De'ignis Magazin Nr. 35

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Nr. 35

Juli 2008

Im Spannungsfeld zwischen Ăœberund Unterforderung


inhaltsverzeichnis

editorial

DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de

editorial editorial von Claus J. Hartmann .....................................................................Seite 3 zum thema Seines Glückes Schmied? Kritische Gedanken zum Verhältnis von Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Fremdbestimmung am Beispiel der Entwicklung in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg von Rainer W. Wallerius ................................................................................Seite 4 Führungskräfte & Gesunder Lebensstil – Impulse aus der Praxis .......... Seite 10 Wie kann ich heute Führungskraft sein und (trotzdem) einen gesunden Lebensstil praktizieren? von Jochen Geiselhart ............................................................................ Seite 11 Selbsthilfe & Selbstverantwortung bei der Lebensgestaltung – Was ist das? von Werner Hantl ................................................................................ Seite 13 Eine gesunde Balance im Berufsleben durch Gebet von Anonym (Name der Redaktion bekannt) ................................ Seite 16 LIFE BALANCE – oder die Kunst gute Grenzen zu setzen Ein Workshop zur persönlichen Standortbestimmung von Doris Schneider-Bühler ......................................................... Seite 29 Der Sonntag ist Gottes Idee – auch die 5-Tage Woche? Überlegungen zum Lebensrhythmus der Schöpfung von Andreas Lämmle ................................................................Seite 33 Persönliche Grenzen durch Krisen akzeptieren lernen von Simone Marquardt ..........................................................Seite 36 Die Identität als Mann entdecken Ein kreativer, ressourcenorientierter Beitrag aus der DE’IGNIS-Beratungsstelle von Dipl.-Psychologe Rainer Oberbillig ............................Seite 38

zur diskussion Burn-out – Trend oder echte Gefahr? von Winfried Hahn .........................................................Seite 26

DE´IGNIS aktuell Aktuelle News von DE´IGNIS Fachklinik News ....................................................ab Seite 17 Institut News ....................................................... ab Seite 20 Wohnheim - Haus TABOR News ........................ ab Seite 22 Christliche Stiftung Polen News ............................Seite 24

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Impressum Redaktion: Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Dr. med Rolf Senst Grafik, Layout, Satz, Repro: ART DESIGN Dipl.-Ing. Rainer Haas Mönchhaldenstr. 129 · 70191 Stuttgart Tel. 07 11/48 23 31 · Fax 07 11/48 23 61 Druck: Offizin Chr. Scheufele Druck und Medien Tränkestraße 17, 70597 Stuttgart Herausgeber:

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Alle DE‘IGNIS-Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.

Claus J. Hartmann

Liebe Leserinnen und Leser! „Im Spannungsfeld zwischen Überund Unterforderung“ spielt für mich die Disziplin eine wichtige Rolle. Disziplin heißt, den Preis dafür zu zahlen, seine Vision bzw. Berufung Wirklichkeit werden zu lassen. Hier geht es darum, sich mit den harten, pragmatischen Fakten der Realität zu befassen und das zu tun, was nötig ist, damit die Dinge geschehen. Für viele Generationen unserer Vorfahren, aber auch heute noch für etliche Menschen, zählen Disziplin, verzichten können und Härte sich selbst gegenüber zu den Grundtugenden und den maßgeblichen Voraussetzungen für Erfolg und Zufriedenheit im Leben. Wer nicht in der Lage ist, für eine gewisse Zeit auf Annehmlichkeiten zu verzichten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wer nicht gelernt hat, auf seinem Weg auch Entbehrung auf sich zu nehmen, wird sein Ziel kaum erreichen.

Im Sport wie im Berufsleben sind Spitzenleistung ohne Disziplin, Durchhaltevermögen und entsprechende Arbeit an sich selbst in seltenen Fällen möglich. Undisziplinierte Menschen sind Sklaven ihrer Stimmung, Gelüste und Leidenschaften.

Wie ist es mit verzeihen und selbst um Verzeihung zu bitten? Mit bedingungsloser Liebe, ein Leuchtturm zu sein, kein Richter, ein Vorbild, kein Kritiker? Denken Sie an die Disziplin, die dafür notwendig ist. Die Frage ist allerdings auch, ob man in der Lage ist, die Haltung als zeitlich limitiertes Selbststeuerungsinstrument vorübergehend einzusetzen, oder ob sie mehr und mehr zu einer Grundeinstellung wird, mit der man sein ganzes Leben steuert. Maßhalten und Innehalten sind dabei nicht aus dem Auge zu verlieren.

Zeit für sich selbst? Letztlich ist dies die eigentliche Kraft. Hier können wir auftanken, um dann für unseren Beruf und andere da zu sein. Ich möchte Ihnen drei Fragen beim lesen dieses Magazins mit auf den Weg geben. X

In welcher Situation brauche ich Disziplin und Verzicht als sinnvolles Instrument zur Zielerreichung?

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Wo neige ich dazu, mir selbst gegenüber zu hart zu sein und mir keine Auszeit zu gönnen?

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Weiß ich, wann es gilt, aufzuhören und einen Boxenstopp einzulegen?

So wünsche ich Ihnen ein entspanntes lesen und gute Impulse für Ihr persönliches Leben.

editorial Wenig Schlaf, wenig Zeit für Partner und Familie und vor allem wenig Zeit für sich selbst und für Erholung führt zum Verlust der Lebensbalance.

Die Herausgeber:

Claus J. Hartmann Winfried Hahn

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zum thema

zum thema VON RAINER J. WALLERIUS

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u den gebräuchlichen Redensarten meiner Kindheit gehörten zwei Sprüche: „Jeder ist seines Glückes Schmied“ und: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“; der erste mit der Botschaft, dass man selbst zuständig sei für sein Glück, der zweite sozusagen als Ergänzung mit der Aufforderung, nicht passiv dazusitzen und zu warten bis Gott was tut, sondern selbst tätig zu werden; denn das erwarte Gott von einem. Der erste Spruch reklamiert gleichsam die eigene Wirkmächtigkeit des Menschen, während der zweite zusätzlich den Bezug zu einem volkstümlich verstandenen Gott herstellt, ohne dem ersten dabei zu widersprechen.

Seines Glückes Schmied?

Welche Vorstellung von den Möglichkeiten des Menschen und vom Wirken Gottes, welche Populär-Theologie, welche Schicksalsvorstellung oder welcher psychologische Kompensationsmechanismus dahinter steckten und ob die beiden Redensarten überhaupt zusammenpassten oder doch nicht, darüber machte sich das Kind keine Gedanken. Trotzdem fiel ihm auf, dass nicht lange zuvor die Menschen in Deutschland eher ihres Unglückes Schmied selber gewesen sein mussten oder − und das bekam es dann oft genug zu hören − von einem unglücklichen Geschick, bösen Menschen oder beidem ins Unglück

des letzten Krieges gestürzt worden waren. Da waren sie also keineswegs ihres Glückes Schmied, und geholfen hatten sie sich selbst auch nicht, oder – wenn sie es denn versucht haben sollten – hat Gott den zweiten Spruch vielleicht nicht gekannt. Noch etwas fiel auf: Einerseits das Beklagen des unseligen fremdbestimmten Schicksals des zweiten Weltkrieges quasi als etwas, was einem verbrecherische Politiker angetan hatten, dessen Folgen, Hunger, Armut, Zerstörung und Not die Älteren nun auszubaden hatten, und was den Jüngeren zugleich miserable Startbedingungen bescherte; und andererseits das feste Anpacken vieler, vor allem der älteren Geschwister, Cousins und Cousinen und anderer Verwandter. Die schienen wirklich davon überzeugt, ihr Glück in die Hand nehmen zu können oder zu müssen und verhielten sich auch so: Ihr Glück selbst zu schmieden und davon auszugehen, dass Gott ihnen dann auch helfe. Zunächst schien es, als treffe dies alles zu: Die Unternehmungen waren erfolgreich, die Wirtschaft wuchs bis man sie ein „Wunder“ nannte. Damals hätte der Slogan einer japanischen Automarke unserer Tage eher gepasst: „Nichts ist unmöglich“; heute kommen einem da schon mal Zweifel...

Die Generation der im späten Krieg Geborenen und die erste Nachkriegsgeneration begannen tatsächlich bald nach dem sogenannten Zusammenbruch mit dem, was man den Wiederaufbau Deutschlands mit dem Ergebnis des späteren „Wirtschaftswunders“ nannte. Dies war eine Zeit, in der sich Resignation und Aufbruch lange nebeneinander bewegten, bis schließlich die Mentalität des Aufbruchs zu gewinnen schien. Es war die Zeit der Improvisation in der Not, später der ersten kleinen Firmengründungen trotz widriger Umstände in Verwaltung, Staat und Wirtschaft und des zähen Ringens mit den Bedingungen der Besatzungsmächte und später auch mit den Konkurrenten. Nicht immer stand da das strenge Einhalten der zehn Gebote vorne an, etwa, was den Eigentumsbegriff anbelangte. In den ersten Wochen und Monaten nach dem Ende des Krieges − vor dem späteren und letztlich erfolgreichen wirtschaftlichen „Aufbruch“ − war man zuvörderst damit beschäftigt, das Überleben zu sichern und dem Verhungern oder Erfrieren zu entgehen. Die Frauen aus den Städten gingen zum „Hamstern“ aufs Land in der oft vergeblichen Hoffnung von den Bauern im Tausch gegen Porzellan, Silberbesteck,Teppiche und ähnlichem ein Pfund Butter, etwas Mehl oder Milch zu bekommen; auf den Bahnhöfen beobachtete man die

Kritische Gedanken zum Verhältnis von Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Fremdbestimmung am Beispiel der Entwicklung in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg

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zum thema Güterzüge, ob sich aus den Waggons vielleicht Kohlen „klauen“ ließen, ohne dabei erwischt zu werden. Dabei wurde man ständig mit seinem Gewissen konfrontiert, denn man eignete sich ja öffentliches Eigentum an, das für die Besatzungstruppen bestimmt war. Damals bürgerte sich der Begriff vom „fringsen“ ein – frei nach dem Kölner Kardinal Frings, der – wenn schon nicht „expressis verbis“, so doch dem Sinne nach – christliches Verständnis für diese Art das eigene Überleben und das seiner Familien zu sichern, geäußert hatte. So wurde das Gewissen etwas weiter und man musste nicht ständig ein Gefühl von Schuld vor sich herschieben. Auch beim späteren Bemühen um „gute Geschäfte“ richtete man sich nicht immer nach den Grundsätzen christlicher Nächstenliebe, wenn es darum ging, einen Konkurrenten auszustechen oder an Gelder zu kommen, ehe sie ein anderer kassierte. Wollte man seines Glückes Schmied sein, so durfte man oft nicht so genau hinsehen, ob das eigene Tun sich auch immer im Einklang mit den christlichen Tugenden befand. Diese Haltung war im „Schwarzhandel“ der ersten Nachkriegsjahre gewachsen und durchaus erfolgreich gewesen. Wenngleich deren Hauptvertreter despektierlich als „Schieber“ bezeichnet wurden, wirkte sie nach und war wohl früh Wegbereiterin einer Einstellung, die das Erzielen von Gewinn quasi in den Stand einer höheren Tugend erhob. Und dies, obwohl der neue Staat zumindest im Westen bald von christlichen Parteien regiert wurde und sich in seinem Grundgesetz zu christlichen Wurzeln bekannte und die „Sozialbindung des Eigentums“ in den Programmen der christlichen Parteien und denen der Opposition wörtlich oder dem Sinne nach drinstand. War das „Fringsen“ noch vergleichbar etwa dem aus Not erwachsenen „Mundraub“ des alten Rechtsverständnisses und insofern sicher zumindest eine im Kontext der Umstände entschuldbare Verfehlung (so hatte es Frings ja gemeint), so

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muss man die weitere Entwicklung kritischer betrachten. Etwa ab den fünfziger Jahren zeigte der Aufbruch erste sichtbare Erfolge. In der Bundesrepublik machten sich viele Angehörige der jüngeren Generation selbständig. Handwerker, Baufirmen und kleine und mittlere Gewerbebetriebe und der Handel reüssierten zunehmend. Absatz und Aufträge stiegen; denn an Arbeit fehlte es im zerstörten Land nicht. Nun gab es auch entsprechende Mittel, nachdem 1948 die Währungsreform im Westen die DM gebracht hatte. Ab dann trennten sich die Entwicklungen in West und Ost und verliefen unterschiedlich. Viele im Westen hatten den Eindruck, durch ihre eigene Bemühung ihr Glück selbst in die Hand genommen zu haben, und der sich einstellende Erfolg schien auch zu bestätigen, dass Gott einem tatsächlich hilft, wenn man selbst anpackt. Es schien fast so, als habe die Währungsreform das Unterscheidungsmerkmal geliefert, um festzustellen, wer zu den „Tüchtigen“ oder den „Schmieden“ gehörte, begann zum Stichtag doch jeder mit der gleichen Ausgangssumme, nämlich vierzig DM. Wer mit diesem „Talent“ so umgehen konnte, dass sich der Betrag bald mehrte, ließ die Vermutung berechtigt erscheinen, dass er begonnen hatte, seines Glückes Schmied zu werden. Hier verfestigte sich eine Mentalität, die in den Folgejahren immer deutlicher das Gewinnmachen als äußeren Ausweis von Erfolg und Leistungsfähigkeit empfand. Der Erfolg wurde geradezu zum Fetisch, und wer es nicht schaffte, bewies seine Unfähigkeit, in der neuen Gesellschaft seinen Mann zu stehen. Das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg wurde zum kennzeichnenden Merkmal der deutschen Nachkriegsgesellschaft in der Bundesrepublik, und das Erreichen des Erfolges zum Kriterium für die individuelle Tauglichkeit in dieser. Gewiss, ohne das Aufräumen der Trümmer und das kräftige Anpacken

zum thema und Aufbauen wäre das „Glück“ im Sinne wirtschaftlichen Erfolgs nicht möglich gewesen. Aber der „Schmied“ hatte noch einige Umstände zu seinen Gunsten, ohne die er sein Glück nicht hätte schmieden können. Der wirtschaftliche Aufschwung war zwar eine Leistung; aber möglich wurde er nur, weil die weltpolitische Lage sich geändert hatte: Die Einsicht, aus dem Lande der Besiegten nicht unbedingt einen „Kartoffelacker“ zu machen, wie ursprünglich im amerikanischen „Morgenthau-Plan der De-Industrialisierung und ReAgrarisierung“ vorgesehen, hatte die wachsenden Spannungen der sich damals herausbildenden Blöcke von

Ost und West zum Hintergrund; nun ging es vielmehr darum, ihm dem Land und seinen Bewohnern zu helfen selbst erfolgreich zu wirtschaften und sich zu entwickeln. Da brauchte man gegebenenfalls einen potenten Partner gegen den jeweils anderen Block. Bedauerlicherweise führte die Grenze dieser Blöcke genau durch die Besatzungszonen Deutschlands. So entstanden in jedem Teil Bedingungen, die zur Autonomie führten, was zugleich aber auch die endgültige Abkoppelung der Entwicklungen im Westen von denen im Osten und sogar eine gegenseitige Frontstellung beider Teile bedeutete. Wirtschaftlich hatten die Menschen in der westlichen Bundesrepublik dieser

Tage durchaus mitgewirkt am darauf folgenden „Wohlstandsglück“; sie hatten sozusagen den „Kairos“, den günstigen Augenblick genutzt; sie konnten sich in Grenzen wirtschaftlich selbstbestimmt entwickeln, aber eben unter dem Dach der größeren fremdbestimmten weltpolitischen Lage, in der sie zufällig zu jenem Block gehörten, dessen System ökonomisch prosperierte. Die Tatsache, dass die östlichen Teile Deutschlands, die DDR, diese Entwicklung nicht vergleichbar mit vollzogen, weist darauf hin, wie unterschiedlich die Anteile von Fremdbestimmung und Selbstbestimmung bei gleicher Ausgangslage aussehen können. Sicher haben die Menschen im Osten genauso Trümmer zur Seite geräumt und Aufbauarbeit geleistet wie die im Westen. Die Machtsphäre, in der sie sich befanden, setzte aber andere Bedingungen. Einen vergleichbaren wirtschaftlichen Aufschwung wie im Westen konnten sie darin nicht erreichen. Dabei hinderte sie anfangs nicht einmal so sehr die Ideologie des Sozialismus und Kommunismus, die sie mit dem „Brudervolk“ der Sowjets verband, als vielmehr dessen Selbstbedienung an den noch vorhandenen industriellen Werten durch die sogenannten „Reparationen“, denen zufolge über viele Jahre noch Produktionsgüter abgeführt werden mussten, obwohl die Sowjetunion zuvor schon die industrielle Infrastruktur, Maschinen und Produktionsstätten, für eigene Zwecke ausgebeutet hatte. Rasch gesellte sich dann auch noch der ideologische Überbau hinzu, der zwar auch wirtschaftlichen Erfolg anstrebte, dies jedoch unter „sozialistischen“ Rücksichten und unter vehementer Ablehnung des „profitmaximierenden Kapitalismus“, den man idealerweise gerade in dem anderen Block kristallisiert sah, den man machtpolitisch sowieso bekämpfen musste. Interessanterweise reagierten die Menschen in der DDR auf derlei Fremdbestimmung mit der Entwicklung anderer Verhaltenswerte als die Menschen in der Bundesrepublik, wohl auch, weil sie die Fremdbestimmung als solche deutlicher wahrnah-

men. In dieser nahm die Orientierung des Handelns an Gewinn und vorzeigbarem Wohlstand weiter zu, in der DDR scharte man sich stärker im sozialen Kreis der Familie und Freunde umeinander. Die kirchlichen Gemeinden erhielten einen anderen Stellenwert als im Westen; sie waren nicht einfach Ort der Sonntagsgottesdienste, zu denen man sein neues Auto oder den Pelzmantel der Gattin, also seinen Wohlstand, sein „Glück“, vorführte. Sie gewannen eigenen Heimatcharakter als Rückzugsraum außerhalb der Staatsideologie, aber innerhalb des Staates. Im Westen stellte sich demgegenüber eine zunehmende Übereinstimmung von Kirche und Staat ein. Die Kirchen waren ganz anders als in der DDR „staatstragend“, während sie dort mehr und mehr der einzig verbliebene Ort der Opposition wurden. Im Osten wurde eine Staatsideologie entwickelt, die sich vom Faschismus des Hitler-Regimes bewusst distanzieren und das „neue Deutschland“ erfolgreich sozialistisch aufbauen wollte. Dadurch wollte man sich plakativ von der Vergangenheit und von der Tatsache, dass nicht wenige Deutsche damals stromlinienförmig mit marschiert waren, als emanzipiert darstellen. In der Bundesrepublik glaubte man an einen vermeintlich ideologiefreien Wiederaufbau, der sich tatsächlich aber an der Ideologie von Gewinn und Wachstum orientierte („immer mehr, immer größer, immer weiter...“). Psychologisch gesehen gibt es im Hintergrund der Entwicklungen in beiden deutschen Staaten mehr Gemeinsamkeiten, als es auf den ersten Blick erscheint: Im Sinne eines Kompensationsmechanismus war man diesseits und jenseits der Grenze gleichsam zum Erfolg gezwungen. Der Erfolg konnte der sichtbare Beweis sein, dass es nach dem Desaster des Nazismus dem Volk, das so viel Unheil angerichtet hatte, nun in neuem Rahmen gelingt, sich wieder einen Platz in der Völkergemeinschaft zu „verdienen“, sei als besonders gute Sozialisten oder als erfolgreiche Wirtschaftler.

