Schnabels die steinharten Früchte der Acuri-Palmen öffnen. Auf ausgedehnten Bootstouren auf dem Rio Cuiaba dringen wir tief in das weltweit einzigartige, riesige Feuchtbiotop vor. Wir sehen Schlangenhalsvögel, die in der Sonne ihre Flügel zum Trock-
nen ausstrecken. Etwas weiter lauert ein Tukan vor dem Nest eines anderen Vogels, um dessen Eier zu stehlen. Am Ufer stolzieren die bekannten Jabiru-Störche. Im Wasser tummelt sich ein Rudel von Capivaras (Wasserschweinen), und im Schutz der Uferböschung verzehren Riesenotter ihre Fischbeute. Mit etwas Glück sollte es möglich sein, einen Jaguar, die größte Wildkatze Südamerikas, zu sehen, meint die Reiseleiterin. Denn an den Nebenflüssen des Rio Cuiaba leben viele dieser Tiere, die auf der Jagd nach ihrer Lieblingsbeute, den Wasserschweinen und Kaimanen, gern das Flussufer absuchen. Und tatsächlich: Als wir um eine Flussbiegung kommen, sehen wir in der Ferne auf einem sandigen Uferstreifen etwas, das sich bewegt. Es ist tatsächlich ein Jaguar, der sich hier eine Sandbank zum Ausruhen ausgesucht hat. Langsam und leise nähern wir uns mit dem Boot, um ihn gut sehen zu können. Majestätisch liegt die Großkatze in der Sonne vor uns und gewährt genügend Zeit für Fotos. Dann erhebt sich der Jaguar und marschiert zum nahen Gebüsch, um sich ein schattiges Plätzchen zu suchen. Große Stille – aber vor allem Ehrfurcht und Freude im ganzen Boot.
Brasilia – die Metropole vom Reißbrett Szenenwechsel: Nach der unberührten Natur geht es auf das zent-
rale Hochplateau im Landesinneren zu moderner Architektur. Brasilia steht auf dem Programm, die einzige Hauptstadt der Welt, die im 20. Jahrhundert entstanden ist. Innerhalb von vier Jahren wurde die am Reißbrett entworfene Metropole Ende der 50er Jahre von 50.000 Arbeitern im Niemandsland aus dem Boden gestampft. Bereits der Grundriss der „Innenstadt“ birgt eine Kuriosität: Er sieht von oben aus wie ein Flugzeug und ist symmetrisch angelegt. Geplant wurde die Stadt von Lucio Costa und Oscar Niemeyer, dessen moderne und außergewöhnliche Architektur das ganze Stadtbild prägt. Als ein Meisterwerk von Niemeyer gilt die Kathedrale mit ihren vielen symbolischen Elementen: Die kühne Konstruktion wird von 16 Betonrippen getragen, welche die Dornenkrone Christi symbolisieren. Links von der Kathedrale befindet sich eine riesige Betonscheibe als Symbol für die Hostie und rechts ein hoch aufragender Kelch.
Salvador – zurück in die Kolonialzeit Nach der Besichtigung der neuen Hauptstadt führt uns die Reise in die erste Metropole und damit quasi zur Wiege des Landes: In Salvador da Bahia beginnt die Geschichte Brasiliens. 1501 ging hier Amerigo Vespucci an Land, und 1549 wurde die Stadt vom Vertreter des portugiesischen Königs als Sitz der
Vielfältige Tierwelt im Pantanal: ein Schlangenhalsvogel, ein Jaguar und ein Riesenotter cooperativ 1/17
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Kultur
blusen und stark aufgebauschten Röcken sehen. Aber auch in der Küche, der Religion und der Musik ist die Kultur der Afrobrasilianer spürbar. Auf manchen Plätzen können wir Vorführungen der akrobatischen Capoeira-Tänzer verfolgen. Capoeira ist eine aus den alten Stammestänzen der verschleppten Schwarzen entwickelte und von den Weißen gefürchtete waffenlose Kampftechnik. Tanz und Musik verleihen der Stadt eine ganz besondere Atmosphäre. Auch am Abend liegt überall Musik in der Luft: Da sind zum Beispiel die Umzüge der vielen Trommlertruppen. Wenn sie in einem ungeheuer schnellen Rhythmus und mit gewaltiger Kraft ihre Instrumente bearbeiten, bebt
Kolonialverwaltung gegründet. In der Folge blieb Salvador bis 1763 die Hauptstadt von Brasilien. Die historische Altstadt wurde aufwendig restauriert. Neben den bunten Herrschaftshäusern aus der Kolonialzeit befinden sich etliche Kirchen mit dem typisch portugiesischen Barockstil. So ist die Franziskanerkirche aus dem 18. Jahrhundert gemessen an der Blattgoldverzierung die reichste Kirche Brasiliens. Ein besonderer Höhepunkt ist das Stadtviertel Pelourinho, benannt nach dem Pranger, an dem die Sklaven früher ausgepeitscht wurden. Das Wahrzeichen ist die blaue „Kirche der Schwarzen“ (Nossa Senhora do Rosario dos Petros), die von den Sklaven und freien Schwarzen aus eigenen Mitteln erbaut wurde. Das alles erinnert an die dunkle Epoche der Sklaverei: Von den knapp zehn Millionen Westafrikanern, die ab dem 16. Jahrhundert als Sklaven auf den Plantagen der Neuen Welt arbeiten mussten, wurden knapp vier Millionen nach Brasilien gebracht, viele davon nach Salvador. In kaum einer anderen Region des Landes ist daher der afrikanische Einfluss so stark sichtbar. So kann man auf den Straßen Frauen mit bunten Turbanen, in weißen Spitzen-
Lebenslustige Frauen auf den Straßen von Salvador
Denkmal für Kaiserin Leopoldine von Österreich
Das Stadtviertel Pelourinho mit der „Kirche der Schwarzen“
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Meisterwerk der Architektur: Die Kathedrale von Brasilia
Kultur
Buntes Rio: Keramikkunst auf der Escadaria Selarón
Die Schattenseite von Rio: Favelas schmiegen sich an die Hänge
fast die Erde. Bis spät in die Nacht wird an vielen Plätzen getanzt. Alle, Einheimische wie Touristen, lassen sich mitreißen, es herrscht eine unglaubliche fröhliche Stimmung.
Ähnlich wie die Kletterpflanze siedeln sich die Armen in Rio an den Bergen an und klettern diese gleichsam hoch. Ihre Unterkünfte bestehen zunächst aus Materialien, die der Müll hergibt, wie Kistenbrettern, Blechkanistern und Palmwedeln. Nach und nach bauen die Bewohner, die über keinen legalen Grundbesitz verfügen, stabile, kleine Häuser. Diese werden von der Stadtverwaltung entweder demoliert oder aber toleriert und später mit Infrastruktur ausgebaut. Wer Geld hat, bezahlt für Strom, ansonsten zapft man das öffentliche Stromnetz an.
Licht und Schatten in Rio Ebenfalls eine unbeschreibliche Stimmung – wenn auch durch die um vieles größeren Dimensionen eine völlig andere - erleben wir in Rio de Janeiro. Wahrscheinlich sind es die tropische Umgebung, der Multikulti-Mix der Bewohner, die heißen Rhythmen an nahezu jeder Straßenecke, die allgegenwärtige Fußballbegeisterung und natürlich die weltbekannten Sehenswürdigkeiten, welche die Faszination der Stadt ausmachen. Rio ist mehr als Zuckerhut, Christusstatue und Copacabana. Das wird einem erst bewusst, wenn man die Stadt zu Fuß erkundet – oder mit der historischen Straßenbahn. Sie bringt uns in das Viertel Santa Teresa. Im 18. und 19. Jahrhundert suchten in den Hügeln reiche Cariocas Zuflucht vor der Sommerhitze. Heute befindet sich hier ein Künstlerzentrum mit vielen Galerien und Kuriositäten. Ebenfalls unkonventionell ist die Escadaria Selarón. Der aus Chile stammende Keramikkünstler Jorge Selarón hat eine Treppe mit Hunderten von Fliesen aus rund 60 Ländern gestaltet. Auch „unsere Sisi“ ist auf den Fließen verewigt. Doch Rio hat auch Schattenseiten: Dass hier viele Menschen in Armut leben, lässt sich an den Elendsvierteln, den Favelas, ablesen. Die Bezeichnung kommt von einer brasilianischen Kletterpflanze, die den Namen Favela trägt.
Petrópolis – Stadt mit Österreichbezug 66 Kilometer nördlich von Rio liegt das kleine Städtchen Petrópolis. Weit weg von der Heimat entdecken wir hier in mehrfacher Hinsicht einen Bezug zu Österreich. So wurde Petrópolis 1825 von deutschsprachigen, insbesondere Tiroler Einwanderern gegründet. Im Jahre 1843 ließ Kaiser Dom Pedro II. dort seinen Sommersitz erbauen, weil das Klima im Vergleich zum heißen Rio wesentlich angenehmer war. Die Mutter des Herrschers stammte aus Wien: Maria Leopoldine von Österreich, eine Tochter von Kaiser Franz I. Am 6. November 1817 fand die prachtvolle Trauung von Leopoldine und Kronprinz Dom Pedro I. statt. Über die anfangs noch harmonische Ehe legte sich später ein düsterer Schatten: Der Kaiser hatte auf einer Reise eine Frau kennengelernt, die er bei Hofe offiziell als seine Geliebte einführte. Die persönlichen Auseinandersetzungen des Kaiserpaares steigerten sich derart, dass
Pedro auch nicht mehr davor zurückschreckte, Leopoldine zu schlagen. Am 1. Dezember 1826 soll er seine schwangere Frau während eines Streits so sehr verletzt haben, dass dadurch eine Frühgeburt ausgelöst wurde. Sie starb nur zehn Tage später im Alter von 29 Jahren. Ebenfalls ein tragisches Ende im fernen Brasilien fand ein anderer Österreicher - nämlich Stefan Zweig. Er stammte aus einer großbürgerlich-jüdischer Familie und floh im Jahre 1934 vor den Nazis nach London. 1936 kam er nach dem PEN-Kongress in Buenos Aires, wo er umjubelt wurde, nach Brasilien. Hier wurde ihm ein permanentes Aufenthaltsvisum angeboten. Anfangs lebte er mit seiner zweiten Frau Lotte Altmann in Rio, doch schon bald zogen sie weiter nach Petrópolis. Kein anderes Land begeisterte den Kosmopoliten Zweig mehr als Brasilien. Mitten im Zweiten Weltkrieg, auf dem Höhepunkt der Selbstzerstörung Europas, war er fasziniert von der natürlichen Schönheit und vor allem von der friedlichen Lebensweise, der Toleranz und Offenheit der Menschen. Doch als Heimatloser plagte ihn die Schwermut. In der Nacht vom 22. zum 23. Februar 1942 schied er mit seiner Frau freiwillig aus dem Leben. Aus Begeisterung über ein Land, in dem von Rassenkonflikten nichts zu spüren war, und aus Dankbarkeit, Schutz gefunden zu haben, schrieb Zweig das Buch „Brasilien – Ein Land der Zukunft“. Und er kam zu dem Schluss: „Wer Brasilien wirklich zu erleben weiß, der hat Schönheit genug für ein halbes Leben gesehen.“ Wie wahr.
