AUSGABE 21
SOMMER 2012 1
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DARK FEATHER # 21
INHALT
50 Intro 41 Impressum
Künstler: 31 18 Summers 90 Antichrisis 67 Aperion 467 Caretaker 72 Chord Of Souls 22 Coma Divine 26 Despise & Conquer 53 Lautmaler 57 Nadine Maria Schmidt & Frühmorgens am Meer 64 PaPerCuts 36 Plutonium
Dark Feather „...pearls from the Underground Vol. 21“
43 Serenade Der CD-Sampler zur Ausgabe mit:
66 Siren`s Cry
Antichrisis, Caretaker, Chord Of Souls, Despise & Conquer, Nadine Maria Schmidt &
Specials:
Frühmorgens am Meer, PaPerCuts, Serenade, Sirens Cry
40 Aus-Gefragt: Constance Rudert 16 Literatur-Lounge:
zum Free Download auf unserer Seite:
Anke Brandt „Dark History“
www.darkfeather.de
48 Künstlerportrait: Vee-Jas 61 Szenestory: schwarzePresse.de 30 Kolumne: Meine dunkle Seite 70 Kolumne: Quergedacht
Dark Feather
75 Angemerkt
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63 Gedanken 3
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DARK FEATHER # 21
INTRO Herzlich Willkommen zum Dark Feather #21 und damit zur ersten Ausgabe unter meiner Leitung. Gleich zu Beginn dieses "Vorwortes" möchte ich mich deshalb für das in mich gesetzte Vertrauen wie auch die Unterstützung, die ich durch das Team und alle Beteiligten erfahren habe, auch an dieser Stelle, herzlichst bedanken. Holger, unser geschätzter Herausgeber, hatte ja bereits in unserer Jubiläumsnummer darauf hingewiesen, dass es intern ein paar Umstrukturierungen geben wird, die im Entstehungsprozess dieser Ausgabe auch umgesetzt wurden. Das Dark Feather ist gewachsen, hat sich weiterentwickelt und ein Ziel war es, Holger bei seinen vielfältigen Aufgaben zu entlasten, so dass er sich verstärkt auf das Layout der Beiträge, eben des gesamten Zines konzentrieren, aber auch entspannter an das Führen eigener Interviews etc. herangehen kann. Dies hat auch gleich ein erstes Highlight hervorgebracht, nämlich Holgers Interview mit Antichrisis. 10 Jahre sind seit Antichrisis` letztem Album vergangen und ihr erstes Interview in einem Zine geben sie dem Dark Feather und das hat es in sich! Ein Mehr an Verantwortung liegt nun bei den einzelnen Mitgliedern unseres kleinen, aber feinen Teams und das ist auch gut so. Am grundlegenden Konzept wie auch der Intention des Dark Feather hat sich nichts geändert. Unser mit viel Spaß an der Sache, Leidenschaft und einer gehörigen Portion Idealismus gesetztes Ziel ist es, Bands, Musikern, Künstlern, Autoren und sonstigen Kulturschaffenden, vornehmlich des Undergrounds, mit dem Dark Feather ein Forum zu bieten, einen Support zu geben. Somit möchte ich Euch ein weiteres Highlight dieser Ausgabe an`s Herz legen, nämlich das Portrait der beiden Künstlerinnen und Autorinnen Tanja und Juliane, die gemeinsame Projekte unter dem Namen Vee-Jas angehen und realisieren. So hat Tanja mit einem ihrem Aquarelle auch unser aktuelles Cover geschmückt. Zusätzlich zum angestammten Dark Feather - Team, können wir in dieser Ausgabe erneut einen Gastautor begrüßen, nämlich den Masi, Frontmann und Sänger bei Dust Of Everyday, die wir Euch in der #19 näher vorgestellt haben. Masi war so lieb und hat gleich zwei Interviews und Reviews (Chord Of Souls, 18 Summers) beigesteuert! Aber Ihr werdet noch auf weitere bekannte Namen in dieser Ausgabe treffen, Künstlerinnen, die dem Underground sicherlich inzwischen entwachsen, diesem aber nach wie vor verbunden sind. So konnte unsere Kiki ein Interview mit Sonja Kraushofer führen und sie zu deren neuestem Projekt Coma Divine befragen, mit dem sie auch gemeinsam mit Oswald Henke auf Tour ist (wir berichteten vom ersten Teil der Tour in Dark Feather #20). Holger wiederum ist es gelungen, Constance Rudert, Cinderella Effect, dazu zu bewegen, sich von ihm auszufragen zu lassen. Kiki und Axel sind, neben vielen weiteren interessanten Interviews und Reviews, auch wieder mit ihren Kolumnen "Meine Dunkle Seite" und "Quergedacht" vertreten, in denen sie sich kritisch mit Themen auseinandersetzen, die ihnen persönlich am Herzen liegen. Und sogar Nino, unser umtriebiger Webmaster, hat es sich nicht nehmen lassen, ebenfalls ein Interview (Serenade) zu führen. In unserer "Literatur Lounge" empfehlen wir Euch mit Dark History phantastischen Lesestoff und haben Anke Brandt, die Herausgeberin des Geisterspiegels zu diesem und weiteren Projekten befragt. Eine Besonderheit stellen die Interviews mit Aperion und Plutonium dar, die wir in Englisch geführt und auch ganz bewußt so "im Original" publiziert haben. Holger schreibt zum Background hierzu noch etwas in seiner Kolumne "Angemerkt". Mit Dark Feather #21 ist es uns gemeinsam gelungen, eine prallgefüllte und enorm vielseitige Ausgabe zu stemmen, die jede Menge interessante Beiträge aufweist und einfach richtig "fett" geworden ist, worauf ich sehr stolz bin. Entdeckt neue Künstler, lest interessante Interviews und hört Euch die Tracks auf dem Sampler an! Bleibt uns gewogen und support the underground! Stefan und das gesamte Dark Feather-Team
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... kennen keine Grenzen Aus dem tiefen Underground Österreichs stellen wir eine junge, doch erfahrene Band vor.
ihr den Namen SIREN’S CRY gewählt? Welche Bedeutung hat er für euch?
Hallo Katie! Herzlich Willkommen beim Dark Feather! Könntest du dich und SIREN’S CRY für unsere Leser vorstellen?
Puhh… die Bandgründung ist eigentlich lange her und geht ursprünglich auf ein Schulprojekt von unserem Gitarristen Phil zurück. Damals waren SIREN’S CRY eher noch eine moderne Version von Judas Priest und die Idee dahinter war noch nicht sehr ausgereift. Jahre später haben Phil und ich uns kennengelernt und uns in einem typischen Gespräch unter Musikern darüber unterhalten. Phil erzählte mir, dass er schon immer mehr in die progressive Richtung gehen wollte, nur leider niemanden hatte, der da mitziehen wollte. Daraufhin erzählte ich ihm von dem
Mein Name ist Katie Joanne und ich bin Sängerin und einer der Songwriter bei SIREN’S CRY. SIREN’S CRY ist für mich objektiv schwer zu beschreiben, aber kurzgefasst würde ich es als Progressive/Melodic Metal Mix titulieren. Erzähl uns bitte von der Bandgründung. Und warum habt
Projekt, dass ich im Kopf hatte: klassische Musik und Jazz mit Metal zu verbinden, aber eben mit einem neuen Touch. Es sollte Flair haben, einen neuen Wind in die allzu bekannte Symphonic-Sparte reinbringen und da trafen sich unsere Gedanken bei progressiven Elementen ganz gut. Wir beschlossen, gemeinsame Sache zu machen und ließen das Projekt unter dem Namen „ Accolade“ laufen. Die Zusammenstellung der Band war allerdings die härteste Aufgabe. Wir wollten kreative und fantasievolle Köpfe, mit hohen Fertigkeiten an ihrem Instrument und das war leider nahezu unmöglich. Bis wir ein wirklich gutes Team zusammengestellt hatten vergingen Jahre – das klingt ziemlich unglaubwürdig, ist aber leider wahr… So kamen und gingen die Leute, aber jetzt bin ich wirklich sehr froh über das Endergebnis und kann sagen, dass es sich definitiv gelohnt hat! Jeder einzelne in unserem Team ist ein achtes Weltwunder für mich und es ist wirklich fantastisch, mit solchen Leuten professionell und effizient zusammenarbeiten zu können. Ich bin für meine Bandkollegen sehr dankbar und freue mich, dass wir so ein gutes Team sind! Wir entschieden uns später auch für den Namen „Siren’s Cry“, da er kraftvoll klingend und vor allem untypisch ist! Siren’s Cry steht für hochwertige, expressive, innovative und vor allem leidenschaftliche Musik, die frei und ungezwungen ist und in der sich jeder wiederfinden kann. Was könnt ihr uns über den musikalischen Hintergrund der Bandmitglieder verraten? Welche Künstler prägen eure Musik? Ich kann auf alle Fälle sagen, dass jeder von uns einen fundierten
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musikalischen Hintergrund hat, wenn auch unterschiedlich geartet. Michael und ich kommen eigentlich von der Klassik und haben uns unseren Rock erkämpft *hahahah*, da unsere Eltern sehr konservativ waren, während die anderen eher im Jazz und popularmusikalischen Bereich zu Hause sind. Was wir aber alle gemeinsam haben: Wir lieben Metal!!! :-) DREAM THEATER und SYMPHONY X, neue DjentBands wie CHIMP SPANNER und PERIPHERY, Klassiker wie AVANTASIA und RHAPSODY und natürlich unsere Vorliebe für das Extravagante, Komplexe und Aufregende. Einige dieser großartigen Künstler haben definitiv auf uns starken Einfluss und erfüllen unsere Herzen mit großer Freude! – By the way: thank you for the music!
allerliebsten erzählen wir Geschichten, in die sich jeder hineinversetzen kann! Unser Debütalbum „Scattered Horizons“ ist ein sehr guter Überblick über das, was den Hörer bei SIREN’S CRY erwartet. Musik selbst ist die schönste Sprache der Welt, jeder versteht sie, von da her muss da eine Botschaft sein – wenn die Musik keine Botschaft hat, ist es keine wirkliche Musik! Wir selbst wollen mit
unserer Musik Menschen dazu bringen, in ihr Innerstes zu sehen, ihnen Kraft verleihen und vermitteln, dass es sich für Träume zu kämpfen lohnt!
Wir versuchen, unseren Fans so nah wie möglich zu sein und werden das beibehalten, egal wo SIREN’S CRY in Zukunft zu finden sein werden. Es ist schwer zu sagen, wo es die meisten Fans gibt, aber es zeichnet sich klar ab, dass wir auf alle Fälle weltweit unzählige Menschen erreichen. Wir versuchen, die Leute immer auf dem Laufenden zu halten, so wie jede andere Band auch, aber was da das Geheimnis ist, kann ich auch nicht sagen. Ich bin wirklich unglaublich gerührt darüber, was mir so Manche schreiben und wie viel Unterstützung wir von unseren Fans bekommen, das ist wirklich grandios. Vielen, vielen Dank an dieser Stelle auch an unsere Fans und Freunde – Ihr seid wirklich die Besten!
Wir wollen, dass die Musik ihnen ein Lächeln auf die Lippen zaubert und
Katie, was hältst du von musikalischer Bildung und
für sie so gut wie möglich eine angenehme und geborgene Atmosphäre schafft!
besonders Stimmbildung? Wie genau hast du deine Stimme ausgebildet?
Im digitalen Zeitalter, habt ihr eine spezifische Promotion-Strategie? Und wo habt ihr die meisten Fans erreicht, falls nicht im Heimatland Österreich?
Ich finde, musikalische Bildung ist sehr nützlich und für jeden, der in eine musikalische Richtung gehen will, eine Bereicherung. Stimmbildung bzw. Gesangsunterricht ist das
Wie verläuft euer SongwritingProzess und worum geht es in euren Liedtexten? Gibt es vielleicht eine besondere Botschaft, die ihr mitteilen wollt? Songwriting ist bei uns eine wichtige Angelegenheit. Kaum haben wir einen fertig, sind wir schon mit dem Kopf im nächsten Song! *lacht* Das Schreiben fällt uns ziemlich leicht! Meistens reicht ein kleines Motiv und alles ergibt sich von selbst. Als einer der Hauptsongwriter, habe ich eine sehr dankbare Rolle und habe alle Freiheiten. Die Virtuosität und die hohen Skills meiner Bandkollegen erlauben mir zu schreiben, was ich will und es sind mir kaum Grenzen gesetzt – das ist eine tolle Sache und ich bin sehr dankbar dafür! Da wir Fünf ziemlich kreativ sind, gibt es bei thematischen Inhalten auch keine wirklichen Grenzen. Wir schreiben fantasievolle, sozialkritische, aber auch sehr persönliche Texte! Du wirst in den Lyrics die unterschiedlichsten emen wiederfinden: von arabischen Erzählungen wie Scheherazade und Horrorstories von H.P Lovecraft, bis über persönliche Gedanken, wie es ist, für seine Träume oder gegen seine Ängste zu kämpfen usw. Am
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Allerwichtigste, wenn man den Beruf als Sänger ausüben will. Es ist nicht leicht, den richtigen oder die richtige Lehrer/in zu finden. Sehr oft werden wichtige Aspekte einfach nicht gelehrt und man ist gezwungen, zu experimentieren, was sehr oft schiefgehen kann. Die Stimmbänder kann man nicht einfach auswechseln so wie die Saiten einer Gitarre, wenn sie mal beschädigt oder abgespielt sind, darum muss man umso mehr auf sich aufpassen. Zu meinem musikalischen Werdegang kurz geschildert: Ich habe im Alter von sieben Jahren angefangen, Klavier zu spielen, später die Musikschule abgeschlossen und mit dreizehn angefangen, im Chor zu singen, während ich im Musikgymnasium Wien zur Schule ging. Ich bekam relativ schnell Soloparts und mir wurde nahegelegt, Gesangsunterricht zu nehmen. Mit siebzehn habe ich mit Stimmbildung angefangen und setzte später meine
Gesangsausbildung bei Helena Dearing in Oper und klassischem Gesang fort. Und noch kurz: Wie empfindest du die Female Fronted Metal Szene und die Beziehungen zwischen Frauen in dieser? Empfindest du Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Musikern? Bisher haben sich keine großen Unterschiede gezeigt, ganz egal ob männlich oder weiblich. Alle waren bis jetzt easy-going und wirklich cool. Klar bekommt man ab und zu Starallüren von irgendwelchen ominösen Künstlern mit, aber das ist mir ziemlich egal! Wenn wir mit anderen Bands auftreten, konzentrieren wir uns auf uns und kriegen solche Leute, die sich sonderbar verhalten, erst gar nicht mit, sondern immer erst später und finden das dann recht amüsant.
SIREN’S CRY is here for the music and not for bitching around! ;-) Ich bedanke mich für’s Interview und wünsche noch viel Erfolg! Letzte Worte? Ja, gerne! Vielen, vielen Dank für Eure Unterstützung! Uns ist das sehr, sehr wichtig und wir wissen euren Support wirklich zu schätzen! Bleibt dran: auf www.sirenscry.com und auf unserer Facebookseite www.facebook.com/ sirenscryband Dort findet Ihr auch alle Infos zu unserem Debütalbum und erfahrt, wann die nächsten Konzerte sind (und vieles mehr ;-) ). Zum Abschluss natürlich ein herzliches Dankeschön an Kiki und Dark Feather für das nette Interview! Cristina ,Kiki‘ Grijalva
visit: www.sirenscry.com
SIRENʼS CRY “Scattered Horizons” (Eigenproduktion,2012) Eine experimentelle und female fronted SERENITY. Nicht nur kommen beide Bands aus Österreich, sondern auch ihr Sound ist teilweise sehr ähnlich. Doch SIRENʼS CRY haben nicht nur eine Frau am Mikrofon, sondern auch einen viel komplexeren Klang. Einflüsse, die man klar raushört, sind SYMPHONY X und AVANTASIA. So setzen die Österreicher mehrstimmige Chöre und schnelle KeyboardMelodien ein. Schon der zweite Song ‚S3V3Nʼ ist mein Favorit, ein kraftvolles, melodisches Lied, sowohl zum Headbangen wie zum Mitsingen geeignet. Auf unserem Sampler könnt ihr auch ‚Oratory & Sinsʼ genießen, ein fünfminütiges Stück mit anspruchsvollem Keyboard, vielen Progressive-Elementen und einprägsamen Refrain. ‚Elegy Of Rʼlyehʼ ist ein weiteres Highlight, abwechslungsreiche sieben Minuten voller klassischem Melodic Metal, mit einem tollen, mehrstimmigen Endchorus. Weiter gehtʼs ein musikalisches Niveau höher mit ‚Draconian Spectrumʼ und dessen gesanglichen Herausforderungen, Achtung: Ohrwurm! Noch sehr erwähnenswert sind die gefühlvolle epische Ballade ‚Cold Amber & Scalding Tearsʼ und die über die ganze Platte verteilten Jazz-Elemente, die auf ‚Controversial Mindʼ am besten vertreten sind. Für erfahrene Progressive-Hörer empfehlenswert. Für Anfänger vielleicht nur nach dosiertem und wiederholtem Hören zumutbar. Mir persönlich kam das Album anstrengend vor, allein aus dem Grund, dass es drei Songs beinhaltet, die länger als 6 Minuten sind. Doch einzelne Lieder kommen bestimmt in meine Playlist. Von der Produktion hätte ich mir weniger bearbeitete und lautere Vocals gewünscht, doch bei erfahrenen, anspruchsvollen Musikern ist es häufig der Fall, dass alle zum Vorschein kommen wollen. Cristina ,Kikiʻ Grijalva
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Von Momentaufnahmen und dem Abwurf unnötigen Ballasts Mehr als zwei Jahre ist es her, dass ANTICHRISIS zuletzt beim Dark Feather zu Gast waren und was kann es für einen schöneren Anlass geben, sie erneut bei uns einzuladen, als der Paukenschlag, mit dem sie dieses Frühjahr aufwarteten. Es wurde verkündet: Antichrisis veröffentlichen wieder ein Album! Wir freuen uns umso mehr, dass Sid und Ayuma, nach einem Radiointerview bei rockradio.de, ihr erstes Interview in einem Zine zu diesem Release unserem Dark Feather zuteil kommen liessen. Über die Herangehensweise beim Songwriting anno 2012, wie aus einem Song urplötzlich ein völlig anderer wurde, Glück oder Unglück der Vergangenheit, das Zeitalter der digitalen Veröffentlichungen und vielem mehr, erzählen sie uns im folgenden Interview. Hallo Sid, hallo Ayuma, ich heiße Euch erneut herzlich willkommen beim Dark Feather! Sid: Hallo Holger! Es freut uns, dass wir wieder zu Gast bei Dir und Dark Feather sein dürfen. Ayuma: Auch von mir ein herzliches "Hallo" - und Sids Dank kann ich mich nur anschliessen. Für Antichrisis-Fans dürfte sich vor ein paar Wochen ein Traum erfüllt haben, denn vor kurzem kam es nach vielen Jahren, wenn auch ausschliesslich in Form des digitalen Downloads, mit „Not Fade Away“ wieder zu einer AlbumVeröffentlichung. Man hatte sich ja
schon fast damit abgefunden, dass es „nur“ noch zu temporären Einzelveröffentlichungen über Eure Website kommt. Wie kam es zu diesem „Sinneswandel“? Sid: Es gab einfach so viele Anfragen unserer Fans, die sich die Songs in Form eines Albums wünschten - auch wenn wir nicht so ganz nachvollziehen können, weshalb es heutzutage noch einer solchen Darbietungsform bedarf. Da es jedoch dank des Internets mittlerweile problemlos möglich ist, ein Album als digitalen Download weltweit zu vertreiben, haben wir dem diesbezüglichen Drängen unserer Fans nachgegeben und "Not Fade Away" zunächst bei Bandcamp (http://antichrisis.bandcamp.com) veröffentlicht; mittlerweile kann man die Songs bzw. das Album aber auch über den iTunes-Store, den Amazon MP3-Shop und andere Vertriebs-Plattformen beziehen. Es blieb ja stets spannend in der Antichrisis History, leider auch nicht selten von unglücklichen Umständen begleitet. Eigentlich sollte es vor einigen Jahren bereits über Reartone Rec. eine Veröffentlichung geben, dann beabsichtigte Tunguska das neue Album herauszubringen. Im Endeffekt habt Ihr es nun doch auf eigene Faust gestemmt. Was waren die Gründe hierfür? Und wie vertreibt Ihr nun diesen Release? Sid: Ich denke eigentlich nicht, dass Antichrisis nun besonders vom Unglück verfolgt worden wären. Wir sind lediglich zu einem Zeitpunkt auf der Bildfläche erschienen, als das ganze Musikgeschäft ohnehin einem gravierenden Wandel unterworfen wurde, so dass leider viele kleine Label und Vertriebe das Zeitliche 9
gesegnet haben, da aufgrund der drastischen Einbrüche der Verkaufszahlen keine wirtschaftliche Rentabilität mehr gewährleistet war - und ganz egal wie man nun zu emen wie Urheberrecht, Verwertungsgesellschaften oder FilesharingPlattformen steht: Fakt ist, dass illegale Musik-Downloads gerade für viele kleinere Plattenfirmen und ihre Künstler zum Sargnagel wurden und das traf eben auch auf Reartone Records und Tunguska zu. Nachdem sich Tunguska-Records letztes Jahr von der Bildfläche verabschiedet hatte, beschlossen Ayuma und ich, Antichrisis nur noch in Eigenregie - also ohne Zusammenarbeit mit einem Label oder einem Vertrieb - weiterzuführen. Diese Vorgehensweise bietet für uns den Vorteil, dass wir uns nur noch um das kümmern müssen, worum es uns eigentlich geht nämlich um die Musik. Wir müssen uns nicht mehr mit wirtschaftlichen, marketingtechnischen, vertragsrechtlichen oder sonstigen "musikfremden" Fragestellungen und Problemen herumschlagen und da wir sowieso keine Lust auf den ganzen Businesskram haben, nicht gerne für Fotos posieren, Videos drehen oder PR-Auftritte absolvieren, kommt uns diese neue Arbeitsweise absolut entgegen. Der Vertrieb von "Not Fade Away" gestaltete sich dank Plattformen wie Bandcamp und Tunecore relativ simpel: Einfach Songs und Cover-Artwork hochladen und den Rest übernehmen die jeweiligen Dienste-Anbieter. Solange man nicht die Erstellung physikalischer Datenträger - also von CDs oder Schallplatten - vorfinanzieren und diese in irgendeiner Form zum Hörer transportieren muss, ist diese Veröffentlichungspraxis auch ohne die
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entsprechenden Investitionen von Seiten einer Plattenfirma möglich. Gehen wir nun direkt auf Euer neues musikalisches Baby ein. „Not Fade Away“ zeigt konsequent den roten Faden und die Entwicklung der letzten Jahre auf. Ich hatte es bereits bei unserem letzten Interview vor zwei Jahren angemerkt, ich habe den Eindruck, ein enormer Befreiungsschlag spiegelt sich in der Musik von Antichrisis aktuell wider. Habt Ihr das Gefühl, das Phänomen Antichrisis ist jetzt da angekommen, wo es hingehört oder bleibt es in Eurer Entwicklung ein Zwischenstop, eine Momentaufnahme, stilistisch gesehen? Sid: Bei einem Song wird es sich zwangsläufig immer nur um eine Momentaufnahme handeln: Das, was der Künstler zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufnahme empfindet, wird den jeweiligen Song entscheidend prägen; würde dasselbe Stück 2 Jahre später aufgenommen werden, würde es vermutlich ganz anders klingen. Von daher handelt es sich auch bei den Songs auf "Not Fade Away" um eine Sammlung verschiedener Momentaufnahmen, doch sowohl ich als auch Ayuma sind mit der auf diesem Album dokumentierten musikalischen Entwicklung von Antichrisis definitiv mehr als zufrieden. Im Grunde genommen sind wir mit "Not Fade Away" wieder zu den Wurzeln von Antichrisis zurückgekehrt, auch wenn dieses Album deutlich anders klingt als die Frühwerke wie "Missa Depositum Custodi" oder "Cantara Anachoreta" - aber die zugrundeliegende Arbeitsweise war bzw. ist identisch. Sowohl mit "A Legacy of Love" als auch mit "Perfume" habe ich die in sich geschlossene Welt von Antichrisis mehr und mehr für die anderen mitwirkenden Künstler und Bandmitglieder geöffnet und mir dadurch natürlich vermehrt Gedanken darüber gemacht, wie sich alle Beteiligten sinnvoll und gleichwertig einbinden lassen könnten, so dass auch jede(r) zum Zug kommen und seine/ihre Fähigkeiten voll und ganz entfalten kann. In den Anfangstagen von Antichrisis war so etwas nie ein ema, weil die Arbeitsteilung völlig klar war: Bis auf den weiblichen Gesang war ich für alles andere verantwortlich, d. h. Antichrisis
funktionierte eher wie ein Solo- als ein Bandprojekt. Und so sehr mir die Arbeit mit einer so hervorragenden Band wie der alten Antichrisis-Formation Freude bereitet hat, so ist es doch auch ein schönes Gefühl, die Songs wieder wie für ein Solo-Projekt entwickeln und behandeln zu können. Auf musikalischer Ebene teilen Ayuma und ich uns die Verantwortungsbereiche: Ich schreibe, arrangiere und produziere die Songs, aber bei der Entwicklung der Gesangslinien hat Ayuma völlig freie Hand und liefert erstaunlicherweise genau das, was der jeweilige Song erfordert, ohne dass ich diesbezüglich irgendwelche Vorgaben machen oder den Aufnahmeprozess "überwachen" müsste. Nachdem wir damals beschlossen hatten, Antichrisis ohne Plattenfirma in Eigenregie als Duo weiterzuführen, war das für mich tatsächlich wie eine Art Befreiungsschlag... aber das soll um Himmelswillen nicht so klingen, als ob ich mit meinen alten Bandkollegen unzufrieden gewesen wäre; ganz im Gegenteil: Das waren und sind allesamt fantastische Musiker, denen ich viel verdanke und mit denen die Zusammenarbeit wirklich tierisch Spaß gemacht hat. Doch ich glaube, dass jeder, der schon ein paar Jahre Musik gemacht hat, den Unterschied zwischen der Arbeit in einer Band und einem Solo-Projekt kennt; das fängt schon bei der Songauswahl an, denn letztendlich wird man nur die Songs mit der Band umsetzen, auf die sich alle Beteiligten einigen können, wohingegen Songs, die man als Einziger gut findet, naturgemäß in der Schublade bleiben. Auf "Not Fade Away" sind daher nur die Songs zu finden, die einzig und alleine mir und Ayuma gefielen und die wir genau so umsetzten, wie wir es für richtig hielten, was auch eine Erklärung für die stilistische Vielfalt dieses Albums ist. Und da Ayuma und ich uns erfreulicherweise stets auf dieselben Stücke einigen konnten, gab es diesbezüglich nie irgendwelche Diskussionen.
Vereinfacht gesagt machen wir das, was wir wollen, wann wir es wollen - ganz ohne Termindruck oder die Verpflichtung, das Material auch live umsetzen zu müssen. 10
Das stellt eine enorme künstlerische Freiheit dar, die wir beide sowohl in Bezug auf Antichrisis als auch auf Ayumas gleichnamiges Soloprojekt (http://ayuma.net ) zu nutzen wissen und enorm schätzen. Soweit ich weiß, sind Stücke wie zum Beispiel "e Fire Went Out" oder "An Endless Flow" noch aus der Zeit, die für „e Legacy Remains“ bei Reartone vorgesehen waren, aber auch viele jüngere Stücke entstanden über die Zeit gesehen über einem längerem Zeitraum, da Ihr permanent am Stücke schreiben und produzieren ward. Dennoch klingt „Not Fade Away“ wie aus einem Guss. Sid: Ja, es stimmt: Mit "Endless Flow", "e Fire Went Out", "Ocean's Too Wide" und "e Point of No Return" befinden sich auf "Not Fade Away" Stücke, die noch zu den Zeiten entstanden, als das Album "e Legacy Remains" in Planung war, das jedoch aufgrund der Geschäftsaufgabe von Reartone Records leider nie fertiggestellt werden konnte und daher auch nie erschienen ist. Es wäre einfach schade gewesen, wenn diese Stücke nie veröffentlicht worden wären, weshalb wir sie für "Not Fade Away" neu arrangiert und aufgenommen haben. Alle anderen der 15 Songs auf "Not Fade Away" sind hingegen neueren Datums. Die "Uilleann Pipes", seit langem in der Musik von Antichrisis treue Begleiter, sind zum Teil auch wieder auf dem neuen Album zu hören, ebenfalls eine Baritonstimme. Welche Gastmusiker waren bei der Produktion zu „Not Fade Away“ involviert? Sid: Die Uilleann Pipes, die auf "Ocean's Too Wide" und "e Point of No Return" zu hören sind, hat Näx eingespielt: Obwohl er kein festes Bandmitglied mehr ist, sind wir nach wie vor gute Freunde und wann immer sich die Möglichkeit einer Zusammenarbeit ergibt, nutzen wir diese auch gerne. Frank J. Hennig hat auf den genannten Songs seinen wunderbaren klassischen Bariton-Gesang beigesteuert; und zu guter letzt konnte ich auch noch unseren ehemaligen Antichrisis-Keyboarder Tilo Rockstroh für die genialen Bläsersätze
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sowie die Orgel- und Piano-Parts auf "Night Train" gewinnen.
Du schon richtig angemerkt hast, unterscheiden sich "Stone Rain" und "Night Train" so stark voneinander, dass Das in meinen Ohren wundervolle beide Versionen gleichberechtigt „Stone Rain“ hat es nicht auf das Album nebeneinander stehen können. Wer sich geschafft, aufmerksame Fans werden aber davon selbst ein Bild machen möchte, kann feststellen, dass es sich doch darauf sich "Stone Rain" noch in der Version mit wiederfindet, nämlich in dem ebenfalls der damaligen Antichrisis-Sängerin Katja starken „Night Train“. Allerdings hat Bartsch auf http://www.myspace.com/ sich das Gewand dermassen verändert, antichrisis anhören. dass Ihr im Endeffekt ohne große Probleme eigentlich beide Songs auf das Wer die Entwicklung von Antichrisis von Album hättet unterbringen können :-) Anfang an verfolgt weiß, dass man diese Was gab "Stone Rain" letztendlich den Band eigentlich noch nie in eine „Todesstoss“? Schublade stecken konnte. Dazu kommt, dass sich der Stil permanent verändert Sid: Dabei handelte es sich keinesfalls um und weiterentwickelt hat. Überwogen am einen "Todesstoss", denn sowohl Ayuma als Anfang die dunklen Einflüsse, gewannen auch mir gefällt "Stone Rain" nach wie vor danach die Folkeinflüsse mehr und mehr sehr gut - und eigentlich wollten wir das die Überhand. Letztere sind auch auf Stück auch für "Not Fade Away" dem aktuellen Release noch hörbar, verwenden, doch bei der Arbeit an "Stone dennoch klingt „Not Fade Away“, neben Rain" stellte Ayuma, die den Großteil der einer nie da gewesenen positiven Vocals bei diesem Song übernehmen sollte, Ausstrahlung, obendrein auch noch fest, dass sie irgendwie nicht in die richtige stilistisch noch weitaus vielfältiger. Von Stimmung für diese doch recht düstere alten Postpunk, Dark-, den erwähnten Nummer kommen wollte. Folk-Einflüssen über Rock, Pop bis Somit griff ich zur Gitarre, und gemeinsam Tanzflächenstampfer wie z.B. dem bereits probierten wir aus, wie der Song klingen auf unserem Jubiläumssampler zur würde, wenn man ihn etwas schneller spielt Ausgabe 10 vorveröffentlichten - und mit einem Mal verfielen wir beim „Crossing e Line“, finden sich viele Improvisieren in diesen Motown-Groove, stilistische Elemente in der Musik. Wie der uns so gut gefiel, dass wir den Song würdet Ihr selbst die Musik von unbedingt in einem entsprechenden Antichrisis anno 2012 einem Arrangement einspielen wollten. Aussenstehenden beschreiben? Die Akkorde blieben dieselben, nur Tempo und Instrumentierung von "Stone Rain" Sid: Ganz einfach: Antichrisis 2012 steht wurden komplett verändert - doch zum für verdammt eingängige Pop-Songs in den Uptempo-Charakter des neuen unterschiedlichsten Spielarten. Arrangements wollte der melancholische Musikalische Stilrichtungen sind für mich Text von "Stone Rain" nicht mehr so schätzungsweise das, was für einen Maler richtig passen, weshalb ich mir einen die unterschiedlichen Farben sind - und anderen Text einfallen liess, der besser zu genau so, wie ein Maler ein Bild mit vielen der energetischen Aufbruchstimmung des verschiedenen Farben malt, so gestalte ich neuen Songs passte. die Musik von Antichrisis gerne mit vielen So wurde aus "Stone Rain" "Night Train" - unterschiedlichen Stilmitteln. und wo es in "Stone Rain" um die Musik in all ihren verschiedenen Enttäuschung einer verratenen Liebe ging, Ausprägungen ist so interessant und handelt "Night Train" von meiner Zeit als aufregend, dass ich es geradezu als eine Art Teenager, als ich nichts in der Welt lieber Selbstkasteiung empfinden würde, wenn wollte, als der Enge der Kleinstadt, in der ich mich nur auf eine oder zwei Spielarten ich damals lebte, zu entkommen, um die beschränken müsste. Welt da draußen zu erkunden. Ich höre z. B. unheimlich gerne Palestrina Das heisst aber keinesfalls, dass "Stone und Beethoven, traditionelle indische Rain" nun unwiderruflich verloren wäre: Musik und irische, englische oder Ayuma und mir gefällt der Song nach wie schottische Folksongs; alpenländische vor total gut und möglicherweise werden Blasmusik und skandinavische Volksmusik, wir ihn zu einem späteren Zeitpunkt Dancehall Reggae und Drum 'n' Bass; wieder erneut in Angriff nehmen, denn wie darüber hinaus mag ich Roy Orbison, e 11
Clash, Kurt Weill, Bruce Springsteen, Willy DeVille, e Raveonettes, PJ Harvey, First Aid Kit, A Fine Frenzy, e Hidden Cameras, Neil Young, Joy Division, Bonnie Raitt, e Jam, Ramones, Moby, Dead Can Dance, Radiohead, Airborne Toxic Event, Leonard Cohen, Siouxsie & e Banshees, Velvet Underground, Amy MacDonald, Lucinda Williams, e Divine Comedy, Orange Juice, e Magnetic Fields, David Bowie, Emmylou Harris, e Pogues, Yazoo, Tindersticks, System of a Down, Orchestral Manoeuvres in the Dark, e Good e Bad & e Queen, Philipp Poisel, robbing Gristle, e Mountain Goats, Billy Bragg, Ultravox, Portishead und noch viele viele mehr - und all diese unterschiedlichen Einflüsse fliessen natürlich auch in irgendeiner Form in die Musik von Antichrisis ein. In den Lyrics spiegelt sich ebenfalls eine enorme Vielfalt wieder. Von der Schönheit a la „Restless Years“ oder dem durch tiefe Liebe berührenden romantischen „Shine“ bis hin zu apokalyptischen emen wie dem bereits eben erwähnten „Crossing e Line“, geht Antichrisis durch viele Gefühlswelten. Hat sich ähnlich der musikalischen Entwicklung auch die Herangehensweise des lyrischen Songwritings in den letzten Jahren, verglichen mit den Anfangstagen, verändert? Oder war und ist Antichrisis in allen Belangen stets ein Spiegelbild des temporären Empfindens? Sid: Ja, meine Songs sind stets der Spiegel meiner Empfindungen. Was die Songtexte betrifft, bin ich im Grunde genommen ziemlich limitiert: Andere Songwriter können über alle möglichen emen schreiben, doch ich scheine diesbezüglich auf meine Gefühlswelt bzw. meine persönliche Weltsicht beschränkt zu sein. Dadurch entsteht aber gleichzeitig eine Art roter Faden, der alle Songs miteinander verbindet und ihnen eine ganz bestimmte Authentizität verleiht, die unsere Hörer auch sehr zu schätzen wissen. Sicherlich gibt es einen Unterschied zwischen den Texten der Anfangstage und denen, die ich heute verfasse: Früher habe ich versucht, richtiggehende Geschichten zu schreiben, während ich im Laufe der Jahre einen eher assoziativen und bildhaften Stil entwickelt habe, der dem Hörer mehr interpretatorischen Freiraum
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lässt, weil ich nicht mehr jede meiner Gefühlsregungen oder Sichtweisen bis ins kleinste Detail zu erklären versuche. Auch drängen sich die spirituellen Elemente, die auf "Cantara Anachoreta" noch vorherrschten, nicht mehr so stark in den Vordergrund, weil ich mit meinem persönlichen Glauben nicht missionieren oder unseren Hörerinnen und Hörern auf den Senkel gehen will - sonst bestünde tatsächlich die Gefahr, dass Antichrisis inhaltlich genau so nerven könnte wie irgendwelche satanistischen oder christlichen Rock-Bands: Wenn man Satan oder Gott mal in einem Song hochleben lässt, geht das ja noch in Ordnung, aber wenn man ganze Alben lang monothematisch dieses Sujet behandelt, ist das im Endeffekt genau so lästig wie an der Haustür klingelnde Zeugen Jehovas.
