Robert Sedlaczek
Österreichisch fia Fuaßboifäns Ein heiteres Lexikon illustriert von Martin Czapka
AMALTHEA
Robert Sedlaczek
Österreichisch fia Fuaßboifäns Ein heiteres Lexikon in Zusammenarbeit mit Melita Sedlaczek Illustriert von Martin Czapka
AMALTHEA
Bian Happe Wäsch
Leiwal Schläuch Röhrln Bock Packln Hammaln
Gepäck
Gicka
Bemmal Blunzn Ei Frucht Haut Lawal Nudl Schweinsblådan Tuchat Wuchtl Wule
Bemmal, Blunzn, Ei, Frucht, Haut, Lawal, Nudl, Schweinsblådan, Tuchat, Wuchtl, Wule – unser Fußballjargon ist einmalig Der Österreicher unterscheidet sich vom Deutschen durch die gemeinsame Sprache. Dieser Spruch, der oft fälschlich Karl Kraus zugeschrieben wird, stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit von Karl Farkas. Er gilt auch für den Fußballjargon. Betrachten wir die Bezeichnungen für das Spielgerät. Einige Ausdrücke haben wir gemeinsam, wir denken an die Kugel oder an das runde Leder. Die deutschen Fußballspieler und ihre Fans sagen aber auch Kirsche, Nille, Pille oder Pocke – das klingt in den Ohren eines Österreichers fremd. Die Deutschen wiederum wundern sich über jene Wörter, die bei uns am Fußballplatz zu hören sind. Mit Bemmal, Blunzn, Ei, Frucht, Haut, Lawal, Nudl, Schweinsblådan, Tuchat, Wuchtl oder Wule können sie nicht viel anfangen. Viele Österreicher wohl auch nicht, handelt es sich doch teilweise um den urtümlichen –5–
fußballerischen Slang, den nur noch ältere Spieler und Fans kennen. Das eben erwähnte Wort Lawal begegnet uns übrigens in vielerlei Gestalt, nicht nur als altehrwürdiges und im eigentlichen Sinn bereits ausgestorbenes Fetznlawal auf dem Fußballfeld, sondern auch als Fleischlaberl auf dem Teller – dazu sagt man in Deutschland Boulette, Frikadelle, Fleischpflanzl oder Fleischküchle. Auch die Vorliebe des Österreichers für liebevolle Verniedlichungen mithilfe einer Verkleinerungsendung kommt im Fußballjargon zum Vorschein. So wie man auf den Speisekarten häufig ein Schnitzerl, ein Schweinsbraterl, ein Knöderl, ja sogar ein Safterl findet, gibt es am Fußballplatz a Guakal, a Häudl, a Stangl, a Schussal, ja sogar a Metschal. Es ist uns ein Anliegen, Wörter, die schon fast vergessen sind, zu dokumentieren. Die Dialekte und Mundarten sind ja überall auf dem Rückzug, auch in den Fußballstadien, gleichzeitig hat das österreichische Deutsch einen schweren Stand gegenüber den Sprachgepflogenheiten unseres gro–6–
Aansagoli [der Einsergoalie] Ein konkretes Beispiel: Robert Almer war bei Hannover 96 nur der Zwaaragoli, ÖFB-Teamchef Marcel Koller setzte trotzdem in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 konsequent auf ihn – mit Erfolg. Almer, geboren 1984 in Bruck an der Mur, übertraf als Aansagoli der Nationalmannschaft jenen Torsperre-Rekord, den Friedl Koncilia 1982/83 aufgestellt hatte. Almer konnte 603 Minuten lang die → Kistn sauwa hoitn. Aansapartie [die Einserpartie] 1. ein großartiges Match 2. eine großartige Mannschaft; → Partie.
