Mecklenburg Schwerin Delüx 4/17

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MECKLENBURG SCHWERIN REGIONALMAGAZIN 22. JAHRGANG · Winter 2017/18 · E 4,-

MUSICAL FANTASTISCHE

LICHTOBJEKTE HOBBYFOTOGRAF

FRANK WEINMAR

JEKYLL & HYDE WO MAN SINGT 40 JAHRE SINGAKADEMIE w w w. s c h we r i n - d e l u ex . d e



EDITORIAL Foto: DELEGO

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn wir Sie mit unserer neuesten Ausgabe erreichen, steht das Weihnachtsfest unmittelbar bevor. Die Hektik des besonders kurzen Arbeitsmonats, in dem noch so viel geschafft werden musste, der Firmen- und Vereinsweihnachtsfeiern und der Weihnachtsvorbereitungen für die und in der Familie liegen hinter uns. Wir können uns ein paar – vielleicht auch mehr – Tage Ruhe gönnen, in die Leseecke zurückziehen und bei einem Glas Wein ein Buch lesen.

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In unserem Magazin hat Autorin Ditte Clemens in nachdenklich amüsanter Art über das „Nesthäkchen” – den letzten Monat des Jahres geschrieben (Seite 79). Hier finden wir viele der Gedanken wieder, die uns in den letzten Wochen durch den Kopf gegangen sind, aber auch Anstöße, worüber es sich nachzudenken lohnt. Ich empfehle Ihnen also unser Magazin in der Leseecke zur Hand zu nehmen, das wir Ihnen wieder mit einer besonderen Themenvielfalt unter den Weihnachtsbaum legen. Sicherlich ist auch für Sie etwas dabei: Natur, mit den besonders schönen Fotos der heimischen Vögel von Wolf Spillner oder die Wildtierfotos des Hobbyfotografen Frank Weinmar, Kultur in großer Vielfalt – Theater, Galerien, Kunsthandwerk, Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, Kulinarisches und auch einige Leseempfehlungen unserer Autoren. Ich finde: eine sehr gelungene Mischung. Aber ich empfehle Ihnen auch, die Bewegung in der Natur zu suchen, bei hoffentlich schönem

Winterwetter. Oder aber Sie nehmen die eine oder andere Anregung unserer Autoren zum Anlass, Sehens- und Besuchenswertes in unserer Region anzufahren. Und dann kommt die Silvesterfeier – Anlass für Freude getreu dem Motto von Albert Einstein: „Wenn das alte Jahr erfolgreich war, dann freue Dich auf’s Neue. Und war es schlecht, dann erst recht!” Es gibt also nur gute Gründe, das Jahr 2017 zu verabschieden und mit einer schönen Feier das Jahr 2018 zu begrüßen. Und die guten Vorsätze können Sie gerne weglassen. Wir wissen alle aus Erfahrung, es kommt sowieso anders. Unser Team und ich wünschen Ihnen besinnliche Weihnachtsfeiertage, eine gelungene Silvesterfeier und ein gesundes, erfolgreiches und glückliches Jahr 2018, Ihr

Detlev Lüth

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INHALT

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Titeloto: fotolia / Syda Productions

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Jekyll & Hyde Schauspielerin und Dramaturgin Tina Landgraf Ausstellungen

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Vögel im Winter: Bei einem Wirte wundermild

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Tierfotograf Frank Weinmar Schwarznasenschafe & Waldziegen

25 Die Kirchen Kuppentin & Woosten 28 Jo Petzold: Neues Leben für altes Holz

30 40 Jahre Schweriner Singakademie

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INHALT

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43 32 Volksweisen & Volksinstrumente 34 Der Künstler Henning Spitzer 36 Süße Kunstwerke, die man Essen kann

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Bella Italia mitten in Schwerin Zeitreise durch die Jahrhunderte in der Hanse Sektkellerei Das Jahr der Augenbraue

56 Fantastische Lichtobjekte 66 Vorfreude auf den FestspielSommer

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Pickup trifft Lifestyle Unterwegs im "Wilden Westen"

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THEATER

„Ich brauche Herzblut und Leidenschaft bei der Arbeit, und das ist für mich auf der Bühne.“ Femke Soetenga

Foto: Silke Winkler

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THEATER

Das Gute und das Böse im Menschen Musical „Jekyll & Hyde“ ab Februar im Schweriner Theater

Spannend ist es jedes Mal, wenn im Schweriner Theater das Programm für die kommende Spielzeit vorgestellt wird. „Im Februar sowie im März und Mai spielen wir ‚Jekyll & Hyde‘ von Steve Curden und Frank Wildhorn“, informierte Generalintendant Lars Tietje. Mühsame Erinnerung an den lange zurückliegenden Englisch-Unterricht: „Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ von Robert Louis Stevenson (der auch „Die Schatzinsel“ geschrieben hat). Das Musical ist eine Adaption dieses Stoffes, ein Musikdrama nach europäischem Vorbild, das 1990 in Houston (Texas) Premiere hatte und ab 1997 vom New Yorker Broadway aus seinen Erfolgszug um die Welt antrat. Einen ersten musikalischen Eindruck bekam das Publikum bei den Opern-Galas im Mecklenburgischen Staatstheater. Femke Soetenga, die in dem Stück die Lucy spielen wird, sang Songs aus dem Musical und begeisterte mit Stimme und Bühnenpräsenz die Zuschauer. In verschiedenen Inszenierungen hat die mehrfach ausgezeichnete Musicaldarstellerin diese Rolle schon interpretiert. Wer ist diese Lucy? „Eine junge Frau mit vielen Träumen, die auf eine andere, bessere Zukunft hofft. Die Situation in der sie sich befindet – als Prostituierte zu arbeiten – gefällt ihr nicht. Aber einen anderen Weg, um zu überleben, als eben ihren Körper zu verkaufen, sieht sie nicht. Lucy verliebt sich in Dr. Jekyll, setzt auf ihn als ihre Erwartung in die Zukunft, die letztendlich doch tragisch endet. Lucy ist für mich eine starke Frau. Und was die Rolle betrifft: Eine Figur mit viel Entwicklung.“ Soviel zu Lucy – und wer ist Femke? Eine charmante junge Frau, geboren in Holland, aufgewachsen mit Musik: „Jedes Kind musste sich ein Instrument und eine Sportart aussuchen. Mit der Blockflöte – womit sonst – habe ich angefangen, aber so richtig Feuer gefangen habe ich beim Gesang und beim Tanz.“ Trotz aller Begeisterung begann Femke Soetenga zunächst ein Studium der Kommunikationswissenschaft, um schnell zu merken: „Ich brauche Herzblut und Leidenschaft bei der Arbeit, und das ist für mich auf der Bühne.“ Der Weg zur Bühne ging gleich in Richtung Musical – bedingt durch die Theaterstruktur in den Niederlanden, wo Opern- und Operettentheater nicht so verbreitet sind wie in Deutschland. Mit CD-Player und Kassettenrekorder trainierte das junge Mädchen, studierte an der Musikhochschule Rotterdam. „In der Ausbildung der Musicaldarsteller wird viel Wert auf Bewegung, auf Tanz gelegt – und MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

das kombiniert, in Einheit mit dem Gesang. Wir werden oft gefragt: Wie funktioniert das, tanzen und dabei singen? Die Körperspannung beim Tanz, die Energie die man da entwickelt, hilft beim Singen.“ Gesungen und getanzt hat Femke Soetenga u.a. in der Neuen Flora in Hamburg, der Staatsoperette Dresden, im Aalto-Theater Essen, in Lübeck – auch auf der MS „Europa“ und aktuell im Ronacher Theater Wien. Die Liste der Stücke, in denen Femke Soetenga gespielt hat, liest sich wie ein Musical-Führer: Tanz der Vampire, West Side Story, Cats, Evita, Rocky Horror Show – und Jekyll & Hyde. Beim Joggen um die Alster – die Künstlerin wohnt in Hamburg – wird nun wieder der Text der Lucy aufgefrischt für die Schweriner Inszenierung, die im Februar Premiere hat. Mit Ingwer-Tee und wärmendem Schal wird in dieser rauen Jahreszeit die Stimme geschützt – damit Femke Soetenga dann gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen im Schweriner Theater die düsteren Balladen und jubilierenden Hymnen aus „Jekyll & Hyde“ singen kann. KARIN GUSTMANN

„Jekyll & Hyde“ – eine kurze Inhaltsangabe: Das Gute im Menschen vom Bösen zu trennen – der Wissenschaftler Dr. Henry Jekyll ist überzeugt, er kann das. Die Gesellschaft bezweifelt das und lacht ihn aus. Nur seine Verlobte Lisa und sein Freund, der Anwalt John Utterson, glauben an Jekyll und seine Idee. Um seine Theorie zu bestätigen, wagt Jekyll einen Selbstversuch. Mit schrecklichen Folgen: Als sein „böses Ich“ Edward Hyde zieht er mordend durch London und treibt Spielchen mit der Prostituierten Lucy. Jekyll warnt Lucy – die sich in

Jekyll verliebt und Mitleid mit Hyde hat. Ein verhängnisvolles Gefühl, Hyde wird Lucy umbringen. Das Böse verselbständigt sich, Edward Hyde ist stärker als Henry Jekyll. Mit letzter Kraft bittet Dr. Jekyll seinen Freund John Utterson ihn zu töten. John weigert sich, worauf sich Jekyll endgültig in Hyde verwandelt, John angreift, um ihn zu töten. John wehrt sich und im Handgemenge fallen zwei tödliche Schüsse. Sterbend singen Jekyll und Lisa von ihrer Liebe…

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Die Schauspielerin und Dramaturgin Tina Landgraf arbeitet an der Schweriner Fritz-Reuter-Bühne. 6

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FRITZ-REUTER-BÜHNE

Tina Landgraf in dem Stück „Dat Düwelswiew“. Fotos: Theater / Silke Winkler

Schauspielerin und Dramaturgin Ihre Haare und die Augen sind dunkel, der Blick aufmerksam-interessiert; sie liest gern – Lieblingsbücher von Hermann Hesse oder Michael Ende mitunter ein Dutzendmal – tanzt und steppt leidenschaftlich und verbringt Ferien gern in Frankreich. Sie, das ist Tina Landgraf: festes Ensemblemitglied der Schweriner Fritz-Reuter-Bühne als Schauspielerin und seit Beginn der Spielzeit 2017/2018 als Dramaturgin. Geboren wurde Tina Landgraf in Cochem, Rheinland-Pfalz und „aufgewachsen bin ich zwischen Pinneberg und Regensburg, mein Vater war bei der Bundeswehr“. Und wo kam das Plattdeutsche in ihr Leben, also Plattdeutsch als Sprache – nicht das fürs Fernsehen angepasste Missingsch? „Da gibt es zwei Varianten. Die erste: Ich konnte schon lesen, bevor ich in die Schule kam und hatte ein Märchenbuch mit der Geschichte von lütt Heini und de Kat – die ich überhaupt nicht verstand. Was, wie ich meinte, daran lag, dass ich eben doch noch nicht richtig lesen kann. Die zweite Begegnung mit dem Plattdeutschen hatte ich als Schauspielstudentin in Hamburg auf dem Markt, als ich Äpfel kaufen wollte, und die Marktfrau fragte: ‚Woväl un wecker Appels salln dat sien?‘. Ich verstand nur Bahnhof.“ Inzwischen beherrscht Tina Landgraf das Plattdeutsche perfekt, wer sie beim Vortrag von Rudolf Tarnows Gedicht vom „Theatermeier“ erlebt hat, ist überzeugt, dass die junge Frau „plattdütsch trocken warden is“ – in dieser Sprache groß wurde. Neben Deutsch (und Plattdeutsch) beherrscht Tina Landgraf Französisch und Englisch, hat Synchronbücher, Gedichte und Lieder übersetzt. Doch ihr eigentliches Metier ist das Theater. Nach dem Studium als Schauspielerin am Hamburger Ohnsorg-Theater, im TV (u.a. in der Serie „Verbotene Liebe“) von 2007 bis 2009 an der Schweriner FritzReuter-Bühne, in den Jahren danach immer wieder als Gast am Mecklenburgischen Staatstheater. Da nicht nur bei den „Reuters“: Singend, tanzend und steppend („meine ganz große Leidenschaft“) erlebte das Publikum Tina Landgraf im Musical „Sonnenallee“ und der aufwendigen, spartenübergreifenden, tollen Inszenierung von Mel Brooks „The Producers“. Seit Beginn der Spielzeit 2017/18 nun eine neue Facette: Neben der Bühne das Büro. Als vor einem Jahr Rolf Petersen, der Direktor der FritzReuter-Bühne, anfragte, ob sie die Dramaturgie übernehmen möchte, fragte Tina Landgraf: „Glaubst Du, dass ich das kann?“ Kurze Antwort: MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

„Sonst würde ich nicht fragen.“ Nun also Schreibtischarbeit, die Dramaturgin ist verantwortlich für die vier Produktionen pro Spielzeit, ein Weihnachts- und ein Sommerprogramm (im Freilichtmuseum Schwerin-Mueß) und in dieser Spielzeit auch ein Klassenzimmer-Stück. „Das liegt uns sehr am Herzen, Stefanie Fromm und Andreas Auer kommen mit der Geschichte ‚Hannes, der kann es‘ von Jörg Schade in die Schulen. Es ist ein niedrigschwelliges Plattdeutsch-Angebot für Schüler bis zur 4./5. Klasse.“ Die Fritz-Reuter-Bühne hat einen langen Planungsvorlauf: „Der Grund dafür sind unsere Abstecher, also Auftritte in Rostock, Güstrow, Putbus, Papenburg usw. für die wir langfristig Verträge abschließen, also müssen wir früh entscheiden, wie unsere Spielpläne der nächsten Jahre aussehen.“ Wenn Tina Landgraf über ihre neue Profession redet, dann tut sie es mit Begeisterung und Leidenschaft: „Die Ensemblestruktur ist ausschlaggebend bei der Auswahl der Stücke. Die Entscheidung für oder gegen ein Stück ist einfacher, wenn man die Kollegen kennt, weiß, wem was liegt, wer was mag – oder auch nicht mag. Außerdem ist die Dramaturgie spannend, weil sie kreativ ist, man Einfluss nehmen kann. Als Schauspieler bekommst du alles serviert: Stück, Regie, Kostüm, die Mitsprache-Möglichkeiten sind schon eingeschränkt.“ Begeisterung und Leidenschaft hat die junge Frau nach wie vor für die Schauspielerei. Wer will, kann sich davon in den Komödien „Kugelfisch Hawaii“, „Plünnenball“ und „Willkamen in de Wesseljohrn“ (das Tina Landgraf fürs Niederdeutsche bearbeitet hat) überzeugen – oder im von ihr zusammengestellten Weihnachtsprogramm. Probieren und Text schreiben für Programmhefte, Text lernen und Stücke lesen/auswählen, Vorstellungen und Stück-Bearbeitung – Tanz auf vielen Schauplätzen, an mehreren Orten. Für die leidenschaftliche Tänzerin Tina Landgraf eine Herausforderung, die sie mit Feingefühl und Bravour meistern wird. KARIN GUSTMANN

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KUNST

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KUNST

AM ANFANG WAR EIN HOLZSCHNITT Ausstellung mit Bildern aus der Sammlung Frank Brabant Er wollte sich ein Auto kaufen, hatte dafür gespart – und dann kaufte er einen Holzschnitt von Max Pechstein. So begann die Sammlerkarriere von Frank Brabant – die bis heute anhält. Über seine Kunst-Sammlung gibt der Titel der Schweriner Ausstellung Auskunft: „Von Beckmann bis Jawlensky“. Der 1938 in Schwerin geborene und heute in Wiesbaden lebende Frank Brabant wird nach seinem Tod seine Sammlung – die rund 600 Werke umfasst – der Öffentlichkeit zugänglich machen und diese dem Museum Wiesbaden und dem Staatlichen Museum Schwerin überlassen. Einen Einblick in die Sammlung ermöglicht die im November eröffnete Exposition im Staatlichen Museum Schwerin am Alten Garten. Werke der frühen Avantgarde, die den Kontexten u.a. der „Berliner Sezession“, der „Brücke“ und dem „Blauen Reiter“ angehören, werden gezeigt. Zu sehen sind Bilder renommierter Künstler wie Emil Nolde, Otto Dix, August Macke, Ernst Ludwig Kirchner, Georg Tappert und eben Max Beckmann und Alexej von Jawlensky. Ein besonderes Verdienst von Frank Brabant ist es, dass er sich in seiner Sammler-Tätigkeit auf die sogenannte „verschollene Generation“ konzentrierte. Gemeint sind damit Künstler, die durch Krieg, NS-Diktatur, Vertreibung oder Verbannung ihre Karrieren unterbrechen oder – günstigstenfalls – im Exil fortsetzen mussten. Kunst aus dem Vergessen holen und für Interessenten heute zugänglich machen – das ist ein Anliegen des Sammlers Frank Brabant. Ob es das geplante Auto heute noch gäbe, das ist mehr als zweifelhaft, der Holzschnitt aber und alle ihm folgenden Stücke der Kunstsammlung überdauern die Zeiten. Die reizvoll, in Teilen ungewöhnlich gestaltete Ausstellung ist bis zum 18. Februar 2018 in der Galerie Alte & Neue Meister Schwerin zu sehen. KARIN GUSTMANN

Kunstsammler Frank Brabant (vorne) trug sich ins Goldene Buch der Landeshauptstadt ein. Foto: Mareike Diestel

1. Georg Tappert, Zwei Mädchen im Profil 2. Franz Radziwill, Der Winterapfel 3. Max Beckmann, Stillleben mit grüner Kerze VG Bild Kunst Bonn 2017 (3)

4. Emil Nolde, Mädchenkopf, Nolde Stiftung Seebuell

5. Lovis Corinth, Rückenakt Charlotte Berend Corinth Bernd Fickert Museum Wiesbaden

6. Walter Gramatte, Sonja Bernd Fickert Museum Wiesbaden

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Galerie gibt unbekannten Künstlern eine Chance In der Gallery Berger stellen 18 Künstler ihre Werke aus.