Sid, bei unserem letzten Interview hast Du die Vorteile der Einzelsongveröffentlichung aufgezählt, nun kam es doch noch mal zu einem geschlossenen Album-Release. Ein Umdenken mit weiteren Optionen für die Zukunft oder doch eher die Ausnahme?
Vorgängerinnen ein mindestens genau so grosses Kompliment aussprechen: Jede dieser Stimmen prägte einen eigenen und wichtigen Abschnitt in der Geschichte von Antichrisis. Ich kam, wie ich gestehen muss, eher durch Zufall zum Gesang und zur Musik. Als ich Sid kennen und lieben lernte, bestanden meine Freizeitaktivitäten aus Sid: Dadurch, dass wir "Not Fade Away" Motorradfahren und dem Billardspiel. ausschliesslich als digitalen Download Musik liebte ich zwar schon damals sehr, veröffentlicht haben, bewegte sich der allerdings immer nur aus der organisatorische und finanzielle Aufwand Publikumsperspektive. Ich mochte es dieses Album-Releases in einem einfach, Live-Musikern/innen zuzuhören, vertretbaren Rahmen, so dass nichts in Rock-Diskotheken bis in die frühen dagegen spricht, auch in Zukunft weitere Morgenstunden durchzutanzen und beim Alben auf diese Art und Weise zu Autofahren meinem Wackeldackel etwas veröffentlichen. Konzeptalben wie "Cantara vorzusingen. Das war bis dahin alles, was Anachoreta" oder "A Legacy of Love" wird mich mit der Musik verband. es aber definitiv nicht mehr geben, da ich Irgendwann begann bei Antichrisis die mich mittlerweile lieber frei von jeglichen erneute Suche nach einer weiblichen Das instrumentale Outro „Lament For vorgegebenen Konzepten bewege. Stimme. Aus dem Hintergrund heraus Kira“ verarbeitet den schmerzlichen beobachtete ich diese Bemühungen und Verlust einer vierbeinigen Freundin in Ayuma, nach wie vor bin ich der schnappte mir zwischenzeitlich nur für Eurer Familie. Es klingt jedoch alles Meinung, dass Du die beste Antichrisis mich den einen oder anderen Song, um zu andere als traurig - war die Intention female voice bist, die jemals in dieses schauen, ob ich vielleicht etwas daraus hier, jenes geliebte Geschöpf genauso in Projekt involviert war. Zurecht bekommt machen könnte, denn mit dem Attribut Erinnerung zu behalten wie es Euer die weibliche Stimme soviel Raum wie "weiblich" konnte ich ja dienen - nur das tägliches Leben begleitet hat? noch auf keiner AntichrisisSingen musste ich erst mal ausprobieren. Veröffentlichung zuvor. Die letzten Jahre Da jedoch Sid, als er meine Sid: Exakt - Ayuma hat es mal schön in haben gezeigt, ganz klar, Antichrisis sind Interpretationen hörte, sofort von den Worte gefasst, als sie sagte: "Jedes Mal, Sid und Ayuma. Gab es da anfangs den Ergebnissen angetan war und somit die wenn Kira von draußen in unsere gewissen Funken der Muse, der sofort weitere Suche nach einer Sängerin Wohnung kam, war es, als ob sie ein Stück übergesprungen ist oder bist Du nach einstellte, konnte es für mich richtig losgehen. Ich nahm daraufhin für ein gutes Jahr Gesangsunterricht bei meiner absolut wunderbaren Gesangslehrerin Simona, um mir die wichtigsten Basics, die eine Sängerin beherzigen sollte, zeigen zu lassen. Während dieser Zeit begann ich auch schon die ersten Songs für Antichrisis aufzunehmen. Das Projekt Ayuma entstand somit erst nach meinem Einstand bei Antichrisis. Durch die intensive Arbeit an den Antichrisis-Songs bahnte sich auch meine bisher von mir eher in den Hintergrund gedrängte Kreativität ihren Weg, und so Sonnenschein mit hineintragen würde." und nach in dieses Projekt entstanden die ersten Ayuma-Songs. Genau das war das Wesen dieser hineingewachsen, denn mit Deinem Da das Projekt "Ayuma" (http:// einzigartigen Katze, die leider viel zu früh Soloprojekt kommst Du ja nicht ayuma.net ) für mich daher noch völliges von uns ging - und diese wunderschöne zwangsläufig aus dieser musikalischen Neuland ist, muss ich erst noch vieles Wesensart wollte ich mit "Lament for Kira" Ecke, auch wenn zweifellos gewisse ausprobieren und unter all den würdigen und musikalisch widerspiegeln. Parallelen erkennbar sind? Möglichkeiten, die mir die Musik bietet, Aus diesem Grund ist "Lament for Kira" meinen ganz persönlichen Weg finden. auch ein reines Instrumentalstück Ayuma: Zunächst einmal ganz herzlichen Antichrisis hingegen existiert schon sehr geworden, denn es gibt nun einmal Dinge, Dank für dieses wunderschöne lange und Sid hat seinen diesbezüglichen die sich nur schwer oder gar nicht in Worte Kompliment. In diesem Zusammenhang Weg schon längst gefunden. fassen lassen. möchte ich jedoch auch meinen 12
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Die Verbindung zwischen den beiden Projekten ist, wie Du richtig bemerkt hast, definitiv da: Während Sid, der ja alle meine Songs einfühlsam produziert, seine Handschrift in produktionstechnischer Hinsicht in meine Stücke einbringt, bringe ich im Gegenzug meine Interpretationen und mein Wesen in die Songs von Antichrisis ein. Somit sind wir sowohl über unsere Liebe als auch über unsere gemeinsame Arbeit an der Musik tief miteinander verbunden.
gar nicht so scharf. Live zu spielen bedeutet letztendlich, dass man bereits erschaffene Songs Abend für Abend reproduziert: Das mag die ersten paar mal noch ganz spannend sein, aber spätestens nach dem 4. Gig schleicht sich die Routine ein. Von einem Schriftsteller erwartet man ja schliesslich auch nicht, dass er sich jeden Abend auf eine Bühne stellt und dort seinen bereits verfassten Bestseller noch einmal neu schreibt; von einem Maler verlangt ebenfalls keiner, dass er jeden Abend in einer anderen Stadt immer Erstmals diente ein Foto als Grundlage wieder die gleichen Bilder in der gleichen für ein Antichrisis-Albumcover. Ich Reihenfolge malt. denke mal, es ist eine englische Küste, an om Yorke von Radiohead hat das in der es aufgenommen wurde. Wie kam es Bezug auf die erste Tour, die Radiohead zu der Idee, jenes Motiv zu verwenden? nach der Veröffentlichung ihres 3. Albums "OK Computer" machten, treffend Sid: Das Bild entstand tatsächlich in beschrieben. Er meinte: "Ich war einfach Cornwall: Ayuma stand über den Klippen tödlich gelangweilt. Ich liebte dieses von Boscastle, und ich fotografierte sie in Album, aber die Vorstellung, mit diesen dem Moment, als sie in die Ferne blickte Songs nun eineinhalb Jahre lang eingesperrt und sich ganz vom Anblick des Meeres zu sein, ohne jede Aussicht auf gefangen nehmen liess. Und da Cornwall Veränderung - damit hatte ich schon zu ein Landstrich ist, der sowohl mich als auch kämpfen. Wenn wir bei den Auftritten ans mein musikalisches Schaffen stark geprägt Ende eines Songs kamen, stand ich einfach hat, war es für uns von Anfang an klar, dass nur auf der Bühne und war wie wir für "Not Fade Away" ein Motiv wählen eingefroren. Was uns von anderen Bands sollten, das etwas mit Cornwall zu tun hat unterscheidet, ist doch die Tatsache, dass und die Atmosphäre sowie die Stimmung wir immer von Songs besessen waren. Die dieser einzigartigen Landschaft Tourneen sind letztendlich nur ein widerspiegelt. Abfallprodukt." Besser hätte ich es auch nicht formulieren Wie siehts denn nun eigentlich aus, können: Für mich und Ayuma besteht der nachdem Ihr Euch entgegen allen schönste Teil des Musikmachens nun Erwartungen nun doch nochmal zu einer einmal darin, an neuen Songs zu arbeiten Albumveröffentlichung entschieden und diesen Entstehungsprozess selbst habt, kann man eventuell in Zukunft gestalten und miterleben zu können und Antichrisis noch einmal back on stage sich auf die spannende Reise zu begeben, erleben? :-) was am Ende dabei herauskommen wird. Bereits fertiggestellte Songs live zu Sid: Ayuma und mir geht es genau wie reproduzieren, erweist sich dagegen in ABBA: Björn, Benny, Agnetha und Annipuncto Inspiration und Innovation Frid fühlten sich ebenfalls stets am tatsächlich nur als stupide Wiederholung wohlsten, wenn sie im Studio an neuen eines eigentlich abgeschlossenen kreativen Songs arbeiten konnten. Darüber hinaus Prozesses besteht für uns das Problem, dass wir die Songs von Antichrisis zu zweit niemals in Eigentlich gibt es bei Euch ja nie ihrer bestehenden Form live umsetzen wirklich eine Pause, denn wie bereits könnten, dafür wäre eine mindestens 6erwähnt, seid Ihr permanent am köpfige Bandbesetzung notwendig, über Songschreiben und Produzieren. die wir jedoch nicht verfügen - und mit Dennoch die Frage, was sind Eure Playbacks zu arbeiten, entspräche nun weiteren musikalischen Pläne für die wirklich nicht unserer Vorstellung einer Zukunft? authentischen Live-Präsentation. Natürlich könnte man die Songs von Sid: Wir erlauben uns den Luxus, unsere Antichrisis auch "unplugged" darbieten Musik völlig planlos dahin treiben zu aber ehrlich gesagt sind wir auf Auftritte lassen, wo sie hin möchte - sprich: Keine 13
Deadlines, keine Strategien, keine Marktanalysen. Wie ich schon eingangs sagte: Wir machen das, was wir wollen, wann wir es wollen. Wenn ich die Idee für einen neuen Song habe, arbeite ich diese aus und danach kümmern Ayuma und ich uns um unsere jeweiligen Gesangsparts aber eben erst dann, wenn wir das Gefühl haben, dass wir jetzt in genau der richtigen Stimmung für den betreffenden Song sind. Sobald wir wieder genug neue Songs fertiggestellt haben, wird es auch ein neues Album geben - aber eben nicht in Form einer CD oder einer Vinylscheibe, sondern erneut als digitalen Download. Ich bedanke mich für das Interview, the last words are yours! Ayuma: An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den Machern und Redakteuren des "Dark Feather“ bedanken: Für eure Arbeit, die Unermüdlichkeit und die Begeisterungsfähigkeit, die ihr trotz des harten Brotes in diesem Gewerbe nicht verloren habt. Ich denke, all die Künstler, die bei euch schon zu Wort kommen durften, wissen eure Arbeit mehr als nur zu schätzen, denn ihr gebt ihnen immer wieder die Kraft und die Hoffnung, dass die Musik, die sie machen, wert ist, gehört zu werden - und das ist ein toller Ansporn! Vielen Dank für diese Arbeit und Mühe! Sid: Ich schliesse mich meiner Frau an und möchte an dieser Stelle aber auch noch allen ehemaligen AntichrisisBandmitgliedern ein herzliches Dankeschön dafür aussprechen, dass sie ein Stück des musikalischen Weges von Antichrisis mit mir gemeinsam gegangen sind und mich an ihrem Wissen und Können teilhaben liessen. Ich bin froh und glücklich, dass trotz des Umstandes, dass sie nicht mehr bei Antichrisis sind, unsere Freundschaft erhalten blieb. Von daher vielen Dank an Alexander "Näx" May, Jens Bachmann, Tilo Rockstroh und Kugator ich werde immer wieder gerne an unsere Zusammenarbeit zurückdenken. Und wer weiss - vielleicht werden wir, wenn sich die Gelegenheit bietet, auch wieder einmal zusammenarbeiten?
Holger Warschkow visit: www.antichrisis.net
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Antichrisis „Not Fade Away“ (via Bandcamp, Juli 2011) Da ist es also nun geschehen: Wir schreiben das Jahr 2012 und Antichrisis haben tatsächlich - klammert man die durchaus nicht nur wegen den Bonustracks, sondern auch wegen der Überarbeitung der Sounds seitens der Ex-Labels wiederveröffentlichten „The Legacy Of Love (MarkII)“ und „Cantara Anachoreta“ mehr als lohnenswerten Anschaffungen aus - nach über einer Dekade wieder ein Album veröffentlicht. Und „Not Fade Away“ setzt genau da an, oder besser gesagt macht an der Stelle weiter, die die Entwicklung der letzten Jahre in diversen Einzelsongveröffentlichungen aufgezeigt hat. Während andere gute Bands musikalisch immer mehr über den Tellerrand schauen, geht Antichrisis noch einen Schritt weiter, sie zerschlagen erstmal jenes Porzellan, das da scheinbar überflüssige Namen wie Folk, Gothic, Postpunk, Rock, Synth-Pop und wie sie alle heissen, trägt, fangen die wertvollsten Splitter auf und reduzieren die Begrifflichkeiten der Musikwelt einfach nur noch in zwei Lager: in gute und weniger gute Musik. „Not Fade Away" gehört ohne Zweifel zu ersterer Kategorie. In fast schon kindlicher Naivität wurden die Töne hier beim Songwriting von jeglicher Bürde befreit, entkleidet, entblößt. Ja, sie scheinen die Nacktheit in Reinkultur, der Ursprung der (Musik)Natur. So muss Popmusik am Anfang ihrer Geburt geklungen haben, als der Begriff noch wertfrei war, ohne den Ballast, den das Business, die Musiker selbst und Erfindungen wie Charts und alles was dies mit sich schlepppte, ihm später auferlegt haben. Und es sind diese leichten eingängigen Riffs und Hooklines, die - dann neu eingekleidet in einem frischen Antichrisisgewand - dem Album etwas besonderes verleihen. Interessant dabei: üblicherweise sind es eher progressive Alben in der Musikgeschichte, die entdeckt werden wollen. Bei „Not Fade Away“ ist Sid und Ayuma aber das Kunststück gelungen, hier völlig gegenzulenken, bei aller Eingängigkeit der Stücke, wollen die Stücke regelrecht offenbart werden, vieles erschliesst sich erst nach vielmaligem Hören in seiner schönsten Blüte - hier liegt meiner Meinung nach das höchste Gut in diesem Album. Mit Ayuma hat Mastermind Sid obendrein die meines Erachtens beste weibliche Stimme an seiner Seite, die jemals in Antichrisis involviert war. Zurecht wird der female voice auf diesem Album soviel Platz eingeräumt, wie noch auf keinem Album zuvor. Und eben jenes beginnt mit „Here Comes The Night“, und nein, es ist kein Schreibfehler, denn gemäss der unglaublichen Befreiung, die sich sich schon bei den ersten Tönen widerspiegelt, hätte es auch gut und gern „Here Comes The Light“ heissen können. Interessant, wie neben dem wunderschönen Refrain, das Stück beim Solo gegen Ende des Songs nochmal einen Tempowechsel erfährt, gehörig aufs Gaspedal getreten wird, um dann wieder mit jenem Refrain abzuschliessen. Ein würdiger Opener. Das wohl für Antichrisis-Verhältnisse ungewöhnlichste Stück ist dann gleich „Night Train“, es kommt unglaublich beschwingt daher und wird von, man höre und staune, Bläsersätzen, wie sie auch u.a. im Ska eingesetzt werden, nicht nur begleitet, nein gar dominiert! Durch eben jene, dem druckvollen prägnanten Rhythmus und dem beschwingten Tempo, stellt sich fast schon zwangsläufig ein gewisses "Gute LauneFrühlings-Sommergefühl" ein. Auf die Tanzfläche bringt uns von reichlich Synth-Pop begleitet „Ocean`s Too Wide“, auf dem dann gar noch der Bariton von Gastsänger Frank zum Einsatz kommt, wie auch die aus der Antichrisis-Vergangenheit altbekannten Uilleann Pipes. Wenn beim - hoffentlichen - Lauthören dieses Songs das Telefon klingelt, ignoriert es, es ist weder Eurer Nachbar noch irgendein anderer Störenfried, lediglich ein Sample, den Sid uns da aufgetischt hat. "The Fire Went Out" lässt Melancholie erblühen und lädt, obwohl tempomässig nicht balladesk angesiedelt, zum Träumen ein - ebenso am nächtlichen Kamin, wie auch auf dem großen grünen Teppich unter dem Himmelszelt. Wunderschön verträumte Riffs läuten die Strophen von „Who You Are“ ein, eine spannungsgeladene Bridge wird gezogen, um dann am anderen Ufer im Refrain in Millionen Glitzerteilchen zu explodieren. Und da sind sie wieder, diese in den Himmel schreienden Gitarren, die diese Assoziationen erzeugen, auf einem Hügel an der Westküste Irlands oder Englands zu stehen und diese Klänge in die weite Ferne zu transportieren. (Fortsetzung nächste Seite)
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In bester Heartland Rock Manier kommt „Have You Been Loved“ daher, der Eingangsriff könnte auch vom großartigen Vertreter dieses Genre`s Bruce Springsteen komponiert worden sein, insgesamt ein Song von großer Intensität, welche von den Lyrics noch mal verstärkt wird. Nahezu mystisch wird es mit „The Point Of No Return“, welcher mich schon beim ersten Hören in der Erstveröffentlichung auf unserem Sampler zur Ausgabe 9 sofort gepackt hatte. Sid überrascht hier zum Teil mit nicht gewohntem, aggressivem Sprechgesang, die wundervollen Melodien aus Ayumas Kehlchen werden hier um ein weiteres Mal vom ergreifenden Bariton begleitet, auch hier ergänzt getragen von den Uilan Pipes. "Shine" kommt wieder beschwingter daher und transportiert eine große Leichtigkeit in den Raum, eine Liebeserklärung nicht nur in lyrischer Hinsicht. "Creatures Of A Jade Lagoon" taucht sogar noch tiefer in die Gefühlswelten ein und verwöhnt uns mit melancholisch glückvollen Melodien. Und „Endless Flow“ ist der wahrscheinlich älteste komponierte Song dieses Albums, passt sich aber in seiner Neueinspielung hervorragend in das Album ein und überzeugt mit einer ergreifenden Grundstimmung. Gothicrock- und Postpunk “gefärbt“ wird es mit „Adrenalin“. Einer der rockigsten Songs auf dem Album, der sehr druckvoll und intensiv ist, irgendwie an Sisters Of Mercy zu „Vision Thing“ Zeiten erinnert, und - im typischen Antichrisissoundgewand gepackt - sehr überzeugt. Bei „Walking With Angels“ geht es dann wieder leicht beschwingter zur Sache, ein Song voller Melancholie und Hoffnung, der von spärlich, aber prägnant eingesetzten verträumten Gitarrensolos und orchestralen Keyboardsounds begleitet wird. "Crossing The Line" mögen Dark Feather Hörer schon von unserem Jubiläumssampler Vol. 10 kennen. Ein apokalyptischer Tanzflächenstampfer, der den textlich heraufbeschworenen Weltuntergang unserer egoistischen Spezies Mensch musikalisch bestens in Szene setzt. Einen sehr romantischen und berührenden Song liefern uns Antichrisis noch einmal mit „Restless Years“, bei dem einen noch einmal die Pipes an der Hand nehmen und zum Berg der Träume entführen. "Lament For Kira" ist ein ergreifendes Outro mit welchem Antichrisis dem Verlust ihrer im letzten Jahr verstorbenen Katze ein Denkmal setzen. Ein Stück, das aber alles andere als traurig daherkommt, denn die gute Seele dieses kleinen unschätzbaren Wesens sollte so in Erinnerung behalten werden, wie es sich Sid und Ayuma in ihrer täglichen Begegnung zeigte. Fazit: Antichrisis beweisen auch fast zwei Dekaden nach ihrer Gründung, dass sie sich immer wieder neu erfinden können und wohl nach wie vor eine der unterbewertesten Bands aller Zeiten sind. Das Album birgt obendrein mit 14 Songs und über 67 Minuten Spielzeit neben der Qualität auch noch reichlich Quantität, verbindet quasi Masse mit Klasse. Wenn es überhaupt etwas an diesem Album zu bemängeln gibt, dann die Tatsache, dass es das wundervolle „Stone Rain“ (die Basis für das spätere „Night Train“; siehe auch vorangegangenes Interview in dieser Ausgabe), welches mir schon beim ersten Hören in seiner Ursprungsversion Gänsehaut bescherte und glückselige Feuchtbiotope in die Augen trieb, nicht auf das Album geschafft hat. Dieser Song, neu mit Ayuma eingesungen, hätte dem Album gar noch einen weiteren Stern beschert. Daher, wenn Punkte bei einer Rezi im Dark Feather verteilt werden würden - hier „nur“ eine 9,5 von 10. Basta. Wäre ja noch schöner. Soviel steht fest: Antichrisis sind auch 2012 „not fade away“ und werden der Musikwelt hoffentlich noch lange, sehr lange erhalten bleiben.
Holger Warschkow
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Literatur-Lounge
Anke Brandt
"Ein Hobby der phantastischen Art!" Wie ich eben erwähnt habe, gehören Kurzgeschichten zu unseren Inhalten. Wie es genau zur ersten Anthologie kam, weiß ich gar nicht mehr genau. Wir hatten ein Treffen mit unseren Mitarbeitern, da kam die Idee auf und wurde im Forum weiter ausdiskutiert. Dark Future wurde ema der Ausschreibung und dann auch Titel der Anthologie. Das Wichtigste dabei war Hallo Anke, es freut mich sehr, dich beim natürlich, einen Verlag zu finden, der das Buch dann auch veröffentlicht. Und da Dark Feather begrüßen zu können. kam zum ersten Mal Joachim Otto ins Du und dein Mann Wolfgang seid Gespräch. Er fand die Idee gut, und so Herausgeber des Online-Magazins verhandelte ich mit ihm die Einzelheiten. Geisterspiegel. Wie lange gibt es den Geisterspiegel schon und welche Intentionen verfolgt ihr mit diesem Magazin? Zum aktuellen Buchprojekt des Geisterspiegels, der Anthologie Dark History, stand Herausgeberin, Redakteurin und Autorin ANKE BRANDT dem Dark Feather im folgenden Interview Rede und Antwort zu diesem und anderen Projekten sowie zu Hobby und Berufung.
Das Online-Magazin Geisterspiegel feierte am 5. Juni 2012 sein 6-jähriges Bestehen. Es ist ein Hobbyprojekt, mit dem wir unsere Interessen gern mit anderen Menschen teilen möchten. Wir behandeln emen rund um die Phantastik in Form von Rezensionen, Interviews, Autorenporträts, Buchvorstellungen, Eventberichten aber auch Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Inhalten. Neben den redaktionellen Inhalten bieten wir Hobbyautoren die Möglichkeit, ihre Texte bei uns zu veröffentlichen, um sich so der Kritik der Leser zu stellen. Aber es gibt auch etliche Texte bekannter Autoren und Autorinnen, die den Geisterspiegel mit Kurzgeschichten und Serien bereichern. Alles in allem sehe ich den Geisterspiegel als Hobby der phantastischen Art ;-) Das Wirken des Geisterspiegels erstreckt sich ja weit über die reine OnlinePräsenz hinaus. Mit Dark History liegt nach Dark Future und Dark Vampire bereits die dritte GeisterspiegelAnthologie phantastischer Geschichten in Buchform vor. Was hat euch motiviert, diese Projekte anzugehen?
Daraus entstand eine großartige Partnerschaft zwischen der Romantruhe und dem Geisterspiegel, die in diesem Jahr ihren Höhepunkt in einem gemeinsamen Messestand zur Leipziger Buchmesse fand. Für Dark History habt ihr zehn deutsche Autorinnen und Autoren versammelt, mit teils internationalem Renommee. Wie gestaltete sich die Auswahl dieser Autoren, nach welchen Kriterien seid ihr 16
vorgegangen, wie kam es letztlich zur Zusammenarbeit? Das war eine witzige Geschichte. Nach zwei Ausschreibungen haben wir beschlossen, für die 3. Anthologie Autoren und Autorinnen einzuladen. Im Lauf der Jahre habe ich viele Autoren und Autorinnen persönlich kennengelernt, da sind teilweise Freundschaften draus entstanden. Während der Leipziger Buchmesse 2011 machte ich mich nun gezielt auf die Suche und bot verschiedenen Autoren einen
Kugelschreiber gegen eine Kurzgeschichte an. Die erste Zusage kam spontan von Bernd Perplies, bei Wolfgang Hohlbein musste ich schon etwas Überzeugungsarbeit leisten, aber als ich nach etwa 5 Minuten seine Zusage und er einen Kugelschreiber hatte, war alles ganz einfach. Mein Wunsch war in der Tat, Wolfgang Hohlbein in diese Anthologie hineinzubekommen. Er ist nach wie vor der bekannteste und meistgelesene Autor Deutschlands, glaube
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ich, und warum sollte ich mich mit weniger zufriedengeben? In solchen Situationen lautet meine Devise, dass fragen nichts kostet. Also lasse ich in solchen Situationen meinem kleinen Größenwahn freien Lauf ;-) Und dann habe ich mir einen persönlichen Traum erfüllt und ebenfalls eine Geschichte für diese Anthologie geschrieben. Wenn ich mir das Inhaltsverzeichnis anschaue, wird mir jetzt noch ganz schwindelig, in welcher Gesellschaft ich mich da befinde. Wie konkret waren die Vorgaben, an die sich die Autoren bei ihren Texten halten mussten? Das war ganz einfach. Nehmt ein historisches Ereignis oder eine Person und verbindet dies mit einem phantastischen Element. Mehr Vorgaben gab es eigentlich nicht. Eine Geschichte dieser Anthologie, Die Hexe von Aland, stammt von dir selbst, Anke. Was hat dich dazu bewogen, gerade Finnland als Schauplatz deiner Erzählung zu wählen? Welche historische Begebenheit liegt deiner Story zugrunde? Auf den Schauplatz bin ich durch Zufall gestoßen. Dass ich in meiner Geschichte die Hexenverfolgung des Mittelalters behandeln wollte, war von Anfang an klar. Nur bemerkte ich bald, dass die ematik irgendwie schon recht häufig abgehandelt wurde. Dann las ich irgendwo etwas von der Hexenthematik in Skandinavien, stieß über Books Google auf Nils Psilander und Karin Persdotter und eben auf die 13 Komplizen. Also habe ich noch ein wenig weiter recherchiert, meine eigene phantastische Interpretation hineingedeutet und daraus ist diese Geschichte entstanden.
Bei der Gelegenheit: Wie und wann hast du das Schreiben für dich entdeckt, was waren für dich Auslöser und Motivation? Auf welche Veröffentlichungen kannst du bereits zurückblicken? Anfang 2007 entwickelten wir für den Geisterspiegel unsere Leitserie Timetraveller. Als Herausgeberin habe ich da natürlich kräftig mitgemischt, aber bis dahin nur redaktionell. Dass ich die Texte korrigieren würde, stand auch sehr schnell fest. Episode 1 war erschienen und damit
fingen die Probleme an. Wir hatten noch genau einen Text, danach … nichts! Verschiedene unglückliche Umstände hatten dazu geführt, dass die Autoren ihre bereits zugesagten Texte verschieben oder absagen mussten. Es blieben genau 3 Monate, um die 3. Episode zu schreiben. Niemand konnte mir eine feste Zusage machen, aber für mich war klar, dass eine angekündigte Serie termingerecht zu erscheinen hat. Also setzte ich mich hin und begann einfach drauflos zu schreiben. Todeshölle-Höllentod, so der Titel meines ersten Kurzromans für die Serie Timetraveller, ist sicher kein Meisterwerk, aber es war der Beginn einer neuen Leidenschaft. Von da an gehörte ich fest zum Autorenteam und schrieb unter dem Pseudonym Gloomy Tomb 6 Episoden allein, eine mit einem Co-Autor und eine Kurzgeschichte zur Serie. Daneben entstanden noch diverse Kurzgeschichten, die in verschiedenen Verlagen und auf dem Geisterspiegel veröffentlicht wurden. Du hast mal geschrieben, dass du dein Hobby, Lesen, zum Beruf machen konntest. Worin genau besteht in diesem Zusammenhang deine berufliche Tätigkeit? Ganz einfach, ich habe meinen ungeliebten Beruf als Lehrerin an den Nagel gehängt und arbeite seit 18 Jahren im Buchhandel. Welche literarischen Genres bevorzugst du persönlich als Leserin und Rezensentin wie auch als Autorin? Als Leserin und Rezensentin ganz eindeutig Phantastik, ausgenommen SF, und riller. Als Autorin mag ich die Kombination von Historie und Phantastik. Mich reizt
die Recherche historischer emen sehr, und wenn ich da dann etwas hineininterpretieren kann, macht mir das sehr viel Spaß. Ich glaube, an der Timetraveller-Episode 8 Neofar kommt das auch gut rüber. Kannst du uns exemplarisch drei deiner Lieblingsbücher wie auch -autoren benennen, vielleicht mit einer kurzen Anmerkung dazu, warum es gerade diese sind?
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Nummer 1 ist beide Male ganz klar: J.R.R. Tolkien und Der Herr der Ringe. Obwohl sich Tolkiens Grandiosität meines Erachtens erst richtig erschließt, wenn man auch seine anderen Werke, die in Mittelerde spielen, kennt. Solch eine Komplexität habe ich sonst bei keinem anderen Autor erlebt. Wer das Interview bis hierher gelesen hat, weiß, wen ich nun benenne. Natürlich Wolfgang Hohlbein. Was der Mann mir an unterhaltsamen Lesestunden beschert hat, sucht seinesgleichen. Ich habe etwa 170 Bücher von ihm gelesen, wovon mir mehr als die Hälfte wirklich richtig gut gefallen hat. Er hat so eine ganz eigene Art, einen Spannungsbogen aufzubauen, da stört es mich als Leser nicht, wenn manchmal kleine Logikfehler oder Wiederholungen drin sind. Wolfgang Hohlbein schreibt immer irgendwie das richtige Buch zur richtigen Zeit und er ist ein großartiger Geschichtenerzähler. Meine Lieblingsbücher von ihm sind immer noch Hagen von Tronje und Der Greif. Jetzt fällt es mir sehr schwer, noch jemanden zu nennen. Aber wenn es nur drei sein sollen, dann nehme ich als dritten Autor Dan Brown. Er vermag es in seinen rillern, eine spannende Handlung mit viel Hintergrundwissen zu verbinden zu emen, die mich interessieren. Es mag nicht immer besonders tiefgründig sein, aber es reizte mich immer wieder, manchen Dingen genauer auf den Grund zu gehen. Und wenn das ein Autor mit einem riller erreicht, finde ich, dass er seine Aufgabe mehr als erfüllt hat. Häufig trifft man dich auch auf Messen, Conventions und Lesungen an. Was bedeutet dir die Teilnahme an solchen Veranstaltungen? Wie wichtig ist dir der persönliche Kontakt zu anderen literarisch Interessierten? Diese Veranstaltungen sind die Höhepunkte meines Hobbys. Der persönliche Kontakt ist mir sehr wichtig, denn die Gespräche auf Messen und Cons sind die besten Impulsgeber und Motivation für die weitere Arbeit. Kannst du den Lesern des Dark Feather bereits etwas über kommende bzw. geplante Projekte des Geisterspiegels wie auch speziell deiner Person berichten?
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Wir planen momentan die nächste Anthologie, die zur Leipziger Buchmesse 2013 erscheinen wird. Titel und ema sind Dark Crime und wir konnten dafür so viele Autoren gewinnen, dass es im März 2014 eine 2. Dark Crime-Anthologie geben wird. Im Herbst soll unser nächstes PrintMagazin erscheinen und der Geisterspiegel wird natürlich auch online weiter wachsen und gedeihen. Dann steht der Umzug auf einen neuen Server an, denn unsere Möglichkeiten sind beinahe ausgereizt. Wolfgang arbeitet derzeit am Aufbau der
neuen Homepage, aber das wird noch eine Weile dauern. Falls deine Frage bezüglich meiner Person auf neue Schreibprojekte gezielt ist, muss ich dich momentan enttäuschen. In letzter Zeit habe ich mich mehr dem Korrektorat und Lektorat zugewandt und arbeite da an einigen Aufträgen. Aber ich spiele mit dem Gedanken, als Autorin noch einmal in die Welt von Neofar zurückzukehren. Liebe Anke, ich bedanke mich herzlich für dieses Interview. Traditionell gehören die letzten Worte dem Interviewpartner:
Lieber Stefan, liebe Leser, ich danke euch ganz herzlich, dass ihr es bis hierhin geschafft habt zu lesen. Mir hat die Beantwortung der Fragen sehr viel Spaß gemacht, und wenn ich auch nur einen Leser auf den Geisterspiegel oder auf Dark History neugierig machen konnte, dann würde mich das sehr freuen.
Stefan Bellack visit: www.geisterspiegel.de
Hrsg.: Geisterspiegel.de/Romantruhe
Dark History Umschlagbild: Michael Sagenhorn Umschlaggestaltung: Wolfgang Brandt Phantastik-Anthologie, Paperback, März 2012 www.geisterspiegel.de www.romantruhe.de 216 Seiten/ 10,95 € ISBN: 978-3-940812-99-58 Nach Dark Future und Dark Vampire, legt die Redaktion des Geisterspiegels mit Dark History bereits ihre dritte Anthologie phantastischer Prosa vor. Rechtzeitig zur diesjährigen Leipziger Buchmesse erschien diese Sammlung von 10 Kurzgeschichten deutscher Autorinnen und Autoren, die die wissenschaftliche Geschichtsschreibung mit Elementen der Phantastik verknüpfen bzw. sie um Aspekte des Übernatürlichen erweitern. Das düstere Schicksal der Susanna Le Fanu von Bernd Perplies Mister Kentham, ein Mitarbeiter der britischen Verwaltung, kommt aus beruflichen Gründen im September des Jahres 1857 von London nach Dublin und zieht dort in die unmittelbare Nachbarschaft der Familie Le Fanu. Zwischen Mr. Kentham und Sheridan Le Fanu, dem Schriftsteller und Journalisten, entsteht bald eine Freundschaft, die sich in regelmäßigen Besuchen äußert wie auch in abendlichen Diskussionen über Literatur. Sheridans Ehefrau, Susanna, erscheint hingegen eher verschlossen und schwermütig, was an erlittenen familiären Verlusten liegen mag. Als einige Wochen später eine alleinstehende junge Dame, die geheimnisvolle Camilla Esperson, ein verlassenes Haus in der Nähe erwirbt, mehren sich seltsame und unerklärliche Ereignisse in der Umgebung. Und zwischen Misses Le Fanu und Miss Esperson scheint es eine 15 Jahre zurückliegende Verbindung zu geben. Als Stilmittel hat Perplies die Form der Tagebuchaufzeichnung gewählt, anhand derer der Ich-Erzähler, Mr. Kentham, die Ereignisse schildert und den Leser somit an seinen Gedanken zu den unerklärlichen Vorfällen teilhaben läßt. Diese werden vom Autor eloquent in Szene gesetzt und sind von der Wortwahl her der historischen Epoche angepaßt. Perplies ist mit Das düstere Schicksal... eine hervorragende Schauergeschichte gelungen, innerhalb derer sich der Horror langsam und subtil entwickelt. Auch drängen sich beim Lesen Bilder klassischer Hammer-Filme wie von selbst in`s Bewußtsein und werden quasi lebendig. Joseph Thomas Sheridan Le Fanu lebte von 1814 bis 1873 in Dublin und ist bis heute bekannt für seine Gruselgeschichten zu deren bekanntester sicherlich die der lesbischen Vampirin Carmilla zählt, die im Jahr vor seinem Tod entstand. Geschickt hat Perplies somit belegbare Fakten mit seiner eigenen Phantasie ausgeschmückt und eine Geschichte geschrieben, die zu Recht diese Anthologie eröffnet und die Meßlatte für die nachfolgenden Autoren hoch anlegt.
