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Komplettes Bleiverbot in Feuchtgebieten möglich

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Jennersdorf

Jennersdorf

Bleiverbot in Feuchtgebieten möglich

In Österreich ist seit 1. Juli 2012 die Verwendung von Bleischrotmunition bei der Jagd auf Wasservögel verboten. Ursprünglich wurde das Bleiverbot auf Wasservögel eingeführt, um den auftretenden Bleivergiftungen entgegenzuwirken. Dieses Verbot wurde auf EU-Ebene um eine Gebietsbeschränkung in Feuchtgebieten ausgeweitet.

Basis für diese Entscheidung ist die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) Es handelt sich um eine EU-Chemikalienverordnung, die am 1. Juni 2007 in Kraft getreten ist. REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals ‚Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien‘. Als EU-Verordnung besitzt REACH gleichermaßen und unmittelbar in allen Mitgliedstaaten Gültigkeit. Im Rahmen dieser Verordnung wird auch der Umgang mit Blei abgehandelt. Ziel ist es, den Eintrag dieses Elements in die Umwelt zu verhindern und den Gebrauch, Verkauf und die Verbringung so gut wie möglich zu unterbinden. Es ist bekannt, dass die Aufnahme von Blei bei Vögeln, insbesondere Greifvögel, die aufgrund ihrer Magensäure das Blei verstoffwechseln, zu Vergiftungserscheinungen bis hin zum Tod führen kann. Die Aufnahme des Bleis erfolgt direkt wie Enten die Bleischrot als vermeintliche Magensteinchen aufnehmen oder indirekt durch die Aufnahme von Beutetieren, Kadaver bzw. Aufbruch in denen sich bleihaltige Geschoßfragmente befinden. Daher wird seit praktisch über einem Jahrzehnt (2006) über die Reduktion des Bleieintrages durch die Jagd intensiv diskutiert und zusätzlich zum bereits bestehenden nationalem Bleiverbot bei der Jagd auf Wasserwild (seit 2012) an einer internationalen Ausweitung dieses Verbots gearbeitet. Im Jahr 2020 wurde nun ein Vorschlag vorgebracht, der aus Sicht aller neun Landesjagdverbände in Österreich, gemeinsam vertreten durch den Dachverband JAGD ÖSTERREICH, zu vage und dehnbar formuliert ist: 1. Verbot von bleihaltiger Schrotmunition in Feuchtgebieten laut RAMSAR-Definition © unsplash.com/William Istead

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4. Beschränkung gilt nicht für Wasservögel allein, sondern künftig auch für sämtliches bodennahes Niederwild Gebietsausweitung mit einer 100 Meter Pufferzone um diese Feuchtgebiete Der Besitz bzw. das Tragen bleihaltiger Munition in diesen Feuchtgebieten ist verboten.

In der Praxis bedeutet das:

• Die allgemeine Feuchtgebietsdefinition laut RAMSAR-Konvention wird als Gebietskulisse angegeben.

Die EU-Kommission hat bestätigt, dass im Zuge dieser Definition alle sichtbaren und temporär sichtbaren

Gewässer betroffen sind. ACH-

TUNG: in temporären Feuchtgebieten sind derzeit laut Kommission auch alle kleineren Pfützen, die nach einem Regen-Ereignis entstanden sind, inbegriffen. Die Landschaft kann sich daher binnen Minuten flächendeckend zu einem temporären

Feuchtegebiet umwandeln. • Eine Pufferzone von 100 Metern, in der das Bleiverbot gilt, ist bei allen

Feuchtgebieten (auch temporär) einzuhalten. • Der Besitz bzw. das Tragen von bleihaltiger Munition ist in diesen

Feuchtgebieten (inkl. Pufferzone) absolut verboten und somit eine

Straftat. • Die Definition von Bleischrotgeschossen ist auf sämtliche Bleigeschosse umlegbar – auch in geringen