Mit fünf bis sechs Ausstellungen pro Jahr möchte die Gallery Berger einen Beitrag zum kulturellen Leben in Schwerin leisten. „Wir präsentieren etablierte Künstler, geben aber auch bislang unbekannten Leuten eine Chance“, sagt Geschäftsführer Harald Berger.

Derzeit stellen noch bis zum 29. Dezember in den Räumen in der Wismarschen Straße 18 Künstler aus Mecklenburg-Vorpommern aus. Dazu gehören unter anderem Sibylle Leifer, Annett Kallweit, Kat von Stenglin, Arndt Weigend und Dietmar Schramm. Fotografenmeisterin Anke Berger lichtete dafür alle Beteiligten ab. Zu sehen sind je ein Künstlerportrait sowie ausgewählte Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie und Schmuck. Das ist bereits die fünfte Ausstellung der Reihe „Foto und Kunst“. Bei dieser Sammelausstellung liegt der Schwerpunkt bei Künstlern aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Geschäftsführer Anke und Harald Berger arbeiten unter anderem eng mit dem Künstlerbund MV zusammen, um eine Auswahl zu treffen. Für Einzelausstellungen liegen auch Bewerbungen von Künstlern vor, die teilweise auch aus anderen Bundesländern stammen. Die nächste Einzelausstellung geht vom 16. Januar bis 15. März 2018, die Vernissage ist am 15. Januar um 19 Uhr. Sabine Naumann und Günter Kaden aus Wendischhagen am Malchiner See stellen Malerei, Grafik und Skulpturen aus. Den Geschäftsschwerpunkt bildet die Einrahmung. „Wir fertigen individuelle Bild- und Objektrahmungen in eigener Werkstatt an und haben rund 1.500 verschiedene Leistenmuster zur Auswahl. Zum Beispiel einfach gebeizte Holzleisten, Echtgoldleisten in Übereckverarbeitung

sowie verschiedene Aluleisten“, berichtet Harald Berger. Der studierte Betriebswirt ließ sich 1998 in Stuttgart zum staatlich geprüften Bildeinrahmer ausbilden. Auch Passepartout-Zuschnitte gehören zum Angebot. „Individuelle Passepartouts schaffen ein ruhiges Bildumfeld. Sie erhöhen die Aussagekraft und die Wertigkeit. Außerdem vermeiden sie Schäden durch den direkten Kontakt von Bild und Glas“, berichtet Berger. Darüber hinaus stehen den Kunden, die aus ganz MV und anderen Bundesländern anreisen, verschiedene Glasarten zur Verfügung. Dazu zählen normales Bilderglas (Floatglas), entspiegeltes Bilderglas (Refloglas) und solches für besseren UVSchutz und Entspiegelung, sogenanntes Clear-Colour UV-Glas. Das Galerie-Sortiment bereichern Grafiken, Aquarelle, Öl- und Acrylbilder, Skulpturen, textiler und plastischer Wandschmuck, Keramik, Porzellan, Glas, Schmuck, Wandschmuck und Kunstdrucke. Auch Restaurierungsarbeiten für Bilder und Rahmen nimmt Harald Berger an. Bereits im September 1995 eröffnete die kleineGalerie in den Kellerräumen der Fotostudio Berger GmbH in der Wismarschen Straße 156. Im September 1998 kam der Umzug in die Lübecker Straße, Höhe Marienplatz. Nach weiteren fünf Jahren folgte dann der letzte Umzug an den heutigen Standort in die Wismarsche Straße 158, in die Nähe des Schweriner Hauptbahnhofes. Hier eröffnete im März 2003 nach umfangreichen Umbauarbeiten die neue, rund 150 Quadratmeter umfassende Galerie auf zwei Etagen. TEXT: TER FOTOS: ANKE BERGER

Schneckenfrau, Bronze, Holz Günter Kaden. MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


AUSSTELLUNG

Das Künstlerpaar Sabine Naumann und Günter Kaden aus Wendischhagen am Malchiner See stellt vom 16. 1. bis 15. 3. 2018 Malerei, Grafik und Skulpturen in der Gallery Berger aus.

Sabine Naumann und „Festmahl“, Giclee, im Atelier.

Günter Kaden im Atelier.

Sabine Naumann wurde 1960 in Berlin geboren. Von 1978 bis 1983 studierte sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in der Fachklasse für Freie Grafik und Illustration. 1983 erlangte sie das Grafik-Diplom. Danach: Übersiedlung nach Mecklenburg, seitdem freiberufliche Arbeit in den Bereichen Malerei, Grafik, Buchillustration und architekturbezogene Gestaltung. Sie gewann mehrfach Preise in Illustrations- und Plakatwettbewerben. Von 1995 bis 2000 unterrichtete sie an der Grafik-Design-Schule Anklam. Seit 1990 ist sie Mitglied im Künstlerbund MV. Zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, Polen, Italien, Schweden und der Schweiz. Günter Kaden wurde 1941 in Leipzig geboren. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung zum Steinmetz. Anschließend arbeitete er

„Die Kunstkenner“, handcoloriert, unikater Druck, Sabine Naumann MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

bei einem Bildhauermeister. Abitur 1967. Von 1967 bis 1972 studierte er an der Hochschule für industrielle Formgestaltung, Burg Giebichenstein, in Halle / Saale bei Prof. Gerhard Lichenfeld und Prof. Willi Sitte. 1972: Bildhauer-Diplom. Danach künstlerische Leitung der Restaurierungsarbeiten an der gotischen Kirche St. Moritz zu Halle. Ab 1973: Mitarbeit bei Projekten für architekturbezogene Kunst. 1979: Umzug nach Wendischhagen, seither freiberuflich tätig. Seit 1990 Mitglied im Künstlerbund MV. Arbeitsgebiete: Skulpturen im Freiraum, Architekturbezogene Arbeiten, Spielobjekte für Kinder, Porträts, Kleinplastiken, Medaillen und Miniaturen. TER

Diana, Göttin der Jagd, Terrakotta, Marmor, Günter Kaden

„Bin ich schön“, handcoloriert, unikater Druck, Sabine Naumann

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THEATER

Kommunikation und Marketing im Schweriner Theater In einem Theater gibt es künstlerisch Beschäftigte wie Sänger, Schauspieler, Tänzer, Musiker, Techniker, also die Leute für Licht, Ton und Bühne, dann gibt es die Werkstätten wie Tischlerei, Schlosserei, den Malsaal, die Maske und die Kostümabteilung. An einem Theater braucht es eine Kasse, den Abenddienst, die Disposition, die Verwaltung – und die Intendanz natürlich. Und dann gibt es eine Abteilung „Kommunikation und Marketing“.

Johannes Laubscher Foto: Theater / Silke Winkler

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Kommunikation, übersetzt: Mitteilung, das ist der Austausch von Informationen. Das macht überall Sinn, auch oder vielleicht besonders innerhalb eines Theaters. „Unser Arbeitsbereich betrifft die gesamte Kommunikation des Unternehmens (Theater). Dazu gehören interne Kommunikation, Werbung, Public Relations, Verkaufsförderung und Sponsoring “, sagt Johannes Laubscher.

warum man sie unbedingt sehen / hören / erleben muss. Wir bieten unwiederholbare Live-Erlebnisse an, denn keine Vorstellung – ganz gleich ob Oper, Schauspiel, Ballett, Musical, Konzert – ist wie die andere. Bei uns im Theater kann man abschalten (auf jeden Fall das Handy) und dafür Gedanken, Fantasie und Emotionen einschalten“, so Johannes Laubscher.

Seit August ist er der Leiter der Abteilung Kommunikation und Marketing im Mecklenburgischen Staatstheater. Indem er das Theater als Unternehmen einordnet, befindet sich Johannes Laubscher in einer guten Tradition: Bert Brecht sprach vom Theater als einem „Unternehmen, das Abendunterhaltung verkauft“. Marketing kann mit Absatzwirtschaft übersetzt werden, es geht also ums Verkaufen. „Egal ob ich Mode oder Fisch verkaufe – ich muss meine Kunden von meinem Produkt überzeugen“, definierte eine Managerin ihren Job. „Eine Aussage, die auch auf uns zutrifft. Wir wollen vermitteln, was in unserem Haus passiert, was wir für Produkte – Inszenierungen, Konzerte – anbieten, und

Kommunikation und Marketing wollen informieren und vermitteln was das Theater ist und was dort passiert: Welche Sparten und technischen Bereiche gibt es, welche Produktionen entstehen, wie entstehen sie.

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Ein Stichwort für diesen Aufgabenbereich ist „Netzwerken“ – wie wirkt das Mecklenburgische Staatstheater in die Stadt, in die Region. „Wir brauchen und wir haben Kooperationspartner, dazu gehören die Medien, die Gesellschaft der Theaterfreunde und die Sponsoren. Für die sind besonders die Schlossfestspiele Schwerin – als ein kultureller Leuchtturm in der Region – von Interesse.“ Aus der Abteilung Kommunikation und Marketing kommen alle Werbe-Maßnahmen für

das Haus: Plakate, Flyer und ähnliche Druckerzeugnisse, die Pflege der Facebook- und Internet-Seiten. Facebook und Internet sind Schlagworte, die in die Zukunft weisen. Die Welt verändert sich und mit ihr die Theaterlandschaft und der Umgang mit dem Medium Theater. Es werden (weil sie über Jahrhunderte ihre Bedeutung behalten haben und werden) Dramen von Goethe, Komödien von Shakespeare, Opern von Verdi und Wagner inszeniert – aber anders als in ihren Entstehungszeiten. Theater im 21. Jahrhundert – das ist auch eine spannende Herausforderung für den Bereich Kommunikation und Marketing. Aber ein – vielleicht etwas altmodischer – Satz hat immer noch Gültigkeit: „Wenn es Ihnen im Theater gefallen hat, dann sagen sie es anderen, wenn es nicht gefallen hat, dann sagen sie es uns.“ Telefonnummer und E-Mail-Adresse stehen auf der Website und im Spielzeitheft. KARIN GUSTMANN

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NATUR

Bei einem

Wirte wundermild... da war ich jüngst zu Gaste ein goldner Apfel war sein Schild an einem langen Aste. Es war der gute Apfelbaum, bei dem ich eingekehret. Mit süßer Kost und frischem Schaum hat er mich wohl genähret …

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NATUR 1. Blaumeise beim wundermilden Wirt. 2. Der Amselhahn kann den Hals gar nicht voll genug bekommen. 3. Der Kernbeißer ist unsere größte Finkenart. 4. Ihr aller Feind: Wo es Fettlebe für die Kleinvögel gibt, jagt der Sperber gern von einem Anstand.

…schrieb der Dichter Ludwig Uhland 1811 in seiner Geburtsstadt, dem schönen Tübingen. Da hatte der damals vierundzwanzigjährige Jurist gerade den Doktorhut bekommen und in seiner Heimatstadt eine Kanzlei eröffnet. Apfelbäume werden ihm sehr bekannt gewesen sein. In der Tübinger Studienzeit ist er mit seinen Freunden der Schwäbischen Dichterschule viel gewandert, und Apfel- und Birnenbäume haben schon damals wie auch heute auf Streuobstwiesen die schwäbische Landschaft geprägt. Die Verse, die der Dichter schrieb, haben noch immer Gültigkeit. Nicht allein für Sommer und Menschen im Schwabenland, sondern auch für unsere gefiederten Nachbarn im winter-kalten Mecklenburg. An langen Ästen und verknorrten Zweigen wird auch hier mancher Apfel zur willkommenen frostkalten Speise. Zugegeben: In diesem Winter mag dieses Angebot vielfach nicht üppig sein. Frost und Nässe und mangelnder Bienen- und Kleininsektenflug zur Blütezeit brachten geringe Fruchtansätze. Unsere Apfelernte ist durchweg dürftig. Das war und ist nicht immer so. Die Bilder dieser Seiten zwischen dem Tollenseetal in Vorpommern und den Gärten der Griesen Gegend zeigen deutlich, wie viele „wundermilde Wirte“ in den Vorjahren die Stand-, Strich- und Zugvögel überreich versorgen konnten. Das wird wieder so sein. Jene Singvögel, die sich im Spätsommer und Herbst nicht auf die mehr oder weniger lange Reise in wärmere und nahrungsreiche Gefilde machen müssen, ernähren sich bei uns auf unterschiedlichste Weise. Die zierlichen Blaumeisen klauben ja vor allem Insektenlarven und Puppen von Zweigen, aus Rinden und Spalten. In England haben sie jedoch entdeckt, dass sie die Stannioldeckel der Milchflaschen, die vom Lieferdienst vor die Haustüren gestellt wurden, mit dem Schnabel durchstoßen können, um das Fett der Sahne zu genießen. Sonnenblumenkerne und andere fetthaltige Sämereien sind für alle Meisenarten, auch für Spechte und Kleiber, wichtige Energiespender. Die bunten flinken Schaukelakrobaten als regelrechte „Bohrmeisen“ in Apfelbäumen zu erleben, scheint ungewöhnlich zu sein. Nein, auch große Finken, wie der klobige Kernbeißer, laben sich am gefrorenen Apfelfleisch und scheinen mit Genuss bis zu den Gehäusen vorzudringen, um auch die Apfelkerne zu verzehren. Selbst der relativ seltene Mittelspecht kommt aus den Wäldern und hängt sich an die ihm sonst völlig unbekannten Früchte. Sie scheinen ihm zu gefallen. Dass alle Drosseln auch Äpfel und Birnen lieben, die ihnen Obstbauern und Kleingärtner in den Kronen hängen ließen, muss nicht verwundern. Sie sind immer und gern Fruchtfresser. Charly Amsel, der schwarze unermüdliche Baumwipfel- und Hausdachsänger, erntet schon im Sommer in den Johannisbeersträuchern. Seine Frau im braunen Schlichtkleid sammelt zwar Regenwürmer bündelweise im Schnabel für die Jungen, versteht es aber auch bestens, drei rote Beeren hintereinander zu pflücken und im Schnabel zu halten, um sie zum Nest zu tragen. Im Winter wüten die Amselkerle geradezu in den gefrorenen Äpfeln und scheinen gar nicht schnell genug schlucken zu können. Obwohl Äpfel bisweilen zu Hunderten dicht beieinander an den Zweigen hängen, streiten Drosselvögel sich zu gern untereinander. Das trifft auf Schwarzdrosseln ebenso zu wie auf die scheinbar sanfteren Singdrosseln mit ihrem hübsch rahmfarbenen getropften Gefieder. Besonders aggressiv aber verhalten sich die großen Wacholderdrosseln. Sie nisten ja nicht nur in Kolonien bei-

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NATUR

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8 5. Köstlich! Die Wacholderdrossel lässt sich den Winterapfel schmecken. 6. Der Kleiber, auch Spechtmeise genannt, liebt den Frostapfel und seine Kerne. 7. Er galt mal als Unglücksbringer und sogar als Pestvogel – der Seidenschwanz. 8. Amselweib am Apfel. 9. Auch der seltene Mittelspecht kann schaukeln. 10. Kommt auch in Wirtes Nähe, Märchenvogel Rotkehlchen.

