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COOPERATIV 3/2020 3/2020 Herausgeber: ÖGV Einzelpreis EUR 10,– Jahresabo EUR 36,–

Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft

REGIONAL IST GENIAL Wenn die Krise zur Chance wird: Der Verbandstag des ÖGV zeigte die Stärken der Genossenschaft Seite 6

DIE DURCHSTARTER Wie die neu gegründete MehrwertGenossenschaft den Einkauf revolutionieren möchte

GROSSE STUDIE Die Uni Wien zeigt auf, wie Österreichs Genossenschaften in Zeiten von Corona performen

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hausbanking

© Konstantin Reyer

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EDITORIAL

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Mutig durch bewegte Zeiten Nichts ist mehr normal. Die Coronakrise hat unser Gesellschafts- und Wirtschaftsleben gehörig durcheinandergewirbelt und viele Zukunftsfragen aufgeworfen. In diesem Heft wollen wir Mut machen und Orientierung geben.

Wir berichten topaktuell über unseren Verbandstag 2020, der heuer unter ganz besonderen Vorzeichen stattgefunden hat, nicht nur wegen der strengen gesundheitlichen Schutzmaßnahmen und des stark reduzierten Formats. Unter dem Motto „Regional ist genial“ haben wir versucht, die Krise auch als Chance für die Genossenschaft zu begreifen. Besonders freut es uns, dass sich Bundesministerin Elisabeth Köstinger in einer Grußbotschaft mit einem klaren Bekenntnis zu regionalen Produkten und Dienstleistungen an die Leser des „cooperativ“ wendet. Sie wäre ursprünglich als Keynote-Speakerin bei einem großen öffentlichen Verbandstag vorgesehen gewesen, zu dem es Corona-bedingt leider nicht kam. Zuversichtlich stimmt jedenfalls, dass der Genossenschaftsboom trotz Krise unvermindert andauert. Auch in diesem Heft stellen wir Ihnen wieder eine der Neugründungen beispielhaft vor: Die Mehrwert-Genossenschaft mit Sitz in Frohnleiten bei Graz hat aus der Not eine Tugend gemacht und den schwierigen Start unter Lockdown-Bedingungen genutzt, um ihr Geschäftsmodell sogar noch zu erweitern.

Erstmals hat nun auch die Forschung im Rahmen einer großen Studie die Performance der österreichischen Genossenschaften in der Coronakrise unter die Lupe genommen. Wir bringen vorab die ersten Ergebnisse. Lesen Sie, wie Genossenschaftsexperten die Lage beurteilen und welche Schlussfolgerungen sie für die Zukunft ziehen. Das Fazit, das sich wie ein roter Faden durch dieses Heft zieht, lautet: Kooperatives und regionales Wirtschaften in der Rechtsform der Genossenschaft ist aktueller und moderner denn je. Das ist unsere große Chance für die Zukunft!

Günther Griessmair Chefredakteur

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INHALT

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PRAXISKRAFT

WISSEN

TIPPS & SERVICE

06 Verbandstag 2020 Regional ist genial: So können Genossenschaften in der Krise punkten

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Corona & Genossenschaft Ein neue Studie beleuchtet das österreichische Genossenschaftswesen in Zeiten der Krise

40 Datenschutz Was die jüngste Vollbremsung beim Datenverkehr mit den USA für Unternehmen bedeutet

09 Statement Ein klares Bekenntnis zu regionalen Produkten von Bundesministerin Köstinger

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Gewinn machen Professor Günther Ringle über die Frage der adäquaten Gewinnstrategie bei Genossenschaften

46 Causa Commerzialbank Warum wir nicht Mattersburg sind: So arbeitet der ÖGV bei der Bankenprüfung

10 Leadership So gehen Führungskräfte mit flexiblen Arbeitswelten, virtuellen Teams & Co richtig um

34 Giganten Der World Cooperative Monitor ermittelt die weltgrößten Genossenschaften – die Top Five im Porträt

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Die Durchstarter Wie die neu gegründete Mehrwert-Genossenschaft den Einkauf revolutionieren möchte

18 Erfolgsfaktor Praktische Tipps für die Gestaltung des Strategie prozesses in Genossen schaftsbanken


INHALT

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24 FREIZEIT 48 Urlaubsfeeling zu Hause Ganz ohne zu verreisen: Auf den Spuren Spaniens in Österreich

INSIDER

34 FIX IM BLICK

54 Volksbanken-Verbund EU bestätigt erfolgreichen Abschluss der Restrukturierung

72 Buchtipps

61 Volksbank Tirol Zum 150-Jahr-Jubiläum: Ein Streifzug durch die Erfolgs geschichte

38 Infografik Regionalität in den Augen der Österreicher

74 Neues von gestern

71 cooperativ abonnieren 69 Austria Presse Agentur So entstehen Nachrichten in Zeiten der Pandemie

IMPRESSUM cooperativ – Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft 3/2020 148. Jahrgang DVR 0048577 MEDIENINHABER (VERLEGER) Österreichischer Genossenschaftsverband // Schulze-Delitzsch, Löwelstraße 14, A-1010 Wien, Tel: +43 (0) 1 313 28-0, Fax: +43 (0) 1 313 28-450, weitere Informationen zum Medieninhaber nach dem MedienG: www.genossenschaftsverband.at HERAUSGEBER Österreichischer Genossenschaftsverband // Schulze-Delitzsch CHEFREDAKTEUR Günther Griessmair REDAKTION Daniela-Monica Essler, Hermann Fritzl, Peter Haubner, Hans Hofinger, Markus Rothenbach, Wolfgang Schmidt, Anton Schmoll, Peter Weiß ARTDIRECTOR Daniel Dobernig LAYOUT-DESIGN Reichl und Partner COVERFOTO Felicitas Matern DRUCK Berger, Horn KONTAKT redaktion@oegv.volksbank.at Gezeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder. Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir die maskuline oder feminine Sprachform. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts.

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Ein Verbandstag, der Mut macht In reduzierter Form und unter Einhaltung strenger CoronaSchutzmaßnahmen ist am 17. September der ÖGV-Verbandstag 2020 unter dem Motto „Regional ist genial“ über die Bühne gegangen. Dabei wurde nicht nur Bilanz gezogen, sondern auch in die Zukunft nach der Krise geblickt – mit durchaus ermunternden Perspektiven. Text: Günther Griessmair Fotos: Felicitas Matern

Aushängeschilder für regionales Wirtschaften“, so Verbandsanwalt Peter Haubner in seinem Eingangsstatement. Eine These, die auch IMAS-Experte Paul Eiselsberg stützte: „Krisen wirken immer auch als Beschleuniger für Trends, das gilt insbesondere auch für die Regionalität.“ Eiselsberg präsentierte den versammelten Mitgliedern eine vom ÖGV bereits vor Corona beauftragte Studie zum Thema „Regionalität in den Augen der Österreicher“ – „cooperativ“ berichtete bereits in Heft 2/2020 ausführlich darüber, weitere Details gibt‘s auch im Mittelteil dieses Hefts. Es war ein Verbandstag wie kein anderer: Im ÖGV-Haus herrschte Maskenpflicht, es galten Abstandsregeln, die Sitzplätze waren fix zugewiesen, und auf den gesellschaftlichen Teil wurde ganz verzichtet. Die Coronakrise war also allgegenwärtig, allerdings wurde sie auch als Chance begriffen. „Immer mehr Menschen erkennen, wie wichtig es ist, dass man sich auf die Region und die regionale Wirtschaft verlassen kann. Und unsere Genossenschaften und Genossenschaftsbanken sind Vorreiter und

GENOSSENSCHAFTEN ALS AKTEURE IN DER REGION Was der Trend in Richtung Regionalität nun für die Genossenschaften bedeutet, erörterte Professor Dietmar Rößl, Leiter des Forschungsinstituts für Kooperationen und Genossenschaften an der WU Wien: „Menschen suchen immer öfter nach Sinnstiftung für ihr Geld, nach Gemeinschaft und Identität. Und sie erwarten verantwortungsvolles Agieren in der Region.“ Dieser Trend


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Verbandsanwalt Peter Haubner bei seinem Eingangsstatement

sei in Österreich sogar noch ausgeprägter als in anderen europäischen Ländern. Viele große Unternehmen wie die ÖBB und der Verbund würden dies bereits für gezieltes Wertemanagement nutzen. „Genossenschaften, die nicht nur Geschäftspartner sind, sondern als verantwortungsvolle Akteure auch Leistungen für die Region, für und mit den dort lebenden Menschen erbringen, bieten einen zusätzlichen Wert der Mitgliedschaft“, so Rößl, der die Genossenschaft der Zukunft als regionalen Hub in der Funktion der Drehscheibe, des Ermöglichers und des Vernetzers sieht. ÖGV MIT LEADERSHIP BEI ZUKUNFTSTHEMEN Ein verlässlicher Netzwerkpartner für seine Mitglieder möchte auch der ÖGV sein, wie Verbandsanwalt Haubner in seinem Bericht erklärte. Als Ziel gab er vor, der modernste Genossenschaftsverband Österreichs zu sein, einer, der Impulse setzt und Leadership bei Zukunftsthemen übernimmt. „Es

IMAS-Experte Paul Eiselsberg als Gastreferent

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Dietmar Rößl: „Genossenschaft als regionaler Hub“

ÖGV-Präsident Franz Reischl

gilt, unsere Stärken weiter zur stärken: Regionalität, Nachhaltigkeit und Kooperation“, so der Verbandsanwalt, der einmal mehr von einer Renaissance des kooperativen Wirtschaftens sprach. Besonders hob Haubner die Leistungen der einzelnen Bereiche des ÖGV hervor: „Unsere Prüfung bringt wirtschaftliche Sicherheit, auch dank intensiver Weiterbildung und modernster IT.“ Er betonte auch die starke Interessenvertretung in Partnerschaft mit den Volksbanken, die Leistungen des Fachverbandes, der Steuer- und der Rechtsberatung. Ein regelrechter Genossenschaftsboom lasse sich auch an der Zahl der Neugründungen ablesen – im Vorjahr waren es zehn, heuer trotz Krise bereits vier, zwei weitere stehen schon in den Startlöchern.

Rede hervor: „Wir haben den Härtetest Corona bisher gut bestanden und bewiesen, dass Kooperation und Zusammenhalt die besten Antworten auf die Herausforderungen sind. Die Beratungs-, Service- und Informationsleistungen des ÖGV während der Krise können sich sehen lassen. Aber auch die Volksbanken und die Warengenossenschaften sind derzeit ganz besonders für ihre Mitglieder und Kunden da. Sei es, dass sie Verbundlösungen für digitale Plattformen bereitstellen oder – wie die Volksbanken – als Teil der kritischen Infrastruktur persönlich beraten, Kredite stunden und Lösungen anbieten.“ Lob für das Krisenmanagement der Genossenschaften fand auch Franz Reischl, der von Hamel turnusmäßig wieder das Präsidentenamt übernommen hatte: „Seit Corona ist die Welt eine andere. Auch auf die Genossenschaften sind von heute auf morgen einschneidende Veränderungen hereingebrochen. Es haben sich aber auch neue Chancen aufgetan, neue Serviceleistungen und Geschäftsideen sind entstanden.“ Die Genossenschaft habe sich einmal

LOB FÜR KRISENMANAGEMENT DER GENOSSENSCHAFTEN Die Leistungen des Verbandes, aber auch jene der einzelnen Mitglieder hob ÖGVVizepräsident Gerhard Hamel in seiner


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Statement

mehr als besonders krisensichere Rechtsform erwiesen. Und der ÖGV sei zwar nicht der größte Prüfungsverband, aber dafür ein besonders kompetenter, professioneller und vor allem unabhängiger. EHRUNG FÜR GROSSEN GENOSSENSCHAFTSFORSCHER Zum Abschluss des Verbandstags wurde noch eine Satzungsänderung beschlossen – Verbandsratssitzungen können damit auch nach Corona virtuell abgehalten werden –, dann gehörte die Bühne einem ganz Großen: Professor Johann Brazda, der die Genossenschaftsforschung an der Universität Wien viele Jahre lang geprägt hatte, wurde mit der Schulze-Delitzsch-Medaille in Gold am Bande ausgezeichnet. „Der ÖGV war in seiner langen Geschichte immer Vorreiter, das soll auch so bleiben. Denn die Rechts- und Unternehmensform der Genossenschaft wird immer ein wichtiger Bestandteil von Wirtschaft und Gesellschaft sein“, gab er den Mitgliedern mit auf den Weg. g

Elisabeth Köstinger Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Foto: BMLRT/Gruber

Ehrung für Professor Johann Brazda durch den ÖGV

Corona hat nicht nur unsere Gesellschaft, sondern auch die globale Wirtschaft vor enorme Herausforderungen gestellt und für deutlich spürbare Einbußen gesorgt. Um die betroffenen Branchen bestmöglich zu unterstützen und negative Langzeitfolgen abzufedern, haben wir als Bundesregierung umfangreiche Maßnahmenpakete zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Liquidität der Unternehmen geschnürt. Diese umfassen unter anderem die Kurzarbeit-Regelungen und den Neustartbonus, den Härtefallfonds, Haftungen und Fixkostenzuschüsse im Rahmen des Corona-Hilfsfonds sowie steuerliche Erleichterungen. Neben zahlreichen negativen Auswirkungen hat die Coronakrise in Österreich aber auch zu einem geschärften Bewusstsein um den hohen gesellschaftlichen Stellenwert von regionalen Lebensmitteln, Produkten und Dienstleistungen geführt. Den Menschen ist es wieder wichtig zu wissen, woher Produkte kommen, die sie einkaufen. So geben etwa die Konsumentinnen und Konsumenten gesunden Lebensmitteln aus nachhaltiger, regionaler Landwirtschaft immer öfter den Vorzug. Die letzten Monate haben einmal mehr die Bedeutung von regionalen Kreisläufen insgesamt verdeutlicht und gezeigt, wie wichtig die Eigenversorgung eines Landes mit sicheren, qualitativ hochwertigen heimischen Lebensmitteln ist. Mir liegt ein klares Bekenntnis zu regionalen Produkten und Dienstleistungen besonders am Herzen. Denn davon profitieren wir alle: Kürzere Transportwege schonen unsere Umwelt, die Wertschöpfung bleibt in der Region, und die Konsumentinnen und Konsumenten bekommen gesicherte Qualität. Um diesen erfolgreichen Weg weiterzugehen, braucht es einen Schulterschluss aller Akteure sowie ein klares Bekenntnis zu Rohstoffen und Produkten aus Österreich. Gerade in Zeiten wie diesen haben sich dabei die regional verankerten Genossenschaften als verlässliche, stabile und vertrauenswürdige Partner erwiesen.


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Leadership in der virtuellen Arbeitswelt In der Krise zeigt sich nicht nur der Charakter von Menschen, sondern auch die Kultur von Organisationen. Leadership und Digitalkompetenz sind dabei unverzichtbar. Wie Führungskräfte mit flexiblen Arbeitswelten, virtuellen Teams und anderen neuen Herausforderungen richtig umgehen.

Text: Peter Baumgartner Fotos: iStockphoto.com, Christian Haggenmüller


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Ich plädiere dafür, bei der permanenten Dramatisierung der heutigen Zeit nicht mitzumachen. Denn Geschwindigkeitssteigerungen gab es schon immer, die gewaltige Dynamik und der permanente Wandel sind nicht neu. Diesen Wandel hätten wir Ich sitze nicht im Zeitgeistin den 1970er Jahexpress. Ich lege vielmehr ren, in den 1920er vorne die Schienen und beJahren oder auch stimme den Kurs.“ schon in der Hochphase der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts genauso wahrgenommen. Heute springen aber alle enthusiastisch auf den digitalen Zeitgeistexpress auf, ohne zu fragen, wer den Zug wohin fährt. Mich hat es noch nie interessiert, in diesem Express zu sitzen. Ich lege vielmehr vorne die Schienen und bestimme den Kurs. Den Kurs in Richtung weniger an digitaler Scheinwelt und überbordendem Technologiekult, dafür mehr an wertschätzender Führungskultur und Menschlichkeit in der Wirtschaft. ANALOG IST DAS NEUE BIO Das Katapult für die aktuellen Entwicklungen hat einen Namen: Die Möglichkeiten und Einsatzgebiete der künstlichen Intelligenz sind zahllos, die wirtschaftlichen Prognosen vielversprechend. Mit den Chancen dieser Technologie gehen aber auch Risiken und ethische Fragestellungen einher: Einerseits geben Tech-Giganten wie Google vor, dass KI nötig ist, um globale Katastrophen wie den Klimawandel, Krebs

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Top-Leistungen am Arbeitsplatz verschmelzen mehr und mehr mit Lebensqualität und Freizeitkultur. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice bedeuten einen Kulturwandel in der Führung. Vertrauen in die Mitarbeiter ist gefordert. Zukunftsfähige „virtuelle“ Führungskräfte besitzen ein positives Menschenbild und ein niedriges Kontrollbedürfnis. Führung kann aber niemals rein digital sein, denn Gefühle und Menschlichkeit lassen sich nicht digitalisieren.

und Hunger zu bekämpfen. Auf der anderen Seite begreifen Vorreiter wie Elon Musk und Bill Gates sie mittlerweile als größte Bedrohung der Menschheit. Natürlich ist uns klar, dass künstliche Intelligenz Tausende Konten extrem schnell durchsuchen kann und uns dadurch enorm hilft. Natürlich glauben wir an Pflegeroboter und digitalisierte Operateure, die wichtige medizinische Dienste leisten. Natürlich hoffen wir auf intelligente Verkehrssysteme, die uns unfallfrei und schnell voranbringen. All diese positiven Entwicklungen bedeuten aber nicht, dass wir blinde Digitalisierungsverehrer sein und uneingeschränkt bleiben müssen. Vordigitale Zeiten, Digitalisierung an sich und Postdigitalisierung sind kulturgeschichtliche Stationen – nicht mehr und nicht weniger. Immer mehr Menschen und Unternehmen wollen immer mehr an Digitalisierung haben und einsetzen. Das Gegenteil von Digitalisierung ist unattraktiv, altmodisch, überholt. In das analoge Zeitalter will keiner zurück. In allen Feldern der Gesellschaft gibt es digitale Errungenschaften: ein iPad für jedes Schulkind, unkontrollierte Datenzugriffe, digitale Währungen, digitale Geschäfte, Hologramme als Gesprächspartner und vieles mehr. Die Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft, auf Freizeit und Berufsleben sind enorm. Was bedeutet das für Organisationen, was für die Führung? Top-Leistungen am Arbeitsplatz verschmelzen mehr und mehr mit Lebensqualität und Freizeitkultur. Im Kampf um frische Talente setzen immer mehr Unternehmen auf neue Arbeitszeitmodelle, die es erlauben, Arbeit und Privatleben in Einklang zu bringen. Nur wer die Bedürfnisse der jungen Generation ernst nimmt, wird zukünftig wirtschaftlich vorne dabei sein. Unternehmen erwarten von Mitarbeitern mehr Flexibilität. Mitarbeiter erwarten von Unternehmen zeitgemäße und flexible Modelle. Das klingt eigentlich logisch und einfach. DIE FLEXIBLE ARBEITSWELT Viele Unternehmen verstehen noch immer nicht, welche Kraft in flexiblen Arbeitszeiten und ebensolchen Anwesenheiten liegt. Hier prallen seit jeher Welten aufeinander. Die Trägheit des Systems war lange schwer


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aufzubrechen, bis dieses kleine Virus – ausnahmsweise war es kein Computervirus – mit riesigen Auswirkungen die Wirtschaft lahmlegte. Plötzlich waren Flexibilität und Homeoffice angesagt. Die Langzeitwirkung des Effekts bleibt abzuwarten. Wer heute flexible Arbeitszeiten und Homeoffice ablehnt, entledigt sich damit auch gleich der jungen Talente. So achtet die junge Generation darauf, wo sie zu welchen Bedingungen einsteigt. Die Möglichkeit auf Homeoffice spielt für sie eine entscheidende Rolle. Flexibilität ist für diese Altersgruppe ein wesentliches Arbeitgeberkriterium. Ohne diese Möglichkeit würde fast die Hälfte einen Job nicht annehmen. Anwesenheitspflicht macht Arbeitgeber also unattraktiv. Die unterschiedlichen Modelle der Arbeitswelt haben aber jeweils spezifische Vorund Nachteile: » Flexible Arbeitszeiten: Die klassische Kernarbeitszeit verliert an Relevanz. Die gesteigerte Flexibilität der Arbeitswelt betrifft viele Unternehmen, Gleitzeit ohne Kernzeit wird immer beliebter. Die daraus resultierende Vertrauensarbeitszeit setzt ein hohes Maß an Eigenverantwortung und eine entsprechende Unternehmens kultur voraus. Eine Studie der Universi tät Washington zeigt, dass Anwesen heitspflicht nicht produktiver macht und nur das Mikromanagement fördert. Die Zufriedenheit ist bei freier Zeiteinteilung höher. » Anwesenheit: In manchen Berufen ist eine Anwesenheitspflicht obligatorisch. Köche, Installateure oder Chirurgen schaffen es wie viele andere keinesfalls, im Homeoffice zu arbeiten. Rund 40 Prozent aller Berufe könnten aber von zuhause aus erledigt werden. Nach wie vor gilt die Anwesenheit als Indikator für Loyalität und Leistungswillen. Hier ist ein Umdenken gefordert. » Homeoffice: Inwiefern Beschäftigte im Homeoffice arbeiten können, hängt vom Digitalisierungsgrad des Arbeitgebers ab. Homeoffice heißt nicht strukturloses Arbeiten. Durch Regelmeetings, Rituale und auch Zielvorgaben bleiben die Mitar beiter nahe am Unternehmen. Eine Studie aus Stanford beweist, dass das Arbeiten von zuhause die Produktivität signifikant steigert. Studienteilnehmer

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klagten jedoch über Isolation, zugleich leisten sie eher unbezahlte Mehrstun den. Eine Mischung aus Büroalltag und Homeoffice ist ideal. Für Führungskräfte bedeuten flexible Arbeitszeiten und Homeoffice einen Kulturwandel: Die Anwesenheitskultur wird zum Auslaufmodell, Vertrauen in die Mitarbeiter ist angesagt. Führungskräfte müssen verstehen, dass Zeit nicht gleich Leistung ist. Unternehmen müssen als Konsequenz daraus Kompetenzen aufbauen, um virtuelle Mitarbeiter einzubinden und zu führen. NEUE DIGITALE FÜHRUNGSWELT Das Arbeiten in virtuellen Teams bringt Vorteile und Risiken mit sich. So können Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Eigenorganisation flexibel und ortsunabhängig zusammenarbeiten. Virtuelle Teams sparen Mobilitätskosten und optimieren die Zeitressourcen. Ein virtuell geführtes Team ist aber abhängig von der Kommunikationstechnologie. Ein mangelndes oder fehlendes Feedback durch die Führungskraft ist ebenfalls ein Nachteil. Vorteile von „Distance Leadership“ sind jedenfalls: » erhöhte Selbstständigkeit der Mitarbeiter » neue Anreize » mehr Vertrauen » weniger Mitarbeiterfluktuation » strukturierteres Arbeiten Zukunftsfähige „virtuelle“ Führungskräfte besitzen ein positives Menschenbild und ein niedriges Kontrollbedürfnis. Sie schaffen es, mit ihren Mitarbeitern realistische Ziele zu vereinbaren und ihnen konstruktives, förderndes Feedback zu geben. Zudem sind sie gute Kommunikatoren und vertraut mit modernen Kommunikationstechnologien. Die wichtigsten Führungsaufgaben in virtuellen Teams sind: » Vertrauen: abhängig von der Zeitspanne der Zusammenarbeit und Kommunika tion » Kommunikation: offene Team-Meetings und Vieraugengespräche » Arbeitsabläufe: müssen vom Team ange nommen und unterstützt werden » Teamentwicklung: Auflösen von Konflik ten und Wahrnehmungsunterschieden Führungskräfte sind Vorreiter der Zukunft. Niemand muss sich so sehr mit der Zukunft auseinandersetzen wie sie. Gerade in digi-

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talen Zeiten ist die Fähigkeit, Menschen für ein Unternehmen, ein Team oder eine Aufgabe zu gewinnen, existenziell wichtig. WAS BLEIBT UND WAS KOMMT?

