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Lebende Nostalgie

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Salziger Zauber

Salziger Zauber

Autor und Künstler Marin Montagut vor seiner Galerie im Herzen von Paris.

Weite Plätze, brausende Boulevards und mächtige Fassaden, so präsentiert sich Paris. Aber ohne die versteckten Gassen, kleinen Cafés, authentischen Läden und Ateliers wäre die Stadt nur halb so wunderbar. Sie drängen sich dem Besucher nicht auf, hier wird er zum Entdecker. Das Frankreich Magazin sprach mit dem Künstler Marin Montagut, der schon seit fast zwei Jahrzehnten in seiner Stadt auf Entdeckungsreise ist.

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GESPRÄCH: ANNEKE WARDENBACH, FOTOS: ROMAIN RICARD, PIERRE MUSSELEC, MARIN MONTAGUT, LUDOVIC BALAY

Selbst die großen Namen in Paris wie Chanel oder Dior wären nichts ohne diese leisen, unbekannten Spezia- listen, die in ihrem jeweiligen Gewerk grandiose Experten sind. Designer Marin Montagut hat nun aus Collagen, Aquarellen und neuen Fotos einen üppigen Bildband zusammengestellt, der dieses lebende Erbe des Kunsthandwerks in Paris vorführt.

Traditionsgeschäfte? Das klingt erst einmal staubig – altmodisch. „Ach, i wo. Es ist so reizvoll. Meine große Leidenschaft! Echtes altes Kunsthandwerk, die Ateliers, die Künstlerstudios – ich liebe es. Ich kam als 20-Jähriger von Toulouse nach Paris und begann, solche Orte peu à peu zu entdecken. Ich bin Designer, Aquarellist und Illustrator. Um meine Kunstwerke zu verwirklichen, brauche ich Werkstätten oder Fachleute, die ein bestimmtes altes Handwerk beherrschen. Sie werden immer seltener, die Kunstschmiede, Farbmischer oder Papierschöpfer. Es war jedes Mal eine tolle Überraschung, wenn ich eine dieser versteckten Perlen entdeckt hatte. Jetzt bin ich 38 und kenne viele besondere Adressen. Ich bewundere diese Spezialisten und ihre Ladeneinrichtungen, denn es ist so schwierig, im modernen Paris damit zu überleben.“ ›

Im Uhrzeigersinn: Löwe in Deyrolle, die Galerie von Marin Montagut, Eindrücke aus der Kurzwarenhandlung Mercerie Ultramod und aus der Bouclerie Poursin, einem Spezialisten für Metallschnallen .

Warum dann dieses Buch? „Es ist eine Hommage an diese Spezialisten. „Antik“, „Nostalgie“ und „vintage“ sind jetzt hippe Begriffe. Aber diese Läden und Werkstätten haben nicht nur antike Gegenstände, nein, sie leben! Da schwebt sozusagen der „Vintage-Geist“ im Raum und lebt und schafft, teilweise schon seit 150 Jahren. Auf diese Weise bilden sie seit jeher eine große Inspirationsquelle für mich als Künstler.“

Und dann kamen die Lockdowns. „Ja, in gewissem Sinne ist dieser Bildband ein Produkt des Lockdowns. Ich hatte meine Kunstboutique mit Dekorationen und Papierwaren im 6. Arrondissement ausgerechnet 2020 eröffnet. Finanziell habe ich das nur überlebt, weil viele Pariser hierher fanden, die plötzlich Zeit hatten, ihre Wohnungen schöner zu dekorieren. Aber Reisen zu Inspirationszwecken war nicht mehr möglich. Also hatte ich Zeit, etwas aus meinem Netzwerk vor Ort zu entwickeln. So entstand das Buch. Und jetzt kommen hoffentlich die Touristen!“

Was sind Ihre Tipps für Touristen? „Ich persönlich liebe das Kuriositätenkabinett Deyrolle, wo Tiere, allerlei Schmetterlinge und andere Insekten gezeigt werden. Aber für Besucher ist die Herboristerie an der Place de Clichy lohnenswert, da gibt es auch viel zu kaufen, was ins Handgepäck passt. Oder das Musée Montmarte oder die Mercerie Ultramod. Aber meinen eigenen Laden dürfen Sie natürlich auch nicht vergessen, der ist ja auch noch ziemlich neu. Für mich ist die Académie de la Grande Chaumière die schönste Entdeckung im Rahmen dieses Buches, darüber freue ich mich riesig, dort male ich jetzt selbst. Diese Kunstakademie wurde 1902 gegründet und befindet sich bis heute in denselben urigen Räumlichkeiten in Montparnasse.“

Marin Montagut Verborgene Schätze in Paris €32 Dumont Verlag, 256 Seiten

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