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einander, sondern ziehen auch in kleineren und größeren Trupps aus ihren nordischen Heimaten zu uns nach Mitteleuropa. In Weißdornhecken mit roten Mehlbeeren, Wildrosenbüschen mit reifen Hagebutten und auch den leuchtenden Eber-eschendolden finden wir sie lärmend und streitend. Unter Apfelbäumen, von denen Früchte in den Schnee fielen, jagen sie sich schrachelnd mit gebläht gesträubtem Gefieder, um ja noch einen Apfelgriebsch ganz für sich allein zu haben. Dabei hängen noch Dutzende unangetastet über ihnen! Wacholderdrosseln sind schöne Vögel, die vor gut hundert Jahren noch zu Tausenden in „Dohnen“ – Schlingen aus Bast und Pferdehaaren – gefangen wurden. Straßennamen wie „Dohnenstieg“ oder -steig deuten noch darauf hin. Diese Jagd wurde erst durch das Reichsvogelschutzgesetz von 1908 verboten. Das gab es damals wirklich schon, gegen Ende des Ersten Weltkriegs allerdings aus Hungersgründen außer Kraft gesetzt. Und in der Ortschaft Falkenried wurden sogar 20.000 Wacholderdrosseln für die „menschliche Versorgung“ qualvoll gefangen und getötet. Krammetsvögel hießen sie von Alters her. Hässliche wie irreführende Namen trugen auch andere Vögel, die unsere Gebiete bisweilen im Winter erreichten. Pest- oder Siebenjahresvögel wurden sie genannt ,

10 weil sie als Vorboten der Pest, des Krieges und des Verderbens galten. Damals wusste ja noch niemand, woher sie kamen. Gewiss werden sie zu jenen Zeiten, in denen an die Pest gedacht werden musste, nicht von reifen und gefrorenen Äpfeln oder Birnen gefressen haben. Damals blieben keine Äpfel als überflüssig in den Bäumen bis in den Winter hängen. Das ist nun sehr anders. Jeder Supermarkt bietet Äpfel in ausgewählter Qualität, Größe und Farbe. Die kommen aus Neuseeland, Australien, den Niederlanden und bisweilen sogar aus Schleswig-Holstein oder dem Alten Land. Und tausende Äpfel hängen über den Gärten, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. Und wenn hunderte jener „Siebenjahresvögel“ bei ihnen einfallen, haben diese ein leckeres Mahl. Und kaum jemand wird diese schönen, sanftfarbenen Vögel mit den lustigen Federhauben noch als Unglückskünder ansehen. Es sind Seidenschwänze, starengroß, die auf den Fjälls, bei den dürftigen Birken im hohen Norden Europas ihre Bruten aufbringen. Viele Menschen gibt es dort nicht, und deshalb haben die seltenen Gesellen vor uns so gut wie keine Scheu. Es ist eine Freude, sie zu sehen. TEXT & FOTOS: WOLF SPILLNER

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PORTRÄT

WENN DER FISCHOTTER NICHT KOMMT... Frank Weinmar ist ein Tierfotograf aus Leidenschaft

Obwohl Frank Weinmar schon fast die ganze Welt bereist hat, am Mount Everest und auf den Galapagos-Inseln war, erhält er die meiste Aufmerksamkeit für das, was er zu Hause entdeckt. Entdeckt und fotografiert. Der Bauingenieur ist nicht nur ein begeisterter, sondern auch ein exzellenter Fotograf. Seine Spezialität sind Tiere, egal, ob die Blaumeise im eigenen Garten, der Fischotter auf der vereisten Warnow oder die Rote Strandkrabbe auf einer Insel des Galapagos-Archipels. Der 1961 in Berlin geborene Junge wuchs auf der Insel Rügen auf. Dorthin waren die Eltern wegen der frischen Luft mit ihm gezogen. Zur Jugendweihe bekam er seine erste Kamera, die legendäre EXA 1a. Im Binzer Fotoklub, zu DDR-Zeiten berühmt, schaute er sich vieles ab. Anfangs betätigte Frank Weinmar sich vor allem als Reisefotograf. „Ich nutzte die Möglichkeiten von Jugendtourist, um viel von der Welt, vor allem ihrem Osten, zu entdecken”, erzählt er und schwärmt noch heute von seiner ersten Reise mit 16 Jahren ans Schwarze Meer und auf der Wolga.  Doch zum Beruf wollte er sein Hobby nicht machen.

1. Der erste Ausflug junger Eisvögel. 2. Waschbär im Waldkauzkasten. 3. Specht füttert sein Junges. 4. Fischotter in der Warnow. 5. Rotfuchs auf dem Eis. 6. Kranichpaar. 7. Waldkauz im Warnowtal.

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PORTRÄT 8. Ringelnatter auf einem Waldweg. 9. Biber in der Warnow. 10. Feldhase in Deckung. 11. Ein wachsames Reh. 12. Schreiadler. 13. Der Tierfotograf ist auch Naturschützer, baut Nistkästen für Meisen oder Eulen und schafft in seinem Garten Lebensräume für Insekten, Eidechsen oder Ringelnattern.

13 „Damals war ein Fotograf eher auf die Erstellung von Passbildern festgelegt”, sagt er. „Das war mir zu wenig.” Also studierte er in Wismar Bauwesen und pflegte die Fotografie als Hobby. Ein nicht ganz billiges Hobby. Doch nach und nach vervollständigte er seine analoge Fotoausrüstung, die er lange nutzte. „Wenn ich analog fotografiere, habe ich einen besseren Blick für das Licht”, findet er. Dass er dann doch auf digitale Technik umschwenkte, hängt auch mit seinem neue Sujet zusammen: den Tieren in der Natur. „Da gibt es nie die idealen Bedingungen”, so Weinmars Erfahrungen. „Entweder reicht das Licht nicht oder das Tier bewegt sich.” Dass er trotzdem wunderbare, oft einmalige Bilder zustande bringt, ist Glückssache. Aber nicht nur. „Ich muss mich schon mit den Lebensgewohnheiten der Tiere beschäftigen. Wann kann ich wo mit ihnen rechnen? Und ich brauche neben der richtigen Technik auch Geduld. Vor allem Geduld.” Manchmal wartet der Fotograf stundenlang auf den Fischotter, ohne dass der sich sehen lässt und geht unverrichteter Dinge nach Hause. Seltene Tiere, wie den dämmerungsaktiven Waldwasserläufer, hat er fünf Jahre verfolgt, bevor ein Foto gelang. Und dann, als er nach langem Warten auf den Eisvogel sein Zelt abbauen will, lässt sich der farbenfrohe Jäger doch ablichten. „Man muss auch bereit sein für andere Motive”, schmunzelt Frank Weinmar. „Da warte ich auf Kraniche und erwische eine wunderschöne Meise, statt des Eisvogels setzte sich ein Zaunkönig vors Objektiv und für den ausbleibenden Seeadler entschädigen mich seltene Aufnahmen vom Bussard.” Der Fotograf, der einen Großteil seiner Freizeit in der Natur verbringt,

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will sie mit seinen Arbeiten ins rechte Licht rücken. Dem Wetter hält er im Zelt stand. Die Unwägbarkeiten kann er mit digitaler Fotografie besser ausgleichen. Das Optimieren der Bilder erfolgt nicht mehr in der Dunkelkammer, sondern am Rechner. Wobei Frank Weinmar sich entschieden gegen Verfälschungen ausspricht. „Etwas mehr Schärfe ja, aber auf Effekte verzichte ich komplett”. Auch schießt er keine Bilderreihen nach dem Motto: Etwas wird schon etwas dabei sein. „Ich schaue und warte auf den richtigen Moment, bevor ich abdrücke.” Das sieht man seinen Tierporträts an. Es sind keine zufälligen Schnappschüsse, sondern Charakterbilder. Nicht nur von seltenen Tieren, sondern auch von Spatz, Möwe oder Fuchs. Seine Models findet er rund um seinen Heimatort Gneven, ist aber auch zwischen Poel und der Feldberger Seenplatte unterwegs. Hier entdeckte und fotografierte er den Schreiadler, der in Deutschland fast ausgestorben ist. „Nur noch acht von früher 18 Brutpaaren leben in der Feldberger Seenlandschaft. Und das auch nur dank einem privaten Tierschützer.” Der Raubbau an der Natur macht dem Fotografen Sorge. „Fruchtfolge ist in der Landwirtschaft kein Thema mehr”, schüttelt er den Kopf. „Kein Wunder, dass die Insekten verschwinden und mit ihnen andere Tierarten wie Kleinsäuger, Lurche.” Irgendwann wird er nur noch Wildschweine fotografieren können, die sich in weiten Maisfeldern wohlfühlen. Bis dahin aber bleibt er auf der Pirsch nach den Tieren vor seiner Haustür – von A wie Adler bis Z wie Zaunkönig. TEXT: BIRGITT HAMM FOTOS: FRANK WEINMAR


PORTRÄT

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LANDWIRTSCHAFT

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Kuschelige und verschmuste

Schäferei in Jamel züchtet Walliser Schwarznasenschafe und Thüringer Waldziegen Als Sabine Firnhaber sich entschied, Schafe zu züchten, verliebte sie sich bei der Suche nach der richtigen Rasse in Walliser Schwarznasenschafe. „Kuschelig und supernett”, beschreibt die 40-jährige Huftechnikerin – die die Schafzucht im Nebenerwerb betreibt – die Tiere dieser sehr alten Schweizer Rasse mit ihrer dichten weißen Wolle. Mit ihnen begründete sie vor drei Jahren „Die kleine Schäferei” im Lewitzdorf Jamel. Die Hamburgerin Sabine Firnhaber zog es vor 14 Jahren in die Lewitz. Sie hatte nach dem Abitur Tierarzthelferin gelernt und ist seit 15 Jahren selbstständige Huftechnikerin. Als solche beschlägt und klebt sie Pferdehufe mit alternativen Kunststoff-Beschlägen. Eine Technik, die vor allem von Distanz- und Wanderreitern bevorzugt wird, weil sie für die Pferde nicht nur bessere Stoßdämpfer, sondern auch gut für die Durchblutung und rutschfest sind. Damals hatte die begeisterte Distanzreiterin nur zwei Hektar für ihre Pferde gesucht, die in Hamburg heimatlos geworden waren. Doch dann kam sie auf 14 Hektar und beschloss, Schafe anzuschaffen. 22

In der kleinen Schäferei haben die Tiere nun optimale Bedingungen für ein langes und gesundes Leben. „Wir halten sie alternativ und extensiv, aber nicht bio”, erklärt die Schäferin. „Offenställe erlauben es unseren Tieren, das ganze Jahr im Freien zu sein. So haben sie Bewegung und frische Luft, können bei schlechtem Wetter und in der Lammsaison aber auch unter das schützende Dach. Durch unseren täglichen, freundlichen Umgang mit ihnen lernen die Lämmer von ihren zahmen Eltern und sind sehr menschenbezogen und zutraulich.” Die Walliser Schwarznasen sind nicht nur verschmuster, sondern auch etwas pflegeintensiver als andere Schafe. Wegen des starken Wollwuchses MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


LANDWIRTSCHAFT müssen sie zweimal im Jahr geschoren werden, und alle sechs Wochen ist Klauenschneiden nötig. „Doch außer in der Lammzeit ist alles stressfrei zu bewältigen”, berichtet Sabine Firnhaber, die von ihrer Frau Susanna, einer Wienerin, die im Hauptberuf Webdesignerin ist, tatkräftig unterstützt wird. Gemeinsam bauten die beiden Frauen eine erfolgreiche Herdbuchzucht mit 20 Mutterschafen und zwei Böcken auf. Ihr Hobby betreibt Sabine Firnhaber inzwischen sehr professionell. In Kursen des Brandenburgischen Schafzuchtverbandes hatte sie sich das nötige Fachwissen angeeignet; als Tierheilpraktikerin nutzt sie ihre Erfahrungen im Umgang mit den Tieren. Und Reparaturen an der alten Technik – ein Heuwender von 1964 und ein zwei Jahre jüngerer Trecker – erledigt sie inzwischen auch selbst. Auf die Maschinen ist sie angewiesen, denn das Heu für ihre Tiere produziert sie selbst. „So haben wir größtmöglichen Einfluss auf die Futterqualität”, sagt sie. Die Mühen zahlen sich aus. Der Nachwuchs der Walliser Schwarznasenschafe ist begehrt bei Züchtern, aber auch bei Hobbyhaltern, die nur einen „Rasenmäher” für ihr Grundstück suchen. „Anders als bei anderen Rassen sind bei den Schwarznasen sogar die Böcke dafür gut geeignet, weil sie einen so ausgeglichenen Charakter haben”, sagt die Schäferin. Auf der Mecklenburgischen Landwirtschaftsausstellung MeLa 2016 zeichnete die Fachjury alle von der Jameler Schäferei vorgestellten Tiere aus. Edith wurde das beste Muttertier bei den Schafen und Vize-Miss MeLa. Übertrumpft wurde das Mutterschaf nur von Siri, einer Thüringer Waldziege, die bei den Schafen antrat und siegte. „Zum ersten Mal in der Geschichte der MeLa schaffte es damit eine Ziege an die Spitze”, freut sich ihre Besitzerin Sabine Firnhaber, denn auch Siri ist bei ihr zu Hause. Neben den Schwarznasenschafen hält sie eine Zuchtherde der Thüringer Waldziegen, die heute auf der Liste der bedrohten Nutztierrassen steht und als stark gefährdet gilt. Die 15 Muttertiere und zwei Böcke bereiten Sabine Firnhaber wenig Sorgen. Die widerstandsfähigen und sehr zutraulichen Tiere werden häufig zur Landschaftspflege eingesetzt, aber auch geschlachtet oder als Milchziegen gehalten. Auch die Schäferin melkt ihre Ziegen. Noch nutzt sie die Milch aber nur für den Hausgebrauch. Dass das Leben mit den Schafen nicht nur Idylle pur ist, erlebten die beiden Frauen in diesem Jahr. Regen den ganzen Sommer über bis in den Herbst hinein sowie gewaltige Stürme beschäftigten sie mehr als geplant. Sabine Firnhaber schildert: „10 von unseren 14 Hektar standen unter Wasser, die Schafe mussten täglich gefüttert werden, Heu konnten wir nicht ernten,

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immer wieder waren umgestützte Schutzhütten zu reparieren.” Eine schwierige Situation, die den beiden Frauen viel abverlangte. Die sie aber nicht zur Aufgabe zwingt. Zu sehr lieben sie die Arbeit in ihrer kleinen Schäferei. Susanna, die für die Grundversorgung der Tiere zuständig ist, meint: „Wenn ich lange am Computer sitze, zappeln die Beine und ich muss raus.” Und Sabine, die den Traktor fährt und die Ziegen melkt, findet: „Wir haben hier ein schönes Leben.” TEXT: BIRGITT HAMM FOTOS: HAMM / FIRNHABER

1. Kuscheltiere: Sabine Firnhaber mit den Walliser Schwarznasen-Böcken Jean Claude und Jean Luc. 2. Susanna Firnhaber beim Füttern der Schafe. 3. Neugierig sind sie auch: Schwarznasenschafe im Schnee. 4. Sabine und Susanna Firnhaber kümmern sich auch um herrenlose Hunde aus Mallorca. Diese weißen Riesen der Rasse Podenco Ibicenco leben bei ihnen in Jamel. 5. Für die Thüringer Waldziegen brachte der Sturm eine Klettergelegenheit mehr.

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KIRCHE

DIE KIRCHEN VON KUPPENTIN UND WOOSTEN

Zwei der ältesten Dorfkirchen Mecklenburgs

Kirche Woosten aus dem 13. Jahrhundert . MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

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Die Kirchengemeinden Woosten und Kuppentin im Landkreis Ludwigslust-Parchim haben sich vor zwei Jahren zusammengeschlossen. Während die eine Kirche nach fast vollständiger Renovierung heute das Zentrum des kirchengemeindlichen Lebens ist, verharrt die andere noch in einer Art Dornröschenschlaf.

Die Kirche in Kuppentin

1. Die Kirche von Kuppentin wurde im Jahr 1235 erstmalig erwähnt. 2. Geschnitzte Kanzel von 1680 im Renaissancestil. 3. Barocker Altaraufsatz mit sechs gotischen Schnitzfiguren aus dem Jahre 1696.