Peter Baumgartner ist internationaler Unternehmensberater und Vortragsredner. Der Wirtschaftsliteraturpreisträger ist Autor mehrerer Bestseller wie „Manager müssen Mut machen“ und „Leadership leben“. Er ist Vordenker, bewegt Menschen und macht Organisationen zukunftsfähig.

Was nach der Digitalisierung kommt? Hierzu mangelt es an Vorstellungsvermögen und -willen. Derzeit sind wir dermaßen durchdigitalisiert, dass wir uns eine Zeit mit weniger Digitalisierung nicht vorstellen wollen und können. Die Hoffnung aber Wenn wir alles digitalisieren, was digitalisiert werden kann, lebt. Die Digitalisierung schwebt in wird das Nicht-Digitalisiergroßer Gefahr. Was bare immer wertvoller.“ heute modern ist, beginnt morgen zu modern. Jenseits der digitalen Selbstgefälligkeiten lauern analoge Realitäten für die Wirtschaft. Der Mensch braucht Kommunikation und Kultur. Im Kommunikationszeitalter erleben wir paradoxerweise einen Mangel an zwischenmenschlicher Kommunikation. Zwischen Bytes, Bits und Online sind wir oft genug allein. Irgendwann brauchen wir wieder mehr Gesichter, Stimmen und Persönlichkeiten. Wir brauchen etwas anderes, etwas Reales – greifbar, spürbar. Oder eben nur ein Lächeln im Gesicht des Gegenübers. Das analoge Verhalten wird unendlich wertvoll, Führung kann darauf niemals verzichten. Gefühle und Menschlichkeit lassen sich nicht digitalisieren. Der Mensch ist und bleibt die schönste und emotionalste Maschine. Und übrigens: Der Mensch programmiert die Maschine, nicht die Maschine den Menschen. Digitale Führung ist viel weniger Technologie und viel mehr Kultur als jemals erhofft. Das ist gut so. Das ist die Umkehr. Das ist der Weg hin zu den Soft Skills. Zuversicht basiert nicht auf Apps und Downloads. Zuversicht lässt sich nicht digital erfassen, sie ist mehr Zwischenmenschlichkeit und weniger Technologie. DIGITALISIERUNG ALS WERKZEUG, MENSCHLICHKEIT ALS PFLICHT Technologiegläubigkeit allein ist zu wenig. Heute ist Zugang wichtiger als Besitz. Tag für Tag treffen wir auf Unternehmen wie Airbnb, Skype, Whatsapp, Facebook oder

Netflix, die allesamt keine eigene Infrastruktur besitzen. Dennoch gehört ihnen in Wirklichkeit alles. Und genau das macht sie zum Vorbild für die neuen Generationen. Ich bin überzeugt, dass Zugang zu Infrastruktur extrem wichtig bleibt. Diese modernen Unternehmen sitzen ja nur gemächlich auf der Infrastruktur anderer Organisationen. Die Banking-Apps oder Fintechs, die sich die Bankeninfrastruktur zunutze machen, sind ein Beweis dafür. Wenn wir alles digitalisieren, was digitalisiert werden kann, wird das NichtDigitalisierbare immer wertvoller. Unsere Hoffnung heißt: Buchladen statt Versandhandel, Face-to-face statt Facebook, Kino statt Netflix, sprechen mit Mama statt mit Alexa und denken statt nur googeln. Unsere Hoffnung heißt: mehr Mensch und weniger Maschine. Der Mitmensch wird zum Luxus – als Arzt, Kollege, Bankberater, Verkäufer, Dienstleister, Telefonstimme, Freund, vielleicht sogar Liebhaber. Es geht nicht um die Abschaffung von Digital und zurück zu Analog. Es geht um eine humane Gesellschaft, die digital und analog ist. Ganz unternehmenspraktisch gedacht, sind hundert Prozent der Mitarbeiter Menschen, und hundert Prozent der Kunden sind auch Menschen. Man muss nur so agieren, dass man diesen Menschen gerecht wird. Digitalisierung ist Kulturwandel, und Digitalisierung stößt an ihre Grenzen. Führungskompetenz lässt sich nicht digitalisieren. Großartig! g

Buchtipp Peter Baumgartner Zuversicht Zukunft: Wie Sie den Wandel umarmen und Organisationen zukunftsfähig führen Colorama Business Verlag 232 Seiten € 16,90


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Die Durchstarter

Vorstand Klaus Deutschbauer (li.) und Finanzchef Jürgen Kurz (re.) vor der Zentrale der MehrwertEinkaufsgenossenschaft in Frohnleiten

Unmittelbar vor Ausbruch der Coronakrise ist eine neue Genossenschaft gestartet, die ihren Fokus ausgerechnet auf Gastronomie und Hotellerie richten wollte. Aufgeben war für die Gründer aber nie eine Option. Stattdessen wurde das Geschäftsfeld sogar noch erweitert und die Aufbauarbeit intensiviert. Über den turbulenten Start einer innovativen Neugründung, die noch hoch hinaus will.

Text und Fotos: Günther Griessmair

„Die Interessenten rennen uns trotz Corona die Türen ein, Branchengrößen wie Mercedes, Mazda oder Puma, aber auch regionale Hersteller wie Gasteiner Mineralwasser oder Gmundner Keramik sind schon mit an Bord“, berichtet Klaus Deutschbauer, Vorstand der Mehrwert-Einkaufsgenossenschaft mit Sitz in Frohnleiten bei Graz. Der ehemalige Bahnradprofi und Manager in der Lebensmittelbranche ist ganz in seinem Element: Er aktiviert Kontakte von früher, betreibt Networking, handelt Verträge aus. „Rund 60 Unternehmen sind schon fix mit dabei, und allein in den letzten drei Wochen hatte ich über 150 Termine mit Interessenten“, rechnet er vor. Das Ziel: Lieferanten und Abnehmer aus den verschiedensten Branchen sollen Teil einer großen Einkaufsgenossenschaft werden, bei der alle

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Mitglieder profitieren – durch neue Absatzmärkte und günstige Preise. START IN DER CORONAKRISE Zunächst sollte das Projekt nur im Gastronomie- und Hotelleriebereich starten. Doch wegen Corona, aber auch wegen des regen Interesses aus anderen Branchen wurde das Angebotsspektrum nun massiv erweitert – etwa um Bildungsinstitutionen, Pflegeeinrichtungen, Bekleidung, Energie und Telekommunikation, Bauen und Renovieren, Trafiken oder Fuhrparkwesen. Und: Neben Unternehmen können auch Private Teil des Vorteilsnetzwerks werden. „Wir hätten keinen schlechteren Zeitpunkt für die Gründung finden können als unmittelbar vor Ausbruch der Coronakrise“, erinnert sich Jürgen Kurz, Leiter des Bereichs Finanzen und Einkauf. „Aber Krisen bedeuten immer auch Chancen für Neues.“ Und diese Chancen möchte Kurz, der bereits eine bewegte Karriere als Bundesligaprofi, Fußballmanager und Einkaufsexperte für den Bereich Ware beim steirischen Raiffeisenverband hinter sich hat, unbedingt nutzen, obwohl er auf dem Rasen immer eher der defensive Spielertyp war, wie er selbst sagt.

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Kulinarik soll auch in der Mehrwert-Einkaufsgenossenschaft nicht zu kurz kommen. Dazu wurde von der Gemeinde Frohnleiten das Volkshaus gepachtet, ein Gastronomie- und Veranstaltungszentrum mit insgesamt 700 Sitzplätzen direkt am Murufer gelegen – ein Radweg führt praktisch durch den Gastgarten. Hier sollen auch Events steigen, die das Vorteilsnetzwerk physisch erlebbar machen, im kommenden Jahr etwa bei einer BMW-Roadshow oder den Mazda-Tagen. Ausstellungsfläche für die Produkte der Mitglieder bietet auch die Zentrale der Ge-

VON DEN ANFÄNGEN EINER IDEE

Gründer Klaus Deutschbauer: „Über 150 Gespräche mit Interessenten allein in den letzten drei Wochen“

Die beiden ehemaligen Spitzensportler sind sich im Vorjahr auf einer großen Lebensmittelmesse in Köln zufällig über den Weg gelaufen und haben gemeinsam mit einem Kernteam die Idee entwickelt und ihre Kontakte in die Waagschale geworfen. „Unglaublich – im Fußballgeschäft kennt jeder jeden“, so Deutschbauer anerkennend über sein Gegenüber. Der Ex-Radprofi hat bereits vor vier Jahren mit einer pfiffigen Geschäftsidee Schlagzeilen gemacht: Er entwickelte damals die „MultiCulties“, knödelförmige Geschmackserlebnisse, die es auf Österreichisch (süß mit Marille-VanilleFülle oder herzhaft mit Rindfleisch-Kren), Mexikanisch (Bohnen-Mais), Italienisch (Mozzarella-Tomate) und in vielen anderen Variationen gibt.

nossenschaft im Technologiepark Frohnleiten. Daneben können die Angebote und Leistungen auch über einen gerade im Aufbau befindlichen Webshop unter mehrwert-eg.com abgerufen werden, und für den persönlichen Kontakt soll es ein Netz von Außendienstmitarbeitern für die verschiedenen Fachbereiche des Sortiments geben, geplant sind vorerst rund 15 Angestellte. Denn klar ist: Für das Geschäftsmodell einer derart breit aufgestellten Einkaufsgenossenschaft braucht es rasch eine bestimmte Mindestgröße – sowohl auf der Angebots-, als auch auf der Nachfrageseite. So zählt die Hogast-Genossenschaft, der Branchenprimus im Bereich Hotellerie, rund 3.000 Mitglieder und 1.300 Lieferpart-


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Mehrwert-Vorstand Klaus Deutschbauer im Gastgarten des Volkshauses Frohnleiten

ner. „Aber die Hogast hat über 40 Jahre gebraucht, um so groß zu werden. Und wird sind weniger ein Konkurrent als vielmehr eine Ergänzung“, so Deutschbauer. GENOSSENSCHAFT ALS VORTEILSNETZWERK Was muss man nun tun, um in den Genuss der Vorteile bei der Mehrwert-Einkaufsgenossenschaft zu kommen? Deutschbauer: „Unternehmen zeichnen Geschäftsanteile über mindestens 500 Euro, Privatpersonen sind bereits mit 100 Euro dabei. Daneben ist eine Eintrittsgebühr von 60 Euro zu entrichten. Hinzu kommt ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 240 Euro für Unternehmen oder 90 Euro für Private.“ Für Lieferanten gibt es überdies die Möglichkeit, zunächst über eine Rahmenvereinbarung mitzumachen, aus der später eine Mitgliedschaft entstehen kann.

Allen Mitgliedern und Partnern verspricht Deutschbauer im Gegenzug ein breitgefächertes Angebot an günstigen Produkten und Dienstleistungen – vom Kauf eines neuen Firmenwagens über Getränke für die Gastronomie bis hin zu Berufs- und Sportbekleidung, wo etwa 30 Prozent Rabatt gegenüber dem Marktpreis geboten werden. Möglich ist das laut Deutschbauer durch gute Kontakte zu den Lieferanten, den Bezug von Waren möglichst direkt an der Quelle unter Ausschaltung des Zwischenhandels und die Nutzung von Synergien. Wenn die Rechnung aufgeht, dann soll binnen zwei Jahren die Grenze von tausend Mitgliedern überschritten werden. „Wir legen den Fokus ganz klar auf gesundes und nachhaltiges Wachstum, aber als ehemalige Sportler wollen wir natürlich irgendwann auch ganz oben auf dem Podest stehen“, so Deutschbauer schmunzelnd. g

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Der richtige Weg zur neuen Strategie Warum Strategiearbeit fĂźr Genossenschaftsbanken ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, wurde im letzten Heft gezeigt. Diesmal geben wir praktische Tipps fĂźr die Gestaltung des Strategieprozesses. Gerade in bewegten Zeiten ist ein gut gesteuerter, reflektiver Prozess erforderlich, um die Strategie erfolgreich auf den Boden zu bringen. Text: Clemens und Anton Schmoll Foto: iStockphoto.com


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Als Grundparadigma moderner Strategiearbeit gilt: „Kein Plan überlebt den Kontakt mit der Realität.“ Aber das heißt nicht, dass man auf Strategiearbeit verzichten soll – es braucht nur einen gezielt gesteuerten Strategieprozess. Improvisation ist also fehl am Platz, gefordert ist vielmehr ein professionelles Strategiemanagement. Dafür ist es hilfreich, sich zunächst einen Überblick über die einzelnen Schritte zu verschaffen. Es geht – wie bereits in Heft 2/2020 dargelegt – um folgende Phasen: » Initiierung: Gestaltung des Prozesses, Startkommunikation » Analyse: Untersuchung der Ist-Situation, Zukunftstrends, 360-Grad-Standortbe stimmung der Bank » Ausarbeiten von Optionen: Entwickeln von möglichen zukünftigen Gestaltungs formen, Zielmärkte » Entscheidung: Auswahl der Option » Rüttelstrecke: Organisation auf GAP Analyse zur Implementierung testen » Implementierung: Gestaltung der Umset zung » Controlling: Wirkungscontrolling über die Strategie, Anpassung und Erweiterung

GRUNDLEGENDE FRAGEN ZUM START Im Rahmen der Initiierung gehört vor allem geklärt, warum die Bank gerade jetzt einen Strategieprozess startet. Davon abhängig wird sich der Prozess unterschiedlich gestalten. » Quercheck „Sind wir am richtigen Weg?“: Hier empfiehlt sich ein sehr schlanker Strategieprozess. » Radikale Neupositionierung mit Hinter fragung des Geschäftsmodells: Hier empfiehlt sich ein Strategieprozess, der für sich selbst schon ein Wachrütteln bedeutet. Im Rahmen der Initiierung wird geklärt, wie sich der Prozess gestalten soll. Dabei gilt es, folgende Fragen zu klären: » Wie sieht die Projektorganisation aus? » Was sind die strategischen Fragen, die geklärt werden müssen? » Wie sieht der Grad der Partizipation der Mitarbeiter und Experten aus? » Welche Meilensteine werden gesetzt? » Welche Funktionen übernehmen externe Berater, falls gewünscht? KNACKIGE ANALYSE

Die sieben Schritte im Strategieprozess

„Paralyse durch Analyse“ ist gerade in zahlengetriebenen Organisationen wie Banken oft gelebte Praxis. Man kann heute alles über Excel-Listen und IT-Systeme auswerten und analysieren. Verloren geht dabei aber die Klarheit der Aussagen. In den meisten regionalen Genossenschaftsbanken ist die Führungsstruktur mit den täglichen Problemen und Herausforderungen des Alltags gut vernetzt. Die Innenorganisation bekommt also durch den Markt die Kundenbedürfnisse passend mit. Das bedeutet: Eine kurze, knackige Analyse mit einer Auflistung der Stärken und Schwächen reicht aus. In jeder Analyse muss auch der Kunde vorkommen – sei es durch Kundenbefragung oder Diskussionsrunden. Am Ende der Analyse sollte eine Präsentation mit folgenden Themenbereichen vorhanden sein: » Einschätzung zur Marktposition » Einschätzung zur Prozessqualität


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DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Damit ein Plan den Kontakt mit der Realität überlebt, braucht es einen gezielt gesteuerten Strategieprozess. Das Einbeziehen der Mitarbeiter und die Reduktion auf das Wesentliche sind dabei wichtige Erfolgsfaktoren. Eine neue Strategie ist immer mit Veränderung verbunden, Strategiearbeit muss also auch wehtun. Die richtige Kommunikation des Ergebnisses erzeugt bei allen Mitarbeitern Aufbruchsstimmung.

» Analyse der Kosten-Erlös-Rechnung » Rückblick: Was wurde aus dem letzten Strategieprozess umgesetzt? » Welchen strategischen Fragen soll man sich stellen? » Hypothese: Wie wird sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren entwickeln? Im Rahmen einer radikalen Neupositionierung durch Strategiearbeit empfehlen wir, an dieser Stelle bereits die Mitarbeiter entsprechend einzubeziehen. AUSARBEITEN VON OPTIONEN Spätestens jetzt startet der kreative Akt der Strategiearbeit. Es gibt rund 20 Denkschulen und Konzepte, wie man Strategien erarbeitet. Beratergetrieben tauchen immer wieder neue Modebegriffe und Modelle auf. Wir sind der Meinung, dass es simpel bleiben muss. Auf gut durchmischte Arbeitsgruppen, gepaart mit den richtigen Fragestellungen, kommt es an. Es ist wie beim Kochen: Wenn die Zutaten die passende Qualität haben, dann bleibt der Kochprozess simpel. Zu langatmige Strukturen bringen die Arbeit nicht weiter und führen zu Ermüdung im Strategieprozess. Zweckmäßig ist es oft, wenn es für die strategischen Fragen zwei bis drei Optionen gibt. Dabei ist über den Tellerrand denken erlaubt und gefordert. Das Beobachtungskriterium lautet: Strengen wir uns

an? Fordern wir uns in dieser Phase genug? Können wir uns von den Alltagsproblemen lösen und offen sein, um in Optionen zu denken? Das ist für gerade für operative Führungskräfte eine große Herausforderung. Sie sind so gefordert von den täglichen Problemen, dass sie sich geistig kaum freispielen können. „Das geht bei uns nie …“, „Wäre schön, aber …“, „Und das mit unserer IT … niemals!“, sind dann typische Aussagen. Es braucht also eine Person oder Elemente im Prozess, die einen richtig fordern und das Loslassen unterstützen. Gute Strategiearbeit ist fordernd! Wichtig dabei: Das Einbeziehen der Mitarbeiter in die Ausarbeitung der Optionen ist der erste Erfolgsfaktor, dass die Strategie in der Realität auch überlebt. DIE ENTSCHEIDUNGSFINDUNG Entscheidungen müssen konsequent und mutig getroffen werden. Das ist einfach gesagt, aber oft schwer zu erreichen. Und geht die Strategie in Richtung Neupositionierung der Bank, dann muss auch hier Realitätssinn walten: Entscheidungen werden selten eindeutig getroffen, es ist ein Vor und Zurück, ein Abwägen und Hinterfragen. Hier existieren oftmals zu naive Entscheidungsbilder: Im Sinne der Optionen werden in einem formalen Setting Lösungen besprochen und dann eindeutig beschlossen – so hätten wir es gerne, aber das sieht man in der Praxis selten. Wir vergleichen es mit dem Kneten eines Knödelteigs: Viele Zutaten kommen zusammen und müssen intensiv geknetet werden, und am Ende gibt es dann einen fertigen Knödel, der im Wasser nicht zerfällt. So ist es auch bei Entscheidungen: Unterschiedliche Gespräche werden geführt, verschiedene Abstimmungen

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sind notwendig, und am Ende kommt eine Entscheidung heraus, die im Idealfall klar und simpel wirkt. Auf Basis dieser Entscheidung kann dann die Vorstellung der Strategie erfolgen. Ein klarer Kommunikationsfahrplan ist hier hilfreich. Die passende Mischung aus Präsentation, Diskussion und kritischer Reflexion ist wesentlich. Strategie soll ja Aufbruch erzeugen. Leider haben wir oft den Eindruck, dass dies bei der Präsentation der Strategie vergessen wird. Wir konnten in der Praxis schon 50-seitige Powerpoint-Präsentationen zur neuen Strategie erleben, gespickt mit Kennzahlen und Tabellen. Das hat dann eher Rechtfertigungscharakter und erzeugt keine Aufbruchsstimmung. Es gilt wie immer: Management und Führung (und auch deren Instrumente) müssen simpel und einfach sein. Alles, was kompliziert ist, überlebt nicht in der Praxis. Eine gute Strategie lässt sich über drei bis vier Folien erklären. Diese sollten Antworten auf folgende Fragen geben: » Was ist unsere strategische Zielsetzung? » Was ist unser Bild von der Zukunft? » Was sollen die Kunden über uns sagen? » Mit welchen Projekten und Maßnahmen erreichen wir die Ziele? » Welche Kennzahlen verwenden wir zur Erfolgssteuerung? » Was bedeutet das für die Mitarbeiter?

» Sind die Führungskräfte in der Lage, den Wandel zu steuern? Haben sie schon das Mindset aufgebaut, um die neue Strategie auf den Boden zu bringen? Sehr oft scheitern Strategien der aktiven Marktbearbeitung daran, dass Führungs kräfte nicht in der Lage sind, den Dienst leistungsgedanken zu inhalieren und zu leben – sie sitzen oft auf dem hohen Ross der alten Positionierung einer Bank. Sie sind dann auch nicht in der Lage, eine Vertriebsmannschaft nach vorne zu bringen. » Wie wird die Kompetenz der Mitarbeiter eingeschätzt? Welche Qualifikationen und Kompetenzen fehlen hier? Welche Entwicklungen müssen auf der Personal ebene gestartet werden? » Die beiden Fragen oben münden in der Frage, ob die Organisation insgesamt fit ist. Wo gibt es hier Lücken? Wie werden diese kompensiert – über neue Stel len, über Arbeitsgruppen oder über Pro jekte? Ein Beispiel dazu: Eine Bank hat in ihrer Strategie festgehalten, dass sie in Zukunft aktive Produktentwicklung be treiben möchte. Nun stellt sich die Frage, wie dies in der Organisation verankert wird. Wird ein Produktmanager ein gestellt, wird eine Arbeitsgruppe dafür gegründet? Welche Prozesse braucht es dafür in Zukunft?