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zum thema

zum thema dem Preis sozusagen, den mich und andere mein ‚Glück’ kostet. Das setzt kritische Definition dessen voraus, was ich für mein ‚Glück‘ halte, Entscheidung nach ethischen Werten und moralische Verantwortung für das, was ich zu seiner Erreichung zu tun bereit bin - und die Erkenntnis, dass nicht bloße ‚Sachzwänge‘ allein entscheidend sind, sondern immer auch meine ganz persönliche Haltung zur jeweiligen Sache.

Auch einer größeren sozialen Einheit, einer Gruppe oder einem Volk, ist es bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen Ausprägungen schlechterdings nicht möglich, dauerhaft „in Sack und Asche“ zu gehen, nach außen unermüdlich zu bereuen und Schuld zu bekennen und dabei nicht „kollektiv“ depressiv zu werden. Das schreit geradezu nach Kompensation. Ohne irgendeinen Ausgleich würde man verzweifeln. Und um nicht kollektiv zu verzweifeln, legten die Deutschen jenen Spagat hin, der es ihnen einerseits erlaubte sich von der Vergangenheit zu distanzieren und das erwartete Reuebekenntnis der Welt gegenüber abzulegen. Gleichzeitig konnten sie andererseits aber nach außen wie nach innen zeigen, dass sie etwas leisteten und dabei auf Anerkennung hoffen: Für den wirtschaftlichen Aufschwung und den Aufbau der Demokratie, sozusagen im Doppelpack. Und das anders als in den Jahren zuvor nicht mit kriegerischer Ausbeutung der Nachbarvölker oder der Juden im eigenen Land. So etwas macht bei allem Unglück stolz auf sich selbst und schmeichelt dem Selbstwertgefühl. Im vorliegenden Kontext gestattete es zudem die Sünden der Vergangenheit kräftig zu verurteilen, wie von der Welt erwartet, ohne seinen Selbstwert völlig aufgeben zu müssen; ja ein neues Selbstbewusstsein konnte sogar entstehen. Es ermöglichte bei allem Eingeständnis der desaströsen Vergangenheit mit ihren Verbrechen, an denen man ja wohl oder übel beteiligt gewesen war, offenbar auch eine gewisse Distanzierung davon; denn es fällt auf, dass bei aller Verurteilung

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oft der Eindruck entstand, das seien „ganz andere Deutsche“ gewesen, die das vergangene Unheil angerichtet hatten. Wie im individualpsychologischen Kontext gilt auch hier: Die Kompensation erfolgt häufig über Leistung. Leistung bringt erhoffte Anerkennung und Lob von außen und kompensiert Unzulänglichkeitsgefühle im Inneren. Je stärker die sind, umso mehr muss über Leistung kompensiert werden. Mit anderen Worten: Umso mehr muss man ‚seines Glückes Schmied‘ sein − und daran glauben. Beide deutsche Staaten schienen, rückblickend betrachtet, in ihren jeweiligen Kontexten bestrebt zu sein, „Musterschüler“ zu werden: demokratisches Wirtschaftswunderland hier bzw. sozialistischer Vorzeigestaat dort. Dass dabei viel Heuchelei im Spiel war, trifft hier wie dort zu. Sozialpsychologisch gesehen sind es in der Bundesrepublik die „68er“, die im Sinne des Wortes mit dem „Aufbrechen“ der Kompensationsstruktur und dem damit verbundenen Heucheln beginnen wollten − freilich ohne durchgreifenden Erfolg. Der Unterschied zur DDR besteht im Kern darin, dass dort das Regime als Regime den Kompensationszwang zu bedienen versuchte und Leistung kollektiv „verordnete“. Ehemalige DDR-Bürger erinnern sich mit gemischten Gefühlen noch an die zahlreichen „Fünf-Jahres-Pläne“ der sozialistischen Aufbauarbeit, die genau das darstellten: Staatlich verordnete (und erzwungene) Leistung seiner Bürger. In dem Maße, wie das Regime sich mehr und mehr vom Volk abkoppelte

(ohne dies wahrhaben zu wollen), höhlte sich der Mechanismus aus. Es gab von Anfang an wenig Übereinstimmung zwischen der Mehrheit der Bevölkerung und dem Regime. Während in der Bundesrepublik Leistung im dargelegten kompensatorischen Sinne zunächst durchaus vom Individuum auch aus eigenem Antrieb erbracht wurde, musste der Versuch in der DDR, diese Aufgabe auf das Kollektiv der Bevölkerung zu übertragen, misslingen. Das „Dritte Reich“ hatte den Menschen eine kollektive Ideologie mit „völkischen“ und rassistischen Inhalten vermittelt, die gerade eben erst in einem dramatischen und traumatischen Desaster geendet hatte. Diese Ideologie war ja nicht völlig ohne Zustimmung geblieben. Ohne auch nur Atem holen zu können, ohne sich vom Schock dieses Ausganges, der Täuschung und der existenziellen Verunsicherung durch das eigene Mittun erholt zu haben, bekam man nun eine andere kollektive Ideologie als Heilsbringer verordnet. Das musste misslingen. Zumal deren Ausprägung im Staat – weil eben „verordnet“ − mindestens so autoritär war wie die vorherige. Der „Neuanfang“ in der DDR war im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Natürlich mussten auch die Bürger der DDR mit der eigenen Belastung in der Vergangenheit zurecht kommen, mussten kompensieren; nur dass sie sich dabei nicht unwidersprochen dem verordneten Kompensationsmechanismus des neuen Regimes anschlossen. Auch für sie war Leistung sicher ein Mittel der Kompensation. Aber diese musste im vorgegebenen Rahmen des Systems und zum Teil sogar gegen dieses erfolgen. Eine „schizophrene“ Situation.

Nach dem Jubel über die Wiedervereinigung stellte sich bald heraus, dass es bei den ehemaligen DDR-Bürgern durchaus so etwas wie Stolz gab auf das, was sie in ihrem Rahmen innerhalb des Systems bzw. trotz des Systems geleistet hatten. Dass diese Leistungen nun nichts mehr wert sein sollen, ist ein Grund für das heutige Missbehagen zwischen beiden Teilen. ‚Ihres Glückes Schmied‘ waren die Nachkriegs-Deutschen also in ganz unterschiedlichem Maße. An dem Bild stimmt, dass sie gleichsam am vorhandenen ‚Material‘ gearbeitet haben und daraus etwas gemacht hatten. Weder die Auswahl des ‚Materials‘, noch die Rahmenbedingungen lagen in ihrer Kompetenz. Sie mussten mit dem vorlieb nehmen, was nach dem Krieg übrig geblieben war. Man kann sein Glück eben nicht vollkommen nach eigenem Belieben ‚schmieden‘; immer hat man es mit irgendwelchen Vorgegebenheiten zu tun. Mit diesen umzugehen und sie zu nutzen, kann man lernen. Das setzt voraus, dass man in einer gewissen Bescheidenheit das akzeptiert, was gegeben ist, seien es die Nachkriegsbedingungen wie in unserem Beispiel, oder die persönlichen Bedingungen des jeweils ganz konkreten Lebens. Dass man allerdings trotz solcher Grundeinstellung beim ‚Schmieden seines Glücks‘ gleichwohl sein Unglück und das vieler anderen schmieden kann, hatten die Jahre davor gezeigt. Es muss also noch etwas hinzukommen: Die Abwägung, unter welchen Bedingungen ich mein ‚Glück‘ zustande bringe und mit welchen Folgen – die Frage nach

Dies impliziert, dass man interveniert, wenn beispielsweise beim gemeinschaftlichen Streben nach ‚Glück‘ ethische Grundsätze und Verantwortungen verletzt werden. Die Subsummierung allen Handelns unter ein zum Selbstzweck gewordenes Glücksstreben, sei es nun individuell oder kollektiv egoistisch, ohne dieses ethisch zu reflektieren und zu verantworten, kann eben zum Desaster führen. Auch beim weltweiten Wiederaufbau nach dem Weltkrieg fand dieser Aspekt zu wenig Geltung – und das gilt bis heute: Entwicklungen wie zunehmende Armut aufgrund von Nahrungsmittelknappheit in der Welt werden erst jetzt, wo sie einfach nicht mehr geleugnet werden können, ernst genommen, obwohl sie kausal eindeutig im globalen Kontext des permanenten Strebens nach Kostensenkung und höheren Gewinnen stehen. Die Kunst des passenden Verhaltens liegt hier, wie in so vielem was der Mensch tut, in der kritischen Wahrnehmung, im rechten Maß und in der reflektierenden Verantwortung: Weder zu viel an eigenem Tun, noch zu wenig. Aktiv sein und zuwarten können, hinschauen, handeln und prüfen und gegebenenfalls neu und anders handeln. Dies bedarf indes einer stabilen Rückbeziehung auf eine am Wert des Menschen orientierte Ethik oder einen die Menschen liebenden Gott als korrigierende Kriterien. Sonst bekommt das Streben nach ‚Glück‘ leicht eine fremd- und selbstzerstörerische Eigendynamik. Die Verläufe der Geschichte in den autoritären ideologisch dominierten Systemen sprechen, wie beim Drit-

ten Reich deutlich geworden, eine beredte Sprache. Auf der Ebene der Handlungsmaximen gilt heute noch der Ausspruch des Barockphilosophen Friedrich Oetinger (1702 – 1782); der, ergänzt durch den Aspekt der ethischen Reflexion, stellt immer noch die beste Art dar, sein Leben im Wechsel von Aktivität und Zuwarten zu gestalten. Er gilt auch für den ‚Schmied des eigenen Glücks‘, wenn er vermeiden will, dass dies nicht zum eigenen oder zum Unglück anderer gerät; denn er verlangt, dass man hinschaut, unterscheidet und - im ergänzenden ethischen Sinne - mutig handelt:

„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.“

Prof. Dr. phil. Rainer J. Wallerius

Master of Arts, Professor im Psychology-Departement, C.U.University, Miami/USA und Jefferson-City, Präsident des Europäischen Netzwerks für Beratung, Psychologie und Therapie e.V., Supervisor, Psychologische Praxis

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zum thema

Führungskräfte & Gesunder Lebensstil Impulse aus der Praxis

zum thema Vorwort der Redaktion: Gerade Führungskräfte sind Menschen in Verantwortung für viele andere. Inwieweit gelingt es Ihnen, ein Modell zu sein für eine gelungene „life balance“? Was hat sich aus Ihrer reichhaltigen Erfahrung bewährt, im Spannungsfeld der Anforderungen die allgegenwärtige Überforderung zu vermeiden oder gesunde Grenzen zu ziehen: Die persönlichen Grenzen von Gott erweitern zu lassen, sich innerhalb struktureller Grenzen zu bewegen mit der von Gott erbetenen Gelassenheit, Dinge hinnehmen zu können, die momentan nicht veränderbar sind. Oder ganz einfach den Mut aufzubringen, sich und den andern aktiv Grenzen zu setzen? Wir haben dazu einen Pastor & Coach für Führungskräfte, einen Ingenieur & Abteilungsleiter sowie eine Lehrerin an Gymnasien um einen entsprechenden Impuls gebeten.

Wie kann ich heute Führungskraft sein und (trotzdem) einen gesunden Lebensstil praktizieren? VON JOCHEN GEISELHART Wenn ich mich nach einer mehrtägigen Geschäftsreise in meinem Büro an den Schreibtisch setze, dann wiederholt sich das immer gleiche Schauspiel. Ich werde von einer Flut von mehr oder weniger wichtigen Emails, einer Liste von Rückrufwünschen und einem Stapel von Post empfangen. Bis ich überhaupt dazu komme mich daran zu wagen, haben meine Mitarbeiter schon mit ihren Köpfen in das Büro geschaut und Gesprächsbedarf angemeldet. In diesen Situationen fühle ich eine leichte Panik in mir aufsteigen und ich frage mich, wie ich das alles schaffen soll. Der Alltag einer Führungskraft ist heute geprägt von vielen Anforderungen. Und dabei spielt es kaum eine Rolle, ob man in der freien Wirt-

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schaft oder im so genannten NonProfit-Bereich tätig ist. Die Gründe für den gestiegenen Druck auf Führungskräfte sind vielfältig. Zum einen lässt der Kosten- und somit Erwartungsdruck, der auf Führungskräften lastet, kaum Spielraum für großzügig geschnittene Arbeitsplatzbeschreibungen. Immer mehr muss von immer weniger Mitarbeitern bewältigt werden. Wenn man dann noch Entscheidungsträger ist, kommt der Druck der Verantwortung mit hinzu. Wer als Führungskraft auch noch Personalverantwortung trägt ist darüber hinaus der Erwartung ausgesetzt, dass er seine Mitarbeiter zu fördern und zu fordern hat. Diese Anforderungen sind in der Regel eine Mischung aus eigenen Ansprüchen und Erwartungen des Umfeldes, was es umso schwerer macht zu definieren, was

nun wirklich zu tun ist. Der Druck dem man ausgesetzt ist, hat nicht nur Ursachen in dem unmittelbaren Arbeitsumfeld, sondern auch in gesellschaftlichen Veränderungen. Die Welt ist „kleiner“ geworden. Die Möglichkeiten zu reisen, zu kommunizieren (ohne E-Mail und Handy läuft doch heute gar nichts mehr) sind nicht nur ein Segen, sondern oft auch die Ursache von Überforderung und Stress. Da es so schnell geht, hat man auch schnell einen unnötigen Anruf getätigt und ein überflüssiges E-Mail geschrieben. Es bringt nichts sich in Zivilisationskritik zu üben und ein „Zurück-zur-Zeit-der-guten-altenSchreibmaschine“ zu propagieren. Wir müssen lernen genau in diesem Umfeld zu arbeiten, Erfolg zu haben und zu überleben. Nur wie?

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zum thema

Kenne deine Aufgabe: Wir müssen uns klar machen, was unsere zentralen Aufgaben sind, und welche Priorität sie haben. Eine Führungskraft muss in der Lage sein, den wichtigen (nicht den dringlichen) Aufgaben, Vorrang zu geben. Wer das nicht schafft, wird seiner Aufgabe immer hinterher laufen. Sei gut organisiert: Eine Führungskraft muss lernen sich zu organisieren und einen guten Überblick über Termine, Aufgaben und Projekte zu behalten. Um daran zu arbeiten kann man auf eine Reihe von hervorragenden Seminaren und Büchern zurückgreifen. Sei konsequent: Viele Führungskräfte sind gut in der Planung, lassen sich aber immer wieder im Alltag leicht ablenken und lassen sich in Beschlag nehmen von anderen Aufgaben (in der Regel von Prioritäten anderer Menschen!). Sei fähig zu reduzieren: Eine der Hauptfähigkeiten in der modernen Welt ist die Fähigkeit auszuwählen und zu reduzieren. Mit einigen einfachen Fragen, wenn man sie denn radikal und konsequent beantwortet, kann man schon eine Menge an Entspannung für die übervolle und überlastete Seele erreichen: Muss ich das wirklich haben? Muss ich das wirklich lesen, anschauen, konsumieren? Muss ich das wirklich wissen? Eines haben zum Glück alle Errungenschaften des Informationszeitalters gemeinsam: Sie besitzen alle (noch) einen Ausschaltknopf und in der Regel passieren keine Katastrophen, bloß weil ich mal nicht mein Handy anhabe. Sei demütig: Viel Stress entsteht, weil wir uns selbst zu wichtig nehmen. Wer lernt, dass er nicht alles kann und auch nicht alles können muss, wird weitaus entspannter an

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sein Tagwerk gehen. Wenn wir lernen, uns selbst ein wenig zurückzunehmen, nicht alles persönlich zu nehmen und vor allem anderen um uns herum mehr zuzutrauen, wird das auch uns das Leben leichter machen. Wir müssen auch nicht jede Gelegenheit wahrnehmen, um uns zu beweisen und zu zeigen, wie gut wir sind. Lerne dem Wichtigen den nötigen Raum zu geben: Wenn man sieht, wie manchmal Projekte und Vorhaben im beruflichen Alltag mit einem Hochdruck und einer Intensität vorangetrieben werden, als ob davon der Weltfriede abhängt, dann wird klar, warum wir immer mehr zu Getriebenen werden. Unsere Arbeit muss getan werden, darf aber auf Dauer nicht den Platz der wirklich wichtigen Bereiche in unserem Leben einnehmen. Sorge dich um deine sozialen Kontakte: Hier spreche ich im Besonderen männliche Führungskräfte an, die über ihre Arbeit gerne ihre sozialen Kontakte vernachlässigen. Ehepartner, Kinder, und vor allem Freunde brauchen ihren Platz in unserem Leben. Termine mit unseren sozialen Kontakten sollten Vorrang haben. Kaum jemand hat auf seinem Sterbebett bedauert, dass er nicht genug im Büro war, aber wohl, dass er sich nicht genug Zeit für seine Familie und Freunde genommen hatte. Verliere nicht den Kontakt zu dir selbst: Führungskräfte sind permanent gefordert, sich für andere einzusetzen und verlieren leicht den Kontakt zu ihrer eigenen Person. Was tut mir gut? Was hilft mir mich zu entspannen? Wie empfinde ich und wie gehe ich mit Gefühlen auf eine gesunde Weise um? Zeit zum Nachdenken und zum Reflektieren, u. a. auch über

zum thema

die eigene Persönlichkeit ist kein Luxus, sondern eine absolute Notwendigkeit, damit wir auf einem guten Weg bleiben. Verliere nicht den Kontakt zu deinem Schöpfer: Eine Führungskraft braucht das Bewusstsein, dass sie mit ihrer Verantwortung nicht allein gelassen ist. Als Christ kann ich mich immer wieder im Gebet an meinen Schöpfer wenden. Gerade dann, wenn ich an meine Grenzen komme, dann hilft mir das Wissen einen Helfer an meiner Seite zu haben. Zum Schluss noch ein Gedanke: Nimm das Leben als ein Geschenk an, das sich lohnt zu leben. Als Beschenkte können wir fröhlicher, positiver und zuversichtlicher durchs Leben gehen, werden eine angenehmere Ausstrahlung haben und schlicht gesünder leben. Jochen Geiselhart

Selbsthilfe & Selbstverantwortung bei der Lebensgestaltung – Was ist das?

VON WERNER HANTL „Durch spezifische äußere Reize hervorgerufene psychische und physiologische Reaktionen bei Tieren und Menschen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen.“ Etwas das uns hilft, besondere Anforderungen zu bewältigen. Hört sich gut und sehr willkommen an. Ist es auch, aber – wie so vieles – nur gut und auf Dauer verträglich, in ausgewogenem Maße. Haben Sie es erkannt? Die Rede ist von Stress. Die Definition geht noch weiter: … Und zum anderen die dadurch entstehende körperliche und geistige Belastung, also die Kehrseite des Stresses. Und damit sind wir schon mitten drin im Spannungsfeld von Belastung und Entlastung und dem richtigen Ausbalancieren.

verheiratet, 4 Kinder ist nach jahrelanger Tätigkeit in der freien Wirtschaft derzeit als Pastor, Trainer und Coach für Führungskräfte in Wirtschaft und im Non-Profit-Bereich aktiv.

Meine Wahrnehmung ist, dass der Stress allgegenwärtig ist. Keine Altersstufe oder Berufsgruppe wird ausgelassen. Die tagtägliche berufliche oder familiäre Belastung wird von vielen als Dauerstress empfunden. Die Minderheit sind inzwischen eindeutig die Nicht-Gestressten.

Obwohl jeder darüber spricht, sind wir paradoxerweise diesem gesellschaftlichen Phänomen scheinbar unvorbereitet ausgeliefert. Obwohl konkrete und eindeutige Signale von Überforderung und fehlender Stressbewältigung bereits bei unseren Grundschulkindern vorliegen, ist der Umgang mit Stress, etwa durch altersgemäße Lehreinheiten, noch ganz am Anfang. Es gibt Mut machende Ansätze, aber das ist noch der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“. In den Betrieben sind die negativen Auswirkungen längst erkannt und ihnen wird in vielfältiger Form begegnet, etwa durch Stressbewältigungstechniken, um die Stressreaktionen zu dämpfen bzw. zu versuchen, diese erst gar nicht (destruktiv) entstehen zu lassen. Trotzdem sind hier Selbsthilfe und Selbstverantwortung bei der Lebensgestaltung gefordert und ich gebe gerne einige Ansätze weiter, die mir helfen.