Die im Jahre 1235 von Bischof Brunward erstmals urkundlich erwähnte Kirche in Kuppentin gehört zu den ältesten Dorfkirchen Mecklenburgs. Als sich im Jahr 1995 der „Förderverein Kirche Kuppentin“ gründete, hatte er eine große Aufgabe vor sich: Die Kirche war von Grund auf renovierungsbedürftig. Dank des engagierten Einsatzes der Mitglieder des Fördervereins stellten Stiftungen und Sponsoren die für die Renovierung benötigten Geldmittel zur Verfügung. Mittlerweile ist die Renovierung zum größten Teil abgeschlossen und die Dorfkirche wird wieder für Gottesdienste und gemeindliche Veranstaltungen genutzt, wie Konzerte, Vorträge, Lesungen und Ausstellungen von Malerei, Grafik, Fotografie und Kunsthandwerk.

Das Kirchhaus

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Von außen mutet die Kuppentiner Dorfkirche interessant an, denn weder Kirchenschiff, Chor oder Turm stammen offensichtlich aus der gleichen Bauzeit aber ergänzen sich gleichwohl harmonisch. Das aus Feldstein errichtete Kirchenschiff gehört vermutlich zum ältesten Teil der Kirche und stammt aus der Zeit vor der urkundlichen Ersterwähnung. Dass die Kirche ursprünglich als Wehrkirche erbaut wurde, erklärt die mehr als einen Meter dicken Mauern und Schlitzfenster. Im 15. Jahrhundert war die Pfarre Kuppentin wirtschaftlich bedeutend, was sich in der Größe des auf diese Zeit datierten Chors widerspiegelt. Im Vergleich zum Kirchenschiff scheint er überdimensioniert, überragt dieses um einige Meter und ist damit eine Herausforderung an die Statik des Gebäudes. Der mächtige Holzturm schließlich vervollständigte die Kirche im 18. Jahrhundert. Sein Turmhelm aus Kanadischen Rotzedern wurde 1980 erneuert und ist in dieser Form in Mecklenburg nicht noch einmal zu finden. Für das nächste Jahr ist die notwendige Sanierung des gesamten Turms geplant.

Der Kirchenraum

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Hell getünchte Wände mit einer klassischen Holzdecke verleihen dem Innern der Kirche eine offene Atmosphäre. Den barocken Altaraufsatz aus dem Jahr 1696 zieren die Motive: Abendmahl, Kreuzigung und Himmelfahrt. Die Schnitzfiguren stellen Maria, Johannes und vier Apostel dar – sie stammen aus unterschiedlichen Zeitepochen. Die Kanzel im Renaissance-Stil mit der Darstellung der vier Evangelisten ist datiert auf 1680 und die Orgel mit sechs klingenden Registern stammt aus dem Jahr 1874. Sie stammt aus der Werkstatt des renommierten Mecklenburger MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


KIRCHE Orgelbauers Friedrich Ludwig Theodor Friese, genannt Friedrich Friese III (1827 bis 1896). Aus dem Jahr 1715 stammt vermutlich eine figürliche Darstellung an der Nordwand des Triumphbogens: Christus als Schmerzensmann auf einem Holzsockel stehend. In das Taufbecken eingelassen ist ein aus Zink gefertigtes Taufblech. An den Wangen der Bänke finden sich die Anfangsbuchstaben der Dörfer.

Die Kirche in Woosten Während die Dorfkirche in Kuppentin wieder in altem Glanze erstrahlt, befindet sich die benachbarte Kirche in Woosten noch in der „Warteschleife“ bezüglich ihrer Sanierung. Die Feldsteinkirche, die auf einer kleinen Anhöhe steht, wurde 1269 erstmals in einer Urkunde erwähnt. An der Südfassade gut sichtbar ist eine „Nahtstelle“ im Mauerwerk. Hier treffen sich Kirchenschiff und der wohl 40 Jahre ältere Chorraum oder auch: Gotik und Romantik! Auch für die Dorfkirche Woosten ist die Notwendigkeit von Erhaltungsund Sanierungsmaßnahmen ein großes Thema. Die Verantwortlichen hoffen auf die Unterstützung von Sponsoren und Stiftungen. Im Jahr 2000 konnte die Sakristei renoviert werden und durch die Abtragung von großen Mengen des Erdreichs gelang es drei Jahre später, die Trockenlegung der Kirche voranzutreiben. Zwischenzeitlich ist der Dachboden von Schutt befreit und Gutachter verschafften sich einen Eindruck vom Zustand der Kirche. Nach Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die nötigen Bauarbeiten können entsprechende Sanierungsplanungen beginnen.

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Kirchen der Kirchengemeinde Zur Kirchengemeinde Woosten-Kuppentin gehören auch die Kirchen Unter Brüz, Groß Poserin und Plauerhagen. In allen fünf Kirchen finden regelmäßig Gottesdienste statt. Im Winter werden Gemeinderäume der Pfarrhäuser genutzt und in Plauerhagen eine beheizbare Winterkirche. Neben den liturgischen Festen des Kirchenjahres gibt es Konzerte, Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungsangebote TEXT: ANNA KARSTEN FOTOS: HELMUT WACHTEL

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4. Altar mit geschnitztem Christuskörper aus dem 14. Jahrhundert. 5. Geschnitztes Abendmahlrelief aus dem 17. Jahrhundert.

Tauffünte mit der Inschrift des Stifters Elar von Grabow. MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

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KUNST

Neues Leben für Der Schweriner Holzbildhauer Jo Petzold Jo Petzold baut Häuser aus Holz. Und Kirchen. Seit er vor drei Jahren damit begonnen hat, könnten seine Bauwerke inzwischen bestimmt ein Dorf füllen. Oder eine kleine Stadt.

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Zum Wohnen eigenen sich die Gebäude allerdings nicht, denn sie sind allerhöchstens 40 Zentmeter hoch. So groß ist der Schweriner Dom, sein bislang größtes Modell. Aber auf alle Fälle würden die Kirchen seine Orte dominieren. Sie waren der Anlass für sein Hobby, das inzwischen zur Kunst herangewachsen ist. Das nötige Handwerkszeug wurde Jörg Karl Petzold, so der bürgerliche Name des Holzbildhauers, schon in die Wiege gelegt. Der gebürtige Thüringer besuchte als Kind oft seine Großeltern auf dem Land. „Dort waren alle Löffelschnitzer. Ich eiferte meinem Großvater nach und versuchte mich an Löffeln, Kellen, Quirls. Alles was geschnitzt wurde, war für den Hausgebrauch bestimmt.” Trotzdem führte ihn sein Berufsweg in Richtung Metall. Er lernte Feinmechaniker, studierte Maschinenbauingenieur, war Lehrausbilder und Patentingenieur. Das Holz traf ihn erst im Ruhestand wieder. Dann aber schuf er keine Löffel für den Hausgebrauch mehr, sondern Häuser. Sein Material ist altes Bauholz. „Ich schau es mir an und entscheide dann, was daraus wird. Risse, Knorren, Zapfen, alles, was die Balken mitbringen, bleibt auch erhalten und fließt in das Kunstwerk ein.” Mit Bandsäge, dem Renovator, einer schwingenden Säge, Stichel und Beitel sucht er in dem Material die richtige Form. Ganz besonders ist seine Farbgebung. Jo Petzold: „Ich trage auf Eisengrundierung eine flüssige Patina auf. Wenn sich beides zu einer Art Rost verbindet, entstehen wundervolle Farbeffekte, die ich selbst nicht so genau vorhersagen kann. Sie hängen immer von Alter, Holzart und -struktur ab.” Er liebt die Details, die feine Dekoration. Viele seiner Häuser haben Türklinken, Türme werden von Uhren geschmückt. Die Zif-

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KUNST ferblätter dafür bekommt der Holzbildhauer, der seine Arbeiten in der Schweriner Galerie Blickwinkel verkauft, von einem benachbarten Künstler, dem Klockenschauster. Die Kunden, Privatleute, Kirchgemeinden, Firmen lieben seine Gebäude. Verschenken sie, stellen sie unter den Weihnachtsbaum oder nutzen sie als Kulisse für ein Puppenspiel. Sein Lieblingshaus, seine Lieblingskirche kann man bei Jo Petzold auch bestellen. Jeden Mittwoch ist er selbst in der Galerie in der Münzstraße, Ecke Schliemannstraße und nimmt Wünsche entgegen. Die Häuser waren eigentlich nur eine Fingerübung, die Vorarbeit für seine Kirchen. „Meine Freundin Brinja bat mich, ein Modell der Crivitzer Stadtkirche zu gestalten”, erzählt er. „Bevor ich mich daran machte, übte ich an den Häuschen.” Seine Crivitzer Kirche überzeugte nicht nur die Kirchgemeinde der Kleinstadt, Aufträge für die Rostocker Johanneskirche, das Reichenauer Münster und andere folgten. Eine neue Qualität fanden seine Kirchenbauprojekte dann im Lutherjahr. „Wieder war meine Freundin Schuld”, schmunzelt Jo Petzold. „Wir sprachen über Luther, den ich sehr bewundere, über die Geschichte der Reformation, die mich sehr interessiert, und so entstand die Idee, die wichtigsten Lutherkirchen in Europa nachzubauen.” Für den Künstler begann eine Reise auf den Spuren der Reformation. An ihrem Ende standen zwölf bedeutende protestantische Kirchen. „Im Mittelpunkt steht natürlich die Schlosskirche zu Wittenberg, die ich erst nach einem Foto bauen wollte. Zum Glück besuchte ich das Original doch selbst, so dass alle Details, auch das Thesentor, am richtigen Fleck sind.” Dazu kommen u. a. der Magdeburger Dom, Kirchen im Elsass, in der Schweiz und auf den Faröern, wo er eine der ältesten evangelischen Gemeinden Europas entdeckte. „Jede Kirche ist anders, jede hat ihren Reiz”, findet der Künstler. Nur für sich selbst gestaltete er das Modell einer ökumenischen Kirche. Sozusagen als Ausblick auf die Zukunft. Die Lutherkirchen waren in verschiedenen Ausstellungen im Land zu sehen.

5 Nun stehen die Häuser wieder im Mittelpunkt. Die gerade zur Weihnachtszeit sehr beliebt sind. Und einen hölzernen Adventskalender hat Jo Petzold auch gebaut: Natürlich schuf er eine Zeile mit 24 idyllischen Häuschen, die die Vorweihnachtszeit viele Jahre schmücken kann. TEXT & FOTOS: BIRGITT HAMM

1. Jo Petzold bei der Arbeit an einem thüringischen Fachwerkhaus. 2. Eine Gruppe typischer Petzold-Häuser. 3. Ein Adventskalender für die Ewigkeit. 4. Einige der Lutherkirchen. 5. In der Galerie Blickwinkel ist der Künstler jeden Mittwoch anzutreffen.

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MUSIK

Die Schweriner Singakademie. Foto: Peter Rüssmann

WO MAN SINGT ... Die Schweriner Singakademie feiert ihr 40jähriges Jubiläum Die Gründungsurkunde der Schweriner Singakademie aus dem Jahr 1977 ist unscheinbar. Wobei: „Gründungsurkunde“ ist für dieses einfache DIN A 4 Blatt zu hoch gegriffen und „unscheinbar“ eine schmeichelhafte Umschreibung für dürftig. Aber dieses Dokument ist ein Beleg dafür, dass Formen nebensächlich und Inhalte wesentlich sind. Der Inhalt, die Schweriner Singakademie, ist voller Leben und Energie – bewiesen bei den beiden Jubiläumskonzerten am 18. und 19. November im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters. Die Singakademie schenkte sich – und dem begeisterten, dankbaren Publikum – zwei Aufführungen des „Deutschen Requiems“ von Johannes Brahms. Unterstützt wurde die Schweriner Singakademie von der Meininger und der Suhler Kantorei, begleitet von der Mecklenburgischen Staatskapelle und die Leitung hatte der langjährige, jetzt ausscheidende Künstlerische Leiter Ulrich Barthel. „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, Bösewichter haben keine Lieder“, so der Dichter Johann Gottfried Seume (1763-1810). Eine immer wieder gern zitierte Aussage, Gesang verbindet und hilft, Grenzen zu überwinden. 1814 wurde in Schwerin ein „Musikalischer Verein von Dilettanten“ gegründet. Das Wort Dilettant ist heute im alltäglichen Sprachgebrauch eher negativ besetzt – im Ursprung bedeutet es so 30

viel wie „sich erfreuen“. Man tut etwas mit und zum Vergnügen, aus Freude an der Sache, nicht beruflich. In verschiedenen Formationen gab es in Schwerin Gesangsvereine, von 1890 bis 1898 war auch schon einmal eine Schweriner Singakademie dabei. Chorsinfonische Werke wurden einstudiert und aufgeführt und es bestand eine enge Verbindung zum Schweriner Theater. So gründeten nach 1945 ehemalige Mitglieder des Schweriner Gesangsvereins den neuen Konzert- und Extrachor des Schweriner Staatstheaters, der meist unter der Leitung des jeweiligen Direktors des Opernchores arbeitete. In den 1970er Jahren gründeten sich in mehreren Städten der DDR Singakademien, in Schwerin waren Chordirektor Edgar Hykel und der damalige Generalmusikdirektor der Mecklenburgischen Staatskapelle Hartmut Haenchen (heute gefragter Dirigent u.a. in Bayreuth) die Initiatoren der Schweriner Singakademie. Trägereinrichtung war das Mecklenburgische Staatstheater, eine enge Verbindung, die MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


MUSIK bis heute Bestand hat. In den letzten 26 Jahren unter anderen Vorzeichen: 1991 wurde die Schweriner Singakademie ein eingetragener Verein und gehört dem Verband Deutscher KonzertChöre (VDKC) an. „Laut unserer Satzung haben wir uns der Pflege chorsinfonischer Musik des kulturellen Erbes und der Neuzeit verschrieben. Außerdem bleibt die Unterstützung des Mecklenburgischen Staatstheaters im Bereich der Opernaufführungen und anderen Projekten ein wichtiger Bestandteil der Chortätigkeit“, sagt Carola Reinhold, die Vorsitzende des Vereins. Zur chorsinfonischen Arbeit gehört regelmäßig zum Jahresende Ludwig van Beethovens IX. Sinfonie im Schweriner Theater und gehören wiederholt das „Requiem“ von W. A. Mozart, die „Carmina Burana“ von Carl Orff, oder J. S. Bachs „Weihnachtsoratorium“. Einmal in der Woche wird – im Schweriner Theater – probiert, am Mittwoch die Damen, am Donnerstag die Herren. „Sangesfreudige Herren suchen wir immer“, so Carola Reinhold und sie ergänzt: „Bitte keine Angst haben, man, also Mann, soll sich ruhig trauen. Interessenten können bei unseren Proben reinschnuppern, drei bis vier Proben mitsingen, dann entscheidet ein kleines – wirklich kleines – Vorsingen, in welche Stimmgruppe man eingeordnet wird.“ Der Mitgliedsbeitrag pro Monat beträgt zehn Euro, ermäßigt fünf Euro. Daraus und aus seinen Konzerten finanziert sich der Verein sowie aus den Zuwendungen von Sponsoren. Die Vorlieben der Chormitglieder sind unterschiedlich: Die einen bevorzugen die Konzerte, die anderen zieht es auf die Bühne. Kaum eine Opernaufführung im Schweriner Theater ohne Mitglieder der Schweriner Singakademie. „Diese Kooperation mit dem Theater ist

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wichtig und wesentlich. Unser nächstes großes Projekt ist ‚Die Schöpfung‘ von Joseph Haydn. Eine spartenübergreifende Produktion mit der Mecklenburgischen Staatskapelle, dem Ballett, Solisten, dem Opernchor und Damen und Herren der Singakademie. Premiere ist am 16. März 2018.“ Vom 22. Juni bis zum 28. Juli 2018 wird wieder „draußen“ agiert – mit Giacomo Puccinis dramatische Oper „Tosca“ bei den Schweriner Schlossfestspielen. Da wird nicht nur stimmlicher, sondern voller Körpereinsatz von den „Dilettanten“ gefordert – bei Wind und fast jedem Wetter. „Aber gerade diese Herausforderungen machen vielen unserer Sängerinnen und Sänger besonders Spaß“, meint Carola Reinhold, die selbst schon 25 Jahre in der Singakademie aktiv ist. Voller Stolz und Wärme spricht sie über „ihren“ Verein: „Man kommt in Kontakt mit Leuten, die man sonst wahrscheinlich nie kennenlernen würde. Zum Vereinsleben gehört auch die Geselligkeit, bei den Chorwochenenden und unseren Chorreisen.“ Die Schweriner Singakademie war und ist im In- und Ausland unterwegs, gastierte in Ungarn, Estland, Polen und der Tschechoslowakei, in Italien, Schweden und den Niederlanden. Höhepunkte waren dabei die Oratorienaufführungen im Berliner Konzerthaus, im Petersdom zu Rom und der Leipziger Thomaskirche. Noch einmal ein Zitat von Johann Gottfried Seume: „Weh‘ dem Lande, wo man nicht mehr singet!“ In Schwerin wird gesungen. Die Damen und Herren, genauso wie der Kinderchor der Schweriner Singakademie tun es gern – mit Freude und Können. KARIN GUSTMANN

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Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht... Im Schweriner Zentrum für traditionelle Musik werden alte Volksweisen und Volksinstrumente erforscht und gepflegt.