Tonbildschau Brasilien Donnerstag, 30. März 2017 Beginn: 19 Uhr Gewerbehaus Rudolf-Sallinger-Platz 1 1030 Wien Anmeldung: anton.schmoll@aon.at
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Sport
Hart am Wind die
Erde umsegeln
Die Vendée Globe hat klare Regeln und eine klare Mission: allein, nonstop und ohne Hilfe von außen möglichst schnell um die Erde zu segeln. Der Kurs: von West nach Ost auf der Südhalbkugel unterhalb von Kap der guten Hoffnung, Kap Leeuwin und Kap Hoorn. Und ganz vorne ein Boot der französischen Volksbanken. Text: Hermann Fritzl Fotos: Olivier Blanchet , Jean-Louis Carli und Vincent Curutchet, DPPI
Die „Banque Populaire VIII“ beim Start der Regatta
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er antarktische Zirkumpolarstrom ist der gewaltigste und gleichzeitig unbekannteste Strom unseres Planeten. Der Atlantik, der Indische Ozean und der Pazifik führen ihm ihre Wassermassen zu. Er ist einer der Hauptverantwortlichen für das Erdklima und wird bei der Vendée Globe als Rollband Richtung Osten genutzt. Mit einer Breite von 1.000 Kilometern und einer Länge von 24.000 Kilometern transportiert er 150 Millionen Tonnen Wasser pro Sekunde, 150-mal mehr als alle Flüsse der Erde zusammen. An seiner Oberfläche ist er windgepeitscht, wild und gefährlich, seine Wellen und Brecher sind bei Seefahrern gefürchtet. In der Tiefe fließt er mit einem gemütlichen Tempo von etwa einem Kilometer pro Stunde, für die Erdumrundung braucht er drei Jahre. Der Bretone Armel le Cléac’h, Spitzname “Schakal”, schaffte das jetzt mit seiner Rennyacht „Banque Populaire VIII“ im Rekordtempo von 74 Tagen, drei Stunden, 35 Minuten und 46 Se42
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kunden. Sir Robin Knox-Johnston, der erste Nonstop-Weltumsegler, benötigte noch 313 Tage. Das war 1969, das Rennen hieß Golden Globe und war der Vorläufer der Vendée Globe, die seit 1989 alle vier Jahre stattfindet. Start und Ziel ist Les Sables d’Olonne in der Bretagne. Das aktuelle Rennen wurde am 6. November gestartet, nach rund 44.000 Kilometer erreichte der 39-jährige Le Cléac’h am 19. Jänner als Erster wieder den Ausgangspunkt. Er war mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,6 Stundenkilometern unterwegs. Die Arme hochgerissen, ein breites Lächeln im Gesicht: So passierte der Bretone die Ziellinie. Die nächste Geste galt seinem Boot „Banque Populaire VIII“: Le Cléac‘h küsste das Deck unmittelbar nach dem Zieldurchgang. Er hatte sich einen harten Kampf mit dem Briten Alex Thomson geliefert, lag einige Zeit zurück, konnte seinen Hauptkonkurrenten aber schließlich um 16 Stunden abhängen.
Kurzschlaf neben startendem Düsenflugzeug Wenn die 18 Meter langen und 5,85 Meter breiten Rennyachten in eine Welle krachen, wird es unter Deck laut, richtig laut, bis zu 120 Dezibel. Startende Düsenflugzeuge oder Presslufthämmer liegen in diesem Bereich. Bei Musikveranstaltungen beginnt die Pegelbegrenzung zum Schutz vor Gehörschäden bei 95 Dezibel. Der durchschnittliche Lärm auf den Booten liegt bei 90 Dezibel, Stunde um Stunde, Tag um Tag, monatelang. Aggressive Basslaute, die von den Tragflächen und Schwertern herrühren, aber auch vom Wasser, das gegen den Rumpf schlägt, übertragen sich direkt auf den Körper. Dazu kommt der Schlafmangel, mehr als zwei Stunden am Stück gehen sich nicht aus, die Skipper müssen wachsam sein. Durchschnittlich alle 45 Minuten müssen Kurs, Segelstellung und Systeme an Bord kontrolliert werden. Ständige Übermüdung ist die Folge.
Sport
Armel le Cléac’h allein auf seinem Boot auf hoher See
Apathie, Kopfweh, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Niedergeschlagenheit, plötzliches Wegdösen kennzeichnen die Seekrankheit, die alle ein- oder mehrmals heimsucht. Wochenlanges Kreuzen in gefährlichen Gewässern, bleigraues Wasser unter bleigrauem Himmel verstärken die Einsamkeit. Stürme, Kälte, Flauten, ohrenbetäubender Lärm, Tonnen von Wasser über Deck laufend, aufgrund des Schlafentzugs Tendenz zu negativen Gedanken, daher ständig Ängste vor Verletzungen, Ausfall des Autopiloten, Kollisionen mit Eisbergen, Treibgut und Fischerbooten ohne Radarreflektoren, Materialproblemen samt Bruch des 28 Meter hohen Mastes, falscher Wettereinschätzung und daraus folgend falscher Navigation: drei Monate körperliche und mentale Extremsituation. Und nur im Notfall medizinische Hinweise via Satellitentelefon durch den VendéeGlobe-Arzt Jean-Yves Chauve, einem Spezialisten für Fernbetreuung. Mehr Hilfe von außen darf nicht sein.
„Banque Populaire VIII“ für Regatta neu konstruiert Aus dem America‘s Cup kennt man die Boote mit den Tragflügeln, die knapp über der Wasseroberfläche fliegen. „Banque Populaire VIII“ zählt zu sechs
Geschafft: In 74 Tagen, drei Stunden, 35 Minuten und 46 Sekunden einmal um die Erde
Das Siegerboot im Hafen von Les Sables d’Olonne
von 29 teilnehmenden Yachten, die für die Vendée Globe 2016/17 neu konstruiert und beflügelt wurden. Im Gegensatz zu einem „echten“ Foiler hebt nur der vordere Bereich zwischen Bug und Kielansatz ab. Diese Konstruktion bringt bis zu 15 Prozent mehr Geschwindigkeit. Neue Skipper-Fähigkeiten sind dabei gefragt: Die Flügelboote werden mit mehr Wind noch schneller, bremsen aber abrupt ab, wenn der Wind plötzlich nachlässt. Materialbrüche können die Folge sein, aber auch die Verletzungsgefahr an Bord steigt, da die Decks mit gewaltigen Mengen an Wasser überschüttet werden. Daher gehören zur persönlichen Ausrüstung jetzt auch
Helme, Knie-, Arm- und Schulterprotektoren, wie sie Football-Spieler tragen. Einhand- oder Solo-Segeln zählt in Frankreich zu den drei populärsten Sportarten. Die französischen Volksbanken sponsern seit langem und überaus erfolgreich Rennboote. Die aktuelle Kampagne samt Bootsbau soll an die sechs Millionen Euro gekostet haben, der Imagetransfer dürfte sich ausgezahlt haben. In Frankreich ist der „Schakal“ mit „Banque Populaire VIII“ ein Nationalheld. Tipp: Eindrücke, von dem, was auf diesen Rennyachten los ist, gibt’s im VendeeGlobeTV auf Youtube.
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Sport
Das war der Goldi Talente Cup 2017 Früh übt sich, wer ein echter Weitenjäger werden will: Im Rahmen des Goldi Talente Cups konnten auch diesen Winter wieder mutige Mädels und Burschen zwischen sechs und zehn Jahren zum ersten Mal Schanzenluft schnuppern. Hier die besten Fotos. Text: Günther Griessmair Fotos: Red Bull Content Pool, Volksbank
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wischen 14. Jänner und 11. Februar tourte Andreas Goldberger mit seinem Talente Cup durch Österreich – mit Stationen in Ramsau, Bischofshofen, Hinzenbach, Villach und Kitzbühel. Seine Mission: möglichst viele Kinder für den Skisprung-Sport zu begeistern. Goldberger stand den Jungadlern bei ihrer Schanzenpremiere höchstpersönlich mit Rat und Tat zur Seite. Die schlugen sich prächtig: „Die Begeisterung der Kinder war unheimlich groß, und ich habe auch einige echte Talente gesehen“, lobte Goldberger, der die „Talentsuche“ bereits seit 2008 durchführt. Unterstützt durch namhafte Skivereine stellt der Talente Cup eine wichtige Basis für die Nachfolge der derzeitigen Weitenjäger im Skispringsport dar. Auch die österreichischen Volksbanken waren von Beginn an als Partner dabei. „Die Förderung von Kindern im Sport ist uns ein großes Anliegen. Auch die Unterstützung der Skispringer hat Tradition. Der Talente Cup vereint beides und passt obendrein perfekt zur unserer Philosophie, die vieles möglich macht“, so VOLKSBANK-WIEN-Pressesprecher Wolfgang Layr.
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Sport
Leiberl statt
Anzug und Krawatte
Kompetent in Geld- und Finanzfragen sind sie alle, die Mitarbeiter der neuen regionalen Volksbanken. Aber wer kann auch mit dem runden Leder umgehen? Die Antwort gab’s beim Hallencup im Ried.
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ass sich die Volksbanken im Rahmen eines Hallencups um die Fußball-Krone matchen, hat im Verbund eine lange Tradition, die auch 2016 fortgeführt wurde. Die Mannschaften der Volksbanken aus Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien kämpften am 26. November in Ried im Innkreis um den Sieg. Am Ende setzte sich diesmal das Team der VOLKSBANK WIEN mit einem knappen 1:0-Finalsieg durch. Damit steht auch fest, dass der Hallencup heuer in der Bundeshauptstadt stattfinden wird. Mit der Planung wird demnächst begonnen, wird versichert. Die Fußball-Teams der Volksbanken freuen sich jetzt schon auf zahlreiche Fans, Zuschauer und Unterstützer.
Das Team der VOLKSBANK WIEN beim Turnier …
… und mit dem Siegerpokal cooperativ 1/17
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Chronik
ÖGV
Neuer Vorstand für Revision
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er Österreichische Genossenschaftsverband hat einen neuen Vorstand für den Bereich Revision. Am 1. Jänner trat Robert Makowitz sein Amt im ÖGV-Haus in der Löwelstraße an. Der 41-jährige Salzburger ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Mit der genossenschaftlichen Revision ist der studierte Jurist bestens vertraut: 2002 begann er seine Karriere beim Raiffeisenverband Salzburg, wo er ab 2007 als Revisor und Bankprüfer für die Primärebene der Raiffeisenbanken sowie als Revisor und Konzernprüfer für sektorfremde Produktions- und Handelsbetriebe zuständig war. „Ich freue mich auf die neue Herausforderung beim ÖGV, der dank kompetenter Mitarbeiter jetzt schon sehr hohe Qualitätsstandards bei der Revision gewährleistet“, so der neue Vorstand beim Amtsantritt.