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Akasha, die Kriegerin von Gunter Arentzen Akasha, Kriegerin am Hofe des Pharao und schon als Kind dem Totengott Osiris geweiht, soll den verschwundenen, vierjährigen Sohn des Pharao, Anchaf, finden. Doch dazu muß Akasha hinab in die Unterwelt steigen, sich selbst in`s Jenseits begeben. Arentzen entführt den Leser in das Alte Ägypten, in das Nildelta und in die historisch belegte Nekropole Sakkara. Die Geschichte liest sich wie der Prolog zu einem umfangreicheren Werk, endet sie doch quasi mit dem Eintritt Akashas in die Unterwelt und ihrer Begegnung mit dem Totengott, der sie auf ihr künftiges Schicksal einschwört. Nachtreiter von Alfred Wallon Zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs macht sich der junge Stephen eines nachts auf den Weg, den Arzt Dr. Blaisdale für den erkrankten Reverend Brown zu holen, dessen Sohn Robert, auf Seiten der Konföderierten, in den Krieg gezogen ist. Es ist eine stürmische Nacht, die eine unheimliche Begegnung für Stephen Callahan bereithalten soll. Alfred Wallon, der sich im Westerngenre offensichtlich am wohlsten fühlt, läßt seine Geschichte vor dem Hintergrund des amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865) spielen, der zum Zeitpunkt der Erzählung bereits seit zwei Jahren andauert. Handlungsort ist das Grenzland zwischen Kansas und Missouri und Wallon reichert seine Geschichte mit historischen Fakten zum Bürgerkrieg an, in dem er z.B. Bezug auf "Quantrills Raiders" nimmt und damit jenen William C. Quantrill anspricht, der auch als die "Geißel des Südens" in die Annalen der Geschichte einging und dem Wallon bereits ein eigenes Buch gewidmet hat. Gargoyles über Paris von Andreas Zwengel August 1636: Sebastian Caspard, Unsterblicher und Leibgardist von König Louis XIII, kämpft in Paris gegen steinerne, durch Magie zum Leben erweckte Gargoyles, die sich Kardinal Richelieu als Ziel auserkoren haben. Die Geschichte erinnert an ein Computerspiel, bei dem man die Reset-Taste drückt, wenn der Charakter stirbt und an trashige Filmprodukte wie "Rise Of The Gargoyles" und "Gargoyles-Flügel des Grauens". Witzig wird es, wenn sich Steinmetze mit Hammer und Meißel auf die steinernen Ungeheuer stürzen. Barde der Nacht von Mara Laue 61 n. Chr. kämpfen die Römer in Britannien gegen die Kelten, doch auf Seiten der keltischen Rebellen befindet sich ein übernatürliches Wesen, getrieben vom Durst nach Rache. Man merkt der Geschichte an, dass hier eine versierte Autorin am Werk war, für die diese Erzählung eine gelungene Fingerübung darstellt. Im Angesicht des Herrn von Stephan R. Bellem 14. September 1498, Inquisitor Torquemada foltert einen Gefangenen, um ein Geständnis zu erpressen, doch die Antwort fällt anders aus als erwartet. Eine besondere Gewichtung erhält die Geschichte von Bellem, wenn man berücksichtigt, dass Tomás de Torquemada, der spanische Großinquisitor, zwei Tage nach dem angegebenen Handlungsdatum in realiter gestorben ist. Was bleibt ist eine kurze Episode, die gänzlich ohne übernatürliche Elemente auskommt. Die Hexe von Aland von Anke Brandt Im 17. Jahrhundert muß sich die Heilerin Karin Persdotter vor Gericht verantworten. Ist die Frau vielleicht gar eine Vampirin? Anke Brandt hat als Handlungsort die heutige finnische Provinz Aland gewählt, die eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat und Schloss Kastelholm ist die einzige mittelalterliche Burg Alands. Das Übernatürliche wie auch das weitere Schicksal der von der Heilerin Geretteten wird nur angedeutet und läßt genügend Freiraum zu eigener Spekulation. Die Hüterin des Feuers von Thomas Jeier Die Mondfrau, die dem endlosen Ozean entsteigt, wird Zeugin des Entstehens einer neuen Welt auf dem Rückenpanzer einer Schildkröte. Sie lernt, Feuer zu entfachen, Pflanzen und Tiere als Nahrungsquelle zu nutzen, Kleidung herzustellen und die Ehrfurcht vor dem Leben sowie die Dankbarkeit für dieses. Aber sie erlebt auch die Entstehung der Jahreszeiten und wird Zeugin vom Kampf Gut gegen Böse, der so alt ist wie die Welt und auf ewig andauern wird. Letztendlich wird Mondfrau konfrontiert mit dem Tod und lernt, auch diesen zu akzeptieren.
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Wie Jeier in einem kurzen Vorwort ausführt, basiert die Geschichte "auf der Schöpfungssage der Irokesen, eines Indianerstammes im heutigen Staat New York und sollte eigentlich der Beginn eines mit Fantasy-Elementen angereicherten historischen Romans werden." Jeier bedient sich einer sehr bildhaften, farbenprächtigen Sprache in wahrlich poetischer Ausdrucksform. Bekannt ist der Autor für seine Sachbücher über die Indianer Nordamerikas und dieses Wissen setzt er hier vortrefflich ein. Tunnelratten von Markus K. Korb Ein Platoon amerikanischer Soldaten im Dschungel von Vietnam entdeckt in einem Dorf den Eingang zu einem Tunnelsystem des Vietcong. Zwei Soldaten steigen hinab, um die Anlage zu erkunden, doch außer Ratten und Skorpionen lauert noch etwas anderes in diesem Labyrinth der Dunkelheit. Korb gelingt es beeindruckend, den Leser die Enge der Tunnel, die stickige Luft, die Hitze, die Finsternis, die lauernde Bedrohung förmlich spüren zu lassen und aufgrund seines erzählerischen Talents, trotz minimaler Handlung, die ca. 30 Seiten seiner Geschichte spannend zu füllen. Die Seelenräuber von Wolfgang Hohlbein Die beiden unsterblichen Vampyre Andrej Delany und Abu Dun, einst Menschen gewesen, befinden sich im London des Jahres 1666. Die Stadt brennt und wird bereits seit zwei Tagen von Explosionen erschüttert. Einer Bitte der Nubierin Meruhe folgend, stimmen die beiden "Helden" dem Treffen mit einer geheimnisvollen Unbekannten zu, werden mit einem mysteriösen Wesen konfrontiert und plötzlich scheint das Schicksal Englands in den Händen Andrejs zu liegen. Über die Person Wolfgang Hohlbein wie auch seine Reputation und sein Können als Autor braucht man an dieser Stelle wohl kaum Worte zu verlieren. Mit Die Seelenräuber hat Hohlbein jedenfalls seiner "Chronik der Unsterblichen", die inzwischen auf 13 Bände angewachsen ist, eine weitere Facette hinzugefügt. Verknüpft ist diese Geschichte wohl mit Band 11 der Chronik "Glut und Asche" und war auch schon unter Arbeitstiteln wie "Feuertanz" und "Seelenraub" des Längeren angekündigt. Schön, dass sie nun ihre Veröffentlichung in der Geisterspiegel Anthologie erfahren hat. Die Seelenräuber ist spannend geschrieben, wartet mit einer überraschenden Pointe auf, liefert eine ganz eigene Interpretation des großen Brandes von London im September 1666 und macht zudem Lust auf Mehr, nämlich auf den Zyklus der "Chronik der Unsterblichen". Ein würdiger Abschluß dieser Anthologie. Fazit: Mit Dark History legt die Redaktion des Geisterspiegels, in Zusammenarbeit mit der Romantruhe, erneut eine sehr lesenswerte Anthologie überwiegend düsterer Phantastik vor. 10 Geschichten, die meist auf historischen Fakten fußen und den Autorinnen und Autoren, deren Kurzbiographien sich übrigens im Anhang finden, als Basis dienten für ihre ganz eigene, phantastische Sichtweise der Ereignisse. Ein Buch, welches nicht nur unterhaltsamen Lesestoff bietet, sondern gleichfalls animiert, sich mit Personen und Episoden der Menschheitsgeschichte einmal näher zu beschäftigen. Ich jedenfalls habe dieses mit Interesse und dank Wikipedia, der so manche Jahreszahl entstammt, sehr gerne getan.
Stefan Bellack .
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KL-Dark-Records, die Newcomer Band/Künstler Agentur der Dark-Gothic-Electro Szene.
Seit Frühjahr 2011 gibt es die Band/Künstler/DJ Agentur KL-Dark-Records. Die Idee für die Gründung der Agentur im Electronic und Gothic Bereich war, junge und noch unbekannte Bands und Künstler der EBM, Dark Electro, Gothic, und Industrial Szene zu unterstützen. Newcomer haben es immer schwer ihre Ideen und ihre künstlerischen Werke einem großen Publikum zu präsentieren. KL-Dark-Records hat es sich zur Aufgabe gemacht Newcomer bei der Produktion, Vertrieb, Promotion und Eventplanung zu unterstützen. Das erste Projekt von KL-Dark-Records war die Promotion für das Album Stahlschlacht der Dark Electronic Band P.K.C. zu übernehmen. Mittlerweile hat KL-Dark-Records das komplette Band Management der Band P.K.C. übernommen und im Frühjahr 2012 gemeinsam den neuen Song Gelächter plus 2 Remix Versionen und einen Bonus Track Veröffentlicht.
KL-Dark-Records arbeitet auch mit vielen hilfreichen Partnern zusammen, und kann somit verschiedene Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen anbieten, was ja vor allem für junge Künstler sehr wichtig ist. Ab sofort unterstützt KL-Dark-Records auch die Synth Pop Band Evo-Lution aus Kassel beim Band Management.
www.myspace.com/pkcmusic www.myspace.com/evolutionkassel www.myspace.com/kldarkrecords www.kl-dark-records.de
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COMA DIVINE erzählen vom Fall des Protagonisten, aber vom eigenen wird lange nicht die Rede sein. Sonja Kraushofer spricht über ihr neues Projekt, die Tour mit Oswald Henke und die Frauen der Metalszene. Hallo Sonja! Herzlich Willkommen beim Dark Feather! Eigentlich brauchst du keine weitere Vorstellung für unsere Leser, da sie dich von L’AME IMMORTELLE und PRESEPHONE kennen. Doch heute würden wir gerne mehr über dein neues Projekt COMA DIVINE erfahren. Kannst du uns bitte von der Gründung des Projekts und der Bedeutung des Namens erzählen?
gemacht, viele Ideen standen im Raum... Es war uns wichtig einen Namen zu finden, mit dem sich alle Bandmitglieder identifizieren können und schließlich hat COMA DIVINE fast durch eine schicksalshafte Fügung das Rennen gemacht... Und wie sind COMA DIVINE und deren Musik bis jetzt beim Publikum angekommen?
Selbst ist das immer schwierig zu beurteilen, man müsste das Publikum befragen... ;-) Wir sind mit den bisherigen Reaktionen zufrieden. Manchmal habe ich allerdings COMA DIVINE hat sich aus der das Gefühl, dass COMA DIVINE jahrelangen Zusammenarbeit mit Franz besonders gut bei Menschen ankommt, die Heinrich Lirsch, Ashley Dayour und weder L`ÂME IMMORTELLE, Martin Höfert entwickelt. Ashley, Francis PERSEPHONE, oder WHISPERS IN und ich haben zahlreiche L´ÂME THE SHADOW kennen, denn sie hören IMMORTELLE Konzerte gemeinsam ganz unvoreingenommen die Musik, die bestritten und besonders die live wir machen und nicht die Gesichter Arrangements der Songs, die wir auf die dahinter bzw. den Soundtrack, den sie sich Bandbesetzung abgestimmt haben und die selbst für die Sängerin von L´ÂME dadurch alle etwas rockiger angelegt waren, IMMORTELLE gewünscht hätten. haben mir sehr viel Spaß bereitet... So kam Glücklicherweise gibt es aber auch eine nach und nach der Wunsch in mir auf, eine große Schnittmenge, besonders den LAI Band zu gründen, die genau da ansetzt und Fans, die Anhänger der rockigeren Songs, musikalisch eine etwas härtere, rockigere wie zum Beispiel auf unserem Album Marschrichtung vorlegt. Ashley und Francis „Gezeiten“ waren, könnte COMA sollten auch mehr ins Songwriting DIVINE gefallen. involviert werden. Im Livebereich hatten wir letztes Jahr mit Martin Höfert und ich haben bereits dem "Mera Luna Festival" einen PERSEPHONE als gemeinsames Projekt. fulminanten Auftakt. Unser Album wurde Es war aber von Anfang an klar, dass das zwar erst kurze Zeit später veröffentlicht, verzerrte Cello seinen Platz in der neuen aber dennoch zog es trotz des schlechten Band finden sollte, da es eine ganz spezielle Wetters, sehr viele Neugierige zur Facette einbringt. Am Schlagzeug begleitet Mainstage, was uns sehr freute! Und sie uns seit geraumer Zeit David Pernsteiner. bekamen auch was geboten, denn plötzlich Der essentiellste Unterschied zu allen löste sich die Überdachung des anderen Projekten ist, dass COMA Bühnenzeltes und ein massiver Wasserstrahl DIVINE als Band fungiert, daher werden platschte auf die Bühne. Gitarrist und auch die meisten Entscheidungen im Effekte konnten Dank der schnellen Proberaum getroffen... ;-) Wir haben uns Reaktion der Bühnentechniker sofort in viele Gedanken um den Bandnamen Sicherheit, also ins Trockene, gebracht 22
werden und nach einer spontanen „stripped down“ Version von „Praise the fallen“ ging`s für den nächsten Song auch schon wieder in voller Besetzung weiter. Das nächste Highlight war unser Auftritt auf dem "Metal Female Voices Festival" und natürlich die gemeinsame Tour mit HENKE letzten April, die im Oktober ihre Fortsetzung findet. Letztes Jahr seid ihr auf dem Metal Female Voices Fest aufgetreten, wo Fans des Female Fronted Metals aus ganz Europa ihre Lieblingsbands anfeuern. Wie war es für dich, als etabliertes Mitglied der Szene, etwas Neues vorzustellen? Auf dem Metal Female Voices Festival war ich ja kein etabliertes Mitglied der Szene... ;-) Wir kamen auf jeden Fall gut beim Publikum an, das ich als sehr offen und tolerant empfunden habe. So lange die Musik gut gemacht ist und mit Leidenschaft transportiert wird, hat man im Metalbereich immer gute Karten, zumindest hat das meine bisherige Erfahrung gezeigt. Das Festival ließ das Herz eines jeden Musikers höher schlagen: Super Equipment, Ton und Licht waren der Wahnsinn, der Bühnenaufbau sehr schön und sinnvoll arrangiert. Das gesamte Festival war gut organisiert, aber dennoch total familiär. Und wie kam es dazu, dass COMA DIVINE zusammen mit Oswald Henke touren? Steckt ein besonderes Konzept hinter der Tour? Wie lief die erste Hälfte: Anekdoten? Oswald Henke und Schlagzeuger Benjamin Küfner haben unseren Auftritt auf dem Mera Luna Festival gesehen und scheinbar
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für gut befunden... ;-) Wir haben uns danach zufällig auf dem Festival Gelände getroffen, kamen ins Gespräch und so ist schließlich die Idee für die gemeinsame Tour entstanden. Frei nach dem Motto: gemeinsam kann man mehr erreichen. Es ist mittlerweile sehr schwierig für Musiker geworden, die auf das Wesentliche eines Livekonzertes, nämlich Livemusik, nicht verzichten möchten und mit kompletten Bands touren. Wenn man noch dazu einen gewissen Anspruch an Licht- und Tontechnik hat, wird solch eine Produktion richtig teuer... daher darf man auch selbst nicht untätig sein was die Promo betrifft. Oswald und ich, sowie natürlich die Musiker unserer Bands, haben sämtliche Ideen und Kontakte in einen Topf geworfen und so konnten bereits im April sehr schöne, stimmungsvolle und auch gut organisierte Konzertabende entstehen, die Lust auf weitere Gigs in dieser Konstellation machen. Im Oktober geht`s nämlich in die 2. Runde und wir freuen uns auf Konzerte in Frankfurt, Rostock, Berlin, Glauchau und Wien. Anekdoten: Hm... ich glaube, unsere gemeinsamen Pressebilder haben schon für genug Gesprächsstoff vor der Tour gesorgt... ;-)
COMA DIVINE ist für mich gesanglich und musikalisch auf jeden Fall eine große Herausforderung und es bereitet mir Freude, diese anzunehmen... ;-) Worum geht es in den Liedtexten von COMA DIVINE? Die Songnamen „Burn Sister“, „e Odd One Out“ und „About A Girl“ verraten nicht sehr viel. Gibt es eine
Gesellschaft einhergehen, oder das Scheitern, weil man schlichtweg anders ist und nicht ins System passt, daher ist „Dead End Circle“ auch als "Sackgassen Gesellschaft" zu übersetzen... als Gesellschaft, die auf der Stelle tritt und sich selbst auffrisst. Teilweise muten die Texte fast ein bisschen kindlich an, aber im Endeffekt zeigen sie auf, wie Menschen beeinflusst und verändert werden, Menschen, die gegen
Welche Wirkung hat das neue Projekt auf die Arbeit mit deinen anderen Bands? Hast du Tipps für gute Zeiteinteilung? Eine gute Zeiteinteilung braucht’s auf jeden Fall. Das ist klar. Tipps: Hmm... naja, mein Schreibtisch ist übersäät mit Notizen... ich schreibe immer alles auf, um nichts zu vergessen und den Überblick zu behalten. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass ich bei keiner Band alleine bin, sondern die restlichen Bandmitglieder viel dazu beisteuern, dass es läuft. Ich habe das außerordentliche Glück, dass mir die Arbeit Spaß macht, daher darf`s auch gerne mal etwas mehr sein... ;-) Ich habe es immer als Bereicherung empfunden, für so viele und auch komplett unterschiedliche Bands tätig zu sein. Als Bereicherung für mich persönlich, aber auch für die jeweiligen anderen Projekte. Für mich ist es wichtig, mich stetig weiterzuentwickeln, dazu zu lernen, mich auszuprobieren, an Grenzen zu gehen.
einheitliche ematik, die sich durch das ganze Album “Dead End Circle“ zieht? Alle Texte auf „Dead End Circle“, die teilweise schon wie kleine Kurzgeschichten anmuten, haben eines gemeinsam: den Fall des Protagonisten... den Fall auf Grund von Wünschen und Sehnsüchten, die nicht mit den moralischen Vorgaben unserer 23
den Strom schwimmen... Was berücksichtigt ihr alles auf der Bühne neben der Performance? Kostüme, Bühnenbild, usw? Musik! Mir scheint, dass diese in letzter Zeit bei vielen Bands und somit auf vielen Musikfestivals verloren ging. Kostüme habe ich gesehen, über Performance lässt sich
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streiten, aber Musiker, die auf der Bühne live ihre Instrumente spielen, sind mittlerweile rar geworden... verkehrte Welt... ;-) Sonja, was denkst du über musikalische Bildung und in deinem Fall über Stimmbildung? Hältst du es für wichtig? Vielleicht kannst du auch von deinem persönlichen musikalischen Werdegang erzählen? Ich habe an der "Hochschule für Musik und darstellende Kunst" in Wien Musical studiert. Ich bin sehr froh, diese Ausbildung gemacht zu haben, da ich so die wichtigsten Einblicke in den Bereichen Tanz, Gesang und Schauspiel gewinnen konnte. Ich unterrichte auch Gesang und Performance an einer privaten Musicalschule und natürlich gibt es viele Kniffe, Tipps und Tricks, die gut zu wissen sind, aber im Grunde bin ich der Meinung, dass gesanglich alles erlaubt ist, was funktioniert.
Für mich bedeutet Singen, Gefühle zu transportieren und Geschichten zu erzählen. Gesang sollte immer von Herzen kommen und nicht nur Technik sein, die abgerufen wird... Und zum Schluss: Wie empfindest du die Female Fronted Metal Szene und die Beziehungen zwischen Frauen in dieser? Empfindest du Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Musikern, etwa Diskriminierung oder sonstiges? Ich habe als sehr oft einzige Frau in der Band noch nie schlechte Erfahrungen gemacht, im Gegenteil. Ich arbeite hauptsächlich mit Männern zusammen und muss sagen, dass das sehr gut funktioniert und sehr unkompliziert ist. Auf dem Metal Female Voices Festival hatte ich kaum Kontakt zu den anderen Damen, wir waren aber auch nicht sehr lange vor
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Ort. Ich finde es toll, dass es ein Festival speziell für Sängerinnen gibt und auch so viele Anhänger dafür! Im Endeffekt zählt aber das Resultat: kann die Person singen, bringt sie die Songs und Texte glaubwürdig rüber... nur das ist meiner Meinung nach wichtig, somit macht es auch keinen Unterschied ob Sänger oder Sängerin. Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitteilen? Ich bedanke mich für’s Interview und wünsche noch alles Gute für die Zukunft! Ich hoffe, dass wir viele der Dark Feather Leser auf einem der Herbstkonzerte begrüßen dürfen... Das würde uns nämlich sehr freuen!
Cristina ,Kiki‘ Grijalva
visit: www.coma-divine.com
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COMA DIVINE “Dead End Circle” (Oblivion SPV, 2011) Im Opener ‚Burn, Sisterʼ setzt die Band mit voller Kraft und Industrial-Riffs ein. Sonja Kraushofer zeigt die schauspielerischen Fähigkeiten ihrer Stimme, die durch klare Tiefen und schrille Screams starke Gefühle rüberbringt. ‚Rotten Worldʼ wechselt ab zwischen balladenhaften Passagen mit klaren, sanften Vocals und kräftigen Refrains. Die Strophen von ‚The Odd One Outʼ haben einen dunklen, koketten Klang, im Gegensatz zu den Refrains, als ob COMA DIVINE über drei verschiedene Sängerinnen verfügen würden. Das Cello und die Chorstimmen setzen noch eins obendrauf. Es wird härter mit den klaren Industrial-Einflüssen von ‚I Rememberʼ und ‚From Time To Timeʼ. Mein persönlicher Favorit ist ‚Praise The Fallenʼ, in dem Bass und Schlagzeug einen dunklen Nebel bilden und nur die Strahlen Kraushofers Melodien durchlassen. ‚Reason To Liveʼ ist eine powervolle Ballade, mit harmonisch starker Cello-Begleitung. ‚Secret Loverʼ ist ein wenig pop-rockig, ‚Fast Laneʼ hat Thrash- und Grunge-Elemente, dennoch wird ein eigener COMA DIVINE-Sound beibehalten. Sowohl ‚About A Girlʼ als auch ‚Dead Endʼ fassen das ganze Album zusammen: Der dramatische und ausdrucksstarke Klang der Stimme Kraushofers, bildet mit den kräftigen Gitarrenriffs und dem melodischen Cello eine perfekte Kombination aus hochqualitativem Goth und Metal. Cristina ,Kikiʻ Grijalva
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"In die Fresse, aber anspruchsvoll!" verzichten werdet oder übernimmt jetzt jemand anderes Saschas Part?
Bereits zum zweiten Mal sind DESPISE & CONQUER zu Gast im Dark Feather. Mit ihrem Stil aus Death-/Thrash Metal und Keyboards polarisieren die Hertener die Metal-Gemeinde. Doch unbeirrt und gemäß ihrer Maxime "Be With Us - Or Stand Back!" hat die Band im März ihren ersten Longplayer veröffentlicht, der auf ganzer Linie zu überzeugen weiß. Anlaß genug, Despise & Conquer erneut zum Interview zu bitten. Die Fragen beantwortete Gitarrist Mario Bergermann. Welcome back Despise & Conquer! Im Dark Feather #5, vom Juni 2009, gab`s bereits das erste Interview mit Euch. Damals war gerade Eure 3-TrackPromo-CD draußen; seit 31. März 2012 ist nun Euer offizielles Debut-Album "Invasion" erhältlich. Was als erstes auffällt, ist das neue LineUp. Was hat sich da geändert seit der Gründung von Despise & Conquer im Jahr 2008? Nun, zunächst mal haben wir uns von unserem Keyborder Sascha getrennt und einige Zeit später hat dann auch unser Drummer Henning die Segel gestrichen. Der ist zwar auf dem Cover der CD noch zu sehen, aber mittlerweile durch unseren neuen Schlagwerker, Dennis, ersetzt worden. Einen Keyboarder kann ich aktuell nicht mehr ausmachen. Heißt das, dass Ihr künftig auf den Einsatz der "Tasten"
Diese Frage kommt auch immer wieder innerhalb der Band auf. Live kommen die bestehenden Keyboardparts ja vom Band und die sind nicht von schlechten Eltern. Will sagen: der Sascha hat echt was auf dem Kasten! Ich denke, einen adäquaten Ersatz zu finden, wird schwierig werden. Wir haben ja schon verdammt lange nach einem guten Schlagzeuger gesucht und da hatten wir dann mit dem Dennis echt Glück! Aber eins ist sicher: Keyboards wird es weiter geben. Für die Verwendung von Keyboards wurdet und werdet Ihr zudem wohl häufiger kritisiert. Wie geht Ihr mit dieser Kritik um? Wie wichtig ist Euch diese Form von elektronischer Tonerzeugung für Eure Musik? Welchen Stellenwert haben diese Instrumente innerhalb Eurer Death-/rash Metal Ausrichtung?
Zunächst einmal kamen die Trennungen von Sascha und Henning. Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass ich aus gesundheitlichen Gründen fast das komplette Jahr 2010 ausgefallen bin und für Liveauftritte von Erik, einem Gitarristen von Words of Farewell und Freund der Band, vertreten wurde. Ich stieß erst Ende 2010 wieder zur Band und da begann ich direkt mit meinen Gitarrenspuren für „Invasion“. Tja, und es war wirklich so, dass wir bis Anfang diesen Jahres nach einem neuen Drummer gesucht haben. Insgesamt haben sich 8 verschiedene vorgestellt. Jedem gibt man ein bisschen Zeit, sich in die Musik einzufinden und so vergehen die Monate. Und nach jedem Drummer schwindet die Hoffnung, noch jemanden zu finden. Es gab Zeiten, da stand die Band komplett vor der Auflösung und das trotz eines prinzipiell schon fertig aufgenommenen und gemixten Albums. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass da die Arbeit mit einem Label schwierig geworden wäre…
Aber davon abgesehen: Angebote von Labels waren da. Leider war nicht das passende dabei. Kleine Labels können nicht mehr tun als wir selbst auch. Dafür brauchen wir die Unabhängigkeit nicht Also, was die Kritik betrifft: Könnten wir wegzugeben. Große Labels scheinen einen die nicht aushalten, sollten wir keine Musik mit dem ersten Album noch gar nicht machen. Ich bin der Meinung, Kritik gibt richtig ernst zu nehmen. Eine Band wird da es bei einem so reichhaltigen Angebot an erst interessant, wenn sie sich über Jahre verschiedenen Metal- und Rocketabliert und eine Fanbasis aufgebaut hat. Stilrichtungen immer. Wir in der Band Erst dann ist das vom Geschäftlichen her stehen einfach auf diesen sphärischen ein lohnendes Ding. Bands aufzubauen, Sound in Verbindung mit knallhartem kann sich kein Label mehr leisten. Die Riffing und treibenden Drums, dazu dann wollen ein schlüsselfertiges Produkt, um Udos mächtige Shouts und Growls. Kurz direkt Gewinne einzufahren. Deshalb gibt und gut, wenn wir keinen Bock drauf es inzwischen auch Verträge, bei denen die hätten, würden wir es ja nicht spielen, Band erstmal alles selbst zahlen muss. nicht wahr? Was den Stellenwert besagter Macht auch nur begrenzt Sinn... Keys angeht…wenn die Idee stimmt, es passt und gut klingt, dann wird es gemacht; Gemastert wurde "Invasion", wie auch aber es muss nicht in jedem Song oder die Promo-CD, vom schwedischen jedem Part eines Songs sein. Multiinstrumentalisten und Produzenten Dan Swanö. Wie kam die "Invasion" habt Ihr in Eigenregie selbst Zusammenarbeit zustande und wie groß produziert. War der in 2009 ist Dan`s Einfluß auf das fertige angekündigte "Promoterror" nicht so Endprodukt gewesen? erfolgreich wie erhofft, will sagen, hat kein Label bei Euch angeklopft oder Das kam zustande, weil Dan für e Very wollt Ihr Euch einfach Eure End gearbeitet hat, welche gute Bekannte Unabhängigkeit bewahren? 26
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von uns sind. Er hat dann das Promomaterial von uns gehört und fand es cool, also haben wir die Gelegenheit ergriffen. Ich finde, die Ergebnisse sprechen für sich. Als wir ihm die Tracks von INVASION schickten, war er laut eigener Aussage echt begeistert, musste fast nichts mehr daran machen, mit Ausnahme von Feinschliff und LAUT :-)
und überdacht, auch wenn es dann mal hitzig zugeht.
metaphorische Komponente?
Ihr seid allesamt erfahrene Musiker wie man u.a. auch an dem perfekten Zusammenspiel merkt und habt vor Despise & Conquer bereits in diversen Bands gespielt. Wie kann man sich in
Also, das ist Metaphorik. Keiner von uns möchte irgendwem den „Kopf wegblasen“. Frontmann Udo zeichnet für die Nur musikalisch möchten wir Euch die Mehrzahl der Lyrics verantwortlich. Frisuren zurechtrücken, um es mal so Woher bezieht er seine Inspiration? auszudrücken. Gewalt in Lyrik und Musik: Welche Intention verfolgt er/Ihr mit bzw. Ja, wenn’s thematisch passt und nicht zu in den Texten? plakativ rüberkommt! Aber physische Gewaltausübung: Nein, es gibt zu viele Udo bezieht seine Inspiration eigentlich Bekloppte auf der Welt! immer aus dem, was ihn umgibt und was ihn gerade beschäftigt. Die Lyrics sind auch Aussagen wie "We`re not gonna bow to seine Domäne, da reden wir ihm nicht rein. anyone" wiederholen sich ("Invasion"/ Das einzige was bei uns ein `No-Go` ist: "Resistance Is Futile"). Ist ein solches
diesem Fall den Prozeß des Songwritings vorstellen? Hat bei Euch jeder die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen?
religiöses oder politisches missionieren! Interpretationen seitens des Hörers sind allerdings erwünscht.
Auf jeden Fall! Wenn eine Idee aufkommt, dann haben alle Beteiligten offene Ohren. Auch während des Songwritings wird Kritik innerhalb der Band immer gehört
Sind Textzeilen wie "We blow your head off", die im ersten Moment sehr gewalttätig klingen, auch so direkt gemeint oder gibt es da eine eher
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Statement möglicherweise auch politisch zu interpretieren oder bedeutet es einfach, dass Ihr Euer musikalisches Ding durchzieht, unabhängig von aktuellen Strömungen oder Kritik? Wie ich schon sagte, Interpretationen des Hörers sind willkommen, aber an erster
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Stelle ist das Musikalische da vordergründig…zu Politik und Religion habe ich ja bereits was gesagt. Direkt resignativ klingt hingegen der Song "Die For Something" in dem es heißt: "ings happen without influence..." Soll sich der Mensch einfach in sein Schicksal ergeben oder gibt es doch einen Ausweg in Richtung Selbstbestimmung
Selbstbestimmung, freier Wille… Diese Dinge sind unbezahlbar und immens wichtig, deswegen ist diese von Dir angesprochene Textstelle gar nicht so resignativ, sondern eher als Statement zu betrachten: Dinge passieren nun mal, ob gut oder schlecht. Es kommt am Ende auf Dich an, wie Du mit diesen Dingen umgehst. Udo singt ja auch: “You cannot guide them to any direction, don’t you even try or you will despair!”, in eben diesem Song. Es gibt Sachen, die kannst Du nicht ändern, ebenso wie Du manche Menschen nicht ändern kannst… Wie wichtig sind Euch eigentlich LiveAuftritte? Was gibt`s da vielleicht an
denkwürdigen Begebenheiten zu berichten? Kann und konnte man Despise & Conquer auch schon auf Bühnen außerhalb des Ruhrgebiets sehen und hören? Gigs sind das Geilste!!! Man kann und konnte uns auch schon außerhalb des Potts sehen, zum Beispiel in Lahnstein, Bielefeld und Stuttgart. Und Stuttgart war da echt denkwürdig, weil wir vor unserem Auftritt vom Veranstalter gesagt bekamen, dass es Bands von Außerhalb da echt schwer hätten. Als wir spielten, konnte man nach dem ersten Song dann auch direkt die berühmte Stecknadel fallen hören. Aber schon nach dem zweiten Song begannen die Leute nach vorn zu kommen und während des dritten haben wir plötzlich durch die Bank kreisende Matten gesehen…das war der Hammer, ein echt geiles Gefühl. Sowas ist nicht immer gegeben. Umso cooler, das dann fern der Heimat zu erfahren.
"Amazon" gibt`s zumindest das Angebot des MP3-Downloads. Um das Album physisch zu erwerben, einfach direkt in unseren Shop: www.despiseconquer.com/shop Oder unseren Basser André oder Gitarristen Daniel unter info@despiseconquer.com kontaktieren, da die beiden organisatorisch für D&C tätig sind. Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Euch den verdienten Erfolg für "Invasion". Die letzten Worte gehören wie immer dem Künstler: Ich bedanke mich für das Interesse und die guten Wünsche und verbleibe mit den Worten: STAY METAL, FOLKS!!!