Drei Dinge sind mir vorab noch wichtig: Wir sollten nicht versuchen den Stress zu beherrschen oder ihn gar bewältigen zu wollen, da er in uns doch Aktivitäten freisetzt, die konstruktiv genutzt werden können. Der richtige Umgang und das rechte Maß sind die Lösung. Ich empfinde mich bei diesem Thema immer als der Lernende und habe keineswegs den Stress „im Griff“. Immer neue Herausforderungen zeigen mir die vielen Facetten des Stresses. Bei allem Bemühen zur Ausgewogenheit ist es normal, die Balance zu verlieren. Die rechte Balance ist kein Dauerzustand, aber immer erstrebenswert.

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zum thema Folgende Fragen helfen zu einer ersten Standortbestimmung: Was muss ich und was will ich tun? Was kann ich und was meinen Andere, was ich können sollte? Bin ich an der richtigen Stelle? Bin ich mir sicher das Richtige zu tun oder tue ich vieles, um dabei auch das Richtige dabei zu haben? Was kann und was sollte ich ändern? Wie weit reicht mein Einflussbereich und was ist außerhalb meiner Verantwortung? Es ist sehr verlockend gefragt zu sein. Das vermittelt ein Gefühl der Wichtigkeit. Die Gefahr aber besteht darin, dabei die eigenen Grenzen zu ignorieren und dies zunächst noch nicht einmal zu bemerken. Auch wenn es schwer fällt, es ist einfach nur klug, die eigenen Grenzen zu akzeptieren und sich innerhalb seiner Möglichkeiten zu bewegen, machbare und ausgewogene Positionen anzustreben und realistisch zu planen. Alles andere ist

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vorprogrammierter Stress. Um hier eine klare Linie zu setzen sind eigene Prinzipien und Werte, beispielsweise die Bedeutung von Beziehungen wichtig: Gute Ordnungen zu suchen oder Gewohnheiten wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder Vertrauenswürdigkeit zu seinen Tugenden zu machen und konsequent daran zu arbeiten. Eigene Werte dürfen nicht verhandelbar sein, sie müssen zum festen, tragfähigen Bestandteil meines Lebens werden. Daran muss ich mich messen lassen! Das Gleichnis vom anvertrauten Geld aus Matthäus 25 ist mir dabei hilfreich. Dort wird von drei Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen berichtet. Nach meinem Verständnis ist nicht das Maß der Gaben das Entscheidende, sondern das, was aus der Begabung gemacht wird. Gott erwartet, dass wir mit unseren Talenten wuchern und dabei ist die gesamte Fülle von Gaben gemeint. Egal, ob viele oder wenige Talente, etwas daraus zu machen ist die Botschaft. Für mich bedeutet das, meine Fähigkeiten kennen zu lernen und sie einzusetzen. Meine persönliche Vision

zum thema ist daher: Ich möchte so ein guter und getreuer Knecht − wie in dem Gleichnis − sein. Daran richte ich meine Leben aus. Bei aller Unzulänglichkeit und Misserfolgen. Bei der Führungsverantwortung legt der Vorgesetzte den Stil und die Art der Zusammenarbeit mit seiner Mannschaft fest. Es ist ein Zeichen von Stärke, den Mitarbeitern zu zeigen und es auch mit Worten auszudrücken, dass der Chef auf sie angewiesen ist. Das macht das Team stark, schafft ein gutes Klima, gibt jedem seine Bedeutung und ist in jeder Beziehung hilfreich für das Ergebnis. Die Mitarbeiter müssen sich wohlfühlen und Vertrauen haben. Ein Maß dafür ist, in welchem Umfang sie auch persönliche Dinge Ihrem Chef anvertrauen. Aber auch selbst kann dieser dazu in die Vorleistung gehen. Etwa durch die Bitte: „Ich brauche Ihren Rat, ich komme da nicht alleine weiter!“ Bei wem würde eine solche Offenheit des Chefs nicht große Bereitschaft der Unterstützung auslösen? Die regelmäßigen Mitarbeiterbeurteilungen sollten auch dazu genutzt werden ein Feedback über sich als Vorgesetzten einzufordern! Wer zuvor ein Klima der Offenheit und der Wertschätzung

gepflegt hat, wird hier viele wertvolle Impulse erhalten. Weiterhin schätze ich den Führungsdialog: Ein regelmäßiger Austausch mit anderen Führungskräften, bei dem Problemfälle (auch eigenes Versagen) vertraulich angesprochen und offen diskutiert werden. Das Erkennen, dass ich mit meinem so spezifisch geglaubten Problem auf viel Verständnis und ähnlich gelagerte Fälle stoße, war für mich eine große Hilfe. Sich auf Veränderungen einlassen! Die Veränderung ist der Normalfall! Sich dagegen aufzubäumen ist ein verkennen der Realität. Die Veränderungsbereitschaft, anders ausgedrückt Flexibilität wird in immer höherem Maß unseren Alltag bestimmen.Traditionen wahren, aber auch den Wandel aktiv gestalten, zwischen diesen Polen gilt es die Balance zu finden. Wer unter Anspannungen lebt muss, im Sinne der Eigenverantwortung, unbedingt auch für Entspannungen sorgen. Diese Gelegenheiten ergeben sich nicht einfach „nach getaner Arbeit“, sondern müssen bewusst und immer wieder neu genommen werden.

Bei mir sind das regelmäßige Spaziergänge, manchmal mit Fotoapparat, um die Bilder festzuhalten, wie ich meine Welt sehe. Mindestens einmal in der Woche ein ausgedehntes Jogging wobei ich ein Jahresziel gesetzt habe. Dazu muss ich regelmäßig unterwegs sein und darüber führe ich Aufzeichnungen. Wenn dasTiming gestimmt hat und das Ziel erreicht ist, wird der letzte Lauf im Jahr ein kleinerTriumph, auch wenn das sonst niemand bemerkt. Immer entspannender erlebe ich auch Saunabesuche. Nach einiger Zeit sind die passenden Saunatypen, Ruheorte und die optimalen Zeiten gefunden. Einfach wohltuend! Mindestens einmal im Jahr ziehe ich mich für ein paar Tage zurück. Das kann der Aufenthalt in einem Kloster sein oder auch eine Präventionskur. Hier gilt immer, weniger ist mehr. Wenig äußere Formen die ablenken und viel Zeit mit mir selbst. Dieses Jahr denke ich über einen Teil des Jakobsweges nach. Meine Vorgaben: Ruhiger Abschnitt, im Umkreis von max. einer Autostunde und einige Tage unterwegs sein. Alles was man wirklich braucht im Rucksack.

Etwas geselliger aber trotzdem sehr erholsam sind für mich Hüttenwanderungen. Zwei Touren mit jeweils 2 Übernachtungen sind bereits gebucht. Wer das Glück hatte, in seinen frühen Jahren ein Instrument lernen zu können, sollte es unbedingt wieder auspacken. In meinem Fall ist es die Klarinette. Es gibt viele Gelegenheiten sich selbst und anderen damit eine Freude zu machen. Derzeit lasse ich mir ein paar Gitarrengriffe beibringen. Musik erreicht uns auf einer völlig anderen Ebene und hat für mich fast etwas Therapeutisches. Dranbleiben und Disziplin (übrigens zwei sehr wichtige Werte für mich) helfen auch hier zu Erfolgen. Erinnern Sie sich noch? Stress hilft uns zur Bewältigung besonderer Anforderungen. Wie wäre der Gedanke, wenn wir die Stressbewältigung zu so einer besonderen Anforderung erklären?

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zum thema

Eine gesunde Berufsleben

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Balance im durch Gebet FACHKLINIK-NEWS

DE´IGNIS-Messestand auf dem Christival

lichen Atmosphäre und einer tollen Gemeinschaft unter den „Christivallern“ und mit den Bremern.

Als Lehrer hat man die Freiheit, seine Arbeitszeiten zu einem guten Teil selber zu bestimmen und zu strukturieren. Aber Lehrersein ist mehr als Selbstorganisation und Wissensvermittlung. Man ist als Mensch, Vorbild und Autoritätsperson gefragt. Damit umzugehen, will gelernt sein. Die vielfältigen Herausforderungen bringen fast jeden Lehrer früher oder später an seine persönlichen Grenzen. Meine ersten 3 Jahre Schuldienst (ich kenne den Schulalltag mittlerweile seit 5 Jahren) waren von inneren Spannungen und dem ständigen Gefühl der Überforderung geprägt. Überforderung wegen der vielen neuen fachlichen Aufgaben, der nötigen Selbstorganisation aber auch wegen der neuen Rolle als Erziehungsund Autoritätsperson und bestimmt auch wegen einer guten Portion Leistungsdenken und Perfektionismus. Meine Arbeitszeiten lagen weit über dem, was für mich gesund war, für Sport oder sonstigen Ausgleich fand ich kaum Zeit noch Muße. Die Schule beherrschte meine Gedanken nicht

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nur zu meinen Arbeitszeiten, sondern auch zu den Zeiten, in denen ich abschalten wollte. In einem Schuljahr hatte ich besonders viele Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen. Unter anderem war da eine Klasse, der ich disziplinmäßig und auch auf persönlicher Ebene relativ hilflos gegenüberstand. Durch den Stress und den Druck kam ich in eine echte Krise: Ich zweifelte an meiner Kompetenz und stellte meine (Lehrer-)Persönlichkeit und Ausstrahlung ernsthaft in Frage. Diese Krise war aber zugleich auch der Wendepunkt in meinem Berufsleben. Mein Weg in die innere Ruhe ging von Selbstdisziplin und Anwendung von Methoden hin zur Beschäftigung mit der eigenen Biografie und vor allem zum Gebet. Ich begann also zunächst, mich intensiv mit Zeitmanagement und Selbstorganisation zu beschäftigen. Dabei traf ich konkrete Entscheidungen und setzte mir feste Termine in meinem

Wochenplan, die nichts mit Schule zu tun hatten. Konkret Zeiten für andere ausgleichende Aktivitäten zu blocken half mir, sowohl gedanklich abzuschalten als auch meinen Arbeitszeiten ein Ende zu setzen. Aber irgendwie stellte mich die Selbstdisziplin nicht zufrieden und die Probleme in der Schule ließen sich dadurch auch nicht wirklich lösen, denn die Wurzeln lagen tiefer. Als ich mich näher mit meiner Biografie auseinander setzte, wurde mir bewusst, dass die Ursachen für Stress und das Gefühl von Überforderung im Grunde genommen in früheren Verletzungen und ungesunden Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensmustern, die heute noch das Leben bestimmen, zu suchen sind. Auch das Lesen von „Prediger“ (ein Weisheitsbuch des AT) inspirierte mich immer wieder und forderte mich heraus, mir Fragen zu stellen: Sind nicht „meine Mühen eitel und Haschen nach Wind“? Was suche ich eigentlich? Welchen Nutzen ziehe ich aus der vielen Arbeit? Warum lasse ich es zu, dass mich die Arbeit und was

Fortsetzung auf Seite 25

Es war schade, dass die Zeit in Bremen so schnell vergangen ist; bereits am Samstag mussten wir unseren Stand wieder zusammenräumen und vier volle, anstrengende Tage hinter uns lassen.

Vom 30. April bis 04. Mai 2008 fanden sich 16.000 Leute aus den verschiedensten Ecken Deutschlands beim christlichen Jugendkongress Christival in Bremen ein. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Jesus bewegt“. Auch wir von DE’IGNIS waren mit einem Stand auf der „Messe missionarischer Möglichkeiten“ vertreten. Von Donnerstag bis Samstag war die Messe immer anschließend an die Gottesdienste von 12 bis 19.30 Uhr geöffnet. Unser Stand war umgeben von diversen Informationsständen von Bibelschulen, Menschenrechtsorganisationen, Verlagen und vielen, vielen mehr. Außerdem gab es eine Sitzecke, in der man bekannte Künstler wie z. B. Sarah Brendel hautnah erleben konnte. Wir durften interessante Gespräche mit den verschiedensten Leuten führen: Pastoren, Ärzte, Lehrer, Menschen, die von psychosomatischen Erkrankungen betroffen

sind, Angehörige und Freunde von Betroffenen, Schüler, Studenten, ehemaligen Patienten usw. Unser Stand hatte stets großen Andrang. Viele Besucher nahmen sich Informationsmaterial über unsere Angebote und DE’IGNISMagazine mit. Das Christival war insgesamt stark umkämpft. Es gab jeden Tag Demonstrationen und Polizeieinsätze. Manche Veranstaltungen hätten sogar ohne Polizeischutz nicht stattfinden können. Nicht zuletzt wurden die Demonstrationen durch ein Seminar ausgelöst, welches schon im Vorfeld abgesagt wurde. Dabei sollte Menschen mit homosexuellen Neigungen in ihrer Problematik geholfen werden. Leider wurde dies von den Demonstranten als Diskriminierung Homosexueller interpretiert. Trotzdem war die Veranstaltung geprägt von einer sehr guten geist-


DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de

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DE´IGNIS-AKTUELL

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Fachklinik

Umbau der Physiotherapie/ Wellnessabteilung in Altensteig

Wohlfühlen im Haus Ruth wird noch leichter! Für Patienten und Präventionsgäste ergeben sich neue Möglichkeiten, ihre „therapiefreien Zeiten“ mit Entspannung und Wohlfühlen zu gestalten. Nach dem Kauf und Umbau einer Doppelhaushälfte (Nebengebäude des DE’IGNIS-Instituts, unmittelbar angrenzend an das bisherige Klinik-

gelände in Altensteig) sowie der Errichtung eines Anbaus sollen die Physiotherapie-Abteilung in den 1. Stock und die Wellness-Abteilung ins Erdgeschoß des neuen Hauses umziehen. Durch den größeren Platz können wir dann das Angebot im Wellness-Bereich erweitern und verbessern. Es ist geplant, dass es eine größere Sauna, ein Sanarium (eine Kombination aus üblicher Sauna und Dampfbad), eine Infrarotlicht-Kabine, und 2 Whirlpoolwannen ihren Platz finden. Ebenso sollen 2 Duschen mit verschiedenen Düsen sowie eine Wärmebank mit Fußbecken bereitgestellt werden.

Außerdem ist der Anbau einer gemütlichen Ruhezone mit vielen Glaselementen, von der aus man auch in den Garten gehen kann, geplant. Im Untergeschoß werden unsere Gäste eine Möglichkeit zum Umziehen und Vorduschen haben. Für die Physiotherapie im 1. Stock

werden 3 Räume zur Verfügung stehen, wobei in ferner Zukunft in einem Raum eventuell auch ein Hydrojet-Massageliegeplatz zu finden sein könnte. Mit den Umbau-/Anbau-Maßnahmen soll im Spätsommer begonnen werden. Die Fertigstellung ist für das Jahresende vorgesehen.

Christlicher Gesundheitskongress in Kassel :?I@JKC@:?<I ><JLE;?<@KJBFE>I<JJ

Vom 27. - 29. März 2008 fand der erste christliche Gesundheitskongress im KongressPalais in Kassel statt. 1.100 Teilnehmer aus ganz Deutschland trafen sich in den verschiedensten

Foren und Seminaren rund um das Thema „Beauftragt zu heilen – in Beruf, Gemeinde, Gesellschaft“. In den Kongress wurde von den Veranstaltern auch eine Ausstellung integriert, in welcher sich verschiedene Organisationen vorstellen bzw. präsentieren konnten. Hier durften wir als DE’IGNISFachklinik natürlich nicht fehlen. Michael Appel (Pflegekraft), Rainer Oberbillig (Leitender Psychologe), Susanne Behrend (Krankenschwester

und Bibliodrama-Leiterin) sowie Jens Rödel (Verwaltung) standen den Fragen der Besucher rund um das Leistungsangebot der Klinik Rede und Antwort. Zu unserem Erstaunen mussten wir feststellen, dass uns in der „ärztlich christlichen Welt“ viele Kongressteilnehmer noch nicht kannten. Natürlich haben wir jeden interessierten Besucher sofort mit allen nötigen Informationen versorgt. Wir haben gute Gespräche geführt und konnten

hohes Interesse an der Arbeit der Klinik feststellen. Auch ehemalige Patienten machten deutlich, wie gut ihnen die Behandlung getan hat und dass sich ihr Leben seit dem Aufenthalt in unserer Klinik positiv verändert hat. Es war sehr wichtig, dass wir die Möglichkeit genutzt haben, auf diesem Kongress mit einem Informationsstand vertreten zu sein.

DE´IGNIS-AKTUELL

Normaler Glaube oder religiöser Wahn? Fachleute diskutieren neue Forschungsergebnisse Mehr als 60 Fachleute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz trafen sich am Samstag, den 8. März 2008, zu einer Arbeitstagung in den Räumen des DE’IGNIS-Gesundheitszentrums in Egenhausen. Die Tagung wurde von der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge organisiert, die jährlich dieses Forum anbietet, damit neue Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsbereichen vorgestellt und diskutiert werden können. Dr. med. Rolf Senst, Chefarzt der DE’IGNIS-Fachklinik, der auch durch die Tagung führte, stellte die Ergebnisse einer Befragung ehemaliger Patienten 10 Jahre nach dem Aufenthalt in der DE’IGNISKlinik vor. Dabei erwiesen sich die Behandlungsergebnisse erstaunlich stabil, über 80 % der Antworter gaben an, dass sich nach guten Anfangsergebnissen auch langfristig eine weitere positive Veränderung eingestellt hatte und sich die Behandlung nachhaltig gelohnt habe. Anschließend berichtete Prof. Dr. A. Barocka, Chefarzt in der Klinik Hohe Mark, über seine Untersuchung von Unterschieden in der Achtsamkeit von Depressiven und Gesunden. Das aus der buddhistischen Religion stammende Konzept der Achtsamkeit wird in der Depressionsbehandlung angewandt. Es ließ sich zeigen, dass depressive Menschen Schwierigkeiten haben, aufmerksam zu sein für den Augenblick. In der Behandlung ergeben sich damit Ansätze, die psychischen Symptome zu beeinflussen. J. Arnold berichtete über eine Befragung von Menschen, die eine sozialtherapeutische Langzeittherapie in einer Einrichtung bei Marburg, dem Glaubenshof Cyriaxweimar, absolviert hatten. Verglichen wurden die Lebensbedingungen vor und nach der Behandlung. Dabei

Suchen Sie nicht erst professionelle Hilfe, wenn es fast zu spät ist!

Prävention für Ehepaare Ehetherapie-Woche

Entdecken Sie neue Wege, miteinander zu kommunizieren und mit Ihren gemeinsamen Schwächen umzugehen. Sie haben in dieser Woche die Chance, Ihre Ehepartnerin /Ihren Ehepartner neu wahrzunehmen, kennen und lieben zu lernen. Außerdem erfahren Sie einiges über Rollen und Entwicklungen der PaarDynamik.

Fordern Sie unser Informatio nsmaterial an!