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Ralf Gehler kennen die meisten Schweriner als Dudelsackspieler. Als Organisator des Windros-Festivals. Oder als Musikpädagogen. Und Instrumentenbauer. Als Forscher ist der promovierte Historiker und Volkskundler eher weniger bekannt. Dabei hat er viele Arbeiten über die Sackpfeife, dem in Europa wohl am weitesten verbreiteten Instrument geschrieben. Jetzt widmet er sich dem diatonischen Knopfakkordeon, auch Treckfiedel oder Schweineorgel genannt. Mit ihm möchte er den letzten noch existierenden Zipfel Mecklenburger Volksmusik festhalten, wissenschaftlich dokumentieren und soweit aufbereiten, dass diese spezielle Kunstform zum immateriellen Kulturerbe des Landes erhoben wird. In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das diatonische Knopfakkordeon auf den Dörfern von Männern und Frauen gespielt, von denen keiner je eine Musikschule besucht hat. Die Leute schwangen das Tanzbein nach „Mudder Witsch”, „Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht...”oder „Lott is dod”. Titel, die älteren Mecklenburgern gut bekannt sind. „Aktive Treckfiedelspieler gab es noch bis in die 70er Jahre. Doch die wenigen, die heute noch leben, sind alt – und haben ihre Kunst mangels Interesse nicht an Nachfolger weiter gegeben”, sagt Dr. Ralf Gehler. Er hat jetzt begonnen, Spieler ausfindig zu machen, sie zu interviewen und Filme über sie zu drehen, um ihre Musik zu dokumentieren. Das ist nötig, denn „die traditionelle Musik Mecklenburgs existiert kaum noch”, weiß er. Anders als in anderen europäischen Ländern, wo die traditionelle Musik sogar Studienfach ist, definieren sich die Deutschen eher über die Klassik, die im Gegensatz zur Volksmusik bestens dokumentiert ist. „In Mecklenburg suchen wir unsere Traditionen vor allem in der plattdeutschen Sprache. Doch auch die instrumentale Musik stellt ein bedeutendes Element der Volkskultur dar.” Mit seinen Forschungen will der gebürtige Schweriner nicht nur die Musikgeschichte bereichern, sondern sie weiter entwickeln, indem er die Treckfiedel spielt, andere Spieler ausbildet, Instrumente baut. Quellen für die Musik hat er in seinem Zentrum genug. Die von Erich Stockmann gesammelten Notenhandschriften füllen fast eine ganz Regalwand im Zentrum für traditionelle Musik, das vor einem Jahr seine Heimstatt im Kinningshus des Mueßer Volkskundemuseums fand. Die Idee zu einem Zentrum für Traditionelle Musik hatte er bei einem Konzert in Estland, wo es genau so eine Einrichtung schon lange gibt. Das Zentrum, so das Credo, unterrichtet, präsentiert und fördert diesbezüglich 3 im Sinne der Schaffung und Stärkung des Gedankens einer ethnischen und regionalen Identität. „Sich das geistige Erbe unserer Vorfahren bewusst anzueignen und frei zu gestalten, ist ebenso MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


2 Bestandteil der Arbeit wie die Entwicklung von Respekt und Toleranz gegenüber anderen Kulturen der Welt”, erläutert Ralf Gehler. Dieser Aufgabe stellt er sich nicht allein; an seiner Seite wirken die Musiker Vivian Zeller und Ernst Poets sowie der Journalist Wolfgang Meyering. Das bedeutet, dass in dem ehemaligen Waldarbeiterkaten vieles rund um die Musik geschieht: Konzerte, Unterricht, Seminare, Instrumentenwerkstatt, Ausstellungen... Und getanzt wird natürlich auch, denn der Tanz ist eine wichtige Funktion der traditionellen Musik. Schon als Jugendlicher begeisterte sich der Schweriner für internationale Folkmusik, schwärmte für Pete Seeger, den er sogar einmal traf. Er schaute sich bei Vater und Großvater das Mandolinenspiel ab, brachte

sich selbst auch die Gitarre bei. „Eine Musikschule habe ich nicht besucht”, schmunzelt er. „Aber so habe ich einen anderen Zugang zur Musik, was meine Schüler sehr schätzen.” Im Mueßer Museum fühlt er sich schon lange zu Hause. „Ich hatte als Schichtelektriker im Lederwarenwerk gearbeitet, musste dort aber aufhören, weil ich das Abitur an der Abendschule nachholen wollte.” Der Hausmeisterjob im Freilichtmuseum kam dem geschichtsinteressierten jungen Mann sehr entgegen. Seitdem ist er dem Museum treu geblieben und bereichert es mit der traditionellen Musik um einen ganz wichtigen, weil sehr lebendigen Aspekt. TEXT & FOTOS: BIRGITT HAMM

1. Ralf Gehler mit dem diatonischen Knopfakkordeon. 2. Das Zentrum für traditionelle Musik im Kinningshus des Mueßer Volkskundemuseum lädt zu vielen Veranstaltungen ein. 3. Mora kontra Fiedel

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KUNST

Landschaft bei Bülower Burg

Rückenakt

Querflötenspielerin

Henning Spitzer

über den Güstrower Maler und Bildhauer Henning Spitzer Das Haus, in dem der Künstler Henning Spitzer arbeitet, ist fast 150 Jahre alt. Im ehemaligen Schulraum der jüdischen Gemeinde hat Henning Spitzer seit 2010 seine Werkstatt, die er gerne Labor für Kunst nennt.

Sonnenblumen

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Emilie auf der Fensterbank.

Arbeitsstudien Barlach, Wachs


KUNST An den Wänden hängen Ölbilder von ihm. Seine Landschaftsbilder und Stillleben sind ein bengalisches Feuerwerk der Farben. Die Aktbilder lassen spüren, was Sinnlichkeit bedeutet. Im hinteren Teil der Werkstatt stehen auf Podesten Wachsfiguren, die nicht größer als eine Hand sind. Andere Plastiken überragen den 46-jährigen Mann, der diese Figuren erschaffen hat. Sie sind nicht glatt, sondern von heftiger Struktur und dennoch zart, weil sie berühren. Zwei riesige Pappen stehen an eine Wand gelehnt. Sie sind voller Fotos, die ein und dieselbe Person zeigen. Ernst Barlach, wie man ihn kennt, und wie ihn viele noch nie zu sehen bekommen haben. Henning Spitzer versucht, mit seiner Kunst den Künstler Barlach zu erfassen. Entstanden sind bisher eine Büste, viele kleine Plastiken und eine größere Plastik. Die Letztere hatte Henning Spitzer zur Güstrower Kunstnacht in der Werkstatt so aufgestellt, dass die hereinkommenden Besucher sie zuerst von hinten erblickten, aber sofort Spitzers Barlach erkannten. Angestrebtes Ziel ist eine überlebensgroße Figur. Ein Auftrag, den er sich selbst gegeben hat. Er brennt für diese Arbeit, die seine Zeit brauchen wird. Henning Spitzer ist noch jung. 1971 wurde er in Greiz im Vogtland geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Rostock. In Heiligendamm studierte er angewandte Künste. Nach dem Studium arbeitet er als selbstständiger Produktdesigner. „In diesem Beruf ist man ein universeller Dilettant“, sagt er schmunzelnd. Das begreift man, wenn Henning Spitzer erklärt, was es alles zu beachten gab, als er ein Dialysegerät entwickelte. Es musste ja nicht nur funktionieren, sondern auch leicht handhabbar, gut verkaufbar und vom Design sehr ansprechbar sein. Der Beruf hat ihm Freude gemacht. Auf die Frage, warum er nicht Produktdesigner blieb, sondern Maler und Bildhauer wurde, erzählt er, dass es Menschen waren, die ihn zur Kunst führten. Einer davon heißt Jürgen Weber. Henning Spitzer ist 22 Jahre alt, als er zusammen mit anderen in der Rostocker Kunsthalle Unterricht bei Weber im Aktenzeichnen erhält. Das Malen ist Henning Spitzer nicht fremd. Schon als Schüler der fünften Klasse hat er am Rostocker Konservatorium an Zeichenkursen bei Krämer teilgenommen. Aber der Unterricht bei Weber veränderte sein Leben. Die Art wie Weber zeichnet, entfacht ein Feuer in ihm. Die impulsive Arbeitsweise und die kritische und sinnliche Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit überzeugen ihn. „Es ging nicht anders“, sagt er, „ich musste nach Selbigem streben.“

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Von nun an brennt Henning Spitzer für das Zeichnen. Doch als er nach Jahren des Übens feststellt, dass es ihm nicht zufriedenstellend gelingt, aus Linien wahrhaftige Körper in einem wahrhaftigen Raum zu machen, sucht er nach Lösungen. Er hofft durch plastisches Arbeiten seinem künstlerischen Anspruch näher zu kommen. Wieder führen Menschen ihn dahin. Kurse bei den Bildhauern Michael Mohns und Thomas Jastram bringen ihn weiter. Er lernt die Sinnlichkeit in Formen von Gips zu lieben. Ein Aufbaustudium in Halle, an der Burg Giebichenstein, enttäuscht ihn jedoch mächtig, weil er spürt, dass es das Feuer in ihm zu ersticken droht. Erst 2005 wagt er den Neuanfang als Künstler. Der Maler Jürgen Weber ermutigt ihn dazu. In seiner Werkstatt in Rostock schafft Henning Spitzer zahlreiche Gipsplastiken. Viele davon sind lebensgroß. 2010 zieht er nach Güstrow um. Seine Werkstatt war zunächst in seiner Wohnung. 2012 kann er dann im ehemaligen jüdischen Gemeindehaus arbeiten. Zur Einweihung der Werkstatt kommt auch ein Geschenk vom Maler Jürgen Weber. Er schenkt seinem Schützling eine Aktzeichnung und wünscht alles Gute, viel Arbeitswut, und dass das Feuerchen in Henning Spitzer bleibt, weil es lohnt. „In Güstrow habe ich das emotionale Spannungsfeld von Licht und Farbe entdeckt“, sagt Henning Spitzer. Das Malen und das Modellieren füllen ihn aus. Hat einer wie Henning Spitzer noch Träume? „Nein“, sagt er, „aber die Hoffnung, bis zum Lebensende lustvoll zu schaffen.“ Sein Arbeitstag ist streng strukturiert. Er ist Vater von vier Kindern und hat viele Termine. Seit Jahren beteiligt er sich an der Aktion „Künstler für Schüler“. Er stellt aus und veranstaltet Malkurse für Menschen aller Altersgruppen in seiner Werkstatt in Kröchenhagen, in der Kreisvolkshochschule, im Güstrower Kunsthaus und an anderen Orten. Henning Spitzer bedauert, dass er es nie gelernt hat, ein Instrument zu spielen. Die Möglichkeit dazu hatte er als junger Mensch nicht. Jetzt scheint es ihm dafür zu spät zu sein. Aber da er seine Stimme auch als Instrument ansieht, singt er im Güstrower Domchor. Auch das tut er mit so großer Leidenschaft wie das Tanzen. Regelmäßig fährt er mit seiner Frau, die er die Richtige an seiner Seite nennt, zum Tangokurs nach Bützow. Das Tanzlehrerpaar dort hat vor Jahren Feuer gefangen für den argentinischen Tango. Antonio Todaro, ein Tanzlehrer aus Argentinien, hat einmal gesagt: „Der Tango ist das Schönste, was es gibt. Man muss ihn mit Kraft angehen, mit viel Zärtlichkeit und vielen Stunden Arbeit.“ Diese Worte treffen auch auf das künstlerische Schaffen von Henning Spitzer zu. TEXT & FOTOS: DITTE CLEMENS

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GENUSS

Zum Anschneiden eigentlich zu schade. Extravagante Farbspiele, in liebevoller Handarbeit gefertigte Figuren und schmückende Details lassen die Torten von Enrico Muth zu besonderen essbaren Kunstwerken werden.

Süße Kunstwerke, die man essen kann Im Best Western Seehotel Frankenhorst verzaubert Konditor Enrico Muth seit einem Jahr die Gäste mit ganz besonderen Torten-, Kuchen- und Gebäckspezialitäten. Dazu gehören unbedingt die extravaganten Mirror Glaze Torten und die hippen Cronuts. Enrico Muth stammt aus dem Erzgebirge, hat Anfang der 1990-er Jahre in Schneeberg Bäcker gelernt und qualifizierte sich anschließend in Bayern zum Konditor. Von 1997 bis 2000 arbeitete in einem Berliner Restaurant, dann ging er zurück nach Schneeberg in den elterlichen Gasthof. „Damals hatten wir im Erzgebirge in der Gastronomie sehr stark mit dem sogenannten Sommerloch zu kämpfen, in dem die Gäste ausblieben. Deshalb suchte und fand ich einen Saisonjob im Feldberger Seenland“, erzählt der heutige Koch und Konditor. Als dann die Gaststätte in Schneeberg ihre Türen für immer schloss, entschied sich Enrico Muth, in Mecklenburg-Vorpommern sein berufliches Glück zu suchen. Das scheint er nun in Frankenhorst gefunden zu haben. Hier kann er als Koch und Konditor gleichermaßen kreativ sein. 36

Ein besonderes Faible hat er nach wie vor für die feinen, süßen Sachen. Seit einiger Zeit beeindruckt er die Gäste mit glänzenden und nahezu künstlerisch gestalteten Spiegelglastorten. Die Idee dazu stammt von der russischen Konditorin Olga Noskova. Sie bringt das Gebäck mit einer speziellen Glasur-Technik zum Glänzen. Das Rezept dafür hält sie allerdings bis heute geheim. „Viele ambitionierte Bäcker haben versucht, Rezepte für die Mirror Glaze Torte zu entwickeln und diese online gestellt. Ich probierte einige aus und musste feststellen, dass das Ergebnis nicht zufriedenstellend war. Manchmal erinnerte die Glasur an die eines kandidierten Apfels“, erzählt der Profi. Hart und klebrig? Das konnte es nicht gewesen sein, denn schließlich sollen Augen und Gaumen gleichermaßen MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


GENUSS angesprochen werden. Und so experimentierte Enrico Muth in der heimischen Küche selber und kam so Schritt für Schritt der glänzenden und zugleich cremigen, wohlschmeckenden Glasur immer näher. Heute klappt das perfekt. Natürlich weil alles handgemacht ist. „Allerdings ist der Aufwand für eine Spiegelglastorte ziemlich groß, weil sich ihre Herstellung über drei Tage hinweg zieht“, erzählt er. Bei all dem Aufwand ist klar: So ein besonderes Tortenkunstwerk hat seinen Preis und das gibt es nur auf Bestellung. Aber dann auch nach den Wünschen der Kunden – bezüglich der Motive und Farben – zur Hochzeit, zum Geburtstag oder zu einem besonderen Jahrestag. Etwas schneller geht die Herstellung der neuerdings so beliebten Cronuts. Sie bestehen aus einem Blätterteig, der auch für Croissants verwendet wird, das trendige Gebäck ist rund wie ein Donut und wird in heißem Fett ausgebacken. Für Enrico Muth ist es selbstverständlich, den Teig selbst herzustellen – auch wenn dies einige Zeit in Anspruch nimmt. „Das Topping muss besonders lecker und vielfältig sein. Hier kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen, denn dafür gibt es unzählige Möglichkeiten“, meint der passionierte Konditor und lässt nicht unerwähnt, dass die feinen Cremes auch ruhig mal herzhaft sein dürfen. TEXT & FOTOS: CHRISTINE MEVIUS