Stefan Bellack Welche Möglichkeiten hat "Fan" denn, Euer Album physisch zu erwerben (allein schon wegen des tollen Booklets)? Ist "Invasion" nur im Direktvertrieb erhältlich? Den Titeltrack bietet Ihr ja zum kostenlosen Download an. Auf
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visit: www.despiseconquer.com
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Despise & Conquer "Invasion" (März 2012) Die Death-/Thrash-Metaller Despise & Conquer aus NordrheinWestfalen haben am 31. März ihr Debutalbum vorgelegt. 11 Tracks und ca. 40 Minuten lang prescht "Invasion" einem Dampfhammer gleich in die Gehörgänge. Um ein Fazit ausnahmsweise mal vorwegzunehmen: Selten habe ich eine perfektere, abwechslungsreichere und komplexere Scheibe gehört als "Invasion". Ein Album wie aus einem Guß, das mir einen gehörigen Respekt vor dieser Eigenproduktion des metallischen Quintetts abnötigt. Man merkt, dass hier keine Neulinge am Werk waren, sondern erfahrene Musiker, die ihr Metier und ihre Instrumente beherrschen. Dafür sprechen u.a. das präzise und intelligente Riffing der beiden Gitarristen Mario und Daniel, aber genauso auch die herausragenden Vocals von Udo, dem es gelingt, seine Growls so zu phrasieren, dass die Texte doch verständlich bleiben. Die dezent eingesetzten Keyboards verleihen den Songs teils eine epische Tiefe, werten die einzelnen Tracks zusätzlich auf, erhöhen die Dramatik und machen die Musik noch spannender. So verhelfen die Keys dem Song "Fear My Thoughts" zu einem fast sakralen Intro, während sie bei "Resistance Is Futile" die Botschaft quasi symbiotisch mittransportieren. Die drei Titel der Promo-CD von 2009 finden sich übrigens auf "Invasion" wieder, wurden hierfür aber neu abgemischt. Zu den für mich interessantesten Titeln zählt auf jeden Fall auch die "Moonlight Serenade". Der balladentaugliche, düsterromantische Text wird von Despise & Conquer mit gewohnter Härte in der musikalischen Umsetzung kontrapunktiert. Einerseits hymnenhaft, zum anderen kompromißlos vorantreibend. "Invasion" und "Resistance Is Futile" bilden die musikalische Klammer für ein Album von agressiver Härte wie auch atmosphärischer Dichte. Despise & Conquer gehen keine Kompromisse ein, sondern ziehen ihr Ding durch, gemäß ihrer Maxime "Be With Us Or Stand Back". Herausgekommen ist dabei jedenfalls eine Scheibe von sehr hoher Qualität, sowohl das darauf befindliche Material als auch die gesamte Produktion betreffend. Despise & Conquer haben definitiv bereits mit ihrer ersten CD zu ihrem ganz eigenen, unverkennbaren Stil gefunden. Und wer eventuell doch einen Vergleich bemühen möchte, dann höchstens den zu Arch Enemy und speziell den Amott Brüdern hinsichtlich des genialen Gitarrenspiels. Dort wie hier bei Despise & Conquer harmonieren die Musiker der gesamten Band perfekt miteinander was man auch sehr gut an den funktionierenden Rhythmus- und Tempiwechsel festmachen kann. Hier wirkt nichts aufgesetzt, hier gibt es keine Füller, alles macht Sinn auf dieser energiegeladenen Scheibe. Abgerundet wird das Ganze optisch noch von dem schönen Booklet mit allen Texten (mehr dazu im Interview) wie auch dem ausgefeilten, mythologisch angehauchten Titelcover von Uwe Jarling. Von mir gibt es jedenfalls für "Invasion" eine ganz klare Kaufempfehlung!
Stefan Bellack
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Meine dunkle Seite Ode from a Singer to her teacher(s). Oder was ich von Gesangsunterricht via Internet halte. Wenn ich eines aus meiner eineinhalbjährigen Arbeit als Gesangslehrerin gelernt habe, dann die extrem persönliche und sogar intime Eigenschaft dieser Kunstform und ihres Lernprozesses. Deswegen ist die Suche nach dem/der passenden Lehrer/in sehr wichtig. Es gibt viele Faktoren, die in diese Beziehung einfließen: ob man sich gut versteht (man sieht sich dann ja öfters), ob die unterrichtete Technik die richtige für den Schüler ist, ob der Lehrer wirklich an den Schüler und sein Talent glaubt. Wenn man das Glück hat, einen passenden Lehrer zu finden, kann sich dies im Lernprozess auch ändern: Wenn der Schüler sich plötzlich unter Druck gesetzt fühlt oder wenn er nicht genug gefordert wird. Dann sucht man weiter. Aber was ist, wenn man den perfekten Lehrer findet, doch dieser in einem anderen Land lebt? Das Internet hat ja alle Abstände verkürzt, also warum auch nicht diese? Ganz genau, jetzt gibt es auch dafür eine technologische Lösung: Online Gesangsstunden per Videotelefonie! Das klingt doch genial, oder? Seit dem Herbst nehme ich selbst keinen Gesangsunterricht mehr und habe von einem meiner Schüler mitbekommen, dass ex-AFTER FOREVER und REVAMPSängerin Floor Jansen unterrichtet. Im April diesen Jahres habe ich sie dann kontaktiert und bin zu ihr nach Holland gefahren, um eineinhalb Stunden Gesang bei ihr zu nehmen. Dafür bin ich zwei Stunden hin- und über vier Stunden zurück gefahren (Viva la Bahn!). Auf der ewigen Rückreise, habe ich meine Faszination für diese Frau in meinem Kopf abgearbeitet. Ich habe die perfekte Lehrerin für mich gefunden! Sie ist nett, witzig, bescheiden, doch strahlt sie viel Sicherheit aus, sie hat meine Ziele und Schwierigkeiten verstanden und mir innerhalb kurzer Zeit eine ganze Menge beigebracht. Sie beherrscht eine Gesangstechnik, die ich auch können möchte. Doch die lange und vor allem
teure Reise möchte ich erst mal nicht wiederholen. Und plötzlich lese ich im Internet, dass sie ab sofort auch Unterricht per Videochat anbietet. Diese Unterrichtsmethode wird schon seit ein paar Monaten von einer anderen, auch von mir bewunderten Sängerin angeboten. TRISTANIA-Fronterin Mariangela Demurtas hat dies auf ihrer Facebook-Seite bekanntgegeben. Als Konzept ist das doch wundervoll, die Möglichkeit von richtigen Profis in direkter Beziehung zu lernen. Und auch noch von Profis unserer Szene, Menschen, die man gerne auf der Bühne sieht und nach dem Konzert am MerchStand treffen will. Und noch dazu: Leute aus Südamerika, Asien oder aus überall in Europa können diese Chance nutzen. Doch als ich selbst überlegt habe, eine dieser Chancen zu nutzen, kam mir der Gedanke: Funktioniert so was wirklich oder ist es nur Geschäft? In dieser Zeit und Wirtschaftslage und vor allem angesichts der aktuellen Musikwirtschaft, wäre die Geschäftsidee nachvollziehbar, auf diese Art und Weise mehr Schüler bzw. Kunden zu erreichen. Doch ich bin selbst ziemlich skeptisch gegenüber alternativen Lernmethoden für Gesang, wie zum Beispiel Bücher (mit oder ohne CD), Videos, usw. Denn Feedback über die eigene Stimme ist lebensnotwendig! Oder zumindest entscheidend für die eigene Gesundheit und den Fortschritt. Ob das über eine Laptop-webcam möglich ist? Außerdem gibt es andere Faktoren zu berücksichtigen: Singen bedeutet nicht nur die richtigen Töne zu treffen, sondern noch viel mehr: Körperhaltung, Atmung, Muskeln, die angespannt werden müssen, ohne zu verspannen u.a. Und dazu kommen noch Interpretation und Ausdruck/Gefühle. Diese Phase der Liedarbeit erfordert besondere emotionale Arbeit, manchmal sogar eine kurze Psycho-
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erapie. Nicht viele Geschichten werden erzählt, aber wenn der Sänger sich öffnet und die Gefühle zulässt, kommen Tränen und ganz besondere Momente zwischen Schüler und Lehrer zustande, die meiner Meinung nach nicht über das Internet möglich sind. Denn obwohl das Videotelefonieren riesige Abstände überbrückt, eine Kommunikationsbarriere bleibt bestehen. Auch wenn es vielleicht möglich ist, über einen Video-Anruf die Intonation, Atmung und ggf. noch die Muskelarbeit und somit die Gewährleistung der Gesundheit eines Schülers zu kontrollieren, zweifle ich noch sehr daran, auf diese Weise eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung aufbauen zu können. Diese Beziehung ist sehr wichtig für den Schüler, um die Hemmungen loszulassen und Gefühle zu erlauben. Und wir wissen, ein Sänger kann noch so gut sein, doch wenn er kein Gefühl ausdrücken kann, taugt er nichts. Noch habe ich die Online-Gesangsstunden nicht ausprobiert. Wenn ich mich dazu entscheiden sollte, werde ich darüber berichten. Währenddessen, übt fleißig und diszipliniert. Als Lehrerin bin ich nämlich sehr streng. ;)
Danke für`s Lesen! Für weitere Monologe: www.reverbnation.com/kikigege87 (Blog) Kiki
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Alle Zeit der Welt
Es gibt Menschen, mit denen versteht man sich immer wieder sofort aufs Neue, ganz egal, wieviel Zeit seit dem letzten Treffen vergangen sein mag. Man gibt sich die Hand, und im nächsten Moment kehrt die Vertrautheit und die angenehme Nähe zurück. Dieses Phänomen findet man nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Bands: egal, wie lange sie weg waren, es reicht ein Album - ach was: ein Song! – um das vertraute Gefühl wieder hervorzurufen, das von „damals“. Eine solche Band sind 18 Summers, deren neues Album „The Magic Circus“ nahtlos und konsequent an das Vorgängeralbum „Virgin Mary“ anknüpft, das ja immerhin zehn Jahre zurückliegt. Warum die
Welt nehmen. Wir haben ja beide Jobs neben der Musik (oder machen Musik neben unseren Jobs). Frank hat sich inzwischen ein Studio eingerichtet, ich habe begonnen, eater zu spielen, habe die Kirche wieder verkauft, in der ich über 10 Jahre gelebt habe, habe Trennungen und Hallo 18 Summers! Schön, wieder von Euch zu hören. Gute zehn Jahre zwischen neue Beziehungen hinter mir und durch all diese Veränderungen in meinem Leben, hat dem letzten Album und diesem sind ja es eben ziemlich lange gedauert, bis wir die kein unerheblicher Zeitraum. Was hat Euch dazu bewegt, jetzt ein neues Album Arbeiten abschließen konnten. zu machen...gab es einen bestimmten Auslöser? Oder auch anders herum gefragt: was hat Euch die letzten zehn Euer neues musikalisches, gepresstes Jahre davon abgehalten? Lebenszeichen heißt „e Magic Circus“. Folgen wir Euch damit auf ein metapher-geschwängertes Terrain oder Felix: Wir haben tatsächlich schon vor zehn Jahren begonnen, an den ersten Titeln habt Ihr auch zum Zirkus – der an sich des neuen Albums zu arbeiten. Da wir aber im besten Falle ja auch eine magische Umgebung darstellt – ein bestimmtes keinerlei Termindruck von Seiten eines Labels hatten, konnten wir uns alle Zeit der Verhältnis? musikalische Linie nicht durchbrochen wurde, und warum zehn Jahre gar keine zehn Jahre sind, erzählt uns Felix Flaucher.
Felix: Um ehrlich zu sein, kann ich Zirkusse nicht leiden. Und ich leide zwar nicht an Coulrophobie (= die Angst vor Clowns, Anm. der Redaktion), aber Clowns mag ich schon gar nicht. Es handelt sich also tatsächlich nicht um einen realen Zirkus, sondern wir laden die Zuhörer ein, uns auf eine Reise in eine magische Welt zu begleiten. Der Name passt auch deshalb, weil wir viele verschiedene Einflüsse zulassen, und ich bin selbst oft erstaunt, was es auf dieser Reise alles zu sehen gibt. Obwohl das Album wie aus einem Guss klingt, handelt es sich trotzdem nicht um ein Konzeptalbum und jeder der Songs kann auch 31
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für sich alleine stehen. Vom letzten der verschiedenen Layouts, das eine Melange aus einer Freak-Show und medizinischen Experimenten aus den 30-ern werden sollte, bin ich deshalb auch wieder abgerückt und habe eher persönliche Bilder und Schnappschüsse für das Artwork verwendet. Ein Ausflug in die Stuttgarter Wilhelma mit Sarah, Yvonne in meiner Küche, Nicole im Tara Miller-Shirt, Luisa, die Tochter unserer alten Freundin Sabina, meine Katze Juli - und es ist sogar ein Foto meiner Mutter mit einer Zither, im Alter von 14 Jahren, zu sehen.
letzten 2-3 Jahre dann etwas konkreter wurde. Wie gesagt - dass es dann so lange gedauert hat, lag vermutlich daran, das wir keine Termine einzuhalten hatten und so genüsslich trödeln konnten ;-) Der Sound des Albums ist sehr gut arrangiert, die Songs an sich klingen im Großen und Ganzen sehr ausgeglichen. Kann man vermuten, dass Ihr mit Euch selbst gegenwärtig...oder zumindest während der Produktion des Albums...mit Euch selbst und untereinander „im Reinen“ wart, wie man so schön sagt?
Im Intro zum Album habt Ihr direkt am Anfang Songfragmente älterer Songs...ich sag mal: versteckt. War das ein bewusster Frank: Ich glaube das liegt auch ein Stück Kniff, um zu sagen: „Ja, damals wie weit an unserer neuen Arbeitsweise. Wir heute – das sind wir!“ ? gehen ja nicht mehr in ein externes Studio, sondern nehmen bei mir auf. Wenn zwei Typen wochenlang im Studio eingesperrt Felix: Ja, diese Radioshow ist ein weiteres sind, kann sich die Stimmung stark verbindendes Element, das sich durch das verändern. Von ausgelassener Party bis zu Album zieht. Bevor die Show beginnt, "Ich will hier raus!" und wieder zurück. muss man eben den richtigen Sender Jetzt bereite ich die Lieder vor, Felix schaut finden - und was liegt näher, als dass wir vorbei, wir arbeiten daran weiter, schicken uns selbst zitieren und die Vergangenheit es zu Roman, der ja in Rotterdam wohnt, kurz anklingen lassen. Aber auch hier er schickt uns seine überarbeitete Version haben wir nicht das ganze Album diesem ema untergeordnet und etwa nach jedem zurück und dann das Ganze wieder von vorne, bis es fertig ist. Hört sich zweiten Titel die Moderatorin zu Wort umständlich an, ist aber eigentlich recht kommen lassen. Es ist nur ein weiterer entspannt. Wir haben mehr Zeit auch Rahmen für die Geschichten, die erzählt alleine und in Ruhe daran zu arbeiten. Das werden, die Stimmungen, die wir in den hört man den Liedern wahrscheinlich auch Songs eingefangen haben. an. Wie war der Kontakt bei Euch in der Band untereinander in der„albumfreien“ Zeit? Seid Ihr Bandkollegen, die sich auch so ab und zu auf ein Glas Wein oder einen Kaffee treffen oder ist jeder von Euch abseits von 18 Summers soweit in andere Projekte eingebunden, dass Ihr Euch selten zu Gesicht bekommt? Frank: Wir treffen uns schon ab und an mal auch ohne dass Musik im Spiel ist. Wir wohnen ja nur ein paar Kilometer voneinander entfernt. Aber da wir beide durch den Job ziemlich wenig Zeit haben, ist es doch meist die Musik, die uns zusammenbringt. Wobei wir ja nicht wie die Soldaten an den Geräten hängen, sondern auch erst mal bereden, was es so an Klatsch und Tratsch gibt. Wir haben es zudem auch nicht als "albumfreie" Zeit erlebt, sondern wie Felix schon sagt, die ganzen Jahre daran gearbeitet. Wobei es die
Was mir persönlich besonders gut gefällt, ist das Arrangement der verschiedenen Gitarrensounds als Mosaikstein im Gesamtsound– also quasi nicht zu leise und nicht zu laut, z.B. im Solo von „e Magic Circus“. Habt Ihr die Gitarren digital aufgenommen und bearbeitet oder stand noch irgendwo ein guter alter Verstärker in der Signalkette? Frank: Durch die Proben fürs Amphi, habe ich seit langer Zeit mal wieder einen Verstärker angestöpselt. Ich spiele dazu über einen alten Vox aus den 60er-Jahren und habe mir kürzlich noch einen kleinen Valvetronix zugelegt. Nette Sache. Die Gitarrenaufnahmen zum Album sind allerdings alle mehr oder weniger digital aufgenommen worden. Einige wurden komplett über Software-Sounds aus dem 32
Rechner und andere mit einem uralten Effektgerät aufgenommen. Ich denke auch, dass ich in nächster Zeit wieder häufiger Röhrenverstärker einsetzen werde. Das gilt natürlich nicht für die Akustikgitarren.
Ihr seid Eurem Sound immer treu geblieben, was den Wiedererkennungswert natürlich zementiert. Kann man Euch guten Gewissens als die AC/DC des Dark oder Gothic Pop bezeichnen? Felix: Hahaha, so lange ich nicht eines Tages wie Bon Scott auf dem Autorücksitz einschlafe und an meiner Kotze ersticke, kann ich damit leben. Wir verstehen uns eigentlich als Songwriter und obwohl es immer auch Nummern geben wird, die in Clubs gespielt werden, sind mir rein akustische Songs wie „e Funeral“ eigentlich am liebsten, ist es doch allein mit einer Gitarre und einer Stimme viel eher möglich, eine intime Stimmung zu transportieren, als mit all dem SynthieSchnick-Schnack.“e Funeral“ ist übrigens der Song, den wir erst ganz am Schluss eingespielt haben, als das Album praktisch schon fertig war. Die Zeit mit Silke Bischoff mit einberechnet, steht dieses Jahr ein Jubiläum an, oder? 1992-2012...feiert Ihr das in irgendeiner Form oder habt Ihr schon gefeiert? Felix: In meinem Alter feiert man nicht mehr. Oder man feiert jeden Tag. Wie ich immer zu sagen pflege: Zum Geburtstag oder zu einem Jubiläum wird nicht mehr gratuliert sondern kondoliert. Ist die schwarze Szene für Euch ein dankbares Publikum? Habt Ihr das Gefühl, dass die Menschen innerhalb dieser Szene eher traditionell sind und „alten“ Bands länger die Stange halten oder glaubt Ihr, dass Trends eine große Rolle spielen? Felix: Sowohl als auch. Die vielen 80-er Partys, die noch immer veranstaltet werden, zeigen deutlich, dass die „alten“ Bands nicht nur ein kurzfristiges Phänomen waren und dass sich auch heute noch viele Leute zusammenfinden, die diese Musik
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lieben. Und durch Filme wie “Control" von Anton Corbijn über den Sänger Ian Curtis, erhält eine wichtige Band wie Joy Division, die, aus der Post-Punk-Bewegung stammend, den Weg hin zum Dark-Wave bereitet hat, sogar heute erst in einem größerem Rahmen die Anerkennung, die sie damals nur innerhalb einer bestimmten Szene gewinnen konnte. Viele Leute kaufen vielleicht nicht mehr regelmäßig schwarze Musik-Magazine und sie ziehen auch nicht mehr so oft durch die Clubs; sie sind verheiratet, haben Kinder und einen „normalen“ Job, aber sie sind noch immer „schwarz“. Allerdings ist die Gothic-Szene auch immer in Bewegung und wer hätte sich vor einigen Jahren vorstellen können, dass Cyber-Goths, mit bunten PuschelWuscheln an den Beinen und Atemschutzmasken im Gesicht, ekstatische Gruppentänze zum Besten geben? Das ist aber in Ordnung, wäre es doch ein bisschen traurig, wenn man nur mit seinen alten Erfolgen unterwegs wäre. Die Szene wird regelmäßig totgesagt und ist in Wirklichkeit im Mainstream angekommen. Jedenfalls freue ich mich über die Kids, die mit unseren Sachen etwas anfangen können und nicht einmal wissen, was wir früher gemacht haben.
geführt und wie oft ist der Titel schon missverstanden worden? Felix: Ich habe ja früher häufig LaVey und Crowley in meinen Lyrics zitiert (wobei Satanismus wohlgemerkt nichts mit Tieroder gar Menschenopfern und dergleichen zu tun haben muss) und selbst wenn man Anton Szandor für einen Scharlatan hält, sollte seine Satanische Bibel Pflichtlektüre in jedem Religionsunterricht werden. In "Radio S.A.T.A.N." geht es allerdings um einen Radiosender, um eine einsame
Autofahrt durch die Nacht und um die Erinnerung an die Party Deines Lebens und obwohl ich gerne das ganze Album so genannt hätte, war ich mir tatsächlich nicht sicher, ob der Titel nicht falsche Der Songtitel „Radio S.A.T.A.N.“, der ja Erwartungen wecken könnte. Satan ist ebenfalls im Intro und zwischen inzwischen ein fester Bestandteil der Popverschiedenen“Ansagen“ schon Kultur (und erst recht des Popangedeutet wird, sticht etwas plakativ Surrealismus) und man muss kein auf dem aus den anderen heraus - der Text ist gar Kopf stehendes Kreuz um den Hals tragen, nicht so höllisch wie man vermuten um spielerisch und mit einem möchte. Welcher Anlass, so es denn einen Augenzwinkern mit dem finsteren Gesellen bestimmten gab, hat zu diesem Song umgehen zu können.
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Euer Producer, Roman Schönsee, ist mir persönlich, aber wohl auch dem ein oder anderen Leser, schon seit seiner Pyogenesis-Zeit ein Begriff – später kamen dann ja noch Dreamside, Danse Macabre, etc. dazu. Da er mir als Produzent bislang nicht untergekommen ist: wie habt Ihr ihn kennengelernt und wie hat sich Eure Beziehung (wenn man das so nennen kann) während der Albumproduktion entwickelt? Frank: Roman haben wir durch Peter
Ehrenfeld kennengelernt. Peter kennen wir ja schon seit Ewigkeiten - mit ihm zusammen haben wir einst auch das Crystal Lake Album “Violent Vision Blue“ aufgenommen. Er hatte damals zwei Doppelhaushälften gemietet - in der einen hat er selbst gewohnt und in der anderen Itchy von Shock erapy. Anschließend ist dann Roman mit seinem Studio dort eingezogen. Das waren zwei ziemlich unspießige Doppelhaushälften, muß ich sagen ;-) Wir haben damals ganz normal Romans Studio gebucht. Das war um 2000 rum
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und seitdem arbeiten wir mit ihm zusammen. Itchy war mit unserer alten Freundin Sabina, die inzwischen wieder in Deutschland wohnt, nach Detroit gezogen, wo er 2008, nur ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Michigan State Prison, verstarb. Roman hatte anfangs den Part des Creative Producers und John Fryer hat die beiden Alben "Phoenix from the Flames" und "Virgin Mary" als Produzent betreut.
Seit "e Magic Circus" macht Roman das komplett und inzwischen ist er so was wie unser drittes, inoffizielles Bandmitglied geworden. Für das neue Album haben wir uns die Lieder hin- und hergeschickt, bis wir uns dann gegen Ende der Produktion für eine Woche bei mir getroffen haben, um letzte Gesangs- und Gitarrenaufnahmen zu machen. Wir haben Roman also während der ganzen Zusammenarbeit am letzten Album leider nur eine Woche gesehen, aber wir kennen uns ja sehr gut aus den Zeiten in seinem Studio in Deutschland. Und die Studioaufenthalte damals waren immer ziemlich intensiv, will ich mal so sagen ;-)
moderiert. Sie hat mich vor einigen Jahren gefragt, ob ich nicht im Cube, einem Club in Paderborn, auflegen wolle und obwohl das normalerweise nicht so mein Ding ist, haben wir angefangen, uns stundenlang am Telefon zu unterhalten und schließlich war ich nicht nur ein paar Tage länger als gedacht in Paderborn, sondern wir haben uns auch häufig in Köln, Frankfurt und Oberriexingen getroffen oder auch mal
einige Tage in Prag verbracht. Ansonsten sind noch Kemi Vita (e Dreamside) und Manja Göckel auf dem Album zu hören. Ist „e Magic Circus“ ein Album für den Urlaub? Und wenn ja: für welche Urlausbziele ist es am besten geeignet?
Felix: Wohl für das ferne Land Balkonien. Ich bin kein großer Urlauber und kann das schlecht beurteilen. Wir sind inzwischen vielleicht nicht mehr ganz so düster unterwegs, aber regnen darf es schon, dichter Bodennebel ist mir gerade recht Wem gehört die weibliche Stimme auf und der Herbst ist ohnehin meine liebste „e Magic Circus“? Jahreszeit. Es wird also mit Sicherheit nicht der Sommerhit 2012 auf dem Album zu finden sein. Aber dafür gibt es garantiert Felix: Die“Radiomoderation“ hat Sarah Kass übernommen, die übrigens tatsächlich auch keinen Song zur Fussball-EM. “e in Paderborn eine schwarze Radiosendung 34
Magic Circus“ ist wohl eher eine Reise in Deine innere Welt. Müsst Ihr Euch nach jahrzehntelanger Erfahrung im Musik- und Kunstgeschäft mit allem was dazu gehört – im Guten wie im Schlechten – noch aktiv motivieren oder kommt der „Trieb zur Kunst“ automatisch aus Euch heraus? Felix: Manchmal habe ich geradezu ein schlechtes Gewissen, nicht noch mehr zu tun und wenn einem schon das Talent geschenkt wurde, etwas im kreativen Bereich erschaffen zu können, ist es eigentlich eine Schande, nicht all seine Energie darauf zu verwenden. Allerdings weiß ich manchmal auch nicht, was ich zuerst machen soll. Jedenfalls müssen wir uns zu nichts zwingen und könnte ich eines Tages nicht mehr singen, dann würde ich mehr schreiben oder fotografieren. Das Geschäft mit der Musik ist allerdings eher unlustig, weshalb ich auch immer ganz froh darüber war, nicht davon leben zu müssen. Aber wer weiß das schon. Vielleicht wäre es für die Band besser gewesen, seine Zeit nicht mit unwichtigen Dingen zu verbringen, um seine Miete bezahlen zu können. Vielleicht wären wir inzwischen die Super-Goth-Pop-Stars … oder komplett abgestürzt. Vielen Dank für das Interview! Wie bei „Dark Feather“ üblich, überlassen wir die letzten Worte Euch: Felix: Wir freuen uns schon jetzt auf unsere Tour im November. Und ich freue mich vor allem darauf, ein paar Leute zu treffen, die ich bisher nur über Facebook kenne. Wir sehen uns!
Masi Kriegs
visit: www.eighteensummers.com
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18 Summers „The Magic Circus“ (März 2012, Synthetic Symphony/SPV) Dein Radio und der gute alte manuelle Sendersuchlauf. Wir drehen am Rädchen, bekommen verrauschte Fetzen älterer Silke Bischoff-Songs mit und haben unsere Station dann gefunden: „You are listening to Radio S.A.T.A.N – gentle like a bird and cruel like a sword” säuselt die freundliche Stimme der Ansagerin. Nein, das ist kein wirres Gerede eines unbeschäftigten Schreiberlings – das ist das Intro zum neuen 18 Summers-Album „The Magic Circus“. Genau die 18 Summers, die vor zehn Jahren das letzte Mal ein Album veröffentlichten, sind jetzt zurück und klingen eigentlich, als wären sie nie weg gewesen. Ein süßes Dunkelpop-Lied reiht sich an`s nächste, also werden Felix und Frank auch mit „The Magic Circus“ nicht die Leute überzeugen können, denen die Musik die letzten Jahre schon zu fröhlich oder zu seicht war. Aber wer 18 Summers und Silke Bischoff bisher mochte, wird auch an „The Magic Circus“ Gefallen finden können. Nachdem das Intro verklungen ist, beginnt „Chippewa Lake Park“, das den Charakter eines „Hallo, schön dass Du da bist“-Rufes hat. Ruhiger Sprechgesang und ein eingängiger Gesang, ausgeglichen arrangiert – insgesamt sehr laid-back. Das gilt für das Album im Allgemeinen, wenn sich die Songs auch in unterschiedliche Richtungen entwickeln: „Deep In Your Heart“ kommt mit tanzbarem Beat, ist aber in punkto Härte und Wumms immer noch weit von EBM oder aktuellem Synthpop entfernt; beim von akustischen Gitarren eingeleiteten „Underworld“ begegnen wir hervorragend arrangierten Gitarren und Keyboardflächen. Bereits erwähnt hatte ich ja, dass 18 Summers mit ihrem Album keine Überzeugungsarbeit leisten wollen, um Nichtfans in Fans zu konvertieren. Insofern biegen sich dem Industrial-Fan bei „Dream Machine“ wohl die Fußnägel nach oben, während Pop-Fans hier im 4/4-Takt schwelgen und dem Aufbau des Songs von der reduzierten ersten Strophe durch die Refrains folgen. Bei „The Strange Fruit“ und „Beautiful Day“ taucht der Funke der Begeisterung ab, diese Songs sind sicherlich im Geist des Albums gehalten, fallen aber wenig auf – und das obwohl „Beautiful Day“ mit dem besonderen Refrain und Streichern zumindest angenehmn „anders“ ist, ohne dass sich dieses Gefühl näher bezeichnen lässt. Aber dann: bei „Radio S.A.T.A.N.“ handelt es sich um so etwas wie den geheimen Titeltrack des Albums, immer wird noch in weiteren Einspielern auf diesen fiktiven Radiosender verwiesen. Auch die Qualität des Songs macht ihn zu einer Art Single-Kandidaten: eine Ballade, die wieder von Akustikgitarren getragen wird, dazu Streicher und ein Refrain, den man nach dem ersten Mal schon mitsingen kann. Beweise? Bitte: „Woohooh, you are listening to Radio S.A.T.A.N….”. In diesem Song macht einfach alles Sinn: Intro, Strophen, Brücke, Refrain – gut gemacht! Wir werden den Akustikgitarren später noch einmal bei „Queen For A Day“, „The Funeral“ und „Secretly“ begegnen – ebenfalls Balladen, etwas weniger auffallend als „Radio S.A.T.A.N.“, aber auch schön. Und zum Abschluss gibt es ein Outro, in dem wir aus dem Universum von Radio S.A.T.A.N. herausgeführt werden. Insgesamt ist „The Magic Circus“ ein logisches 18 Summers-Album; es gibt keine Soundexperimente oder irgendwelche neuen Songwritingansätze. Aus diesem Grund unterstelle ich der Platte mal das übliche und auch bereits angesprochene Polarisierungspotenzial: „The Magic Circus“ ist für Fans dunkelsüßer Popmusik, allen anderen mag der Zugang zu den Liedern wahrscheinlich verwehrt bleiben. Einen Applaus gibt es noch für die Produktion des Albums, die nach Arbeit aus einem Guss klingt und bei der besonders die Gitarren sehr songdienlich im Arrangement platziert wurden.
Masi Kriegs
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"No Thought On Giving Up" Hinter PLUTONIUM verbirgt sich das musikalische Soloprojekt des schwedischen Multiinstrumentalisten J. Carlsson, der seine Kreativität mit Leidenschaft in einer Musik kanalisiert, die die traditionellen Pfade des Black Metal längst verlassen hat und stattdessen die tief dunklen, extremen Klänge mit elektronischen Elementen verschmilzt, wobei den Lyrics eine essentielle Bedeutung zukommt. J. Carlsson nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er seine Erfahrungen mit Plattenfirmen schildert, aber gleichermaßen ausführlich
plant and after that, everything just went as planned. I mean I had waited one and a half year to get the damn thing released, and it took like one month to gather all material, send it to the pressing and getting the albums. When I got the albums I thought like: what if I had done this one year ago... If any label will approach me for Hi J.! future releases I will of course listen to what Welcome to the german they have to say, but I will be very careful Undergroundzine Dark Feather! about wasting my time like I´ve done with this release! Of course it is good to have anks! everything under control, as far as that goes...it took at least one month before the One year ago you released your 2nd album "Devilmentertainment non-stop" album turned up on illegal downloading sites and file-sharing sites. I did count with all by your own. What were the difficulties to find a (new) label? Is it that though, I can only hope people who like the music see the value in owning the your album. Of course I guess my music is not kind of the easiest to sell, but I guess the main music or reason for not signing me is that Plutonium what else? is a one man project, and these days the record sales are not the main income for Well, after the labels. It´s the touring that bring in the the third money, and in that aspect Plutonium is not label in a row never really a safe bet for any label. However, I got back will, as mentioned before, consider any suggestion if there will be anyone... to me or gave any e Mastering was done by Peter Bjärgö, sign of life (they weren well known for his project Arcana. ´t the worst How did this cooperation comes about? although, Easy to answer: he did the mastering of the but then I first album. e guys behind the label was very Khaoz Star Records who released that sick of the situation) I album knew him personally and let him do the work. So when it was time to master thought „fuck it, why the new one I thought I should try to get him to do the job, and he could do it. I was not do it really satisfied with him, concerning the yourself?“. situation he had during that time, he did So I started great! Also, I admire his works as well so it to look ´s definitely an honor to have his name on around and the albums! counted the costs and so on and got a You combine Black Metal Guitar Riffing with industrialized, synthetic sounds. good deal What`s the idea behind? What made you with the pressing berichtet er auch darüber, was ihn antreibt. Bewußt wurde auf die Übersetzung des Interviews verzichtet, um die originäre Aussage und Ausdruckskraft der Worte zu erhalten.
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do it? Are you someone for whom it`s a pleasure to experiment? I always wanted to combine extreme metal with industrial sounds. I liked bands like Mysticum and later on Satyricon, DHG and so on. Also I enjoyed (and still enjoy) pure industrial bands like No Festival of Light, Arcana, Brighter Death Now and others. So I guess that´s what made me start, although I have widened my musical horizon for Plutonium since then, I always do! I do like experimenting, I guess I have always had a quite open mind concerning music. I grew up with bands like Beatles, e Who, Deep purple, Yardbirds when I was a kid and when I started school I learned about bands like Kiss, Iron Maiden, Judas Priest and so on...and from there I went to Metallica, Motörhead, Kreator, and so on until the death and black metal wave came when I turned 14-15...I guess I listened mainly to extreme metal in my teens but these days I can listen to all those bands mentioned and find something great in all of them. I have also had periods when I listened a lot to classical music, progressive rock, goth and all kinds of stuff. I have these days a weak spot for experimental bands like Rush and Pink Floyd... So I guess you will hear some progression on the next Plutonium album!
have evolved I guess: on the debut it was mostly about the totalitarian system described in 1984 and „Brave new world“, while „Devilmentertainment non-stop“ also deals with these issues, I decided to let more personal reflections and philosophies take place.
you have in mind while writing the words down?
Where do you get he inspiration for your lyrics? Are there some special intentions
“Devilmentertainment...” I started to look at myself and my experiences, although mixed up with the aforementioned themes
In the beginning I took influences from dystopian novels like “1984”, “Brave new world” and “Fahrenheit 451” and from history, mostly from different totalitarian countries, but for
Which instruments did you use on "Devilmentertainment non-stop" and which ones do you play best? Every single note is played by me, but the drums and synthesizers are programmed, but I know how to play keyboards since I played the piano during my childhood years. But I guess I am still most comfortable with the guitar. I have been playing that for more than 20 years and I have some kind of basic skill which I mostly can rely on. What`s the major difference between your debut "One Size Fits All" and the follow up? e sound scape is in my eyes a bit more sophisticated than it was on „One size fits all“ which was a conscious decision – I never wanted to do the same thing twice! I have pushed the borders for what I can do with Plutonium compared to the debut, and I will do it again when it´s time to record the newer material. Lyric wise I
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and everything that I come in touch with. I read a lot and watch as many movies I can, and I guess that influence me more these days than music do. When I was younger it was definitely the other way around! I have no agenda or whatsoever with the lyrics – it ´s just another aspect of the artistic expression. I guess most listeners listen to a band because of the music, but there are always people trying to take part of the lyrics as well. I´m like that too: the music is the most important, but it would be pretty useless not to use the lyrics as an outlet for creativity as well!
person. What makes me angry then... people who try to convince you that they are honest reliable persons while showing the opposite behind your back. Also, when idiocy and contempt for intellectualism and analysis elevates to norms, which happens all the time. I guess
humanity feed my anger pretty good...however, there are things that make me feel ok as well. Reading your press sheet, there is no information about the person J. Carlsson. Do you mind if I ask you something private? Where do you live? How old are you? Do you got a family, maybe kids? Be free to answer or not.
Are you a furious man? What can you make angry?
No, not at all. But I guess there´s nothing too interesting to tell I ´m afraid. I am 36 years old, I live in a boring small city in Sweden, I am married but I have no kids (and we will not have any either since we don ´t want any). I have a daytime job, I have a Master-of-Arts degree in Information science and have also studied web design on university level this year.