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Fachklinik

GesundheitsPrävention

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konnte festgestellt werden, dass vor allem stabilere Partnerbeziehungen möglich geworden waren und damit auch die weitere Prognose der Beeinträchtigungen gekoppelt war. Sehr interessant waren auch die Ergebnisse von Hormonuntersuchungen bei depressiven Patienten der Klinik SGM Langenthal in der Schweiz, die von Dr. R. Hefti, Chefarzt der psychosomatischen Abteilung dieser Klinik, vorgestellt wurden. Er konnte nachweisen, dass depressive Menschen schon in den Morgenstunden erhöhte Stresshormon-Werte aufweisen und dass diese Werte gegen Ende einer Behandlung statistisch signifikant zurückgehen. Dr. Samuel Pfeiffer, Chefarzt der Klinik Sonnenhalde in BaselRiehen, Autor zahlreicher auch in Laienkreisen bekannter Bücher über psychische Erkrankungen, berichtete von seinen Untersuchungen über Patienten mit religiösem Wahn und wie dieser von gesundem Glaubenserleben abgegrenzt werden kann. Interessant waren seine Ergebnisse vor allem auch im interreligiösen Bereich, z. B. über den religiösen Wahn auch bei muslimischen Patienten, und die Bewältigungsstrategien, die wahnhaft Erkrankte anwenden, um mit ihrem Wahnerleben zurechtzukommen. Schließlich berichtete der Psychologe Dr. M. Richard von der Universität Würzburg über seine Erfahrungen mit Interviews über die Gottesbeziehung unter dem Gesichtspunkt, was die Art der Gottesbeziehung über die Bindungsmöglichkeiten eines Menschen aussagen kann. Verschiedene Bindungsstile konnten dadurch abgegrenzt werden, die noch mit den Erfahrungen aus den Elternbeziehungen der Untersuchten verglichen werden sollen.

Gesundheit ist ein hohes Gut. Im Alltag ist uns häufig gar nicht bewusst, wie sehr wir mit unserem Lebensstil zu unserer Gesundheit beitragen oder ihr schaden. Gesundheitliche Prävention ist der Oberbegriff für alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden. Das erfordert Ihre Eigeninitiative. Wir unterstützen Sie dabei mit völlig individuell gestaltbaren Gesundheitswochen und zielgruppenspezifischen Angeboten.

Zielgruppenspezifische Präventionsangebote

Individuelle Gesundheitswochen Die Gründe für die Buchung einer individuellen Gesundheitswoche können ganz verschieden sein:

• Sie suchen Seelsorge in aktuellen Lebensfragen oder um eine Krise zu bewältigen.

• Sie suchen professionelle Hilfe, weil Sie körperlich-seelische Warnzeichen beobachten.

• Sie brauchen Coaching für Ihr persönliches Stressmanagement, um einem Burn-Out vorzubeugen oder

• Sie wollen Ihre Belastungsfähigkeit wieder aufbauen.

In einer Gruppe Gleichgesinnter fällt es leichter, über persönliche Anliegen und Probleme zu sprechen. Deshalb haben wir zielgruppenspezifische Konzepte erstellt: • Gesundheitsvorsorge „50plus“ • Gesundheitsförderung für Führungskräfte • Krisenbewältigung • Ehe-Woche • Präventionsangebot für Schulpädagogen • Präventionsangebot für Pastoren und andere kirchliche Mitarbeiter • Gesundheitsprävention für Missionare Je nach Zielgruppe werden verschiedene Einzel- und Gruppenangebote (z. B. Gruppe zur Stressbewältigung, individuelle Lebensberatung, progressive Muskelentspannung, Physiotherapie) zusammengestellt. Bitte fordern Sie unsere Informationsbroschüre an! Infos finden Sie auch im Internet unter www.deignis.de.

• Sie möchten Ihre Beziehungen als Paar oder als Familie stärken.

Präventionshaus eine Einrichtung der DE´IGNIS-Fachklinik gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig Telefon 0 74 53/94 94-0 · Fax 0 74 53/94 94- 96 E-Mail: info@deignis.de

• Sie wollen sich einfach nur verwöhnen lassen. Sie haben die Wahl zwischen dem günstigen Basisangebot, das Sie individuell ergänzen können, und einer komplett nach Ihren Bedürfnissen zusammengestellten Gesundheitswoche.

Präventionshaus eine Einrichtung der DE´IGNIS-Fachklinik gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig Tel. 0 74 53/94 94-0 · info@deignis.de


DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de

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Institut

INSTITUT-NEWS

zueignen: Hier geht es also darum, den christlich orientierten Patienten (= leidenden) an die Befreiungsschritte zu erinnern, die Jesus Christus für ihn bereits erwirkt hat. Die gute Nachricht hat prophetischen Charakter: Gott sieht die „Gefängnistüren“ schon offen, bevor irgendjemand das bemerkt. Um das bereits offene, aber „sichere“ Gefängnis verlassen zu können, braucht es echt Mut. Therapeuten und Berater von Menschen mit christlicher Wertorientierung dürfen und sollen Motivatoren sein, die den Befehl Christi weitergeben „Die Gefangenen sollen freigelassen werden..“. „Lazarus komm’ heraus“ – spielt auf eine weitere Passage in der Bibel an, die thematisiert wurde, die „Auferweckung des Lazarus“ – leitete dann zur therapeutischen Aufgabe über, dem Ratsuchenden beim Gang in die Freiheit behilflich zu sein, direkte „Fesseln“ zu erkennen und zu lösen; wie kann das nach dem Wort Jesu „Löst die Binden und

lasst ihn gehen“ erfolgen? Diese einleitende Betrachtung wurde durch verschiedene Fallbezogene Illustrationen aus Therapieprozessen – u. a. per Therapievideo – des Supervisionstagsleiters R. O. vertieft: Anwendung des Themas in „Gestaltungstherapeutischer“ Umsetzung durch Klienten ebenso wie die Arbeit mit „Symboldrama“ und/oder „Inneren Bildern“. Anschließend wurden die 18 Teilnehmer angeregt, sich über Therapieprozesse ihrer Klienten auszutauschen, welche Bilder/Metaphern sich in Beratungsprozessen bewährt haben und welche Fragen oder Probleme ein solches Vorgehen aufwirft. Der Nachmittag stand dann zuerst ganz im Zeichen strikter „Ressourcenorientierung“ in der Supervision: In Kleingruppen erarbeiteten die Gruppenteilnehmer zu einem vorgestellten Fall aus der Beratung die vorhandenen Ressourcen des Klienten. Nach übereinstimmender Erfahrung in diesen Intervisionsgruppen wurde dadurch die Defizitorientierung des Beraters selbst umzentriert auf die Stärken des Klienten. Der Berater wurde letztlich somit

ermutigt, dem Klienten mehr zuzutrauen und damit Vision und Hoffnung auf einen beide zufriedenstellenden Weg heraus aus den aktuellen Problemen zu vermitteln: Die Veränderung der Wahrnehmung des Therapeuten also als Modell für eine veränderte Selbstwahrnehmung des Klienten. Im Verlauf des Nachmittags gab es dann noch Gelegenheit, weitere Beratungsprobleme in die kollegiale Kleingruppensupervision einzubringen. Am Ende waren sich alle Teilnehmer einig, dass der themenbezogene Leitfaden durch den Supervisionstag eine gute Struktur bot, eigene Erfahrungen mit christlich orientierten Klienten zu reflektieren.

zusammen gekommen, um uns gegenseitig zu informieren über neue Entwicklungen in der Beratungsstellenarbeit. Auch die persönliche Ermutigung in Gemeinschaft und Gebet sollte natürlich nicht zukurz kommen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt sollte dazu der Austausch über die neue/revidierte Beratungsstellenkonzeption werden, die lebhaft diskutiert wurde. Der geplante Antrag auf Mitgliedschaft des Instituts im Dachverband „Deutsche Gesellschaft für Beratung e.V.“ (DGfB) wurde positiv aufgenommen. Interessant war dann auch

die Diskussion darüber, welche Möglichkeiten der Qualitätssicherung jede einzelne Beratungsstelle wahrnimmt. Als wichtigen Schwerpunkt sahen alle Teilnehmer u. a. die Bildung einer Intervisionsgruppe regional vor Ort. Als Fortbildungsthema ergab sich ein spontaner Beitrag zur Methode der sog. „Hypnotherapie“ (= schlafähnlicher Ruhezustand, „hypnos“ – griech.) nach M. H. Erickson. Rege und zum Teil kontrovers diskutiert wurde dann die Unterscheidung von Zuständen tiefer Entspanntheit (Trance) zur

klinischen Hypnose und zur sog. „Jahrmarktshypnose“. Fazit der spontan organisierten Fortbildung war jedenfalls, dass die zukünftigen Beratungsstellentage ein gutes Forum darstellen, die Erfahrungen unserer Partner mit den verschiedensten Fortbildungen im therapeutischen Spektrum auszutauschen. Mit einer persönlichen Segnungs- und Fürbittezeit schlossen wir gemeinsam den intensiven Tag ab.

Heraus aus dem Gefängnis ... Eindrücke vom Supervisionstag Unser Supervisionstag „Psychotherapie & Lebensberatung mit Patienten/Klienten mit religiöser Wertorientierung“ am 14. März 08 stand dieses Mal unter dem Motto: Herauskommen aus dem „Inneren Gefängnis“ in eine noch unbekannte, dem Klienten oft Furcht einflößende Freiheit. Wie möchte Gott selbst zu diesen Schritten in die Freiheit motivieren, welche Anhaltspunkte – auch symbolische – gibt es dazu aus der Bibel? In einem ersten thematischen Schritt am Vormittag wurde eine Passage aus dem Buch des Propheten Jesaja (Kap. 61) betrachtet, in der Bezug darauf genommen wird, dass die Freiheit von lange bestehenden Bindungen, Gewohnheiten oder Beklemmungen regelrecht laut ausgerufen werden muss. Auf den Beratungsprozess übertragen bedeutet dies, den Klienten zu ermutigen, vorhandene Problemlösungen oder Ressourcen seines christlichen Glaubens „in die Hand zu nehmen“, sich neu an-

Impulse vom Beratungsstellentag Am 13. März 08 konnten wir zu unserem jährlich statt findenden Beratungsstellentag unsere DE’IGNIS-Partner erstmals im DE’IGNIS-Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben begrüßen. Bis auf zwei Beratungsstellen, die aus Krankheitsgründen nicht anwesend sein konnten, waren wir vollzählig

Nächster Supervisionstage: Psychotherapie und Lebensberatung mit Patienten/Klienten mit religiöser Wertorientierung

Freitag, 12. Sept. 2008

Start des nächsten Lehrgangs im September 2008 (18.- 20.09.2008)

Fortbildung in christlichintegrativer Psychotherapie In dieser Fortbildung lernen Sie, Menschen mit seelischen Problemen qualifiziert auf der Basis biblischer Werte und Wahrheiten in Kombination mit wissenschaftlicher, klinisch-psychotherapeutischer Fachkenntnis zu helfen. Um dieses Ziel in nur 2½ Jahren berufsbegleitend erreichen zu können, müssen wir Vorkenntnisse in Form eines abgeschlossenen Studiums in Medizin, Psychologie, Sozialwissenschaften, Pädagogik oder Theologie voraussetzen. Andere Vorkenntnisse in Christlicher Lebensberatung können ggf. ein Sonderaufnahmekriterium darstellen.

Die Fortbildung kann auch dazu genutzt werden, sich im Bereich Christlicher Lebensberatung selbständig zu machen. Für die Gründung einer DE´IGNIS-Beratungsstelle ist der Abschluss der Fortbildung Voraussetzung. Die Fortbildung beinhaltet Theorieblöcke, methodisches Training, Selbsterfahrung, Supervision eigener Fälle und ein Praktikum. Geleitet wird der Kurs von Dipl.-Psychologe Rainer Oberbillig, der als Psychologischer Psychotherapeut, Verhaltenstherapeut (dgvt) und Christlicher Therapeut (IACP) seine über 20-jährige Erfahrung in ambulanter und stationärer Psychotherapie auf der Basis des christlichen Glaubens einbringen wird.

Fordern Sie unse Informa r tionsma terial an !

Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Sommerstr. 1 · D-72227 Egenhausen Telefon 0 74 53/93 91- 0 · Fax 0 74 53/93 91- 93 E-Mail: institut@deignis.de

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Institut

IV. Lehrgang „Christlich-integrative Psychotherapie“ erfolgreich abgeschlossen – Statements von Teilnehmern Am Samstag, 14. Juni 2008, war es soweit: Zwölf Kandidaten unserer berufsbegleitenden Fortbildung in „Christlich-integrativer Psychotherapie“ konnten ihr Zertifikat „Christliche(r) TherapeutIn“ glücklich in Händen halten. In einem feierlichen Abschlußgottesdienst wurde das Zertifikat überreicht und alle TeilnehmerInnen ausgesandt in ihre Berufung zur Christlichen Beratung. In seiner Ansprache betonte Dr. Rainer M. Wallerius, wissenschaftlicher Beirat & Dozent des Lehrgangs, wie wichtig es ist, die eigene Identität in der Beratung anderer zu finden, authentisch, dabei professionell und ethisch verantwortlich den Klienten in seinen Lebensfragen zu begleiten. Ein besonders wichtiger Aspekt einer therapeutischen Fortbildung ist die eigene Erfahrung in der Beratung oder die Selbsterfahrung. Hier sind einige Wahrnehmungen von Teilnehmern: „…Ich lernte eine Gruppe von Menschen kennen, die ich alle sehr schätze und von denen ich keinen mehr vergessen möchte. Mit einigen habe ich echte Freundschaft geschlossen. Der gute Geist der Veranstaltungen und die professionelle Organisation machten jedes Seminar zu einem für mich außerordentlich wertvollen Ereignis. Ich erlebte selbst durch viele Gespräche und das Miteinander eine geistliche Erneuerung. Besonders eindrücklich war für mich die Erfahrung, selbst in eine Seelsorgesituation zu gehen. Bisher hatte ich das immer vermieden. Die Erfahrung, selbst einmal Ratsuchender zu sein, war eine wertvolle Bereicherung meines geistlichen Lebens….“ „…Die Ausbildungsgruppe erlebte ich von Anfang an als zusammengehörend, respektvoll und feinfühlig, schnell fühlte ich mich integriert. Meine Bedenken zu Beginn „nicht mithalten“ zu können wurden bald entkräftigt, auch wenn sie immer wieder mal auftauchten vor allem während der Prüfungszeiten. Diese waren für mich äußerst anstrengend und ich spürte deutlich meine Grenzen. Dennoch waren sie auch eine signifikante Zeit, denn ich empfand es als ein Vorrecht für mich so viel wertvolles mir aneignen zu können (Gebetseindruck während dieser Zeit: eine wunderschöne Schatztruhe in meinem Herzen und all das Gelernte sind kostbare Juwelen und Edelsteine die ich dort aufbewahren darf)...“ „...Die Selbsterfahrungen in der

Gruppe habe ich so erlebt, dass ich mich verstanden, getragen, unterstützt und respektiert gefühlt habe. Es fiel mir nicht schwer mich in der Gruppe zu öffnen, wenn ich das Gefühl hatte dass es dran war. Auch in den Kleingruppen habe ich viel Gutes und Segen erlebt. Ich konnte das Wirken Gottes während des gesamten Kurses immer wieder erkennen und spüren…“ „…So stieß ich auf DE’IGNIS. Als ich dann vor gut drei Jahren im Rahmen des Schnuppertages für diese Fortbildung zum ersten Mal mit DE’IGNIS in Berührung kam, wusste ich sofort, dass ich das Richtige gefunden habe. Die christliche und biblische Dimension in der Beratung lernte ich als sehr hilfreich kennen, sowohl für mich als Beraterin als auch für die verschiedenen Personen, mit denen ich zusammen arbeitete. Bei den verschiedenen Beratungsprozessen gelang es mir zunehmend besser, mit Hilfe christlicher Interventionsstrategien und unter Einbeziehung vieler verschiedener kreativer Ideen weiter zu kommen. Ich erlebte Lebensübergaben, offene, meist mitarbeitende und begeisterte Klienten, aber ich kam auch immer wieder an meine Grenzen. Gerade durch diese Beratungsfälle merkte ich, wie wichtig mir die Supervision geworden ist und wie ich mich darauf freute, über Unklares/Unstimmiges sprechen zu können. Wenn Menschen sehr belastet sind und sie eventuell auch noch andere Geisteshaltungen mitbringen, sehe ich es als sehr hilfreich an, sich mit anderen austauschen zu können, korrigiert zu werden und neue Tipps fürs Weitermachen zu bekommen...“ „…Mit einigen Kurskollegen ergaben sich immer wieder gute fachliche Gespräche über die Themen des Kurses, über unsere Klienten und über uns selbst. Dadurch entstanden teilweise tiefe freundschaftliche Beziehungen. Dabei wurde mir meine Kompetenz und die Vielfalt der Erfahrungen bewusst, was mein Selbstbild veränderte und meinen Selbstwert steigerte. Dies stärkte mich in meiner Souveränität für meine Beratungstätigkeit…“ „…Eigentlich bin ich jemand, der Gruppen nicht so sehr mag. Mir ist es oft zu anstrengend, mich mit vielen Leuten auseinanderzusetzen und außerdem plagt mich in lebendigen Gruppen oft meine Lärmempfindlichkeit. So ist es mir zu Beginn des Kurses oft schwer gefal-

len, mich auf die Gruppe einzulassen oder mich einzubringen. Vor allem auch die Arbeit in den Kleingruppen fiel mir schwer. Hier hat es mich oft gestört, dass manche aus der Gruppe mit ihren Problemen „hausieren gegangen sind“… Im Laufe der Zeit fiel es mir aber leichter, mich darauf einzustellen und in dem Maße, wie sich persönlichere Beziehungen aufgebaut haben konnte ich mich in der Gruppe heimischer fühlen. Zwischenzeitlich ist es so, dass ich mich auf jeden Einzelnen der Gruppe freue…“ „…Neben dem Wunsch, mich im seelsorgerlich-therapeutischen Bereich ausbilden zu lassen und das Niveau der Gemeindeseelsorge zu verbessern, ging es mir ganz persönlich um neue Ausrichtung für mein Leben und meinen Dienst in der Gemeindeleitung. In der Kleingruppe, die sich bald als feste Gruppe innerhalb der großen Gruppe zusammengefunden hat, habe ich eine Anlaufstelle gefunden, wo ich mich mit meinen persönlichen Fragen hinwenden kann. Es hat sich in der Kleingruppe ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis entwickelt,

so dass ich den Mut fand, sehr persönliche Probleme anzusprechen, was ich sicher sonst nicht getan hätte. Insofern war diese Gruppe für mich wichtig. Ich konnte aus der Leiterrolle treten, war aber auch für die Probleme der anderen zwei Anlaufstelle. Zusammen haben wir, mal als Klient, mal als Therapeut oder Beobachter Dinge ausprobieren können, nicht nur für unsere Arbeit, sondern eben auch für jeden persönlich…“ „…Die KBT mit Ralf Elsner habe ich als sehr befreiend erlebt. Der Einsatz vom Körper, die Förderung von Körperwahrnehmung waren neue Bereiche für mich. Ich habe sie genossen. Besonders die „Drum Circle“ waren für mich wegweisend; sie haben mich so begeistert und inspiriert, dass ich das weiterverfolgt habe. Ich erlebe die Zeiten beim Trommeln als „stirring“,= bewegend, aufrührend, aufrüttelnd. Da ich emotionale Zugangswege zu Gott suche, wo ich Gott erlebe, finde ich diese Entdeckung für mich wichtig. Ich glaube, Gott spricht zu mir in dieser Richtung…“

Ein Hinweis in eigener Sache Liebe Leserin, lieber Leser, bei der Vorbereitung des DE’IGNISMagazins bemühen wir uns, Themen auszusuchen, die für Sie interessant sind und Autoren anzusprechen, die zu den ausgewählten Themen wirklich „etwas zu sagen haben“. Wir hoffen, dass uns das gelingt und Sie zweimal im Jahr ein Magazin erhalten, das Ihnen wertvolle Informationen bringt. Die Rückmeldungen, die uns erreichen, lassen jedenfalls darauf schließen. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die Vorbereitung, der Druck und der Versand des Magazins eine Menge Geld kosten. Auf Anregung einiger Leser möchten wir an dieser Stelle darauf

hinweisen, dass wir für Spenden zur Finanzierung dieses Magazins sehr dankbar sind. Die Herausgeber Spendenkonto: DE´IGNIS-Fachklinik Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 62 168 002 BLZ 642 618 53


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Wohnheim – Haus Tabor – Bereich Seelsorge

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Gott gibt mir Wert und Würde „Gott hat mich gefunden“

Bereich Seelsorge Schulung – Qualifizierung – Praxis – Netzwerk Im Bereich Schulung bietet DE’IGNIS an drei Standorten Seelsorgekurse an. Zielgruppe sind Personen mit seelsorgerlicher Erfahrung und Berufung, die ihre Fähigkeiten in diesem Bereich weiterentwickeln möchten und die sich dafür schulen lassen, Menschen mit tiefgreifenden psychischen Problemen zu begleiten. In Langenhart, welches 3 km entfernt von Engelswies in der Nähe von Sigmaringen und Meßkirch, nahe des wunderschönen Donautales liegt, beginnt im Oktober 2008 ein weiterer Durchgang des Seelsorgekurses. Der Kurs umfasst 10 Wochenend-Seminare, die als ganzes abgeschlossen werden können. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, die einzelnen Bausteine des Kurses unabhängig voneinander zu besuchen. Durch Qualifizierungs- und Praxisseminare können die in dem o. a. Kurs geschulten Personen sich zum „Seelsorge-Begleiter“ und zum „Seelsorger im Netzwerk“ ausbilden lassen (siehe Skizzen „Seelsorgeausbildung, Stufe 1 und Stufe 2“).