Verbandstag bekräftigt gemeinsame Zukunft Die Zeichen standen auf Sturm, aber am Ende wurde das Einende vor das Trennende gestellt: Die Mitglieder des ÖGV haben sich bei ihrem außerordentlichen Verbandstag am 16. Dezember klar zu einer gemeinsamen Zukunft innerhalb des Verbandes bekannt.
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amit wird der ÖGV auch weiterhin ein starker Partner für alle Mitglieder, sowohl für die Volkbanken als auch für die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften, sein und dabei sich bietende Synergien in den Bereichen Revision, Beratung und Interessenvertretung optimal nutzen. Einstimmig beschlossen wurde am Verbandstag eine Satzungsänderung, welche den Bedenken des Wirtschaftsministeriums, der Aufsichtsbehörde des ÖGV, Rechnung trägt. Dazu wird eine neue Möglichkeit der Mitgliedschaft für Banken außerhalb des Kreditinstitute-Verbundes geschaffen, welche sich auf die reine Pflichtrevision beschränkt. Gestärkt wurde in der Satzung auch die Rolle des Verbandstags, der nunmehr auch das Recht hat, Vorstandsmitglieder aus wichtigem Grund per Mehrheitsbeschluss abzuberufen. Auf Initiative von Interimspräsident Gerhard Hamel wurde zudem eine Reform-Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein faires Kräfte- und Leistungsverhältnis zwischen den beiden Mitgliedergruppen im ÖGV sicherstellen soll. Diese Gruppe, der Vertreter der Banken und Warengenossenschaften sowie Mitarbeiter des ÖGV angehören, hat auch bereits mehrfach getagt. „Wir haben gemeinsam einen sachlichen Weg gefunden, auf dem wir in eine erfolgreiche Zukunft gehen wollen“, gab Hamel nach dem Verbandstag die Marschrichtung vor.
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Interimspräsident Gerhard Hamel (rechts neben Vizepräsident Anton Kovsca) ebnete den Weg für einen Kompromiss
Reges Interesse der Mitglieder: Der Veranstaltungssaal des ÖGV war bis zum letzten Platz gefüllt
Chronik
Volksbanken & Union Investment
Erfolgreiche Partnerschaft geht ins zweite Jahr Im aktuellen Umfeld historisch niedriger Zinsen lassen sich mit ausschließlich sicherheitsorientierten Anlagestrategien kaum mehr nennenswerte Erträge realisieren. Nach Abzug der Inflation drohen reale Vermögensverluste, was die meisten Anleger zum Umdenken zwingt. Investmentfonds bieten zahlreiche Möglichkeiten. Gute Vorzeichen für die nunmehr seit gut einem Jahr bestehende Partnerschaft des Volksbanken-Verbundes mit Union Investment, die man getrost als Erfolgsgeschichte bezeichnen kann. „Wir haben die enge Zusammenarbeit mit Union Investment unter der Prämisse gestartet, dass wir unseren Kunden nur die für sie besten Fondsprodukte anbieten möchten. Ausschlaggebend hierfür ist neben der Größe und Erfahrung des Fondsunternehmens auch dessen Werteausrichtung – die zu unserer passen muss. Diesen Anspruch erfüllt Union Investment wie kein zweites Unternehmen am Markt. Bester Beweis sind die Auszeichnungen Fondsgesellschaft des Jahres 2017 sowie das gute Abschneiden bei den EuroFund-Awards 2017 des deutschen Finanzen Verlages und die kürzlich zum bereits 15. Mal in Folge vergebene Höchstnote von fünf Sternen der deutschen Zeitschrift ‚Capital‘. Gepaart mit unserer Beratungskompetenz können wir unseren Kunden so einen wirklichen Mehrwert bieten“, erklärt VOLKSBANK-WIEN-Generaldirektor Gerald Fleischmann. Union Investment gehört mit einem gemanagten Vermögen von rund 290 Milliarden Euro und über vier Millionen Kundendepots (Stand Dezember 2016) zu den größten Fondsanbietern am deutschen Markt. Und diesen Erfolg setzt das Unternehmen nun mit den österreichischen Volksbanken fort. Insgesamt konnten diese im letzten Jahr gemeinsam mit Union Investment im Privatkundengeschäft einen Bruttoabsatz in Fondspro-
dukten von rund 530 Millionen Euro erzielen. Der aktuelle Bestand österreichischer Privatanleger liegt bei rund zwei Milliarden Euro. Die Zahl der Sparpläne in Investmentfonds konnte mithilfe einer groß angelegten Kampagne innerhalb des letzten halben Jahres um ca. 40 Prozent gesteigert werden und liegt nun bei mehr als 33.000 Stück (Stand Februar 2017). „Das Sicherheitsbedürfnis der Anleger ist nach wie vor hoch und Vorbehalte gegenüber chancenreicheren Anlageformen wie Aktien noch immer vorhanden. Ein Schwerpunkt, auf den wir daher bei den österreichischen wie deutschen Anlegern setzen, sind unsere Multi-Asset-Lösungen, bei denen man mit einem einzigen Fonds auf mehrere Anlageklassen setzt und somit sein angelegtes Vermögen auf unterschiedliche Säulen stellt. Zusätzlich stellt der kontinuierliche Vermögensaufbau mit Fondssparplänen eine wichtige Komponente in der Anlagestruktur dar – die moderne Umsetzung des Spargedankens also. Eine Strategie, die funktioniert“, freut sich Marc Harms, Landesdirektor von Union Investment Austria. Beim „immofonds 1“ stieg das Kundeninteresse im letzten Jahr ebenfalls spürbar an. „Trotz der großen Nachfrage haben wir hier die Zuflüsse konsequent gesteuert, um die Qualität des Fonds weiter zu steigern. Das bedeutet:
Kampagnenmotive aus dem ersten Jahr der Partnerschaft
Wir nehmen bei zu starken Zuflüssen so lange kein neues Geld mehr an, bis die Liquidität im Fonds durch den Kauf neuer Objekte bzw. durch Projektentwicklungen wieder in einem günstigen Verhältnis zum in Immobilien investierten Kapital steht. Denn die Qualität steht ganz klar an erster Stelle“, erläutert Harms den Grundgedanken des offenen Immobilienfonds, der seinen Fokus auf vielversprechende österreichische und deutsche Gewerbeimmobilien setzt. „Die Ergebnisse der erfolgreichen Zusammenarbeit zeigen, dass einerseits der Bedarf der Menschen in Österreich an qualitativ hochwertigen und zeitgemäßen Anlageformen vorhanden ist und andererseits diese starke Partnerschaft das Vertrauen der Anleger ganz besonders genießt“, so Fleischmann.
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Chronik
Volksbank Wien
Im Dialog mit den Eigentümern Mit einem neuen Veranstaltungsformat ist die VOLKSBANK WIEN am 24. Februar an die Funktionäre der Verwaltungsgenossenschaften herangetreten: Im Rahmen des Eigentümerdialogs informierte der Vorstand der Bank über Ziele, Strategien und geplante Maßnahmen. Aber auch Anregungen der Eigentümervertreter waren gefragt. Die Veranstaltung soll in Zukunft halbjährlich stattfinden.
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s waren erfreuliche Ergebnisse, die Generaldirektor Gerald Fleischmann den Teilnehmern in Baden präsentieren konnte. Die Kombination aus ausreichender Liquidität – derzeit liegt rund eine Milliarde Euro bei der EZB bereit – und einer Kernkapitalquote von über zwölf Prozent ermögliche es der Volksbank, verstärkt zu finanzieren. „Damit können wir wieder voll und ganz unserer volkswirtschaftlich so wichtigen Aufgabe nachkommen, Geld aus der Region für Finanzierungen in der Region bereitzustellen“, so Fleischmann. Den Erfolgskurs habe zuletzt auch die Ratingagentur Moody’s mit der Investment-Grade-Benotung bestätigt. Daher könne sich die Bank – sofern das irgendwann benötigt werde - auch wieder am Kapitalmarkt refinanzieren. Ein klares Signal an die Kunden, aber auch an alle Mitarbeiter, dass die Volksbank verstärkt finanziert, sei die im Herbst lancierte KMU-Milliarde, die offenbar auf starke Nachfrage am Markt trifft: 300 Millionen Euro an Firmenkrediten konnten im Rahmen der Aktion bereits vergeben werden, wie Fleischmann in Baden bilanzierte. Ein ähnlicher Impuls soll nun mit der Wohnbau-Milliarde für alle Häuslbauer gesetzt werden. Zur künftigen Strategie führte Fleischmann aus, man wolle zwar auch ein umfassendes Digitalservice bieten – Stichwort Omnikanal-Banking -, bei Finanzierung und Wertpapierberatung setze man aber weiter auf die Filiale und die persönliche Beratung. Fleischmann: „Wir wissen, dass die Kunden wegen der kompetenten Berater zu uns kommen.“ Bei den Filialen will er mit Kompetenzzentren punkten, mit acht bis zehn Mitarbeitern besetzte Geschäftsstellen, die das nötige Expertenwissen für die komplette Produktpalette der Volksbank anbieten können. Aktuelle Geschäftszahlen präsentierte dann Finanzvorstand Rainer Borns, wobei hier neben dem Anstieg des harten Kernkapitals besonders die Rückzahlungen an die Republik NÖ-Landtagspräsident Franz Gartner hieß als Gastgeber die Teilnehmer willkommen 48
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Chronik
Österreich hervorstechen, mit denen man weit über Plan liegt. Über 50 von insgesamt 300 Millionen wurden bereits auf das Konto des Finanzministers überwiesen. Abschließend brach Marktfolge-Vorstand Josef Preissl eine Lanze für die Genossenschaften. Durch sie werde wertvolles Know-how über die Regionen in die VOLKSBANK WIEN getragen. Umgekehrt seien die Genossenschaften das Sprachrohr der Bank vor Ort. „Die Volksbanken haben überlebt, weil sie in den Regionen verankert sind“, so Preissl. Ein weiterhin aktives Genossenschaftswesen wünscht sich auch Generaldirektor Fleischmann, der die Gewinnung neuer Mitglieder auf seine Agenda genommen hat.
Der Veranstaltungssaal der Volksbank in Baden war gut gefüllt
Eine zukunftsweisende Partnerschaft Neue Hoffnung für Krebspatienten durch eine echte Innovation in der Therapie: Mit MedAustron unterstützt die VOLKSBANK WIEN ein einzigartiges Vorzeigeprojekt im Industrieviertel.