I guess I have become a colder person during the last three years, mostly thanks to Is it possible to see and hear Plutonium certain individuals who have back-stabbed also live on stage, maybe peforming with guest musicians? me pretty bad! But I wouldn´t say I am more furious or angry than the average
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Well, I would like to play live, but it would take to much time with rehearsing and finding the right musicians and so on. For the moment it seems impossible but maybe sometime everything will turn out alright, and then I will hit the stages. Do you actually have plans for future releases? Something you can tell our readers already? Actually I have material for a new album. I guess it´s about 10-12 songs. I have had a pause from recording and composing for almost a year now, for different reasons. But that means I have some real energy for that for the moment so I will really concentrate on making a worthy follow-up to “Devilmentertainment non-stop”. Also, next year it´s the 10 year anniversary of Plutonium...that will be celebrated in one way or another. I hope YOU will join me! Looking back to your career as a musician, are there some strange but also some positive things you had experienced? Please tell us about. Not really something out of the ordinary. Just knowing the fact that at least someone listen to and enjoy my music is great enough for me! anks a lot for taking your time by answering the questions. It`s in our tradition that the last words belong to the artist. Be free to say whatever you want.: I am very glad that an alternative zine found interest in my music, I´m used to get attention from more pure metal mags! I thank you for your time and I also heard that you Germans can use the Swedish invention Spotify from this year on, and there you can find both Plutonium albums! Also check out my web pages! All the best!
Stefan Bellack visit: www.reverbnation.com/
thetrueplutonium
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Plutonium "Devilmentertainment non-stop" (Juli 2011) Nach dem Debut "One Size Fits All" von 2007, hat der schwedische Musiker J. Carlsson mit seinem Solo-Projekt Plutonium erst vier Jahre später den Nachfolger "Devilmentertainment non-stop" vorlegen können. Schuld an der Verzögerung waren Probleme mit diversen Plattenlabels, die J. Carlsson veranlaßten, das Album letztendlich in Eigenregie zu produzieren. Die Musik bezeichnet Carlsson selbst als "industrialized extreme metal". Hört man sich die 9 Tracks der CD mit einer Gesamtlauflänge von 47:19 Minuten an, stellt man schnell fest, dass die Wurzeln von Plutonium im Black Metal liegen. Der Opener "A Tribute To The Tools Of The Cosmic Abortionist" weist dem Black Metal typisch inhärente Merkmale auf wie das spezielle Gitarren Riffing, der Einsatz von (programmierten) Blast Beats und dazu J.`s schauriges Gekeife. Diese Elemente werden aber häufiger abrupt unterbrochen von Soundsamples und spacigen Syntheffekten. Der Song ist kurz, präzise und bleibt dadurch spannend und abwechslungsreich. Der stärkste Track des Albums. Stilistisch gesehen sind die soeben getroffenen Aussagen auch symptomatisch für den nachfolgenden Titletrack "Devilmentertainment non-stop", der sich aber gegen Ende in einer esoterischen Endlosschleife verliert. "Peace Keeper" fällt aufgrund seiner Minimalität gänzlich aus dem Rahmen der CD. Lediglich untermauert vom Klang einer "marching snare drum", rezitiert Carlsson seine Anklage, um den Track dann hymnisch synthetisch enden zu lassen. "The Misery King" ist düster rockig, leicht monoton, verzichtet aber wohltuend auf weiteren elektronischen Schnickschnack. Interessant wird`s wieder bei "Unintelligent Design", welcher verschiedene Stile vereint. Mit provokanten Lyrics wälzt sich die Black Metal-Walze vorwärts, Soundsamples und sezierender, quietschender Synth kontrapunktieren infernalisch, chaotisch, um zwischenzeitlich sogar in Prog Gefilden zu dümpeln. Fast mein zweiter Favorit, mit etwas über 8 Minuten aber zu lang, aufgrund der zu häufigen Wiederholung der Synthesizer Passagen und des gleichförmigen Grundmotivs. Mir ging es zumindest so, dass ich gegen Ende unaufmerksam wurde und sozusagen abschaltete. Bei "Zero Swarm" setzt Carlsson nochmals eins oben drauf, indem er zudem melodische, klassisch angehauchte Passagen einpflicht, die am Computer generierten Drums verstärkt zum Einsatz kommen und mit augenfällig disharmonischen Einsprengseln arbeitet wie die seligen Gentle Giant, deren Bandmitglieder allesamt ebenfalls Multiinstrumentalisten waren. Zu "Nuclear War Incense" gibt es musikalisch nicht allzuviel zu sagen. Der Sound ist überwiegend elektronisch schneidend. Der Track mit dem längsten Titel ist auch gleichzeitig mit nur 2 Minuten der kürzeste. Ein rein instrumentaler, experimenteller Gefühslausbruch mit genügend interpretatorischem Freiraum: "Det Döda Exemplets Makt (Two Minute Hate Part 2)". Den Abschluß bildet "Hell Is Allround". Mit Marschmusik wird der Überwachungsstaat tonal verbildlicht, die Ausweglosigkeit textlich gefaßt, defätistisch dräuen die Synthesizer; für mich ein Klangteppich der Hoffnungslosigkeit. "Devilmentertainment non-stop" ist ein auf jeden Fall interessantes und durchaus abwechslungsreiches Album, das aber sicherlich kontroverse Reaktionen hervorrufen wird. Definitiv aufpassen muß J. Carlsson, dass die elektronischen Spielereien nicht zu reinem Selbstzweck verkommen und ein sparsamerer Einsatz wäre manchmal wünschenswert gewesen. Positiv und wichtig übrigens das Booklet mit den sehr gut lesbaren Lyrics mit ihren oft metaphorischen, aber auch kritischen und provokanten Inhalten. Stefan Bellack
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Aus - Gefragt
Constance Rudert (Cinderella Effect)
Ja, ja, lang ist es her, als wir das letzte Mal unsere „Aus-Gefragt“Rubrik am Start hatten. Umso mehr freuen wir uns nun, dass wir dieses Mal die sympathische Berlinerin Constance Rudert für unser kleines Frage-Antwort-Spielchen gewinnen konnten. Zu ihrer Person gibt es wohl kaum noch Erklärungsbedarf. 2001 ihre Gesangskarriere begonnen, war sie schon bald in Blutengel involviert, zudem zeitweise zu Gast bei Samsas Traum, ASP und Stendal Blast. Im Jahre 2006 formte sie ihr eigenes Projekt CINDERELLA EFFECT mit jenem sie ihre volle stimmliche und musikalische Blüte entfalten konnte und nach zwei Alben bereits wieder an neuen Songmaterial arbeitet. Wir freuen uns, dass sie sich zwischen Bühnenpräsenz und Studioarbeit die Zeit für uns genommen hat.
Warst Du in Deiner Kindheit schüchtern und verhalten oder doch eher ziemlich aufmüpfig? Ersteres trifft es wohl. Ich war immer mehr die stille Beobachterin, auch wenn ich im Geiste immer eine Rebellin war. Daraus kultiviert hat sich nun die Abenteurerin, die kreativ und mit Beharrlichkeit ihre Ziele verfolgt.
Weg und spirituell
gesehen entwickeln wir uns an dem was unseren Weg kreuzt. Es gibt ein oder zwei Menschen, mit denen würde ich gern mal am Kaffeetisch plaudern, doch im Grossen und Ganzen bin ich schon beschenkt, wenn ich gute Freunde und die Menschen, die mir am Herzen liegen, ab und an sehe.
Wen würdest Du gerne mal treffen, wen Was sind Deine drei Lieblingsalben? Vor Kurzem erst wieder gehört: Fever Ray mit "Fever Ray". Allerdings beschränke ich mich nun nicht auf drei, denn auch von Archive, Brett Andersson und VAST wurden super Alben geschrieben.
Hallo, Constance! Ein herzliches Willkommen beim Dark Feather! Dann fangen wir doch mal an… ;-)
Hattest Du, beziehungsweise hast Du Idole, wenn ja welche?
Wo bist Du geboren, wo aufgewachsen? Ich bin im Ostteil Deutschlands geboren und aufgewachsen.
Ein Idol im klassischen Sinn des Abgottes habe ich nicht.
Wo würdest Du gerne mal leben, wo zieht es Dich auf gar keinen Fall hin? Da bin ich recht offen und spiele auch mit dem Gedanken, den Impulsen nachzugeben. Schweden ist mein Langzeitfavorit, dennoch ist mir da der Winter etwas lang. Irland, Schottland stehen hoch im Kurs, doch gilt auch hier das Gleiche wie für Schweden. Wünschenswert ist es, dass sich eine Möglichkeit ergibt, zweigleisig zu fahren: ein weiterer Wohnsitz mitsamt höheren Temperaturen...
Was war Dein verrücktestes Erlebnis als Musiker? Ein Haustechniker, der mir sagte, er dulde keine farbigen Kabel auf seiner um keinen Preis?
Bühne.
Es gibt Menschen, die hätte ich gerne früher in meinem Leben getroffen, und Andere, die hätte ich gerne gar nicht getroffen: Dennoch gehört das alles zum
Zauberst Du gerne mal ein nettes Gericht in der Küche oder greifst Du eher zum Hörer und rufst den Pizzaservice?
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Ich zaubere wahnsinnig gerne; auch Pizza mache ich am Liebsten selbst. Frisches, saisonales Gemüse ist ein Muss!
Religion: "Nicht alle erreichen ihr Ziel auf dem geraden Weg."
auch keinen Favorit, da alle Songs ihre eigenste Geschichte haben und mir wichtig sind.
Tod: "Du bist nicht Dein Körper." Welche Art von Literatur bevorzugst Du? Ich liebe Literatur verschiedenster emenbereiche und bin ein grosser Fan von Genresynkretismus. Trivialliteratur allerdings kommt mir eher selten ins Haus.
Welche Charaktereigenschaft(en) weißt Du an Deinen Mitmenschen zu schätzen und was stört Dich? Ich schätze aufgeschlossene, wache, ideenreiche Menschen. Offenheit und Intellekt sind mir sehr wichtig, wie auch Leidenschaftlichkeit im Tun und Wirken. Inkonsequenz, Jähzorn und Despotie jedoch sind mir zuwider.
Es folgen fünf Stichpunkte, auf die Du nur einen einzigen kurzen Satz zur Antwort hast ;-) Gedanken: "We are what we think."
Gefühle: "... wenn Du aber ein Wort dafür brauchst, dann nimm das Wort Liebe, denn das ist das schönste Wort von allen." (Zitat von Gunther Laudahn (Sweet Sisiter Pain), mit dem ich am vergangenen Wochenende die Markthalle in Hamburg gerockt habe. I love his cite and the truth behind it! Welches Genre von Filmen bevorzugst Du? Ich bevorzuge Film Noirs der klassischen Ära, auch wenn man hier nicht zwingend von einem Genre sprechen muss, so mag ich besonders Alfred Hitchcock. Ich begeistere mich jedoch auch für vieles Andere, alte russische Märchenfilme, Filmdramen, die vornehmlich in England gedreht wurden, und man trifft mich schon mal auf dem Fantasy Filmfest.
Fliegst Du gerne mal in Traumwelten oder bleibst Du immer mit beiden Beinen auf dem Boden? Ich widme mich Beidem. Was wünscht Du Dir für die Zukunft? Gesundheit, Mut, Leidenschaft, Wahrhaftigkeit und Liebe. Ich bedanke mich...Aus-gefragt!
Holger Warschkow Pic by Gili Shani
visit:
www.facebook.com/ constancerudertmusic www.cinderellaeffect.de
Was ist Dein eigen komponierter Lieblingssong?
Zeit: Mein Buchtipp "Momo" von Michael Ich liebe das noch unveröffentlichte Material meiner aktuellen Produktion. Von Ende, Stichwort "Stundenblumen". den bereits veröffentlichten Stücken gibt es
Impressum dieser Ausgabe: Herausgeber: Dark Feather c/o Warschkow Dorotheenplatz 1 04109 Leipzig
Layout: Holger Warschkow Logo / Webdesign: Nino Finke Frontcoverzeichnung: © Vee-Jas/Tanja Meurer
Redaktionsleitung: Stefan Bellack Redaktion: Stefan Bellack Cristina Grijalva Axel Meßinger Holger Warschkow Masi Kriegs
Korrektorat: Stefan Bellack Internet: www.darkfeather.de Email:
redaktion@darkfeather.de
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Nino Finke
Hinweis: Das Dark Feather Zine arbeitet nicht gewinnorientiert und ist keine Veröffentlichung im Sinne des Pressewesens!
Eventuelle Einnahmen dienen allein der Kostendeckung.
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Das Wesentliche ist die Musik SERENADE sind eine Band, der das Musik machen unheimlich viel Freude bereitet, die Musiker dafür auch gerne Opfer bringen und zum einen Songs schreiben, die zum Nachdenken anregen und zum anderen Songs in ihrem Repertoire haben, auf die man perfekt abrocken kann. Auf jeden Fall eine interessante und vielseitige Band, die wir Euch mit folgendem Interview näherbringen wollen.
wichtige Momente es verdienen, ausgekostet zu werden.
Inwiefern hat sich Euer Sound im Laufe der Zeit gewandelt?
Aus Eurem Pressetext geht hervor, dass Ihr seit 2007 als Band unterwegs seid. Was habt Ihr die ganze Zeit gemacht? Wart Ihr stets in dieser Besetzung?
Nach der Trennung 2009, wollten wir einen musikalischen Neuanfang machen. Ich hatte in der Zwischenzeit meine Liebe zu New-Metal- und Hardcore-Bands entdeckt und wollte in der Gitarrenarbeit vielmehr Einflüsse aus diesem Spektrum aufnehmen. Auch dass Maikel in die Band kam, hat die Musik sehr verändert, da er gerne mit Synthesizern und anderen Elektro-Elementen experimentiert.
Die Band gibt es im Endeffekt seit 2007, damals hieß sie noch "Sadness of Hope". Wir haben viele lokale und regionale Konzerte gespielt und uns eine kleine, aber Gemäß des Prinzips "der erste Eindruck sehr treue Fangemeinde erspielt. Zwei Jahre zählt", frage ich mich, warum Ihr Euch später geriet die Band dann aber in eine problematische Phase, in der es zu für den Bandnamen "SERENADE" entschieden habt? musikalischen und persönlichen Unstimmigkeiten kam, die leider nicht zu Zunächst ist da einfach der Klang des überwinden waren. Da nur noch Sängerin Namens: Ich finde "SERENADE", vor Kat, Pianistin Natalie und ich übrig allem englisch ausgesprochen, klingt geblieben waren, mussten wir neue Musiker einfach sehr schön und passt gut zu einer finden, was einige Zeit in Anspruch nahm. Gothic-Band mit weiblichem Gesang. Doch das Warten hat sich gelohnt, denn Auch sind SERENADEN ja Stücke, die in mit André (Bass) und Maikel (Drums) Momenten gespielt werden, die in gewisser haben wir sehr fähige Leute gefunden, mit Weise erhaben und wichtig sind - und eben denen es auch menschlich absolut passt. das ist ein Punkt, um den unsere Musik Seitdem geht es mit der Band kreist, dass das Leben bedeutsam ist und "SERENADE" gut bergauf.
Kommen wir nun endlich mal auf die Musik zu sprechen. Eure Kompositionen sind klassisch angehaucht, Eure Instrumentierung bringt die nötige Härte, um einen Metaller zum Headbangen zu bringen, der Einsatz diverser Synths kommuniziert auch mit den Jüngeren der Symphonic-MetalGeneration und der Gesang spricht schlussendlich die Sprache der leidigen Geister unter uns. Wie kam bzw. kommt es zu dieser Mischung? Absicht oder Zufall? Vielen Dank für das Kompliment. Ja, wir versuchen sehr bewusst, eine Mischung aus Gothic- und Metal-Elementen sowie Orchestereinlagen und Electro-Samples zu entwickeln. Ich hoffe, dass unser Plan aufgeht, unseren Konzertbesucher(inne)n zum einen Momente mit Gänsehautfeeling zu bieten, sie zum anderen aber auch zum Bangen und Tanzen zu bringen, denn unsere Musik soll beides können: Es gibt Songs, die nachdenklich stimmen und die man sich am besten in Ruhe mit einem Glas Rotwein auf der Couch anhört - und es gibt Songs, die einfach Spaß machen sollen, auch auf der Tanzfläche.
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Wer ist derjenige, der das Grundkonstrukt Eurer Songs schmiedet und wie sieht üblicherweise die Produktion eines Songs bei Euch aus macht Ihr Proberaummucke oder seid Ihr eher so PC-Studio-Work-a-holics?
Habt Ihr bereits einen Vertrag bei einem Label? Wie steht Ihr überhaupt dem ema Label gegenüber - braucht man so was heutzutage überhaupt noch?
Wir haben derzeit keinen Plattenvertrag, allerdings haben wir uns auch noch nicht Meistens ist es ein Bandmitglied, das das bei Labels beworben, da wir zunächst noch Grundkonstrukt eines Songs schreibt, am einige Songs komponieren und Instrument ausprobiert, demomäßig am vorproduzieren und möglichst viele PC einspielt und auch schon mal einige Konzerte spielen möchten, um noch mehr Midi-Harmonien für Orchester und gemeinsame Bühnenerfahrung zu Synthies programmiert. Dann setzen wir sammeln. Ich denke schon, dass es toll ist, uns zusammen und schauen, ob jemand einen Labelvertrag zu haben, da einem noch weitere Ideen dazu hat. Im einfach viele Organisationsaufgaben Proberaum probieren wir den Song aus und abgenommen werden und man viel mehr wenn irgendwann alle zufrieden sind, geht Zeit hat, sich auf das Wesentliche, nämlich es ab ins Home-Studio. Wir spielen die die Musik, zu konzentrieren. Instrumente ein und dann ist es Maikel, Kommen wir nun zum Punkt "Kunst der das Arrangement mit Samples, Loops und Kommerz". Wo seht Ihr Euch / Eure und Streichern abrundet. Also kann man Musik? Macht Ihr Musik, weil Ihr eines schon sagen, dass der Großteil der Tages davon leben wollt oder weil Ihr Kompositionsarbeit am PC stattfindet, ohne sie nicht leben könnt? wobei wir während dieses Prozesses auch immer bemüht sind, die Songs im Hmm, ich glaube, es ist der Traum sehr Proberaum weiterzuentwickeln. vieler Musiker und Musikerinnen, eines
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Tages von ihrer Musik leben zu können. Allerdings kann man sich auf solche Träume natürlich nicht verlassen, weshalb alle in der Band einer Ausbildung oder ihrem Beruf nachgehen. Die Bandarbeit machen wir dann nebenberuflich, wodurch oft Nacht- und Wochenendschichten anfallen. Aber das nehmen wir gerne in Kauf, da uns das Musikmachen einfach so viel Freude bereitet. Allgemein
bin ich der Ansicht, dass Kunst und Kommerz sich aber nicht generell ausschließen sollten. Wenn jemand Profi-Musiker ist, arbeitet er Vollzeit für seine Musik, wobei er mit einer 40-Stunden-Woche sicher nicht auskommt. Ich denke, dass das Arbeit ist, die ebenso Bezahlung verdient wie im Büro oder auf der Baustelle zu arbeiten. Wieviel macht Ihr in Eigenregie in Bezug auf Komposition, Produktion, Mastering, Artwork, PR, Promo etc...? Momentan ist es so, dass wir quasi alles in Eigenregie machen, die Komposition
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ohnehin, aber auch die Produktion, Postproduktion, Marketing, PR, Booking und so weiter. Allerdings haben wir einige liebe Freunde, die uns bei Sachen wie Artwork und Web-Programmierung helfen, Verkaufsstände betreuen oder sich um Bühnenlicht und Live-Mixing kümmern. Dafür sind wir ihnen sehr dankbar. Da es sich beim Dark Feather um ein PDF Zine handelt, haben wir nahezu
unendlich viel Platz zum Abbilden Eurer Gedanken, also – was wollt Ihr den Lesern des Dark Feather noch gerne nahelegen – welche Fragen hätte der Interviewer noch stellen sollen…? Ich möchte auf jeden Fall sagen, dass wir es klasse finden, dass Ihr mit dem Dark Feather ein Magazin hochgezogen habt, das sich so engagiert um den Bereich der Underground- und Newcomer-Bands
kümmert und eine tolle Berichterstattung hat. Auch vielen Dank an alle Leserinnen und Leser, die sich unser Interview hier angeschaut haben - stay dark and rock on! Nino Finke visit: www.serenademetal.de
Serenade "Falling Down" EP (Eigenproduktion 2012) Ich bin erstaunt – ich – der aufgrund des Über-über-übersättigten Marktes, nach dem Nightwish-Boom vor 6 Jahren, so "SymphonicMetal-Zeugs mit Frauenstimme" mal überhaupt nicht hören kann, empfinde doch tatsächlich, nach dem ersten Track, ein starkes Verlangen, eine Rezi über das mir vorliegende Material zu verfassen. Hier liegt mir nicht „ein weiteres Demo einer weiteren SymphonicMöchtegern-Metal-Band“ vor, denn der Sound von Serenade ist frisch und echt gut konstruiert – was vor allem positiv heraussticht, ist das absolut harmonische Melodienkonstrukt und der leichte Einsatz vielfältiger Synths und die ausgewogene Balance zwischen aaaanormalem Gesang und "Grunzen". Man könnte auch nebenbei erwähnen, dass die Instrumentierung gelungen ist und die Produktion gut ist, aber - viel wichtiger als eine gute Produktion, die zu Zeiten von "Cubase" und Co. scheinbar zum Standard gehört, ist Originalität - und die ist hier vorhanden. Wenn du also einst mit dem Nightwish-Virus infiziert wurdest und Interesse an einer heimischen Interpretation dieses Musikstils interessiert bist, dann solltest du dir auf jeden Fall einmal Serenade geben du wirst begeistert sein. Müsste ich eine Punktzahl zwischen 1-10 vergeben, bekämen Serenade für die EP "Falling down" eine 9! Als kleiner Nachtrag für die Band: "Alles super - weiter so!"
Nino Finke
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Eine deutsch-deutsche Begegnung Es gibt sie noch, diese Bandprojekte, die sich auch nach langen Jahren „krebseln“ im Untergrund nicht unterkriegen lassen und weiter an sich glauben und vor allem mit der Gelassenheit eines großen Erfahrungsschatzes ihr Ding durchziehen. CARETAKER aus Berlin ist eines von ihnen. Mit ihrem Electro-/Synthie-Pop gehen sie einerseits weit "back to the roots", klingen auf der anderen Seite aber erstaunlich frisch und zeitlos. Für das Dark Feather nahmen sich die beiden Masterminds Sebastian und Rossi inmitten der Produktionsphase, welche gleich einen brandneuen Song für den aktuellen Sampler zur Ausgabe hervorzauberte, die Zeit für ein kleines Interview. Hallo Sebastian, hallo Rossi – herzlich willkommen beim Dark Feather! Ihr seid die musikalischen Köpfe hinter Caretaker. Zuerst einmal die Frage, besteht das Projekt lediglich aus Euch
beiden oder gibt es da noch andere Involvierte, die Euch zur Seite stehen? Rossi: Das Projekt besteht aus uns beiden, wobei wir für Live-Auftritte 1 – 2 Musiker dazu holen werden. Eure Musik beinhaltet eine Mischung aus früherem Elektro und Synth-Pop der 80er. Was sind Eure direkten Einflüsse oder besser gesagt, Eure Faves, die den Weg mitgeebnet haben? Sebastian: Meine musikalischen Faves sind sehr breit gefächert. Aus den Bereichen Klassik, Elektro, Pop, Instrumental, Rock, Alternative und Metal. Rossi: Meine Einflüsse sind klar definiert in diversen Synthie-Pop Bands der 80er Jahre, wobei für mich der Gottvater Vince Clarke ist. Das erste und einzige Caretaker-Album liegt bereits sieben Jahre zurück. Dennoch sorgte “Amorph” für genug Aufmerksamkeit, um bereits auf einigen
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Compilations vertreten gewesen zu sein. Insgesamt meiner Meinung nach ein starkes Debut, was auch die Presse damals so sah. Wird es da nicht Zeit für einen Nachfolger, ist da irgendwas konkret in Planung? Sebastian: Ein Nachfolger war bereits in Planung, doch durch den Wechsel der Bandmitglieder konnte dieses bis jetzt noch nicht umgesetzt werden. Mit Rossi bin ich aber sehr zuversichtlich, dass wir noch dieses Jahr ein neues Album präsentieren können. Berlin ist auch räumlich ein weites Feld. Ihr kommt quasi aus den äussersten entgegengesetzten Winkeln der Metropole, habt Ihr Euch also sprichwörtlich und musikalisch in der Mitte getroffen? :-) Rossi: Es ist wie ein deutsch-deutsches Märchen, wir waren ohne es zu merken als Seelenbrüder durch die Mauer getrennt und haben uns Anfang des Jahres endlich
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getroffen. Nicht nur musikalisch liegen wir auf einer Wellenlänge, sondern auch charakterlich können wir sagen, dass es super paßt. Eine perfekte Grundlage für eine gute Zusammenarbeit. Die Mitte lag dann allerdings doch eher in Berlin Köpenick bei einem gepflegten Bier. Es ist also reine Charaktersache, dass „Ossis“ und „Wessis“ gut zusammen passen. Ihr habt den Weg der deutschen Lyrics gewählt, was ich persönlich in Eurem Fall sehr angebracht finde, glänzen die Texte doch fernab der üblichen Klischees durch intellektuelle Hinterfragung des Sinns und Unsinns unser heutigen Zeit, gewinnen zudem durch autobiographische Züge an Glaubwürdigkeit und Bedeutung. Was beeinflusst Euch beim Songwriting? Sebastian: Beim Schreiben vom Texten versuchen wir unsere Erfahrung mit der Gesellschaft zu komprimieren. Auch aktuelle emen und Momentaufnahmen unseres Lebens fließen in die Songtexte mit hinein. Ihr sagt “Wir leben in einer Gesellschaft mit Luxusproblemen”. Was ist Eurer Meinung nach das oder sind die “Herausragenden” dabei?
Rossi: Wir
leben in einer Wegwerf-Gesellschaft, wo Werte nicht wirklich zählen. Soziale Netzwerke und Statussymbole haben mehr Wert als wahre Freundschaft. Interessant ist, dass Ihr auch beruflich aus dem “Elektronik”-Bereich kommt. Inwieweit nahm dies Einfluss auf Euren musikalischen Stil? Sebastian: Eigentlich überhaupt nicht, außer, wenn mal etwas defekt ist, kann man es halt schnell wieder selbst reparieren zum Beispiel. Rossi: Wenn ich vielleicht in der Erotikbranche arbeiten würde, würde ich wahrscheinlich eher an der Flöte spielen (lacht). Gibt es irgendwelche Pläne, Caretaker wieder auf die Bühne zu bringen? Soweit ich weiß, kam es in der Vergangenheit ja selbst zu einem Gig im legendären K17? Sebastian: Wir arbeiten derzeit an neuem Material und wollen ab nächsten Jahr auf Tour gehen.
Was habt Ihr Euch im Allgemeinen mit Caretaker für die Zukunft noch vorgenommen? Rossi: Auf RTL2 „Frohe Weihnachten“ wünschen…. Spaß bei Seite. Wir wollen den CARETAKER SOUND in viele Zuhörer – Ohren spülen. Abschließend unsere beliebte Standardfrage vom Dark Feather: Was waren bei Euch die bisher positivsten, schrägsten und was die schlechtesten Erfahrungen in der Musikwelt? Rossi: Meine positivsten Erfahrungen waren und sind, dass durch die Musikbranche wahre Freunde in mein Leben hinzugekommen sind. Das schrägste ist eigentlich recht aktuell, denn dank einem neuen iPad schrieb ich einen Song quasi auf`m Klo. Welcher das ist, bleibt aber mein kleines Geheimnis, denn nicht das der Song fürs Klo ist und vorab bewertet wird... (lacht) Ich sage mal, die schlechteste Erfahrung ist dann eher eine, die allgemein Kleinkünstler betrifft und heißt GEMA. Ich frage mich, was an diesem System so toll sein soll, wenn das große Geld eher an anderen Leuten kleben bleibt und nichts davon bei den Urhebern wahrlich ankommt. Ich bedanke mich für dieses Interview, die letzten Worte gehören dem Künstler! : Lieber Holger, wir danken dir für das nette Gespräch und es ist super, dass wir uns auch persönlich kennengelernt haben. Menschen mit positiver Energie finden einander. Allen Lesern wünschen wir das Beste und viel Freude beim Hören unserer Songs. Seb + Rossi.
Holger Warschkow visit: www.caretaker-
online.de
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Vee-Jas
Künstlerportrait Hinter dem geheimnisvollen Namen VeeJas steht das Wiesbadener Illustratorinnenund Autorinnen - Duo Tanja Meurer und Juliane Seidel. Die Team-Bezeichnung ist angelehnt an die Göttin Wee Jas des bekannten FantasyRollenspiels Dungeons & Dragons, dort die Göttin von Magie und Tod. Die beiden sympathischen Frauen sind in vielen Bereichen - und nicht nur künstlerischen - "so aktiv, dass wir uns manchmal selbst fragen, wann schaffen wir das alles?".
und 2005 folgte dann eine ComicAnthologie, die recht erfolgreich wurde und die 2007 mit einem zweiten Band fortgesetzt wurde, der auch einige Kurzgeschichten enthielt. Doch es blieb nicht bei den Comics, der Focus verschob sich verstärkt auf Einzelillustrationen, aber auch Geschichten, Romanideen und Rollenspielhintergründe und -welten. Tanja selbst ist Leiterin bei verschiedenen Rollenspieler-Gruppen, bevorzugt dabei das Genre des Steampunk, spielt aber "alle möglichen Systeme". Mit Night`s End hat sie darüber hinaus ihre ganz eigene Welt erschaffen, als deren Basis sicherlich Dungeons & Dragons auszumachen ist.
Im Verbund von Vee-Jas beschäftigen sich sowohl Tanja als auch Juliane mit der Entwicklung von Geschichten wie auch schwerpunktmäßig mit dem Zeichnen. In Julianes Aufgabenbereich fallen zudem die Programmierung und das Layout der Internetseiten, von denen es nicht wenige gibt wie Ihr der untenstehenden Linkliste entnehmen könnt. Aber auch das Organisatorische gehört zu Julianes Aufgaben. So traf man das Duo von 2003 bis 2011 auf den verschiedensten Messen und Conventions, wo sie ihre eigenen Produkte verkauften und überwiegend private Zeichenaufträge annahmen. Inzwischen hat sich die Orga-Arbeit jedoch in Richtung eigene Ausstellungen und Tanja Meurer Autorenlesungen verlagert. 2010 fand die Ausstellung "Parallelwelten" Tanja, die Bauzeichnerin und Juliane, die statt und 2012 die Jugendstil-Ausstellung studierte Wirtschaftsinformatikerin, die "Ornamentik", die Illustrationen der schon als Schülerin gern gezeichnet hat, beiden Künstlerinnen präsentierte. Gezeigt arbeiten, neben ihren Brotberufen als Projektassistentinnen eines internationalen wurden u.a. Tanjas Steampunkzeichnungen, die ihre eigenen Energiekonzerns, "seit Ende 2002 gemeinsam an unterschiedlichen Projekten Novellen illustrieren und von denen Ihr hier im Dark Feather das opulente "Die für Verlage und private Auftraggeber." Nacht der Schwäne" bewundern könnt wie auch den ganz aktuell fertiggestellten Mit einem Online-Kontakt fing alles an "Ikarus". und bereits nach dem ersten persönlichen Die Ausstellungen fanden in den Kennenlernen, beschloß man schnell, Räumlichkeiten der Wiesbadener Coffeebar gemeinsam kreativ zu werden. Die Teilnahme an dem Wettbewerb "Comics in Anderswo statt, welche ebenfalls Heimat des monatlichen Lesecafés ist, bei dem ich Leipzig", im Jahr 2003, war das erste regelmäßig zu Gast bin. gemeinsame Projekt der beiden Im Rahmen der "Ornamentik"-Ausstellung Künstlerinnen. Durch das Beziehen einer kam es zu einem ganz besonderen Event, gemeinsamen Wohnung, wurde die denn Tanja las aus ihrer Geschichte Zusammenarbeit naturgemäß intensiviert 48
"Wärme mein Herz" und Juliane aus "Die lebenden Träume", so dass die Bilder quasi einen lebendigen Hintergrund erhielten. Zu ihren bevorzugten Genres als Autorinnen befragt, sind dies bei Tanja Steampunk, Mystery-riller, riller und Fantasy-Krimi; bei Juliane liegt eindeutig ein Schwerpunkt auf dem Jugendbuch, aber auch homoerotische Literatur und Steampunk finden ihr Interesse. Interessant war natürlich auch zu erfahren, welche Medien bei der Anfertigung der Illustrationen Verwendung finden. So arbeitet Tanja mit Bleistift, Tusche, Aquarell (wie bei dem excellenten "Cardkeeper", unserem Cover) und Buntstift; bei Juliane sind es ebenfalls Tusche und Buntstift, ergänzt um Copics (spezielle Marker) und PC-Colo. Die beiden letztgenannten Arbeitsmittel sind bereits ein Hinweis auf Julianes besonderes Faible für Mangas und Animes. Zusammen mit Tanja, leitete Juliane sechs Jahre lang, bis 2007, den von ihr "gegründeten Zeichnerverein „ARS“, der zeitweise aus knapp 50 Illustratoren und Comiczeichnern bestand", hier sollten Synergien genutzt werden, doch leider band die Vereinsarbeit auch sehr viele freie Zeit. Entstanden sind dabei zahlreiche sogenannte Doujinshi, hauptsächlich von Fans gezeichnete und veröffentlichte Mangas.
Juliane Seidel
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könnt. Seit 2009 hat sich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Ulrich Burger Verlag entwickelt, zu dessen Publikationen Vee-Jas die Cover- und BackcoverGestaltung übernommen hat und zu "Die KöcheBiss zum Mittagessen" und "Laferus-Zwei Hufe für eine Mahlzeit" zudem die Innenillustrationen beisteuerte. Der renommierte Piper Verlag und Werk-Zeugs zählen ebenfalls zu den Auftraggebern von VeeJas. Aber auch für ungewöhnliche Aufträge kann man sich durchaus an Vee-Jas wenden. Zu den Highlights zählt hier sicherlich die Gestaltung eines Schaukampfschildes für Fantasy-Autor Bernhard Hennen ("Die
„Caught by your eyes“ (Juliane)
Elfen").
Auch die in Teamarbeit von Juliane und Tanja entstandenen Zeichnungen sind sehr manga-esk. Aber abseits davon gibt es auch die selbstkreierten Kugelköpfe, "sehr vereinfachte Karikaturen, die stellenweise dennoch die Personen recht gut widerspiegeln können. Eigentlich waren sie nur als Satire auf die durchschnittliche Goth-Kultur gedacht, lassen sich aber glücklicherweise auf nahezu alles anwenden. Die Kugelköpfe wurden von Tanja entworfen, die nach wie vor die kleinen Kerlchen gestaltet, während die Coloration von Juliane stammt. Die Ideen für die Motive und die Sprüche entstehen gemeinsam". Die Kugelköpfe haben inzwischen sogar Eingang in Tanjas Steampunk-Universum gefunden, wie Ihr Euch anhand der Zeichnung "Merry XMas My Love" überzeugen
Wie mehrfach schon erwähnt, sind Tanja und Juliane nicht nur Illustratorinnen, sondern auch Autorinnen.