„Seelsorge mit allen Sinnen erleben“ ist der Oberbegriff für Seelsorge-Seminare, die jeden ansprechen. Seelsorge wird hier erlebbar, anziehend und für jedermann/ -frau ansprechend. Ziel ist es, unter anderem durch den Symbolge-

halt des Wortes Gottes und durch kreative Methoden die Gottesbeziehung der Teilnehmer zu stärken und somit „Handwerkszeug/ Rüstzeug“ für den Alltag mitzugeben (siehe Anzeige). Die „Tage seelsorgerlicher Begleitung“ laden ein zum Ausspannen vom Alltag. Der Seele Raum geben für Verarbeitung. In Lobpreis, Gebet, Plenum, Kleingruppe, Stille-

zeiten und Einzel-Seelsorge werden die Teilnehmer durch diese Tage von einem Seelsorge-Team begleitet. Auf diese Weise werden die Worte der Überschrift: „Schulung – Qualifizierung – Praxis – Netzwerk“ mit überfließendem Leben gefüllt. Anmeldungen zu den o. a. Seminaren nehmen wir gerne entgegen (siehe Anzeigenteil).

Seelsorgeschulung

Seelsorgeschulung

Stufe 1

Stufe 2

Seelsorgeschulung

Ich war völlig am Ende! Ich hatte keinen Boden mehr unter den Füßen und mir fehlte jegliche Hoffnung. Ausgelöst durch eine heftige Krise in unserer Gemeinde, fuhr ich tief verletzt und in großer Trauer zu einem Wochenend-Seminar auf die Nordalb. Was würde dort mit mir passieren? Würde Gott mir wirklich begegnen? Könnte ich Seine Stimme hören? Was würde ER sagen oder tun? Am liebsten hätte ich mich unter einem Tisch oder im äußersten Winkel des Raumes verkrochen. Aber wie heißt es in Psalm 139,7 „Wohin könnte ich mich dir entziehen? Wohin könnte ich fliehen, ohne dass Du mich siehst?“ Und genau so war es – Gott hat mich gefunden! ER benutzte „hörende“ und sensible Mitarbeiterinnen, um mir zu sagen, dass ER mich sieht in meiner Not und dass ich für IHN vollkommen bin. Ich habe einer Lüge geglaubt als ich dachte, ich wäre falsch, aber ER hat mir die Wahrheit gezeigt. ER selber gab mir Wert und Würde und hat beides tief in meinem Herzen verankert. ER ist für meinen Schmerz gestorben und durch IHN bin ich frei geworden. Ich bin so unendlich dankbar für dieses tiefgreifende Erlebnis. Übrigens, es macht unheimlich viel Spaß, in der Freiheit zu leben und immer wieder neue Facetten unseres wunderbaren Gottes zu entdecken! IHM allein sei EHRE. Verfasserin der Redaktion bekannt

Trautes Heim, Glück allein Es hat sich eine Menge auf dem ehemaligen Dachboden im Haus Ignis getan: Es zogen viele Monate des Ausbauens und Ausmistens ins Land, welche mit interessierten Augen der Bewohner verfolgt wurden. Wie wird es dort einmal aussehen? Wann wird es wohl umgebaut sein? Und die wichtigste Frage: Wem steht ein Umzug bevor? Doch seit Januar 2008 war das gespannte Warten zu Ende und nun zieren fünf Einzelzimmer, ein Bad/WC, eine Dusche/WC und ein zweiter Aufenthaltsraum das neue Obergeschoß. Fünf Bewohner haben auch bereits ihr neues „Reich“ bezogen und wurden in einem kurzen Interview befragt, wie es ihnen im „Neubau“ denn so geht und gefällt. Frage 1: Wie habt ihr euch nach dem Ganzen um/-einziehen denn so eingewöhnt? Antworten: • Recht schnell und gut • Sehr gut • Gut, fühle mich sehr wohl hier • Ziemlich gut und auch schnell Frage 2: Wie findet ihr den „Neubau“ so im Allgemeinen? Antworten: • Super gut, nur leider etwas hellhörig • Angenehm, da es zwei Bäder gibt

SEELSORGE MIT ALLEN SINNEN ERLEBEN seit Herbst 2006 auf der Nordalb Veranstaltungsort: Kirche im Aufbruch e.V. Nordalb, 73326 Deggingen

Für die Begleitung von Menschen mit tiefgreifenden seelischen Störungen Für wen ist die Schulung? Wenn Sie über Erfahrung in der Seelsorge verfügen und Ihre Fähigkeiten in diesem Bereich weiterentwickeln möchten, ist der Kurs genau richtig für Sie. Der Kurs soll die Teilnehmer dazu befähigen, Menschen mit tiefgreifenden psychischen Problemen qualifiziert zu begleiten.

Was wird in den Seminaren vermittelt? Durch die Vermittlung von psychologischem/therapeutischem Fachwissen und biblischen Grundlagen, sowie durch Selbsterfahrung und Einüben verschiedener Möglichkeiten der seelsorgerlichen Gesprächsführung werden die Teilnehmer für den Dienst an notleidenden Menschen ausgerüstet und gestärkt.

Unter anderem sind folgende Themen geplant:

Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln

Methodische und inhaltliche Grundsätze der Gesprächsführung

Psychopathologie – psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen

Darstellung der gängigen Therapieschulen und ihrer Behandlungsverfahren

Jugendseelsorge – Freundschaft, Liebe, Sexualität

Das biblische Menschenbild (Anthropologie) und seine Konsequenzen für das seelsorgerliche Handeln (Konzeption biblischer Seelsorge) Identitätsentwicklung und Identitätsstörungen

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Seelsorge mit allen Sinnen erleben

WOHNHEIM-NEWS

Seelsorgeausbildung

Wohnheim – Haus Tabor – Bereich Seelsorge

DE´IGNIS-AKTUELL

• Gut, dass es Badewanne und Dusche gibt • Komfortabel, man kommt sich vor wie im Hotel Frage 3: Wie findet bzw. gefällt euch euer neues Zimmer? Antworten: • Es ist geräumig, hell, sauber und ich bin zufrieden damit • Gut, wenn ich es aufgeräumt habe • Finde es nett • Super, mit Dachschräge und Holzbalken Frage 4: Gibt es in deinem Zimmer irgendetwas Besonderes was dir gefällt? Antworten: • Ja, ich habe noch zusätzlich ein Eckfenster • Ja, die Möbel, aber vor allem die Aussicht • Mir gefällt einfach alles daran • Ja, die Dachschräge, die Holzbalken und vor allem die Kombination: Rustikal und Modern

DE’IGNIS-Wohnheim – Haus Tabor seit langem mit voller Belegung Das DE’IGNIS-Wohnheim – Haus Tabor fährt seit langem mit voller Belegung. Nach dem gelungenem Dachausbau mit den schönen Einzelzimmern verfügt das Haus über 30 Betten, eine Außenwohngruppe mit 4 Personen und 3 Plätze für Tagesgäste. Grund für die volle Belegung ist das weit über die Landesgrenzen hinaus geschätzte vielfältige Angebot des Hauses. Die auf christlichen Grundlagen beruhende pädagogisch-therapeutische Arbeit führt viele Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet nach Engelswies, um dort Hilfe und Neuorientierung zu suchen. Erleichtert wird dieser Weg auch dadurch, dass mittlerweile viele Landkreise und andere Träger der Eingliederungshilfe wegen der hohen fachlichen Qualität die Kosten für einen Aufenthalt in DE’IGNIS-Wohnheim auf der Grundlage von Einzelfallentscheidungen übernehmen.

Tage

Schulung für Seelsorge

seelsorgerlicher Begleitung

ab Oktober 2008 in Langenhart

Nähe von Neustart in der ktober 2008! Engelswies im O

Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu sich selbst) in Vergangen heit und Gegenwart • Die Persönlichkeit des Seelsorgers • Umgang mit Leid Kursleitung: Winfried Hahn, Pastor, Pädagoge, Christlicher Therapeut mit Team

Vorschau auf Frühjahr 2009! Gott gibt mir Wert und Würde (Seminar für Frauen) Bei diesem Seelsorge-Wochenende für Frauen werden Wert und Würde für jede Teilnehmerin erlebbar gemacht. Ziel des Seminars ist es, dass jede Frau durch neue kreative Methoden zu ihrer gottgegebenen Identität findet. Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team

Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team

Vorschau auf Jahresbeginn 2009! Raum für meine Seele Ausspannen vom Alltag Ein Team von Seelsorgern und Seelsorgerinnen wird die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in diesen Tagen bei Lobpreis, Gebet, Lehre, Kleingruppe, Stillezeiten und in Einzel-Seelsorge begleiten. Seminarleitung: Dagmar Göhring mit Team

in Kooperation mit

Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung

Telefon 0 75 75/9 2507-0 oder 0 7570/95 19 67 Telefax 0 75 75/9 2507-30 E-Mail seelsorgekurs@deignis.de

21. - 23.11.2008 IDENTITÄT – DER ICH BIN sagt mir wer ich bin Jede/r TeilnehmerIn darf erleben, was es heißt, für Gott so wertvoll zu sein, dass ER ihm/ihr ganz persönlich begegnen möchte, um ihm/ihr dabei behilflich zu sein, zur gottgegebenen Identität zu finden und zu stehen.

Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung

Kirche im Aufbruch e. V. Tel. Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung

0 75 75/9 25 07-0 oder 0 75 70/95 19 67 Fax 0 75 75/9 25 07-30 seelsorgekurs@deignis.de

24. - 25.10.2008 Beginn der 10-teiligen Seminarreihe Beschreibung auf Seite 22 im Artikel „Seelsorgeschulung“ Veranstaltungsort: Heu-Hotel Brigel-Hof, Meßkirch-Langenhart mit dem Angebot von Seminarräumen, freundlichen Zimmern, Heu-Hotel und Verpflegung vom Bio-Hof

Wohnheim gGmbH - Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung

in Kooperation mit

Kirche im Aufbruch e. V.

Tel.

0 75 75/9 25 07-0 oder 0 75 70/95 19 67 Fax 0 75 75/9 25 07-30 seelsorgekurs@deignis.de


DE´IGNIS im Internet: www.deignis.de

DE´IGNIS-AKTUELL

Christliche Stiftung Polen

Fortsetzung von Seite 16

Fortschritte, Herausforderungen und offene Türen für unser Engagement in Polen Wir schauen auf eine bewegte Zeit in Bezug auf unsere Polen-Arbeit zurück. Da ist zunächst einmal das Projekt mit unserer „Winter-Klinik“. In unserem Tagungshaus in Pomysk finden ja im Frühjahr und Sommer Seminare und Freizeiten statt, während wir seit dem letzten Jahr in den Wintermonaten Therapieaufenthalte von mehreren Monaten Dauer anbieten. Der erste Durchgang von Oktober 2007 bis April 2008 war sehr ermutigend. Unser Team arbeitete engagiert und harmonisch zusammen. Unser Psychiater Jurek, seine Frau Grazina (ebenfalls Ärztin) sowie Jusek und Anja (Hauseltern mit Therapieausbildung) als auch unsere langjährige Köchin und guter Geist des Hauses Janezka, dienten mit beeindruckendem Engagement den Gästen. Sehr gut war das Echo unserer ersten „Patienten“ auf ihren Therapieaufenthalt. Besonders viel Heilung und Freisetzung geschah

durch Anjas gesegneten und mittlerweile auch auf CD erhältlichen Lobpreis (siehe Inserat rechts). So gehen wir mit unseren polnischen Freunden ab Oktober hoch motiviert in den zweiten Durchgang unseres Therapieangebotes. Auch die Frage nach der Baugenehmigung für das geplante Klinikprojekt kommt in Bewegung. Die neu gewählte Stadtverwaltung von Bytow signalisierte hohe Bereitschaft, den Flächennutzungsplan zu unseren Gunsten zu ändern, so dass in naher Zukunft auch hier mit offenen Türen zu rechnen ist. Dies alles verschlingt sehr viel Geld. Polen hat zwar einen Wirtschaftsaufschwung, aber das Durchschnittseinkommen ist trotz enorm steigender Preise nach wie vor sehr niedrig. (Es bewegt sich für den Großteil der Bevölkerung zwischen 300 und 500 Euro netto.) Das bedeutet: Wir erhalten zwar Spenden aus dem

ganzen Land, die aber wegen der in der Breite der Bevölkerung vorherrschenden Armut naturgemäß nicht sehr hoch sind. Immer wieder staunen wir über die Herzlichkeit, mit der wir auf Vortragsreisen, Seminaren, Konferenzen etc. empfangen werden. Der christliche Rundfunk Polens hat mit uns über unsere Aktivitäten schon mehrer Interviews gemacht, das Buch „Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel“ von Winfried Hahn ist in einem renommierten polnischen Verlag erschienen, christliche Zeitschriften berichten interessiert über unsere Aktivitäten. So sind wir dankbar für die eindeutigen Signale, die uns zeigen, dass wir nicht nur im Land willkommen sind, sondern unser Dienst und unsere Angebote ausdrücklich begrüßt und gefördert werden. Dies bestätigt unseren inneren Eindruck, dass wir hier im Auftrag Gottes handeln.

Spendenkonto: Christliche Stiftung DE‘IGNIS Polen, Sparkasse Pforzheim, Konto 7 260 512, BLZ 666 500 85

zum thema

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DE´IGNIS Musik-CD

Ania & Freunde Polnischer Lobpreis inklusive deutscher Übersetzung im Booklet 9,90 Euro Zu bestellen bei der Christliche Verlagsgesellschaft TABOR Fred-Hahn-Straße 32 72514 Engelswies Tel. 0 75 75 - 9 25 07- 20 Fax 0 75 75 - 9 25 07- 19 E-Mail: info@tabor-verlag.de www.tabor-verlag.de

Ambulante Therapie und Beratung DE´IGNIS-Gesundheitszentrum, Sommerstraße 1, 72227 Egenhausen, Telefon 0 74 53/93 91-0 DE´IGNIS-Wohnheim, Fred-Hahn-Straße 32, 72514 Engelswies, Telefon 0 75 75/92 50 70 Ulrike Hauer, Beratungsstelle, Bitscher Straße 20, 66996 Fischbach b. Dahn, Telefon 0 63 93/56 86 Dorothea Reuther, Beratungsstelle, Dillweißensteiner Straße 9, 75180 Pforzheim, Telefon 0 72 31/78 40 88-0 Katrin Lehmann & Annette Kuhn, Beratungsstelle, Großenhainer Straße 137, 01129 Dresden, Telefon 03 51/8 43 87-77 Dr. med. Doris Schneider-Bühler, Beratungsstelle, Alpenstraße 13, 78262 Gailingen, Telefon 0 77 34/9 36 98 48 Dagmar Göhring, Beratungsstelle, Ulmenweg 22, 88605 Meßkirch-Langenhart, Telefon 0 75 70/95 19 67 Marion Geißler, Beratungsstelle, Elisabeth-Selbert-Straße 7, 34253 Kassel-Lohfelden, Telefon 05 61/8 20 33 68 Sylvia Haufe, Beratungsstelle, Schützenallee 52, 79102 Freiburg, Telefon 07 61/7 07 75 01 Magadalene Schnabel, Beratungsstelle, Max-Liebermann-Straße 9, 73257 Köngen/N., Telefon 0 70 24/8 68 91 69 Erika Gesper, Beratungsstelle, Alte Jakobstraße 75, 10179 Berlin, Telefon 0 30/27 59 17 82 Dr. B. Zeller, Praxis, Diplom-Psychologe, Hohenheimer Straße 21, 70184 Stuttgart, Telefon 07 11/8 60 29 20 Lothar Gies, Noordlicht, Beratungsstelle, Sailerstraße 2, 26676 Barßel, Telefon 0 44 99/9 26 99 77

Christliche Therapeuten und Berater (DE´IGNIS): Anna Beraldi, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Nußbaumstr. 7, 80336 München Manfred Dersch, Leiter des Missions- und Sozialwerks die Arche e.V., Mushecke 19, 35216 Biedenkopf Michael-Christian Diehl, Friedhofstraße 10, 35713 Eschenburg Dr. med. Sibylle Domnick-Lüdke, Breite Straße 103, 76135 Karlsruhe Dr. med. Jutta Günther, Hermannstraße 23, 75428 Illingen Dr. med. Kirsten Hautmann-Flesch, Kalmitweg 53, 67117 Limburgerhof Inge Westermann, Perspektive Glauben und Leben, Billunger Weg 25, 26131 Oldenburg Andrea Herzog, Susanne-Pfisterer-Straße 6, 69124 Heidelberg Karen Kammler, 16727 Oberkrämer, E-Mail: beratung-K@mmler.net Almut Lindgen, Döbernstr. 10, 25551 Hohenlockstedt Eva-Maria Löffler, Pöhlauerstraße 18, 08066 Zwickau Heike & Mario Reinicke, Am Hungerberg 4, 36272 Niederaula Dr. med. Bernhard Stoll, Hosanna-Beratungsstelle, Feldstr. 77, 45968 Gladbeck

andere über mich denken könnten so beherrschen? Wem will ich gefallen? Basiert meine Identität in falscher Weise auf Erfolg? Mich mit diesen Fragen ernsthaft auseinander zu setzen war für mich der erste Schlüssel zu einem ausbalancierten Leben. Ich spürte schon, dass ich meine Identität in Christus suchen und mich wirklich an Gott wenden musste. Aber nicht immer ist es so, dass man automatisch bei Gott zur Ruhe kommen und die Nähe und Fülle, von denen die Bibel spricht, empfangen kann. Menschliche Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensmuster übertragen sich eben auch auf die Beziehung mit Gott. Aber wenn nicht bei Gott zur Ruhe kommen, wo dann? Ich sollte lernen, auch zu beten, wenn sich nicht sofort positive Gefühle und die Gebetserhörung einstellen. Ich brauchte Gottes Eingreifen in die ausweglose Situation. Jeder eigene Versuch, die Stresssituation zu beheben, scheiterte. Mir blieb nur noch eins: mir viel Zeit für Gebet zu nehmen, die ich eigentlich gar nicht hatte. Gott stellte sich zu der Entscheidung und schickte mir Menschen, die mich verstehen und mit denen ich bis heute regelmäßig bete. Früher hatte

ich die Auswirkung des Gebets unterschätzt. Aber es ist die mächtigste „Waffe“, die wir als Christen haben. Viele Dinge klären sich nach Gebet von selber: Gott ändert mich und Menschen und Situationen um mich herum. Bei solchen Veränderungsprozessen spielt Vergebung eine größere Rolle, als man sich vorstellt. Das betrifft nicht nur Vergebung gegenüber den Menschen, die einen derzeit unter Stress setzen. Es gibt ja Gründe, warum man sich überhaupt unter Stress setzen lässt, bzw. Druck von außen annimmt: Menschen haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass man heute ein Problem hat. Mittlerweile sieht mein Leben – Gott sei Dank – anders aus. Mein Gebetsleben hat sich dahin entwickelt, dass es erste Priorität für mich geworden ist. Ohne Auftanken bei Gott, ohne Orientierung für den Tag, die ich im Gebet bekomme, wächst mir alles schnell über den Kopf und das Leben fühlt sich sinnentleert an. Gebet hingegen gibt mir die Kraft, meine Aufgaben mit innerem Frieden zu erledigen, egal, ob ich viel oder wenig zu tun habe. Nicht selten erlebe ich auch, dass mir Gott viel Zeit zurückschenkt und mir Dinge einfach zufallen. Das Wort Gottes hilft mir, bei Heraus-

forderungen ruhiger als früher zu bleiben: Gott hat gute Werke für mich vorbereitet, in denen ich zu wandeln berufen bin. (Eph 2, 10). Gott beruft nicht die Fähigen, sondern er befähigt die Berufenen. Er gibt den Müden Kraft und Stärke genug den Unvermögenden. (Jes 40, 29 ). Als Jesus über seine Vollmacht sprach, sagte er, „Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht (…). Der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er tut (…)“ (Joh 5, 19-20). „Alles hat seine Zeit und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ (Pred. 3,1) Deshalb sollte auch ich nach Gottes Zeiten fragen, wenn es um die Gestaltung des Tages geht. Was sollte der Fokus in unserem Leben sein? Nähe zu Gott suchen und zulassen. Vor ihm das eigene Herz ausschütten und wahrnehmen, was auf Seinem Herzen ist und was er tun will: Für uns und für die Menschen, denen wir heute begegnen. Dann kehren wir in seine Ruhe ein. Der Preis: Zeit, verzweifeltes sich Ausstrecken nach Seinen Verheißungen und innerer Zerbruch. Aber der Preis ist es wert.