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erte, Menschen, Umwelt: Getreu diesem Motto unterstützt und finanziert eine der erfolgreichsten und innovativsten Regionalbanken Österreichs in einer pulsierenden Region eines der spannendsten und nachhaltigsten Projekte im medizinisch-technischen Bereich der Geschichte. Dadurch manifestiert sich das aktive Management der unternehmerischen Verantwortung für Ökonomie, Ökologie und Soziales.
MedAustron ist ein österreichweit einzigartiges Krebsbehandlungs- und Forschungszentrum in Wiener Neustadt, das heuer den Patientenbetrieb aufgenommen hat. Das Ionentherapiezentrum im Industrieviertel wird eine innovative Behandlungsform für Krebserkrankungen anbieten. CFO Alfred Zens: „Mit der VOLKSBANK WIEN konnte ein regionaler und verlässlicher Partner gewonnen werden, welcher auf Grund seines umfassenden Nachhalcooperativ 1/17
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tigkeitsmanagements eine besonders hohe Affinität zu unserem Unternehmen hat.“ Die Therapiemethode basiert auf den besonderen physikalischen Eigenschaften von Ionen. Beim Eindringen von geladenen Teilchen in das menschliche Gewebe geben diese Energie ab. Je langsamer sie werden, desto höher ist der Energieverlust, der kurz vor dem annähernden Stillstand seinen Höhepunkt erreicht („Bragg-Peak“). Das macht sich die Ionentherapie zu Nutze: Dadurch kann die maximale Energieabgabe genau auf den Bereich der Tumorerkrankung fokussiert werden. Die freiwerdende Energie verursacht Schäden an der DNA der Krebszellen, was aufgrund der weitaus schlechteren Regenerationsfähigkeit von Krebszellen (im Vergleich zu gesunden Zellen) letztlich zur Zerstörung des Tumors führt. Photonen, die in der herkömmlichen Strahlentherapie eingesetzt werden, geben auf ihrem Weg zum Tumor wie auch vom Tumor weg Strahlendosis ab. Anders verhält es sich bei der Ionentherapie: Hier deponieren geladene Teilchen in Form von Protonen oder Kohlenstoffionen mehrheitlich ihre Energie direkt im Tumor. Einerseits können dadurch Nebenwirkungen und Langzeitschäden minimiert werden, andererseits kann die Strahlendosis bei aggressiven Tumoren erhöht werden. Die Ionentherapie kann helfen, wenn ein Tumor etwa besonders strahlenresistent ist oder an einer schwierig zu behandelnden Stelle im Körper liegt. Dabei versteht sich die Ionentherapie als komplementär zur konventionellen Strahlentherapie für Krebserkrankungen. Mediziner haben damit eine zusätzliche Option, die sie in Betracht ziehen können, wenn es um die beste individuelle Behandlung für jede Patientin und jeden Patienten geht. Die Ionentherapie, insbe50
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Fotos: Thomas Kästenbauer
Chronik
MedAustron-CFO Alfred Zens (rechts) gibt Regionaldirektor Martin Heilinger einen Überblick, was das Ionentherapiezentrum zu bieten hat
sondere die Behandlung mit den bisher noch nicht so verbreiteten Kohlenstoffionen, eröffnet außerdem neue Perspektiven für bisher schwer behandelbare Tumoren. Volksbank-Regionaldirektor Martin Heilinger: „Als stärkste Volksbank Österreichs ist uns die regionale Partnerschaft mit diesem Leitbetrieb des Industrieviertels ein besonderes Anliegen. Engagement für Unternehmer und mit Unternehmern zählt zu unseren Kernkompetenzen.“
Chronik
Unterstützung für Skispringer Lukas Müller Rating auf Investment Grade angehoben
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ie erfolgreiche Neustrukturierung der Volksbanken wird nun auch von den Ratingagenturen honoriert: Nachdem Moody’s bereits im Februar das Rating der VOLKSBANK WIEN auf „Baa2“ angehoben hatte, gab es Anfang März auch von Fitch eine Verbesserung des langfristigen Emittenten-Ratings von „BB+“ auf „BBB-“. Die neue Fitch-Einstufung mit Investment Grade gilt für den gesamten Volksbanken-Verbund. Der Ausblick ist für beide Ratings positiv. Als Grund für das bessere Rating nennt Fitch die fast vollständig umgesetzte neue Verbundstruktur, durch welche die Qualität der Aktiva verbessert und die Ertragslage stabilisiert wurde. Die stärkere Zentralisierung und die zahlreichen Fusionen haben laut Fitch den Zusammenhalt zwischen den Volksbanken erhöht und das Risikomanagement verbessert. „Es ist ein schöner Erfolg, dass zwei Ratingagenturen innerhalb kurzer Zeit die Volksbanken positiv beurteilen. Wir haben in den letzten 18 Monaten sehr viele Maßnahmen gesetzt, um jetzt in einer neuen, soliden Struktur fit für die Zukunft zu sein“, so Generaldirektor Gerald Fleischmann, der die Ratings auch als Auftrag versteht: „Die Agenturen bestätigen die solide Position der Volksbanken. Nach vielen organisatorischen Änderungen können wir uns jetzt wieder auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren: Kredite vergeben. Sowohl für Privatkunden als auch für KMUs wollen wir zur Hausbank werden, die Wohnraum ebenso finanziert wie Investitionen oder Betriebsmittel.“
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ersprechen eingelöst: Generaldirektor Gerald Fleischmann hat gemeinsam mit dem Sponsoring-Verantwortlichen der OMV einen Therapie-Scheck in der Höhe von 15.000 Euro an den Kärntner Skispringer Lukas Müller (Bildmitte) übergeben. Die beiden Sponsoren hatten sich im Jänner 2016 am Kulm dazu bereit erklärt, den Sportler nach seinem schweren Unfall finanziell zu unterstützen. Müller war bei einem Trainingsdurchgang schwer gestürzt und leidet seitdem an einer inkompletten Querschnittslähmung. Sein Haus musste daher umgebaut und behindertengerecht gemacht werden. Dank der Reha konnte er bereits große Fortschritte machen, er kann bereits kurz stehen und einige Schritte gehen. „Derzeit mache ich eine Hippotherapie. Das hilft mir enorm. Es ist alles unfassbar teuer, und deshalb bin ich auch dankbar, dass ich von meinen Sponsoren Unterstützung bekommen habe“, bedankte sich Müller. Sein Vorsatz für 2017, wieder auf Skiern zu stehen, wird hoffentlich bald Realität.
Vorstandsdirektor Schauer geht
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bgang im Vorstand der VOLKSBANK WIEN: Wolfgang Schauer, sei Frühjahr 2015 für den Bereich Markt zuständig, zieht es zurück nach Kufstein. Er wird dort Geschäftsführer des Verpackungsherstellers Pirlo. Für Schauer ist diese Branche kein Neuland: Bereits vor seiner Tätigkeit bei der Volksbank Kufstein-Kitzbühel war der zweifache Familienvater von 1997 bis 2005 Vorstand der Unterland Flexible Packaging.
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Chronik
Volksbank Steiermark
Zwei Frauen im Dreiervorstand
Foto: Photoby-RS
Nach Generaldirektorin Regina Ovesny-Straka rückte im Jänner mit Monika Cisar-Leibetseder eine weitere Frau in den Vorstand der neuen Volksbank Steiermark auf.
Das Vorstandstrio der Volksbank Steiermark: Generaldirektorin Regina Ovesny-Straka, Johannes Monsberger und Monika Cisar-Leibetseder
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ie letzten Fusionsschritte zur Volksbank Steiermark wurden im Vorjahr erfolgreich umgesetzt. Es folgten Anpassungen in der Organisation, um effiziente und transparente Strukturen zu schaffen. Die Strategie lautet: volle Konzentration auf die Kernzielgruppe, nämlich Privatkunden, Kleinund Mittelbetriebe und Gewerbebetriebe, sowie Potentialausschöpfung bei der Projektfinanzierung. Nun geht die steirische Regionalbank auch in ihrer Unternehmensführung neue Wege: Seit 1. Jänner ergänzt Vorstandsdirektorin Monika Cisar-Leibetseder die Führungsspitze der Bank. Zusammen mit Generaldirektorin Regina Ovesny-Straka und Vorstandsdirektor Johannes Monsberger komplettiert sie den Dreiervorstand. Cisar-Leibetseder ist seit 1995 für die Volksbank tätig. Sie begann ihre 52
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Karriere in der Volksbank Köflach und hat in den vergangenen Jahrzehnten alle Entwicklungen des Sektors mitgemacht. „Ich komme von einer kleinen Struktur, während meine Kollegin Regina Ovesny-Straka eine Konzernvergangenheit hat. Diese beiden Welten gilt es zusammenzuführen. Gemeinsam mit dem Dritten in unserer Runde, Johannes Monsberger, ist es unsere Aufgabe, die Volksbank Steiermark in die richtige Richtung zu lenken“, so Cisar-Leibetseder. Die studierte Mathematikerin ist in der Bank für die Bereiche Risikomanagement und Finanzen zuständig. „Zwei Frauen im Vorstand, das ist eigentlich revolutionär – und auch ein Zeichen, dass wir einen neuen Weg gehen“, freut sich Generaldirektorin Ovesny-Straka über den weiblichen Zuwachs im Vorstandsteam.
Chronik
Volksbank Vorarlberg
Wintergrillen garniert mit Finanztipps Egal ob beim Grillen oder bei Finanzentscheidungen: Tipps vom Profi sind immer Gold wert. Eine exklusive Kundenveranstaltung der Volksbank Vorarlberg brachte jetzt beide Themen unter einen Hut.
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orstandsvorsitzender Gerhard Hamel lud zum „Wintergrillen in der Niedrigzinsphase“ in die Zentrale nach Rankweil. Passend zur kalten Jahreszeit wurden die Gäste mit heißem Glühmost empfangen. Grillmeister Tom Heinzle hatte derweil bereits den Smoker angeworfen, und der erste Gang ließ nicht lange auf sich warten. Heinzle ist Profi-Griller und Autor. Mit seinem Team von Tom‘s Grillwerkstatt nimmt der Grill-Pionier auch an Meisterschaften teil - unter anderem ist er mehrfacher Vizeweltmeister und österreichischer Staatsmeister im Wild-Grillen. Er gibt auch regelmäßig GrillKurse und erreichte mit seinem zweiten Buch den dritten Platz in der Kategorie „Grill & BBQ“ bei den World Cook Book Awards. Als Kontrastprogramm zur kulinarischen Reise von gegrillten Lebkuchen im Speckmantel bis zu Taleggio mit Feigen sprach Fondsmanager Michael Gierse über die Hintergründe der aktuellen Niedrigzinsphase und seine persönliche Einschätzung der aktuellen Entwicklungen an den Aktienmärkten. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit 1998 als Aktienfondsmanager bei Union Investment, einer der größten Fondsgesellschaften im deutschsprachigen Raum, tätig. Sein Verantwortungsbereich umfasst unter anderem den weltweiten Transportsektor sowie europäische Mid und Small Caps. Die Gäste genossen den Abend und ergriffen gerne die Gelegenheit, sich im persönlichen Gespräch Tipps vom Profi zu holen – sowohl für den nächsten Grillabend, als auch die nächste Investition.