Neben den gemeinsamen Storyentwicklungen als Team, verfolgen beide Frauen natürlich auch ihre eigenen Projekte, wobei die Grenzen, wie auch bei den Zeichnungen, oft fließend sind. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb ist es wichtig, sich den beiden Künstlerinnen und Autorinnen und ihren Werken jeweils auch als Einzelperson zu widmen, zudem haben sowohl Tanja als auch Juliane ihre eigenen Homepages, womit ich mal wieder auf die untenstehende Linkliste verweise. Die vom Elternhaus bereits künstlerisch vorbelastete Tanja (Mutter: Graphikerin und Malerin), unternahm schon während der Schulzeit ihre ersten schriftstellerischen Gehversuche. Schreiben tut Tanja nunmehr seit bald 30 Jahren. Ihre erste Kurzgeschichte veröffentlichte sie 1997 in einem Fantasy-Magazin, weitere sollten folgen, die ihren Abdruck u.a. in Magazinen wie Legendensänger und XIMAG fanden. In späteren Jahren nahm sie mit ihren Geschichten erfolgreich an verschiedenen Ausschreibungen teil, die dann bei diversen Kleinverlagen erschienen wie z.B. Ulrich Burger und Sphera. Spricht man Tanja auf ihre literarischen Einflüsse an, fallen Namen so bekannter und unterschiedlicher Autoren wie E.T.A. Hoffmann, Oscar Wilde, Hermann Hesse und Neil Gaiman.
„Nacht der Schwäne“ (Tanja) 49
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Tanja verfolgt aktuell mehrere literarische Projekte, von denen eines - wie bereits erwähnt - dem Genre des Steampunk subsumiert werden kann. Es handelt sich dabei um mysteriöse Detektivgeschichten, die durch ihre beiden ungewöhnlichen Protagonistinnen ein gemeinsames Bindeglied aufweisen, nämlich "die angolanische Magierin Madame Zaida und die Wissenschaftlerin Annabelle Talleyrand. Außergewöhnlich an den Geschichten sind Hintergrund, Zeit und Aufträge. Anabelle ist eine französische Professorin, die zu Lebzeiten zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Schwager an mechanischen Menschen und dem Seelenübertrag via Magie forschte. Nachdem sie ermordet wird, erwacht ihre Seele in einem ihr fremden (idealisierten) Körper, der 120 kg wiegt und aus Kupfer, Stahl, Hydraulikschläuchen, Glas und Kettenwerken besteht. Sie ist zu einer wandelnden Waffe geworden, hinter der offenbar ganz Europa her ist...". Ein weiteres Projekt epischen Ausmaßes ist der Fantasy-Geschichtenzyklus "Night`s End" (der Name fiel bereits). "Night's End beschreibt das Schicksal der Welt Äos und aller Geschöpfe, die auf ihr leben, den Aufstieg der Welt und die Abhängigkeit der Lebewesen von den Göttern, die selbst nur Marionetten in einem weitaus größeren Spiel sind. Eine Mischung aus High-, Dark- und QueerFantasy." In "Darkside" wiederum werden inzwischen Genres wie Mystery, riller und Horror zusammengefaßt. "Die mysteriösen Bücher bleiben natürlich bestehen und werden auch mit all ihren bekannten Charakteren weitergeführt. Allerdings spaltet sich daraus auch eine eigenständige riller-Reihe ab, in der sich der Fokus der Handlung auf reale Gefahren einpendelt. Die Bücher spielen alle in der
Gegenwart oder näheren Vergangenheit. Viele Handlungsstränge ranken sich um die Familie Hoffmann. Wie auch bisher spielen die Romane vorwiegend in Wiesbaden. Nur "Glasseelen" ist ein Ausflug nach Berlin. Handlungsträger sind der Punk Oliver bzw. seine (sehr entfernte) Cousine Camilla, die nicht weniger außergewöhnlich und rebellisch ist. Beide finden sich immer wieder durch ihre Familien und den Fluch ihrer Vergangenheit im Zentrum vieler
„Together“ (Juliane) Verwicklungen, die ihr Leben und dass ihrer Geliebten und Familien bedrohen." Im Rahmen all dieser Projekte sind von Tanja bereits jeweils diverse Kurzgeschichten (die hier nicht alle aufgezählt, aber die auf ihrer Homepage online goutiert werden können) wie auch zahlreiche Illustrationen erschienen.
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Tanja ist ein Mensch, der kritisch hinterfragt, selbständiges Denken postuliert und auch beim eigenen Musikgeschmack, der aktuell u.a. in Richtung Punk geht, konstatiert, dass es ihr dabei um den Menschen hinter der Musik gehe. Juliane verschlug es noch zu Zeiten ihres Studiums von üringen nach Hessen. Schon früh in ihrem Leben hat sie sich in vielen Bereichen der Kunst ausprobiert, "von der Musik über das Schreiben bis hin zum Zeichnen". Im Alter von 14 Jahren hat Juliane richtig mit dem Schreiben begonnen, eine Leidenschaft, die sie über all die Jahre nie verlassen hat, obwohl sie verstärkt daran arbeitete, mit ihren Zeichnungen professioneller zu werden, weiterhin ihrem Organisationstalent frönt (wie aktuell die Terminierung der Autorenlesungen im Lesecafé) und nebenberuflich Webauftritte für Autoren, Zeichner und Freunde programmiert. Aber nicht nur Prosa fließt aus Julianes Feder, sondern auch eine Vielzahl an Berichten und Rezensionen von Büchern, Mangas und Animes. Diese veröffentlicht sie auf spezifischen Internetplattformen. Auf die Frage, warum sie das alles macht, antwortet Juliane:"Weil es Spaß macht!" Eine Aussage, die ich sehr gut nachvollziehen und teilen kann und die auch bei mir Motivationshintergrund ist. Wiederentdeckt hat Juliane ihr altes Konzept zu ihrem Jugendbuchroman "Assjah", eine Geschichte, die auf mehrere Bücher angelegt ist, sich an Leseratten ab dem 10. Lebensjahr richtet und die allesamt noch einen Verleger suchen. Eine Kurzgeschichte hat es aber bereits in eine Anthologie des phantastischen Magazins "XUN" geschafft.
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Der Titel "Assjah" ist "dem Begriff „Assiah“ entlehnt (in der Kaballa ist mit Assiah die Welt des Materiellen und der Menschen gemeint)". Einer der Handlungsträger ist der Punk Kim. Zusammen mit Tanja enstand die Idee, "Kim ein wenig mehr Platz in den Büchern einzuräumen. Nach einem Traum und intensivem Genuss` der Musik von Emily Autumn (!), kam ich auf die Idee, dass ein Mensch mit ausreichender Fantasie in der Lage sein sollte, seine eigenen Welten zu erschaffen. Diese Macht sollten magische Gegenstände innehaben. So kam ich auf die Idee des Traumspiegels, mit dem Kim in der Lage ist, seine Fantasiekreaturen in die Realität zu holen. Ich entwickelte darüber hinaus weitere Artefakte, mit denen man eine komplett neue Welt erschaffen und somit die Position eines
„Weiß wie schnee - schön wie Eis“(Tanja) Gottes einnehmen kann"... Eine schöne Illustration hierzu stellt das Bild "Die lebenden Träume" von Juliane dar. Aber auch Tanja hat viele Zeichnungen zu "Assjah" angefertigt und damit das Aussehen der Charaktere stark mitgeprägt. Ein schönes Beispiel dafür wie sich die beiden Künstlerinnen gegenseitig unterstützen und inspirieren. In einem Interview des Autorenkreises Tintenzirkel beantwortete Juliane bereits die Frage nach dem "Warum" ihrer Schreibleidenschaft: "Ich schreibe, weil ich Geschichten erzählen möchte und ich es liebe, mir meine eigenen Welten und Abenteuer auszudenken. Außerdem ist
Schreiben für mich gleichbedeutend mit Stressabbau, ein Ausgleich zum normalen stressigen Arbeitsalltag." Bei der Nennung ihrer literarischen Vorbilder, lassen sich bei Klassikern wie Hermann Hesse, Friedrich Dürrenmatt, E.A. Poe und Alexandre Dumas, Parallelen zu Tanjas Vorlieben entdecken. Ergänzt wird die Aufstellung aber noch um moderne, deutsche Autoren wie Wolfgang Hohlbein und Markus Heitz. Neben ihrer eigenen Homepage (siehe das Motiv "Welcome To My Fantasy") und der "Assjah"-Seite, kümmert sich Juliane seit über 10 Jahren auch intensiv um "Like A Dream" (Link siehe unten), eine Seite für homoerotische Kunst in jeglicher Form und Art. Es finden sich Berichte und Rezensionen von Juliane und Tanja zu Comics, Mangas, Animes, Büchern und Filmen, in der Rubrik "Szene" werden Interviews (eine Besonderheit der Seite) und Termine gepostet und unter dem Oberbegriff "Artbook", Bildbände internationaler und nationaler Künstler vorgestellt. Zu beachten ist die Trennung in "Boys Love" (bei Gründung der Seite 2001 ein echter Geheimtip) und "Girls Love". Juliane zeichnet hierbei nicht nur für Design und Inhalt verantwortlich, sondern etwa 90 % aller Arbeiten stammen von ihr. Insgesamt ein sehr bemerkenswertes Projekt. Natürlich habe ich auch Tanja und Juliane die beliebte Standardfrage des Dark Feather gestellt und die beiden nach bemerkenswerten Anekdoten wie auch besonderen Ereignissen aus ihrer Historie als Künstlerinnen und Autorinnen befragt: Tanja: "Als Jule und ich an unseren ersten Comic-Beiträgen zu dem "Comics in Leipzig-Wettbewerb" saßen (Anno 2002/ 2003), haben wir Stunden über Stunden zusammengesessen und an einer Geschichte gestrickt. Ein Wort ergab das andere. Rasch hatten wir ein festes Konzept und konnten daran arbeiten. Ende 2002 war ich noch mit meinem ersten Freund zusammen, der 51
„Merry Xmas my love“ (Tanja) die ganze Geschichtenbauerei beobachtete. Damals meinte er im Anschluss zu mir, dass er nun wisse, dass Jule und ich eine perfekte Symbiose bildeten. Im gleichen Zuge sagte er, dass er mich hemme und ich einen Menschen wie Jule an meiner Seite bräuchte. „Die lebenden Träume“ (Juliane)
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Das war eines der symptomatischsten Erlebnisse in all den Jahren. Es hat mich geprägt und stimmt bis heute." Juliane: "Das für mich einschneidenste Erlebnis war wohl Tanjas Vorschlag, kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten sie wollte mit mir zusammen an einem Comic für den "Comics in LeipzigWettbewerb" arbeiten, was unser erstes gemeinsames Projekt war. Ich konnte es damals gar nicht glauben, dass sie mit mir zusammenarbeiten wollte, weil Tanja in meinen Augen wesentlich besser und talentierter war. Ich war total glücklich, insbesondere weil wir uns während der Zusammenarbeit erst richtig kennengelernt haben."
Die letzten Worte sollen aber Tanja und Juliane gehören: Tanja: "Wenn ihr einen Partner gefunden habt, der denkt wie ihr, der dieselbe Art der Fatasie besitzt, mit dem ihr euch vorstellen könnt, für den Rest eures Lebens zusammen zu bleiben und offen für alle Arten sinnvollen Unsinns ist, solltet ihr diese Person festhalten. Es ist in jedem Fall der richtige Mensch." Juliane: "Tanja hat bereits alles gesagt und ich denke ganz genauso. Ich bin froh, sie kennengelernt zu haben, weil ich ansonsten heute nicht der Mensch wäre, der ich bin. Das gilt sowohl für meine Fantasie, als auch für meine Leidenschaft zu Zeichnen und zu Schreiben." Stefan Bellack
visit: www.vee-jas.de
www.tanja-meurer.de www.nights-end.de „Ikarus“ (Tanja)
www.juliane-seidel.de www.assjah.de www.like-a-dream.de www.lesecafe-wiesbaden.de.vu
Mein persönliches Fazit ist, dass sich mit Tanja und Juliane zwei Künstlerinnen gefunden haben, die sich als Team Vee-Jas hervorragend ergänzen und sowohl gemeinsam als auch einzeln ganz bemerkenswerte Werke schaffen. Dieses Portrait kann zwar nur einen groben Überblick über ihre vielfältigen Fähigkeiten und Begabungen wie auch ihre interessanten Projekte bieten, aber ich denke, es hat zumindest weitergehendes Interesse an ihrer Kunst und ihren Geschichten geweckt. Deshalb informiert Euch im Detail auf ihren Seiten, wir vom Dark Feather werden die beiden auf jeden Fall im Auge behalten. „Welcome to my fantasy“ (Juliane) 52
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Luftschlösser im Dämmerlicht Regelmäßige Leser unseres Magazins wissen sicherlich, dass es im Folk-Bereich sehr viel zu entdecken gibt. Eine sehr bemerkenswerte Band sind dabei die LAUTMALER. Traditioneller Folk trifft hier auf das Singer/Songwriter -Genre. Nach einem Jahr Bandpause haben sich die Lautmaler nun wieder zusammengetan, um gemeinsam zu musizieren und an neuen Projekten zu arbeiten. Das nun folgende Interview stammt zum großen Teil aus dem Jahr 2011. Aber wir wollten dieses Interview nicht gerade während der Bandpause bringen. Also lest Ihr nun, was die sympathische Miriam Bohse über die Bandgeschichte, die Musik
und auch über den Wert der Musik im Allgemeinen in der heutigen Zeit zu sagen hat. Hallo Miriam, herzlich willkommen bei uns im “Dark Feather” Magazin. Schön, dass Du Dir Zeit genommen hast. Hallo Axel, vielen Dank für die Einladung. Magst Du zu Anfang ein bisschen über Euch erzählen? Wann habt Ihr Euch zusammengefunden, um gemeinsam Musik zu machen? Angefangen hat alles mit Manfred Gruber, dem Gitarristen der Lautmaler und mir: Ich war seine Schülerin. Er zeigte mir Techniken auf der Gitarre, aber auch jazzige Akkordharmonien, Klänge, die mein Ohr zuvor selten wahrgenommen hatte, geschweige denn, die ich selbst
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greifen konnte. Viele dieser außergewöhnlichen Akkorde haben mir Geschichten erzählt und so fing ich an, Liedtexte zu schreiben. Im nachhinein stelle ich immer wieder fest, dass Manfred ein Talent hat, verborgene kreative Kräfte zu aktivieren, seine Schüler zum komponieren zu ermutigen. Ich bin da nicht die Einzige. Bei ihm habe ich mich getraut, was ich mir schon lange gewünscht habe: selbst komponieren. Ihm habe ich meine ersten fragmentarischen Eigenkompositionen vorgespielt. Das war ein sehr intimer und kostbarer Moment für uns beide. Ich habe sehr zögerlich angefangen und plötzlich haben wir eine Akkordfolge rund gespielt, und immer wieder bis zum musikalischen Rauschzustand, wobei unsere zwei Gitarren miteinander verschmolzen. Außerdem hat
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mein französischer Dudelsack Manfreds Neugier geweckt und so kam es, dass wir uns das erste Mal in seinem Proberaum getroffen haben. Ohne ein großes Ziel vor Augen, spielten und spielten wir, textete ich, komponierten und arrangierten wir. In dieser Zeit habe ich sehr viele Lieder geschrieben, eine meiner kreativen Hochphasen. Ich wurde süchtig, süchtig nach Schreiben und außergewöhnlichen Harmonien. In Manfred ist schnell der Wunsch entstanden, die Ergebnisse auch auf die Bühne zu bringen, ohne ihn wären die Lieder wohl im Proberaum geblieben. So kam die Frage auf, wie wir unser Programm abwechslungsreicher und interessanter gestalten könnten, welches Instrument zu unseren Klangvorstellungen passen würde. An diesem Punkt beginnt die Geschichte der Band, denn mit dem Multiinstrumentalisten Olaf Garbow wurde aus dem Duo Manfred und Miri, das Trio Lautmaler. Manfred und Olaf haben bereits in einer anderen Band zusammen gespielt, doch hat Manfred damals noch nicht das Geringste von Olafs Vielseitigkeit geahnt. Bei der Kontaktaufnahme zu Olaf, der quer durchs Land bekannt ist, überall begrüßt und beknuddelt wird, hat Manfred eher daran gedacht, dass dieser kontaktfreudige Mensch sich doch sicherlich fantastisch als Ratgeber für unsere Suche nach einem geeigneten Bandmitglied eignen würde. Schlussendlich haben wir Olaf auf seiner Mailbox die Nachricht hinterlassen: “Olaf kennst Du vielleicht jemanden, eine Geige oder ein Cello, das Lust auf deutschsprachige Lieder, aber auch Folkstücke mit Dudelsack hat?” Die Antwort haben wir recht schnell auf unseren Anrufbeantworter gehabt: “Ja, ich habe Lust bei Euch mitzuspielen. Wir könnten vielleicht sogar gemeinsam beim Karneval der Kulturen auftreten.” Nach der ersten Probe war klar, wir haben unser drittes Bandmitglied gefunden.
Euren Stil kann man grob als Folkmusik bezeichnen. Ihr spielt mit Flöten, Maultrommeln, Akustikgitarren und sehr viel Percussion. Stilistisch habt Ihr aber einen sehr eigenständigen und durchaus experimentellen Sound. Wie würdest Du Euren Stil selbst in Worte fassen? Mmmmh, lautmalerisch! Diese Frage zu beantworten, finde und fand ich immer schon schwierig, denn oft fallen einem selbst immer ganz andere Dinge an der Musik auf als dem Hörer. Mit jeder Beschreibung werde ich wieder neu an die Musik der Lautmaler herangeführt. Schubladenzuordnungen fallen mir bei Musik allgemein schwer, doch bei der
eigenen überlasse ich das doch lieber anderen Menschen. Kompliziert ausgedrückt sind wir wohl die musikalische Summe unsere Teile. Es ist eine Mischung der persönlichen musikalischen Lebenswege und Geschichten von Manfred, Olaf und mir, Fäden, die sich zu einem neuen Klangteppich verweben. Manfred hat lange Jazz und Blues gespielt, so bringt er diese Farbe mit hinein. Olaf spielt seit Jahren zu folkloristischen Tänzen. Auch ich war mit meinem Dudelsack schon in dieser Szene unterwegs, vor allem irische, schwedische und französische Stücke liegen mehr sehr am Herzen. Musikalisch war ich 2007, mit meinen 24 Jahren, jedoch trotz allem noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Die Musik der Liedermacherszene, 54
Künstler wie beispielsweise Dota die Kleingeldprinzessin, Strom und Wasser, Funny van Dannen haben mich sehr beeinflusst. Schmeißt man all diese musikalischen Zutaten in einen Topf bekommt man Lautmaler, aber die beste Beschreibung der Musik bieten uns immer noch unsere lieben Hörer. Oft fällt das Wort verträumt, die Musik nimmt den Hörer mit auf eine Reise. Benjamin Mosebach beschreibt unsere Lieder als märchenhafte Welten aus Sprache, Stimme, Flöten, Dudelsack und Akkordeon, vorbei an Luftschlössern und weinenden Göttern bei dem man sich in Wort-, Klang- und Farbwelten verliert. Das finde ich besonders schön!
Deine Texte lassen, so wirkt es auf mich, recht viel Interpretationsraum. In einen Text wie „Verlorene Farben” lassen sich z.B. unheimlich viele Geschichten projizieren. Bestimmt ist es auch als Musikerin spannend, wenn man immer wieder neue Seiten an seinen Texten entdeckt? Ich war schon immer ein Mensch, der viel in Bildern denkt und fühlt. Durch Bilder werden Sprache und vor allem Gedanken für mich real und greifbar. Ich kann meine inneren Wahrheiten nicht mit abstrakten Begriffen auf den Punkt bringen, ich umschreibe sie vielmehr mit Bildern und Geschichten. Daraus entsteht, auch für mich selbst, ein großer
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Instrument zu beherrschen. Dies wird von einigen Menschen leider nicht bemerkenswerte an der wahrgenommen. Umso mehr Entstehung meiner Lieder ist Wohin wird sich Deiner Ansicht nach die Lebensunterhalt ich durch Musik verdiene, entwickeln? Welche Meinung desto mehr Raum kann ich dieser in aber: Sie schreiben mich, nicht Musikszene hast Du über digitale Vertriebswege? meinem Leben geben. Doch die ich sie. Das klingt merkwürdig, doch ich Könnte in der Digitalisierung die Gefahr Waagschale ist leider nicht im Gleichgewicht und so arbeiten sich viele habe schon mehrmals Textzeilen, in einem bestehen, dass viele Menschen Musik nicht mehr als Handwerkskunst, welche Musiker die Finger wund. Manche Fall sogar einen fertigen Songtext man sich in vielen Jahren beibringt, zu Bereiche der Musikszene, zumindest die formuliert, dessen Bedeutung sich mir schätzen wissen? außerhalb der großen Plattenfirmen, zum nicht auf Anhieb entschlüsseln wollte, Beispiel Folk- oder Jazzmusik, bluten sondern erst in naheliegender Zukunft Die Musikszene ist für mich schwer zu regelrecht finanziell aus. Doch es gibt auch einen Sinn ergeben hat. Diese Liedtexte immer wieder Gegenbewegungen, die empfinde ich als meine stärksten, denn sie greifen. Ich stelle sie mir als ein großes Mosaikkunstwerk vor, bei dem sich alle Hoffnung auf Besserung schaffen. Vereine entstehen aus dem Unbewussten, der Einzelteile gegenseitig beeinflussen. Die werden gegründet, Menschen vernetzen Intuition heraus. Sie sind am wenigsten kommerzielle Popmusik verkommt mehr sich und tauschen untereinander konstruiert und erzählen sich quasi von und mehr zu einem Hohlkörper, der nur Informationen über Auftrittsorte, die selbst. Das sind die Momente in denen noch aus Marketingstrategie besteht, was individuellen Lebenswege, über die Gema mich die Muse küsst. Es heißt ja, jeder aber nicht heißen soll, dass nicht auch und viele andere Dinge aus. Der Verband Kuss sei eine Art göttlicher Funke, der für einen Moment auf den Künstler übergeht. Popmusik jenseits des Mainstream existiert. für Lied, Folk und Weltmusik "Pro Folk" ist hierfür ein sehr schönes Beispiel. Wenn man dann Stift und Zettel zur Hand Aber jener Popmusik mit ihrer aufgeblasenen Vermarktung folgen viele Was die digitalen Vertriebswege angeht, hat, umso besser! Menschen, verehren sie blind wie eine sprich das Internet, bin ich sehr dankbar Gottheit, hören nur die begrenzte Auswahl, über die Reichweite und die Euer Album “Denkräume und Möglichkeiten, die dieser Vertriebsweg, Klangwelten” ist schon etwas älter. Gibt die das Radio ihnen vordudelt oder erkennen nur Lieder als qualitativ gut an, besonders für kleine Künstler, bietet. es Pläne für ein neues Album? die Chartlisten als beliebt vorgaukeln. Soziale Netzwerke wie Myspace und Facebook schaffen eine Die Lautmaler hatten zwischendurch über Doch es gibt daneben auch Leute, die von dieser Hohlheit müde geworden sind. Ich Kommunikationsbrücke zwischen Musiker ein Jahr Pause, in dem wir zum Teil auch staune immer wieder, wie viele Menschen und Hörer. Der Schritt des Rezipienten, die gemeinsam in anderen Konstellationen sich in den Weiten des Internets auf die einzelnen Songs oder ein ganzes Album im musiziert haben. Mein letzter Sommer Suche machen oder auch die wenigen Internet herunterzuladen oder den Künstler bestand beispielsweise nur aus persönlich für einen CD-Kauf per Email eatermusik. Mein Freund Arne Assmann Radiosendungen und Radiosender hören, anzuschreiben, wirkt fördernd auf die und ich haben das eater Poetenpack ein die nicht-kommerzielle Musik spielen. Diese Menschen entwickeln einen Verbreitung der Musik, beispielsweise halbes Jahr musikalisch unterstützt, wir individuellen Musikgeschmack jenseits der erspart sie den Weg über Zwischenhändler. waren in Österreich und Süddeutschland hohlen Popmusikindustrie und machen Ich finde den Vertrieb über das Internet unterwegs. Außerdem habe ich eine neue sich auf die Suche nach kleinen Schätzen eine gute Ergänzung neben dem CDBand namens Brigandu gegründet, in der im großen Musikdschungel. Darüber Verkauf auf Konzerten. Dass CDs ich mit meiner Freundin Miriam Carl hinaus hat jede einzelne Musikrichtung gebrannt, Musik inoffiziell weitergegeben Stücke in gälischer, schwedischer und inzwischen mehrere Festivals im Jahr. Eine wird, stört mich nicht, daneben gibt es englischer Sprache singe, mit Konzentration auf mehrstimmigen Gesang hervorragende Plattform, die Musiker und nämlich immer noch genug Menschen, die ein Album mit gestaltetem Booklet einer und Rhythmus. Olaf ist von Hause aus ein potenzielle Hörer zusammenführt. Dabei gebrannten CD vorziehen. Wenn dieses viel beschäftigter Musiker und Manfred hat ist jedoch leider auch spürbar, unter welchem Druck Veranstalter stehen. Brennen und kostenlose Herunterladen aus viel in sein Projekt Nikko & Manfred Dadurch wird einer unbekannten Band dem Netz jedoch zu sehr überwiegt, verliert investiert. Nun kommen wir wieder Musik dabei für mich zwangsläufig an regelmäßiger zusammen und so werden wir ohne große Fangemeinde selten ein Platz Wert. Sie wird schneller austausch- und hoffentlich auch bald wieder unsere bereits auf der Festivalbühne eingeräumt. Außerdem ist der Prozentsatz der weniger greifbar. So haben einige geborenen neuen Lieder aufnehmen und Menschen massenweise Musik-Datenmüll veröffentlichen. Es ist an der Zeit ein neues Veranstalter, die bereit sind, Gage, auf ihrem Rechner, den sie im Leben nicht Album zu produzieren, denn dieses spiegelt geschweige denn gute Gage, zu zahlen, verschwindend gering. So kommt man als hören können. nicht mehr unser aktuelles Klangbild Musiker oft in die finanzielle und zeitliche Die Digitalisierung der Musik finde ich wieder. Seit Neustem ist Arne mit Zwickmühle, weil Musik machen weit nicht grundlegend verachtenswert. Einige Akkordeon, Gesang, Saxofon und mehr umfasst, als nur auf der Bühne zu Freunde von mir komponieren wunderbare Querflöte immer regelmäßiger bei Proben Musik mit Soundpatterns oder kreieren und Auftritten dabei. Die Lautmaler haben stehen: Ich benötige jede Menge Zeit für Kreativität, sprich zum Lieder schreiben, hörenswerte digitale Beats für ihre eigenen derzeit wieder kräftigen Rückenwind. Ich Lieder interpretieren, aber auch mein Lieder. Traurig und beängstigend ist aber, bin gespannt, wo uns dieser Wind Interpretationsraum. Das
hintragen wird und wie Arne die Lautmaler beeinflussen wird. Man darf gespannt sein!
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wenn einige Jugendliche anscheinend kaum mehr den Klang einer Flöte oder einer akustischen Gitarre kennen. Bei einer Veranstaltung in Berlin habe ich selbst die Erfahrung gesammelt, wie junge Menschen bei einer Live-Darbietung mit akustischen Instrumenten ins Staunen geraten sind, teilweise aber auch sehr ablehnend reagiert haben. Solang Digitalisierung der Musik die akustische Instrumentierung nicht vollständig ablöst, finde ich diese eine Bereicherung für die Musikwelt. Doch beispielsweise den Trend in der Popmusik, selbst die menschliche Stimme permanent zu vertechnisieren, finde ich abscheulich. Zum Schluss unsere liebgewonnene Abschlussfrage: Was sind die schönsten und schrägsten Dinge, die Dir bisher in Deinem Musikerleben passiert sind? Die schrägsten Geschichten in meinem Musikerleben ranken sich um das eaterstück “Was ihr wollt” von William Shakespeare, wofür mein Freund Arne Assmann und ich die Musik zum Teil komponiert haben, aber vor allem live zu jeder eateraufführung musizierten. Wir spielten Freilufttheater im verregneten Sommer 2011. Soweit ich mich zurückerinnere, gab es lediglich drei
Aufführungen von über 25 bei denen es nicht geregnet hat. Am Ende dieser Inszenierung singt die Narrenfigur ein Lied mit dem Refrain: “Der Regen regnet jeglichen Tag”. Wir waren nach einiger Zeit doch der Meinung, dass wir dieses verfluchte Wetter, diese Wassermassen mit dem Narrenlied heraufbeschworen haben. Bei einer Aufführung vor der Kulisse des wunderschönen Belvedere in Potsdam regnete es so stark, dass der Projektleiter überlegte, uns Musiker zum Schutz unserer Musikinstrumente aus dem Klofenster spielen zu lassen. Leider wurde die Vorstellung im letzten Moment abgesagt. Ich hätte gern mal von diesem ungewöhnlichen Ort aus Musik gemacht. Das schönste Erlebnis in meinem Musikerleben ist für mich immer wieder das Lied “Wenn Götter weinen” zu spielen. In diesem Lied geht es um das ema Tod, es ist aber gleichzeitig auch meine Hymne an das Leben. Beim schreiben hätte ich nie gedacht, dass dieses Lied den schützenden Raum meiner kreativen Werkstatt jemals verlassen würde. Bei einer Probe habe ich die Melodie still und gedankenverloren vor mich hin gespielt und plötzlich hat Olaf eine scheinbar immer schon dagewesene wunderschöne Melodie dazugeflötet. So wurde der Song, “Wenn Götter weinen”
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geboren, der anscheinend gespielt werden wollte. Die Hürde ist immer wieder groß für mich, auch weil dieses ema mir manchmal selbst Angst macht. Aber die Reaktionen des Publikums auf dieses Lied sind immer wieder grandios. Die Menschen sind offener dafür, als ich es für möglich gehalten habe. Sie sprechen mich nach den Konzerten an, erzählen ihre Geschichten, sie hören zu, sie weinen, sie lachen, sie lassen sich berühren. Das finde ich großartig und genau diese Momente machen mir immer wieder Mut weiterzumachen! Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören der Künstlerin: “Musik ist einer der Schlüssel zu den Gesetzen des Universums.” (Marion Zimmer Bradley. Die Nebel von Avalon)
Axel Meßinger Pics: Andrea Endrulat visit: www.lautmaler-musik.de
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An dem was war vorbei… Über Nadine Maria Schmidt brauchen wir sicherlich keine einleitenden Worte mehr zu verlieren. Immerhin hatten wir sie und ihre Band nun schon zweimal in unserem Magazin. Anfang Juni erschien das neue Album „Blaue Kanten“, finanziert durch 6.000,- €, welche mit einem einjährigen Crowdfundingprojekt gesammelt wurden. Grund genug also mal wieder einen kleinen Plausch mit der 32 jährigen Singer/Songwriterin aus Leipzig zu führen.
Hallo, Nadine! Willkommen zurück bei uns im „Dark Feather“ Magazin. Seit unserem letzten Interview vor einem Jahr, hat sich verdammt viel getan: ein neues Album, eine Bandumbenennung und ein neues Bandmitglied. Als erstes mag ich fragen: wie geht es Dir jetzt gerade, nach diesem sehr ereignisreichen Jahr? Ich fühl mich sehr erleichtert und zufrieden. Nebenbei hab ich ja auch noch eine Magisterarbeit geschrieben, so dass ich ab und an kurz davor war, umzufallen. Jetzt ist es so wunderbar, die zwei Babies fertig zu sehen. Das neue Album von Euch heißt „Blaue Kanten“. Im Gegensatz zum Vorgänger, sind die Texte komplett auf Deutsch gehalten. Was waren die Beweggründe, die Songs auf Deutsch aufzunehmen?
meinen Teil im Englischen nicht so gut oder nur so halbgewagt. Wo liegen für Dich persönlich die Unterschiede im Songwriting bzw. bei der Herangehensweise bei englischen und deutschen Texten? Das ist nun wiederum die gleiche Herangehensweise. Ein Song schreibt sich von allein. Wenn er raus will, bahnt er sich seinen Weg. Ich denke nicht viel nach beim Songschreiben. Ich mach einfach. Nur dass Englisch definitiv leichter zu singen ist. Es ist eine melodiösere Sprache mit mehr Vokalen. Das Deutsche ist eine Taktsprache und lässt sich so weniger zerkauen und verziehen. Ich spreche oft mehr als dass ich singe, so ist jedenfalls mein Gefühl. Mit dem neuen Material kam auch ein neues Bandmitglied, der Schlagzeuger Karl Blütchen, in die Band. Und zudem macht auf mich das neue Album den starken Eindruck, dass Ihr als Band harmonischer zusammenspielt. Oh, das freut mich, dass Du das so siehst. Wir sind als Band mittlerweile auch sehr zusammengewachsen. Wir sind wie eine kleine Familie geworden und ich bin soooooooo froh, diese wunderbaren Jungs in der Band zu wissen: menschlich wie musikalisch sind sie mein persönlicher Glücksfall. Danke Chris, Till und Karl. Ihr seid die Besten!
Im letzten Interview haben wir über Farben gesprochen. Da wurde auch schon angerissen, dass das neue Material wärmer würde. Das kann ich Ich hatte mit nicht vorgenommen, auf nach Hören des Albums bestätigen. Auf Deutsch zu schreiben. Das passierte einfach mich wirkt die ganze Instrumentierung so, unbewusst. Es kam einfach so raus. Im viel weicher als beim Vorgänger. Auch Nachhinein finde ich aber, dass die die Melodien sind abwechslungsreicher. Muttersprache mir mehr Möglichkeiten Zudem sind die Texte gefühlvoller und gibt, mich auszudrücken, präziser zu voller persönlicher Erlebnisse. Und formulieren oder auch mit obwohl viele schwere emen wie Mehrdeutigkeiten zu spielen. Das ging für 57
beispielsweise Einsamkeit, Krankheit oder Alkoholismus thematisiert werden, herrscht albumübergreifend auch ein Gefühl der Hoffnung – dass es immer weiter geht. Mir gefällt das sehr gut, spendet diese Hoffnung auch Kraft und verhindert auch, dass man beim Hören nicht runtergerissen wird. Auch das freut mich sehr sehr, lieber Axel. Ich persönlich hab mich im Songwriting jetzt auch mehr gefunden. Ich versteck mich weniger und möchte alles besingen, was mich berührt. Die Musik ist nicht cool oder hipp. Genauso wenig wie ich. Die einzige wirkliche Absicht ist, zu berühren. Und wenn das geschieht, gibt’s nichts Schöneres. Dass die Instrumentierung weicher klingt, hat denk ich auch mit dem Zusammenwachsen der Band zu tun. Bei dem letzten Album waren wir als Band gerade mal drei Monate zusammen. Aus heutiger Sicht völlig verrückt, nach so kurzer Zeit ein Album aufzunehmen. Haha, aber wurscht. Alles Momentaufnahmen. Umso schöner nun Deine Meinung darüber zu hören. Danke Dir!
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Das Album wurde allein durch Crowdfunding finanziert. Ein Jahr warst Du unterwegs, hast Sponsoren gesucht. Zudem konnten sich Eure Fans als „Beste Fans der Welt“ finanziell beteiligen. Insgesamt haben über 130 Menschen dazu beigetragen, dass die 6.000,- € Produktionskosten bezahlt werden konnten. Das haut mich immer noch um, dass Euch das als kleine, eher unbekannte Band so gelungen ist. Ist Crowdfunding Deiner Ansicht nach ein ernstzunehmendes Modell für die Zukunft, für die Musikszene?
emotionale Unterstützung der Menschen. Das Schönste ist die Erfahrung: alle zusammen können wir etwas bewegen. Ich bin heute immer noch baff, dass wir so viel Hilfe bekamen. Unsere Fans sind einfach der Hammer! An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an unsere lieben SponsorInnen & Beste Fans der Welt, die alle unter www.fraumitgitarre.de einzusehen sind. Mittlerweile wird ja so viel durch Crowdfunding produziert: Videospiele, eateraufführungen, Filme, Musikalben, usw. Ich habe ein wenig die
angenommen werden. Und ich weiß nicht, ob das Endprodukt immer so die große Rolle spielt. Ich denke, die soziale Komponente bei solchen Aktionen ist viel ausschlaggebender, auch für mich. Ich bekam von ein paar Fans Mails als der Teaser online gestellt wurde oder auch damals als wir mit 70 Statisten ein Video gedreht hatten, dass sie Pippi in den Augen hatten als sie den Clip sahen und sich einfach freuten, ein Teil davon zu sein. Und das ist es am Ende was zählt, meiner Meinung nach jedenfalls. Als Musikerin, welche sehr auf Emotionen setzt, polarisiert man natürlich auch ein wenig. Lange nicht jeder Hörer kann sich auf emotionale Texte einlassen. Wie gehst Du als Musikerin und Songschreiberin persönlich mit solchen Erfahrungen um? Am Anfang hat mir das manchmal sehr weh getan. Heute ist das aber nicht mehr schlimm. Das lernt man einfach mit der Zeit. Es wird immer Menschen geben, die die Musik lieben und es wird immer Menschen geben, die mit der Musik nichts anfangen können. Und das ist auch gut so.