DIE RÜTTELSTRECKE ZUR IMPLEMENTIERUNG

STRATEGISCHES WIRKUNGSCONTROLLING

Sind wir bereit für die Schmerzen? Ein bekannter Unternehmer hat einmal gesagt, dass gute Strategiearbeit wehtut. Das klingt drastisch, stimmt aber. Wenn Strategie etwas Neues bedeutet, dann ist sie mit Veränderung verbunden. Im Rahmen der Rüttelstrecke gehört daher überprüft:

Ein wichtiger Aspekt der Strategiearbeit besteht in der Frage, wie man die nötige Konsequenz bei der Implementierung der Strategie bekommt. Wir sehen dafür folgende Erfolgsfaktoren: » Es gibt Führungskräfte, die daran glau ben und es schaffen, die Vision mit der


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Realität zu verbinden. Es kristallisieren sich in der Praxis immer wieder solche Leader heraus, die Schwung hinein bringen und ihn auch aufrechterhalten. » Wichtig sind regelmäßige Reviews zum Fortschritt in Hinblick auf die Erreichung der strategischen Eckpunkte und ein klares Controlling der dazugehörigen Projekte und Initiativen. Es empfiehlt sich, zumindest alle sechs Monate einen simplen Review durchzuführen. » Ein jährliches Strategie-Update behan delt folgende Fragen: Was haben wir erreicht? Welche Annahmen waren falsch? Was gehört angepasst? Welche neuen Projekte und Initiativen brauchen wir? Der Review per se ist als kommunikativer Prozess zu sehen: Feedback, Kritik und Diskurs sind hier Bestandteile. Schlecht ist, wenn das Ganze zu einem Reporting einer Stabsstelle in Richtung Vorstand verkümmert und der Fortschritt auf kalten Powerpoint-Folien präsentiert wird. Da entsteht keine Energie. Viel besser ist: Es gibt Kommunikationsformate zwischen Führungskräften und Schlüsselkräften mit Einbindung der Sicht der Kunden. DAS FAZIT Die Coronakrise bietet einen guten Anlass für Banken, ihre bisherigen Strategien kritisch zu hinterfragen. Eine bewusste Strategiearbeit schafft den Rahmen, um sich mit zukünftigen Themenstellungen auseinanderzusetzen. Der Strategieprozess ist hierfür das passende Gefäß und kann als Katalysator dienen. Die Aufgabe ist aber, die ganze Organisation in Schwingung zu versetzen – spürbar in den Rumpelstrecken der Umsetzung. Diese gelingt nur, wenn Mitarbeiter, Führungskräfte und auch Kun-

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den in passendem Maße eingebunden werden. Die Lust an der Auseinandersetzung mit Möglichkeiten sollte im Vordergrund stehen. Konsequente Strategiearbeit ermöglicht es einer Genossenschaftsbank, neue Marktchancen zu erkennen, darauf zu reagieren und sie für sich zu nutzen. g

Clemens C. Schmoll ist Geschäftsführender Gesellschafter von dieBasis – Gesellschaft für Organisations- und Kompetenzentwicklung in Innsbruck. E-Mail: clemens.schmoll@ diebasis.at

Anton Schmoll ist Bankentrainer, Lektor an der Fachhochschule für Bank- und Finanzwirtschaft sowie Fachbuchautor. E-Mail: anton.schmoll@aon.at

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Erste große Studie zu Corona:

Krisengewinner Wie haben sich Österreichs Genossenschaften in der Coronakrise bisher geschlagen? Und was lässt sich daraus für die Zukunft ableiten? Diese und weitere Fragen werden derzeit im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie des Fachbereichs für Genossenschaftswesen an der Uni Wien beleuchtet. „cooperativ“ bringt erste Ergebnisse. Text: Michaela Schaffhauser-Linzatti Fotos/Grafiken: iStockphoto.com, FOG


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Genossenschaft?

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Im Rahmen einer Delphi-Studie sind österreichische Experten zur Performance von Genossenschaften in der Krise befragt worden. Aufgrund von Corona lässt sich ein Wertewandel ausmachen, der die genossenschaftlichen Prinzipien wieder attraktiver macht.

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Solidarität, Regionalität, Mitgliederorientierung, Langfristigkeit und nicht dominierende Ausrichtung auf kurzfristige Kennzahlen sind Gründe dafür, dass sich Genossenschaften in der Krise profilieren können.

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EPUs und KMUs sind im genossenschaftlichen Verbund langfristig stabiler und stärker am Markt, meinen die Experten.

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Der Genossenschaftssektor mit seiner großen Bedeutung für die österreichische Wirtschaft fand in der Coronakrise in zahlreichen Medienberichten positive Resonanz, doch wurde bisher keine wissenschaftlich fundierte Analyse über Genossenschaften in Zeiten von Covid-19 angestellt. Der Fachbereich für Genossenschaftswesen an der Uni Wien und der Forschungsverein für Genossenschaftswesen (FOG) wollten das im Rahmen des Gesamtprojekts „Genossenschaften in Zeiten von Krisen“ ändern. Aufbauend auf einer Erhebung, die untersucht, als wie wichtig das tatsächliche Leben genossenschaftlicher Werte und Prinzipien in der Krise empfunden wird und in welchem Ausmaß diese den Mitgliedern vermittelt werden, analysiert die Studie das Managementverhalten hinsichtlich Mitgliederförderung und Strategie. Auch die Unterschiede zu anderen Rechtsformen stehen im Fokus. Daraus lassen sich künftige Potenziale ableiten, wie Genossenschaften ihren Weg trotz Krise erfolgreich fortsetzen können.

Einschätzung, wie sehr genossenschaftliche Werte und Prinzipien in Österreich gelebt (oben) und wie durch das Management kommuniziert werden (unten)

Im Rahmen der Studie wurde zunächst die Sicht von Expertinnen und Experten aus der genossenschaftlichen Forschung und Praxis eruiert. In einem zweiten, noch nicht abgeschlossenen Schritt werden aus einer Innensicht die Genossenschaftsmitglieder befragt. Die hier vorgestellten Zwischenergebnisse basieren auf der im Mai und Juni 2020 durchgeführten Delphi-Studie mit 44 Genossenschaftsexperten aus 13 Branchen. Diese antworteten zunächst unabhängig und konnten in einer zweiten Runde den eigenen Standpunkt mit den Aussagen der anderen Experten vergleichen und gegebenenfalls anpassen. EIGENSCHAFTEN, WERTE UND PRINZIPIEN Die teilnehmenden Experten sehen Genossenschaften generell als langfristige, traditionelle und sympathische Organisationen, meistens auch wirtschaftlich erfolgreich, transparent, zeitgemäß, wettbewerbs- sowie sozial und gemeinwirtschaftlich orientiert. Die erste Grafik auf dieser Seite zeigt, wie die Teilnehmer das Leben zentraler genossenschaftlicher Werte und Prinzipien durch die Genossenschaften einschätzen. Die Grafik darunter zeigt dagegen, wie diese Werte in der Coronakrise tatsächlich kommuniziert wurden. Dabei ist die Diskrepanz zwischen dem Leben der genossenschaftlichen Werte und ihrer aktuellen Kommunikation augenscheinlich. Letztere sollte unbedingt ausgebaut werden. Denn es gilt als erwiesen, dass das Auseinanderdriften von Tatsache und Wahrnehmung zu Unzufriedenheit unter den beteiligten Personen führt, was in weiterer Folge einen Rückzug und letztlich Austritt verursachen kann. Aus den Ergebnissen lässt sich generell herauslesen, dass die teilnehmenden Experten über alle Branchen hinweg aufgrund der Krise einen gewissen Wertewandel ausmachen, der die genossenschaftlichen Grundprinzipien wieder attraktiver erscheinen lässt. Auch die Themen Regionalität und Nachhaltigkeit spielen den Genossenschaften in die Hände. Etwas kritisch wird im Genossenschaftskontext der Bereich Digitalisierung gesehen. Die Teilnehmer attestieren den Genossenschaften hier Nachholbedarf.


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schiede, wobei aber auch erwähnt wird, dass Genossenschaften ihre Stärken aufgrund der starken Reglementierung nicht voll zur Geltung bringen können. Im Bereich Wohnen ergeben sich die Unterschiede durch das Förderprinzip und die damit einhergehenden konzilianteren Mietbedingungen, während im Bauwesen überwiegend Flexibilität, Kundennähe und Bündelung von Interessen bei Ausschreibungen genannt werden. Im Energiesektor liegen die Unterschiede in der Systemrelevanz, der Weitergabe der Preisvorteile und der Unabhängigkeit der Stromerzeugung.

Profilierung von Genossenschaften in der Krise

PROFILIERUNG UND ATTRAKTIVITÄT IN DER KRISE Eine Schlüsselfrage der Studie war, ob Genossenschaften die Krise zu ihrem Vorteil nutzen können. Die Abbildung oben zeigt die sehr branchenspezifischen Einschätzungen: Die größten Profilierungschancen werden in der Landwirtschaft gesehen, gefolgt vom Banken- und Finanzsektor, die geringsten in der Bauwirtschaft, in den Bereichen Kunst und Kultur sowie Infrastruktur und Energie. Gründe für eine Profilierung von Genossenschaften sind laut Experten in Solidarität, Regionalität, Dezentralität, Mitgliederorientierung, Langfristigkeit und der nicht dominierenden Ausrichtung auf kurzfristige Kennzahlen und Gewinne zu finden. Ebenso werden die Revisionsverbände positiv gesehen, da durch sie das Geschäftsmodell geprüft wird und die Genossenschaften Beratungsleistungen erhalten. Als Argumente, die gegen eine Profilierung sprechen, nannten die Teilnehmer Branchenabhängigkeit, negative Erfahrungswerte, mangelnde Sichtbarkeit von Vorteilen aus der Genossenschaftsmitgliedschaft und bloßes Durchmanövrieren, ohne das spezifisch Genossenschaftliche zu leben. UNTERSCHIEDE ZU ANDEREN RECHTSFORMEN Der Vergleich mit anderen Rechtsformen während der Krise fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus. Im Bank- und Kreditwesen begründen laut Experten die Regionalität, das Vertrauensverhältnis und die Mitgliederförderung wesentliche Unter-

DIE POTENZIALE FÜR DIE ZUKUNFT Als zentral werden für alle Genossenschaften die globalen Megatrends Regionalisierung (97 Prozent), Klimaschutz (84) und Digitalisierung (44) gesehen. Die konkreten Potenziale sind sehr branchenspezifisch: Im Bank- und Kreditwesen etwa gelten verbesserte Kundennähe, weniger Bürokratie, nachhaltige Veranlagungen, Verlässlichkeit, Umsetzung des Förderzwecks und neue Geschäftsfelder wie Investitionen in Klimaschutz, regionales Wirtschaften und neue Finanzierungsmöglichkeiten wie Crowdfunding als Zukunftsfelder. Im Wohnbereich stehen Sicherheit durch unbürokratische Mietstundungen oder Vermeidung von Delogierungen sowie leistbares Wohnen mit Qualität im Vordergrund. Weiters wird der gemeinschaftliche Aspekt des Wohnens mit der Stärkung von Hausgemeinschaften genannt. In der Baubranche gelten Regionalität und Kooperation regionaler Unternehmen mit Wertschöpfung vor Ort als zukunftsträchtig. Die Landwirtschaft betont Regionalität, Versorgungssicherheit, Direktvermarktung, Online-Services, Biolebensmittel, die Stärkung regionaler Kreisläufe, Markt- und Preisstabilisierung, Kredit- und Lagerfunktion, Mengensteuerung, Unabhängigkeit von globalen Wirtschaftskreisläufen, gemeinsame Nutzung von Anlagen und Maschinen, zielgerichtete Serviceleistungen, Risikostreuung und Stärkung der eigenen Position im Lebensmittelhandel. Bei anderen Branchen dominieren als Potenziale Regionalität, Risikostreuung, gemeinsame Plattformen, Versorgungssicherheit und Umweltschutz.

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Die Grafik rechts zeigt das Potenzial, das die teilnehmenden Experten im Zusammenschluss von EPUs und KMUs zu Genossenschaften sehen. Die Studienteilnehmer, die sich dazu positiv äußerten, führten an, dass EPUs/KMUs im genossenschaftlichen Verbund langfristig stabiler sind sowie stärker am Markt auftreten und sich gemeinschaftlich Risiko und Kosten teilen können – etwa bei Einkauf, IT-Systemen, Steuerberatung oder Serverkapazitäten. „Es gibt ein hohes Potenzial für die Bündelung von Grundaufgaben (z.B. digitale Plattformen, Unterstützung in betriebswirtschaftlichen Belangen), wobei eine Genossenschaft für die Wahrnehmung dieser Aufgaben prädestiniert wäre“, so ein Teilnehmer. Jedoch ist auch eine einhellige Aussage, dass Genossenschaften nicht nur zur Risikoabsicherung gegründet werden dürfen, sondern ein tragfähiges Geschäftsmodell brauchen.

Eine Folge der Krise – die Genossenschaft als Modell zur Risikobewältigung?

fahrer überhandnehmen würden. Wer von der Leistung der Genossenschaft profitiere, solle auch die Lasten mittragen. Als Vorteile einer Öffnung wurden die Steigerung der regionalen Bedeutung und die mögliche Gewinnung künftiger Mitglieder genannt.

UNTERSTÜTZUNG IN DER KRISE REFORM DER ORGANISATION Gemäß dem Solidaritätsprinzip werden von den teilnehmenden Experten die Unterstützung der Mitglieder auf Ebene der Primärgenossenschaften und das tatsächliche Leben der genossenschaftlichen Werte eingefordert. Zentral seien dabei Präsenz und interne Kommunikation, etwa durch allgemeine Information, Beratung oder Einreichhilfen, aber auch Kommunikation nach außen, etwa durch gemeinsames Auftreten und Lobbying. Konkret wird finanzielle Unterstützung wie Mietstundungen, Zahlungsreduktion, Verbesserung der Konditionen oder Unterstützung im Einkauf genannt, im operativen Bereich die Vermittlung von Arbeitskräften oder die Versorgung der Mitglieder mit Produkten wie dem Mund-Nasen-Schutz, die bei der Krisenbewältigung helfen. Andererseits sollen Mitglieder nicht nur fordern, sondern auch ihre Genossenschaft aktiv unterstützen, etwa durch Bezug von Waren und Leistungen ausschließlich von ihrer Genossenschaft. Solidarität ist keine Einbahnstraße, so die Aussage. Vorsichtig wird die Öffnung genossenschaftlicher Leistungen für Nichtmitglieder während einer Krise gesehen. So wurde fast einhellig angegeben, dass Mitglieder stets einen besseren Status haben sollten, da sie sich sonst abwenden und Trittbrett-

Eine Umwandlung von Genossenschaften in AGs steht für die Experten nicht zur Disposition. Eine Gesetzesnovelle mit einer Unterscheidung zwischen kleinen und großen Genossenschaften wird von einigen Teilnehmern jedoch als notwendig erachtet. Veränderungsbedarf wird zudem im Verhältnis von Primär- zu Sekundär- und Tertiärgenossenschaften gesehen. So wurde argumentiert, dass die Strukturen dezentraler gestaltet werden und Primärgenossenschaften und ihre Mitglieder wieder verstärkt in den Mittelpunkt rücken sollten. Im Bereich des Managements sollen nach Aussage der Experten eher Mitgliederinteressen und Solidarität und weniger die Gewinnmaximierung im Vordergrund stehen, zudem sollten die Kooperation und Vernetzung zwischen den einzelnen Genossenschaften, das tatsächliche Leben der genossenschaftlichen Werte und die Bemühungen um junge Mitglieder intensiviert werden. Genossenschaften müssten moderner und zeitgemäßer auftreten, „alte Zöpfe abgeschnitten werden“. DIGITALE HERAUSFORDERUNGEN Die Digitalisierung als eine der zentralen globalen Entwicklungen des 21. Jahrhun-


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Möglichkeit zur Abhaltung virtueller Sitzungen und elektronischer Abstimmungen, wie die Grafik anbei zeigt. DAS FAZIT

Digitale Abstimmungen auch nach der Krise?

Michaela Schaffhauser-Linzatti ist Professorin am Fachbereich für Genossenschaftswesen der Universität Wien und Leiterin des Forschungsvereins für Genossenschaftswesen (FOG). Dieser sieht sich als Vermittler zwischen Wissenschaft und Praxis. Er serviciert die Genossenschaftsverbände mit wissenschaftlichem Know-how in sämtlichen Belangen. Ein wesentlicher Gegenstand der Arbeit ist die interdisziplinäre wissenschaftliche Behandlung aktueller Probleme aus allen Bereichen des österreichischen Genossenschaftswesens.

derts revolutioniert auch die laut Expertenaussagen eher zögerlich reagierenden Genossenschaften. 80 Prozent der Teilnehmer befürworten einen vermehrten Einsatz digitaler Prozesse. Die höchsten Erwartungen werden in eine Effizienzsteigerung bei Administration, Routinetätigkeiten und internen Prozessen sowie in Prozessflexibilisierungen gesetzt. Vor allem für überregionale und große Genossenschaften werden Zeitund Kostenersparnisse sowie eine höhere Transparenz genannt. Laut Prognose der Experten wird die Digitalisierung die Mitgliederkommunikation und die Involvierung der Mitglieder erhöhen, womit wiederum eine Stärkung des Demokratieprinzips einhergeht. Kritische Stimmen betonen allerdings auch den Verlust der direkten Kommunikation als entscheidender Faktor innerhalb einer Genossenschaft. Sie sind besorgt, dass durch das Fehlen digitaler Endgeräte oder entsprechenden Know-hows Mitglieder von der Partizipation ausgeschlossen werden. Große Herausforderungen seien der Datenschutz, eine drohende stärkere Zentralisierung und die größere Anonymität. Digitalisierung sollte als Ergänzung zu persönlicher Kommunikation bei Routineaufgaben Einzug halten, so der Tenor. Bei wichtigen Prozessen und Abstimmungen wird hingegen ein persönlicher analoger Kontakt als unumgänglich gesehen. Ein Teilnehmer meint: „Genossenschaften müssen dem Trend zu Digitalisierung folgen, die Digitalisierung ist in Zukunft nicht mehr wegzudenken und hilft, auch junge Menschen für die Genossenschaft zu begeistern.“ Dementsprechend wünscht sich eine Mehrheit die dauerhafte Beibehaltung der im Zuge der Coronakrise eingeführten

Die Ergebnisse der Delphi-Studie zeigen einen klaren Weg durch die Krise und weisen auf künftige Potenziale hin, die im kooperativen Wirtschaften liegen. Die Aussagen der Genossenschaftsexperten bestätigen das Gefühl vieler Mitglieder sowie frühere Forschungserkenntnisse: Zentral für den Erfolg von Genossenschaften auch in der Krise sind das tatsächliche Leben der genossenschaftlichen Prinzipien wie Solidarität und Demokratie, die weitere Verstärkung der Regionalität, Mitgliederförderung statt Gewinnmaximierung, das Bottomup-Prinzip durch Dezentralität, rasche und entschiedene Digitalisierung sowie Mut für neue Geschäftsfelder. Denn vor allem die Prinzipien und die Mitgliederförderung unterscheiden Genossenschaften von rein gewinnorientierten, oft kurzfristig agierenden Unternehmen und stärken sie auch in schwierigen Zeiten. Genossenschaften erweisen sich auch für die Zukunft als stabile Säulen der österreichischen Wirtschaft, wenn sie weiterhin auf ihre Werte bauen und den gemeinschaftlichen Weg fortsetzen. g

ÜBER DIE STUDIE Die Umfrage im Rahmen des Gesamtprojekts „Genossenschaften in Zeiten von Krisen“ beseht aus zwei Teilen. In einem ersten Schritt wurden im Mai und Juni 2020 44 Expertinnen und Experten aus Forschung und Praxis um ihre Einschätzungen gebeten. Die Studienautoren bedanken sich an dieser Stelle bei allen Teilnehmern für ihre wertvolle Mitwirkung. In einer zweiten Phase werden nun Genossenschaftsmitglieder befragt. Die gesamte Studie wird nach Abschluss aller Teilergebnisse online auf genos. univie.ac.at als FOG-Publikation veröffentlicht.

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Genossenschaft und Gewinn

Zum Gewinn der Genossenschaften kursieren Auffassungen, deren Spanne vom Non-Profit-Modell bis zur Gewinnerwirtschaftung in beliebiger Höhe reicht. Doch welche Art der Gewinnerzielung und -verwendung kann als genossenschaftsadäquat bezeichnet werden? Text: Günther Ringle Foto: iStockphoto.com


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Der Jahresabschluss eines Unternehmens weist die Größe Gewinn als positive Differenz zwischen Ertrag und Aufwand aus. Für erwerbswirtschaftlich orientierte Unternehmen, die typischerweise nach einem höchstmöglichen Periodengewinn streben, dient dieser Saldo als Erfolgsmaßstab. Hinsichtlich Ermittlung und Ausweis ihres ebenfalls Gewinn genannten Jahresergebnisses unterscheiden sich Genossenschaften nicht von anderen Unternehmen. Es harmoniert jedoch nicht mit ihrer Eigenart, einen möglichst hohen Gewinn erzielen zu wollen. Auch lässt sich der Erfolg einer Genossenschaft nicht an der für die abgelaufene Periode ermittelten Gewinnhöhe

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Moderne Genossenschaften, die sich im Wettbewerb behaupten müssen, benötigen Gewinne, um das Ziel der Mitgliederförderung zu erreichen.

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Ein sehr hoher Gewinn kann aber bedeuten, dass die Genossenschaft den Mitgliedern Förderleistungen zum bestmöglichen Preis vorenthält.

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Gewinne sollten zunächst der Bildung von Rücklagen und somit dem Aufbau von strategisch notwendigen Reserven dienen.