V. l. n. r.: Grillprofi Tom Heinzle, Alexander Frick, Gerhard Hamel (beide VB Vorarlberg), Michael Gierse (Union Investment) und Petra Stieger (VB Vorarlberg)
Tom Heinzle präsentierte höchste Grillkunst …
… und Investmentprofi Michael Gierse informierte über die Finanzmärke
Passend zur Jahreszeit gab´s Lebkuchen im Speckmantel
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Chronik
Volksbank Vorarlberg
Spende statt Geschenk Zu Weihnachten an jene gedacht, denen es nicht so gut geht, haben im vergangenen Jahr wieder zahlreiche Mitarbeiter der Volksbank Vorarlberg. 260 Angestellte haben auf ihr Weihnachtsgeschenk verzichtet und das Geld einer Vorarlberger Familie gespendet. Durch den Betrag von 4.000 Euro wurde dem 15-jährigen Fabian die Teilnahme an einer Hippotherapie-Intensivwoche ermöglicht. Personalleiterin Simona Endres-Unterlechner freute sich über so viel Hilfsbereitschaft: „Es erfüllt uns mit Stolz, dass auch heuer wieder so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ihre Spendenbereitschaft den gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Ausdruck gebracht haben und wir dieser Familie eine kleine Weihnachtsüberraschung bescheren konnten. Wir wünschen ihr vor allem Gesundheit und alles erdenklich Gute.“
Volksbank Salzburg
Ehrungen für verdiente Mitarbeiter
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Mitarbeiter der Volksbank Vorarlberg beim Überreichen der Weihnachtsspende, v. l. n. r.: Ronnie Meier, Simona Endres-Unterlechner (beide Volksbank), Fabian und seine Mutter, Sebastian Simma und Cornelia Lins (beide Volksbank)
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er Vorstand der Volksbank Salzburg hat kürzlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geehrt, die auf eine lange und erfolgreiche berufliche Laufbahn in der Bank zurückblicken können. Generaldirektor Walter Zandanell (stehend, 1. v. r.), Vorstandsdirektor Andreas Hirsch (stehend, 1. v. l.) und Personalleiterin Manuela Schlemmer (sitzend, 1. v. l.) dankten im Rahmen einer Feier acht Jubilaren für ihren 30-jährigen Einsatz und ihre Treue: Anna Sieberer, Daniela Kraus, Anna Munter (sitzend v. l. n. r.), Roland Buchner, Claudia Humer, Andreas Christ, Katharina Schupp und Walter Moser (stehend v. l. n. r.).
Chronik
Volksbank Niederösterreich
Partner bei Neujahrsempfängen der Wirtschaftskammer
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ie Volksbank Niederösterreich war heuer Partner bei den Neujahrsempfängen der niederösterreichischen Wirtschaftskammer. Im Zuge der Veranstaltungsreihe präsentierten die Vorstände Rainer Kuhnle und Reinhard Diem den insgesamt mehr als 2.200 anwesenden Unternehmern die KMU-Milliarde, den Gewerbe-Schwerpunkt 2017 der Volksbanken.
Der Neujahrsempfang in Stockerau, v. l. n. r.: Landtagsabgeordneter Hermann Haller, Volksbank-NÖ-Vorstand Reinhard Diem, Nationalratsabgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, WK-Vizepräsident Christian Moser und WK-Bezirksstellenobmann Peter Hopfeld
Der Neujahrsempfang in St. Pölten, v. l. n. r.: Volksbank-NÖ-Vorstand Rainer Kuhnle, Moderatorin Nadja Mader, WK-Bezirksstellenobmann Norbert Fidler, WK-Präsidentin Sonja Zwazl und Finanzminister Hans Jörg Schelling
Der Neujahrsempfang in Krems, v. l. n. r.: WK-Vizepräsident Christian Moser, WK-Bezirksstellenleiter Herbert Aumüller, WK-Bezirksstellenobmann Thomas Hagmann und Volksbank-NÖ-Vorstand Rainer Kuhnle
Der Neujahrsempfang in Pöchlarn, v. l. n. r.: Volksbank-NÖ-Vorstand Rainer Kuhnle, WK-Bezirksstellenobmann Franz Eckl, Wirtschaftsbund-Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster, Bürgermeister Franz Heisler, WK-Präsidentin Sonja Zwazl, Vetropack-Geschäftsführer Johann Reiter und Volksbank-Regionaldirektor Hannes Scheuchelbauer
Der Neujahrsempfang in Purgstall, v. l. n. r.: Bezirkshauptmann Johann Seper, Volksbank-NÖ-Vorstand Rainer Kuhnle, WK-Präsidentin Sonja Zwazl, VB-NÖ-Aufsichtsrat Johann Sunk, WK-Bezirksstellenobfrau Erika Pruckner, Bürgermeister Karl Gerstl und Volksbank-Regionaldirektor Hannes Scheuchelbauer
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Chronik
Volksbank Oberösterreich
VolksbankVorstand Andreas Pirkelbauer: „Erben und Vererben betrifft alle“
Wertvolle Infos rund ums Erben Die Volksbank Oberösterreich hat heuer ihre erfolgreiche Informationsreihe zum Thema Erben und Vererben fortgesetzt. Bei drei Veranstaltungen in Linz Wels und Vöcklabruck konnten über 350 Kunden begrüßt werden.
Andrea Winkler von der ERGO informierte über das Thema Vorsorge
Regionalleiter Rainer Nussbaumer: „Wollen möglichst viele Fragen beantworten“
Das Kundeninteresse – wie hier bei der Veranstaltung in Linz – war enorm
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rtsansässige Notare und Rechtsanwälte referierten und schilderten dabei anhand von Praxisbeispielen die Problematik. Insbesondere machten sie auch auf die seit 1. Jänner gültigen Neuerungen aufmerksam. Andrea Winkler von der ERGO Versicherung brachte den Teilnehmern das komplexe Thema Vorsorge allgemein verständlich näher. Bei der Begrüßung wies Vorstand Andreas Pirkelbauer darauf hin, wie wichtig es ist, das Thema Vermögensweitergabe rechtzeitig im Kreis der Familie zu besprechen: „Erben und Vererben ist etwas, das alle betrifft, nicht nur in Situationen, in welchen man mit dem Tod anderer und dessen Folgen konfrontiert wird. Auch über den eigenen Tod sollte man sich Gedanken machen, um zu gewährleisten, dass die Hinterbliebenen bestmöglich versorgt sind.“ Regionalleiter Rainer Nussbaumer ergänzte: „Rund ums Erben, Vererben und Vorsorgen gibt es viele Fragen. Wir hoffen, mit diesen Veranstaltungen unseren Kunden einige davon beantworten zu können.“ Zum Abschluss bewirtete die Volksbank Oberösterreich ihre Gäste mit einem Imbiss und ließ so die Veranstaltungen bei geselligen und informativen Gesprächen mit ihren Kunden ausklingen. Die Besucher nutzten dabei die Gelegenheit, mit den Referenten auch persönlich ins Gespräch zu kommen. Der Auftakt zur stark besuchten Veranstaltungsreihe fand bereits 2015 in Andorf statt. 2016 folgten Veranstaltungen in Rohrbach, Altheim, Eferding, Ried und Grieskirchen. Insgesamt haben sich bereits über 1.000 Teilnehmer über das Thema Erben und Vererben informiert.
Fotos: Die Oberösterreicherin/Mathias Lauringer
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Chronik Michael Ungersböck, Leiter der Konzeption bei der Volksbank Akademie, beim Vortrag
Volksbank Akademie
Fresh-up 3.0 für Trainer und Prüfer Im Rahmen der Volksbank Akademie hat am 24. und 25. November das erste Fresh-up 3.0 für Trainer und Prüfer stattgefunden. Insgesamt profitierten 65 Teilnehmer von diesem neuen Blended-Learning-Angebot.
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m begleitenden Online-Kurs auf der Lernplattform „Moodle“ konnten die Teilnehmer einander bereits vorab - etwa mittels Video - kennenlernen und sich durch das Absolvieren der Aufgaben inhaltlich auf die Präsenzveranstaltung vorbereiten. Das Präsenzprogramm selbst bot Vorträge zu den Themen Digitalisierung in der Erwachsenenbildung sowie Lernen mit Hirn. In den Wahlworkshops von den Marktführern HPS und Intomedia konnten die Teilnehmer unter anderem Konzepte wie „Genial einfach rechnen und visualisieren“ oder die Gesprächstechniken der Medienprofis kennenlernen. Im Vortrag „Voice sells“ vermittelte Stimmexpertin Ingrid Amon auf eindrucks-
Erfolgreiche Absolventen der neuen Trainerausbildung 2016 mit Gerald Fleischmann (VB Wien), Reinhard Diem, Rainer Kuhnle (beide VB NÖ) und Mitarbeitern der Volksbank Akademie
volle Art und Weise die Macht der Stimme und deren Bedeutung in der Kommunikation. Das Fresh-up ist ein jährlich wiederkehrendes Weiterbildungsangebot für interne Trainer und Prüfer, es dient dem Austausch über aktuelle Themen in der betrieblichen Weiterbildung. Das Team der Volksbank Akademie freut sich bereits auf das zweite Trainer&Prüfer-Fresh-up am 30. November und 1. Dezember 2017. Erstmalig sind dazu auch die personalverantwortlichen Schlüsselkräfte im Verbund eingeladen, die damit ein Weiterbildungsangebot im Rahmen der Fit&Proper-Zertifizierung erhalten.
CIBP
Europäischer Preis für GRACE-Projekt
Die Preisträger freuen sich über die Auszeichnung
Hohe Auszeichnung für die CIBP, die Internationale Volksbankenvereinigung: Ihr Forschungsprojekt GRACE16, das die Möglichkeiten der Zusammenarbeit unter Genossenschaften im digitalen Zeitalter beleuchtet, wurde bei den European Association Awards prämiert.
werks zu steigern. „Kundennähe, Verantwortung für die Region und Partnerschaft mit kleinen und mittleren Unternehmen sind die Grundprinzipien unserer Mitglieder. Der Preis für den besten Forschungsreport hilft uns dabei, die Arbeit für sie ins rechte Licht zu rücken.“ Die CIBP versteht sich als Innovationsmotor und hatte zum strategischen Dialog eingeladen, um Genossenschaften auf das G2G-Zeitalter vorzubereiten. Mehr als 280 genossenschaftliche emeinsam mit Studienautor Fotis Filippopoulos war die Führungskräfte aus 50 Nationen machten mit. „Mit GRACE16 CIBP in den Kategorien „Best networking event“ und „Best und dem Hackathon in Quebec konnten wir zeigen, welche Kraft provision of industry information and intelligence“ nominiert. von Genossenschaften ausgeht, wenn sie zusammenkommen Die Spannung unter den 250 Teilnehmern bei der Zeremonie in und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der ZuBrüssel war groß, als die Gewinner in 13 Kategorien bekannt ge- kunft erarbeiten, ihre Visionen und Ideen teilen, die genossengeben wurden. Schließlich verkündete BBC-Moderator Mark schafltiche Unternehmen im digitalen Zeitalter voranbringen,“ Mardell: „GRACE16 highly recommended!“ so die Generalsekretärin. „Es ist eine große internationale Auszeichnung unseZur Teilnahme an GRACE war auch übers „cooperativ“ einrer Arbeit“, freut sich CIBP-Generalsekretärin Andrea Kar- geladen worden. Das CIPB-Team bedankt sich bei allen, die teilner. Ein solcher Preis sei für Verbände wichtig, um ihre Akti- genommen haben. Die Ergebnisse der Studie finden Sie in dievitäten sichtbar zu machen und die Wahrnehmung des Netz- sem Heft auf den Seiten 32/33.