Am Anfang habe ich ja gesagt, dass bei Euch sehr viel passiert ist. Da ist nicht nur das neue Album, sondern ihr wurdet auch bekannter. Ihr habt auf dem "Classic Open" in Leipzig gespielt, Eure Songs werden in lokalen Radiostationen gespielt und Ihr gebt auch vergleichsweise viele Konzerte. Das alles Ja, ich denke schon. Aber die Sorge, dass dieser „Hype“ irgendwann kommt natürlich nicht von alleine, platzt. Zum einen ist es natürlich klasse, sondern da steckt ‘ne ganze Menge Arbeit Grundvoraussetzung dafür ist dass es doch so viele Menschen gibt, Kontaktfreudigkeit und Offenheit hinter, wenn man das alles in Eigenregie denen Kunst immer noch finanziell etwas managet. Kannst Du da einen Einblick gegenüber den Menschen und die wert ist. Aber koppelt man da nicht auch geben? Fähigkeit, immer wieder den Popo eine persönliche Erwartungshaltung an hochzukriegen: man muss schon hinterher das Endprodukt? Was passiert, wenn Puh, wo fang ich da an? Es ist halt ein 40 sein und vor allem auch Verantwortung einem das Endprodukt gar nicht gefällt? Stunden-und-Darüberhinaus-Job. Und übernehmen, wie z.B. die Helfer und Ich denke, dass könnte durchaus dazu davon sitz ich 90% am Rechner und nicht Helferinnen auf dem Laufenden zu halten führen, dass dieser Hype in naher an meiner Gitarre oder bring im und ihnen mehr Einblicke zu gewähren als Zukunft auch einen Dämpfer erhält. Proberaum zu. Glaubt immer gar keiner, anderen. Ich hatte dabei manchmal auch der damit nichts zu tun hat. Der Musiker Mein gewagtes Halbwissen sagt mir, dass es von heute kann nicht nur Musiker sein und ganz schönen Druck, weil ich auch in den Staaten wohl schon seit einigen das tun, was er wirklich kann. Sein und niemanden enttäuschen wollte. Aber das ist Jahren hervorragend funktioniert und auch damit auch mein Hauptarbeitsort ist der vielleicht auch meine persönliche Macke. kein Abriss zu erkennen ist. Aber ich wage Computer mit facebook, myspace und Co. Dieses Projekt war aber wirklich jede Zeit mich hier wirklich sehr weit aus meinem Man muss nicht nur seinen Musiker und Kraft wert. Es war mehr als ein Fensterchen. Hier in Deutschland müssen stehen, sondern überwiegend auch seinen Crowdfunding-Projekt. Wir konnten uns sich die Menschen erst an solche Angebote Marktwirtschaftler, Booker, Layouter, PRgewöhnen. Ich habe aber die Erfahrung nicht nur das Album leisten, sondern das Journalist, Manager, Webdesigner, gemacht, dass solche Projekte eher gern ganz besondere dabei war auch die Programmierer, Web/Print/Radio58
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Promoter, Arrangeur, Produzent, und natürlich nicht zu vergessen: seinen Geldranschaffer. Zwischendurch schreibt man dann Magisterarbeiten und Abschlussprüfungen, verdient sich in Nebenjobs und macht eine Tour, die viel mehr Zeit und Geld beim Booken und vorbereiten kostet als die eigentliche Tour dann dauert. Aber das soll hier nicht wie Jammern klingen! Nein! Ich liebe diesen Job! Ich kann mir nichts Besseres vorstellen! Es ist genau das, was ich machen möchte! Zuhörer und treue Fans geben einem das, was man mit Geld nicht kaufen kann. Diese Ausführungen waren nur für die gedacht, die sagen: Musik sei ein Hobby. Musik im Selbstmanagement ist ein FullTime-Job. Was war eigentlich der Grund für die Namensänderung der Band von „Nylonsaiten und Saitensstrümpfe“ hin zu „Frühmorgens am Meer“?
ja eh eher ein Produkt meiner Anfänge. Da dachte ich doch im Leben nicht, dass ich jemals auf ner Bühne stehen würde, geschweige denn da noch ne Band draus wird. In den letzten Wochen und Monaten ist im Internet eine große Debatte über das Urheberrecht entbrannt. Die GEMA ändert ihr Preismodell zum Jahr 2013, die "Piraten" feiern gerade einen Wahlerfolg nach dem anderen, in sämtlichen Foren und sozialen Netzwerken wird darüber diskutiert, was einem Künstler zustehen sollte. Bei all den Diskussionen habe ich aber das Gefühl, dass jeder über Künstler spricht, aber die wenigsten MIT Künstlern darüber sprechen. Wie seht Ihr als Band diese ganzen Debatten zum Urheberrecht?
Keiner würde zu einem Tischler gehen und sagen: Ich will den Tisch, aber kostenlos. Wir wurden öfter gefragt, ob wir erotische Wenn, müsste einfach alles frei sein, dann Musik machen und auf Sexwebs waren wir hätten wir das Problem, welches gerade tatsächlich auch verlinkt. Zudem hat der debattiert wird, gar nicht mehr. Mir wäre Name nicht viel über die Musik ausgesagt. das die liebste Variante. Mehr will ich da Wir hatten den Namen einfach satt. Er war nicht mehr dazu sagen.
Nach der Veröffentlichung ist es sicher noch ein wenig früh zu fragen, aber ich tu es mal trotzdem: was sind Eure näheren Zukunftspläne? Eine Bandtour im September, ein Musikvideo zu „Das Leben ist schön“ und einfach weitermachen und offen bleiben für das was kommt oder nicht kommt. Da sind wir auch schon wieder am Ende des Interviews. Zum 3. Mal durften wir Dich schon begrüßen und ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Mal war. ;-) Auf jeden Fall bedanke ich mich ganz herzlich für die Antworten und überlasse das letzte Wort Dir, Nadine. Hab Dank, Axel und ein letztes Wort? Lieber Mensch, das Leben ist wunderschön, Du musst Dich nur drauf einlassen und die Dinge tun, die Du liebst. Axel Meßinger
visit: www.fraumitgitarre.de
Nadine Maria Schmidt & Frühmorgens am Meer „Blaue Kanten“ (lala Schallplatten, Juni 2012) Da liegt es nun nach langer Zeit vor mir: das neue Album von Nadine und ihrer Band. Und ich muss ganz ehrlich sagen: ich musste schlucken, als ich dieses Album zum ersten Mal gehört habe. Aber immer der Reihe nach. Wie schon im Interview erwähnt, sind die Texte auf „Blaue Kanten“ durchgängig in deutscher Sprache gehalten. Schon allein daher klingen die Songs zwangsweise anders als beim Vorgänger „Somewhere in Between“. Aber auch der Sound hat sich sehr verändert. Dominierten im Erstling vor allem traditionelle Folkelemente, so präsentiert sich das neue Album vielschichtiger. So kommen während der 74 Minuten Spielzeit Genres wie Funk, Rhythm & Blues, Rock und durchaus auch Popelemente zum Vorschein. Die Folkelemente schweben immer mal wieder mit, bestimmen aber nicht mehr das Klangbild. Und auch wenn ich jetzt versucht habe, Genres zu nennen, muss man aber festhalten, dass sich das Album nirgendwo so richtig eingliedern lassen will. Textlich hat sich der Wechsel zur deutschen Sprache eindeutig bezahlt gemacht. Die Emotionen kommen so viel besser zu Geltung. Auch habe ich das Gefühl, dass Nadine beim Songwriting mehr Aufarbeitung von Erlebnissen betrieben hat. Es gibt Texte über Demenzerkrankung („Wenn sie geht“) Alkoholismus („Olaf“), Einsamkeit („Janecks Schloss“). Allgemein sind sehr viele Texte sehr melancholisch und nachdenklich. Es sind Texte, die man eben nicht einfach mal so nebenbei hören kann, um sie zu verstehen – sondern sie erfordern die direkte Auseinandersetzung mit den Inhalten. Nadine schreibt keine Party- oder Alltagstexte, dessen muss man sich bewusst sein, wenn man sich auf diese Musik einlassen möchte. Und trotz Melancholie, sind die Texte aber auch frei von Kitsch und Klischees, vielmehr sind sie so geschrieben,
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dass sich jeder damit identifizieren kann. Und dies ist eine Eigenschaft, die ich heutzutage sehr oft in der Musik vermisse. Nichtsdestotrotz gibt es aber auch fröhlichere Songs wie „Von Sonne, Mond und Bären“ (ein wirklich süßer Song, den Nadine für ihren Freund und Bandkollegen Chris geschrieben hat) oder der schon bekannte „Monstersong“. Für diesen Song wurde ein Monsterchor aus ca. 40 Fans gebildet, welche hier die Gelegenheit hatten, mitzusingen. Sehr schöne Geste, wie ich finde. Naturgemäß steht natürlich immer die Singer/Songwriterin im Mittelpunkt der Berichterstattung. Daher möchte ich an dieser Stelle einmal auf die tollen Musiker, Chris Turrak am Bass, Till Kratschmer am Klavier und der Melodika sowie Karl Blütchen am Schlagzeug, eingehen. Vor allem Tills Spiel am Klavier hat mich umgehauen! Er spielt sehr gefühlvoll und sauber, dass es ein Genuss ist, zuzuhören. Chris‘ Spiel am Bass gefällt mir bei den funkigen Songs richtig gut. Normalerweise ist dieses Instrument ja immer im Hintergrund, hier wurde der Bass bewusst in den Vordergrund gestellt und man merkt erst einmal, was für eine Klangvielfalt dieses Instrument so bietet. Schade, dass sonst so wenig mit dem Bass gemacht wird. Nicht unerwähnt darf der Berliner Gastmusiker Moritz Brümmer bleiben, dessen Cellospiel den drei Songs „Wenn Sie geht“, „An Dir vorbei“ und „Unausgesprochen“ eine musikalisch-emotionale Tiefe verleiht. Also im Großen und Ganzen merkt man hier ganz eindeutig, dass Musiker am Werk sind, die nicht nur viele Jahre Erfahrung haben, sondern ihre Instrumente auch lieben. Alle spielen sie sehr gefühlvoll und genau das gibt der Aufnahme auch diese Wärme auf musikalischer Ebene. Kommen wir zurück zu Nadine. Sie hat sich nicht nur im Songwriting weiterentwickelt, sondern auch im Gesang. Weiterhin flüstert sie, schreit aber auch mal. Ihre Stimme ist manchmal verletzlich, manchmal trotzig, manchmal fröhlich und manchmal nachdenklich. Doch immer strahlt ihre Gesangsstimme eine Vertrautheit aus. Natürlich ist Nadine keine professionell ausgebildete Sängerin, aber das muss sie meiner Ansicht nach auch nicht sein. Denn sie hat ihren ganz eigenen Charme. Wenn ich sage, sie hat sich weiterentwickelt, dann meine ich vor allem das Selbstbewusstsein in ihrem Gesang. Für mich wirkt der Gesang gereifter und kraftvoller als noch im Vorgänger. Leider muss man aber auch sagen, dass sie auf dem Album nie die Kraft raus lässt, als wenn sie live spielt. Live geht Nadine gesangstechnisch häufig mehr aus sich heraus. Ein Beispiel wäre der Song „Bitte lob mich“, indem sie ihre Kindheit verarbeitet. Live singt sie den Text mit sehr viel Inbrunst, als ob sie das alte Korsett endgültig von sich wirft. Auf dem Album dagegen wirkt der Gesang auf mich ein wenig ruhiger und, ich sage mal, „gehemmter“. Das ist aber mein persönliches Empfinden und andere könnten und werden dies sicherlich anders sehen. Im Großen und Ganzen ist “Blaue Kanten“ ein Album, für das man sich viel Zeit nehmen muss. Viele Songs zünden erst nach mehrmaligem Hören, bleiben dann aber umso stärker hängen. Für mich war das Album zu Anfang definitiv gewöhnungsbedürftig, da mich die Komplexität in den Songs ein wenig überfordert hat. Aber hat man sich reingehört, so erscheint die Zusammenstellung absolut logisch. Einen Kritikpunkt muss ich dennoch los werden: Ich würde mir für das nächste Album 1-2 Songs wünschen, die Nadine allein mit ihrer Gitarre vorträgt. Auf ihren Solokonzerten wirkt Nadines Musik auf mich ein Stück intimer und das Klangbild ist logischerweise auch ein ganz anderes. Dieses freiere, improvisierte Spiel mit ihrer Gitarre vermisse ich ein wenig auf „Blaue Kanten“. Ansonsten bleibt noch zu sagen: wenn Ihr Musik sucht, die man sich gemütlich bei einem Glas Wein oder in einer lauen Sommernacht anhören kann, dann seid Ihr hier genau richtig. Hört aber erst rein, denn ich kann mir vorstellen, dass solche emotionale Musik nicht jedermanns Geschmack sein wird.
Axel Meßinger
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Szenestory:
schwarzePresse.de
Mit Kamera und Leidenschaft auf Szenetour Es ist immer wieder schön zu sehen, wie viele alternative Plattformen und Projekte es gibt, die ähnlich unserem Dark Feather noch weitestgehend idealistisch arbeiten, ohne markttechnische Gängeleien und damit die Fahne des Undergrounds in seinem ursprünglichen Sinne hochhalten. Das Portal schwarzePresse.de ist so eines und wurde einst in Leipzig gegründet. Seitdem ist viel passiert und das Team stetig gewachsen. Über Erlebnisse, Schwerpunkte und Entwicklungen berichten uns Jens, Frank, Andreas und Susi. Jens, Du hast vor vielen Jahren das Portal schwarzePresse.de ins Leben gerufen. Was war damals Deine Intention, dieses doch gewaltige Projekt zu gründen, wann genau und wie fing das alles mal an? Jens: Ich hab in der Sixtina immer PartyFotos gemacht; hinzu kam damals noch die Gothic Pogo Party, welche wir auf eine einfache Online-Galerie gestellt haben. Es gab zwar damals Projekt Earth, aber es gab niemanden in Leipzig, der auch die kleinen Partys und Konzerte fotografieren wollte. Ich fand, dass das noch fehlte, denn auch die Leute der alternativen Szene wollen sehen was wo los war. Bis dahin gab`s das nur auf Port01 und Co.
unterwegs. Ein Teil der Teammitglieder nimmt auch schon mal eine längere Anund Abfahrt in Kauf, um für die SP zu berichten oder zu fotografieren. Susi: Gerade im Sommer, zur Festivalsaison, fallen teilweise extrem weite Wege an. Köln, Hildesheim, Nürnberg, Gelsenkirchen ... Musikalisch schaut Ihr ebenso wie das Dark Feather weit über den Tellerrand. Von (Post)Punk über New Wave und Gothic bis hin zu Metal, bietet Ihr hinreichend Unterhaltungswert. Wo liegen Eure Schwerpunkte und war das schon immer so? Frank: Schwerpunkt ist und bleibt die alternative Szene. Es geht um die Unterstützung von Veranstaltern, Musikern und vor allem Fans, die nicht mit riesigen Plakaten werben und Musik spielen, die von Leidenschaft und individuellem Stil geprägt ist. Andreas: Besonders die kleineren Veranstalter und die Newcomer-Bands liegen der SP am Herzen. Genau die freuen sich auch immer wieder über die Anwesenheit von Teammitgliedern der SP und sind dankbar für Beiträge und Fotos, da sie sonst kaum weiter Beachtung finden.
Susi: Musikalisch gesehen denke ich nicht, dass es wirklich einen Schwerpunkt innerhalb der schwarzen Presse, sondern viel mehr bei jedem einzelnen Teammitglied gibt. Jeder hat seine ganz Im Laufe der Jahre hat sich da ein großes persönlichen Favoriten, genau deswegen Team drum herum gebildet. Wieviel haben wir ja die Möglichkeit, über so ein Leute sind eigentlich aktuell in der breites musikalisches Spektrum zu schwarzen Presse involviert und wie weit berichten. ist, mal abgesehen vom unendlichen www, Euer Einzugsbereich, wo seid Ihr Interviews findet man auf Eurer Seite überall vor Ort präsent? genauso wie vor allem Vorankündigungen und Frank: Präsent sind wir vor allem im Veranstaltungsberichte, das Ganze Umkreis von Leipzig. Ein Teil des Teams garniert mit Fotostrecken. Auch arbeitet in Halle, aber auch Berlin. Rezensionen konnte man in der Andreas: Weiterhin kommt ein Vergangenheit auf Eurer Seite finden. Teammitglied aus Mönchengladbach und Wie siehst Du selbst die schwarze Presse, ist im dortigen Umkreis für die SP 61
als alternatives Zine oder eher als alternative Event-Seite? Jens: Ich denke, es entwickelt sich gerade, dank der Erneuerung und stärkeren redaktionellen Seite, zu einer Art Zine oder einer Mischung aus beidem? Keine Ahnung, mal schauen, was die Zukunft bringt und vor allem kommt es darauf an, was das Team daraus macht. Frank: Da wir alle mit Leidenschaft und aus Interesse dabei sind, entwickeln wir uns weiter. Es gibt ja auch Herausforderungen, aus Fotografensicht, die man nur auf Konzerten und Parties erleben kann. Mein persönlicher Anspruch an die Bilder ist, jemanden, der nicht bei der Party oder auf dem Konzert war, durch meine Bilder das Gefühl zu geben, sie waren dabei. Andreas: Als Fotograf kann ich Frank da erst einmal nur zustimmen und insbesondere bei so mancher lichttechnischen Hürde steht doch immer das Bestreben im Vordergrund, die Atmosphäre der Veranstaltung mit den Fotos rüberzubringen und nicht platt zu blitzen. Als Teammitglied denke ich, wir sind momentan eine Mischung aus Zine und Eventseite, was durchaus auch etwas Alternatives darstellt und keine generelle Ausrichtung auf nur Zine oder nur EventSeite, die Mischung macht`s und wird auch angenommen. Ich denke auch, dass an dieser Stelle eine klare Trennung generell schwierig ist. Wo fängt Zine an, wo hört Eventseite auf? Vermutlich sind wir eine gesunde Mischung aus Beidem. „Aus der Szene – für die Szene” heißt Euer Motto. Nun ist das ja gerade in der schwarzen Szene ein ziemlich dehnbarer Begriff geworden. Wie weit geht Ihr da, oder besser gefragt, wo zieht Ihr die Grenzen, was ist noch Szeneunderground und alternativ, was bereits Mainstream? Jens: Nun, wenn ich ehrlich bin, ist ein großer Teil der Szene sehr Mainstream. Was nicht unbedingt als negativ zu werten ist. Künstler müssen auch von etwas leben und warum nicht von der Musik, die sie gern
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machen. Also, man muss auch sagen, dass die schwarzePresse.de zum Großteil eine Mainstream-Seite ist. Viele der Bands, die wir ablichten und über die wir berichten, haben mittlerweile internationalen Erfolg. Mir persönlich sagen jedoch eher die kleinen Bands zu. Gerade die Villa Leipzig fördert junge Bands und wir unterstützen die Bands gerne mit Fotos und Berichten auf unserem Portal. Mich zieht es ja eh mehr in die New Wave/Minimal-Ecke. Dort fühle ich noch eher den Geist der frühen Gothic-Kultur mit Bands, die zum Großteil mit Instrumenten fernab von Notebook und teuren digitalen Synthies auf der Bühne arbeiten – analog halt.
sich auch als Gremium zusammenfassen und alle Entscheidung nach Absprache regeln. Ich habe mich seit Anfang Juni erst mal etwas aus dem Projekt genommen, somit muss das Team als Einheit Entscheidungen treffen. Dazu gibt es auch ein kleines Forum in dem Vorschläge, Probleme oder auch Kritik im Team besprochen werden können. Das Team hat sich der neuen Aufgaben auch gern und gut angenommen. Alle Entscheidungen zur sP können gleichberechtigt getroffen werden und das sollten sie auch. Desweiteren gibt es noch einen internen Kalender, dort werden alle Events zusammengefasst und jeder im Team kann sich dort einbuchen.
Schräge? Keine Ahnung...Andreas? Frank ?, ja Frank kommt aus Halle das ist schräg :)
Bei einem so großen Team, wie koordiniert man da noch die Abläufe? Ich kann mir vorstellen, dass man da einen enormen Organisationsaufwand zu verzeichnen hat?
Plaudert doch mal aus dem Nähkästchen: was waren die bisher positivsten, schrägsten und was die schlechtesten Erfahrungen, die Dir/Euch mit der sP widerfahren sind?
Jens: Durch das stetige Wachstum, mussten wir erst vor Kurzem etwas umstrukturieren, da der Arbeitsaufwand für Einzelne viel zu groß wurde. Im letzten Jahr holte ich Marlen ins Boot, die das Portal grundlegend aufgeräumt hat und viele neue Ideen dazu brachte; sie ist mittlerweile die Chefredakteurin der sP und koordiniert das gesamte Team. Dazu kommen noch zwei Foto- und ein redaktioneller Teamleiter, die
Jens: Positiv ist auf jeden Fall immer das Verhältnis der Musiker zu Fotografen. Viele Bands sind sehr kontaktfreudig und Ich bedanke mich für dieses Interview! dankbar über unsere Arbeit. Viele von uns haben mittlerweile auch persönlichen Danke dem Dark Feather, dass wir uns Kontakt aufbauen können. Man kennt sich äußern durften, auch euch noch viel Erfolg! und wenn größere Musiker wissen, wer du bist und was die sP ist, dann ist das schon Holger Warschkow ein sehr gutes Gefühl für die Fotografen und Redakteure. visit: www.schwarzepresse.de
Frank: Ich bin Hallenser, Nobody is perfect, aber für die sP mache ich auch längere Touren, um Events oder Bands fotografisch zu begleiten.
Andreas: Schräg fand ich mal ein Konzert mit drei tollen Bands, aber so gut wie keinen Zuschauern. Die Bands haben aber nicht eingepackt, sondern ihre Auftritte durchgezogen und es selber als Proberaumatmosphäre bezeichnet. Vorteil für mich als Fotografen, ich hatte mehr als genug Bewegungsfreiheit und drei zufriedene Bands, die mit neuen Fotos versorgt waren. Susi: Mainstream und Underground sind Jens, was möchtest Du mit der schwarzen Schön ist es auch immer wieder, wenn man Presse für die Zukunft die eine oder andere Band bei einem noch erreichen? Oder Konzert wieder trifft und hört, dass sie sich gibt es da gar noch schon auf die Bilder freuen. andere Pläne, die Du Unter die Kategorie schlecht fällt vielleicht, gern nochmal dass es auch schon mal passieren kann, dass verwirklichen die Technik etwas leidet, weil sich nun mal möchtest? Fototechnik und Getränke nicht vertragen. Die sP entwickelt sich Ich habe durch die Arbeit für die schwarze mittlerweile rasant. Wir Presse unglaublich viele, tolle Menschen haben in den letzten kennenlernen dürfen. Das ist für mich eine sieben Monaten unsere der positivsten Erfahrungen überhaupt. Besucherzahlen Wenn sich Fans und Bands, egal welcher versechsfacht und liegen Größe, über die Bilder freuen, geht das derzeit bei 4000 bis 6000 natürlich auch runter wie Öl. Besuchern pro Woche, Schräg war unter anderem ein Typ, der das ist für ein solch mich anbrüllt, weil ich ihm (mit meinen kleines Portal eine ganze 1,63m) die Sicht versperren würde, aber Menge. Ich denke, dass keine 10 Sekunden später fragt, ob ich ein sich das, dank des Teams, Foto von ihm und seiner Freundin mache. doch völlig vom persönlichen Empfinden sogar noch etwas steigern kann. Ja, aber gern. abhängig. Jeder bringt sich ja mit Berichten Ich selbst arbeite gerade etwas an meinen Jens: Schlechtes gibt es auch immer wieder, über die Bands ein, die er mag, egal ob es eigenen Projekten. Unter anderem an einer aber das gehört dazu. Gerade, wenn andere jetzt die kleine Garagenband aus der Dokumentation mit der Fotografie im New Personen öffentlich in Netz die Arbeit eines Nachbarschaft oder die Szenegröße ist. Wave /Minimal Bereich. gesamten Teams anprangern und sich
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Tatsachen aus der Nase ziehen. Es gab auch in der Vergangenheit im Team mal Zoff, aber darüber wurde dann offen im Team gesprochen. Ich habe damals auch das Team viel zu wenig in Entscheidungen einbezogen, aber wie ich schon erklärte, entscheiden nun alle mit.
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Ein Zimmer im Haus des Ego Welch ein Chaos - unaufgeräumt blicke ich verträumt in die wüste Runde Die Uhr hängt schräg zur Stunde und die Fenster halb verhängt Kein Gedanke sich aufdrängt, der schmückt die Zukunft klar nur das, was einmal war bleibt unberührt, leicht angestaubt jedoch der Sinne nicht beraubt in den Regalen liegen gelassen und gediegen Dieses Chaos, dieses Labyrinth Ich blicke in den Raum, wo sind die, die dies verwalten und die, die es erhalten Wo ist der Wächter in dem Hier Wo ist der Pförtner, der schließt die Tür und all die vielen Hände die einst schufen diese Wände Sie scheinen abgereist längst weg Als dienten sie nicht diesem Zweck Gepackt, gegangen und fortgeblieben ließen sie die Unruh liegen Dieses Chaos bleibt kein Traum Ich setze mich in diesem Raum und lass die Blicke wandern von einem Teil zum andern An der Tür, die noch geöffnet steht, entdecke ich das Zimmerschild Sechs Zeichen geformt zum Wort beschreiben diesen Ort an dem es drunter, drüber geht durchs Fenster forsch der Wind ein weht Mein Blick entdeckt gar viel... und weilt in dir: Gefühl
Holger Warschkow
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wie Ihr Stimmungen erzeugt, vor allem durch Pales Gesang, sehr an den amerikanischen Gothic-Rock der 80er und 90er. War dies eine bewusste Entscheidung? Pale: Es war eine Art Fluss! Wir fingen an zu komponieren und es kam genau das dabei heraus, was letztendlich dabei heraus kam. Wir haben einfach musiziert, es war keine bewusste Entscheidung so zu singen. Der Gesangsstil sprudelte einfach heraus aus mir. Vielleicht höre ich einfach zu viel Goth-Rock und Wave, wer weiß wie ich singen würde, wenn ich andere Musik hören würde. :-) Euer Bandname PaPerCuts ist quasi ein Wortspiel aus „paper cuts“ und „pay per cuts“. Es symbolisiert die Verletzungen und daraus entstehenden Narben, die man so im Leben erfährt. Auch Eure Texte beschäftigen sich mit diesen emen. Wie viel eigene Verarbeitung und wie viel Fantasie stecken in Euren Texten? Pale: 15 Songs haben wir mittlerweile geschrieben, davon sind genau 3 fiktiven Charakters.
Wandel der Zeit Das Krefelder Duo PaPerCuts war schon einmal in Ausgabe 6 bei uns im Interview. Seitdem ist freilich viel Zeit vergangen. Mit afmusic wurde das Label gewechselt und musikalisch steht das Duo Nihil und Pale vor einer Veränderung. Welche Veränderungen das genau sind und was die beiden derzeit sonst noch so umtreibt, lest Ihr im folgenden Interview. Hallo Nihil, hallo Pale. Herzlich Willkommen zurück bei uns im Dark Feather Magazin. Seit 2006 seid Ihr als
Eure neue Single "Disbelief" erschien dieser Tage. Und nach den EPs der letzten Jahre – wann wird es das erste volle Album von Euch geben? Nihil: Die Single haben wir ganz bewusst PaPerCuts musikalisch aktiv. Mit welcher zwischen unseren ganzen Auftritten und Intention kam es eigentlich zur Proben Ende des letzten Jahres angefangen. Gründung? Nur zwei neue Songs zu schreiben und Pale: Damals habe ich nach Leuten aufzunehmen, war einfacher und ging gesucht, mit denen ich Musik machen schneller von der Hand als ein ganzes kann. Album. Meine Cousine stellte mir Nihil vor und Ein erstes, ganzes Album steht, wenn wir schon lag die Sache in trockenen Tüchern! ehrlich sind, schon seit langer Zeit an. Wir Die Band PaPerCuts war geboren. Die haben an die 20 neue Songideen, aber das Intention war eine ganz einfache: Wir wiederrum möchten wir mit neuen wollten Musik Bandmitgliedern und einer richtigen machen, Ideen, die schon so lange auf sich professionellen Produktion angehen. Wir warten lassen, umsetzen, uns ausdrücken... werden uns dazu komplett von unserem bisherigen Stil verabschieden und ganz neu Stilistisch kann man Eure Musik ins Gothic-Rock-Genre einordnen. Was mir durchstarten. beim Hören auffiel ist, dass der Sound Wie am Anfang erwähnt, habt Ihr in den ziemlich, ich sage mal, „oldschool“ letzten Monaten sehr viele Konzerte daherkommt. Auch erinnert mich die Art 64
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gegeben. Was waren Eure Erfahrungen. Gibt es witzige oder skurrile Anekdoten? Pale: Ich denke, die Gigs in den Clubs wie Pulp oder Cage Club waren schon sehr cool. Das Unlicht in Düsseldorf ist auch ein sehr herzlicher Ort für Musiker und Publikum.
vorbeiging und zu Ihrem Bekannten sagte: „ere's this weird woman with a weird voice...!“ Tja, ich weiß nicht ob Sie Engländerin oder vielleicht doch Amerikanerin war, aber das war dann wohl eine Person, die unsere Musik ziemlich scheiße gefunden hat... ;-) Nihil: Wenn ich ehrlich bin, habe ich aus meinen Roots noch nie ein Geheimnis gemacht. Ich stehe seit meinen ersten Gitarrengriffen auf US-Rock. Die Deutsche Szene war schon immer traditioneller was Gothic angeht. Da habe ich selten ein Ohr für.
allgemein sehr „kapitalistischen“ Diskussionen ein wenig vergessen wird, dass Musik eigentlich Kunst ist, oder? Nihil: Korrekt. Ich persönlich stehe der ganzen traditionellen Verwertung sehr skeptisch gegenüber und das auch ohne ein Pirat zu sein. Ich sehe bei dem ema auch, dass sich die Wahrnehmung durch Wie zufrieden seid Ihr eigentlich mit der das Netz und die Technologie stark Bandentwicklung rückblickend und was verändert hat: Kunst wird quasi habt Ihr Euch für die Zukunft „gesampelt“, per „copy&paste“ benutzt vorgenommen? und dem aufkommenden Pale: Wir haben beide das Gefühl, Konsumverlangen der meisten User ausgeschöpft zu haben, was es können die althergebrachten auszuschöpfen gibt. Wir wollen uns nicht Geschäftsmodelle aus der Zeit ohne ewig wiederholen. Für die Zukunft haben Wie empfindet Ihr allgemein die heutige Internet kaum gerecht werden. Unsere wir ganz bewusst etwas ganz anderes, etwas Gothic-Szene? Kultur hat schon viele größere Wandel neues geplant, den ein oder anderen wird es Pale: Ich bin da ziemlich zwiegespalten. durchgemacht. Zudem behindern sich die sicher überraschen. Auf jeden Fall haben Für mich hat Gothic, neben der Labels und Bands durch GEMA selbst in wir schon einiges erreicht. Lebenseinstellung und der Kleidung, der eigenen Promotion im Netz. Mir Nihil: Insgesamt bin ich sehr stolz, froh ziemlich viel mit der Musik zu tun, doch persönlich fehlen besonders in der und zufrieden. Für die Zukunft: erwartet das meiste, was „neu“ auf „den Markt“ schwarzen Presse die Statements der von uns einen radikalen Wechsel Richtung kommt, finde ich ziemlich kacke. Ich kann bekannten deutschen Musiker. Auch ein Industrial-Rock, der so noisy und crazy damit einfach gar nichts anfangen. Ich liebe Unding, dass bekannte Musiker wie daherkommt wie „Year Zero" von Nine Wave, aber welcher Club hat denn mal eine "Henke" gegen Handyvideos ihrer eigenen Inch Nails! Es wird Zeit, weil wir uns Party, während der NUR Wave gespielt Fans auf Youtube angehen! persönlich so entwickelt haben, dass wir wird? Ohne Depeche Mode, Mittelalter, nicht mehr lange hinter dem bisherigen Stil EBM oder das, was in der Szene Was waren in den letzten 3 Jahren bei und Sound stehen. Unser Motto mit „naiv, „Industrial“ genannt wird? Ich hätte nur zu Euch persönlich die bisher positivsten, labil“ etc. haben wir als Menschen gerne die Anfänge des Goth schrägsten und was die schlechtesten mittlerweile überholt. Die Musik wird mitbekommen, ich glaube, dass ich da Erfahrungen in der Musikwelt ? dementsprechend selbstbewusster klingen. perfekt hingepasst hätte... Pale: Agenturen die ihre Verträge und Ich habe den Anspruch an das neue Album, Nihil: Schwach. Generell ist die Dienstleistungen nicht einhalten. Abzocker dass es nicht weniger als ein Undergroundbei Samplern, die niemals rauskommen. Szene medial und Meilenstein wird. Punkt. wirtschaftlich am Höhepunkt Vielen lieben Dank fürs Interview. Das Na, das klingt aber wirklich mal sehr letzte Wort gehört natürlich Euch! angekommen, was das ganze selbstbewusst. Nun ist Eure bisherige Pale: Danke für euren Support. Schaut ab Spielart des Gothic-Rocks sehr eher abflacht. Die besten neuen Bands und zu auf unserem Youtubekanal vorbei, psychedelisch und, wie schon erwähnt, in finde ich aber wöchentlich auf Facebook. wo wir euch ab nun immer mehr Einblick meinen Augen recht „amerikanisch“. in unsere Band geben werden. Schaut mal nach „Cell“ oder „Viral Wie wird Eure Musik seitens des Nihil: Danke an alle, die uns bisher Millenium“! Außer "Birthday Massacre" Publikums aufgenommen? Leider gibt es hat mich kein neuer großer Act überzeugen unterstützt haben und zu unseren Gigs diese Art der Goth-Rock-Musik hier in kamen. Ebenso allen, die auf unserer neuen können. Deutschland ja nicht mehr so häufig. Single mit ihren eigenen Stimmen vertreten Pale: Das Publikum nimmt unsere Musik In letzter Zeit gab es sehr viele Debatten sind. PaPerCuts wie ihr uns bisher kennt, sehr gut auf, doch einmal haben wir einen im Internet über Urheberrechte, GEMA ist mit dieser Single abgeschlossen. Wir Gig während der Vorbereitung eines suchen jetzt einen Drummer und einen und solche Dinge. Wie verfolgt Ihr als Zombiewalks gespielt und da war dieses Elektro-Nerd mit einem Kaosspad für die Musiker diese ganzen Debatten? Diese Mädchen... Wir machten gerade eine Pause Debatten laufen ja selten ohne Band, um richtig Lärm zu machen! zwischen den Songs und saßen draußen vor Emotionen ab und manchmal habe ich Axel Meßinger dem Club rum, als dieses besagte Mädchen, das Gefühl, dass bei den ganzen das vorher im Publikum saß, an uns Shitstorms, Vorrechnungen und facebook.com/papercutsband 65
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APERION
THE Discovery of the year from Slovenia.
This is an educated group of musicians, who came together to make some kick-ass female fronted metal, with complex experimental elements, but simple enough for us ordinary mortals to understand and enjoy.