Name der Autorin ist der Redaktion bekannt.

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zu r d isk ussi on

zum thema

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zum thema VON WINFRIED HAHN

M

anchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: Es ist schick, einen„burn-out“ zu haben. Wie eine Bestätigung ihrer Wichtigkeit reden viele davon, einen burn-out zu haben oder zumindest kurz davor zu stehen – mit leidend wichtigtuerischer Miene. „It‘s trendy, to have a burn-out”. Fast scheint es so, wer wichtig ist oder sich so fühlt, muß ihn haben und einen Therapeuten dazu! Tatsächlich reden sich viele in einen burn-out hinein. Jeder, der sich engagiert, der mit Begeisterung seine Arbeit tut, der über das normale Maß hinaus arbeitet, bekommt es zu hören: „Paß auf, dass du keinen „burn-out kriegst.“ Wie ein fast unabwendbares Schicksal, wie ein Damokles-Schwert, wie eine „self-fullfilling prophecy“ wird fast jedem leistungsfähigen und leistungswilligen Menschen das Unheil vorhergesagt:

burn-out – ausgebrannt, abgebrannt wie eine Kerze, leer, Psyche irreversibel kaputt.

Burn-out

Trend oder echte Gefahr?

Ich schreibe hier aus der Perspektive eines leistungswilligen und leistungsfähigen Verantwortungsträgers, der gerne arbeitet, auf seine Life-balance achtet, aber es bald nicht mehr hören kann: „Sei bloß vorsichtig, sonst erwischt es dich auch, dieses ominöse, fast unabwendbar erscheinende Schicksal „burn-out“. Oft rede ich mit anderen Verantwortungsträgern, die manchmal genervt stönen: „Ich glaube, meine Mitarbeiter reden sich in einen „burn-out“ hinein.“ Forschungsergebnisse bestätigen dies: Ganze Abteilungen in Firmen, Organisationen und auch in christlichen Werken stönen, klagen und jammern über angeblich zu viel Arbeit, vermiesen sich gegenseitig die Laune und erzeugen dadurch ein in der Tat „burn-out förderndes“, Arbeitsklima. Ich schreibe hier gegen ein verkürztes Verständnis von „burn-out“an, das sich durchaus zum Leistungskiller entwickeln kann. Arbeit kann auch Spaß machen, vor allem, wenn man das Vorrecht hat, im Reich Gottes arbeiten zu dürfen. Wer aus Berufung

handelt, ist und bleibt leistungsfähig, auch dann, wenn ihm Krisen nicht erspart bleiben. Im folgenden will ich der Frage nachgehen:

Wer kriegt „burn-out“? Burn-out kriegt, wer sich ständig selbst überfordert. Wenn man sich die Frage stellt, warum Menschen in der Gefahr stehen, sich ständig zu überfordern, so hat das sehr viel mit der Person selbst zu tun. Dr. med. Martin Grabe nennt das sehr zutreffend die „inneren Antreiber“. (Zeitschrift Psychotherapie & Seelsorge Nr. 3/2007 S. 26ff) Ein innerer Antreiber kann die Sehnsucht nach Anerkennung sein, weil einem in der Kindheit die Anerkennung vom Vater, von Autoritätspersonen oder Kameraden versagt geblieben ist. Die Kompensation quälender Minderwertigkeitsgefühle kann dazu führen, dass ein Mensch sich selbst ständig überfordert, weil er sich und anderen etwas beweisen muß. Dies führt zu einem oftmals verbissenen inneren Leistungsdruck. Der Mensch befindet sich unter dem Stock eines inneren Antreibers, der ihn ständig vorwärtsknüppelt. Signale der Überforderung werden ignoriert. Wer sich selbst dazu verdammt, erfolgreich sein zu

müssen, braucht sich nicht wundern, wenn er zusammenbricht. Hier ist Umdenken und die Veränderung des inneren Denk- und Lebenskonzeptes angesagt. Seelsorge und Therapie können hier wichtige Hilfen sein. Biblisch ausgedrückt würde die Diagnose lauten: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden“. Wer nach Großem strebt, auch wenn er unter dem Zwang steht, Minderwertigkeitsgefühle kompensieren zu müssen, bringt sich so unter Erfolgsdruck, dass Überforderung, Erschöpfung, Resignation etc. vorprogrammiert sind. Wer Minderwertigkeitsgefühle durch Überwertigkeitsideen kompensieren will, folgt letztlich einem stolzen Lebenskonzept. Da es sich hierbei um meist unbewusste Vorgänge handelt, wäre jede moralische Bewertung oder Verurteilung fehl am Platz. Wohlwollende, empathische seelsorgerliche Begleitung und Therapie sind hier angesagt, wenn es darum geht, diese verborgenen inneren Antreiber aufzuspüren und zu entkräften. Andere innere Antreiber können ein Mangel an Geborgenheit und das Gefühl immer gegenüber anderen (z. B. gegenüber Geschwistern), zu kurz gekommen zu sein. Es gibt viele innere Mangelkonstellationen, die einen Menschen unter Leistungsdruck bringen. Hier gibt uns die Bibel

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zum thema

wertvolle Hilfen an die Hand. Gerade die Botschaft von der Gnade, von dem bedingungslosen Angenommensein durch unseren himmlischen Vater befreit von dem inneren Druck, etwas besonders leisten zu müssen. In Seelsorge und christlicher Therapie arbeiten wir deshalb intensiv am richtigen Gottesbild. Religiöse Leistungsorientierung, drohende und strafende Gottesbilder, Übertragungsphänomene von z. B. autoritären Vaterfiguren auf Gott müssen bearbeitet und verändert werden. Innerer Erfolgsdruck (tiefenpsychologisch formuliert ein zu rigides Über-Ich oder überhöhtes Ich-ideal) muß bewusst gemacht und bearbeitet werden. Die helfende biblische Botschaft lautet: Ich muß nichts großes leisten oder mir oder anderen etwas beweisen. Ich brauche nicht den Erwartungen meiner Herkunftsfamilie oder anderer Autoritätspersonen entsprechen. Ich brauche nicht dem Ehrenkodex meiner Familie und damit der Familienehre, der Familientradition etc. gerecht werden. Es genügt, wenn ich bin, wie ich bin, weil Gott mich annimmt und akzeptiert, auch da, wo ich Grenzen habe und vielleicht versage. Wer sich frei macht vom Erfolgsdruck, darf entdecken, dass es viele Gelegenheiten gibt, ein bisschen nützlich zu sein, und man hat sogar Freude dabei. Wer sich von seinen Überwertigkeitsideen verabschieden kann, darf erleben: Es genügt, einfach nur ein bisschen nützlich zu sein, und es macht sogar einem selbst Spaß und andere freuen sich darüber. Dies ist übrigens das biblische Konzept von „Demut“. Ich diene mit den Gaben, die ich habe, so gut ich kann, aber ich lasse mich nicht von Stolz, Überwertigkeitsideen

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oder Mangel dazu verleiten, meine Leistungs- und Belastungsgrenzen zu überschreiten. Demut hat nichts mit Unterwürfigkeit und Speichelleckerei zu tun. Demut ist die Fähigkeit, seine Grenzen zu akzeptieren und nicht gegen sie zu rebellieren, aber dennoch mit Engagement an dem Platz zu dienen und zu arbeiten, an dem man steht. Natürlich gibt es auch die gesellschaftlich bedingten „äußeren Antreiber“, z. B. der Leistungsdruck im Beruf, der oftmals unfaire Konkurrenzkampf unter Kollegen, die Existenzangst des materiellen Überlebens für sich selbst und seine Familie. Hier ist es nicht leicht und erfordert viel Mut, Grenzen zu setzen, um einer Überforderung vorzubeugen. Aber auch hier ist es wichtig, sich seiner inneren Antreiber bewusst zu sein, um rechtzeitig seine Grenzen zu erkennen, und nicht die seelische Gesundheit seiner Karriere zu opfern.

zum thema

Eines sei jedoch deutlich gesagt: Das Reich Gottes aber auch die Gesellschaft braucht leistungsfähige und leistungswillige Mitarbeiter, die Freude an der Arbeit und am Engagement haben. Nur so bleiben die Kirchen überzeugend und unser Staat und unsere Gesellschaft funktionsfähig. Ein verkürztes Verständnis von „burnout“ ist lähmend und zersetzend. Arbeit soll und darf Spaß machen und ist (vorausgesetzt im richtigen Maß) körperlich und seelisch absolut förderlich und gesund! Winfried Hahn

Aber:

Nicht die Arbeit macht krank. Im Gegenteil: Arbeit kann und soll Spaß machen. Es ist das Übermaß, mit dem sich ein Mensch durch innere oder äußere Zwänge vereinnahmen lässt. Wir brauchen diese gesunde Life-balance von der Doris SchneiderBühler in ihrem Artikel in dieser Ausgabe ab Seite 29 schreibt.

Ein Workshop zur persönlichen Standortbestimmung VON DORIS SCHNEIDER-BÜHLER

D

er Begriff „work-life balance“ ist heute in aller Munde. Dies suggeriert, dass das eigentliche Leben erst jenseits der Arbeit beginnt. Ich spreche im Folgenden bewusst von life balance. Es geht um die Frage, wie ich mein ganzes Leben – alle meine verschiedenen Lebensbereiche – sinnvoll ausbalancieren kann.

Fazit:

Natürlich gibt es das Krankheitsbild des „burn-out“ und oftmals trifft es die Engagiertesten. Niedergeschlagenheit, Resignation, innere Leere, das Gefühl der Sinnlosigkeit, Schlafstörungen, Ängste und vieles andere mehr können sich als Symptome dann einstellen.

LIFE BALANCE – oder die Kunst gute Grenzen zu setzen

Pastor und Pädagoge. Vater von zwei erwachsenen Kindern. Er studierte Pädagogik und war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden. Als Christlicher Therapeut leitet er heute das DE’IGNISWohnheim – Haus TABOR zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung. Als Autor und Pastor im übergemeindlichen Dienst hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.

Gute Grenzen setzen zu können ist in unserer leistungsorientierten und reizüberfluteten Gesellschaft überlebenswichtig geworden. Wo sind meine Grenzen? Habe ich ein gutes Gespür dafür entwickelt und gelernt, diese zu respektieren? Habe ich sie zu weit gesteckt und drohe in Burnout, „Workaholismus“ und Überlastung unterzugehen? Oder habe ich meine Grenzen aus Angst vor Überforderung, Fehlern oder Niederlagen zu eng gesteckt und lerne dadurch eine Vielzahl meiner Gaben und Fähigkeiten nie kennen und lebe weit unter meinen Möglichkeiten?

Bin ich in Gefahr, durch meinen Aktivismus nicht nur mich selber, sondern auch meine Familie, Freunde oder Mitarbeiter zu überfordern, weil ich alles und jeden an meiner viel zu hoch gesteckten Leistungs-Latte messe? – Oder habe ich mich so sehr in meine kleine gemütliche und überschaubare Welt zurück gezogen, dass alles Neue, Herausfordernde, Überraschende und Abenteuerliche außen vor bleibt und ich dadurch viele Chancen verpasse?

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zum thema Der Wissenschaftler Nossrat Peseschkian beschreibt in einer transkulturellen Studie, dass das Leben in einer Balance zwischen vier zentralen Bereichen stattfinden muss, damit es sich gesund entwickeln kann. Lothar Seiwert, ein führender Experte in Sachen Zeit- und Selbstmanagement, nimmt dieses Modell in verschiedenen seiner Bücher auf: Wir können uns diese vier Bereiche wie eine Arte „Lebenswippe“ vorstellen. Lebensbalance bedeutet nicht, dass wir diese vier Bereiche täglich exakt im Gleichgewicht halten müssen. Unsere Lebenswippe darf und soll sich durchaus dynamisch bewegen. Wichtig ist aber, dass wir starkes Ungleichgewicht über einen längeren Zeitraum vermeiden. Wir alle erinnern uns sicher noch gut daran, mit wie viel Freude wir in unserer Kindheit auf dem Spielplatz gewippt haben. Solange zwei etwa gleich schwere Parteien wippten, machte das Ganze viel Spaß. Mal war der Eine oben, mal der Andere – ein Spiel mit viel Schwung und Dynamik. Einfach nur ausbalancieren wäre langweilig geworden. Was aber passierte

damals, wenn eine Seite hoffnungslos „übergewichtig“ war? Einer blieb unten sitzen, der Andere oben hängen. Das Spiel war aus, bevor es angefangen hatte. Der Obere hatte keine Chance runter zu kommen – es sei denn, er ist abgesprungen, vielleicht sogar ohne dass der Kollege es merkte.

zum thema Bereich Arbeit fließen. Das ist völlig in Ordnung, nur sollten über einen längeren Zeitraum gesehen alle vier Lebensbereiche gleichwertig berücksichtigt werden. Folgende Fragen sollen dabei helfen, sich einen Überblick über den Zustand der vier verschiedenen Lebensgebiete zu machen:

Auch unsere vier Lebensbereiche können zu viel oder zu wenig Gewicht haben. Die Wippe gerät dann ins Stocken, die Dynamik ist weg. Vielleicht ist einer unserer vier Lebensbereiche sogar schon „abgesprungen“ oder „ausgestiegen“? Bei der Gewichtung dieser vier Lebensbereiche geht es nicht um ein rein zeitliches Gleichgewicht, sondern vielmehr darum, wie viel Aufmerksamkeit und Energie ich jedem Lebensbereich widme. Auch gibt es immer wieder Lebensphasen, wo der eine oder andere Bereich mehr Aufmerksamkeit braucht. So werde ich bei der Geburt meines Kindes oder der Krankheit eines Freundes viel Zeit in den Beziehungsbereich investieren, nach einem Jobwechsel jedoch wird viel Energie in den

Gibt es in meinem Alltag regelmäßige „Erholungsinseln“? Welche? Kenne ich die Grundlagen einer gesunden und dennoch schmackhaften Ernährung? Setze ich dieses Wissen um? Bewege ich mich regelmäßig? Welche Bewegungsart macht mir überhaupt Spaß? Plane ich regelmäßige Erholungszeiten wie freie Wochenenden oder Ferien? Habe ich ein Hobby, bei dem ich mich entspannen kann? Kenne ich eine Entspannungsmethode, die mir entspricht?

Gesundheit: Fühle ich mich gesund und ausgeglichen oder bin ich öfters krank, gestresst, gereizt?

Oder bin ich vielleicht ein Gesundheitsfanatiker geworden und habe diesen Lebensbereich „überfüttert“? Welchen ersten Schritt möchte ich in diesem Bereich tun?

Kenne ich meine persönlichen Stress-Warnsignale? Wenn ja, wie reagiere ich darauf?

Arbeit/Leistung Beruf, Erfolg, Ehrenamt, Geld, Haushalt, Garten

Wie sehen die Beziehungen zu den mir wichtigsten Personen aus? Nehme ich mir genügend Zeit für diese Menschen? Welche Beziehung möchte ich bewusst vertiefen? Gibt es Beziehungen, aus denen ich mich zurückziehen möchte? Gibt es Konfliktbeziehungen, die ich bereinigen sollte? Möchte ich neue Freundschaften aufbauen? Wenn ja, welche?

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Macht mir meine Arbeit im Allgemeinen Freude?

Weiß ich, welche Werte mir persönlich wichtig sind? Setze ich diese in meinem Leben um? Welche Ziele habe ich für mein Leben, für die verschiedenen Lebensbereiche? Nehme ich mir regelmäßig Zeit, um diese Ziele zu prüfen und zu überarbeiten?

Wofür schlägt mein Herz? Welche Themen berühren mich immer wieder?

Beziehungen:

Glaube, Liebe, Vision, Werte, Ziele, Berufung

Nehme ich mir regelmäßig Zeit für diesen wichtigen und oft vernachlässigten Bereich?

Kenne ich meine persönliche Berufung?

Ernährung, Bewegung, Fitness, Erholung, Entspannung

life balance

Arbeit/Leistung:

Kenne ich meine Gaben und Fähigkeiten? Setze ich sie ein?

Gesundheit

Sinn/Werte

Sinn/ Werte:

Beziehungen

Habe ich einen guten und tragfähigen Freundeskreis, in dem mir wohl ist?

Freunde, Familie, Partner, Arbeitskollegen, Nachbarn

Welchen ersten Schritt möchte in diesem Bereich tun?

Habe ich eine persönliche Vision für mein Leben? Wenn ja, welche Schritte unternehme ich, um sie zu verwirklichen? Lebe ich mein Leben nach der Uhr oder mit dem Kompass? Das heißt, schiebt sich Dringendes immer wieder vor Wichtiges oder habe ich meine Ziele vor Augen und visiere diese immer wieder an? Was bedeutet mir der Glaube an Gott/Christus? Wie wirkt er sich auf mein Leben aus? Hat er einen Einfluss auf meine Ziele, meine Berufung, meine Lebensgestaltung? Welchen ersten Schritt will ich in diesem Bereich gehen?

Kann ich meine Fähigkeiten und Gaben dort einsetzen? Gebe ich diesem Bereich zu viel Gewicht? Wenn ja, was könnte ich daran ändern? Gibt es neue Herausforderungen, die ich annehmen sollte? Bin ich am richtigen Platz oder sollte ich mir einen neuen Arbeitsbereich suchen? Kann ich meine Berufung, meine Lebensvision umsetzen bei meiner Arbeit oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit? Gibt es eine ehrenamtliche Tätigkeit, die ich anstreben sollte? Wie gehe ich mit Geld um? Sollte ich mehr verdienen? Mehr weitergeben? Weniger ausgeben? Mehr für mich brauchen? Mir weniger Sorgen darum machen? Welchen ersten Schritt möchte ich in diesem Bereich umsetzen? Wo soll und darf ich Grenzen setzen in diesen vier Lebensbereichen? Wo vielleicht aber auch Grenzen ausdehnen und erweitern? Grenzen einfach zu übertreten oder niederzureißen bringt immer Verletzung mit sich. Entweder schade ich mir selber, indem ich meine Gesundheit, meine Beziehungen oder meinen inneren Frieden aufs Spiel setze – oder ich verletze andere, indem ich sie überfordere, meine Beziehung zu ihnen vernachlässige oder sie in Dinge hineindränge, die ihnen nicht entsprechen. Gott verletzt unsere Grenzen nie!

