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Schule Oberhuber Rektor, Der Künstler, und sein Programm

Gerald Bast, Rektor

10 In der Schule Oberhuber

Cosima Rainer, Eva Maria Stadler

16 Hochschuleinrichtung. Von der Hochschule für angewandte Kunst zur Schule Oberhuber

Eva Maria Stadler

32 Oswald Oberhuber. Stegreifstück und Scheideweg

Thomas D. Trummer

44 Möglichkeitsräume – und die, die es noch werden wollen.

Oswald Oberhuber in Venedig und Gent

Julienne Lorz

64 Schule Oberhuber. Eine Sammlung als Programm

Cosima Rainer

75 Schule in der Schule. Narrative in der Ausstellungskonzeption

Robert Müller, Cosima Rainer

83 Schule Oberhuber. Eine Sammlung als Programm. Ausstellungsansichten und Werktexte

150 Franz Čižek und die Kunstpädagogik an der k. k. Kunstgewerbeschule

Laura Egger-Karlegger

154 Zur Ausbildung von Künstlerinnen an der frühen k. k. Kunstgewerbeschule

Eva Marie Klimpel

159 Die Wiener Kunstgewerbeschule und die Wiener Werkstätte

Lilien Feledy

Archiv hineinhören

Kathrin Heinrich

171 Bazon Brock über Oswald Oberhuber

Bazon Brock

177 Oswald Oberhuber. Fragment gegen System

Bazon Brock

184 Der falsche Hase. Hakenschlagen auf Kunstrasen

Bazon Brock

193 Einheit durch Verschiedenheit. Jenseits von transmedial und interdisziplinär

Bazon Brock

199 Kunstsammlung und Archiv x Angewandte Fotografie

209 Glacéhandschuh, Besuchszeit und Belichtungsmesser – Oder: Diskurselemente einer Unzeitgenossenschaft

Georg Petermichl 214

219 Resümee einer Rektorstätigkeit

Oswald Oberhuber

Gerald Bast, Rektor

Oswald Oberhuber war die Antithese zum Typus des Spezialisten. Er hat die Grenzen zwischen Disziplinen gebrochen und Disziplinen verbunden. Er war Maler, Grafiker, Modeschöpfer, Gestalter von Möbelskulpturen, Ausstellungsmacher, Galerist, Kunsttheoretiker, Museologe, Hochschullehrer und Rektor der Universität für angewandte Kunst

Wien. Auch seine Schüler:innen hat er dazu ermutigt, Disziplinengrenzen und Konventionen gering zu schätzen und kunstkategorisierende Ismen zu verachten. In einem emanzipierten Verständnis von Lehre und Studium hat er seinen Studierenden zugetraut, sie ermutigt, sich selbst eine Meinung zu bilden und verändernd zu wirken.

„Wäre ich ein Historiker oder Soziologe“, sagt Oberhuber, „so könnte ich mein Unterfangen der permanenten Veränderung erklären durch wissenschaftliche Genauigkeit. Aber so bleibt mir nur die intuitive Unredlichkeit einer Erfahrung im Umgang mit Kunst, und ich schrecke nicht davor zurück, diese Undeutlichkeit zu propagieren, denn das ist mein Mittel, deutlich zu sein.“

Permanente Veränderung war schon seit den 1950er-Jahren Oberhubers Credo – lange be- vor „Change“ zum oft verwendeten, aber oft genug inhaltsleeren Slogan wurde. Veränderung hat er auch und gerade an der Angewandten praktiziert und dadurch die Angewandte zu dem gemacht, was sie heute ist: eine weltoffene, der Zukunft zugewandte Institution mit dem Mut, sich selbst zu verändern, und mit dem Anspruch, über die eigenen Mauern hinaus und auch jenseits der Grenzen des Systems Kunst Wirkung zu entfalten.

„Nur die lebendige Gegenwart kann Lehrmeister für die Kunst sein!“

Als Rektor hat Oswald Oberhuber die Angewandte personell und inhaltlich geöffnet. Er hat bedeutende Persönlichkeiten wie Joseph Beuys und Karl Lagerfeld an die Angewandte geholt und damit die Atmosphäre an dieser Institution nachhaltig verändert. Er hat die Kunstsammlung der Angewandten systematisch auf- und ausgebaut. Er hat Museologie an der Angewandten als Lehrund Forschungsfeld installiert, und in seiner Rektoratszeit wurde an der Angewandten Europas erste Medienkunst-Klasse errichtet. An der Bestellung von Maria Lassnig als Österreichs erster Malerei-Professorin durch die damalige, für die Hochschulen zuständige Ministerin Firnberg war Oberhuber ebenso beteiligt wie an der Tatsache, dass Herta Firnberg den Oskar-Kokoschka-Preis begründete und die Angewandte mit dessen Durchführung betraute. Darüber hinaus war er ein begnadeter hochschulpolitischer Stratege.