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Wenn verbleibende Überschüsse als Dividenden an die Mitglieder fließen, sollten diese nicht an der Höhe der Kapitalanlage, sondern besser am Umfang der individuellen Leistungsbeziehung bemessen werden (Umsatzdividende). ablesen, verlangt doch ihr gesetzlich vorgegebener Unternehmenszweck, ihre Mitglieder bestmöglich zu fördern. Dieser obersten Leitmaxime gemäß zeigt sich der Erfolg einer Genossenschaft darin, inwieweit der Förderauftrag erfüllt wird, was in der Akzeptanz ihres Leistungsangebots durch die Mitglieder und in deren Förderbewusstsein zum Ausdruck kommt. DIE NOTWENDIGKEIT DER GEWINNERZIELUNG Für die traditionale Genossenschaft galt der „Aufwandsdeckungsbetrieb“ als Ideal-

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typus. Bei der praktischen Umsetzung erwies es sich aber als schwierig, durch Austarieren des Verlaufs von Ertrag und Aufwand den Gewinn wenigstens näherungsweise auf Null zu stellen. Und mit der modernen Genossenschaftsunternehmung kam das Erfordernis auf, insbesondere zwecks Stärkung der Kapitalbasis einen angemessenen Genossenschaftsgewinn zu erzielen. Dass heutige Genossenschaften, die angehalten sind, sich im Wettbewerb zu behaupten, ihre Leistungsfähigkeit zu sichern und den Auftrag zur Mitgliederförderung zu erfüllen, auf die Erzielung von Gewinn nicht verzichten können, erklärt sich aus der Art der Verwendung des Periodenergebnisses. Dafür stehen zwei Optionen zur Verfügung: » Einbehaltung und Zuweisung zu den Ergebnisrücklagen: Durch Verbleib von Gewinn im Unternehmen zwecks Rück lagendotierung wird zusätzliches Eigen kapital gebildet. Mit gesetzlichen Rück lagen und eventuell in der Satzung fest gelegten anderen Ergebnisrücklagen sollen in langfristig-strategischer Per spektive Reserven aufgebaut werden, um die Mitglieder nachhaltig fördern und einen eventuell aus dem Jahresabschluss sich ergebenden Periodenverlust decken zu können. Mit dem Blick auf zu erwar tende Risiken ist darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang Selbstfinan zierung durch Rücklagenbildung erfor derlich erscheint. Andererseits sollte eine Anhäufung unnötig hohen Eigen kapitals (Überkapitalisierung) vermieden werden. » Verteilung an die Mitglieder: Falls keine weitere Gewinnzuweisung (etwa frei willige Rücklagen) in Betracht kommt, wäre der verbliebene Ertragsüberschuss möglichst als leistungsbezogene Divi dende oder – seltener vorkommend – genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder zu verteilen. Hinsichtlich der Gewinnnotwendigkeit besteht kein Unterschied zwischen einer Genossenschaft und Unternehmen in anderen Rechtsformen. Jedoch bedarf die genossenschaftsgemäße Art sowohl des Gewinnstrebens als auch der Gewinnverteilung einer Präzisierung.

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BEGRENZTES GEWINNSTREBEN VON GENOSSENSCHAFTEN

Das Gewinnziel einer eingetragenen Genossenschaft unterscheidet sich wesentlich von jenem erwerbswirtschaftlicher Unternehmen, deren Geschäftspolitik darauf abzielt, einen möglichst hohen Gewinn zu erwirtschaften, um nach Rücklagenspeisung eine attraktive Kapitaldividende an ihre Anteilseigner ausschütten zu können. Beide unternehmenspolitischen Strategien passen nicht zum nutzerorientierten Unternehmenstyp Genossenschaft. Mit einer auf maximal erzielbaren Gewinn ausgerichteten Unternehmenspolitik würde ein erwerbswirtschaftlich geprägtes, somit kapitalistisches Element in die Genossenschaft getragen. Empirisch vielfach erwiesen sind die Mitglieder in ihrer Rolle als Kunden der Genossenschaft aber vorrangig an einer direkten ökonomischen Förderung preislicher und/oder leistungsmäßiger (quantitativer oder qualitativer) Art interessiert. Ein hoher Gewinn würde nun bedeuten, dass die Genossenschaft den Mitgliedern Preise verrechnet, die bei gegebenem Aufwandsvolumen zu einem relativ hohen Ertrag führen. Eine solche geschäftspolitische Behandlung der Mitgliederkunden, die ihnen eine Von einem hohen Gewinn durchaus mögliche bessere Förlässt sich nicht auf die Erderung vorenthält, stünde dem füllung des Förderauftrags genossenschaftlichen Auftrag schließen.“ entgegen. Das Gebot der Nutzenstiftung über vorteilhafte Leistungsbeziehungen ist ein Wesensmerkmal der Genossenschaft. Damit wird ein logischer Zusammenhang zwischen der Fördereinrichtung Genossenschaft und ihren Geschäftspartnern aus dem Mitgliederkreis hergestellt: Das Genossenschaftsunternehmen ist das Mittel, um den Mitgliedern auf der Leistungsaustauschebene Nutzen zu verschaffen. Hingegen sollte die Gewinnerwartung nicht die treibende Kraft sein, denn von einem hohen Gewinn ist nicht auf die Erfüllung des Förderauftrags zu schließen. Als Konsequenz daraus wird seitens der Genossenschaftslehre empfohlen, das Gewinnstreben zu beschränken. Anzuvisieren wäre ein „SEF-Gewinn“, der die Erreichung

von Sicherungs-, Erweiterungs- und Fortschrittszielen gewährleisten und dazu dienen soll, den Mitgliedern eine moderate Dividende zahlen zu können. NICHT ARTGEMÄSSE UND ARTGEMÄSSE GEWINNVERTEILUNG Sodann ist der Mitgliedernutzen durch Gewinnverteilung im Vergleich zur Gewinnausschüttung erwerbswirtschaftlich operierender Unternehmen zu überdenken. Ein zur Maximierung tendierender Periodengewinn verbessert die Möglichkeit, eine entsprechend hohe Dividende auf die individuelle Kapitaleinlage der Anteilseigner ausschütten zu können. Käme es im Genossenschaftssektor in der Breite zur Verteilung einer nach dem Beteiligungskapital der Mitglieder bemessenen Dividende, wäre mit Verfremdungserscheinungen zu rechnen: » Eine hohe Kapitalvergütung motiviert in Einzelfällen dazu, einer Genossenschaft primär mit der Absicht einer günstigen Geldanlage beizutreten und so viele Geschäftsanteile wie möglich zu zeich nen. Aus der deutschen bankgenossen schaftlichen Sparte ist bekannt, dass sogenannte kapitalverwertende Mit glieder keine Leistungsbeziehungen zu ihrer Genossenschaft (mehr) unterhal ten, somit deren Beziehung zum Gemein schaftsunternehmen auf das Rendite interesse reduziert wird. » Je mehr Genossenschaften ihre Mitglie der entsprechend des eingebrachten Kapitals fördern, umso größer ist die Gefahr einer Verformung des genossen schaftlichen Förderauftrags zu einem Gewinnerzielungsauftrag. Und umso mehr bewegt sich eine Genossenschaft in Richtung einer anlegerorientierten Dividendengenossenschaft, die ihren Zweck in der Gewährung einer kapital bezogenen Dividende erfüllt sieht. Gegen eine nur mittelbare ökonomische Förderung der Mitglieder einer Genossenschaft in Form von Dividenden ist nichts einzuwenden, sofern deren Berechnung nach der mitgliederindividuellen Inanspruchnahme des genossenschaftlichen Leistungsangebots, also nicht nach der


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Höhe der Kapitaleinlage erfolgt. Eine leistungsbezogene „Umsatzdividende“ nach Maßgabe der Geschäftsbeziehung, die das Mitglied in der abgelaufenen Periode zur Genossenschaft unterhielt, wird zudem von den Mitgliedern als nachträgliche Preiskorrektur zu ihren Gunsten (Rückvergütung bei Bezugs- bzw. Nachvergütung bei Absatzgenossenschaften) wahrgenommen. Ob eine Kapitalbeteiligungsdividende mit der KonstruktionsDie Umsatzdividende als artlogik einer Genossenschaft gemäße Förderkomponente vereinbar ist, ergibt sich aus knüpft an der geschäftlichen dem jeweiligen GenossenVerbindung des Mitglieds mit schaftsgesetz. Besteht der der Genossenschaft an.“ vorgegebene Zweck einer Genossenschaft darin, die Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern, fügt sich die kapitalbezogene Dividende nicht in diesen Bedingungsrahmen ein, weil dabei eine Nutzenstiftung über Fördergeschäftsverkehr nicht stattfindet. VERMEIDUNG KAPITALBEZOGENER FÖRDERUNG

Günther Ringle war lange Jahre Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Genossenschaftsbetriebslehre, an der Universität Hamburg und Mitherausgeber der „Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen“.

Die Mitglieder sind in ihrer Mehrfachbeziehung zur Genossenschaft zugleich Träger der Willensbildung und Kontrolle, Eigenkapitalgeber und Geschäftspartner. Mit einer in den Vordergrund gestellten Kapitalgeberrolle würde sich eine Genossenschaft hin zur Aktiengesellschaft bewegen, deren Anteilseigner an einer möglichst hohen Rendite interessiert sind. Das kann nicht Sinn und Zweck genossenschaftlicher Kooperation sein. Deren Konturen müssten verblassen, wäre die Zusammenarbeit nicht auf das Handlungsendziel gerichtet, die Mitglieder in ihrer Rolle als Geschäftspartner des gemeinschaftlichen Unternehmens stärker als die Kapitalgeberfunktion zu gewichten und demgemäß zu fördern. Einer Mitgliederförderung über Geschäftsbeziehungen zum Genossenschaftsunternehmen wird besonders die direkte Nutzenstiftung durch preisliche und/ oder leistungsmäßige Förderung gerecht, die seit jeher den Kernbereich genossenschaftlicher Förderung ausmacht. An der

geschäftlichen Verbindung des Mitglieds mit der Genossenschaft knüpft die Umsatzdividende an. Mit der Wahl dieser artgemäßen Förderkomponente soll eine Annäherung an Verhaltensweisen erwerbswirtschaftlich operierender Unternehmen vermieden werden. Hiervon abweichend hat sich in der bankgenossenschaftlichen und wohnungswirtschaftlichen Sparte vielfach als gängige Praxis durchgesetzt, die Überschussverteilung an die Mitglieder in Form einer Kapitalbeteiligungsdividende vorzunehmen. Für diese beiden Genossenschaftsarten ist ein Umsatz im üblichen Verständnis dieses Terminus – als Wert verkaufter Waren und Dienstleistungen – nur schwierig oder nicht zu ermitteln. Dieser Umstand lässt zur Kapitaldividende als Verlegenheitslösung greifen. DAS FAZIT Das auf Gewinnmaximierung und Ausschüttung einer attraktiven Kapitaldividende ausgerichtete erwerbswirtschaftliche Strategiemuster passt nicht zum Wesen einer Genossenschaft. Weil die genossenschaftliche Wirtschaftsform prinzipiell nicht für eine rentable Verwertung von Mitgliederkapital gedacht ist, würden eine kapitalbezogene Gewinnverteilung und ein deutlich über dem Kapitalmarktzins liegender Dividendensatz die Genossenschaft in die Nähe eines Kapitalanlageinstituts rücken. Genossenschaftsunternehmen wird – soweit der Branchenwettbewerb dies erlaubt – eine unmittelbar förderwirksame Preis- und Leistungspolitik empfohlen, die zu einem moderaten Periodengewinn führt. Von den oben erwähnten Sonderfällen abgesehen sollte der nach angemessener Rücklagenzuweisung verbleibende verteilungsfähige Überschuss dazu bestimmt sein, den Mitgliedern eine nach dem Umfang ihrer Leistungsbeziehungen zum Kooperationsunternehmen bemessene Betriebsbeteiligungsdividende (Umsatzdividende) zu gewähren. g

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Die Giganten der Genossenschaftswelt Einen Einblick in die vielfältigen Kooperationsmodelle rund um den Globus, aber vor allem auch in deren Größendimensionen bietet der World Cooperative Monitor. Die Studie richtet ihren Fokus auf die größten Genossenschaftsgruppen der Welt. Wir stellen die Top Five näher vor. Text: Holger Blisse Fotos: iStockphoto.com, Crédit Agricole, GCMMF, IFFCO, BPCE, Zenkyoren


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Die International Co-operative Alliance veröffentlicht in Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Einrichtung Euricse, dem European Research Institute on Cooperative and Social Enterprises an der Universität Trient, seit 2012 jedes Jahr den World Cooperative Monitor. Die Studie ist mehr als nur eine statistische Übersicht. Damit wird auf die Bedeutung von Genossenschaften in nahezu allen Wirtschaftsbereichen aufmerksam gemacht. So gelangen Unternehmen und Unternehmensgruppen mit genossenschaftlicher Ausrichtung in den Blick einer interessierten Öffentlichkeit. Der Monitor gibt Aufschluss über die nach Umsatz größten Genossenschaften und Verbünde weltweit und orientiert sich dabei an einer eigenen Kennzahl, nach der die Reihenfolge der 300 größten Genossenschaften bestimmt wird: Der Umsatz der Genossenschaft wird ins Verhältnis gesetzt zum Wohlstand des Landes, in dem die Genossenschaft ihren Sitz hat, gemessen am nationalen Pro-Kopf-Einkommen. Damit lässt sich die Größe der Genossenschaft innerhalb des nationalen Rahmens gewichten. Der aktuelle Monitor beruht auf Daten aus dem Jahr 2017. Es wurden 4.575 Genos-

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senschaften und Gegenseitigkeitsgesellschaften einbezogen. Der kontinentale Schwerpunkt aller vom Monitor erfassten Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen liegt mit 3.218 auf Amerika, 1.152 entfallen auf Europa, 197 befinden sich im asiatischpazifischen Raum und acht stammen aus Afrika. Weltweit gehen die Autoren von etwa drei Millionen Genossenschaften aus, denen zwölf Prozent der Weltbevölkerung als Mitglieder angehören und die etwa zehn Prozent der Erwerbsmöglichkeiten bereitstellen. Hinsichtlich der Tätigkeit einer Genossenschaft unterscheidet der Monitor zehn verschiedene Felder. Die Top 300 erzielten einen Umsatz von zusammen mehr als 2.000 Milliarden US-Dollar. Am stärksten sind mit 39 Prozent die Versicherungen vertreten, gefolgt von der Landwirtschaft (31,7), dem Groß- und Einzelhandel (17,7) sowie Bankund Finanzdienstleistungen (7). Die fünf größten Genossenschaftsgruppen sind im Bereich Banken und Versicherungen sowie Landwirtschaft beheimatet, je zwei haben ihren Sitz in Frankreich und Indien und eine in Japan.

PLATZ 1: CRÉDIT-AGRICOLE-GRUPPE Diese französische genossenschaftliche Bankengruppe hat ihren Schwerpunkt bei Bankgeschäften mit Privat- und Geschäftskunden im ländlichen Raum. Sie ist dreistufig aufgebaut mit rund 2.500 Bankgenossenschaften an der Basis, 39 genossenschaftlichen Regionalkassen und dem seit Dezember 2001 börsennotierten Spitzeninstitut, dem Crédit Agricole. Seit 1894 entstanden lokale Kassen für den landwirtschaftlichen Kredit, getragen von den Mitgliedern der ländlichen Genossenschaften. Um die finanzielle Basis der lokalen Banken zu stärken, stellte der Staat Fördergelder bereit, die über die ab 1899 ins Leben gerufenen Regionalkassen geleitet wurden. Die Anfänge des Spitzeninstituts wiederum gehen zurück auf die 1920 von Seiten des Landwirtschaftsministeriums geschaffene zentrale Clearingstelle für die Regionalkassen, das Office National du Crédit Agricole, das 1926 umbenannt wurde in Caisse Nationale de Crédit Agricole. Die Caisse Nationale befand sich lange in staatlichem Eigentum. 1988 erhielten die Regionalkassen die Möglichkeit, das Institut zu erwerben. Es wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 2003 wurde der Crédit Lyonnais integriert, der 1992 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, vom Staat unterstützt wurde und 1999 selbst an die Börse ging. Die Anteile am Crédit Agricole liegen heute zu über 50 Prozent bei den Regionalkassen, er selbst ist seinerseits an den Regionalkassen mit rund 25 Prozent beteiligt. Die Bankengruppe ist weltweit tätig und an über 11.000 Standorten im In- und Ausland vertreten. Die Genossenschaften haben zusammen 10,1 Millionen Mitglieder.

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PLATZ 2: GUJARAT COOPERATIVE MILK MARKETING FEDERATION Mit einem Umsatz von umgerechnet 5,1 Milliarden US-Dollar ist die Gujarat Cooperative Milk Marketing Federation der größte Milchverarbeiter mit eigenem Vertriebsnetzwerk in Indien, bekannt unter der Marke „Amul“. Er ist dreistufig aufgebaut. Täglich kommen von den 18.600 dörflichen Genossenschaften der Milchproduzenten im westindischen Bundesstaat Gujarat rund 23 Millionen Liter Milch. Die Molkerei hat eine Kapazität von 35 Millionen Litern pro Tag. Angefangen hatte alles 1946, als die Kaira District Co-operative Milk Producers Union mit nur zwei Dorfgenossenschaften als Trägern entstand, um sich aus den unfairen Bedingungen des Zwischenhandels zu befreien. Die Genossenschaften der Milchproduzenten gehören heute einer von 18 regionalen Zentralgenossenschaften an, denen die 1973 gegründete Gujarat Cooperative Milk Marketing Federation gehört. Zum Netzwerk zählen etwa eine Million Verkaufsstellen, zumeist selbstständige Händler, über die neben Milch auch Milchpulver, Gesundheitsgetränke, Butter, Eis oder Schokolade vertrieben werden.

PLATZ 3: INDIAN FARMERS FERTILISER COOPERATIVE Der Einzugsbereich dieser wirtschaftlich sehr erfolgreichen Genossenschaft erstreckt sich über mehrere Bundesstaaten Indiens. Sie stellt Düngemittel her und organisiert deren Vertrieb. Als Zentralorganisation erreicht sie über 35.000 Mitgliedsgenossenschaften, die wiederum über 50 Millionen indische Farmer mit Düngemitteln versorgen. Die Indian Farmers Fertiliser Cooperative wurde 1967 gegründet und ist seit 2002, als ein Gesetz über in mehreren Bundesstaaten tätige Genossenschaften in Kraft trat, eine sogenannte Multi State Co-operative Society.

PLATZ 4: BPCE-GRUPPE Diese französische Bankengruppe ist 2009 aus dem Zusammenschluss der beiden in der Finanzmarktkrise in Schwierigkeiten geratenen genossenschaftlich organisierten Bankengruppen der Volksbanken und der Sparkassen entstanden. Die Anfänge der Sparkassen reichen zurück bis 1818, die erste Volksbank entstand 1878. Mit rund neun Millionen Mitgliedern steht die Gruppe heute an zweiter Stelle der genossenschaftlichen Bankengruppen des Landes, vor dem Crédit Mutuel mit 7,9 Millionen Mitgliedern (auf Platz zwölf in der Monitor-Rangliste). Als Spitzeninstitut fungiert die BPCE (Banque Populaire et Caisse d’Epargne) für 14 Banques Populaires und 15 Caisses d’Epargne. Diese stehen wiederum im Eigentum lokaler Spargesellschaften. Die Mitglieder sind direkt über die Banques Populaires bzw. Spargesellschaften beteiligt, sodass die Gruppe gemischt zwei- und dreistufig aufgebaut ist. Mit der in der Finanzmarktkrise in Schwierigkeiten geratenen und die Fusion der beiden Gruppen mitauslösenden Natixis, an der die BPCE 71 Prozent hält, gibt es einen börsennotierten Finanzdienstleister, der im Asset Management, Corporate und Investment Banking sowie im Bereich Zahlungsverkehrsdienstleistungen arbeitet.


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TOP 5: ZENKYOREN Die japanische National Mutual Insurance Federation of Agricultural Cooperatives (Zenkyoren) ist eine Versicherung auf Gegenseitigkeit nach dem Gesetz über landwirtschaftliche Genossenschaften und bietet Sach-, Haftpflicht- und Lebensversicherungen an. Sie wurde 1951 gegründet und befindet sich als die größte von vier auf dem Gegenseitigkeitsprinzip beruhenden Versicherungen unter den 15 größten weltweit und steht auf Platz sieben gemessen am Prämienvolumen. Ihre Bilanzsumme liegt bei umgerechnet über 500 Milliarden Euro (zum Vergleich: Vienna Insurance Group: 50 Milliarden Euro).

Das Beispiel der fünf größten genossenschaftlichen Gruppen unterstreicht, was Johann Brazda und Robert Schediwy anhand der Konsumgenossenschaften mit ihrem Lebenszyklusmodell für einen zweistufigen genossenschaftlichen Verbund analysiert haben: Offenbar weisen dreistufige gegenüber zweistufigen Systemen in gewisser Hinsicht eine größere Stabilität auf, solange die Basis aus genügend vielen Primärgenossenschaften besteht, mit denen sich auch eine mittlere Stufe wirtschaftlich unterhalten lässt. Allerdings tendieren diese Systeme im Zeitlauf durchaus zu einer Börsennotierung an der Spitze oder mit einer Tochtergesellschaft, während zur Einstufigkeit übergegangene

Literatur zum Thema

Blome-Drees, Johannes; Göler von Ravensburg, Nicole; Jungmeister, Alexander; Schmale, Ingrid; Schulz-Nieswandt, Frank (Hrsg.) (2020/21): Handbuch Genossenschaftswesen. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. Brazda, Johann (Ed.) (2020): The Development of the Mutuality Principle in the Insurance Business. Münster: LIT Verlag. ICA / Euricse (2019): World Cooperative Monitor – Exploring the Cooperative Economy – Report 2019. Brussels, Trento (abrufbar unter: https://monitor.coop/sites/default/files/publication-files/ wcm2019-final-1671449250.pdf).

Systeme zumeist ohne einen Börsengang auskommen, dafür aber – soweit ausgebildet – nach der mittleren auch die Primärstufe integrieren, wie etwa bei der Rabobank, die auf Platz 23 der Top 300 rangiert. GENOSSENSCHAFTEN UND SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS In dem aktuellen Monitor finden sich auch drei Porträts von im Bereich der Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen beispielgebenden Genossenschaften – in diesem Fall mit Bezug zum achten Ziel (menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum): » Die französische UP Group, hervorge gangen aus einer Konsumgenossen schaft, bietet Zahlungssysteme und IT Lösungen etwa für das Bezahlen mit Gut scheinen oder für Beschäftigte, die für verschiedene Unternehmen arbeiten. » Die SOK Corporation hat innerhalb der finnischen S Group, einer Genossen schaft im Einzelhandel mit Schwerpunkt Lebensmittel und im Dienstleistungs bereich mit 2,3 Millionen Mitgliedern, die Aufgabe, in allen Bereichen der Gruppe Nachhaltigkeit und Transparenz der Lieferketten sicherzustellen. » Die indische Krishak Bharati Cooperative stellt Düngemittel her und unterstützt ihre Mitgliedsgenossenschaften bei allen Fragen der ländlichen Entwicklung. Allein diese Beispiele belegen, wie vielfältig die Welt der Genossenschaften gestaltet ist und wie sie der Monitor sichtbar werden lässt. g

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Regionalität in den Augen der Österreicher Im Rahmen einer großen IMAS-Studie wollte der ÖGV wissen, wie die Österreicher zu ihrer Region und zum regionalen Wirtschaften stehen. Auf diesen Seiten finden Sie ausgewählte Ergebnisse im Detail.