Anteilen – und wird aufgrund des

Schwermetalleintrages untersagt. Sämtliche alternative Munition (Bleifrei - Bleiersatz) wird ebenso in Frage gestellt, da sie in Hinblick auf die terrestrische Verunreinigung als ökotoxikologisch einzustufen ist. Daher bleibt nur reiner Stahlschrot übrig, der aber die technischen und zielballistischen Anforderungen nur teilweise erfüllt. JAGD ÖSTERREICH hat zusätzlich bedenken

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in Hinblick auf Sicherheit durch Abprallern bei der bodennahen Schussabgabe. Bei Berücksichtigung all dieser oben genannten Punkte bedeutet das, dass die gesamte Landesfläche Österreichs von dieser Feuchtgebiets-Definition betroffen ist. Durch die Ausweitung dieses Bleiverbots auch bei Jagd auf bodennahes Niederwild (Hase, Fuchs, Krähen) sind erhebliche Auswirkungen des Schadeinflusses auf landwirtschaftliche Kulturen zu erwarten. Das Verbot des Tragens und des Besitzes betrifft derzeit nicht nur die Jagd, sondern auch die Exekutive und das Militär bzw. den Sportbereich (offene Schießstätten). Da die Beweislast in diesem Falle bei der Person liegt, stellt dies alle Jäger unter Generalverdacht und verstößt somit gegen Art. 6 der EU-Menschenrechtskonvention. Die vorgebrachten Argumente (Nachteile von Stahlschrot (höherer Gasdruck, verminderte Tötungswirkung, höhere Gellergefahr, stärkere Beanspruchung der Waffen) wurden den österreichischen Ministerien und der EU-Kommission vorgebracht – diesen wurde jedoch keine Beachtung geschenkt. Der Dachverband JAGD ÖSTERREICH hat sich gemeinsam mit allen Landesjägermeister Österreichs bereits vor längerer Zeit nach Bekanntwerden des Vorhabens in die Verhandlungen eingeschalten. Persönliche Gespräche mit Frau Bundesministerin Leonore Gewessler wurden dem Dachverband leider verwehrt. Selbst ein gemeinsamer runder Tisch im Landwirtschaftsministerium, an dem Vertreter der Ministerien sowie zahlreiche Experten von Naturschutzorganisationen, wie BIOSA, dem Verein für nachhaltigen Naturschutz, Experten der österreichischen Bundesforste, Grundeigentümervertretern wie den Land & Forstbetrieben Österreich, der Landwirtschaftskammer Österreich sowie Experten der Wirtschaftskammer Österreich und der Arbeitsgemeinschaft Zivile Sicherheit teilgenommen haben und ebenfalls auf die Mängel des Gesetzesentwurfes hingewiesen haben, sind wirkungslos geblieben. Der REACH-Ausschuss der EU-Kommission hat auch mit Unterstützung der österreichischen Delegierten in seiner Sitzung am 3.9.2020 für ein Verbot von bleihaltiger Munition in Feuchtgebieten gestimmt. Die Umsetzung soll innerhalb der nächsten zwei Jahre geschehen. Das Europaparlament sowie die EU-Staaten haben nun drei Monate Zeit, um im Zuge eines Prüf- und Vetorechts Einspruch zu erheben. In einer Presseaussendung von JAGD ÖSTERREICH kritisierte der amtierende Präsident LJM Ing. Leitner das Vorgehen der Bundesregierung wie auch der EU-Kommission scharf: „Die derzeitige nationale Regelung zum Schutze der Wasservögel hat sich aus unserer Sicht bewährt. Bezüglich des neuen Gesetzesentwurfes der EK haben wir stets unsere Gesprächsbereitschaft signalisiert, weil wir an einer guten Lösung für alle Beteiligten interessiert sind. Bisher sind wir jedoch buchstäblich auf taube Ohren gestoßen. Wir fordern eine Überprüfung des Gesetzesentwurfes und das Ausräumen der Mängel auch aus sozioökonomischer Betrachtungsweise binnen der 3-monatigen Prüffrist im Interesse unserer 130.000 Jägerinnen und Jäger in Österreich“. •

Nähere Informationen im Anlassfall über die Homepage, Newsletter oder die Verbandszeitung.

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