„Wenn wir von Politik reden, so besteht die Lust des Künstlers darin, unverschämt sein zu können. Das ist sozusagen meine Art von Politik. Ein Künstler kann noch immer versuchen, gewisse Wahrheiten einzubringen – so sie Wahrheiten sind, so es das überhaupt noch gibt.“

Er konnte witzig, sarkastisch und unverschämt sein, wie es ihm gerade richtig erschien.

Gerade auch im Umgang mit Politik und Bürokratie wechselte er lustvoll die Perspektiven, um so seinen Gesprächspartnern den argumentativen Teppich unter den Füßen wegzuziehen – aber ohne sie bloßzustellen. Provokation war für ihn die Einladung, sich auf einen Diskurs mit ihm einzulassen.

Genau so, provokant und charmant, lebt

Oswald Oberhuber (1931–2020) in unseren Köpfen und im kollektiven Gedächtnis der Angewandten weiter. In diesem Sinne freut es mich besonders, ihm die vorliegende Publikation Schule Oberhuber, herausgegeben in der Edition Angewandte, widmen zu können.

Mein Dank gilt den beiden Herausgeberinnen Cosima Rainer und Eva Maria Stadler, sowie allen Autor:innen, die an der Entstehung dieses Bandes mitgewirkt haben – und nicht zuletzt

Oswald Oberhuber selbst, für alles was er für unsere „Schule“ war und sein wird.

Cosima Rainer, Eva Maria Stadler

Die Begegnungen mit dem ungewöhnlichen und charismatischen Künstler Oswald Oberhuber (1931–2020) waren für uns beide immer wieder sehr eindrucksvoll. Oberhubers Denken und Handeln begleitet uns nun auch in unseren aktuellen Tätigkeitsfeldern an der Universität für angewandte Kunst Wien. Für Cosima Rainer, Leiterin von Kunstsammlung und Archiv, ist es das Erbe der Kunstsammlung, die Oberhuber gründete und die es zu erforschen und den Studierenden und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen gilt. Für Eva Maria Stadler, Professorin für Kunst- und Wissenstransfer, ist es der hohe Stellenwert der Lehre, der Oberhuber antrieb und der ihn bis zuletzt neugierig und offen für neue Tendenzen der Kunst bleiben ließ.

Die vorliegende Publikation Schule Oberhuber. Der Künstler, Rektor, Ausstellungsmacher und sein Programm beleuchtet erstmals die programmatische Verschränkung der vielen scheinbar disparaten Praktiken Oswald Oberhubers. Seine Positionierung im internationalen Kunstfeld und Kritik am konservativen Nachkriegskanon, sein Wirken als Rektor, Kurator und Begründer der Kunstsammlung der Universität für angewandte Kunst

Wien werden hier nicht nur einzeln behandelt, sondern zueinander in Beziehung gesetzt. Wir möchten zudem zeigen, dass Oswald Oberhubers wegweisende und vielschichtige Praxis, durch die er die damalige Hochschule für angewandte Kunst in Wien von den 1970er- bis in die 1990erJahre prägte und den kunstpolitischen Diskurs in der Öffentlichkeit mitgestaltete, bis heute nicht im Geringsten an Relevanz verloren hat. Im Zentrum der Publikation steht die Dokumentation der Ausstellung Schule Oberhuber. Eine Sammlung als Programm, in der die Kurator:innen Cosima Rainer und Robert Müller 2022 erstmals eine neue Kontextualisierung der umfassenden Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit Oswald Oberhubers vorgenommen haben. Die Textbeiträge von Thomas D. Trummer und Julienne Lorz befassen sich mit Oberhubers Positionierung in der jüngeren österreichischen Kunstgeschichte bzw. mit Oberhuber als Gestalter von Möglichkeits- und Erfahrungsräumen am Beispiel seiner Beiträge zur Biennale in Venedig und zu Jan Hoets Chambres d’Amis in Gent. Sie verdeutlichen Oswald Oberhubers außergewöhnliche künstlerische Haltung und sein kulturpolitisches und reformorientiertes Verständnis von Kunstvermittlung. Die bis heute lohnenswerte Auseinandersetzung mit der von Oberhuber initiierten Kunstsammlung und dem Universitätsarchiv bietet für zeitgenössische Künstler:innen und Studierende neue Perspektiven, die sie auch im Rahmen des Projekts Schule Oberhuber ausgelotet haben. So haben Studierende der Klasse Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien unter der Leitung von

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