Quelle: IMAS 2020 im Auftrag des ÖGV, Sample: 1.018 (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren)

Bin sehr zufrieden in meiner Region mit ...


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Die Bedeutung der Regionalität wird in Zukunft eher ...

Der Begriff der Regionalität ist mir ...

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Die Vollbremsung beim Datenverkehr mit den USA Mitten in der Urlaubszeit und im Schatten der Coronakrise hat der Europäische Gerichtshof ein weitreichendes Urteil gefällt, das den Datenaustausch mit den USA in vielen Bereichen praktisch unmöglich macht. Über die Hintergründe des Datenstreits und die Folgen für die heimischen Unternehmen.

Text: Karin Trzebin Fotos: iStockphoto.com, Google/INEGI, Manfred Werner


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Aufgrund von Digitalisierung und weltweiter Vernetzung ist ein Datenaustausch zwischen verschiedenen Staaten heutzutage unvermeidlich. Innerhalb der EU ist dieser auch uneingeschränkt zulässig, da die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai 2018 in Kraft getreten ist, für alle Mitgliedstaaten das gleiche Schutzniveau vorsieht.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Der Datenaustausch innerhalb der EU ist aufgrund der DSGVO uneingeschränkt zulässig, bei Drittstaaten gibt es jedoch Bedingungen.

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Aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung kommt dem Datenverkehr zwischen Europa und den USA eine Sonderstellung zu.

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Allerdings wurde jetzt zum wiederholten Mal eine Vereinbarung zu diesem wichtigen Datentransfer gekippt – im Wesentlichen aufgrund des mangelhaften Schutzniveaus in den USA.

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Der Datenaustausch mit US-Firmen ist daher aktuell nur unter ganz eng definierten Voraussetzungen möglich. Es bedarf dringend einer großen Lösung. Im Verhältnis zu Drittstaaten müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Datentransfer stattfinden kann. Das neue europäische Datenschutzrecht erlaubt den Transfer grundsätzlich beim Vorliegen folgender Fälle: » Angemessenheitsbeschluss der EU Kommission: Dabei wird ein angemes senes Schutzniveau im Drittland bestä tigt. Datenübermittlungen in solche Länder bedürfen dann keiner Geneh migung mehr. Im Rahmen von Angemes senheitsbeschlüssen hat die Kommis sion bisher Andorra, Argentinien, Kana da, die Färöer-Inseln, Guernsey, Israel, die Isle of Man, Japan, Jersey, Neusee land, die Schweiz und Uruguay als Länder mit gleichwertigem Schutzniveau anerkannt. » interne Datenschutzvorschriften (Binding Corporate Rules), die von der zu-

ständigen Aufsichtsbehörde genehmigt wurden » Standarddatenschutzklauseln (früher: Standardvertragsklauseln – diese bleiben so lange gültig, bis sie von der Aufsichts behörde geändert werden), die zwischen dem EU-Unternehmen und dem im Drittland ansässigen Unternehmen ab geschlossen und von der Kommission erlassen oder von einer Aufsichtsbehörde angenommen und von der Kommission genehmigt wurden » genehmigte Verhaltensregeln oder ge nehmigter Zertifizierungsmechanismus (beide mit rechtsverbindlichen und durchsetzbaren Verpflichtungen des Verantwortlichen oder des Auftragsver arbeiters im Drittland zur Anwendung der geeigneten Garantien, auch in Bezug auf die Rechte der betroffenen Personen) » Vertragsklauseln, die zwischen dem EU-Unternehmen und dem Empfänger der personenbezogenen Daten im Drittland vereinbart wurden und von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurden DIE USA ALS SONDERFALL Die Übermittlung personenbezogener Daten ist ein grundlegender Bestandteil der transatlantischen Handelsbeziehungen. Da über 50 Prozent des weltweiten BIP, 25 Prozent der weltweiten Ausfuhren und über 30 Prozent der weltweiten Einfuhren auf die Volkswirtschaften der USA und der EU entfallen, kann ein Datenaustausch zwischen der EU und den USA nicht vermieden werden, auch wenn das Datenschutzniveau in den USA als unzureichend gilt. Für die USA hat die EU anerkannt, dass es hier grundsätzlich eine Möglichkeit des Datentransfers geben muss, zumal die einflussreichsten Konzerne auch in der IT-Branche dort ihren Sitz haben. Daher wurde 2000 ein Katalog an Prinzipien und Leitlinien aufgestellt, der auch als Safe Harbor bekannt wurde. Die EU-Kommission hat im Juli 2000 anerkannt, dass bei den Unternehmen, die diesem System beigetreten sind, ein ausreichender Schutz für die personenbezogenen Daten von EU-


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Die Weltkarte der Unterwasserkabel zeigt deutlich die Bedeutung des transatlantischen Datenverkehrs

Bürgern besteht. Unternehmen, die dem Safe Harbor beitreten wollten, konnten sich zertifizieren und registrieren lassen, danach konnten Daten an diese Unternehmen uneingeschränkt übermittelt werden. Bis September 2015 waren etwa 5.500 USUnternehmen dem Safe-Harbor-Abkommen beigetreten, darunter IBM, Microsoft, General Motors, Amazon, Dropbox und Facebook. Dann wurde die Safe-HarborEntscheidung allerdings vom EuGH für ungültig erklärt, da US-Unternehmen, die sich ihr unterworfen hätten, jederzeit und ohne Einschränkung verpflichtet seien, die Schutzregeln unangewendet zu lassen und personenbezogene Daten an die US-Sicherheitsbehörden herauszugeben, „ohne dass es in den USA Regeln gibt, die dazu dienen, etwaige Eingriffe zu begrenzen, noch, dass es einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gegen solche Eingriffe gibt“. Damit sah das Gericht die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes verletzt.

EIN NEUER ANLAUF In weiterer Folge wurde dann 2016 das Privacy Shield geschaffen, damit der Datentransfer in die USA nicht zum Erliegen kommt. Ab diesem Zeitpunkt war der genehmigungsfreie Datenverkehr auf Grundlage dieses Beschlusses zulässig. Das System von Safe Harbor wurde grundsätzlich beibehalten. Das Privacy Shield sah für US-Unternehmen auch hier eine Opt-in-Lösung vor. Die Liste von Unternehmen, die sich diesen Regelungen unterwarfen, wurde vom US-Handelsministerium online zur Verfügung gestellt. Sollten die Behörden feststellen, dass Unternehmen gegen das Privacy Shield verstoßen, waren sie von der Liste zu löschen. Außerdem gab es Verbesserungen in den in beim Safe Harbor bemängelten Punkten. So wurden eine Ombudsstelle für Beschwerden von EU-Bürgern eingerichtet und die Anforderungen an den Datenschutz verschärft. Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems, der vor dem EuGH bereits

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Safe Harbor zu Fall gebracht hatte, äußerte aber hinsichtlich der Kompatibilität mit den Datenschutzvorschriften der EU von Beginn an Bedenken. Er bezweifelte nach wie vor, dass die im US-Recht vorgesehene Möglichkeit der massenhaften Datensammlungen dem Angemessenheitsgrundsatz entspricht. Denn es sei Firmen und dem Geheimdienst möglich, ohne richterlichen Beschluss auf Basis des Foreign Intelligence Surveillance Act auf Nutzerdaten zuzugreifen. EIN URTEIL MIT WEITRECHENDEN FOLGEN Heuer am 16. Juli entschied nun der EUGH aufgrund einer von Max Schrems gegen Facebook Irland eingebrachten Klage, dass das Privacy Shield mit sofortiger Wirkung ungültig ist. Dies wurde damit begründet, dass die amerikanischen Rechtsvor schrif ten betreffend die Durchführung von Überwachungsprogrammen Der österreichische Jurist, Autor und Datenschützer Max keinerlei EinschränSchrems kungen auf das zwingend erforderliche Maß enthalten. Weiters gebe es keinen Rechtsschutz, der es EU-Bürgern ermöglichen würde, eine Verhandlung vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht zu erwirken. Der für diese Fragen zuständige Ombudsmann erfülle nicht diese Voraussetzungen, da dieser nicht ermächtigt sei, gegenüber Nachrichtendiensten verbindliche Entscheidungen zu treffen. Dadurch könne der

Datenschutz keinesfalls mit dem Unionsrecht als gleichwertig angesehen werden. Da sich Facebook aber im Datenverkehr mit den USA auch auf die Standardvertragsklauseln berief, hatte sich der EuGH auch mit diesen auseinanderzusetzen. Diesbezüglich hält er fest: Sollten Standardvertragsklauseln zur Anwendung kommen, seien diese zwar grundsätzlich gültig, es bedürfe aber einer zusätzlichen Prüfung im Einzelfall, ob im Drittland tatsächlich angemessene und durchsetzbare Rechte und wirksame Rechtsbehelfe für Betroffene bestehen. Sollten es Bedenken gegen das Datenschutzniveau des Drittstaates geben, hat die Behörde die Übermittlung der Daten zu verbieten. WER IST VOM URTEIL BETROFFEN? Betroffen von dem Urteil sind all jene Unternehmen, die Daten in die USA transferieren. Dies sind vor allem Betriebe und Serviceanbieter, die persönliche Daten von Nutzern, Kunden oder Lieferanten in die USA übertragen – etwa Facebook, Google oder Microsoft. Aber auch viele europäische Unternehmen lassen ihre Daten in den USA verarbeiten. Die Folgen können sogar noch weiter reichen, als man auf den ersten Blick vermuten würde, denn auch die Speicherung der Daten in der EU-Cloud von Amazon kann betroffen sein, wenn etwa US-Mitarbeiter im Rahmen ihrer Dienstleistungsaufgaben Zugriff haben. Private Datentransfers wie das Versenden von E-Mails, Hotelbuchungen oder die direkte Verwendung von US-Services durch Privatpersonen sind weiterhin erlaubt und nicht betroffen. Ebenso nicht betroffen sind Datentransfers, bei denen es nicht um personenbezogene Daten geht. Das Urteil entfaltet seine direkte Wirkung grundsätzlich nur auf den Datenverkehr mit den USA. Da aber der EuGH in seiner Ent-


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scheidung festhält, dass bei Verwendung der Standardvertragsklauseln im Einzelfall geprüft werden muss, ob im Drittland das Schutzniveau überhaupt gewährleistet werden kann, kommt es hier zu einer indirekten Wirkung auf den Datentransfer mit anderen Staaten. Wenn es im Drittstaat etwa auch einen unbeschränkten Zugriff von Behörden gibt, wird auf der Grundlage der Standardvertragsklauseln ebenfalls keine Datenübermittlung mehr zulässig sein. In anderen Fällen könnten eventuell Zusatzmaßnahmen notwendig werden, wenn die Prüfung ergibt, dass das erforderliche Datenschutzniveau im Drittstaat nicht eingehalten werden kann. Der Europäische Datenschutzausschuss hat bereits angekündigt, mögliche Maßnahmen zu evaluieren und zu veröffentlichen. WAS IST JETZT NOCH ERLAUBT? Unternehmen, die in ständiger Geschäftsbeziehung mit den USA stehen, werden wohl in der Praxis kaum die Möglichkeit haben, den Datentransfer mit sofortiger Wirkung einzustellen. Allerdings hat der Europäische Datenschutzausschuss bereits festgehalten, dass es keine Übergangsfrist für die Datenübermittlung in die USA gibt. Mit der Umstellung, die aufgrund des Urteils notwendig ist, müsse sofort begonnen werden, ansonsten drohen gewaltige Strafen. Hier bleibt zu hoffen, dass aufgrund der Umstände bei der Strafbemessung besonnen vorgegangen wird. Auch wenn die Standardvertragsklauseln grundsätzlich gültig sind, wird man die Frage, ob man sich auf diese stützen kann, im Einzelfall daraufhin prüfen müssen, ob das US-Unternehmen dem Foreign Intelligence Surveillance Act (und damit dem uneingeschränkten Zugriff der Geheimdienste) unterliegt. Ist dies der Fall, wird die Datenübermittlung auf dieser Grundlage

auch ausscheiden. Das Gleiche wird wahrscheinlich für die Binding Corporate Rules gelten, auch wenn diese nicht im Fokus des Gerichts standen. Die Übermittlung von absolut notwendigen Daten auf Grundlage der DSGVO bleibt aber weiterhin zulässig. Demnach sind Datenübermittlungen zulässig, die: » auf Einwilligung der betroffenen Person beruhen, welche über die Risiken in formiert wurde » für die Erfüllung eines Vertrages notwen dig sind » im Interesse der betroffenen Person sind » im öffentlichen Interesse notwendig sind » zur Verteidigung von Rechtsansprüchen notwendig sind » dem Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person dienen » aus einem öffentlichen Register stammen Falls keiner der obigen Tatbestände zutrifft, darf eine Datenübermittlung nur dann erfolgen, wenn diese nicht wiederholt geschieht, sie nur eine begrenzte Zahl von Personen betrifft und für die Wahrung der zwingenden berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist. Dabei dürfen die Interessen oder die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen nicht überwiegen, und der Verantwortliche muss geeignete Garantien in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten vorsehen. Zudem muss er die Aufsichtsbehörde von solchen Übermittlungen in Kenntnis setzen und die betroffene Person über die Übermittlung und seine zwingenden berechtigten Interessen informieren. Um sich nicht nur auf die unbedingt notwendigen Datenübermittlungen beschränken zu müssen, bleibt aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen mit den USA für die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer zu hoffen, dass rasch eine zufriedenstellende politische und rechtlich haltbare Lösung gefunden wird. g

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Karin Trzebin ist Expertin in der ÖGV-Rechtsabteilung. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Kreditvertragsrecht, Kreditsicherungsrecht, Insolvenzrecht sowie Datenschutz. E-Mail: karin.trzebin@oegv.volksbank.at

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Wir sind nicht Mattersburg Der Skandal rund um die Commerzialbank Mattersburg verunsichert viele Sparer in ganz Österreich. Wie sicher sind Bankeinlagen? Und kann man sich auf die Prüfung noch verlassen? Die Antworten aus Sicht des ÖGV und der Volksbanken. Text: Robert Makowitz Foto: iStockphoto.com

Im Volksbanken-Verbund ist mit dem ÖGV ein besonders erfahrener und auf Banken spezialisierter Revisionsverband für die Prüfung verantwortlich. Und neben dieser Prüfung gibt es noch zahlreiche weitere Sicherheitsnetze im Verbund. All das sorgt dafür, dass sich Vorfälle wie in Mattersburg so nicht ereignen könnten. DAS SICHERHEITSNETZ DER VOLKSBANKEN Der Volksbanken-Verbund verfügt über interne Sicherheitsnetze, die Einlagen in voller Höhe absichern. Diese greifen noch weit vor der gesetzlichen Einlagensicherung, die nur bis 100.000 Euro reicht. Dazu zählen insbesondere der Haftungsverbund bzw. der Leistungsfonds. Die Banken haften also untereinander und fangen mögliche Schieflagen frühzeitig auf. Die laufenden Überwachungen erfolgen im Volksbanken-Verbund durch die Früherkennung, die ÖGV-Revision sowie die Einrichtungen der Zentralorganisation wie Controlling, Rechnungswesen und Innenrevision. Durch das Zusammenwirken dieser Institutionen als mehrstufiges Sicherheitsnetz sind die Einlagen von Kunden besonders geschützt. DIE REVISION DURCH DEN ÖGV Die Prüfung der Volksbanken wird von hochspezialisierten Experten des Revi-

sionsverbandes durchgeführt, die eine umfangreiche mehrjährige Ausbildung und Prüfungen absolviert haben sowie über entsprechende Erfahrung in der Bankenprüfung verfügen. Verpflichtende laufende Fortbildungen – intern wie extern – sichern die Qualität der Prüfung ab. Die Genossenschaftsrevision ist zudem mehr als reine Abschlussprüfung und Prüfung der bankrechtlichen Vorschriften: Wesentlicher Teil und Besonderheit ist die Gebarungsprüfung, also die Prüfung der Geschäftsführung. Dabei werden auch Entwicklungen, die sich außerhalb des Jahresabschlusses oder des Bankrechts bewegen, adressiert und aufgezeigt. So wird als


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zieht. Und: Er wird vom Verband bestellt, ohne dass die geprüfte Bank darauf Einfluss nehmen kann. SO PRÜFT DIE ÖGV-REVISION BANKSALDEN Salden bei anderen Geldinstituten werden mittels Bankbriefen geprüft, die vom Revisor persönlich oder dem Backoffice des Revisionsverbandes direkt an die Fremdbanken gesandt werden. Die Bestätigungen der Fremdbanken gehen auch wieder direkt im ÖGV ein, der Eingang wird kontrolliert und dokumentiert. Eine Situation, wie sie offenbar in Mattersburg gegeben war, ist damit auszuschließen. WEITERE VORBEUGENDE MASSNAHMEN

Ergebnis der Prüfung ein sehr umfassendes Bild der Bank erreicht. DIE UNABHÄNGIGKEIT DES PRÜFERS

Robert Makowitz ist Vorstand für Bankenrevision und Finanzen im ÖGV.

Der Genossenschaftsrevisor ist gesetzlich unabhängig und in seiner Prüfung weisungsfrei. Diese Unabhängigkeit wird durch einen Kündigungsschutz verstärkt, der dem Revisor auch beim Aufzeigen von Mängeln und Überbringen unangenehmer Nachrichten die notwendige Sicherheit gibt. Der bestellte Revisor hat auch kein wirtschaftliches Interesse am einzelnen Prüfungsauftrag, da er als Angestellter beim Revisionsverband ein fixes Gehalt be-

Jede Prüfung stößt bei entsprechender krimineller Energie an ihre Grenzen. Um diese Gefahr richtig einschätzen und reduzieren zu können, arbeitet der ÖGV eng mit der Innenrevision der Zentralorganisation zusammen. Damit das Risiko erkannt und minimiert wird, erfolgt in Zusammenarbeit mit der Compliance-Abteilung der Zentralorganisation eine umfangreiche Befragung im Zuge der Prüfung und eine entsprechende Evaluierung. Die Prüfung der Plausibilität des Jahresabschlusses durch spezielle Analysetools stellt zudem sicher, dass Auffälligkeiten erkannt, hinterfragt und aufgedeckt werden. So wäre etwa der offenbar nicht existente Zinsertrag, der im Jahresabschluss der Commerzialbank Mattersburg ausgewiesen wurde, als ungewöhnlich und auffällig erkannt worden. g

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Das kommt uns spanisch vor Jetzt, wo Reisen in den Süden so umständlich sind wie zu längst verblassten Zeiten – mit langen Wartezeiten, Fiebermessung, Corona-Tests und drohender Quarantäne –, gibt es eine Alternative: Wir wandern auf den Spuren Spaniens in Österreich. Text: Hermann Fritzl Fotos: Hermann Fritzl, Volkmar Rudolf, KHM, Succession Picasso

Straße in Wien: Die Schwarzspanier wurden wegen ihres Habits und der Anbetung der dunklen Madonna von Montserrat so genannt

Bereits Hugo von Hofmannsthal, der Autor des seit hundert Jahren in Salzburg gespielten „Jedermann“, wusste: „Spanien gehört in gewissem Sinn zur österreichischen Geschichte.“ Diese gemeinsame Geschichte begann vor über 800 Jahren, als Herzog Leopold VI. von Österreich und der Steiermark dem Aufruf von Papst Innozenz III. zur Kreuzfahrt gegen die Mauren im „Land des Heiligen Jakobus“ folgte und in der Entscheidungsschlacht bei Navas de Tolosa mitkämpfte.

Es hat sich eine Abbildung erhalten, auf dem ein Ritter in den rot-weiß-roten österreichischen Landesfarben Seite an Seite mit den Spaniern kämpft. Das muss wohl Leopold sein. Er und seine Leute brachten die Jakobsverehrung mit, in Wien und dem Umland wurden dem neuen Pilgerheiligen mehrere Kirchen geweiht. Bis heute gibt es zahlreiche Jakobspfarren in allen Bundesländern und viele „St. Jakob“-Ortsnamen, besonders in Kärnten, der Steiermark und in Tirol. Bedeutend der Innsbrucker Dom, der Dom zu St. Jakob. „Heiliger Jakobus“, das heißt „Sant Jago“. Santiago de Compostela ist bis heute ein attraktives Pilgerund Wanderziel, zeitweise war es so attraktiv, dass Kaiserin Maria Theresia die Pilgerfahrt verboten hat, weil zu viele Ehemänner nicht mehr zurückgekehrt sind. Wenn man heute wegen Reisewarnungen schon nicht hingelangt, wenigstens drei Buchempfehlungen zum Jakobsweg: Hape Kerkeling, Paulo Coelho und die kritische Aufarbeitung der Geschichte von Soziologieprofessor und „Krone“-Kolumnist Roland Girtler. Hierzulande wurde nämlich der spanische Maurentöter Jakobus Matamorus zum österreichischen Osmanentöter Mataturcos gemacht. Zu sehen etwa in den niederösterreichischen St.-Jakobs-Kirchen in Pottendorf, Kaltenleutgeben, Schwechat und der Schlosskirche von Artstetten. DIE SPANISCHE HOFREITSCHULE Das Weltreich, in dem die Sonne nie unterging, des Habsburgers Karls V. war auch


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VON GOYA ÜBER PICASSO BIS VELÁZQUEZ

Der Innsbrucker Dom ist eine der zahlreichen St.-Jakob-Kirchen in Österreich

das Reich der spanischen Pferde, der Andalusier oder Gineten. Diese waren Einzüchtungen aus dem arabischen Raum, wendig, geeignet für den Guerillakrieg der Reconquista. Sie wurden mit kurzen Steigbügeln geritten und standen im augenfälligen Gegensatz zu den mitteleuropäischen schweren Pferden, die in steifem Reitstil mit großen Sporen bewegt wurden. Ferdinand, der Bruder Karls, wurde in Alcalá de Henares bei Madrid geboren, wuchs in Kastilien und Aragon auf und verließ 1517 Spanien für immer. Er brachte vieles, was den Österreichern „spanisch“ vorkam – so auch die spanischen Pferde und die Reitkunst – mit nach Wien. Er wurde als Ferdinand I. zum Nachfolger seines Bruders als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Durch die Erbteilung erhielt Ferdinand die habsburgischen Kernländer, wurde zum Architekten der Donaumonarchie. Das genaue Gründungsjahr der Spanischen Hofreitschule ist nicht bekannt, am heutigen Wiener Josefsplatz dürfte die erste Ausbildungsstätte der Pferde gewesen sein.