Eine Empfehlung von Enrico Muth, Best Western Seehotel Frankenhorst Zutaten für den Teig: 330 g Mehl, 150 ml Milch, 25 g Butter, 10 g Zucker, 1 Ei, 1 Eigelb, 20 g Hefe, 4 g Salz, 1 TL geriebene Zitronenschalechale, 1 Messerspitze Vanille Zutaten für das Ziehfett: 150 g Butter, 30 g Mehl, Mehl für die Arbeitsfläche, Wasser zum verkleben Zutaten für das Topping (Vollmilch-Ganache): 100 g Sahne, 100 g Vollmilchschokolade Den Teig zubereiten: Milch erwärmen, Zucker und Hefe unter Rühren darin auflösen. Hefemilch, Mehl, Salz, Eigelb, Ei, Zitronenschale, Vanille und Butter zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten und diesen abgedeckt über Nacht im Kühlschrank gehen lassen. Die Ziehbutterplatte: Die Butter mit 30g Mehl, einer Prise Salz und Zucker verkneten und zwischen Klarsichtfolie ca. 30 x 15 cm ausrollen und kühlstellen. Hefeteig auf eine bemehlte Arbeitsfläche legen und kreuzförmig einschneiden. So ausrollen, dass ein Kreuz entsteht. Die vorbereitete Ziehbutterplatte in die Mitte legen. Die Teigkanten mit etwas Wasser bestreichen. Die Teiglappen über die Butterplatte legen, sodass diese vollständig eingehüllt ist. Den Teig rundum leicht andrücken und 15 Minuten kaltstellen. Den Teigblock auf der bemehlten Arbeitsfläche auf etwa 50 x 30 cm ausrollen. Ein Teigdrittel zur Mitte hin einschlagen, das andere Drittel darüberlegen, 20 Minuten kalt stellen. Ausrollen, Einschlagen

und Kaltstellen einmal wiederholen (einfache Tour). Nun dem Teig noch eine doppelte Tour geben, d.h.: ausrollen dann die rechte und die linke Teigkante bis zur Mitte hin einschlagen, sodass sie in der Mitte aneinander stoßen und dann noch einmal falten. Nach dieser Tour sollte der Teig mindestens 30 Minuten im Kühlschrank ruhen. Danach den Teig auf ca. 5mm ausrollen und Kreise ausstechen, anschließend mit einer kleinen Tülle bei jedem Kreis ein Loch in die Mitte drücken. Das Öl in Fritteuse, Topf oder Wok auf 180° erhitzen. Auf mittlere Hitze zurückschalten und die Teigkreise ins heiße Öl legen. Diese 2 bis 3 Min. frittieren, bis sie goldbraun sind und an die Oberfläche steigen. Wenden und von der zweiten Seite in 2 bis 3 Min. goldbraun ausbacken. Die fertigen Cronuts mit einem Schaumlöffel aus dem Öl heben, kurz abtropfen lassen und auf Küchenpapier entfetten. Die übrigen Cronuts ebenso ausbacken. DasTopping zubereiten: Die Schokolade kleinhacken. Sahne in einem Topf aufkochen lassen und vom Herd ziehen. Schokolade hineingeben und mit einem Schneebesen gründlich verrühren. Die Ganache umfüllen und abgedeckt im Kühlschrank abkühlen lassen. Anschließend mit einem Handrührgerät oder Schneebesen aufschlagen bis die Creme steif ist. Die Ganache kann nun als Topping aufgespritzt und nach Belieben – z.B. mit einem Giotto – verziert werden. Man kann die fertigen Teiglinge ebenso mit einer Tortenspritze und einer dünnen Tülle seitlich füllen. Auch herzhafte Füllungen und Toppings wie z.B. aus Schinken und Käse sind möglich.

Hinweis: Wem die Herstellung von Blätterteig zu aufwendig ist, kann auch den aus dem Kühlregal nutzen – was für einen echten Konditor natürlich nicht infrage kommt.

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GENUSS

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mitten in Schwerin Italiensches Stimmengewirr tönt aus der Küche, hinter der Theke spricht man italienisch. Im Radio singt Adriano Celentano „Azzurro". Kaffeeduft in der Luft. Auf der Speisekarte stehen Panini, Pasta, Pizza, Insalata, Dolci, Vino. Doch das Restaurant befindet sich nicht in Rom oder Florenz, sondern mitten in Schwerin.

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GENUSS „Mir fehlte ein typisch italienisches Lokal, wo man authentische Gerichte bekommt, dazu vielleicht einen guten Wein oder einen Espresso trinken kann", erinnert sich Hanka Durante. Das war Anfang 2014. Damals war die ehemalige Profivolleyballerin gerade frisch in ihrer Heimatstadt Schwerin angekommen. 15 Jahre spielte sie vorher in Italien bei verschiedenen Mannschaften. Im März 2014 eröffneten Hanka und Ehemann Luca Durante das „Durante. Italienische Spezialitäten" an der Ecke Puschkinstraße / Großer Moor. Seither schreibt es eine Erfolgsgeschichte. Wer gern da essen möchte, sollte besser reservieren. Meistens ist es nämlich sehr gut besucht. Rund 30 Gäste können drinnen Platz nehmen. Im Sommer auf der Außenterrasse weitere 30. „Wir haben viele Stammgäste. Sie kommen nicht nur aus Schwerin, auch aus Hamburg und Lübeck", berichtet Hanka Durante. Wenn möglich verwenden die Köche, alles waschechte Italiener, nur Produkte aus ihrem Heimatland. Und wie es sich für ein original italienisches Lokal gehört, stellen die Mitarbeiter auch das Eis frisch her. Weitere hausgemachte Dolci stehen auf der Speisekarte, zum Beispiel Panna Cotta oder Tiramisu. „Die Menschen brauchen das Essen zwar zum Überleben. In Italien haftet dem Akt des Essens und noch mehr dem Essen in Gesellschaft etwas Heiliges an. Diese Tradition wollen wir hier wahren und mit unseren Gästen teilen“, sagt Hanka Durante. Regelmäßig finden besondere Veranstaltungen statt wie Weinverkostungen und der Aperitivo. Letzterer beginnt jeden Donnerstag um 18 Uhr. „In Italien ist es Mode, sich vor dem Mittag oder Abendessen mit Freunden zu treffen und bei einem Getränk kleine, leichte Gerichte und Vorspeisen vom Buffet zu genießen. Wir bieten damit eine Alternative zum Abendessen an", sagt Hanka Durante. Zusätzlich findet am 28. Dezember der Aperitivo „Mare e Monti" statt. Auf dem Buffet stehen dann unter anderem Vorspeisen wie Tomate mit Mozzarella und gegrilltes Gemüse, Fleisch- und Wurstgerichte, Fisch, Pizza, Pasta und Süßspeisen. Seit November 2015 gibt es nebenan einen extra Laden, in dem man typisch italienische Produkte erwerben kann, aber auch im Lokal selbst gibt es einzelne Produkte zu kaufen. Eine Auswahl befindet sich in den Regalen. Das Sortiment im Shop ist jedoch umfangreicher. So gibt es hier

9 etwa Öle, Essig, Nudeln, eingelegtes Gemüse, Soßen, Weine, Grappa und Accessoires. Das Personal berät gern und erstellt individuelle Geschenkkörbe. TER

1. Antipasti aus bella Italia. 2. Gegrilltes Gemüse darf beim Aperitivo nicht fehlen. 3. Pasta mit Meeresfrüchten. 4. Frische Produkte, Panini und Parmaschinken. 5. Erlesene Weine aus Italien 6. Im Durante-Shop erstellt, individuelle Geschenkekörbe. 7. Carpaccio mit Rucola und Parmesan. 8. Die Köche verwenden Wurst und Käse aus Italien. 9. Luca und Hanka Durante im Lokal. Fotos: Durante (1-3, 6-8) www.knipsgefahr.de (4, 5, 9)

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Winterlandschaft im Sternberger Seenland Foto: Helmut Wachtel

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AMÜSANTES

ahraus jahrein hatte ich zum Weihnachtsfest gekocht. Nachdem die Teller geleert waren, kränkte mich ein „Na ja“ oft mehr als konkrete Kritik. Irgendwann einmal reichte es mir. Ich erklärte die Küche für den 1. Weihnachtstag für mich zum Sperrgebiet. Mein Mann nahm die Herausforderung an. Er kaufte sich mehrere Kochbücher, dessen Preis so hoch war, wie die Rechnung einiger Essen in einem Nobelrestaurant. Am Heiligabend verriet er mir aufgeregt: „Morgen gibt es Ente mit Rotkohl, gebutterte Kartoffeln und Pudding mit Karamellsoße.“ Er hatte am 1. Weihnachtstag den Tisch fürstlich gedeckt. Die Ente auf dem Goldrandteller sah aus, als hätte sie schon viele Jahre gerupft in einem Solarium gelebt. Nach dem Tranchieren des dunkelhäutigen Tieres blähte sich in seinem Innern ein Plastebeutel, in dem Herz, Leber und Magen blubberten, als wären sie noch sehr lebendig. Der Rotkohl schmeckte, obwohl er die Konsistenz von Spinat aus der Dose hatte. In der Soße tummelten sich Mehlklöße mit bizarren Formen. Dergleichen war meinem Mann zu Silvester beim Bleigießen noch nie gelungen. Als ich mit der Gabel eine gebutterte Kartoffel auf meinem Teller berührte, verwandelte sie sich in ein Wurfgeschoss. Mit einem Affenzahn zischte der heiße Erdapfel am linken Ohr meines Mannes vorbei. „Was soll das“, fragte er ruhig, aber doch sehr

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ungehalten, „willst Du mich umbringen?“ „Sie sind nicht gar“, antwortete ich, „Kartoffeln, die gar sind, fallen nicht mit so einem harten Klang von der gefliesten Wand, sondern sie bleiben für einen Moment kleben und rutschen lautlos hinab.“ „Aha“, sagte mein Mann und aß weiter. Doch auch seiner gebutterten Kartoffel wurde nach kurzer Berührung mit den Gabelzinken Flügel verliehen. Sie sauste wie eine verzauberte Kugel vom Freischütz über meinen Mittelscheitel hinweg. Ihre Einschlagswucht wurde zwar durch die Küchengardine gebremst, aber ihr derber Aufprall an der Fensterscheibe war noch durch ein lautes Bong zu vernehmen. Dann trudelte sie unversehrt von einem Tischbein zum anderen. Wie eine beschwingte Billardkugel, die das Loch zum Untertauchen sucht. „Nobody is perfekt“, sagte mein Mann gelassen. Die erste Schicht unter dem dunkelhäutigen Teint der Ente schmeckte auch mit Brot. Nach dem Hauptgang kam die Nachspeise. Er wird Mandeln verwendet haben, glaubte ich. Doch als es nach dem zweiten Löffel immer noch nicht weihnachtlich schmeckte und es sich immer noch so anhörte, als wären meine Zähne Schiffe, die kleine Eisberge rammten, ging ich der Sache auf den Grund. „Das sind keine Mandeln“, registrierte mir meine feinfühlige Zunge nach dem dritten Löffel, „das sind Eierschalen.“

Zeichnung von Jürgen Mania

Ein einmaliges Menü

Die zwar angekündigte, aber nie gelieferte Karamellsoße fand ich später zusammen mit einer unserer teuersten Pfannen im Mülleimer. Sie war mit dem Teflonboden eine Verbindung eingegangen, die wohl nicht einmal mehr ein Presslufthammer hätte lösen können, aber vielleicht für die NASA-Forschung von Interesse gewesen wäre. „Das war einmalig“, sagte ich nach dem Essen zu meinem Mann, ohne mich wie eine Lügnerin zu fühlen. Und er kann sehr froh sein, dass bei mir nicht alle Liebe durch den Magen geht. DITTE CLEMENS

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GENUSS

Eine Zeitreise durch die Jahrhunderte Tradition und neues Design in der Hanse Sektkellerei Wismar

Im tiefen Keller sitz ich hier bei einem Fass voll Reben bin frohen Muts und lasse mir vom allerbesten geben.

Der Kßfer zieht den Heber vor gehorsam meinem Winke reicht mir das Glas, ich halt’s empor und trinke, trinke, trinke... 43


GENUSS

Astrid Ratz (l.) ist die neue Geschäftsführerin der Hanse Sektkellerei Wismar.

Volkstümliche Zeilen bekannter Trinklieder mag mancher Gast im Ohr haben, wenn er den Gewölbekeller der Hanse Sektkellerei Wismar betritt und an dem langen, rustikalen Eichentisch oder in einem der riesigen Holzfässer Platz nimmt. Das „Alte Gewölbe“ im Turner Weg stammt aus dem 17. Jahrhundert und ist vermutlich unter schwedischer Herrschaft als Stadtbefestigung entstanden. Tradition verpflichtet Zwischen 1860 und 1920 hatte hier eine Brauerei ihr Domizil. Die Wismarer Kaufleute setzten schon immer auf Bewährtes und deshalb wird in den historischen Gemäuern bis heute die über 350 Jahre alte hanseatische Weinhandelstradition gepflegt: „In dieser ganz besonderen Atmosphäre reifen zwischen roten Backsteinen und Gewölbekuppeln ausgesuchte Weine aus der Pfalz in dickwandigen Flaschen zu erlesenen Sekten heran. In liebevoller Handarbeit werden unsere Editions-Sekte in langer Reifezeit im traditionellen Flaschengärverfahren gefertigt“, erklärt Geschäftsführerin Astrid Ratz. Sie ist seit über 16 Jahren in dem Unternehmen tätig und weiß ganz genau, wie die Flaschengärung funktioniert. Weit über zehn Jahre war die Mitarbeiterin für den Veranstaltungsbereich der Sektkellerei verantwortlich. Mit neuen Ideen holte sie immer mehr Gäste ins Kellergewölbe – zum Feiern und zu Führungen. Tagungen, Firmenjubiläen, Empfänge oder Familienfeiern werden hier seitdem zu unvergesslichen Erlebnissen. Ihr Chef Jürgen Krug sah in der engagierten Frau zudem eine künftige Geschäftsführerin und arbeitete sie Stück für Stück in die neue 44

Aufgabe ein, bevor er sich im vergangenen Jahr in den Ruhestand verabschiedete.

Exklusive Veranstaltungen im „Alten Gewölbe“ „Jährlich organisieren wir zirka 330 Veranstaltungen und planen auf Wunsch individuelle Programme, die es den Gästen ermöglichen, unsere Hansestadt und deren Highlights näher kennenzulernen. Dazu gehören natürlich auch Führungen, bei denen sie unserem Kellermeister bei der Arbeit über die Schulter schauen dürfen. Dass nach dem Rundgang durch den Keller die guten, prickelnden Tröpfchen verkostet werden, versteht sich von selbst“, erklärt die Geschäftsführerin mit einem freundlichen Lächeln. Unzählige Gäste hat sie durch die „heiligen“ Gewölbehallen geführt und ihnen beispielsweise erklärt, wie die traditionelle Flaschengärung funktioniert oder warum der Sekt in Deutschland nicht mehr Champagner heißen darf. Es macht mich stolz, wenn ich sehe, wie beliebt unsere Veranstaltungen sind. Ob für Familien- oder Firmenfeiern, Reisegruppen oder Vereine, wir MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


Im Shop vor dem Gewölbekeller findet sich eine große Auswahl von Präsenten.

machen vieles möglich und sorgen dafür, dass die Besucher bei uns schöne und erlebnisreiche Stunden erleben“, erklärt die 53-jährige Chefin der Hanse Sektkellerei. Wie begehrt die Feiern im alten Gewölbe sind, ist unter anderem an der langen Liste der Vorbestellungen zu sehen. „Unsere Silvesterparty ist immer schon Jahre im Voraus ausgebucht, aber zum Glück gibt es ja noch viele andere Anlässe zum Feiern“, sagt Astrid Ratz und fügt hinzu: „Wenn es gewünscht ist, sorgen wir auch für die kulturelle Umrahmung und kulinarische Köstlichkeiten – vom rustikalen Buffet bis hin zu erlesenen Spezialitäten.“ Für ansprechende Buffets aus Fisch und Fleisch in unterschiedlichsten Variationen und allem, womit man die Gäste lukullisch verwöhnen kann, kooperiert die Hanse Sektkellerei mit einem Caterer aus der Region und anderen Wismarer Unternehmen.

Kleiner, feiner Shop für Genießer Wer anderen oder sich selbst eine Freude bereiten möchte, findet ganz bestimmt in dem kleinen Shop am Eingang des urigen Gewölbekellers ein passendes Geschenk. Eigene Produkte wie Hanse Sekt, Hanse Tradition, Wismar Edition und Jubiläums Edition sowie ausgewählte Spezialitäten anderer Hersteller sind hier zu haben. Ob eine einzelne Flasche der Wismarer Traditionsmarken in ansprechender Geschenkverpackung oder ein

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Arrangement aus prickelnden, herzhaften oder süßen Produkten der Region – die Möglichkeiten sind vielfältig. Eine gute Beratung beim Einkauf ist für die Mitarbeiter selbstverständlich, genauso wie die Verkostung der edlen Sekte, die hier im Norden ihre ganz spezielle Reife und Note bekommen. Typisch nordisch sind übrigens auch die Etiketten der Wismarer Sekte gestaltet. Denn über die dicken Bäuche der Flaschen segeln stolze Hansekoggen als unverkennbares Markenzeichen.