Aansagoli
åbtrepfln låssn [abtröpfeln lassen] Wer an den bekannten Spruch »der letzte Tropfen geht immer in die Hose« denkt, der ist schon auf der richtigen Spur. Denn gemeint ist: die herbeifliegende → Wuchtl mit der Brust stoppen, sodass sie fast senkrecht zu Boden fällt. In Deutschland: den Ball abtropfen lassen – ohne l. Ein Buchstabe macht den Unterschied aus. Ågråslpartie [die Agraselpartie] Agraseln – so werden in Ö Stachelbeeren genannt. Wer die meist recht sauren Früchte isst, verzieht unfreiwillig das Gesicht. Genauso schauen die Fans bei einer Ågråslpartie drein. 1. schlechtes Spiel 2. schlechte Mannschaft.
åbtrepfln låssn
Alibigick, der Die Spieler agieren lustlos, sind mit den Gedanken »anderswo« – das ist die Bedeutung des lateinischen Ursprungsworts. Ein Alibi ist auch eine Ausrede, eine Entschuldigung, eine Rechtfertigung; wenn jemand etwas nur als Alibi macht, dann misst er dieser Tätigkeit keine nennenswerte Bedeutung bei. åndrahn [andrehen] Den Ball anschneiden, dem Schuss eine → Fettn geben, sodass er eine horizontal gebogene Flugbahn bekommt. Aber es heißt: wem wås åndrahn: jemandem eine schlechte Ware anhängen; → Guakn. Ein angeschnittener Schuss ist ein Åndrahta. In D: schnibbeln/schnippeln und Schnibbling/Schnippling. Ångick [der Ankick] Damit fängt alles an. Englisch: kick-off. Vollständig eingedeutscht: der Anstoß. Ånmäuerln, das Ein Kinderspiel: Die Teilnehmer werfen Kugerln oder Münzen gegen eine Mauer; wer am nächsten liegt, bekommt das, was die anderen gewor– 19 –
Gawal [das Gaberl] Gehört zu → gawaln und → aufgawaln; den Ball aus der Luft aufnehmen und gefühlvoll ein wenig in die Höhe heben, sodass er → wuleh gepasst oder geschossen werden kann. gawaln [gaberln] Ein Kunststück, oft zum Aufwärmen – den Ball in der Luft halten und mit Fuß, Knie, Brust, Schultern oder Kopf spielen, ohne dass er zu Boden fällt. In D: den Ball hochhalten/jonglieren, danteln (bairisch), tängeln (norddeutsch). Gepäck, das Eigentlich: Pack, Bündel, später die zusammengepackten Sachen des Soldaten, des Heeres, eines Reisenden. Die Fußballspieler tragen ihr Gepäck stets mit sich herum, nicht nur auf der Reise zu ei-
Gepäck
nem Auswärtsspiel. Wenn bei einem Freistoß die Gegner eine Mauer bilden, halten sie die Hände schützend davor: a Schuss ins Gepäck soll tunlichst vermieden werden. Im Fußballjargon Ostösterreichs der häufigste Ausdruck für die bei Freistößen gefährdeten Testikel. gickn [kicken] Von englisch to kick; Bedeutung seit dem späten 14. Jahrhundert: mit dem Fuß stoßen, entweder etwas in eine bestimmte Richtung oder jemanden in einen Körperteil. Das Zeitwort gickn und seine Ableitungen → Gick, → Gicka etc. ist in Ö die beliebteste Ausdrucksweise in der saloppen Sprache. In der Schweiz: tschutte(n) im Osten und schutte(n) im Westen, ebenfalls aus dem Englischen, und zwar von to shoot. Zahlreiche Weiterbildungen: das Fußballspiel wird Gick genannt, ein Gickal ist ein Spiel unter Hobbyfußballern, die Akteure am Spielfeld sind die Gicka, ihre Schuhe nennt man in der Steiermark Gickbock. Die Wörter Gickarei und Gegicke stehen abwertend für ein lustloses oder schlechtes Fußballspiel. – 47 –
»A Wödbiachl, a leiwandes!« »Ja, das stimmt …« »I wer narrisch!«
www.amalthea.at ISBN 978-3-99050-038-5