G
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Chronik
Brauerei Murau
Ausgezeichnetes Bier Die Bestrebungen der genossenschaftlichen Brauerei Murau nach höchster Qualität machen sich erneut bezahlt: Das Murauer Bier holte beim internationalen DLG-Qualitätswettbewerb zweimal Gold und einmal Silber.
M Brauführer Michael Göpfart und Braumeister Johann Zirn mit den prämierten Bieren aus Murau
urauer Bier konnte die Expertenjury in Deutschlands größtem Qualitätstest überzeugen: Das Lebensmittel-Testzentrum der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) hat die Brauerei Murau mit zwei Goldmedaillen für Murauer Märzen und Murauer Bockbier und mit einer Silbermedaille für das Murauer Zitro&Bier ausgezeichnet. Die DLG-Medaillen gehören zu den führenden Qualitätsauszeichnungen der nationalen und internationalen Lebensmittelbranche. Jedes Jahr untersuchen die Sachverständigen von jedem Bier jeweils zwei unterschiedlich alte Proben. Die Auszeichnung „DLG-prämiert“ steht dabei für neutral getestete Qualität und attestiert dem Produkt einen hohen Genusswert. Sie wird nur an Biere vergeben, die sensorisch einwandfrei sind und die Qualitätskriterien der DLG in besonderem Maße erfüllen. Dazu gehören eine sorgfältige Rohstoffauswahl, die Reinheit des Geschmacks, die Qualität der Bittere, die Vollmundigkeit, der Geruch oder die Frische. Das Bier muss außerdem seine Geschmackstabilität während der Lagerung beweisen. Neben der verdeckten Verkostung werden in aufwendigen Laboranalysen Schaumhaltbarkeit, Extrakt-, Alkohol- und Stammwürzegehalt, Trübung und Haltbarkeit untersucht. Nur dann, wenn ein Produkt überdurchschnittlich gut ist, wird es in Form einer Medaille prämiert. „Qualitätsbewusstsein wird bei uns großgeschrieben. Es freut uns ganz besonders, dass unsere Bestrebungen mit drei Medaillen bei dieser anspruchsvollen Qualitätsprüfung belohnt worden sind“, erklärt Josef Rieberer, Geschäftsführer der Brauerei Murau.
Gold auch für Rieder Bier Auch das genossenschaftlich gebraute Bier der Brauerei Ried konnte die Tester der DLG überzeugen: Sowohl das Rieder Märzen, als auch das Rieder UrEcht und das Rieder Pils holten Gold. Darauf stoßen Braumeister Josef Niklas und das Rieder Brauerteam an.
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Chronik
Ehrungen des Österreichischen Genossenschaftsverbandes Von Dezember 2016 bis Februar 2017 wurden folgende Auszeichnungen an verdiente Mitarbeiter, Geschäftsleiter/ Geschäftsführer und ehrenamtliche Funktionäre unserer Mitgliedsunternehmen verliehen:
Schulze-DelitzschMedaille in Gold am Bande
Ehrenmedaille in Gold am Bande
Ehrenmedaille in Gold
Erich ZANGERL ehem. Mitarbeiter Volksbank Tirol AG
Gerald STIEGLBAUER Brauer Brauerei Ried e.Gen.
Generaldirektor a.D. KR Herbert FICHTA ehem. AufsichtsratsvorsitzenderStellvertreter IMMO-BANK Aktiengesellschaft
Schulze-DelitzschMedaille in Gold Direktor Ing. Herbert STRAHLHOFER ehem. Vorstandsvorsitzender und ehem. Geschäftsleiter Volksbank Süd-Oststeiermark e.Gen.
Ehrenzeichen in Gold
Das Magazin für Genossenschaften
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Bundesrat a.D. Direktor Walter MAYR ehem. Aufsichtsratsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft
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Direktor Mag. Andreas POMMERENING ehem. Vorstandsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft
Anrede:
Vorstandsdirektor Ing. Mag. Wolfgang WAHLMÜLLER ehem. Aufsichtsratsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft Direktor Mag. Dr. Roland WERNIK, MBA ehem. Aufsichtsratsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft Hofrat Dr. Ewald WETSCHEREK ehem. Aufsichtsratsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft
Kleines Ehrenzeichen in Gold Mag. Bernhard RAFFELSBERGER ehem. Aufsichtsratsmitglied IMMO-BANK Aktiengesellschaft
Herr
Frau
Titel:
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Hausnummer: Ort:
Telefonnummer: E-Mail (optional): Datum:
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Ex Libris
Lukas Feiler, Nikolaus Forgó EU-DatenschutzGrundverordnung Verlag Österreich 420 Seiten € 79,-
Die Datenschutz-Grundverordnung tritt mit 25. Mai 2018 in Kraft. Obwohl die Umsetzungszeit noch relativ lang erscheint, sollten sich stark betroffene Unternehmen aufgrund der Fülle an Neurungen und der stark gestiegenen Strafandrohungen bei Verstößen schon jetzt Gedanken über die Umsetzung machen. Das vorliegende Werk bietet eine erste Orientierung durch die weit verzweigten Änderungen der Rechtslage. Die jeweiligen Anmerkungen zu den Gesetzesartikeln orientieren sich an den notwendigen Umsetzungserfordernissen und sind sehr praxisrelevant. Ergänzt wird der Kurzkommentar um eine Einführung, die die wesentlichen Gesetzesänderungen klar herausarbeitet. Ein gelungenes Werk für den Praktiker.
Der ABGB-Praxiskommentar hat sich seit vielen Jahren als eines der führenden Standardwerke zum ABGB bewährt, was sich auch in der laufenden Zitierung des OGH widerspiegelt. Das bewährte Konzept des Kommentars, der sich bewusst vor allem an Praktiker wendet, insbesondere die übersichtliche Gliederung und die Darstellung der Anmerkungen als Fußnoten, kennzeichnet auch diesen umfassenden Kommentar der Haftpflichtgesetze. Der Band, der nunmehr in der vierten Auflage vorliegt, beinhaltet die für die Praxis besonders bedeutsamen Haftpflicht-Sondergesetze (AHG, ASVG, DHG, EKHG, OrgHG, PHG), die in anderen ABGB-Kommentaren keinen Platz finden. Teilweise handelt es sich dabei um die einzigen rezenten Kommentierungen.
Johannes Duy
Johannes Duy
Hans-Jürgen Pollirer, Ernst M. Weiss, Rainer Knyrim, Viktoria Haidinger DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) Manz 214 Seiten € 32,-
Das vorliegende Werk enthält den Text der Datenschutz-Grundverordnung mit den dem jeweiligen Artikel zugeordneten Erwägungsgründen. Der Verordnungstext wird dadurch übersichtlich und leichter lesbar. Für die gezielte Suche nach Schlagwörtern wurde ein Stichwortverzeichnis erstellt. Zudem wurde eine Übersichtstabelle über die vorhandenen Öffnungsklauseln angefügt. Für den ersten Überblick über die neue Datenschutz-Grundverordnung stellt das Buch jedenfalls eine wertvolle Orientierungshilfe dar. Johannes Duy
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Michael Schwimann, Georg Kodek ABGB Praxiskommentar, Band 7: Haftpflichtgesetze Lexis Nexis 800 Seiten € 180,-
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Bernhard KoflerSenoner (Hrsg.) Compliance-Management für Unternehmen Verlag Österreich 478 Seiten € 99,-
Ein funktionierendes Compliance-Programm kann Unternehmen vor empfindlichen Strafen und Schadenersatzansprüchen sowie Management und Mitarbeiter vor Haftungen schützen. Das vorliegende Handbuch gibt Unternehmen einen Überblick, welche individuellen Maßnahmen möglich sind, um erst gar nicht in die Gefahr rechtswidriger Aktivitäten zu geraten. Das Buch beschäftigt sich mit Compliance im weiteren Sinn, so werden etwa die Themen Strafrecht/Antikorruption, Kartellrecht, Gesellschaftsrecht, Datenschutz oder Arbeitsrecht behandelt. Auch
die Wertpapier-Compliance wird erläutert, bildet aber nicht den Schwerpunkt. Die Aufbereitung der einzelnen materiell-rechtlichen Kapitel ist durch ein im Aufbau einheitliches „Q&A-System“ besonders leser- und nutzerfreundlich. Über die Beschreibung vorbeugender Maßnahmen hinaus widmet sich ein Teil des Buches auch dem Krisenmanagement und der Frage, was im Verdachtsfall zu tun ist und wie im Ernstfall, etwa bei der Aufdeckung eines Kartellrechtsverstoßes oder eines Bestechungsfalles, vorzugehen ist. Compliance-Verantwortliche namhafter Unternehmen tragen ihre praktischen Erfahrungen der letzten Jahre bei, Kommunikationsexperte Hans Lang führt durch die immer wichtiger werdenden Fragen der internen und externen Kommunikation. Schließlich geben der renommierte Compliance-Experte Markus Trettnak sowie auf die jeweiligen materiellen Rechtsgebiete spezialisierte Rechtsanwälte dem Leser den notwendigen Einblick, wenn es um die Organisation und die inhaltliche Ausgestaltung eines Compliance-Management-Systems geht. Christiane Lewisch Bettina Sabara Ein Kind kommt: Rechtsratgeber für Mütter, Väter und Arbeitgeber LexisNexis 230 Seiten € 38,-
Bereits seit Jahren stellt „Ein Kind kommt“ einen besonders praxisorientierten und verlässlichen Rechtsratgeber rund um Beginn der Schwangerschaft, Karenz, Elternteilzeit, Bildungskarenz und finanzielle Ansprüche dar. Zahlreiche Praxistipps, Beispiele und Checklisten erleichtern den Umgang mit der Materie und schaffen Klarheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch Musterformulare für den Schriftverkehr mit Behörden finden sich in diesem Buch. Mit der nun vorliegenden vierten Auflage wurde das Werk auf den neuesten Stand gebracht. Die gesetzlichen Änderungen der letzten Jahre sowie interessante und praxisrelevante Entscheidungen der Ge-
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richte wurden eingearbeitet, so etwa die letzte Novelle zum MSchG und VKG, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist und unter anderem Verbesserungen für freie Dienstnehmerinnen auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht sowie die Einführung einer Arbeitszeitbandbreite bei der Elternteilzeit brachte. Außerdem enthält das Werk bereits eine Vorschau auf die neuen Regelungen betreffend den Familienzeitbonus („Papa-Monat“) und das Kinderbetreuungsgeldkonto für Geburten nach dem 1. März 2017.