Im niederösterreichischen Schloss Rohrau, dem Landsitz der Familie Harrach, befindet sich eine der wichtigsten privaten Gemäldegalerien der Welt. In der Sammlung werden zahlreiche Werke spanischer Maler aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt, die Graf Ferdinand Bonaventura von Harrach, der Begründer der Sammlung, als Botschafter in Spanien erworben hatte. Zu sehen ist auch ein Porträt von außergewöhnlicher Qualität des letzten spanischen Monarchen der Casa de Austria, Carlos II. Zu den Raritäten zählt ein Originalbrief der heiligen Teresa de Ávila. Eine eindrucksvolle spanische Sammlung weist das Kunsthistorische Museum in Wien auf. „Die anderen Maler scheinen wie Fälscher. Er ist der Maler der Maler“, sagte der Impressionist Edouard Manet über Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, der im Kunsthistorischen mit einer Reihe von außerordentlichen Werken vertreten ist, darunter der jung verstorbenen Infantin Margarita Maria Teresa. In der Albertina sind die kompletten vier Serien der grafischen Werke von Francisco de Goya zu finden sowie 97 Linolschnitte von Pablo Picasso. Im Wiener Weltmuseum werden im Raum „Geschichten aus Mesoamerika“ verschiedenste Aspekte der Eroberung und Kolonisierung Amerikas durch die Spanier eindrucksvoll dokumentiert.

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CHUETAS, DER UR-SPANIER KREISKY UND MALLORCA

Ein Velázquez im Kunsthistorischen Museum: Gemälde der Infantin Margarita Teresa

Kurz nach Ende der Franco-Diktatur soll der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky bei einem Besuch in der spanischen Botschaft in Wien gesagt haben, er sei „kein Urpole oder Urböhme, sondern ein Urspanier“. Er stamme von Jehuda Cresqués (gesprochen: Kreskes) ab, einem berühmten jüdischen Kartographen, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf Mallorca lebte. Noch heute gibt es in Palma eine Straße namens Carrer de Cresqués. Die Kreiskys als Chuetas – so die Bezeichnung für die balearischen Juden – wurden früher als die Festlandjuden, die Sepharden, vertrieben und kamen über Portugal und Frankreich im 19. Jahrhundert nach Prag, wo sie entscheidend dazu beitrugen, dass eine spanische Synagoge gebaut wurde. KULTURINSTITUT UND KULINARIK-TIPPS

Frauenbüste von Pablo Picasso in der Wiener Albertina

Am Wiener Schwarzenbergplatz befindet sich das spanische Kulturinstitut, das Instituto Cervantes de Viena. Es bietet Sprachkurse mit bestens ausgebildeten Muttersprachlern, eine Vielzahl von Veranstaltungen und hat eine reiche Bibliothek. Rafael de la Dueña, der freundliche Bibliothekar, gibt uns abschließend noch zwei kulinarische Empfehlungen: Seine spanischen Lieblingslokale in Wien sind das Tapas-Lokal „Lola“ in der Gonzagagasse und das „Ignacio Vinos Ibericos“ in der Salztorgasse. ¡Hasta pronto! Bis bald bei Ihrer persönlichen Erkundungstour von Spanien in Österreich. g


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Neues aus dem Team Stefan Ahammer übernimmt die Projektorganisation in der Prüfungsabteilung Kredit. Der 33-jährige Wiener arbeitete zuletzt als Verbundrevisor in der Innenrevision der Volksbank Wien. Davor war der Betriebswirt in der Apothekerbank in den Stabsstellen Revision und Personal sowie beim ÖGV als Revisionsassistent tätig.

Birgit Szücs ist von der Prüfungsabteilung Kredit ins Team der internationalen Interessenvertretung gewechselt, wo sie an der Seite von Victoria Pagowski und Stefan Resetarits für den Bereich Bankenregulierung arbeitet.

Verbandssekretär Wolfgang Schmidt hat am 1. September sein 35-jähriges Dienstjubiläum gefeiert. Der Jurist begann seine ÖGV-Karriere im Alter von 26 Jahren in der Rechtsabteilung und ist seitdem unverzichtbar für den Verband. 2017 hatte er interimistisch auch die Agenden des Verbandsanwalts inne.

Genossenschaft in den Medien Auch im Sommer hat der ÖGV seine Bemühungen, das Thema Genossenschaft ins mediale Rampenlicht zu rücken, erfolgreich fortgesetzt: Unter dem Titel „Was Genossen schaffen“ berichtete etwa das Wirtschaftsmagazin „Gewinn“ in seiner Juli/August-Ausgabe ausführlich über die Vorteile der Genossenschaft im Lichte der aktuellen Herausforderungen. Der Beitrag enthält auch eine Anleitung für Neugründer, einen Rechtsformvergleich mit der GmbH und zahlreiche erfolgreiche Praxisbeispiele von ÖGV-Mitgliedsgenossenschaften. „In der Gründer- und Start-up-Szene erleben wir ein neues Denken Richtung kooperatives Wirtschaften – auf Augenhöhe gemeinsam an einem Strang ziehen“, wird Verbandsanwalt Peter Haubner zitiert. Mit der steigenden Zahl an Neugründun-

gen befasste sich auch das Ö1-Mittagsjournal vom 10. August. In dem Beitrag ist sogar von einem „Boom“ die Rede. Großes mediales Echo rief auch die Eröffnung des Revisionszentrums West in Salzburg hervor. Unter anderem die „Kronen Zeitung“ und die „Salzburger Nachrichten“ berichteten über den verstärkten Fokus auf Regionalität bei den Volksbanken und dem ÖGV.

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ÖGV

Regulatorik-Updates jetzt auch per Livestream In regelmäßigen Abständen informiert die internationale Interessenvertretung des ÖGV im Rahmen von Veranstaltungen über Neuerungen in den Bereichen Bankenregulierung, Finanzmarkt, Sanierung und Abwicklung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Konsumentenschutz und Corporate Governance. Das Angebot wurde im Zuge der Coronakrise um eine digitale Teilnahmemöglichkeit erweitert. Die Veranstaltungen im ÖGV-Haus können nun zusätzlich per Livestream mitverfolgt werden (im Bild die Premiere). Die neue Technik ermöglicht es den Online-Teilnehmern, sich auch aktiv an Diskussionen und Fragerunden zu beteiligen. Das Informationsprogramm stieß auf reges Interesse und wird als Weiterbildung für Fit & Proper angerechnet. Neu: In Zusammenarbeit mit der Volksbank Akademie werden die Teilnahmebestätigungen gleich direkt in die digitalen Bildungsblätter übernommen. Stefan Resetarits

Tag der Genossenschaften verschoben Aufgrund der anhaltend sensiblen Corona-Situation hat sich der ÖGV gemeinsam mit der WU Wien und den anderen veranstaltenden Verbänden dazu entschlossen, den für 20. Oktober geplanten gemeinsamen Tag der Genossenschaften auf das Jahr 2021 zu verschieben. Der neue Termin wird ehestmöglich bekanntgegeben. Wir danken für Ihr Verständnis für diesen Schritt im Sinne der Gesundheitsvorsorge und freuen uns über Ihre Teilnahme im kommenden Jahr!


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Ein Verbandsrat, der rockt Gernot Schödl setzt sich als Verbandsratsmitglied des ÖGV für das Genossenschaftswesen ein und vertritt als Geschäftsführer der VdFS die Interessen der heimischen Filmschaffenden. Der Mann verfügt aber noch über ganz andere Talente: Heuer hat er bereits drei Musik-Singles veröffentlicht – die Rocknummer „We Are Robots“, das poppige „You & I (The Story Of)“ und zuletzt „Louis (The Fluffy Dog)“, einen Song im BeatlesStil. Texte und Musik wurden von Schödl selbst geschrieben, alle Instrumente und der Gesang im Heimstudio als One-ManShow selbst eingespielt und produziert.

Die Tracks findet man zum Streamen und Downloaden auf den gängigen Plattformen wie Spotify, iTunes bzw. Apple Music, Amazon Music, YouTube Music oder Deezer. Videoclips dazu – produziert von seinem Bruder Florian – gibt’s auf YouTube und Vimeo zu sehen. Ob demnächst ein Album folgt? Schödl: „Wenn es das Zeitbudget zulässt, auf jeden Fall! Das Werk soll ‚Diversity‘ heißen und 2021 fertiggestellt werden.“ Wir wünschen jedenfalls viel Erfolg!

Praxislehre an der Uni Wien Auf Einladung von Professor Thomas Gehrig (re.) konnte Victoria Pagowski (li.), Leiterin des Bereichs Bankenregulierung in der ÖGV-Interessenvertretung, zur Verbindung von Lehre und Praxis an der Universität Wien beitragen. Der Professor für Finanzwirtschaft, der seine Forschungsschwerpunkte unter anderem auf systemische Risiken (Puffer), Liquidität und Finanzmärkte legt, veranstalte im Sommersemester im Rahmen des Masterstudienlehrgangs „Banking and Finance“ gemeinsam mit der ÖGV-Expertin die englischsprachige Lehrveranstaltung „Basel Regulation and Bank Resiliency“. Das Format stieß von Anfang an auf reges Interesse seitens der Studierenden. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise hat es weiter an Aktualität gewonnen. Trotz der Corona-Beschränkungen ist es gelungen, neben den digitalen Lektionen auch eine Abschlussveranstaltung im ÖGV-Haus unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen, die zusätzlich via Stream international übertragen wurde. Stefan Resetarits

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BVR

Volksbankerin berät den Papst Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), berät künftig den Vatikan in ökonomischen Fragen. Sie wurde von Papst Franziskus in den Wirtschaftsrat des Heiligen Stuhls berufen. Dieses Gremium hat die Aufgabe, die finanziellen Aktivitäten des Vatikans zu überwachen. BVR-Präsidentin Kolak hatte ihre Karriere einst bei der Berliner Volksbank begonnen.

Volksbanken-Verbund

EU bestätigt Abschluss der Restrukturierung Die Restrukturierungsphase des Volksbanken-Verbundes ist per 30. Juni – und damit fast genau fünf Jahre nach der Abspaltung der ÖVAG – erfolgreich abgeschlossen worden. Damit endet auch das EU-Beihilfeverfahren mit seinen Auflagen, teilten die EU-Behörden im Sommer mit. Die nationalen Verpflichtungen bleiben dagegen noch aufrecht. Durch die Neuaufstellung seien die Volksbanken wirtschaftlich viel stärker geworden, erklärte Gerald Fleischmann (Bild), Generaldirektor der Volksbank Wien, im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Man habe im Verbund Kosten über 100 Millionen Euro eingespart, was die Kapazitäten, etwaige Verluste zu tragen, massiv erhöhe. „Wären wir diesen Weg nicht gegangen, dann wäre die Coronakrise jetzt eine Bedrohung geworden.“ So belaste die Krise zwar die Gewinne, aber es würden keine Eigenkapitalschäden daraus erwachsen, so Fleischmann. Vor allem aufgrund von um 53 Millionen Euro gestiegenen Risikovorsorgen liegt das Halbjahresergebnis des Verbundes heuer bei rund 30 Millionen Euro – nach 122 Millionen im Vorjahr. Die harte Kernkapitalquote lag am Ende des ersten Halbjahres bei 13,2 Prozent (Ende 2019: 12,9) und die Eigenmittel-

quote bei 18,2 Prozent (Ende 2019: 17,8). Positiv stimmt Fleischmann, dass viele Firmenkunden aktuell wieder Giroeinlagen aufgebaut haben. Geld, das nicht unmittelbar gebraucht wird, legen Unternehmer offenbar für anstehende Rückzahlungen wie Kredite oder Steuernachzahlungen zurück. Allerdings sei die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Pandemie massiv. Eine Insolvenzwelle sieht Fleischmann im APA-Gespräch im ersten Quartal 2021 auf Österreich zurollen. Einige Branchen wie der Tourismus benötigten sicher weitere staatliche Unterstützungen, im Handwerk dagegen laufe es vielfach sehr gut. Kritik übte Fleischmann am System der Einlagensicherung im Zusammenhang mit der Causa Mattersburg: „Die Commerzialbank hat hohe Zinsen gezahlt und den Markt ruiniert, und jetzt zahlen wir anderen Banken dafür.“ Der Generaldirektor schlägt daher für die Zukunft ein risikobasiertes Beitragssystem vor. Banken in Risikoverbünden sollten außerdem im Vorhinein weniger zahlen müssen.

Foto: Robert Polster

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Top-Ergebnis bei Filialbanken-Studie Die ÖGVS – Gesellschaft für Verbraucherstudien hat auch heuer wieder im Rahmen einer Befragung untersucht, wie zufrieden die Kunden unterschiedlicher Filialbanken hinsichtlich der Girokonten sind. Dabei sicherten sich die Volksbanken nicht nur den zweiten Platz in der Gesamtwertung, sie erzielten auch die beste Kundenbewertung in der Kategorie Banking-App sowie Top-Werte in den Kategorien Online-Banking, Service, Beratung und Kundenvertrauen. Wir gratulieren zu diesem Erfolg!

Bankomatkarte der neusten Generation am Start

Noch diesen Herbst beginnt im Volksbanken-Verbund der Tausch der aktuellen Bankomatkarte gegen die neue Debit Mastercard. Damit zählen die Volksbanken zu den ersten Kreditinstituten in Österreich, die diese Innovation für die Kunden anbieten. Während alle Konditionen und auch der PIN-Code unverändert bleiben, bietet die neue Debit Mastercard doppelt so viele Akzeptanzstellen auf der ganzen Welt und dank einer standardisierten 16-stelligen Kartennummer auch die Möglichkeit, sicher online zu bezahlen. Damit tragen die Volksbanken dem veränderten Bezahl- und Einkaufsverhalten der Österreicher Rechnung. Immer mehr Konsumenten kaufen online ein, und auch an der Kasse wird ver-

mehrt mit Karte oder Smartphone gezahlt. „Bargeld- und kontaktloses Zahlen haben sich in den letzten Monaten ohne Zweifel erneut bewährt. Mit der neuen Generation der Bankomatkarte setzen wir für unsere Kundinnen und Kunden nun den nächsten Schritt“, sagt Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien. „Die Debit Mastercard wird zum einfachen und sicheren Bezahlinstrument im Internet. So unterstützen wir mit einem modernen Bezahlverfahren auch die neuen Vertriebswege regionaler Unternehmen.“ Besonders in den letzten Monaten haben viele österreichische Betriebe und auch Genossenschaften verstärkt digitale Plattformen für ihren Verkauf genutzt. Mit der Ausgabe der Debit Mastercard durch die Volksbanken wird der potenzielle Kundenkreis signifikant erhöht. In Online-Shops kann nun sowohl mit Debit- als auch mit Kreditkarte bezahlt werden, wenn dort das Mastercard-Symbol zu finden ist. Der Kartentausch erfolgt ab Herbst einfach und bequem über den Postweg und ist für die Kunden kostenlos. Genossenschaftsmitglieder der Volksbank Niederösterreich erhalten die Debit Mastercard im exklusiven Design des neuen Volksbank Eigentümerclubs. „Es freut uns, mit den Volksbanken einen weiteren wichtigen Partner für die Debit Mastercard gewonnen zu haben und gemeinsam mit ihnen diesen Innovationsschritt zu gehen“, so Christian Rau, Country Manager von Mastercard Austria.

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Volksbank Wien

Mitarbeiter gestalten Employer Branding Um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und vom Mitbewerb abzuheben, hat die Volksbank Wien ein eigenes Employer-Branding-Konzept erarbeitet. Das Besondere daran: Sie baute dabei voll und ganz auf die Mitarbeiter. Weil sie sich als Unternehmen für Mitarbeiter und Bewerber möglichst authentisch präsentieren wollte, stellte die Volksbank Wien die Entwicklung des Konzepts auf eine breite Basis: Das Projektteam setzte sich aus 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den verschiedensten Abteilungen der Bank zusammen – von der Filialleitung über das Marktservicecenter bis hin zur Buchhaltung. Workshops, Befragungen und Interviews standen bei der Projektarbeit, die von Experten der Firma Iventa begleitet wurde, auf der Agenda. Begleitend dazu meldeten sich rund hundert engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freiwillig als Markenbotschafter. Ihre persönlichen Einblicke in den Arbeitsalltag sind in Videos unter karriere.volksbankwien.at zu sehen. Jeder Botschafter repräsentiert die Volksbank außerdem auf seinen privaten sozialen Netzwerken und intern im Unternehmen. In einer speziellen Social-Media-Schulung erfuhren die angehenden Markenbotschafter, wie sie spannende Postings kreieren, mit der Community interagieren und die Botschaften unter Kollegen verbreiten. Vom Projektteam wurden folgende zentrale Arbeitgeberwerte entwickelt: » Begegnung auf Augenhöhe: Ein wert schätzendes Arbeitsklima ist in der Volksbank Wien das Um und Auf. Gegen seitige Hilfe und Unterstützung sowie ein herzliches Miteinander sind selbst verständlich. Quer durch alle Hierarchie stufen begegnen sich die Mitarbeiter auf Augenhöhe. So zählen das Du-Wort sowie gemeinsames Lachen zum Arbeitsalltag. » Freiraum für Gestaltungsmöglichkeiten: Jedes Teammitglied kann das Unter-

nehmen mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Ein umfassendes Aus- und Weiterbildungsprogramm fördert die Mitarbeiter und bietet ihnen die Möglich keit, sich intern weiterzuentwickeln. Ob im Büro oder von zu Hause – die Mit arbeiter sind bestens ausgestattet und haben dadurch einen hohen Gestal tungsfreiraum. » Zukunftsfit durch Flexibilität: Verände rungen ins Rollen zu bringen und diese mitzutragen, ist eine Selbstverständ lichkeit in der Volksbank Wien. Motivier te Mitarbeiter finden ihre eigenen Wege zum Ziel und setzen diese in hoher Quali tät um. Besonders viel Wert legt das Unternehmen auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die dafür oft benötigte Flexibilität ermöglichen etwa Gleitzeit oder die Vielfalt an Aufgaben. „Ein Veränderungsprozess ist eine Chance, sich als Organisation und Person weiterzuentwickeln“, erklärt Bahareh Barg, Entwicklungs- und Innovationsmanagerin für den Bereich HR in der Volksbank Wien. „Unsere Arbeit trägt bereits erste Früchte. Und die Markenbotschafter zeigen voller Stolz auf den Social-Media-Kanälen, dass sie Teil eines zukunftsweisenden Unternehmens sind.“

Foto: Matthias Heschl

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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksbank Wien engagieren sich als Botschafter


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Weibliche Talente im Mittelpunkt Für Mitarbeiterinnen, die über den Tellerrand blicken, sich weiterentwickeln möchten, Eigeninitiative zeigen und Neues ausprobieren wollen, gibt es in der Volksbank Wien das Netzwerk der weiblichen High Potentials. Neben anderen Initiativen zur Frauenförderung ist daraus auch die Idee zu einem verbundweiten Lehrgang für Talente entstanden. Der erste Durchgang wurde im Juli erfolgreich abgeschlossen. Im Rahmen des Lehrgangs konnten auch zwei Projektarbeiten zu den Themen „Motivierte Markt-Mitarbeiterinnen“ und „Agilität im Unternehmen“ umgesetzt und dem Vorstand der Volksbank Wien präsentiert werden. Wir gratulieren!

95-Jahr-Jubiläum in Horn Am 22. Juni 1925 ist mit der Gründung der Waldviertler Creditgenossenschaft für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe der Grundstein für die heutige Volksbank in Horn gelegt worden. Generaldirektor Gerald Fleischmann nahm das 95-Jahr-Jubiläum zum Anlass, den Mitarbeitern der Filialen im Waldviertel persönlich für ihren Einsatz gerade in dieser herausfordernden Zeit zu danken. Regionaldirektor Wolfgang Weidinger konnte bei der Gelegenheit auch den neu gestalteten Eingangsbereich der Volksbank in Horn präsentieren. Ihn ziert ein Kunstwerk der regionalen Fotografin Alrun Andraschek-Holzer. Anlässlich des Jubiläums wurde auch ein kurzes Video gedreht – im Internet abrufbar unter www.volksbankwien.at/jubilaeum.

Generaldirektor Gerald Fleischmann und Regionaldirektor Wolfgang Weidinger in der Horner Volksbank

Bei den Dreharbeiten für das Jubiläumsvideo

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Volksbank Wien

Innovatives BeethovenFestival in Baden Mit Unterstützung der Volksbank-Regionaldirektion Baden ist der neu ins Leben gerufene Beethoven-Frühling trotz Corona erfolgreich über die Bühne gegangen. Die Konzerte wurden aus dem Casino Baden live in alle Welt gestreamt. Unter dem Motto „BeethovenFrühling20 >covid19“ erreichte das Festival von 15. Mai bis 3. Juli mit wöchentlichen Streams aus dem Konzertsaal des Casino Baden weltweit eine halbe Million Menschen. Ursprünglich hätte die erste Festivalsaison des Beethoven-Frühlings mit acht Konzerten an Beethoven-Orten von Baden über Heiligenstadt bis Wiener Neustadt über die Bühne gegen sollen. „Kunst und Kultur sind gerade in Krisenzeiten unerlässlich“, zeigte sich die österreichische Pianistin und Festivalintendantin Dorothy Khadem-Missagh überzeugt. Diesen Ansatz unterstützte auch VolksbankRegionaldirektor Martin Heilinger: „Kunst und Kultur sind gerade in einer Stadt wie Baden systemrelevant. Durch das Streaming konnten deutlich mehr Menschen als sonst erreicht werden. Gerade die Intention, die Jugend anzusprechen, wurde damit unterstützt.“ Als Gegenmodell zu zahlreichen Wohnzimmerkonzerten in der Anfangsphase der Coronakrise streamte der Beethoven-Frühling die Aufführungen in bester technischer Qualität aus dem Konzertsaal. Auf dem Programm standen unter anderem Kammermusik, Liederabende und Crossover. „Das Festival hat vorgezeigt, wie mit Innovation selbst in Krisenzeiten Außergewöhnliches geschaffen werden kann“, zog Festival-Manager Jakob Bayer Bilanz. Dankbar für dieses innovative kulturelle Lebenszeichen zeigte sich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer Videobotschaft. Die Konzerte sind übrigens weiterhin on demand unter www.beethovenfruehling.at abrufbar.

Festival-Manager Jakob Bayer, Intendantin Dorothy Khadem-Missagh und Volksbank-Regionaldirektor Martin Heilinger (v. l. n r.)