Es gibt immer einen guten Grund zum Feiern und Genießen Ob im Shop oder im Gewölbekeller – die Mitarbeiter des Wismarer Traditionsunternehmens sind gut vorbereitet auf ihre Kunden und Gäste, von denen viele gerne wiederkommen. Und während gerade noch die Vorbereitungen für die nahende Silvesterparty auf Hochtouren laufen, denkt Astrid Ratz schon wieder an die Wismarer Heringstage, die vom 10. bis 25. März 2018 stattfinden und meint: „Ich wünsche mir viele nette Gäste, die unsere Sekte selbst zu schätzen wissen und auch an andere verschenken. Denn Sekt passt einfach zu fast jeder Gelegenheit.“ Stimmt, und bei ganz großen Anlässen darfs auch schonmal eine Magnumflasche sein. CHRISTINE MEVIUS Fotos: Hanse Sektkellerei

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ESSEN UND TRINKEN

Den Stress im

Dass sie sich mal im Umweltbereich engagiert, stand für Christiane Rost schon als Kind fest. Ihre Eltern waren beruflich in der Landwirtschaft tätig. „Dadurch hatte ich immer einen Bezug zu Lebensmitteln und deren Anbau", sagt die Inhaberin des Biomarktes Karo. Später studierte die Schwerinerin Landtechnik in Rostock und arbeitete bei der Grünen Liga. Ein Projekt davon war ein kleiner Bioladen am Ziegenmarkt. Als dessen Abspaltung drohte, hat sie ihn übernommen. „Das war meine Stunde", erinnert sich Rost. Der Anfang als Geschäftsinhaberin eines Biomarktes war gemacht. Seit 2004 befindet sich der Biomarkt Karo am heutigen Standort in der Lübecker Straße 34. Auf rund 300 Quadratmetern erwartet die Kunden ein vielfältiges Angebot in 100 Prozent Bioqualität, kontrolliert durch staatliche Öko-Kontrollstellen und den Bundesverband Naturkost Naturwaren. Gegenüber befindet sich seit 2014 auf rund 160 Quadratmetern die Naturkosmetik-Drogerie.

1 Frisches Obst, Gemüse, Eier und Fleisch beziehen die Eigentümer Christiane Rost und Bärbel Kalz bevorzugt von regionalen Bio-Anbauern und vom größten deutschen Bio-Großhandelspartner Denree. So ermöglichen sie eine vielfältige Auswahl aus rund 5.000 Produkten.

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Wichtig ist ihnen, dass möglichst wenig weggeworfen wird. Ein Beispiel: Unverkaufte Brote vom Vortag können die Mitarbeiter erhalten. Restliches Gemüse wird in der Küche für ein täglich frisch gekochtes Imbissgericht genutzt. Derzeit arbeiten rund 20 Angestellte im Unternehmen. Dazu zählen Händlerinnen, Kosmetikerinnen, Köchinnen und ein Lagerist. Sie werden ständig geschult und qualifiziert. „Wir beraten sehr individuell und nehmen uns für jeden Zeit. Der Kunde soll schon beim Betreten des Geschäftes spüren, dass hier eine entspannte Atmosphäre herrscht und er seinen Alltagsstress einen Moment lang vergessen kann", sagt Christiane Rost. Die Beratung spezialisiert sich auch auf ernährungssensible Gruppen, etwa Allergiker und Veganer. Nachhhaltigkeit wird auch an anderen Stellen gelebt. So wird das warme Wasser über Wärmeaustausch aus den Kühlmaschinen zurückgeführt und damit Energie gespart. Die Folienbeutel sind kompostierbar, die Hygienepapiere stammen aus Recyclingpapier. Jährlich unterstützt das Geschäft die Bio-Brotbox mit 500 Euro. Bei der bundesweiten Aktion bekommen Erstklässler zur Einschulung eine wieder verwendbare Frühstücksdose mit Zutaten aus ökologischer Landwirtschaft überreicht. Für viele Kinder ist die Bio-Brotbox der

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ESSEN UND TRINKEN

1. Ina Kogel berät Kunden an der Frischetheke. 2. Obst und Gemüse stammen bevorzugt aus der Region. 3. Alle Produkte unterliegen strengen Qualitätsrichtlinien. 4. Bio-Gebäck gibt es am Imbiss im Eingangsbereich. 5. Auch Kaffeefreunde werden fündig.

erste Kontakt mit Lebensmitteln aus ökologischer Herstellung. Auf diese Weise werden sie auch über den Ursprung ihres Essens informiert und für eine gesunde Ernährung sensibilisiert.

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Auch einen Onlineshop bietet das Geschäft. Unter www.biomarktkaro.de kann man deutschlandweit auf eine Auswahl von 3500 Bioprodukten zurückgreifen. Übrigens: Wer für Weihnachten und Neujahr frisches Biogeflügel erwerben möchte, kann seine Bestellung ab sofort im Markt abgeben. TEXT & FOTOS: TER

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GEWÜRZE

Zimternte – mit einem scharfen Spezialspachtel wird die Baumrinde abgetrennt,


GEWÜRZE

das Supergewürz! Schon die alten Ägypter wussten: Nichts geht über Zimt! Das galt seinerzeit sogar für ein Leben nach dem Tod. Keine Einbalsamierung von Pharaonen ohne das Allheilmittel. Etwas für die Ewigkeit. Als Gewürz und Räuchermittel galt Zimt am Nil schon zu irdischen Zeiten als unersetzlich. Und so ist es geblieben. Bis heute.

Frisch geschälter Zimtbaum. Die weißen „Baumwunden“ verheilen unverzüglich.

Auch die Chinesen, Inder und Griechen wissen Zimt seit Jahrtausenden zu schätzen. Herodot und Hippokrates haben es schriftlich festgehalten. Auch die alten Römer mischten mit. Kaiser Nero soll der Legende zufolge nach dem Tod seiner Frau Poppäa ihr zu Ehren in den Straßen Roms große Zimtfeuer entzündet haben. Als Medizin und Aphrodisiakum stand der Vertreter aus der ersten Liga der Naturheilmittel im damaligen Weltreich ohnehin hoch im Kurs. Einige Zeit später, im 13. und 14. Jahrhundert, kontrollierte Venedig den Zimthandel in Europa. Auch die Araber hatten die Hand mit im Spiel. Zimt war eine so wertvolle Handelsware, dass selbst kriegerische Auseinandersetzungen nicht ausblieben. Im Niederländisch- Portugiesischen Krieg ging es im 17. Jahrhundert um die Kontrolle der ostindischen Anbaugebiete. Später waren auch die Briten mit an Bord. In den Englisch-Niederländischen Seekriegen wurde um das Handelsmonopol über den Seeweg gekämpft. Am Ende – im 18. Jahrhundert – war London Hauptumschlagsort für Zimt. Und heute? Längst ist das Supergewürz weltweit gefragt. Und immer noch teuer, wenngleich auch nicht mehr so hoch gehandelt wie einst Gold. Übrigens machte auch Deutschland schon vor Jahrhunderten in Sachen Zimt auf sich aufmerksam. 1530 verbrannte der Augsburger Kaufmann

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Anton Fugger vor den Augen von Karl V. in einem lodernden Feuer aus Zimtstangen dessen Schuldscheine. Um allen rundherum zu demonstrieren, wie reich er sei. Zimtbesitz als Statussymbol. Doch wo kommt Zimt eigentlich her? Ursprünglich stand der wahrhaft echte Ceylon-Zimtbaum ausschließlich im heutigen Sri Lanka. Und es ist tatsächlich ein Baum, kein Busch, keine alljährlich neu in den Boden zu bringende Pflanze, wie viele denken. Stattdessen wird Zimt aus der Rinde des Baumes herausgeschnitten. Heute stehen die vor allem in China, Vietnam, Mittelamerika und in Indonesien. Im weltweit größten Inselstaat der Welt wird allerdings Masse statt Klasse produziert. Zimt ist nämlich nicht gleich Zimt. Da gibt es Qualitätsunterschiede. Die sogenannten Kassia-Sorten gehören zu den geringerwertigen und werden auch schon mal als Holzzimt bezeichnet. Entscheidend sind die Inhaltsstoffe. Als Problem hat sich der Duft- und Aromastoff Cumarin erwiesen. Zuviel davon genossen, können Kopfschmerz, Leberschäden, gar Krebs die Folge sein. Aber wie so oft: Die Menge ist entscheidend. Anhaltende gesundheitliche Schäden infolge eines zu hohen CumarinKonsums sind zumindest hierzulande nicht bekannt. Auf der sicheren Seite ist man stets mit Zimt vom echten, vom ursprünglichen CeylonZimtbaum, vom Cinnamomum verum. Der hat mit der Einheit Ekelle sogar ein eigenes Wertmaß. Im Gegensatz zu den „Neueinsteigern“ Cinnamomum burmannii, loureirai und cassia. Entsprechende Informationen sollten auf jeder Verpackung vermerkt sein. Zimt kommt gemahlen als typisch braunes Pulver, als Stange, als fein gerolltes Rindenstück, als sogenanntes Kaneel – ähnlich einer gerollten Zigarre bzw. auch als Blüte oder Öl zum Einsatz. Je nach Verwendungszweck. Darüber hinaus hat das klassische Gewürz auch längst Eingang in die Kosmetikproduktion und die Heilkunde gefunden. Bei Husten oder Schnupfen, bei Magen-Darminfektionen, als Blutstiller, selbst gegen Fußpilz und bei Diabetes soll es helfen. Und wenn Blutzuckerwerte und Cholesterinspiegel sinken, geht es zumeist auch mit dem Gewicht runter. Die blutzuckersenkende Wirkung ist allerdings medizinisch umstritten. Eine klinische Studie steht noch aus. Eine gute antimikrobielle Aktivität aufgrund der im Zimt enthaltenen ätherischen Öle ist jedoch erwiesen. Und auch die Krebsprävention auf Basis der vorhandenen sekundären Pflanzenstoffe. Und was wäre die Weihnachtsbäckerei ohne Zimtsterne? Auch Milchreis mit Zimt und Zucker lieben wir oder Zimtlikör. Erst recht Glühwein. Auch da darf Zimt nicht fehlen. Wie gesagt, auf die richtige Dosierung kommt es an! TEXT & FOTOS: JÜRGEN DREWES

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Schweriner Höfe sind CITY

ein lebendiges Quartier

Auch über den Schaufenstern wird gelebt und gearbeitet

„Am liebsten sind wir hier“, sagen die Crident-Inhaber Joachim Hebert und Daniela Langschied.

Schweriner Höfe – ein Blick nach oben.

Hebert. „Vor Ort können wir beraten und gemeinsam abwägen, was das Beste ist, und dann individuell entscheiden.“ Ebenso wichtig ist ihm das Arbeiten mitten in einem lebendigen Stadtteil. „Wenn ich vom ersten Obergeschoss heruntergehe, bin ich mitten in der Stadt. Kann essen, einkaufen und Menschen treffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe.“ „Genau das ist es,“ bestätigt Höfe-Manager Gerd Bockisch, „was unsere Mieter und Kunden an diesem Standort so schätzen. Ein städtisches Quartier, in dem Menschen leben, wohnen, arbeiten und einkaufen können.“ Was außerdem noch in den Höfen steckt, entdeckt der interesCrident-Chef Joachim Hebert und seine Schweriner Dentallabor-Leiterin Daniela Langenschied sind vom Standort überzeugt.

Hier ist für sie das Dentallabor in den Schweriner Höfen. Der Stammsitz der vor 26 Jahren gegründeten Zahntechnik GmbH ist Crivitz; eine weitere Niederlassung befindet sich in Parchim. Die im Klöresgang 4 - 6 ist die jüngste. Sie wurde erst im April des vergangenen Jahres eröffnet. Besonders freuen sich die Zahntechnikermeister, dass hier eine Symbiose zwischen Arbeiten und Leben gelungen ist. Durch die Hilfe der Innenarchitektin Petra Schütt-Hebert und der Baubetreuung durch die Wille + Christen Immobilien Management GmbH entstand eine moderne Arbeitsstätte für fünf Mitarbeiter, die auch den Kunden einen freundlichen Empfang bereitet. Der Standort ist ideal für kurze Wege zu den Zahnärzten. „Eine enge Zusammenarbeit für modernsten und individuellen Zahnersatz ist ganz im Interesse der Kunden“, betont Joachim 52

Lehrling Andreas Stammer mit Debeka-Verwaltungschef Ralf Wachsmuth. Von Schwerin aus wird die Ausbildung der insgesamt 47 Lehrlinge in MV koordiniert.

sierte Besucher schnell, wenn er den Blick nach oben richtet. Etwa 70 Prozent der 25.000 Quadratmeter Höfe-Fläche befinden sich über den Schaufenstern. In den bis zu vier Obergeschos-

sen gibt es 35 Wohnungen, bieten ca. 50 große und kleine Unternehmen unterschiedlichster Couleur etwa 400 Menschen Arbeit. Das beginnt beim ältesten Höfe-Mieter, dem Capitol, und reicht über die Niederlassungen der Deutschen Bank, der AOK Nordost und der Versicherung Debeka bis hin zu Ärzten, Versicherungen, Weiterbildungseinrichtungen, einer Fahrschule, dem DELEGO-Verlag und der Schweriner Stadtbibliothek. Letztere finden die jungen und älteren Leser seit nunmehr vier Jahren im zweiten Obergeschoss im Klöresgang 3. „Für uns“, so Bibliotheksleiterin Grit Wilke, „ist es eine Erfolgsgeschichte. In den Höfen hat sich unsere Einrichtung vom reinen Lese- und Studienort zu einem Ort der Begegnung entwickelt. Hier treffen sich Schüler aus der Umgebung; sogar immer mehr Jungs, sonst nicht so die großen Leser, sitzen in den Kissen und schmökern in Comics. Zu den samstäglichen Vorlesern unseres Freundeskreises kommen schon Dreijährige." Auf 1500 Quadratmetern bietet die Verbrauchsbibliothek alle Medien, die man lesen, hören oder sehen kann. Durch den Online-Verbund Mecklenburg-Vorpommern können die 8.000 Nutzer aus Schwerin und dem Umland auf 65.000 digitale Medien zurückgreifen. Die 15 Mitarbeiter und zwei Auszubildenden sichern kundenfreundliche Öffnungszeiten – auch zwischen den Feiertagen vorm Jahreswechsel – beraten, helfen, regen an. Und was für die großen und kleinen Kunden recht, ist für die Mitarbeiter nur billig. Grit Wilke: „Ich genieße es, im Tabakhof ein Eis, in der Buchhandlung ein aktuelles Werk zu kaufen oder am Freitag kurz MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


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hinunter auf den Bauernmarkt zu gehen." So wie hier in der 2. Etage Wissenshungrige satt werden, finden Stress- und Schmerzgeplagte Hilfe im 4. Obergeschoss. Naturheilpraktikerin Ulrike Gerhardt bietet Beratung, Entspannung und Bewegung, sowie Therapien bei gesundheitlichen Problemen von Allergien bis zur Zerrung. „Die gute Erreichbarkeit und hervorragende Lage über den Dächern Schwerins tragen nicht unerheblich zum Entspannen und Erholen bei“, betont sie. Weil der Standort für Kunden und Mitarbeiter so vorteilhaft ist, hält die Debeka den Schweriner Höfen schon seit 2001 die Treue. Das Unternehmen ist nicht nur die größte private Kranken und Pflegeversicherung Deutschlands, sondern bietet auch vielfältige Versicherungs- und Finanzdienstleistungsangebote für alle privaten Haushalte sowie Versicherungsschutz für Gewerbekunden an. In der Wismarschen Straße 110 befinden sich ebenerdig das Servicezentrum und darüber haben 31 Mitarbeiter sowie sechs Lehrlinge ihren ständigen Arbeitsplatz. „Wir haben hier optimale Flächen und sind so etabliert, dass wir uns gerade erweitern und ein Schulungszentrum für unsere 375 Mitarbeiter aus ganz MV schaffen“, erläutert Debeka-Ver-

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waltungsleiter Ralf Wachsmuth. Von Schwerin aus, wo sich die Landes- und die Schweriner Geschäftsstelle befinden, wird die Arbeit, vor allem auch die Ausbildung der insgesamt 47 Lehrlinge, im Nordosten koordiniert. „Unsere Kunden erreichen uns gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln“, sagt Wachsmuth. „Und auch für die Mitarbeiter ist die gute Anbindung wichtig, ebenso wie die gastronomischen Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten gleich um die Ecke.“ „Die Schweriner Höfe haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einem erlebbaren Teil der Theater in der Stadtbibliothek: Puppenspielerin Margrit Wischnewski hat mit der Klasse 3 der Neumühler Schule das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten" einstudiert.