NEJC (Drums): I finished lower level music school. I currently don't play with APERION exclusively but also in other bands in different genres of music, from folk to metal. e band, which left the biggest impression on me, is definitely Dream eater.
Hello, APERION!! Can you please introduce yourselves to our readers? And please tell us what the band’s name means?
at’s impressive! Zala: You combine operatic with pop singing, is there a reason not to stick to one style? Did you study singing or opera? And who are your role models as a singer?
ČRT: Hi! ank you for inviting us to this interview. APERION is a female fronted experimental symphonic metal band from Slovenia with a variety of instruments that are not usual for metal bands (flute, cello, viola). We also feature a didgeridoo and this sums up to a really theatrical sound, not to mention our live performance.
ZALA (Vocals): It`s true I combine operatic and pop singing, which are obviously very different from each other or even direct counterparts, and the reason is I love both styles. I have more experience in opera, since I currently study classical singing at the Academy of Music in Slovenia, but I also enjoy experimenting in "harder" singing styles.
e name Aperion is derived from the word “apeiron” which was used by Greek philosopher Anaximander to define the source of all things, something infinite and without limits. We think or hope our My role music and our band are well described with models are this word! Maria Callas, Ana What are your musical influences? And Netrebko what can you tell us about the musical from the experience of your members, past bands classical or other projects? world and Lisa TINKA (Flute): I finished Music Academy Gerrard, and I am now teaching flute to children in Beyonce. a primary music school. I've played in Strange, many different classical ensembles before, huh? but APERION is my first rock band with which I gather experience on big stages. Let’s talk about your ČRT (Guitar/Songwriting): As I grew up most in the 90’s, my first strong influence was of recent course Nirvana and grunge, and then I album “Act went on slowly with Metallica, black metal, Of gothic metal, Nightwish, Apocalyptica, Hybris”, Rammstein, Slipknot, etc. I have been which we playing in various bands for the past 15 are also years. reviewing: Is there a SAMO (Cello): I almost finished Music concept Academy in Ljubljana and worked with behind it? some bands in Slovenia.
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And what does the name mean? MARTIN (Viola): Hybris (Hubris) is the goddess of arrogance, violence and reckless pride. We can either let her dominate our lives or fight against her negativity. erefore the album “Act of Hybris” captures our thoughts about eternal battle between right and wrong. So there actually is a message behind your lyrics. at was going to be my next question. Tell us about your songwritingprocess: What comes first, music or lyrics/lyric idea? ČRT: In the process of making music, first comes the musical or instrumental idea. an we add vocals and classical instruments. When this is finished, the appropriate text is written to the music. Some ideas come out of jamming and some are brought to our rehearsals by band
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members. We always try to bring a message to people with our lyrics. Crt, you just revealed to me that beside your song in Slovenian there are also some songs in your album in a "madeup" language. Looking carefully at the lyrics I guess 'Urma' and 'Ü' are those, am I right? 'Ü' looks and sounds a bit like latin, is there a connection? And what and how do you express in those songs? ‘Ü’ has no deeper meaning other than using the vocals as if they were other instruments, in order to make the sound richer and fuller. As I remember, just following the author's feelings was the key
to writing these two songs. ‘Urma’ is written in Sanskrit, to study ancient languages was important to one of the previous members of the band, in this case Sanskrit. Tell us about the Metal (and also specifically the Female Fronted Metal) scene in Slovenia: Is there enough support? Are there much opportunities to play, record, sell records? SAMO: If we look at the scene in general there isn't enough support anywhere. You can only sell records at concerts or through the Internet. ere are however lots of
opportunities to play. But since Slovenia is not a big country, after a while you have played at almost every festival there is. at's why we are trying our luck abroad as we would like to present our music to broader audiences. ZALA: Female fronted metal seems to be on the rise in Slovenia. I think there's some good potential. Maybe it's Aperion who started the trend and if so we are proud of this fact. ϑ Let's just hope that the crowd and fans pick up on this trend. And not only in Slovenia! Do you have a big fan-base in your homeland? And how do you promote your music? If you do it by yourselves,
could you give newcomer bands some advice on this aspect? DANI: As Samo mentioned Slovenia is relatively small and in a couple of years of playing at Slovenia's festivals you practically play at every one of them. We have done this and our fan-base has grown extensively. Let's hope we can achieve the same result in Germany and elsewhere. Črt: e
best publicity you can have is making good music. Everything else, for example playing live, making videos and featuring in magazines 68
follows. We have put a lot of effort into improving and hopefully we did our job well. Our fans seem to think so. ZALA: A quick word of advice to newcomers is to stay committed to their own style and not to give up, no matter how rough the road may be. e economy of music is falling apart and most metal musicians have a day-job to pay their bills, because they can’t live off music. How is it in your case? How do you manage “both lives”? NEJC: It is getting harder and harder as we are not getting younger every day! We never started out to make money but to transcend our thoughts and feelings onstage. Not only paying the bills but also spending time with our loved ones is getting more and more important. Even more so as some of us have had kids or are expecting them. So in the future we will have to balance all three important parts of our lives: music, family and making a living. But as Zala said – we will try our best to keep it going no matter how tough things get. e love for our music and live performances will hopefully keep us going.
ank you so much for your words and time! e last words are naturally yours: ZALA: Never, ever give up! Music breaks boundaries and if you do what you love the most you will not wake up one day regretting what you haven't done. You will look back and appreciate what you did do! ROCK ON!!!
Cristina ,Kiki‘ Grijalva visit: www.aperion.org
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APERION – “Act Of Hybris” (2010; Deutschland: Februar 2011) Die ersten zwei Songs von „Act of Hybris“ dienen zur Vorstellung der slowenischen Band und ihrer Stärken: Sie zeigen zuerst die verschiedenen Instrumente und die Atmosphäre, die man im Laufe des Albums hören wird, welche melodisch und ruhig, aber auch schnell und powervoll sein wird. Spätestens mit ‚Shineʼ ist APERION schon in den Top 5 meiner Lieblingsbands angekommen und der Wunsch, ganz laut zur Opernstimme mitzusingen, ist unwiderstehlich. ‚Urmaʼ zeigt die ersten Einflüsse von Folk Metal, mit einem schnellen Marsch-Tempo und tanzende Flöten- und Bratschenmelodien. Als nächstes Highlight kommt ‚Lightʼ, in dem Sängerin Zala Hodnik ihre Kraft in den tieferen Tönen zum Vorschein bringt, was mit den dunklen, harten Gitarren-Riffs wundervoll harmoniert. ‚Mayaʼ fängt kraftvoll an, doch lässt auch langsamere Passagen und ein verführerisches Duett erklingen. Der Kontrast zwischen langsamen Balladenklängen und schnellerem Gitarrentempo, macht diesen Song zu einem weiteren Genuss des Albums. Eine Ballade ist bei einer Band mit klassischen Instrumenten unfehlbar. So ist ‚Fairytale Mindʼ, mit dem akustischen Gitarrenklang und den Streichern, ein zärtlicher Höhepunkt, in dem die Leadstimme ihre opernhaften Fähigkeiten beiseite lässt, um mit der Kraft ihres Pop-Sounds viel Gefühl zu vermitteln. Völlig unerwartet für eine Metal Band setzt ein Didgeridoo in ‚Black Fliesʼ ein. Kombiniert mit der Percussion, bringt der einigermaßen karibische Klang dieses Instruments tolle Abwechslung ins Album. Noch erwähnenswert sind das fast dreiminütige Instrumental ‚Fe +ʼ und das fröhlich-harte, folk-rockige ‚Dajteʼ in APERIONs Muttersprache. ‚The Conceptʼ und ‚Üʼ bilden ein starkes Ende zu einem absolut hinreißenden Album.
Cristina ,Kikiʻ Grijalva
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Quergedacht Vernünftiges Leben in einer unvernünftigen Gesellschaft? Mitglied der Gesellschaft zu werden. Natürlich wird das nicht in dieser Form gesagt. “Ich möchte, dass aus Dir etwas Vernünftiges wird.” Kleine Zwischenfrage: was ist denn “vernünftig”? Und was passiert, wenn man diesen Plan nicht als “vernünftig”, sondern als “gefährliche Sklaverei” bewertet? Dieser Plan sieht vor: Schule zuende bringen, einen guten Job finden, Familie gründen und vielleicht ein kleines Haus bauen. Jeden Tag 8-10 Stunden arbeiten (wenn man es noch gut erwischt hat, mittlerweile sind auch Schichten von 12 Stunden bei mieser Bezahlung keine Seltenheit mehr), der Rest ist Dir freigestellt für essen, Hobby (sofern Zeit vorhanden) und… kopulieren. Jeden Tag derselbe Ablauf. Krankheiten werden dämonisiert und alles, was aus dieser Norm fällt, ist entweder faul, asozial, ein Schmarotzer oder bestenfalls bemitleidenswert, so zumindest die gängigen Vorurteile.
Wir leben in sehr schnellebigen, stressigen Zeiten. Durch die vernetzten Medien, werden wir im Minutentakt mit Infos zugedröhnt, immer schriller und lauter. Im Alltag hetzen wir häufig durch den Tag, von einer Verpflichtung zur nächsten. Wer hat zwischen Arbeit, Freunden und vielleicht Familie eigentlich noch die Zeit, sich bewusst hinzusetzen und sich Gedanken zu machen? Ich denke, dass diese kleinen Inseln der Ruhe immer weniger werden, weil wir gar nicht merken, wie sehr wir eigentlich vereinnahmt werden von all den gesellschaftlichen Pflichten. Und darin sehe ich viele Probleme. Denn das Zwischenmenschliche bleibt neben Arbeit, Status, Geld und Party häufig auf der Strecke. Manchmal sitze ich still da und frage mich: gibt es noch Platz für Zuhören, Trost spenden und ein ungezwungenes Nun wissen wir alle: es ist beinahe unmöglich, diesen Plan durchzuführen. Es passiert nun Dasein in dieser leistungsorientierten, einmal ständig etwas, womit man nicht rechnet. kapitalistischen Gesellschaft? Denn der Lebensweg bietet oftmals Womit wir beim Hauptpunkt meiner Gedanken Abbiegungen, die man so vorher nicht sind. Manche von Euch werden folgende Frage vorhersehen konnte. Und nun kommt meine sicherlich noch aus ihrer Kindheit kennen: existenzielle Lebensfrage: Warum muss man sich diesem Plan unterwerfen? Bei anderen würde “Hast Du Dir es denn verdient, dass ich Dich jetzt in den Arm nehme?” Ja, das ist schon hart, hier der Text wahrscheinlich aufhören. Ich will wenn eine Mutter das zum eigenen Kind sagt. mich jedoch an einer Antwort versuchen. Kurzfassung: Wir brauchen es nicht wirklich. Das kommt häufiger vor, als man zuerst annimmt. Hat man etwas falsch gemacht, wird Eigentlich gar nicht. Und damit wäre eigentlich man bestraft und die liebevolle Zuwendung alles schon gesagt. Aber Ihr werdet mich jetzt sicher nicht aus der Nummer rauslassen, also wird verwährt. Sei es nun den elterlichen Kleiderschrank durcheinandergebracht, die formuliere ich einfach mal aus. Ich habe viele Schwester geärgert oder sich nicht an eine der verschiedene Überzeugungen: vielen, meist unnützen und geradezu - ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ entwicklungshemmenden Regeln gehalten zu Hyperaktivitätsstörung, Anm. der Redaktion) ist haben. Schon als Kind wird man konfrontiert, bei Kindern ersteinmal nichts Schlimmes. Es konfrontiert mit einem Katalog an Regeln. Tu dies nicht, tu das nicht. Es ist ja nur zu Deinem muss weder therapiert noch sonst wie geheilt werden. Dass Kinder Aufmerksamkeit suchen Besten. Erziehung nennt man das. Schon als und dabei hyperaktiv sind… ist normal. Dafür Kind wird man dazu erzogen, ein wertvolles
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sind es Kinder. Ich frage mich häufig: warum werden Kinder immer still gestellt? - Depression ist keine körperliche Krankheit! Häufig werden Depressionen einfach mit chemischen Medikamenten behandelt, als ob es eine starke Erkältung oder ähnliches wäre. “Warum?”, frage ich! Denn: Depressionen entstehen durch negative Ereignisse im Leben. Warum also Medikamente? Damit werden die Erlebnisse auch nicht ungeschehen gemacht. Ziel ist es natürlich, den Patienten funktionstüchtig für das System zu machen. Es geht nie darum, die eigene, ganzheitliche Mitte zu finden und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Es geht in dieser Gesellschaft seltenst um Selbstfindung. Denn Selbstfindung verschlägt den Menschen häufig außerhalb des kapitalistischen Leistungssystems, schon allein, weil dieser Prozess Monate und Jahre beanspruchen kann. Also versucht man, die Menschen gleich zu schalten. Gedanklich sollen sie einer Richtschnur folgen: erfolgreich sein, Geld verdienen und Statussymbole anhäufen, die natürlich nach ein paar Monaten wieder entsorgt werden, weil ein neues "Spielzeug" auf den Markt gekommen ist. Wer bewusst etwas anderes will, der wird kriminalisiert und dämonisiert. Wie oben schon gesagt: häufig als Assi oder Schmarotzer tituliert. Und das ist die eigentliche Krankheit in diesem kapitalistischen Gesellschaftssystem. Man muss sich Aufmerksamkeit und Zuneigung häufig erst verdienen. Man muss sich die Hilfsbereitschaft verdienen. “Hilfst Du mir, so helfe ich Dir” – häufig scheitern die Menschen an diesem einfachen Motto. Schlimm wird es, wenn man gerne hilft, ohne irgendeine Gegenleistung zu erwarten. Einfach, weil man den anderen Menschen mag. Man wird häufig, sehr häufig, einfach ausgenutzt. Und das führe ich ebenfalls auf das System zurück. Denn von Kind an lernt man, dass man nur für sich selbst, und NUR für sich, verantwortlich ist und jeder selbst “seines Glückes Schmied sei”. Es wird nicht gelehrt,
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respektvoll mit einem anderen Menschen und vor allem mit einer anderen Lebensanschauung umzugehen. Denn wer Emotionen und Schwäche zeigt, der hat ja schon verloren im ewigen Leistungswettbewerb, um Job und Status. Wer seine Arbeitskraft kostenlos für soziale Einrichtungen zur Verfügung stellt, der wird von der Allgemeinheit häufig als “dumm” bezeichnet. Ja, und richtige Gefühle zeigen … einfach mal beherzt loszuweinen … es wird häufig gesagt: “Ist besser als das Machogehabe” – komischerweise fühlen sich viele Menschen trotzdem extrem überfordert, wenn ein erwachsener Mensch weint... Ich habe nun versucht, meine Gedanken zu formulieren, persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse in Worte zu fassen - ich hoffe, Ihr könnt diese ein wenig nachvollziehen. Ich jedenfalls trage eine Sehnsucht in mir! Eine Sehnsucht danach, dass all diese anskizzierten Gesellschaftszwänge endlich verschwinden. Und ich fordere Respekt für Menschen mit anderen Lebensansichten. Respekt dafür, dass man seinen ureigenen Weg gehen möchte, ohne dass einen von allen Seiten Steine in den Weg gelegt werden. Ich wünsche mir eine Gesellschaftsform ohne Zwänge, ohne Kälte und Egoismus und vor allem: ohne die Vergötterung des Kapitals. Ist dies naiv? Nein! Denn wer sagt denn, dass die jetzige Gesellschaftsform das Maß aller Dinge ist? Wenn man sich die derzeitige politische, wirtschaftliche und soziale Lage in Europa anschaut, dann sieht man doch, dass "höher, schneller, weiter" letztendlich nichts
bringt. Ich für meinen Teil werde weiterhin nach meinen ureigenen, häufig altruistischen Wertevorstellungen leben. Egal, wie oft ich damit hinfalle. Denn anpassen werde ich mich nicht. Nicht an dieses kalte, unmenschliche System, in dem Emotionen und Gefühle keinen Platz haben und Menschen nur allzuoft als "Human Ressources" gelten! Nun können diese, meine Ausführungen auf verschiedenste Art und Weise interpretiert werden. Einer denkt sich vielleicht, da will jemand sozialistische Werte propagieren. Der nächste denkt sich sicherlich „Mensch, da hat aber jemand viel Frust angehäuft." Wahrscheinlich kommt man mit einer Verbindung aus diesen beiden Gedankengängen meiner Intention für diesen Text recht nahe. Um ein mögliches Missverständnis gleich aus dem Weg zu räumen: wenn ich Toleranz für meine Ansichten einfordere, ist es natürlich klar, dass ich auch andere Ansichten toleriere und akzeptiere. Warum trage ich eine solche Wut über so manche Dinge in mir? Nun, ich habe z.B. während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Diakonie häufig Menschen erlebt, die einfach ausgestoßen wurden. Menschen mit Behinderungen, die es sowieso schon schwer haben, im alltäglichen Umfeld ernst genommen zu werden, Menschen, die aufgrund der Geschehnisse der letzten 23 Jahre hier in Ostdeutschland resigniert haben sowie
Menschen, die von Jobcentern an den Rand hin zur Obdachlosigkeit gedrängt wurden. Ich frage mich wirklich, warum es solche Entwicklungen in einem der reichsten Länder der Welt geben muss. Es gibt ein sehr schönes Buch von der Autorin Kathrin Hartmann mit dem Titel „Wir müssen leider draußen bleiben“. In diesem Buch thematisiert sie genau solche Beobachtungen. Nach der Lektüre dieses Buches, fühlte ich mich in meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen bestätigt. Und umso mehr wächst in mir aber auch das Unverständnis darüber, dass der Zusammenhalt unter den Menschen so niedrig zu sein scheint. Dass viele Menschen ersteinmal nur sich selbst sehen und mit dem Ellenbogen durch den Alltag gehen. Auf eine Weise ist das sogar nachvollziehbar, doch warum lassen wir uns so sehr gegeneinander ausspielen? Warum sind diese oben angedeuteten Zwänge und das Statusdenken in der Gesellschaft so häufig anzutreffen? Kurz gesagt: warum machen wir es uns selber so schwer?
Ich hoffe, ich konnte Euch mit diesem kleinen Text ein wenig zum Nachdenken animieren. Wer mit mir über diesen Text diskutieren oder sonst wie eine Meinung zukommen lassen will, kann das sehr gerne unter Axel@darkfeather.de tun.
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Axel Meßinger
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Musik zum Schlafwandeln und in sich gehen Dankeschön. Er hat sich um das Organisieren der Aufnahmen und den kompletten Produktionsprozess gekümmert, den Bass aufgenommen und mich konstant motiviert, weiterzumachen. Eigentlich hatte ich nach den negativen Erfahrungen der letzten Jahre schon komplett mit dem ema Musik abgeschlossen. Ach so, mein Name ist Jens und ich bin sozusagen der Songwriter der Band. Woher stammt Euer Bandname und was verbindet Ihr damit? Wie nicht schwer zu erraten, sind wir beide riesige Fields Of e Nephilim-Fans, deswegen ist die Herkunft des Namens nicht wirklich eine Überraschung. Persönlich verbinde ich mit diesem Namen drei Begriffe, die man auch charakteristisch für die Ausrichtung von C.O.S. sehen könnte: Unterbewusstes – Spiritualität – Verlust. Kenner des Songs und seiner Hintergründe werden die Verbindung verstehen. Alle anderen: Kauft euch sofort ALLE Alben der Fields!!!
Dass die Musiker von Chord Of Souls zusammen in einer Thrash Metal-Band aktiv waren, hört man „Withered“, dem Debütalbum des Projektes, gar nicht an. Sicherlich gibt es verzerrte Gitarren, aber die Grundstimung des Albums ist nicht aggressiv, sondern introspektiv. Sänger und Gitarrist Jens Erkelenz erzählt uns etwas über Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft von Chord Of Souls.
zueinander gefunden habt? Wer macht bei Euch was – wer schreibt die Musik und wer die Texte?
Was waren/sind für Euch beide die Voraussetzungen, um miteinander – oder überhaupt mit jemandem - musikalisch zusammenarbeiten zu können? Ich kann da nicht für Nihil sprechen, aber für mich sind die Voraussetzungen denkbar einfach. Habt Spaß an dem was ihr tut, diskutiert nicht endlos über alles Mögliche und vor Allem – nutzt Musik als Ausdrucksmittel und nicht zur Aufwertung eures eigenen Egos. Es gibt leider in der Musikszene zu viele Menschen, gerade in Krefeld, die meinen, nur weil sie ein bisschen auf ihrer Klampfe klimpern, wären sie wertvoller als ihre Mitmenschen.
Moin. Chord Of Souls entstanden ursprünglich aus einer Not heraus. Nihil (PaPerCuts) und ich spielten zusammen in der rash-Band Godscore, die 2010 auseinanderbrach. Da wir beide äußerst unglücklich über die damalige Situation waren und ich zudem seit Jahren sehr viele Songs übrig hatte, die stilistisch nicht in den Rahmen einer Metal-Band passten, konnte mich Nihil davon überzeugen, diese Hallo und herzlich willkommen, Chord Of Souls! Mögt Ihr Euch zunächst einmal unter dem Banner Chord Of Souls aufzunehmen – einfach damit ich Euer Debütalbum „Withered“ hat einige selbst vorstellen und uns verraten, was einstweilen im Geschäft bleiben konnte. Zeit gedauert, bis es fertig geworden ist Ihr an musikalischen Aktivitäten schon Ihm gebührt in diesem Kontext ein riesiges (laut Facebook begannen die Aufnahmen „hinter Euch“ habt und wie Ihr 72
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2010) – was war für Euch die größte Herausforderung im Entstehungsprozess? Die Aufnahmen verliefen eigentlich sehr entspannt. Wir haben uns nicht unter Druck gesetzt, da wir uns keine Deadline gesetzt hatten - die lange Zeit, die es gedauert hat, bis „Withered“ endlich fertig war, ist diesem Umstand geschuldet. Außerdem gibt es noch so viele andere Dinge im Leben, die weitaus wichtiger sind. Gäbe es die nicht, gebe es überhaupt keine Platten.
Die Musik auf „Withered“ ist teilweise sehr tranceartig oder schlafwandlerisch angelegt, mit einer Reihe sich wiederholender musikalischer Funktionen. Was sind die grundlegenden Emotionen, die Ihr mit den Songs transportiert...und erlebt Ihr diese selbst oder sind das fiktive Szenarien? Interessante Frage. Grundsätzliches Ziel beim Schreiben dieser Songs war es, eben diesen Charakter zu erreichen und sich vor allem nicht so wahnsinnige Gedanken zu machen...alles sozusagen fließen zu lassen, vergleichbar mit dem automatischen Schreiben. Auf diese Weise sind alle Songs und Texte entstanden. Als ich die Platte dann zum ersten Mal selbst bewusst gehört habe, ist mir aufgefallen wie persönlich Texte und transportierte Emotionen sind und ich muss zugeben, ich habe mich ein wenig erschrocken über das, was mein Umfeld und ich aus diesen rauslesen könnten. Für den Hörer mögen
die Szenarien fiktiv oder autobiografisch wirken, völlig egal. Wichtig ist, dass ich mir einige Dämonen ungewollt von der Seele geschrieben habe.
sehe ich „Withered“ eher als Ausgangspunkt für zukünftige musikalische Projekte von denen eins mit Nihil schon in Planung ist. Ich sehe „Withered“ also eher als den Startschuss, der mir mit Godscore damals verwehrt wurde.
Hat man Euch Ähnlichkeiten zu Danzig oder den Doors schonmal nachgesagt? Wenn nicht: Eure psychedelischeren Elemente erinnern mich stark an die Doors und der Gesang teilweise an Danzig. Sind das in irgendeiner Weise bewusste Elemente oder Zufall? Jetzt hast du mich erwischt!!! Ich bin mit Sicherheit einer der größten lebenden Danzig-Fans und liebe eigentlich alle seine Scheiben, sogar die letzten…. . Ich sehe den Vergleich also als großes Kompliment. Aber auch wenn mir das jetzt keiner glauben mag – meine Stimme klang schon immer so, es handelt sich also um kein bewusstes Imitieren. Jeder Sänger wird auch bestätigen, dass so was auf Dauer unbefriedigend wäre und nicht wirklich funktioniert. Was die Doors angeht – großartige Band.
Momentan seid Ihr zu zweit. Gibt es Pläne, die Besetzung aufzustocken und/oder LiveMusiker zu rekrutieren? Für den Fall, dass Ihr Liveaktivitäten geplant habt.
Ich denke nicht, dass das in nächster Zeit Versucht einmal, das Gefühl zu geschehen wird. beschreiben, wenn so ein Album fertig ist Zum einen denke und vor einem liegt. ich nicht, dass sich das Material auf Wie schon vorher erwähnt, es ist "Withered" per se unglaublich beängstigend und befreiend für Liveauftritte in zugleich, wenn man feststellt wie viel dir so größeren Rahmen ein Album über dich selbst erzählt. Zudem eignet. Zum 73
anderen wird es nach dem eher ruhigen Material von C.O.S. jetzt Zeit für uns, sich wieder vermehrt dynamischeren Stilen zu widmen, die dann auch live präsentiert werden. Aber mal sehen, vielleicht gibt es in näherer Zukunft eine zweite C.O.S., die etwas deathrockiger ausfällt, dann denken wir darüber mal nach.
Stilistisch ordnet Ihr Euch selbst als Gothic/Wave/Ambient ein – für Goth sind Euer Artwork und Eure FacebookFotos aber fast schon zu „hell“. Was ich aber sehr interessant finde, ist der Bezug zu Ambient – was bedeutet dieser Begriff für Euch und welche Musiker/Bands sind in dem Bereich für Euch maßgeblich? Ambient bedeutet für mich Flächen, Geist und Traum. Also einfach Musik zum hineinfallen lassen, die eher die Seele als den Geist anspricht. Künstler, die mich begeistern in diesem Bereich wären Steve Roach, Robert Rich oder om Brennan.
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Aber auch Lustmord und Carbon Based Lifeforms können eine Menge. In diesem Zusammenhang möchte ich auch "Le Noise" von Neil Young erwähnen, eine gewaltige Scheibe.
Wenn die Musik von Chord Of Souls ein Obst oder Gemüse wäre, welches wäre das? Wahrscheinlich eine holländische Tomate. Du kannst sie jeden Tag essen, der Geschmack ist alles andere als extrem, aber im Laufe der Zeit übersäuert dein Körper bis hin zum vollkommenen Kollaps :D
Welche Rolle hat die Wahl Eures Artworks und des Artwork-Künstlers für das Album gespielt? Wie seid Ihr auf Ghostfog gekommen und wie habt Ihr ihm Eure Vorstellungen übermittelt?
Eine gewaltige. Wir haben Ghostfog (siehe auch das Ghostfog-Portrait in Dark Feather #19, Anm. der Redaktion) eigentlich nur Demoversionen der Songs geschickt und ziemlich knappe Stichpunkte über unsere Vorstellungen. Schon der erste Entwurf hat uns umgehauen. Er arbeitet sehr intuitiv, denke ich. Der Kontakt kam über Nihil zustande. Schaut euch seine Seite bei Facebook an. Ein toller Künstler und seine Musik ist auch super .
Transportieren Eure Texte so etwas wie Botschaften – wenn ja, welche? - oder steht bei Euch eher das Vermitteln einer Atmosphäre, eines Gemütszustand im Vordergrund?
bedeuten, werde ich niemandem erzählen…. Viel Spaß beim Raten. Derjenige, der mir eine genaue Interpretation schickt, bekommt ein C.O.S. Shirt geschenkt, in welchem ich ihn oder sie dann erschlage…. ;-)
Vielen Dank bis hierher! Die letzten Worte gehören Dir: Danke für euer Interesse. Ich hoffe, dem ein oder anderen gefällt „Withered“. Besucht auch dringend die Facebook Seite von Ghostfog. Es lohnt sich. Und denkt alle immer daran, es ist nur Musik: No need to argue about anything. Masi Kriegs
Das muss jeder für sich selber herausfinden. Die Rezeption eines Werkes bzw. das Werk visit: www.facebook.com/ selber entsteht ja erst im Rezipienten. Hört chordofsouls raus, was ihr wollt. Was die Texte für mich
Chord Of Souls „Withered“ (Eigenproduktion, 2012) Jens Erkelenz heißt der Protagonist hinter Chord Of Souls, ein sehr persönliches, intimes Projekt mit träumerisch-schlafwandlerischen Songs. Stilistisch irgendwo zwischen Ambient-und Gothic-Musik angesiedelt, überschreiten die sieben Songs wiederholt die Grenze zwischen Trance- und Wachzustand. Der Song „6th Dawn“ öffnet mit Wavegitarren und Ethno-Percussions die Tür zu „Withered“ und bringt direkt die erste Überraschung: Jens Erkelenz singt verblüffend ähnlich wie der Kotelettengott des Doom Rock – Glenn Danzig. Die Stimme wird im Verlaufe des Albums zum wesentlichen prägenden Element von Chord Of Souls. Zunächst schwebt „6th Dawn“ – gänzlich ohne klassisches Schlagzeug auskommend – in psychedelische Sphären, nicht unähnlich Pink Floydʼs „Set The Control For The Heart Of The Sun“...allerdings auf dreieinhalb Minuten komprimiert. „Cold Pawn“ hat dann erstmals akzentuierte Drums und verzerrte Gitarren: ein Hauch von Death Rock fährt durch die Lautsprecher. „Pyre“ ist für mich der Geheimtipp des Albums, hauptsächlich wegen des deutlichen Kontrastes zwischen der dunkel-wabernden Strophe und der ziemlich straighten danzig-esken Refrains. Kontraste innerhalb des Songs bieten auch „Marble“ (in punkto Geschwindigkeit) und „Bound To Regret“, dass zwischen Danzig-Ballade und Doors-Epos hin und her pendelt. Den Abschluss bildet „Chant“, eine fast textlose Nummer, die den Hörer bei entsprechender Einstimmung in Trance versetzen kann. „Withered“ ist ein durch und durch anderes Album, das sich nicht allzusehr um gängige Konventionen schert. Das macht es dem Ohr nicht ganz einfach, den Einstieg in die sieben Songs zu finden, aber wenn man erst mal „drin“ ist, erkennt man die Authentizität und die Persönlichkeit der Kompositionen. Hier öffnet einfach jemand sein musikalisches Herz - nicht mehr, nicht weniger – und dieser unkommerziellen Ehrlichkeit gebührt Achtung! Masi Kriegs
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Angemerkt Hallo Zusammen! - "Angemerkt", heute mal in eigener Sache. Denn wie bereits in unserer vorangegangenen Jubiläumsausgabe angekündigt: mit dieser Ausgabe hat sich einiges geändert und neue Zeichen für die Zukunft sind gesetzt. Das erste ist wohl die Tatsache, wie Ihr nun zu diesem PDF-Zine gefunden habt. Richtig, die kleine, aber feine Veränderung der Homepageendung „de“ statt „net". „Aber so habe ich doch schon immer die Webseite besucht?“ mag jetzt vielleicht ein Leser denken. Das ist richtig, denn bereits vor zwei Jahren wurde zusätzlich zur „net“ auch die „de“ Adresse gesichert und eine direkte Umleitung zur „net“ Adresse hat den Leser somit auch bisher sofort ans Ziel geführt. Das diese Endung bereits oft genutzt wurde, zeigen die Zugriffsstatistiken und beweisen, dass das eine gute Entscheidung war. Mit dieser Ausgabe sind wir jetzt aber direkt auf die „de“ gezogen. Grund dafür ist ein Providerwechsel und dass es keinen besseren Anlass dafür gibt, als die Tatsache, dass der Nino aus unserem Team sich nun um die Webpräsenz kümmert und so ganz „nebenbei“ in den letzten Monaten mal eben der Seite noch ein neues Gesicht herbeigezaubert hat. Wir hoffen, es gefällt Euch! ;-) Natürlich bleibt die .net Adresse weiterhin bestehen und wird Euch den Weg zur „de“ Adresse weisen! Aber das ist nur eine Entwicklung im Zuge einer neuen Aufgabenverteilung. Wie Ihr bemerkt habt, grüßt ab sofort der Stefan von Seite 3, welcher die Redaktionsleitung übernommen hat. Stefan ist bereits seit Sommer 2010 beim Dark Feather dabei und war der erste externe Mitarbeiter, der sich damals anbot, die Arbeit des Dark Feather mit Fachwissen und großer Leidenschaft zu unterstützen, denn zu dem Zeitpunkt wurde es noch ausschliesslich von Miky und mir geführt. Er war in den
Dark Feather goes .de ...und viele andere News vergangenen Ausgaben neben seinen journalistischen Beiträgen bereits für das Korrektorrat und die Übersicht der Beiträge zuständig, insofern war es für uns „nur“ ein logischer Schritt, ihm ab sofort diese verantwortungsvolle Rolle anzuvertrauen, welche er mit Bravour meistert - ich habe nichts anderes erwartet, Stefan...(und Finger weg von irgendwelchen „Anm. d. Redaktion“ hier in diesem Text oder gar an dieser Stelle!;-) Und weil wir so schön dabei sind, geht`s doch gleich weiter im progress; wie bereits in der vergangenen Ausgabe angekündigt, gibt es ab sofort unseren Sampler zur Ausgabe ausschliesslich zum Download. Das war anyway bereits in den letzten Monaten die meistgenutzte Variante und für uns ist es die konsequente Weiterentwicklung unseres Weges eines digitalen Zines. Ausserdem können wir so ab sofort den Bands und Künstlern kostenfrei einen Samplerplatz anbieten! Denn wie schon im Intro zur letzten Ausgabe erwähnt: Wir finden es eine Unart, dass Musiker für ihr Schaffen auch noch bezahlen müssen, andererseits mussten ja auch wir die (Un)kosten einer physischen Auflage (wenn auch zu stets undergroundfreundlichen Preisen) ebenfalls irgendwie abdecken. Das ist nun Geschichte! :-) Und last but not least, haben wir noch ein Change, jener allerdings so neu bei uns gar nicht ist. Wie Euch sicherlich aufgefallen ist, findet Ihr in dieser Ausgabe auch englischsprachige Interviews. Diese Variante wurde bereits einige wenige Male angewendet, als das DF noch ein klassisches Online-Zine war und soll ab sofort massgebend für die Zukunft sein. Ausschlaggebend ist die Tatsache, das doch stets einiges an Botschaft und Wortwitz verlorengeht, wenn man das, was unsere internationalen Gesprächspartner zu sagen
haben, einfach ins Deutsche übersetzt. Film- und Serienliebhaber, die das Original zu schätzen wissen, werden hier wohl als erstes die Hand heben und zustimmen. Der Mehrheit unseres Teams geht es ähnlich und so haben wir abgestimmt und uns ab sofort für diese Variante entschieden, so habt ihr auch die internationalen Interviews ab sofort in völlig ungefärbter Form. Reichlich neues also erneut beim Dark Feather, und ich freue mich darauf, denn bereits die Vergangenheit hat gezeigt, dass jede Entwicklung bei uns im Endeffekt ein Schritt in die richtige Richtung war. Das wäre natürlich alles sinnlos, wenn wir Euch, die Leser, nicht hätten. Insofern großes Dankeschön an Euch! Ihr und Euer Feedback gebt unserer Arbeit einen Sinn. Apropos Feedback...wir freuen uns immer und weiterhin -egal, ob Anregungen, Kritik oder Lob- über jenes, füttert unser Postfach mit Emails. Und damit habe ich doch gleich eine perfekte Brücke zur unserer neuen Zine-Emailadresse gebaut, also noch mal bei allen Anliegen füttert unser gefrässiges Postfach(!!!), das ab sofort redaktion@darkfeather.de heisst! Also doch noch ne weitere Neuigkeit, nun ist aber genug des Guten ;-) und als Ausgleich können wir Euch noch was bleibendes Versprechen, das Dark Feather war, ist und bleibt ein Underground-Zine, das seiner Defintion noch gerecht wird: frei, unabhängig und irgendwie anders... In diesem Sinne...viel Spass und Freude Euch weiterhin,
Euer Holger
Unsere nächste Ausgabe erscheint Anfang Oktober! 75
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