Fotos: Alexander Rieck

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Das große Abschlusskonzert mit Dorothy Khadem-Missagh im Casino Baden


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Filiale Neunkirchen erstrahlt in neuem Glanz Die Stadt Neunkirchen feiert die Fertigstellung eines Großprojekts, im Rahmen dessen auch die örtliche Volksbank ein neues, modernes Zuhause bekommen hat. Das innerstädtische Kerngebiet in bester Lage wurde komplett revitalisiert. Auf 2.700 Quadratmetern entstanden gemeinsam mit der Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen 17 Wohnungen und sechs Stadthäuser. Die Volksbank bekam im neuen Gebäudekomplex eine völlig neue Filiale. Die Kunden erwartet ein modern eingerichtetes Kompetenzzentrum mit einer erweiterten Selbstbedienungszone samt Ein- und Auszahlungsgeräten, Kontoauszugsdruckern mit Überweisungsfunktion sowie Münzzähler. Für Beratungsgespräche stehen sechs Räume zur Verfügung. Filialleiter Robert Bürger freut es besonders, dass nun sämtliche Bankleistungen von Spezialisten für Kommerz, Veranlagung, Wohnbau, Privatkunden und Jugend am Standort abgedeckt werden können. Private-Banking- und Versicherungsexperten unterstützen das Team vor Ort. Am 19. Juni fand Corona-bedingt nur eine kleine Eröffnungsfeier mit Tortenanschnitt

und Hausführung statt. Die Grußworte der Stadt überbrachte dabei Bürgermeister Herbert Osterbauer, Pater Bernhard Lang segnete die Räumlichkeiten. Anwesend waren auch Vizebürgermeister Johann Gansterer, Stadträtin Barbara Kunesch, Gemeinderat Reinhard Glöckel, VolksbankVorstandsdirektor Rainer Borns, Regionaldirektorin Andrea Kovacs-Wöhry, Dieter Jedlicka, Aufsichtsratsvorsitzender der VB Niederösterreich Süd eG, WKO-Bezirksstellenobfrau Waltraud Rigler, Bezirksstellenleiter-Stellvertreter Bernhard DissauerStanka sowie Martin Weber und Michael Groll von der Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen. Die Kunden konnten beim Glücksrad Volksbank-Goodies und Gutscheine aus der Region gewinnen.

Tortenanschnitt mit Filialleiter Robert Bürger, Vizebürgermeister Johann Gansterer, WKOBezirksstellenobfrau Waltraud Rigler, Bürgermeister Herbert Osterbauer, Volksbank-Regionaldirektorin Andrea Kovacs-Wöhry und Vorstandsdirektor Rainer Borns (v. l. n. r.)

Außenansicht der neuen Volksbank-Filiale in Neunkirchen

Gruppenfoto der Ehrengäste und Mitarbeiter bei der Filialeröffnung


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Volksbank Wien

Energieberatung in der Region Baden

V. l. n. r.: Volksbank-Wohnbauberater Marc Ivankovits, Regionaldirektor Martin Heilinger, Harald Lattinger und Energieexperte Peter Hiller

ÖGV

„Regional ist genial“: Besuch aus Salzburg

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf haben im Sommer den ÖGV und Verbandsanwalt Peter Haubner besucht. In den Gesprächen ging es ums kooperative Wirtschaften, vor allem aber auch um das Thema Regionalität und die damit verbundenen Chancen. Alle waren sich einig: „Regional ist genial!“

In den Filialen der Volksbank-Regionaldirektion Baden haben heuer zum zweiten Mal die Energieberatertage stattgefunden. Für dieses kostenlose Kundenservice konnte wieder Peter Hiller, Energieberater des Landes Niederösterreich und zertifizierter Sanierungstechniker, gewonnen werden. Die Beratungstermine fanden in den Geschäftsstellen Baden, Ebreichsdorf, Berndorf und Leobersdorf statt. Trotz oder gerade wegen der Coronakrise war das Interesse der Kunden groß, sich bei der Planung ihres Einfamilienhauses beraten zu lassen. Der Experte, der auch klimaaktiv-Kompetenzpartner ist, nahm sich für jedes Gespräch rund eineinhalb Stunden Zeit. Peter Hiller ist unabhängiger Energieberater, er informiert firmenneutral und individuell, um für die Kunden die richtige Lösung zu finden. „Eine umfassende Beratung ist eine solide Basis für Planung und Ausführung“, lautet sein Credo. Bei den Gesprächen ging es etwa um Wärmedämmung, Heizung, Lüftung oder Solartechnik. Baupläne wurden besprochen und im Hinblick auf Energieeffizienz nachgebessert. Die Kunden und zukünftigen Häuslbauer bzw. -sanierer erhielten auch Informationen über Förderungen sowie einen individuellen Finanzplan. Die Beratung durch das Land Niederösterreich und das Fachwissen der Volksbank-Wohnbauexperten bilden das optimale Komplettangebot für die Verwirklichung von Wohnträumen. Im Anschluss an die Kundentermine nutzten Volksbank-Mitarbeiter – vor allem die Wohnbauberater – noch die Chance, sich vom Experten schulen zu lassen.


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Volksbank Tirol

150-Jahr-Jubiläum

Das Vorstandsduo der Volksbank Tirol: Martin Holzer (li.) und Markus Hörmann

Foto: Volksbank-Archiv

Foto: Volksbank-Archiv

Am Innsbrucker Margarethenplatz, heute Bozner Platz, wurden die ersten Geschäfte des Innsbrucker Vorschussvereins in der Wohnung des Kassiers abgewickelt

Das 1891 erworbene Haus in der Universitätsstraße diente bis 1950 als Standort der Tiroler Handels- und Gewerbebank

Das alte Geschäftslokal der Volksbank Schwaz in der Josef-Wopfner-Straße in den 1960er Jahren

Foto: Die Fotografen/Charly Lair

Die Volksbank Tirol, wie man sie heute kennt, ging aus vier sich parallel entwickelnden Bankinstituten in Innsbruck, Landeck, Schwaz und Kufstein hervor. Die erste Gründung erfolgte in Innsbruck: 40 Gewerbetreibende und Kaufleute schlossen sich dort zusammen, um mit 4.000 Gulden Startkapital einen Vorschussverein nach dem Vorbild von Hermann Schulze-Delitzsch zu gründen. Als Gründungstag des Instituts gilt der 4. April 1870, erster Vorstand war Hermann Ignaz Bidermann, der Rektor der Universität Innsbruck. Fünf Jahre später wurde die Spar- und Vorschusskasse Landeck aus der Taufe gehoben, sie war damit das älteste Bankinstitut des Bezirks. Um 1900 folgte die Gründung des Spar- und Vorschussvereins in Schwaz, 1905 jene der Handwerker-Kreditgenossenschaft in Kufstein. 1999 fusionierten Innsbruck und Schwaz, ehe es 2016 im Zuge der Neustrukturierung des Volksbanken-Verbundes zur Bildung der Volksbank Tirol kam. Vier Hauptgeschäftsstellen in Landeck, Innsbruck, Schwaz und Kufstein sorgen dafür, dass Entscheidungen weiterhin rasch, unbürokratisch und direkt vor Ort getroffen werden. Seit dem Sommer wird die Volksbank Tirol übrigens von einer Zweierspitze geführt, nachdem Vorstandsdirektor Werner Foidl Ende Juli seinen wohlverdienten Ruhestand angetreten hat. Markus Hörmann fungiert als Vorstandsvorsitzender und Risikovorstand, Martin Holzer als Vertriebsvorstand.

Foto: Volksbank-Archiv

Mit einem Kurzfilm und einer Festbroschüre feiert die Volksbank Tirol heuer ihr 150-jähriges Bestehen. Die regionale Genossenschaftsbank lädt dabei zu einem Streifzug durch ihre bewegte Erfolgsgeschichte. Es werden historische Fotos und Urkunden gezeigt, aber auch die Kunden von heute kommen zu Wort.


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Volksbank Niederösterreich

Experten-Talk mit einer Prise Humor Am 30. Juni hat ein neues Veranstaltungsformat der Volksbank Niederösterreich Premiere gefeiert: Unter dem Motto „Erträge – Zinsen – Pointen“ bekamen die Kunden per Livestream aktuelle Informationen zum Thema Geldanlage serviert. Im virtuellen Studio nahmen Volksbank-Vorstandsvorsitzender Rainer Kuhnle (li.), Union-Vertriebsdirektor Tom Ganschow (re.) und Publikumsliebling Herbert Steinböck Platz. Der Kabarettist moderierte das Talkformat überaus unterhaltsam und fungierte zugleich als Sprachrohr des Publikums. Die Zuschauer hatten nämlich die Möglichkeit, Fragen live ins Studio zu übermitteln. Ein gelungener Auftakt dieser neuen virtuellen Veranstaltungsreihe!

Gutscheine für Spitalsmitarbeiter

V. l. n. r.: Volksbank-Vorstandsdirektor Rainer Kuhnle mit Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf und Zentralbetriebsrat Peter Maschat bei der Übergabe der Gutscheine

Als Dankeschön für all das, was die Mitarbeiter in den Krankenhäusern in den letzten Wochen und Monaten geleistet haben, hat sie die Volksbank Niederösterreich mit 200 Hotelgutscheinen bedacht. Vorstandsdirektor Rainer Kuhnle überreichte die Gutscheine im Beisein von Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf an Peter Maschat, den Vorsitzenden des Zentralbetriebsrats der Landeskliniken, Pflege- und Betreuungszentren. Kuhnle bei der Übergabe: „Ich gebe im Namen meiner Mitarbeiter Leistungsversprechen an unsere Kunden ab. Eines davon ist, dass bei uns immer die Menschen im Mittelpunkt des Handelns stehen. Die Bediensteten in unseren Spitälern haben Großartiges geleistet und sich ein Dankeschön verdient. Wir sind zwar in der glücklichen Lage, dass es in unserer Bank bisher keinen Covid-19-Krankheitsfall gab. Aber es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man im Fall der Fälle in Niederösterreichs Spitälern in besten Händen ist.“


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Volksbank Salzburg

Die Bankzentrale als Kinderhort Kinderbetreuung ist in Zeiten von Covid-19 eine enorme Herausforderung für berufstätige Eltern. Wenn in der Ferienzeit geplante Kindercamps oder andere private Initiativen nicht stattfinden können, wird die Koordination von Job und Betreuungspflicht für junge Eltern, insbesondere Mütter in Teilzeit, besonders schwierig. Um die Situation zu entschärfen, hat die Volksbank Salzburg zusammen mit den „Kinderfreunden“ eine ganztägige Betreuung der Kinder in der Bank angeboten. Die „Kinderfreunde Salzburg“ stellten dafür pädagogisch geschultes Personal zur Verfügung und entwickelten ein abwechslungsreiches Programm mit vielen kreativen Elementen, Outdooraktivitäten und Ausflügen – etwa zu einem Erlebnisbauernhof. Das Pilotprojekt hat sich gut bewährt, die Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren hatten viel Spaß und genossen das vielfältige Programm in der Volksbank. Generaldirektor Andreas Höll konnte sich bei einem Besuch persönlich davon überzeugen.

Generaldirektor Andreas Höll und Personalchefin Manuela Gorbach beim Besuch der hauseigenen Kinderbetreuung

Stolz präsentierten die Kinder ihre Werke der Personalchefin Manuela Gorbach

Mitglieder bestimmen über Spendengelder

Generaldirektor Andreas Höll bei der symbolischen Scheckübergabe an die Vertreter von „Papageno“, Regina Jones und Christof Eisl

Am 3. Juli hat die diesjährige Generalversammlung der Volksbank Salzburg im Pitter Event Center stattgefunden. Unter strengen Corona-Präventionsmaßnahmen nahmen rund hundert Delegierte, Mitarbeiter und Ehrengäste teil. Generaldirektor Andreas Höll berichtete über das Geschäftsjahr 2019 und gab einen Ausblick auf bevorstehende Herausforderungen. Bereits im Vorfeld war eine neuartige Spendenaktion gestartet worden: Volksbank-Mitglieder konnten bei der Vergabe der Spendensumme mitreden, indem sie online für eine soziale Organisation stimmten. „Papageno“ – das mobile Kinderhospiz – war dabei der Favorit der Mitglieder. Die Organisation erhielt einen Scheck über 11.000 Euro. Das „Salzburger Kinderschutzzentrum“ erreichte Platz zwei, was eine Spende von 7.000 Euro bedeutete. Den dritten Platz teilten sich die „Austrian Doctors“, „SOMA-Sozialmarkt Salzburg“ und die „Lebenshilfe Ausseerland“ – sie bekamen jeweils 4.000 Euro.

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Volksbank Vorarlberg

Eine Filiale als Treffpunkt für die Region Die Volksbank Vorarlberg hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Präsenz im Land zu stärken. Sie möchte dort sein, wo auch die Menschen sind. Diese Vision soll in den nächsten Monaten in Götzis mit der modernsten Filiale Vorarlbergs verwirklicht werden. „Mit der Neuausrichtung in Götzis brechen wir mit dem gewohnten Filialcharakter“, so Gerhard Hamel, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Vorarlberg. „Aus einem Ort, der aktuell fast ausschließlich als Bank genutzt wird, entsteht ein neuer Raum, der Bankdienstleistungen, Kunst, Kultur und Genuss zu einem großen Ganzen verbindet.“ Es werde ein Treffpunkt für die gesamte Region mit angenehmer Atmosphäre sein, der Kundennähe erlebbar mache, umreißt Hamel die Ausrichtung. Geplant ist ein Kompetenzzentrum, das neue Impulse setzt und sowohl die Gesellschaft als auch die Wirtschaft der Region nachhaltig beeinflusst. Damit das gelingt, arbeiten die Mitarbeiter der Filialen Götzis und Hohenems mit all ihrem Know-how und ihrer Erfahrung künftig unter einem Dach zusammen. „Es macht heute keinen Sinn mehr, innerhalb von wenigen Kilometern zwei Filialen zu unterhalten. Wir legen daher die Standorte zusammen und errichten eine moderne Schwerpunktfiliale mit hoher Service- und Beratungsqualität“, erklärt Hamel. „Modernes Banking ist mehr als nur Digitalisierung und Zeitersparnis.“ Die Überlegungen im Hintergrund: Gerade bei individuellen Finanzfragen ist persönliche Betreuung immer noch sehr gefragt. Aber dafür sind große Teams erforderlich, die Spezialisierung ermöglichen, eine optimale Vertretungsregelung sicherstellen können und dem Anspruch einer hochwertigen Kundenberatung gerecht werden. Das verstärkte Team unter der Leitung von Daniela Langridge freut sich schon darauf, in den neuen Räumlichkeiten für die Kunden da zu sein.

Beim Team der Volksbank in Götzis ist die Vorfreude groß

Visualisierung der neuen Filiale in Götzis


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Beim Asset Management unter den Besten Wenn es um die Qualität des Vermögensmanagements geht, gehört das Team der Volksbank Vorarlberg mit seinem nachhaltigen Ansatz zu den Besten. Das wurde jetzt wieder unter Beweis gestellt. Bei der Teilnahme am 6. Performance-Projekt der Fuchs/Richter-Prüfinstanz konnte die Vermögensverwaltung der Volksbank Vorarlberg schon in den ersten Monaten ein beachtliches Ergebnis erzielen. Das Portfoliomanagement um Clemens Lengauer und Benjamin Meier zählte unter 39 Teilnehmern zu jenen acht, die im ersten Halbjahr mit ihrem Portfolio trotz Coronakrise eine positive Rendite erzielen konnten. Bei der Fuchs/Richter-Prüfinstanz werden verdeckte Markttests durchgeführt, zumeist gemeinsam mit Stiftungen und Private-Banking-Kunden, die einen konkreten Beratungs- und Geldanlagebedarf haben. Die Aufgabe des 6. Performance-Projekts ist es, ein virtuelles Startkapital von fünf Millionen Euro zu veranlagen und dabei

ESG-Faktoren (Environmental, Social, Governance) zu berücksichtigen. Übrigens: Auch mit dem hauseigenen Aktienfonds „Premium Selection Equity“ ist die Volksbank Vorarlberg weiter auf Erfolgskurs: Mit einer YTD-Performance von 4,19 Prozent (Stand 11. September) konnte der Fonds, der einen nachhaltigen Investmentsatz verfolgt, eine deutliche Outperformance gegenüber dem weltweiten Aktienmarkt generieren.

Die neue Werbekampagne zur nachhaltigen Geldanlage der Volksbank Vorarlberg

Clemens Lengauer (li.), Leiter der Vermögensverwaltung, und Portfoliomanager Benjamin Meier (re.)

Union Investment

Corona lässt österreichische Sparer kalt Die Sparer in Österreich zeigen sich unbeeindruckt von der Coronakrise. Das belegen die Zahlen von Union Investment im ersten Halbjahr: Der Nettomittelzufluss in Investmentfonds betrug 225 Millionen Euro, was einen Anstieg um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. „Anleger scheinen aus den vergangenen Krisen gelernt zu haben, dass vorübergehende Kursrückgänge keine Kursverluste nach sich ziehen müssen. Sie hielten an ihrer langfristigen Ausrichtung fest und reagierten insgesamt sehr besonnen“, resümiert Marc Harms, Geschäftsführer von Union Investment Austria. Auf der Suche nach passenden Anlagelösungen setzen die Sparer zunehmend auf Sparpläne. Deren Zahl stieg bei den Volksbanken weiter an und überschritt im ersten Halbjahr die Marke von 100.000 Stück. Allein in diesem Jahr wurden bis Ende Juni

10.300 neue Fondssparpläne abgeschlossen. „Dieser Erfolg ist vor allem der Beratungsqualität der Experten bei den Volksbanken geschuldet, denn sie standen ihren Kunden in dieser unruhigen Zeit zur Seite“, betont Harms. „Auch neue digitale Formate wie Kundenkonferenzen trugen zum Erfolg bei“, so Generaldirektor Gerald Fleischmann von der Volksbank Wien. Die Coronakrise verstärkt den Trend zu niedrigen Zinsen und verschärft somit den Anlagenotstand der Sparer. Besonders gefragt waren daher Mischfonds, offene Immobilienfonds sowie reine Aktieninvestments. Spitzenreiter war der „UniAusschüttung“ mit einem Nettozufluss von rund 76 Millionen Euro, gefolgt vom „UniRak Nachhaltig Konservativ“ (36 Millionen) und dem „immofonds1“ (33 Millionen). Im zweiten Halbjahr steht ein neuer Immobilienfonds mit Schwerpunkt Wohnen in Österreich im Fokus – der „UniImmo Wohnen ZBI“.

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Union Investment

Umweltzeichen für nachhaltige Geldanlagen Nachhaltige Investments werden bei privaten Anlegern immer beliebter. Der Fondspartner der Volksbanken, Union Investment, hat sich in diesem Bereich wirkungsvoll aufgestellt: Zwei in Österreich zum Vertrieb zugelassene Fonds erhielten heuer das staatliche Gütesiegel für nachhaltige Geldanlagen. „2019 stieg das Volumen nachhaltiger Geldanlagen in Österreich von 15,9 auf 29,3 Milliarden Euro“, so Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien. Gemeint sind damit Anlagen, die soziale und ökologische Aspekte sowie eine verantwortungsvolle Unternehmensführung explizit in ihren Anlagebedingungen berücksichtigen. „Unser Partner Union Investment ist in diesem Bereich hervorragend aufgestellt. Schon seit drei Jahrzehnten ist die Fondsgesellschaft mit nachhaltigen Fondslösungen für institutionelle Anleger aktiv. Damit gehört sie zu den Vorreitern“, sagt Fleischmann.

Heuer wurden nun die Fonds „UniNachhaltig Aktien Global“ und „UniRak Nachhaltig Konservativ A“ mit dem Österreichischen Umweltzeichen prämiert. Das staatliche Gütesiegel zertifiziert im Finanzbereich ethisch orientierte Projekte und Unternehmen, die Gewinne durch nachhaltige Investitionen erzielen. „Unsere Anleger profitieren damit von höherer Transparenz und einem klaren Bild von der nachhaltigen Anlagepolitik unserer Fonds“, so Marc Harms, Geschäftsführer von Union Investment Austria. „Tendenziell wirkt sich die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit auch positiv auf das Risikomanagement aus. Solche Lösungen sind daher auch für Anleger interessant, die nicht primär auf Nachhaltigkeit Wert legen“, weiß Fleischmann. Harms ergänzt: „Auch für jene, die eine Alternative zu niedrig verzinsten Anlagen suchen, sind nachhaltige Fonds geeignet.“

TeamBank

12 Jahre erfolgreich mit den Volksbanken Seit 2008 ist die TeamBank mit dem „fairen Credit“ auf dem österreichischen Markt aktiv. Gemeinsam mit ihren Partnern, den Volksbanken, hat sie seitdem ihre Marktpräsenz erfolgreich ausgebaut, wie auch die aktuellen Zahlen eindrucksvoll belegen.

Christian Polenz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TeamBank

Wurde die TeamBank zu Beginn eher als Nischenplayer im Bereich Ratenkredite wahrgenommen, hat sich das Unternehmen heute als anerkanntes Kompetenzzentrum für modernes Liquiditätsmanagement etabliert. Diese Entwicklung wird auch durch Zahlen untermauert: Mit einer kontinuierlich über dem Marktschnitt liegenden Wachstumsrate wurde Ende Juli dieses Jahres erstmals die Schallmauer von mehr als einer Milliarde Euro Bestand an Ratenkrediten in Österreich durchbrochen.

Rund zwölf Jahre nach dem Start liegt der Marktanteil des „fairen Credit“ im Ratenkreditsegment bereits bei fast acht Prozent. Im ersten Quartal 2020 entschied sich mehr als jeder zehnte Ratenkreditneukunde in Österreich für einen „fairen Credit“. Zum Ende des ersten Halbjahrs betrug deren Zahl insgesamt 78.000, das entspricht einer Verdopplung seit 2015. „Mit unserem Ökosystem für modernes Liquiditätsmanagement und den darin enthaltenen Produkten und Services haben unsere Partner eine exzellente Grundlage, ihre Kunden mit der optimalen Liquidität zu versorgen und damit auch zukünftig mit dem ‚fairen Credit‘ in einem zunehmend kompetitiven Marktumfeld nachhaltig profitabel zu wachsen“, so Christian Polenz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TeamBank.