Nachschlagewerk hervorragend geeignet, da die „leading cases“ sowie die aktuelle höchstgerichtliche Judikatur dargestellt werden. Auf dem Stand der Urheberrechts-Novelle 2015 ist das Buch zudem auch topaktuell. Markus Steindorfer Stefan Melhardt Umsatzsteuer Handbuch 2016 Linde 1.216 Seiten € 135,-
Christiane Lewisch Thomas Höhne, Sascha Jung, Alexander Koukal, Georg Streit Urheberrecht für die Praxis Verlag Österreich 630 Seiten € 109,-
Das Urheberrecht spielt in der täglichen Praxis eine erhebliche Rolle. Oft wird die urheberrechtliche Relevanz einer Handlung in der Hektik des Alltags aber gar nicht richtig wahrgenommen. Zwar wird zumeist instinktiv das Richtige getan, da allerdings Urheberrechtsverletzungen schnell zu einem kostspieligen Unterfangen werden können, ist es ratsam, sich nicht nur auf sein Bauchgefühl zu verlassen, sondern relevante Handlungen auch aus urheberrechtlicher Sicht zu überprüfen. Damit der Alltag durch lange rechtliche Recherchen nicht noch stressiger wird, sei dem Praktiker das vorliegende Werk sehr ans Herz gelegt. Ein Buch, das sich nicht dem Ziel verschrieben hat, das Urheberrecht in allen juristischen Facetten zu erörtern, sondern – und darin zeigt sich die Kunst der Autoren – einfach und praxisorientiert, damit sich letztlich auch ein Nichtjurist leicht im Thema zurechtfinden kann. Mit zahlreichen Praxisbeispielen wird dem interessierten Leser das Urheberrecht nähergebracht, er kann somit auf einfache Weise rasch und unkompliziert überprüfen, ob die tagtäglichen Handlungen oder Vorhaben tatsächlich urheberrechtskonform sind. Natürlich ist das vorliegende Werk auch für Juristen als
satzsteuergesetz gehören, eingegangen, etwa in den Vereinsrechtrichtlinien 2001. Das Kapitel Gemeinschaftsrecht des Anhanges umfasst die relevanten Richtlinien sowie Verordnungen zum Mehrwertsteuersystem. Die EuGH-Entscheidung, welche Österreich ermächtigt, eine abweichende Regelung anzuwenden, rundet die Ausführungen im Anhang ab. Das Umsatzsteuer Handbuch 2016 ist somit für alle mit dem Thema befassten Anwender und Berater ein wertvolles Nachschlagewerk. Franz Groß Thomas Haberer, Heinz Krejci (Hrsg.) Konzernrecht Manz 1.164 Seiten € 240,-
Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 und dem Abgabenänderungsgesetz 2015 gab es auch einige Neuerungen im Umsatzsteuergesetz. Einige Lieferungen und Leistungen – etwa die Umsätze für Beherbergung, Künstler, Schwimmbäder, Theater, Musik und Gesangsaufführungen, Konzerte, Museen sowie Film- und Zirkusvorführungen – wurden mit einem neuen Steuersatz von 13 Prozent belegt. Weitere Neuregelungen betreffen die erweiterte Vorsteuerabzugsberechtigung für Pkws und Änderungen in der Margenbesteuerung für Reiseleistungen. Das vorliegende Werk behandelt alle Paragrafen in chronologischer Reihenfolge. Thematisch dazu passende Regelungen aus Verordnungen, Richtlinien oder Erlässen sowie Judikatur werden am Ende eines jeden Paragrafen dargestellt. Nach den innerstaatlichen Regelungen werden die Artikel 1 bis 28 der Binnenmarktregelung kommentiert. Auch hier werden bei jedem Artikel die dazugehörige Judikatur und allfällige Verordnungen besprochen. Im Anhang des Buches wird auf die Judikatur von allgemeiner Bedeutung eingegangen sowie auf weitere österreichische Rechtsvorschriften wie die Begleitmaßnahmen zum UStG 1994 oder das Bundesgesetz über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungsbehörden oder ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder (Internationales Steuervergütungsgesetz). Ebenso wird auf die Verordnungen und Richtlinien, die thematisch zum Um-
Dieses umfassende Handbuch ist eine aktuelle und praxisorientierte, aber dennoch auch rechtswissenschaftlich fundierte, systematische Aufarbeitung eines komplexen und trotz seiner praktischen Bedeutung kaum ausdrücklich geregelten Rechtsgebiets. Eine Riege von über 30 führenden Autoren aus Wissenschaft und Praxis unter der Leitung von Heinz Krejci und Thomas Haberer behandelt das Phänomen Konzern aus allen Blickwinkeln. So wurden die Gebiete Konzernbausteine, grenzüberschreitende Fragen, gesellschaftsrechtliche Schwerpunkte, Kapitalmarkt-, Arbeitsund Kartellrecht sowie Steuerrecht und Rechnungslegung von jeweils fachlich einschlägig qualifizierten und spezialisierten Universitätsprofessoren, Rechtsanwälten oder Wirtschaftsprüfern bzw. Steuerberatern verfasst, was dem Werk eine besonders hohe Qualität verleiht. Die Herausgeber und die Autoren schließen hier auch eine literarische Lücke und ermöglichen es dem Rechtsanwender, sich in hinreichendem Detaillierungsgrad mit dieser vielfältigen Materie auseinanderzusetzen. Besonders erfreulich ist, dass das Werk auch die konzernrechtlichen Aspekte der Genossenschaft – einer sonst oft wenig beachteten Rechtsform – gesondert beleuchtet. Phillip Stempkowski
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Georg Schima Der Aufsichtsrat als Gestalter des Vorstandsverhältnisses Facultas 372 Seiten € 78,-
Das vorliegende Werk behandelt all jene Bereiche, bei denen der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft als deren Vertreter auf das Vorstandsverhältnis und die Rechtsstellung von Vorstandsmitgliedern einwirkt. Das Buch erläutert zunächst die normativen Grundlagen des Aufsichtsrates. In der Folge werden die Möglichkeiten des Aufsichtsrates bei der Auswahl der Vorstandskandidaten sowie Bestellungsvoraussetzungen, Eigentumserfordernisse, Zustimmungsvorbehalte, Bestellungsdauer und wiederholte Bestellung dargelegt. Aber auch die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern zu Vertretern verhinderter Vorstandsmitglieder, fehlerhaftes Mandat und fehlerhafter Anstellungsvertrag und deren Rechtsfolgen, Vorstandsentgelt, Ersatz von Strafen, Verteidigungs- und Vertretungskosten, Urlaub, nachträgliches Wettbewerbsverbot, Beendigungsklauseln und Schiedsklauseln werden ausführlich erörtert. Im Kapitel über die Beendigung der Vorstandsfunktion werden Abberufung, Rücktritt, einvernehmliche Auflösung, Suspendierung und Beendigung des Mandats bei Umgründungen behandelt. Wichtig für börsennotierte Gesellschaften ist der letzte Punkt, der sich dem Thema Veränderungen im Vorstand und Ad-hoc-Publizität widmet. Abschließend wird die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder behandelt. Dabei wird auf die Untersuchung durch den Aufsichtsrat, die Geltendmachung durch den Aufsichtsrat sowie auf das gebundene Ermessen des Aufsichtsrates und auf Generalbereinigungsvereinbarungen eingegangen. Für Aufsichtsräte und alle mit diesem Themenbereich befassten Berufe ist das Werk eine wertvolle Hilfestellung und ein sinnvolles Nachschlagewerk. Franz Groß
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Andreas Baumgartner Die (Dritt-)Haftung von Ratingagenturen und anderen Informationsexperten Verlag Österreich, Juristische Schriftenreihe, Band 258 998 Seiten € 189,-
Ausführlich beleuchtet der Autor im vorliegenden Werk Haftungsthemen in Bezug auf Ratingagenturen, aber auch zu Abschlussund Prospektprüfern. Untersuchungsgegenstand ist dabei die Expertenhaftung gegenüber Dritten, also Personen, die in keinem Vertragsverhältnis zum Experten stehen. Gerade eine solche Haftung ist in Österreich nach wie vor ein nicht abschließend geklärtes Streitthema. Der Autor leistet mit der vorliegenden Monografie einen hervorragenden Beitrag zu diesem Thema, der auch darauf abzielt, ein System der Dritthaftung von Experten zu entwickeln, worin sowohl das Zivil- als auch das Unternehmensrecht entsprechend Berücksichtigung finden. Das Werk bleibt daher nicht bei den allgemeinen Haftungsregelungen des ABGB stehen, sondern nimmt in die Untersuchung auch Spezialnormen des Kapitalmarktgesetzes und des Unternehmensgesetzbuches auf. Da mit Art. 35a der EU-RatingVO bei der Dritthaftung von Ratingagenturen eine Parallelnorm zum österreichischen Recht besteht, untersucht der Autor auch die europarechtlichen Aspekte tiefgründig. So wird das Buch zu einem umfassenden und erstklassigen Nachschlagewerk für sämtliche Fragen der Dritthaftung von Ratingagenturen und sonstigen Informationsexperten.