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zum thema Selbst wenn wir falsche Entscheidungen treffen, zwingt er uns nicht in die richtige Richtung. Er korrigiert uns durchaus, aber er setzt uns nie unter Druck! Wir sind aufgefordert, ebenso miteinander umzugehen. Jeder muss seine persönlichen Grenzen selber festlegen und verantworten. Keiner kann und soll für den Andern Grenzen bestimmen, weder in die eine noch in die andere Richtung. Unsere Ressourcen und Kräfte sind sehr unterschiedlich, entsprechend auch unsere persönlichen Grenzen. Je nach Lebenssituation und Lebensphase können sich unsere Grenzen auch verschieben. Wir müssen lernen, sehr sorgsam mit den eigenen, aber auch mit den Grenzen anderer umzugehen. Druck ist nie der richtige Weg, weder mir selber gegenüber, noch gegenüber anderen. Wenn ich dazu tendiere, mich zu stark abzugrenzen, kann ich lernen, bei neuen Herausforderungen gut zu prüfen, ob die Antwort wirklich ein NEIN sein soll. Vielleicht geht es gerade jetzt darum, mich dieser Chance mutig zu stellen! Grenzen erweitern oder Neues lernen, kann ich nur, wenn ich mir zugestehe, Fehler zu machen. So, wie ich ein Instrument oder eine Sprache nur lernen kann, wenn ich Fehler machen darf, so kann ich auch jede andere Fähigkeit nur entwickeln, wenn ich das Risiko Fehler zu machen eingehe. Tendiere ich eher dazu, meine Grenzen immer wieder zu übertreten, bin ich wie ein Spitzensportler, der für seine Leistungen im Moment zwar Lob und Anerkennung bekommt, später aber einen hohen Preis bezahlen muss, wenn seine Gesundheit ruiniert ist. Wenn ich dauernd über meine Grenzen lebe, riskiere ich nicht nur meine Gesundheit, sondern auch den Zerbruch von mir wichtigen Beziehungen. So wie uns Gott manchmal herausfordert, unsere Grenzen enger zu stecken oder zu erweitern, so dürfen wir uns gegenseitig ermutigen, unsere Grenzen zu überdenken und manchmal auch mutig zu erweitern oder enger zu setzen. Das manchmal etwas überstrapa-

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zierte Gebet des Jabez (1. Chronik 4,10) gibt uns da ein gutes Beispiel. Jabez hat seine Grenzen nicht ignoriert oder niedergerissen – sondern er hat Gott gebeten, seine Grenzen zu erweitern. Diesem Gebet dürfen wir uns anschließen. Gott möchte uns helfen, unsere Grenzen gut und weise zu setzen. Manche Grenzen müssen vielleicht etwas enger gesetzt werden, andere sollen aber mutig geweitet werden. Gott wird uns diesbezüglich führen und leiten, wenn wir dazu bereit sind.

zum thema Habe ich für jeden dieser vier Bereiche einen ersten Schritt geplant? Wann beginne ich damit? Es geht nicht darum, das ganze Leben auf einen Schlag umzukrempeln. Setzen Sie Ziele – vielleicht auch große Ziele – aber gehen Sie diese in kleinen und realistischen Etappen Schritt für Schritt an. Nehmen Sie sich mehrmals im Jahr bewusst Zeit, um zu Träumen und zu Planen. Überprüfen Sie dabei immer wieder Ihre Ziele, wie weit Sie diese schon erreicht haben, ob sich die Ziele verändert haben, ob sie noch relevant sind oder ob neue Ziele dazu gekommen sind. Ein altes Sprichwort sagt, dass wir ein Schiff erst lenken können, wenn es fährt!

Anregungen zum Nachdenken Sind meine vier Lebensbereiche einigermaßen im Gleichgewicht, so dass sich meine Lebenswippe dynamisch und harmonisch bewegen kann? Ist ein Lebensbereich „übergewichtig“ und sollte etwas „abspecken“? Wenn ja, an welcher Stelle soll die „Diät“ beginnen?

Setzen Sie also mutig Segel, nehmen Sie das Steuerruder in die Hand und peilen Sie Ihr Ziel an! Sie können Ihren Kurs unterwegs korrigieren wenn nötig, aber fahren Sie los! Wenn Sie im sicheren Hafen bleiben, werden Sie Ihr Ziel nie erreichen können! Steuern Sie also mutig in die offene See, mit Gott als Kapitän werden Sie auch die Stürme überstehen! Dr. med. Doris Schneider-Bühler

Ist ein Lebensbereich „untergewichtig“ und bleibt „oben hängen“? Oder ist er vielleicht schon in Gefahr „abzuspringen“ und ganz auszusteigen? Wie und wann kann ich diesem Bereich mehr Platz einräumen? Was ist mir wirklich wichtig? Wo will ich Schwerpunkte setzen? Was raubt mir Kraft? Wo verzettle ich mich? Habe ich Grenzen niedergetreten – bei mir selber oder bei anderen? Wie will ich dies korrigieren, bereinigen? In welchem Bereich wünsche ich mir eine Grenzerweiterung? Wie könnte ich vorgehen? Wo geht es darum, Grenzen enger und klarer zu stecken?

Christliche Therapeutin (DE’IGNIS) & Dipl.-Coach i. A. ist mit Ihrer Beratungsstelle Partnerin von DE’IGNIS. Sie bietet zu vielen Themen der Prävention und Gesundheitsförderung Seminare bzw. Workshops an. Internet: www.cbs-praxis.com

Der Sonntag ist Gottes Idee – auch die 5-Tage Woche? 1

Überlegungen zum Lebensrhythmus der Schöpfung VON ANDREAS LÄMMLE

Einleitung Beginnend ab 1955/56 wurde in Westdeutschland schrittweise die 5-Tage(Arbeits-)Woche eingeführt. Seither gibt es Werktage, die keine Arbeitstage sind. 2 Wenige Jahre später wurde ab 1965 zunächst in vielen Bereichen die 40-Stunden-Woche eingeführt, ab 1990 dann in vielen Unternehmen sogar die 35-StundenWoche. Mit Ausnahme der letzten zehn Jahre ist in Europa ein Trend zu immer kürzeren Arbeitszeiten festzustellen. Grund hierfür ist vor allem der laufende Produktivitäts-Fortschritt, aufgrund dessen zur Bestreitung des Lebensunterhalts immer weniger Arbeitszeit aufgewendet werden muss. 3 Pro Kopf der Bevölkerung wird heute die sechsfache Menge an Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet wie vor 100 Jahren.4 Während über Jahrhunderte hinweg sechs Tage in der Woche gearbeitet wurde, entwickeln sich die modernen

Industrienationen in Sachen Arbeit zunehmend „zu einer reinen DI-MIDO-Gesellschaft“, in der man freitags möglichst bald ins Wochenende eilt und sich montags zunächst vom Stress des randvoll gefüllten Wochenendes erholt.5 Umgekehrt wird aktuell immer wieder von Eltern eine Rückkehr zur 6 Tage-Woche in den Schulen gefordert, da diese eine kontinuierlichere Lernarbeit ermögliche.6 Von einer Verteilung des Lern- und Arbeitspensums von fünf auf sechsTage verspricht man sich eine entspanntere Atmosphäre, weniger Konzentrationsschwächen und eine Effektivitätssteigerung. Dabei wird oft auch angeführt, dass Wochenenden einerseits zu lang seien, um sich vom Wochenrhythmus zu erholen, andererseits aber auch zu kurz für einen Urlaub. Angesichts dieser aktuellen Entwicklungen stellt sich die Frage, ob es einen optimalen Rhythmus von Arbeit und Ruhe gibt und wie dieser gegebenenfalls aussieht.

Die 7-Tage-Woche als Zeiteinheit Bei der Woche handelt es sich um die erste Zeitgliederung, die sich nicht an der Natur orientiert.7 Bei einigen früheren Kulturen sind gleichmäßige Rhythmen von zweiTagen Arbeit und einem Tag Ruhe zu beobachten. Die Azteken hatten eine 5 -Tage-Woche und eine 13-Tage-Woche. Im Römischen Reich kam man sogar bis zur Einführung der christlichen Woche im Jahr 321 n. Chr. ohne Woche im heutigen Sinne aus. China gab vor etwa 1000 Jahren seine 10-Tage-Woche zugunsten der biblischen 7-Tage-Woche auf. In Babylonien teilte man dagegen die Zeit bereits sehr früh in 7-TageBlöcke ein. Vereinzelt wird vertreten, die Zusammenfassung von sieben Tagen zu einer Woche resultiere aus der Länge der vier Mondphasen eines Monats. Andere erklären die

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Zahl der Wochentage mit den im Altertum als Planeten angesehenen Himmelskörpern Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. 8 Die kulturgeschichtlich bedeutendste Fixierung erfuhr die 7-Tage-Woche jedoch durch die Schöpfungsgeschichte im Alten Testament.9 Heute hat sich das System der 7-Tage-Woche in allen bevölkerungsmäßig großen Kulturen durchgesetzt und nachhaltig erhalten. Alle bisherigen Versuche, die 7-Tage -Woche abzuschaffen, sind gescheitert.10 Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Abfolge der sieben Wochentage je unterbrochen worden wäre. Es kann deswegen als erwiesen angesehen werden, dass der Wochentagszyklus zumindest seit der Zeit Moses läuft.11 12

Das besondere der biblischen Woche Das entscheidende und besondere an der heute weltweit am biblischen Schöpfungsbericht orientierten Wochengliederung ist jedoch nicht die 7-Tage-Woche an sich, sondern die Untergliederung der Woche in sechs Werktage und einen Ruhetag.13 Aufeinander bezogen wechseln Arbeitstage und Ruhetage in einem regelmäßigen Rhythmus. Dieser Rhythmus ermahnt, menschliche Arbeit weder unterzubewerten noch überzubewerten. Gottes Arbeitsauftrag an den Menschen, die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren14, bestand bereits vor dem Sündenfall. Menschliche Arbeit steht unter dem Segen Gottes. Arbeit ist würdig, weil der Mensch in seinem Schaffen besonders deutlich das Ebenbild des schaffenden Gottes verkörpert.15 Anders als in der übrigen Welt der Antike, in der die Arbeit als eines freien Mannes unwürdig war und deswegen abgelehnt wurde, und anders als der Welt des Materialismus, in der Arbeit von Gott losgelöst vergötzt wird, soll

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der Mensch nach altund neutestamentlichem Verständnis grundsätzlich arbeiten. Ausnahmsweise gilt etwas Besonderes: Der Ruhetag des „Sabbats“ soll Teilhaben an der Ruhe Gottes sein 16, viel mehr als eine reine Erholung. In eine Welt der Unruhe hinein schuf Gott ein Volk, das zur Ruhe berufen ist.17

Arbeit und Zeit Die beiden Begriffe „Zeit“ und ‚Arbeit“ gehören zu den am häufigsten gebrauchten Substantiven der deutschen Sprache. Beide Begriffe gemeinsam bilden den Begriff „Arbeitszeit“, der wie wenige andere in Alltagsgesprächen und Tarifverhandlungen Dauerthema ist. Die sukzessiven Arbeitszeitverkürzungen der letzten Jahrzehnte entsprachen langfristigen historischen Trends. Arbeitszeit erschien als eine zu verkürzende Zeit; die Zeit der Arbeit sollte auf natürliche, menschlichen Bedürfnissen Rechnung tragende Maße zurückgeführt werden.18 Interessanterweise hat − trotz der durch die Rationalisierung von Arbeitsvorgängen stetig gewonnenen Zeit − der „Zeitdruck“ und die Wahrnehmung einer „Zeitknappheit“ zugenommen. Dabei führten diese Veränderungen nicht zu einer Verschiebung der Zeitanteile zwischen Arbeit und Ruhe, sondern ließen einen zunehmenden von beiden losgelösten dritten Bereich entstehen: Die vielfältigen Angebote der Freizeitgesellschaft verbunden mit der Oberflächlichkeit einer reinen „Spaßgesellschaft“ werden genährt durch den Wunsch vieler, möglichst nichts zu verpassen. In dem Maße, in dem der Glaube an ein ewiges Leben fehlt oder schwindet, wird die „Kürze des Lebens“ zum Problem. Nach dem jüdisch-christlichen Verständnis von Zeit und Arbeit ist mit der von Gott dem Menschen geschenkten, unbestimmten, aber auf jeden Fall kurzen Zeit des irdischen Lebens die Aufforderung verbunden, diese knappe

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Zeit für gute Werke zu nutzen oder genauer „auszuschöpfen“.19 Dieser umfassende Arbeitsauftrag bleibt auch in Zeiten und Gesellschaften, in denen sich der zeitliche Anteil der Subsistenzarbeit (Arbeit, die der Mensch zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verrichtet) vermindert, bestehen. Gerade auch nach christlichem Verständnis soll das gesamte Leben Gottesdienst sein.20 Nicht übersehen werden darf weiter, dass Arbeit im biblischen Sinne mehr ist als reine Subsistenzarbeit – auch zu kreativen „schöpferischen“ Tätigkeiten ist der Mensch beauftragt. Unter diesen Gesichtspunkten sind auch ein mögliches ehrenamtliches Engagement sowie die Freizeitgestaltung zu überdenken.

Sabbat oder Sonntag? Gestützt auf den Bericht vom „Ährenraufen am Sabbat“21 fühlte sich die frühe Christenheit frei vom äußeren Sabbatgebot. Das Einhalten des Sabbats wurde sogar als Rückfall ins Gesetz verurteilt.22 Um sich vom Judentum abzugrenzen, wurde von Kaiser Konstantin und Papst Silvester I. gemeinsam der Sabbat verworfen und in Erinnerung an den Tag der Auferstehung Jesu der Sonntag als Ruhetag, an dem zunächst nur die Arbeit der Behörden ruhte, bestimmt. Dem ursprünglichen Sonntag fehlte damit das auffälligste Kennzeichen des jüdischen Sabbats, die „Arbeitsruhe“, aufgrund der die Juden in der antiken Welt allgemein als „Faulenzer“ verschrien waren.23 Erst die späteren Kaiser Theodosius und Justinian haben dann auch die private Arbeit eingeschränkt. Zuvor bedeutete die Sonntagsruhe nur, dass am Sonntag die Arbeit aus religiösen Gründen auf ein Mindestmaß reduziert wurde, vor allem um die Heilige Messe besuchen zu können.24 Das galt selbst nach dem Aufkommen des frühen Mönchtums für die strengsten Klöster.25 Während in Deutschland in der Reformation der absolut arbeitsfreie Sonntag nicht

wesentlich war, kam im 17. Jahrhundert durch die von den Puritanern beeinflussten Pietisten wieder eine sabbatähnliche Sonntagsheiligung auf, die im Laufe der Industrialisierung immer weniger eingehalten wurde. Mit der Weimarer Reichsverfassung im Jahr 1919 erhielt die Sonntagsruhe bis heute verfassungsrechtlichen Schutz.26 Zweck der Sonntagsruhe ist dabei nicht nur die Arbeitsruhe, sondern vor allem die „seelische Erhebung“, in der sich die Teilhabe an der Sabbatruhe Gottes widerspiegelt. Für die Frage der Rhythmisierung von Arbeit und Ruhe macht es keinen Unterschied, ob der Sabbat oder der Sonntag Ruhetag ist.

Gesundheitliche Überlegungen Die biblische Rhythmisierung wird auch durch Erkenntnisse der Biologie und Medizin bestätigt. In der „Chronobiologie“, die sich mit der zeitlichen Organisation von Organismen befasst, wurden bei Lebewesen physiologische 7-Tage-Rhythmen („Zirkaseptanrhythmen“) beobachtet.27 Als körperliche Faktoren für ein gesundes Leben werden allgemein sowohl eine ausreichende körperliche Betätigung als auch Zeiten der Ruhe, mithin weder eine dauernde Über- noch Unterforderung genannt.28 „Tätigkeit ist die Triebfeder der Lebensuhr. Man kann sich überarbeiten, aber weit leichter überfaulenzen.“ 29 Arbeitslosigkeit ist genauso ein Gesundheitsrisiko wie pausenlose Überarbeitung. Arbeitswissenschaftler raten bei einem hohen Arbeitspensum statt zu vielen Überstunden unter der Woche eher samstags zu arbeiten, um kein Erholungsdefizit in den nächsten Tag zu schleppen. 30 Ein Schlüssel zur Entspannung – und damit auch zu einem gesunden Arbeitsstil – liegt im Erkennen von der Ordnung und dem Rhythmus, der in die Schöpfung gelegt ist. Es gilt zu einem Lebensstil zu finden, der der biblischen Würde des Menschen und den Ordnungen Gottes für unser Leben entspricht.31

Aktuelle Herausforderungen Bei allen Bestrebungen zu einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten sollte der jahrtausendelang bewährte

7-Tage-Rhythmus mit seinem 6:1Mix berücksichtigt werden. Hierzu gehört auch das Eintreten gegen eine Verwischung von Sonntag und Werktag.32 Der weit über die Sicherung des Lebensunterhalts hinaus gehende Zweck der Arbeit darf nicht in Vergessenheit geraten. Arbeit muss Sinn, darf aber auch Spaß machen.33 Eine Verteilung der Arbeitszeit auf mehr Werktage darf keinTabu-Thema sein − entsprechendes gilt für die Verteilung der zu erledigenden Menge an Arbeit auf die Arbeitszeit. Viele möchten dieselbe Arbeit lieber in einer längeren, dafür aber entspannteren, stressfreieren Zeit erledigen. Jeder ist im Rahmen seiner Gaben, Fähigkeiten und Möglichkeiten beauftragt, sich wie auch immer zum Segen des Nächsten und zu Gottes Ehre arbeitend zu engagieren – jedoch maßvoll begrenzt durch die regelmäßige Teilhabe am Ruhen Gottes. Arbeitsbedingungen sind zu überdenken – sonntägliche Aktivitäten auch. Aus diesen Gründen muss die christliche Ethik und das gesellschaftliche Engagement von Christen auch an einer Behebung der Arbeitslosigkeit, der Änderung einseitiger Arbeitssysteme, der rechten Freizeitgestaltung, den Arbeitszeitbestimmungen und allen damit verbundenen Problemen interessiert sein.34