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ERGO

Kampagne „Schau auf dich“ geht in die Verlängerung Unter dem Motto „Schau auf dich: Jetzt fürs Leben vorsorgen und g’sund bleiben“ haben die Volksbanken im Sommer gemeinsam mit der ERGO den Fokus auf das Thema Lebensversicherung gerichtet und dazu eine POS-Kampagne gestartet. Mit Erfolg: Über 1.300 Kundinnen und Kunden entschieden sich für eine ERGO-Lebensversicherung mit g’sundem SchmankerlKistl. Grund genug, die Erfolgsstory zu verlängern. Von 1. Oktober bis 31. Dezember läuft „Schau auf dich“ als Herbstaktion wieder in den Volksbanken. Kunden, die im Aktionszeitraum eine „ERGO fürs Leben“- oder „ERGO fürs Sparen“-Lebensversicherung mit laufender oder Einmalprämie neu abschließen, erhalten Einkaufsgutscheine von www.bauernladen.at im Wert von 75 Euro. Damit haben sie die Möglichkeit, aus über 13.000 hochwertigen und vor allem gesunden Produkten von rund tausend österreichischen Anbietern und Bauern zu wählen. Das tut der Vorsorge und Gesundheit gut, und gleichzeitig wird die heimische Wirtschaft unterstützt. Mit den Lebensversicherungen „ERGO fürs Leben“ und „ERGO fürs Sparen“ planen

Kunden ihre Vorsorge besonders flexibel, egal, ob sie ihre Träume finanzieren, den Lebensstandard in der Pension sichern oder für die nächste Generation vorsorgen möchten. Mit dabei sind attraktive Steuerund Spesenvorteile. Die Aktion gilt ab 75 Euro Monatsprämie, 225 Euro pro Quartal, 450 Euro pro Halbjahr, 900 Euro pro Jahr oder ab 15.000 Euro Einmalprämie.

„ERGO fürs Sparen“ erfolgreich gestartet „ERGO fürs Sparen“, der neue Versicherungssparplan der ERGO, legte im Rahmen der „Schau auf dich“-Aktion einen hervorragenden Start hin und entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem Erfolgsprodukt. Der Mix aus Renditechancen, Sicherheit und Flexibilität – und das ganz ohne Gesundheitsfragen – überzeugt. „ERGO fürs Sparen“ fokussiert klar auf den laufenden Kapitalaufbau, die flexible Veranlagung und die attraktive Fondspalette von Union Investment – und nicht auf die Absicherung von Lebensrisiken. Kunden wird daher bewusst weniger Versicherungsschutz im Ablebensfall, aber dafür ein Mehr an Ertragschancen geboten. Dazu kommen die Vorteile einer Lebensversicherung: nur vier Prozent Versicherungssteuer statt 27,5 Prozent Kapitalertragsteuer und die Wahl aus verschiedenen Auszahlungsmöglichkeiten wie lebenslange Rente, einkommensteuerfreie Kapitalauszahlung oder ein Mix aus beidem. Bei der Veranlagung kann der Kunde je nach Wirtschaftslage flexibel bleiben und selbst entscheiden, ob er auf mehr Sicherheit oder mehr Ertragschancen setzt. Von hundert Prozent klassische Veranlagung bis zu hundert Prozent Fondsveranlagung ist jede Mischung möglich. In Kooperation mit Union Investment können bis zu zehn Fonds gewählt und jederzeit kostenlos gewechselt werden.

„Bei ‚ERGO fürs Sparen‘ steht ertrags- und steueroptimiertes Ansparen ohne Gesundheitsfragen im Vordergrund“, so Christian Noisternig (Bild), ERGO Vorstand für Vertrieb und Marketing. „Wir freuen uns, dass das Produkt großen Anklang bei Kunden und Partnern findet. Mit ‚ERGO fürs Sparen‘ und ‚ERGO fürs Leben‘ haben wir zwei innovative und flexible Angebote am Puls der Zeit, mit denen wir jeden Kundenbedarf für Vorsorge, Veranlagung und Vermögensaufbau optimal abdecken können“, betont er. Alle Infos rund um „ERGO fürs Sparen“, „ERGO fürs Leben“ und die POS-Aktion „Schau auf dich“ finden Sie unter volksbank.at/efs bzw. volksbank.at/schauaufdich.

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Smart Austria

Rückschau auf ein turbulentes Jahr Die Coronakrise hat den Arbeitsalltag bei Smart, der Dienstleistungsgenossenschaft für die Kunst- und Kreativszene, gehörig durcheinandergewirbelt: Projekte wurden storniert, Einnahmequellen sind weggebrochen, Termine wurden abgesagt oder kurzfristig in den virtuellen Raum verlegt. Dennoch konnte bei der Generalversammlung, die diesmal als virtuelles Zoom-Meeting stattfand, ein positives Fazit gezogen werden. Die Genossenschaft hat in der Krise intensiv beraten und betreut, ist mit Ausfallshaftungen eingesprungen, konnte aktive Nutzerinnen und Nutzer in die Kurzarbeit übernehmen oder bei der Inanspruchnahme von Lohnersatzleistungen unterstützen. „Die Krise hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig, tragfähig und zukunftsweisend das Modell Smart gerade in außerordentlichen Zeiten ist“, so Geschäftsführerin Sabine Kock.

Bei den Geschäftszahlen sieht man sich im Plan: Im Vorjahr wurden 1,4 Millionen Euro Umsatz erreicht, die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer wuchs auf 1.110 an. Anfang 2020 wurde die smart@work GmbH als 100-Prozent-Tochter gegründet, um gewerbliche Tätigkeiten und Arbeitskräfteüberlassungen durchführen zu können.

IGA

Tagungsband erschienen Im Vorjahr hat das Internationale Institut für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA) seine Jahrestagung in Innsbruck unter das Generalthema „Regionale Nähe in der digitalen Welt“ gestellt. Im Sommer ist nun der Tagungsband mit allen Referaten und Diskussionsbeiträgen zu diesem gerade jetzt hochaktuellen Thema erschienen. Die Broschüre kann ab sofort unter info@iga.at zum Preis von 17 Euro (zuzüglich Porto) bestellt werden. Die für heuer geplante Jahrestagung fällt leider der weiterhin angespannten Corona-Situation zum Opfer. IGA-Vorstandsvorsitzender Arnulf Perkounigg (Bild) hofft, im nächsten Jahr wieder möglichst viele Teilnehmer bei der dann bereits 24. Jahrestagung begrüßen zu dürfen. Der Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben.


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Austria Presse Agentur

Nachrichten in Zeiten der Pandemie

„Die Berichterstattung über die Coronakrise gehört inhaltlich zum Herausforderndsten der vergangenen Jahre“, startete Bruckenberger seine Einblicke in die „neue Realität“ des Agenturalltags. Dabei war die Reihe der Großereignisse, die einer Redaktion Außergewöhnliches abverlangen, schon vor Corona lang: „Schwarz-Blaue Wende 2000, 9/11, Tsunami, Finanzkrise oder im Vorjahr Ibiza und seine Folgen“, zählte Bruckenberger auf. „Corona aber forderte die Redaktion organisatorisch stärker als alles zuvor.“ Schließlich galt es, den gesamten Newsroom, in dem gewöhnlich 145 Redakteurinnen und Redakteure auf einer Ebene zusammenarbeiten, ins Homeoffice zu verlegen. Unvorbereitet sei man nicht gewesen, denn die APA sei Teil der kritischen Infrastruktur in Österreich und habe seit den 2000er Jahren einen fertigen Pandemie-Strategieplan in der Schublade. „Dadurch konnten wir sehr rasch ins Homeoffice wechseln. Das betraf 90 bis 95 Prozent unserer Journalistinnen und Journalisten.“ Wenngleich mittlerweile wieder mehr von ihnen in der APA am Wiener Naschmarkt im Dienst seien, so werde eine vollständige Rückkehr wohl erst möglich sein, wenn es einen Impfstoff gebe, prognostizierte Bruckenberger. Die Produktion der APA-Redaktion ist auch im Homeoffice enorm: Von den insgesamt rund 48.000 Meldungen, die seit dem Beginn der Krise bis Juli über alle Ressorts des APA-Basisdienstes gelaufen sind, behandeln deutlich mehr als 30.000 die Coronakrise. Dazu kommen 7.000 Bilder, 250 Grafiken mit mehr als 17 Millionen Zugriffen, über 200 Videobeiträge, 200 VideoLivestreams und ein laufend aktualisierter Liveblog zum Thema. Die neu eingeführten APA-Faktenchecks sowie ein täglicher

Nachrichtenüberblick in einfacher Sprache wurden zudem in elf Sprachen übersetzt, um möglichst viele Menschen in Österreich zu erreichen. Bruckenberger sieht darin auch ein wichtiges Gegengewicht zur Desinformation, die sich Studien zufolge vor allem in sozialen Netzwerken oder Messenger-Diensten verbreite und zu Verunsicherung führe. „Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, die klassische Medien bzw. Qualitätsmedien konsumieren, weniger anfällig für Desinformation sind“, erklärte Bruckenberger. Die gewaltigen Herausforderungen durch Corona hätten aber auch die Stärken der APA-Redaktion ins Licht gerückt: die ressortübergreifende Newsroom-Kultur, die Multimedialität der vielen Formatangebote und die Regionalität, die über die Bundesländerbüros abgedeckt werde. Stolz zeigte sich Bruckenberger, dass die Berichterstattung der APA unter all den Anforderungen nicht gelitten habe. „Wir haben uns an den Tugenden und Regeln des Qualitätsjournalismus orientiert: an die Fakten halten, präzise und objektiv sein.“

APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger

Fotos: APA, Wolfgang Schmidt

Die genossenschaftliche Austria Presse Agentur hat in der Coronakrise eine Schlüsselfunktion bei der Versorgung mit unabhängigen Nachrichten inne. Wie es in dieser außergewöhnlichen Zeit hinter den Kulissen der APA zugeht, hat Chefredakteur Johannes Bruckenberger im Juli bei einem Online-Talk verraten.


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BÄKO

Generalversammlung mit Abstand und Zuversicht

Der Aufsichtsrat der BÄKO: Helmut Buchegger, Martin Wienerroither, Gerhart Hinterwirth, Elisabeth Moser, Norbert Steiner, Vorsitzender Horst Reichartseder und Markus Resch (v. l. n. r.)

Rund 60 Teilnehmer kamen zur Generalversammlung in die BÄKO-Zentrale

Unter Einhaltung alle Corona-Regeln hat die Bäcker- und Konditorengenossenschaft BÄKO am 29. Juli zu ihrer jährlichen Generalversammlung in die Zentrale nach Linz-Pichling geladen.

die aktuell schwierige Situation ein: Die im März verordneten Corona-Maßnahmen bescherten auch der BÄKO deutliche Umsatzeinbrüche. Die Beschränkungen führten auch zur Absage der traditionellen BÄKO-Frühjahrsmesse, die für Ende April geplant gewesen wäre. Sein Kollege Brandner erläuterte die Schritte, die eingeleitet wurden, um die BÄKO gut in die Zukunft zu führen. Im Fokus standen in den ersten Krisenmonaten die Sicherung der Liquidität, der Arbeitsplätze und der Warenversorgung sowie die Optimierung der Zustelllogistik. Brandner dankte den Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates, dem ehemaligen Geschäftsführer Franz Reischl und allen BÄKO-Mitarbeitern für ihre Unterstützung zur Bewältigung der Krise. Verabschiedet wurde der langjährige BÄKO-Funktionär Johann Ehrenberger, der sich nicht mehr zur Wahl in den Aufsichtsrat stellte. Als Anerkennung erhielt er das Ehrenzeichen in Gold des ÖGV. Im Amt folgt ihm Markus Resch nach.

Oskar Kern, Autor, Impulsgeber und Mitglied der Geschäftsführung von Elin, begeisterte die Besucher zu Beginn mit einem interaktiven Vortrag: Das Publikum konnte am Smartphone Fragen beantworten und bekam die Ergebnisse direkt präsentiert. „Was braucht es zur Bewältigung der Herausforderungen in der Zukunft?“, war ein zentrales Thema, das Kern praxisorientiert und vor allem humorvoll behandelte. Anschließend präsentierten Vorstandsvorsitzender Leo Jindrak, Aufsichtsratsvorsitzender Horst Reichartseder sowie die Geschäftsführer Robert Brandner und Markus Geres die Schwerpunkte des Geschäfts- und Lageberichts für das Jahr 2019, dessen Entwicklung mit einer neuerlichen Steigerung des Umsatzes sehr zufriedenstellend war. Geres ging auch auf


ABO-BESTELLUNG

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Ehrungen Abo-Bestellung

des Österreichischen Genossenschaftsverbandes Von März bis August 2020 wurden folgende Auszeichnungen an verdiente Mitarbeiter, Geschäftsleiter/Geschäftsführer und ehrenamtliche Funktionäre unserer Mitgliedsunternehmen verliehen: Schulze-Delitzsch-Medaille in Gold am Bande Kommerzialrat Ing. Kurt DAMBAUER Aufsichtsratsmitglied Volksbank Oberösterreich AG Kommerzialrat Dr. Hans Peter SCHMIDTBAUER Aufsichtsratsmitglied VB Niederösterreich-Mitte Beteiligung e.G.

„cooperativ – Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft“ bringt Neuigkeiten, Trends und Hintergründe aus der Welt der Genossenschaften und aus dem Volksbanken-Verbund. Sie interessieren sich für diese Themen, haben aber noch kein Abo? Dann bestellen Sie jetzt, und Sie erhalten das Magazin viermal im Jahr nach Hause oder ins Büro geliefert.

Ja, ich abonniere „cooperativ – Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft“ zum Preis von € 36,– pro Jahr. Ich bezahle mein Jahresabo bequem nach Erhalt der Rechnung. Ich kann mein Abonnement jederzeit mit 4 Wochen Vorlaufzeit schriftlich kündigen.

Schulze-Delitzsch-Medaille in Gold Ing. Franz ASEN Aufsichtsratsmitglied Volksbank Salzburg eG

Herr

Frau

Titel

Name / Firma

Ehrenzeichen in Gold Straße / Hausnummer

Landesinnungsmeister Kommerzialrat Johann EHRENBERGER Aufsichtsratsvorsitzender-Stellvertreter BÄKO-Österreich, Großeinkauf der Bäcker und Konditoren e.Gen. Kleines Ehrenzeichen in Gold Dipl.-Ing. Paul FISCHER Vorstandsmitglied VB Ried im Innkreis Verwaltungsgenossenschaft eG. Ehrenmedaille in Gold am Bande Manfred VORAUER Kundenberater VB Ried im Innkreis Verwaltungsgenossenschaft eG

PLZ / Ort

Tel.-Nr.

E-Mail (optional)

Datum

Unterschrift

Senden Sie diese Abo-Bestellung bitte per Post an: Österreichischer Genossenschaftsverband Löwelstraße 14, A-1010 Wien Oder faxen Sie das Formular an: +43 (0) 1 313 28-450 Oder schicken Sie uns ein E-Mail: service@oegv.volksbank.at

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BUCHTIPPS

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Buchtipps Sebastian Bergmann, Erik Pinetz (Hrsg.) GebG, GSpG, VersStG, FSchStG, WerbeAbgG und DiStG – Kommentar Linde, 2. Auflage 1.568 Seiten € 248,– Der Standardkommentar von Sebastian Bergmann und Erik Pinetz zum Gebührengesetz ist nun in zweiter Auflage erschienen. Das Werk beinhaltet neben einer umfassenden und übersichtlichen Darstellung der Bestimmungen des Gebührengesetzes auch Kommentierungen der Glücksspielabgabe (GSpG), der Versicherungssteuer (VersStG) und der Werbeabgabe (WerbeAbgG). Die zweite Auflage enthält zudem das Feuerschutzsteuergesetz (FSchutzStG) und das Digitalsteuergesetz (DiStG). Seit dem Erscheinen der Erstauflage wurden vom Finanzministerium neue Gebührenrichtlinien veröffentlicht, im Bereich der Bestandvertragsgebühren ist es zu Änderungen in der Judikatur gekommen. Zahlreiche Expertinnen und Experten aus verschiedenen steuer- und rechtsberatenden Berufen haben zum Entstehen dieses praxisgerechten Kommentars beigetragen. Wenngleich insbesondere seit dem Wegfall der Darlehens- und Kreditvertragsgebühr im Jahr 2011 bei Banken ein wesentlicher Anwendungsbereich der Rechtsgeschäftsgebühren weggefallen ist, gibt es nach wie vor immer wieder Anlass zu Diskussionen und Überlegungen im Zusammenhang mit dem Gebührenrecht. Die Herausgeber des Kommentars halten im Vorwort fest, dass man Gebühren zwar weiterhin nicht mögen muss, aber in der Praxis dennoch unweigerlich mit ihnen konfrontiert ist. Dem ist zuzustimmen, umso wichtiger ist es, bei der praktischen Arbeit auf ein umfassendes und zuverlässiges Hilfsmittel wie den vorliegenden Kommentar zurückgreifen zu können. Johanna Thalhammer Elke Napokoj, Heinrich Foglar-Deinhardstein, Michaela Pelinka (Hrsg.) AktG Praxiskommentar LexisNexis 1.552 Seiten € 299,– Der vorliegende Kommentar bietet dem Praktiker eine kompakte, gut strukturierte und fundierte Zusammenstellung der


BUCHTIPPS

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Judikatur und Literatur zum Aktiengesetz. Die gesetzlichen Änderungen durch das AktRÄG 2019 wie etwa die Vergütungspolitik oder die Berichtspflichten wurden berücksichtigt. Die besondere Praxisnähe des Werkes und die Behandlung von konkreten Fragestellungen ermöglichen dem Rechtsanwender ein vollständiges Eintauchen in die Materie. Ulrike Schuh Anna-Carina Salger Dark Trading – Shedding Light on US and EU Regulation of the Securities Markets’ Dark Sector De Gruyter 318 Seiten € 99,95 Die Beziehung eines Mitglieds zur Genossenschaft ist höchstpersönlich. Schon anders ist das selbst bei Aktiengesellschaften, die Namensaktien ausgegeben haben. Zwar kennt die Gesellschaft ihre Eigentümer, doch hat sie weniger Einfluss auf einen Wechsel im Eigentümerkreis, höchstens wenn die Aktien vinkuliert sind. Im Falle einer börsennotierten AG werden Eigentumsrechte auf organisierten und regulierten Märkten gehandelt. Doch nicht alle Märkte sind transparent in Bezug auf die Preisbildung und erlauben es, Transaktionen etwa in Bezug auf Volumen und Marktteilnehmer nachzuvollziehen. Fehlen diese Bedingungen, vollzieht sich „Dark Trading“. Dieses ist Gegenstand der vorliegenden rechtswissenschaftlichen Dissertation (Universität Freiburg). Die Verfasserin setzt sich intensiv und differenziert mit einer Entwicklung auseinander, die insbesondere mit dem automatisierten und hochfrequenten Handel, regulatorischen Lockerungen und der globalen Verflechtung von Märkten einhergeht. Sie weist auf die Auswirkungen derartiger Geschäfte auf die Marktfunktion hin und vergleicht regulatorische Maßnahmen in den USA und der EU. Aus ihrer Sicht bedarf es eines „Level Playing Field“ innerhalb einer so freien Marktwirtschaft. Regulatoren weltweit sind gefordert zu kooperieren, um regulatorischer Arbitrage vorzubeugen, und sollten bereit sein, ihre Aufsichtsfunktion mit einer wirksamen Durchsetzung des noch vorhandenen rechtlichen Rahmens zu verbinden. Holger Blisse

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NEUES VON GESTERN

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Damals vor 100 Jahren So wie der ÖGV selbst blickt auch sein Verbandsmagazin auf eine lange Tradition zurück: Beide gibt es – wenn auch unter anderem Namen – seit 1872. Der Vorgänger des „cooperativ“ hieß „Die Genossenschaft“. Für die Rubrik „Damals vor 100 Jahren“ öffnen wir unsere Archive und blicken zurück. Wir bringen Wissenswertes, aber auch Schmankerl von anno dazumal.

Die Anziehungskraft des Allgemeinen Verbandes war auch nach dem Ersten Weltkrieg ungebrochen: Nachricht über die Aufnahme von sieben neuen Genossenschaften

In der Eschenbachgasse 11 in Wien, dem heutigen Sitz des Österreichischen Gewerbevereins, fand der 44. Allgemeine Vereinstag statt. Dabei berichtete der neue Verbandsanwalt Otto Neudörfer über die Inhalte der Friedensverträge von Versailles und St. Germain, welche die Neuordnung Europas regelten. Sozialistische Strömungen hätten in den neu geschaffenen Staaten die gemäßigte Politik hinweggefegt und große Erwartungen bei den Menschen geschürt, die aber in Zwang, Klassenherrschaft und Diktatur enden würden, warnte der Verbandsanwalt. Ein Vertreter des Allrussischen Zentralverbandes untermauerte in seinem Bericht diese Befürchtung: Demnach umfasste das russische Genossenschaftswesen 1917 noch 40.000 Genossenschaften mit mehr als 20 Millionen Mitgliedern. Es gab 300 Verbände und 100 Zeitschriften. Die sowjetische Regierung habe nun Bewohner ganzer Landstriche in Genossenschaften gezwungen, die gewählten Funktionäre ersetzt und damit das demokratische Element entfernt, das wesentlich für die Selbstkontrolle sei. Unterdessen wurde der Bevölkerung in Österreich durch die große Vermögensabgabe 1920 ein Großteil ihres Besitzes abgenommen. Daraus resultierte ein deutlich gestiegener Fremdkapitalbedarf bei gleichzeitiger Bonitätsverschlechterung

der Kunden, den die Vorschusskassen bewältigen mussten. Konsumgenossenschaften reagierten auf die Herausforderungen der Zeit mit einer Fusionswelle. Im Deutschen Reich beklagten die Genossenschaftsverbände, dass rentable Kreditgenossenschaften immer öfter ins Visier von Privatbanken gerieten. Zuletzt scheine der „Aufsaugungsprozess“ an Fahrt zugelegt zu haben, so die „Deutsche Handels-Rundschau“. Der Gesetzgeber versuchte, per Erlass den Druck von den Genossenschaften zu nehmen. Konkret wurde für Fusions- und Auflösungsbestrebungen eine Dreiviertelmehrheit in der Generalversammlung vorgeschrieben. Ebenso mussten Genossenschaften fortan zwei Generalversammlungen über ihre eigene Auflösung abhalten. Außerdem erhielt der zuständige Revisionsverband das Privileg, ein Gutachten auszustellen, welches die Interessen der Genossenschaftsmitglieder beleuchtet. Ganz im Sinne dieses Erlasses äußerte sich der deutsche Reichskanzler Constantin Fehrenbach in seiner Antrittsrede vor dem Reichstag, in der er den genossenschaftlichen Zusammenschluss als wesentliches Mittel der Selbsthilfe für den deutschen Mittelstand beschwor. Die nächste Ausgabe von „Damals vor 100 Jahren“ berichtet über offen angesprochene Eigentümlichkeiten in der damaligen Buchführung von Kreditgenossenschaften. Markus Rothenbach


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© Konstantin Reyer

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