Finanzmarktaufsicht, der Bundesarbeiterkammer und der Universität Wien, das vorliegende Werk auf den Markt gebracht – und war damit teilweise sogar schneller als der Gesetzgeber selbst, werden doch einige Bestimmungen zum Verbraucherzahlungskontogesetz voraussichtlich erst gegen Ende 2017 in Kraft treten, weil zuvor noch einige gesetzgeberische und dann aufsichtsbehördliche Umsetzungsmaßnahmen erforderlich sind. Dieser Umstand macht das vorliegende Werk natürlich noch interessanter, ist es doch dadurch auch ein sehr hilfreicher Begleiter in der technischen Umsetzung. Diesen besonderen Mehrwert sollte sich daher kein Zahlungsdienstleister entgegen lassen. Inhaltlich setzt sich der Kommentar ausführlich mit den neuen Bestimmungen des Verbraucherzahlungskontogesetzes auseinander. Alle Kernthemen des Gesetzes werden beleuchtet, im Besonderen das Basiskonto, der Kontowechsel sowie die Kostentransparenz. Die Autoren analysieren dabei die EU-Richtlinie sowie das nationale Umsetzungsgesetz sehr detailliert und bringen im Zuge dessen viel Licht ins Dunkel, zumal einige Bestimmungen des Verbraucherzahlungskontogesetzes sonst auf Anhieb nicht so leicht zu verstehen wären. Markus Steindorfer Jürgen Kittel Handbuch für Aufsichtsratsmitglieder Verlag Österreich 691 Seiten € 129,-
Markus Steindorfer Arthur Weilinger (Hrsg.) Verbraucherzahlungskontogesetz (VZKG) Manz 556 Seiten € 128,-
In Windeseile hat das Autorenteam, bestehend aus Experten der Ministerien, der
Die Aufgaben des Aufsichtsrates nehmen stetig zu, und dabei wird auch die Verantwortung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder immer größer. Es ist weder für ein schon aktives noch für ein angehendes Aufsichtsratsmitglied leicht, den Überblick zu bewahren. Das vorliegende Handbuch soll nunmehr diesen Personen als Nachschlagewerk dienen und helfen, sich im Dickicht der Gesetze nicht zu verlieren. Neben einer ausführlichen Darstellung der Aufgaben und Kompetenzen des Auf-
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sichtsrates enthält das Buch auch einen Katalog an Rechten und Pflichten, die das Amt mit sich bringt. Schwerpunktmäßig beleuchtet das Werk zwar die einschlägigen Regelungen des Aktiengesetzes, hierbei im Besonderen börsennotierter Aktiengesellschaften, allerdings werden auch die wesentlichen Bestimmungen des GmbH-Gesetzes im Vergleich dazu näher dargestellt. Daneben wird der aktuelle österreichische Corporate-Governance-Kodex angeführt, und der Praktiker findet aktuelle Muster, welche die Arbeit des Aufsichtsratsmitgliedes erleichtern können. Das Buch ist daher in Summe ein sehr nützlicher und empfehlenswerter Begleiter für jedes Aufsichtsratsmitglied, der hilft, Risiken der Amtsführung zu erkennen und dadurch letztlich eine Haftung zu vermeiden. Markus Steindorfer Christoph Splechtna (Hrsg.) Kompendium Bankwissen: Regulatorik und Bankprodukte in Österreich und der EU Finanz Colloquium Heidelberg 261 Seiten € 59,-
Um die Fit&Proper-Anforderungen der Aufsichtsbehörde erfüllen zu können, werden Geschäftsleiter, Aufsichtsratsmitglieder und Inhaber von Schlüsselfunktionen in Banken heute vor enorme Herausforderungen gestellt. Sich allein im Dickicht der Regulatorik einigermaßen sattelfest bewegen zu können, erfordert ein erhebliches Maß an geistiger Akrobatik. Da verwundert es nicht, dass die betroffenen Personen nach Literatur Ausschau halten, die dieses geballte Regelungswerk in kompakter Form darzustellen vermag. Bislang war das kein leichtes Unterfangen, das vorliegende Werk bereitet der Suche aber ein Ende: Den Autoren ist es gelungen, auf gerade einmal knapp 260 Seiten die Regulatorik in Österreich und der EU übersichtlich darzustellen. Das Werk beschränkt sich dabei nicht nur darauf, die einschlägigen Richtlinien, Gesetze, Verordnungen (wie CRD IV, CRR oder BWG) und Veröffentlichungen der Ban-
kenaufsicht (etwa EBA-Standards oder Mindeststandards der FMA) wiederzugeben, es vermittelt zudem auch relevantes Wissen zu diversen Bankprodukten, sei es für den Girobereich oder den Bereich Kredit und Wertpapier. Damit ist der Leser jedenfalls hinreichend gewappnet, um den aufsichtsbehördlichen Anforderungen gerecht zu werden. Markus Steindorfer Karl-Heinz Boos, Reinfrid Fischer, Hermann Schulte-Mattler KWG, CRR-VO Kommentar C.H. Beck 3.949 Seiten, 2 Bände € 299,-
Dieser Kommentar erläutert fundiert und umfassend sowohl das Kreditwesengesetz samt EU-Bankenaufsichtsverordnung als auch ergänzende bankaufsichtsrechtliche Vorschriften. Die Kombination aus dem Know-how namhafter Vertreter von Bankenwirtschaft, Anwaltschaft, Prüfungspraxis und Wissenschaft prägt das Buch. Als erster deutschsprachiger Kommentar hat es dieses Standardwerk fürs deutsche Kreditwesengesetz geschafft, eine umfassende Kommentierung der CRR-VO (EU) 575/2013 auf den Markt zu bringen. Das allein ist schon Grund genug, das Werk auch in Österreich in die Bibliotheken der Rechtsanwender aufzunehmen. Die Änderungen und die weiteren neuen Regulierungsakte werden praxisnah kommentiert. Darüber hinaus bietet die fundierte Aufarbeitung der aktuellen deutschen bankaufsichtsrechtlichen Grundlagen eine sinnvolle Unterstützung bei der Suche nach Argumenten und zur Interpretation im Rahmen der zunehmenden europaweiten Vollharmonisierung. Erläutert werden: KreditwesenG, CRR-VO (EU) 575/2013, Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten, Gesetz zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute, SolvabilitätsV, Finanz- und RisikotragfähigkeitsinformationenV, Großkredit- und MillionenkreditV, LiquiditätsV, AnzeigenV und InstitutsvergütungsV. Phillip Stempkowski
Susanne Kalss, Peter Kunz (Hrsg.) Handbuch für den Aufsichtsrat Facultas 1.742 Seiten € 278,-
Dieses Werk ist wohl eine Pflichtlektüre für jeden Aufsichtsrat, bietet es doch profundes Grundlagenwissen für die Tätigkeit. Die Beiträge wurden von anerkannten Wissenschaftlern und Praktikern verfasst. Die nun vorliegende zweite Auflage wurde um zahlreiche neue Beiträge und eine an den Themenbereichen orientierte Struktur ergänzt: »» Mitglieder und Zusammensetzung des Aufsichtsrates »» Handlungsinstrumente des Aufsichtsrates »» Aufsichtsratsvorsitz »» Sondersituationen des Aufsichtsrates »» aufsichtsrechtsrechtliche Sonderregelungen für Aufsichtsräte in Kreditinstituten »» Aufsichtsorgane in unterschiedlichen Rechtsträgern »» Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates »» Vergütung und Regulierung des Aufsichtsrates »» der Aufsichtsrat im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz Franz Groß
IMPRESSUM cooperativ – Das Magazin für Genossenschaften 1/17 145. Jahrgang DVR 0048577 MEDIENINHABER (VERLEGER) Österreichischer Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch), Löwelstraße 14-16, Postfach 135, A-1013 Wien, Tel: 01 313 28, Fax: 01 313 28 450, weitere Informationen zum Medieninhaber nach dem MedienG: www.genossenschaftsverband.at HERAUSGEBER Österreichischer Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) CHEFREDAKTEUR Günther Griessmair REDAKTION Markus Binder, Daniela-Monica Essler, Hermann Fritzl, Hans Hofinger, Andrea Karner, Wolfgang Schmidt, Anton Schmoll, Margareta Steffel, Peter Weiß ARTDIRECTOR Daniel Dobernig LAYOUT-DESIGN Elke Bauer DRUCK Berger, Horn KONTAKT redaktion@oegv.volksbank.at Gezeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder. Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir die maskuline oder feminine Sprachform. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts.
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Anno dazumal
Damals vor 100 Jahren So wie der ÖGV selbst blickt auch sein Verbandsmagazin auf eine lange Tradition zurück: Beide gibt es – wenn auch unter anderem Namen – seit 1872. Der Vorgänger des „cooperativ“ hieß „Die Genossenschaft“, herausgegeben vom Allgemeinen Verband der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Österreichs. Für die Rubrik „Damals vor 100 Jahren“ öffnen wir unsere Archive und blicken zurück. Wir bringen Wissenswertes, aber auch Schmankerl von anno dazumal.
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er Schutzverband der alpenländischen Brauereien in Graz war eine Genossenschaft, die dem Wohle ihrer Mitglieder diente. Sie veranlagte unter anderem deren Gelder, erzielte dabei aber selbst keine Gewinne. Dennoch bekam der Verband im Jahr 1917 Post vom Finanzamt - die Steuervorschreibung für 1912 bis 1914, wie in der „Genossenschaft“ zu lesen war. Im Unterschied zu den vorangegangenen Jahren sollte der Schutzverband diesmal die enorme Summe von fast 20.000 Kronen bezahlen, da die Einlagen der Mitglieder als Gewinn interpretiert wurden. Daraufhin wurde Rekurs bei der k.k. Finanzlandesdirektion für die Steiermark eingebracht. Doch der wurde nicht anerkannt, schlimmer noch, es wurden zusätzliche 13.000 Kronen an Nachtragssteuern verlangt. Daraufhin beschritt man den Weg zum Verwaltungsgerichtshof. * In Kriegszeiten nic ht einfach: Der Allge meine Verband auf der Su Die Inflation quer durch alle Bereiche der Wirtschaft grassierte nicht nur in Österche nach einem Se kretär reich-Ungarn und im Deutschen Reich, wie in einer Ausgabe berichtet wurde, auch die Schweiz blieb davon nicht verschont. Die Regierung in Bern startete daraufhin eine Hilfsaktion, welche die Kosten von Grundnahrungsmitteln für Bedürftige um 20 Prozent reduzierte. Mit dem Verkauf der subventionierten Produkte wurden aufgrund ihres gemeinnützigen Charakters die Schweizer Konsumvereine betraut. Kaufleute taten in der Folge ihren Unmut, von dieser Aktion ausgeschlossen zu sein, kund und bezichtigten die Konsumgenossenschaften und ihren Verband, nicht nur uneigennützige Interessen zu verfolgen. * Im Zuge von Nahrungsmittelknappheit und einer stetig schrumpfenden Staatskasse plante die k.k. Regierung, sämtliches Wildfleisch in die Bezugsscheinpflicht mit einzubinden. Zusätzlich sollte darauf eine Delikatessensteuer erhoben werden. Verbandsanwalt Karl Wrabetz erlaubte sich die dringende Bitte, „Eure Exzellenz (der zuständige Minister, Anm.) wollen gnädigst dahin wirken, dass von den Wildsorten Hasen- und Hirschfleisch nicht als Delikatessen behandelt werden“. Denn diese stellten eine wichtige und erschwingliche Nahrungsmittelquelle für den Mittelstand dar, so Wrabetz. * Erwähnung fand auch der Tod der ältesten Genossenschafterin, Alice Ashworth. Sie war mit einem der Pioniere von Rochdale verheiratet, der zudem auch der erste Verwalter dieser Genossenschaft war. „Damals, als das Geschäft eröffnet wurde, spotteten die Leute über die Idee und meinten, sie werde nicht lange Bestand haben“, erinnerte sie sich vor ihrem Tod. * Im Sommer 1917 feierte der Allgemeine Verband ein rundes Jubiläum. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe von „Damals vor 100 Jahren“.
Markus Binder
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