Zum Schluss: Persönliche Stellungnahme Die gesunkene Wochenarbeitszeit, einhergehend mit den wachsenden Angeboten unserer Freizeitgesellschaft, stellt jeden zunehmend vor die Frage, wie der von Gott mit dem Prädikat „sehr gut“ konzipierte Rhythmus von Arbeiten und Ruhe in der heutigen Zeit im eigenen Leben umgesetzt werden kann. Zugegeben: Manchmal schaffe ich das von mir zu erledigende Arbeitspensum nicht von Montag bis Freitag. Und dann freue ich mich auf den Samstag, an dem von mir in beginnender Ruhe und Vorfreude auf den Sonntag manches noch abgeschlossen oder erledigt werden kann. Oft erlebe ich gerade diese Stunden als besonders produktive

und kreative Arbeitszeit. Und allen gerade samstags bestehenden Freizeit angeboten zum Trotz werde ich dabei oft an Gott, den Schöpfer, erinnert, der ausgerechnet am sechsten Tag die Krone der Schöpfung erschaffen hat: uns Menschen! Literaturhinweise: 1

vgl. unten Abschnitt „Sonntag oder Sabbat“ Werktage sind alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, vgl. § 3 Abs. 2 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz). Arbeitstage sind dagegen nur die Tage, an denen gearbeitet wird. 3 www.de.wikipedia.org/wiki/Arbeitszeit 4 Miegel, Meinhard: Wachstum bringt keine Jobs. Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) vom 26. August 2002 5 Hahne, Peter: Schluss mit lustig – Das Ende der Spaßgesellschaft, 2005, S. 39 6 so beispielsweise Schwarzhoff, Regine in: FOCUS vom 7. August 2007, Zurück zum Samstagsunterricht? 7 insoweit unterscheidet sich die Woche vom Tag und vom Jahr 8 in Babylonien war man damit dem überwiegenden Rest der Welt wie beim Rechnen und der sonstigen Zeiteinteilung einen großen Schritt voraus; den in Babylonien lebenden Sumerern verdanken wir bis heute die 60-Minuten-Stunde 9 1. Mose 1,1 – 1. Mose 2,4 10 Napoleon schaffte die nach dem Französischen Revolutionskalender eingeführte 10-Tage-Woche nach 13 Jahren ab, auch der sowjetische Kalender der Oktoberrevolution mit seiner 5-Tage-Woche konnte sich dort „nur“ von 1929 bis 1940 halten. 11 nähere Einzelheiten vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/Woche 12 selbst bei der Umstellung des Julianischen auf den Gregorianischen Kalender folgte auf den Donnerstag, 4. Oktober 1582, der Freitag, 15. Oktober 1582 13 1. Mose 2, 2+3, 2. Mose 20, 8 -11 14 1. Mose 2,15 15 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Arbeit II) 1) und 2) 16 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Sabbat III) 17 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Ruhe, ruhen 18 Dohrn-von Rossum, Gerhard, Geschichte der industriellen Arbeitsgesellschaft: Strukturwandel bis heute und Potentiale für die Zukunft, 1997 19 Dohrn-von Rossum, Gerhard, a.a.O. 20 vgl. z. B. Römer 12, 1 21 Markus 2, 23-28 22 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Sabbat V)2a) 23 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Sabbat V)2c) 24 www.de.wikipedia.org/wiki/Sonntagsruhe 25 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Sabbat V)2c) 26 „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“, Art. 139 Weimarer Reichverfassung, nach Art. 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Vgl. europaweit – wenn auch etwas offener- Art. 2 Abs. 5 der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961, wonach „eine wöchentliche Ruhezeit sicherzustellen“ ist, „die soweit möglich, mit dem Tag zusammenfällt, der in dem betreffenden Land oder Bezirk durch Herkommen oder Brauch als Ruhetag anerkannt ist.“ 27 beispielsweise folgen Heilungsprozesse und Abstoßungsreaktionen bei Organtransplantationen diesem Wochenmuster, so ORF-ON Science, Neues aus der Welt der Wissenschaft, Zur Entstehung der Sieben-Tages-Woche, www.science.orf.at/science/news/46545 28 www.de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit 29 Peter Rosegger, Fundstelle unbekannt 30 Nicola Holzäpfel, Gut arbeiten – Pflicht zur Pause, Süddeutsche Zeitung vom 8. März 2007 31 Dieterich, Michael, Wir brauen Entspannung, 1992, S. 30 32 Menschen brauchen den Sonntag, Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz, 1999 33 Hahne, Peter: Schluss mit lustig – Das Ende der Spaßgesellschaft, 2005, S. 40 34 Rienecker, Fritz (Hrsg.), Lexikon zur Bibel, Stichwort: Arbeit II)4d) 2

Andreas Lämmle

verheiratet, 3 Kinder und ist von Beruf Notar.

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zum thema

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Persönliche Grenzen durch Krisen akzeptieren lernen VON SIMONE MARQUARDT

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ie oft wird betont, dass es keine Schande ist, psychische Probleme zu haben oder eine Therapie in Anspruch zu nehmen. Zumindest unseren Klienten gegenüber beteuern wir dies öfter und sind auch überzeugt davon. Auch humorvolle Schilderungen wie „das einzige, was uns vom Klienten unterscheidet, ist der Schlüssel“ zeigen die Mischung aus einem Versuch der Solidarisierung mit den Hilfesuchenden und gleichzeitig einer Annäherung an die eigenen Nöte, die diese aber auch gleichzeitig verdrängt. An Grenzen kommen und Krisen erleben – aber bitte möglichst ohne größere Beeinträchtigung, damit die Funktionsfähigkeit und auch das Selbstbild gewahrt bleiben und nach Möglichkeit nichts nach außen dringt. Dabei nehmen psychische Krisen – auch bei professionellen Helfern – immer mehr zu. Burnout und Erschöpfungsdepressionen sind nichts Ungewöhnliches mehr, sie gelten heute als Zeitkrankheit.

Zwischen Ideal und Wirklichkeit: Warum es manchmal schwer sein kann, persönliche Grenzen wahrzunehmen An seine Grenzen zu kommen, geschieht meist schleichend. Bei Menschen, die an Erschöpfungsdepressionen oder dem BurnoutSyndrom erkranken, herrscht oft ein jahrelanges Missverhältnis

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zwischen den eigenen Idealen und Möglichkeiten, investierter Kraft /Anstrengung und Erfolgen. Auch das Empfinden, zu wenig Anerkennung oder Unterstützung von Angehörigen, Freunden oder Vorgesetzten zu bekommen, kann eine solche Entwicklung begünstigen. Persönliche Grenzen zu akzeptieren, setzt voraus, diese zu kennen. Nicht selten geschieht es, dass wir unsere Grenzen erst dann wahrnehmen, wenn Krisen uns durch einen Zusammenbruch dazu zwingen, uns mit unserem Lebensstil auseinanderzusetzen. Viele unserer persönlichen Grenzen sind allerdings auch für uns nicht immer sichtbar oder eindeutig, sie werden oftmals durch innere oder auch äußere Motivationen überlagert. Hierzu zählen z. B. der Wunsch nach Anerkennung, Akzeptanz und Geliebtsein oder auch der Druck, der durch eine bestimmte soziale Situation oder eine moralische Verpflichtung auftreten kann. Es gibt jedoch auch persönliche Grenzen, die wir selbst nicht wahrhaben

wollen, die wir bewusst oder auch unbewusst ignorieren. Grenzen, die unserer Vorstellung vom Leben nicht entsprechen oder uns in unserer Freiheit einschränken. Grenzen, die uns aufgrund von Verletzungen oder Verunsicherung zugefügt wurden oder die uns einfach peinlich sind. Wer gibt schon gerne zu, dass er Schwierigkeiten mit scheinbar selbstverständlichen Tätigkeiten hat, unter Ängsten oder depressiven Gedanken leidet, Konflikte nicht aushalten kann oder einfach zu sensibel ist? Eine begrenzte Belastbarkeit oder ein begrenztes Durchhaltevermögen lässt uns im Vergleich mit anderen unweigerlich weniger leistungsfähig und somit weniger wertvoll erscheinen. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen erfordert Mut und Kraft, und sie findet meist erst dann statt, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt.

Zwischen Resignation und Chance: Akzeptieren von persönlichen Grenzen/eigener Begrenztheit Das Akzeptieren der persönlichen Grenzen hat meiner Ansicht nach viel mit dem Begriff der Identität zu tun: es geht um Selbstverständnis und Selbstdefinition. Wenn die Konfrontation mit den eigenen Grenzen durch eine Krise ausgelöst wurde, geht es im Folgenden sehr oft um die Frage: was ist passiert? Und warum ist es passiert? Und wer in all dem bin ich? Bisherige Verhaltensweisen und Überzeugungen haben in die Krise geführt,

haben dazu geführt, dass ein psychischer oder physischer Zusammenbruch erfolgt ist. Gerade Menschen, die an einer Erschöpfungsdepression oder einem Burnout-Syndrom erkranken, sind oft hoch motivierte und stark leistungsorientierte Mitarbeiter. Die Neigung zur Übernahme von Verantwortung für andere lässt sie oft die eigenen Bedürfnisse vernachlässigen. Der Mensch, der es immer gewohnt war, sich um andere zu kümmern, wird nun auf einmal mit sich und seiner eigenen vernachlässigten Seite konfrontiert. Einst kaum wahrgenommene Grenzen können durch eine Krise zu unüberwindlichen Hindernissen werden. Früher selbstverständlicheTätigkeiten erfordern unheimlich viel Kraft. Das Leben und Selbsterleben verändert sich. Die Auseinandersetzung mit enger gesteckten Grenzen, die durch das Auftreten einer psychischen Symptomatik wie Ängsten, depressiven Gedanken etc. charakterisiert sind, ist Kräfte zehrend; und es dauert meist lange, bis eine erneute Stabilität eingetreten ist. Nach einer persönlichen Krise ist das Selbst des Menschen erschüttert: ein schwaches oder geschwächtes Ich benötigt eine langsame und behutsame Annäherung an eine neue Realität, an neue Gegebenheiten. Ein maßgeblicher Faktor, der die Akzeptanz der eigenen Grenzen mit beeinflusst, ist die Bewertung der persönlichen Grenzen. Der Begriff der Grenze wird oft negativ mit „Verbot“, „nicht können“ oder „nicht dürfen“ assoziiert. Diese Bewertung findet meist in einem intensiven Spannungsfeld statt. Es reicht vom Hadern mit dem eigenen Schicksal, der Konfrontation mit dem Schmerz über den Verlust lang gehegter Wünsche und Ziele bis hin zum Kampf gegen die Einschränkung. Diese Phase ist auch oftmals geprägt von der Reaktivierung alter Bewertungsmaßstäbe oder Verhaltensmuster. Es ist schwer, auszuhalten, dass „es“ eben nicht mehr so geht, wie es sollte und es vielleicht sehr lange dauert, bis etwas Neues sichtbar ist. Orientierungslosigkeit und Zukunftsängste können zudem dazu beitragen, dass man sich den „alten“ Wertesystemen, dem alten Lebensstil, wieder zuwendet, der

doch wenigstens vertraut war und Sicherheit gab.

wenn alles schon einmal kaputt gegangen ist.

Bis ein neues Denken etabliert ist, braucht es Zeit – und nach meiner Erfahrung auch eine kontinuierliche seelsorgerliche oder therapeutische Begleitung durch eine Vertrauensperson, die davon überzeugt ist, dass dieser gesamte, durch die Krise ausgelöste Prozess, sinnvoll ist und gut ausgeht – auch wenn es sich momentan nicht so anfühlt. Eine Begleitung, die den Überblick hat, Sicherheit und auch Orientierung gibt. Noch existenzieller wird diese Begleitung, wenn es um die Fragen geht, bisherige Lebenskonzepte loszulassen, tief greifende Veränderungen zuzulassen oder Schwachheit einzugestehen. Auch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Grenzen sich denn noch weiten lassen oder welche man als unverrückbar hinnehmen muss – und wie man damit umgeht, bleibt für den Betroffenen schwierig. Es erfordert viel Weisheit, den richtigen Umgang mit diesen Fragen und den damit verbundenen Konsequenzen zu finden. Weitere Fragen, die aufkommen, können sein: Durch welche Einschränkungen begrenze ich mich (unnötigerweise?) selbst? Was kann ich verändern bzw. habe ich noch die Kraft, etwas zu verändern? Hier gelangt man immer wieder an die Frage nach der Identität: Wer bin ich? Wie sehe ich mich? Wie definiere ich mich? Wie sehen mich andere? Was macht mich wertvoll? Und: Wie sieht mich Gott?

In dieser Phase geht es auch darum, einen neuen Lebensstil zu entwerfen und einzuüben. Erneut können gerade hier Rückfalle oder wiederholte Krisen auftreten, und nur selten kann von einem linearen Verlauf in Therapie und Begleitung gesprochen werden. Phasen von Progression, Regression und auch Stagnation sind meiner Ansicht nach normal; sie dienen auch dazu, gemachte Erfahrungen zu reflektieren, zu nutzen und Konsequenzen aufzuzeigen. Wobei ich noch betonen möchte, dass diese Prozesse uns lebenslang begleiten werden. Auch wenn in der seelsorgerlichen oder therapeutischen Begleitung lebenswichtige Grundlagen für die persönliche Weiterentwicklung gelegt werden, bedeutet das nicht, dass die Auseinandersetzung mit den persönlichen Grenzen aufhört, wenn die Therapie abgeschlossen ist. Zusammenfassend könnte man sagen: Persönliche Grenzen bilden einen Rahmen, in dem ich mich bewegen und den ich aber auch beeinflussen kann. Es wäre falsch, sie nur als Einschränkung, Verbot oder Begrenzung zu verstehen. In erster Linie sind Grenzen Markierungen, an denen ich mich ausrichten oder orientieren kann und die dazu beitragen können, einen ausgewogenen Lebensstil zwischen Über- und Unterforderung zu finden. Simone Marquardt

Zwischen Über- und Unterforderung: Lebensstil mit Grenzen finden In der therapeutischen Begleitung findet im Anschluss an diese Phase der Selbstdefinition auch notwendigerweise die Arbeit statt, die über das eigene Selbst hinausgeht. Es geht hier darum, in einer oft grenzüberschreitenden Gesellschaft durch die Entwicklung von eigener Mündigkeit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wieder lebens- bzw. überlebensfähig zu werden. Die vielleicht sehr zögerlich erscheinende Konstruktion neuer Perspektiven und Möglichkeiten erfordert mehr Mut, als es vielleicht auf den ersten Blick den Anschein haben mag: Es ist schwer, zu träumen oder Träume zu äußern,

29 Jahre, Dipl. Sozialpädagogin (BA), verheiratet, seit 1999 Mitarbeiterin im DE´IGNIS-Wohnheim.

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zum thema

zum thema aus, dass ich es einer Gruppe von Kollegen zeigen darf.

Die Identität als Mann entdecken Ein kreativer, ressourcenorientierter Beitrag aus der DE’IGNIS-Beratungsstelle VON DIPL.-PSYCH. RAINER OBERBILLIG

Wie kannst du mehr zu einem Mann werden nach Gottes Vorstellungen? Diese Frage beschäftigte uns (einen Mann im mittleren Alter & mich) im Verlauf der ambulanten Psychotherapie. Thematisch waren wir bei dieser Fragestellung angekommen, nachdem mein Klient allzusehr über seine Begrenzungen in partnerschaftlicher Hinsicht klagte, auf dem Hintergrund einer chronisch verlaufenen Depressi-

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vität, die zu einer Frühpensionierung beigetragen hatte. In einer Sitzung hatten wir die Sprache auf sein Sinnstiftendes Hobby, das „Atmen seiner Seele“ gebracht: das Malen, das er soweit entwickelt hat, dass auch kleine Ausstellungen mit einem Kreis verschiedener Künstler bereits möglich waren. Dann hatten wir es wieder davon, vom Mann sein nach Gottes Herzen. Auf dem Hintergrund seiner religiösen Ressourcen trug

ich meinem Klienten auf, ein Bild zu malen „Mann Gottes“ – spontan fiel ihm Mose ein. Die Aufgabe, ein gegenständliches oder thematisches Bild zu malen, bereitete ihm nach eigenem Bekunden einiges Unbehagen, doch konnte er sich auf diesen ungewohnten Weg sich auszudrücken zögernd einlassen.

In der nächsten Sitzung gebe ich eine Resonanz: Es wurde eine positive Entwicklung gesehen für einen Mann, der sich schwer tut, zu sich selber und anderen in nahen Kontakt zu treten, der mehr gesetzesorientiert nach der Richtigkeit des Tuns fragt, weniger nach Transzendierung des Gefängnisses der Gewohnheiten. Die bunte Wiese (Sehnsucht nach Leben?) am Fuße der Trümmer zeigte das für einige der von mir befragten Kollegen an. Nimmt er auch die Entwicklung wahr, sich mit einer tieferen Schicht auszudrücken? Diesen Fortschritt im emotionalen, personalen Ich-Ausdrucksvermögen konnten wir beide schließlich anerkennen und würdigen. Ich bin gespannt, wie weitere Innenwelten – die verschiedenen Facetten der Sehnsucht nach Leben – ihren gestalterischen Ausdruck bei meinem Klienten finden. Titel des Bildes (Februar 2008) „Die von Mose zertrümmerten zehn Gesetzestafeln“

Kommentar (des Malers): „Die Trümmer scheinen so zahlreich zu sein, dass man auf viel mehr als nur zehn Tafeln schließen würde. Ist das gewollt und von Bedeutung? Die Antwort heißt ja!

Jede Nicht-Beachtung oder Ablehnung der Gebote hat Konsequenzen:

Trümmer falscher Selbstfindungen, Trümmer verkehrter Lebensziele, Trümmer gescheiterter Ehen, Trümmer fataler Eltern-Kind-Beziehungen und viele mehr. Es fällt auf, dass die Nummerierungen mit digitalen Zeichen (0/I) geschrieben sind, quasi als ein Symbol unserer Zeit. Man benötigt so für jede beliebige Zahl nur zwei verschiedene Ziffern. Diese mechanische

Schreibweise des 20. Jahrhunderts hinterlässt einen abstrakten, rein rationalen und kühlen Eindruck, der einer Geborgenheit bei Gott entgegensteht.“ In der ersten gemeinsamen Betrachtung des entstandenen Werkes konnte mein Klient noch wenig Bezug herstellen zum eigenen (Er)Leben. Die künsterische Auseinandersetzung mit diesem Thema seines Lebens hätte ihn viel Zeit und Kraft gekostet, nicht nur dass es das erste gegenständliche Gemälde seiner Malerentwicklung gewesen sei. Ich bringe das Gespräch auf die Erlösung aus den Trümmern unseres Lebens, aus unserer zerbrochenen Identität oder Ganzheit, die im Bild mit dem Kreuz aus Blut über den zerbrochenen Gesetzestafeln angedeutet wird. Entsprechend zur eingenommenen inneren Distanz, möchte mein Klient dieses (Eigen)Bild gar nicht wieder mit nach Hause nehmen, sondern in der Beratungsstelle lassen, quasi für mich! Ich handele

Dipl.-Psych. Rainer Oberbillig

Jahrgang 1951, verheiratet, 2 erwachsene Kinder, Psychologischer Psychotherapeut, Verhaltenstherapeut (dgvt), Christlicher Therapeut (IGNIS Akademie), Leitender Psychologe der DE’IGNIS-Fachklinik

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Bei Unzustellbarkeit oder Mängeln in der Anschrift Anschriftenbenachrichtigungskarte bitte an unten genannte Anschrift senden: DE`IGNIS-Institut gem. GmbH · Sommerstraße 1 · 72227 Egenhausen

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DE´IGNIS-Fachklinik auf christlicher Basis für • Psychiatrie • Psychotherapie • Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation • Anschlussrehabilitation • Sanatoriumsbehandlungen • ambulante Behandlungen • Angebote zur gesundheitlichen Prävention/Vorsorge

DE´IGNIS Wohnheim - Haus TABOR Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten für: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik und individuelle Betreuung

DE´IGNIS-Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben: • Fortbildung in christlich-integrativer Psychotherapie • Seelsorgeschulung • Vernetzung von Fachleuten • Ambulante Dienste: • Supervision • Referenten zu diversen Themen für Ihre Veranstaltungen • Seminare für Ehepaare • Beratungsstellen für ambulante Beratung und Therapie • Weitere Angebote zur Prävention und Rehabilitation

Christliche Stiftung DE´IGNIS Polen • Schulung • Freizeit • Ambulante und stationäre Therapie (in Planung)

DE´IGNIS-Partner • Beratungsstellen

d n u e i p a r e h e t b o u h a l c y G s r P e h c i l t s i chr

Walddorfer Straße 23 · D-72227 Egenhausen · Telefon 0 74 53/93 91- 0 · Telefax 0 74 53/93 91- 93 E-Mail: info@deignis.de · Internet: www.deignis.de


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