Einen schönen Arbeitsplatz haben die Auszubildenden Sonja Lewerenz (l.) und Jennifer Pegel in der Schweriner Stadtbibliothek. Fotos: B. Hamm

Landeshauptstadt entwickelt. Unsere hervorragende Erreichbarkeit und die gewachsene Infrastruktur im Quartier sprechen für sich. Wer die Vorteile einer guten Nachbarschaft zu Kunden und anderen Geschäftsleuten für sich nutzen will, ist bei uns genau richtig“ so der Manager Gerd Bockisch. Auf die Frage, was er sich in den Höfen noch an Mietern vorstellen kann, kommt die Antwort ganz schnell.“ Anfragen aus dem serviceorientierten Einzelhandel oder aus dem Dienstleistungsbereich können wir uns gut als Bereicherung vorstellen.“

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SCHÖNHEIT

2018

Augenbraue das Jahr der

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Von der Paule in die Schelfe. In 1995, vor zweiundzwanzig Jahren, eröffneten die Schwestern Iris Heintze und Annette Bernhardt ihre Kosmetik-Boutique in der Lübecker Straße. Sie haben sich dort mit exzellenter Arbeit ihren guten Ruf und einen gewichtigen Kundenstamm erarbeitet. Beides haben sie mitgenommen in die Schelfe. Die orangefarbene Schönheitsoase im Hinterhof der Lübecker ist nun Geschichte. Wie ist das Gefühl am neuen Ort? „Super. Wir sind in einem Viertel, wie man es sich nur wünschen kann. Zwischen Marktplatz und Schelfkirche, in der Nachbarschaft von Weinhaus Wöhler, Caféhaus Rothe, vom Weltladen, Kunst Kontor und Bioladen. Für uns eine absolute Wohlfühlumgebung. Für unsere Kunden formidabel; sie gehen nach der Behandlung noch rasch auf ein Törtchen nach nebenan oder machen sich eine schnelle Verabredung im Herzstück der Stadt.“- Iris und Annette haben ein Ladengeschäft in der Schelfstadt gekauft, haben umgebaut, eingerichtet, gestaltet, wie sie es schon immer wollten, selbstbestimmt. Nun ist es fertig. Der neue Salon ist in den Formen streng, übersichtlich, unverspielt, angenehm zurückhaltend, angenehm persönlich. Die Farben – Weiß, Grau- und Silbertöne. Die Möbel – Tischlerarbeiten, eingepasst in die Räume, an die Wände, in die Gänge, praktisch und schön. Der rechteckige Zuschnitt des Ladens führt über Entré und Kabinen auf einen kleinen romantischen Hof, ausreichend für Grün und Blumen und eine Handvoll Himmel. Das Schmuckstück des Hauses ist ein Gewölbekeller, der für Schulungen, Kundenberatungen oder kleine Empfänge genutzt wird. Auch im neuen Schönheits-Salon gilt das alte Motto: Für unsere Kunden das Beste, das meint traditionelle und apparative Kosmetik, mit allem, was dazu gehört: Gesichtsreinigung, Färben, Zupfen, Wimperndauerwelle, Ultraschall… und natürlich Permanent-make up. Immer noch und immer wieder heißt das Konzept bei Iris und Annette „Natürliche Schönheit“. Iris Heintze: „Es gibt zwar für Naturkosmetik keine einheitliche internationale Definition, aber natur-zertifiziert sind Produkte, die aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden, die keine Inhaltsstoffe wie Polyethylenglykol, Silikone, Paraffine oder synthetische Duftstoffe enthalten.“ 54

Schönheitsideale sind wandelbar; der Wunsch nach Schönheit ist ewig. In unserer Zeit, in der die Welt mit jedem Tag transparenter wird, die Medizin Wunder vollbringt – in dieser Zeit, die fast alles kann, möchten wir natürlich schön sein. Am liebsten bis ans Lebensende. Ein weites Spiel-Feld für Wissenschaft und Forschung, wenn es darum geht, Methoden und Produkte zu entwickeln, die das Verfallsdatum von Schönheit retardieren. Manche kosmetische Methode knüpft an uralte Erfahrungen an, zum Beispiel der Einsatz von Nadeln. Geschäftsführerin Annette Bernhardt: „Kundenwünsche ändern sich im Laufe der Jahre. Needling z. B. gehört mittlerweile zum Alltagsgeschäft. Die Methode geht auf Akupunktur zurück, eine nicht chirurgische Behandlung, die es schon vor 2.500 Jahren in China gegeben hat. Ein natürliches Verfahren, das der Haut gut tut. Es

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SCHÖNHEIT

1. Die Schwestern Iris und Annette. 2. Die Permanent-make up - Spezialistinnen Julia, Annette und Katja.

3. Der neue Salon. 4. Der Gewölbekeller 5. I&A Kosmetik in der Altstadt von Schwerin.

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regt die Durchblutung an, reduziert die Falten, unterstützt die Bildung von Collagen und Elastin, stärkt das Bindegewebe und hilft der Haut, sich selber zu regenerieren.“ Needling und Permanent-make up bestimmen zu 60 Prozent den Terminkalender von Iris, Annette, Julia, Katja, Ilona und Ingrid. Annette, Julia und Katja sind die Permanent-make up - Spezialistinnen im Salon. Annette Bernhardt, die jüngere der Schwestern, hat sich lange schon der hohen Kunst des Permanent-make up verschrieben. Sie ist eine Meisterin dieser Methode, manche sagen, sie ist eine Zauberin. Worin besteht der Zauber? Annette Bernhardt: „Permanent-make up ist die passende kosmetische Begleitung für die moderne Frau im Jahresalltag 2000 plus und wichtig wie ein gutes Kleid, gute Musik oder gutes Essen. Permanent-make up ist mehr als Pflege. Aber weniger als eine Schönheitsoperation. Ich lese das Gesicht meiner Kundin. Augen, Augenbrauen, Nase, Mund und wäge Betonungen und Wirkungen ab. Nach dem Vorzeichnen pigmentiere ich mit dem Liner. Die hohe Kunst des Permanent-make up besteht darin, dass das Gesicht, das mir anvertraut ist, eine neue Schönheit ausstrahlt, nicht vordergründig angemalt aussieht und das lästige tägliche Schminken überflüssig macht. Eine meiner Kundin-

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nen z.B. hat ein rundliches Gesicht, volles schwarzes Haar. Im Verhältnis zu Augen, Nase und Augenbrauen ist ihr Mund unauffällig, schmallippig. Auf ihren Wunsch hin habe ich die Lippen mit dem Liner nachgezeichnet. Sie sah toll aus. Am Abend bekam sie von ihrem Freund das gleiche Kompliment. Du siehst toll aus. Was hast Du gemacht? Warst Du beim Friseur? – Ein besseres Feedback kann ich mir nicht wünschen.“ Ein neuer make up Trend schwappt derzeit aus Amerika zu uns herüber und nimmt die Augenbraue in den Fokus. Ombre Augenbraue heißt der Beauty Tipp. „Interessiert mich sehr“, sagt Annette Bernhardt, „Augenbrauen waren schon immer mein Favorit in der kosmetischen Behandlung, sie sind so wichtig für die Gesichtsgeometrie. Die neue Technik für den Bogen mit den feinsten Härchen ist dem Ombre Look für Haare nachempfunden, dem fließenden Farbverlauf vom Dunkel zum Hell. Man braucht für die Ombre Augenbraue Stift und Puder, die entsprechenden Farbnuancen und den richtigen Strich, um den natürlichen Bogen der Braue zu betonen oder eine Abweichung zu imitieren. Das ist faszinierend. Ombré-Augenbraue ist eine neue Herausforderung für mich. Ich bin sicher, 2018 wird das Jahr der Augenbraue.“ ASTRID KLOOCK Fotos: I&A Kosmetik

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HOCHSCHULPROJEKT

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Fantastische Lichtobjekte Eine Vernissage in der dunklen Jahreszeit eignet sich besonders gut für Projekte, bei denen das Licht eine entscheidende Rolle spielt. Das traf auf die Präsentation der Projektarbeiten von 21 internationalen Studierenden des Masterstudiengangs Architectural Lighting Design an der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar zu. Nach fünf Wochen Arbeit präsentierten sie öffentlich ihre Leuchtenentwürfe. Professorin Bettina Menzel hatte für ihre Studenten, die unter anderem aus Indien, Thailand, den USA, Finnland, der Ukraine, Indonesien, Estland, Taiwan, Syrien und Deutschland stammen, eine Projektaufgabe mit dem Titel „spacial miracle – with indirect light“ (Raumwunder mit indirektem Licht) formuliert. Als Ort der Kreativität wählte Professorin Menzel das neue Gebäude der Wismarer Goertz Möbelmanufaktur im Hafengelände aus. „Seit 2001 wird der englischsprachige Studiengang Architectural Lighting Design an der Fakultät Gestaltung gelehrt, den bisher rund 450 internationale Studierende aus aller Welt absolviert haben. Wer hier studiert, der muss nicht nur ein Studium abgeschlossen, sondern auch praktisch gearbeitet haben“, erläuterte Prof. Bettina Menzel. Vorgaben für das Material gab es bei diesem Projekt nicht. Aber es sollten LEDs als Lichtquelle verwendet werden, die von den Studenten selbst gelötet werden mussten. Die Professorin erklärte weiter: „Sie sollten eine Leuchte entwerfen und im Maßstab eins zu eins bauen – ein Raumwunder, ein fantastisches Objekt, das mit Überraschungen arbeitet, bei dem 56

das Licht nicht direkt zu Tage tritt, sondern über Reflektion, über Bewegung, über Spiegelung oder auch Umlenkung. Der Fantasie waren hierbei keine Grenzen gesetzt.“ So waren schon im ersten Semester Kreativität und handwerkliches Geschick gefragt, wobei sehr schöne Arbeiten entstanden, in die viel Zeit investiert wurde.

Studierende stellen ihre Modelle vor Während eines Rundganges, bei dem jeder Einzelne sein Projekt vorstellte, gab es viel zu entdecken. Frerk Dörband (26) aus Niebüll in Schleswig-Holstein, der schon einen Bachelor als Innenarchitekt besitzt, stellte unter dem Thema „Sailing-Light“ eine Leuchte aus 130 farbigen Folien mit 3,40 Meter Höhe und indirektem Licht her, die an die Segel eines Schiffes erinnern sollen und die Farben des Meeres widerspiegeln. Die Folien erhalten ihre Stabilität durch die Stahlseile, auf die sie aufgezogen wurden. Riku Pirtilä (29) aus Finnland ordnete 115 CDs zu einer Leuchte und zeigte so auch eine Wiederverwertung von Material, das seinen Gebrauchswert verloren hat. Die Thailänderin Keeranat Kammalongkorn (29) sah in Wismar das erste Mal Möwen und war so erstaunt über diese großen Vögel und ihr Geschrei, dass sie diese hier in einen Raum bringen wollte. Dazu verarbeitete sie Papier-, Holz- und Aluminiumreste aus der Werkstatt der Möbelmanufaktur. Das dünne Aluminium und das Holz mussten zu 25 Möwen gefertigt werden. Ihr bemerkenswertes, leuchtendes Objekt wurde von der Jury mit einem Preis bedacht. Fünf freihängende Quadrate, die sich bewegende Schatten auf einer ebenen Fläche erzeugen, zeigte Amer Alchama aus Syrien. Paul Anthony Olive aus den USA spricht gut Deutsch und konnte einiges über das Projekt erzählen. So wären die Studenten MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


HOCHSCHULPROJEKT unter anderem in Neuruppin zum Workshop Lichtinstallation gewesen. Er lebe seit zehn Jahren in Deutschland, ist aus New York gekommen. Nach seiner Arbeit in Magdeburg und in Kiel am Theater „hinter den Kulissen“ lebt er mit Familie seit vier Jahren wieder in Berlin und studiert nun in Wismar. Die Amerikanerin Georgia Krapf hat an der Virginia Commonwealth University Innenarchitektur studiert. Ihre Chefin in San Francisco habe ebenfalls in Wismar an der Hochschule studiert und ihr geraten, diesen Studienabschluss in Wismar zu machen, denn diese Studienrichtung gab es zuerst weltweit nur in dieser Stadt. Georgia Krapf liebt Wismar seit Beginn des Studiums und nannte ihr Projekt „Ein Tanz mit den Wellen in Wismar“. Auch ihre Arbeit wurde ausgezeichnet. Sie benutzte dazu typisches Material aus der Region, unter anderem vom Segelmacher Nils Köpcke. Drei Bahnen Spinnakertuch von jeweils 3,80 Metern hat sie umsäumt und in den Saum LEDs eingenäht. Die fantastische Installation an der Außenfront des Gebäudes, die ihre Farben wechselt, überzeugte die Jury. Auch sie bekam einen Preis. Die dritte Preisträgerin Lia Yu (37) kommt aus Taiwan. Sie hat die Form ihres Gesichts mit unzähligen dünnen Schrauben auf einem Stück Metall dargestellt. Die verstellbare Lichtquelle verändert die Silhouette. Lia Yu sagt dazu, dass sich unser Gesicht verändert, so wie wir uns fühlen und durch das Metall und die Lichtquelle wird es unterschiedlich reflektiert.

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Werkstatt an der Fakultät Gestaltung Wolfgang Dörk, Leiter der Werkstatt der Hochschule Wismar, arbeitet seit elf Jahren hier als Modellbaumeister und macht seine Arbeit mit viel Leidenschaft: „Wir haben eine komplette Werkstatt mit allen Maschinen, mit allem was es auch in einer Tischlerwerkstatt gibt.“ Er spricht gut Englisch und kann sich so mit den internationalen Studenten ohne Probleme verständigen. Alle fantastischen Objekte und Raumwunder wurden an diesem ungewöhnlichen Ort mit seiner Hilfe installiert und aufgebaut. Etwa 2.000 Quadratmeter Labor- und Werkstattfläche stehen den rund 710 Studierenden an der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar zur Verfügung. Die angenehme Atmosphäre an diesem Tag empfanden nicht nur die Studierenden, sondern auch die Gäste sowie die Besitzer und Mitarbeiter der Möbelmanufaktur. Eine sehr gelungene Vernissage, die allen lange in Erinnerung bleiben wird.

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TEXT & FOTOS: MONIKA KÄNING

1. Amer Alchama, Syrien, mit den fünf Quadraten. 2. Küchenutensilien von Leah Martin. 3. Georgia Krapf, USA, Lichtinstallation am Gebäude Möbelmanufaktur. 4. Eine Möwe. 5. Die Leuchte Geolight von Viviana Rodriquez Ceballos (26) aus Kolumbien. 6. Auszeichnung der Besten: Georgia Krapf (USA), Keeranat Kammalongkorn(Thailand), Lia Yu (Taiwan) v.n l.n.r. durch Prof. Bettina Menzel und Kristina Goertz, Möbelmanufaktur. 7. Lia Yu, Taiwan, Das Gesicht. 8. Benjarporn Puntarak, Thailand, Begegnungen mit Wellen und Wärme. 9. Keeranat Kammalongkorn, Thailand, in der Werkstatt mit ihren Möwen. 10. Riku Pirtilä, Finnland, Lampe aus 115 CD.

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RATGEBER

RADFAHRER trotzen dem Winter Wer auch bei Schmuddelwetter mit dem Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs ist, tut gut daran, dabei aufzufallen.

Auffallende Jackenfarben verstärken die Sichtbarkeit. Durch Reflektionsstreifen auf der Kleidung sind Fahrradfahrer von allen Seiten gut zu sehen. Fotos: Vaude

Wer kennt das Problem nicht: Passanten, Schulkinder oder Radfahrer sind im Straßenverkehr vor allem in den Morgen- und Abendstunden der dunklen Jahreszeit leicht zu übersehen. Kommen dann noch Nebel oder Regen dazu, steigt das Gefahrenpotenzial auf dem Fahrrad noch mehr. Um dabei aufzufallen, ist es hilfreich, wenn Radfahrer sich mit reflektierenden Elementen an Bekleidung oder Zubehör besser sichtbar machen. „Durch die Integration von Reflexmaterial wird das Thema Sichtbarkeit ein aktiver Bestandteil der Funktionsbekleidung. Breite Reflektionsstreifen auf Front, Rücken und den Seiten von Jacken und Hosen heben die menschliche Silhouette in der Dämmerung und Dunkelheit hervor und bieten dabei eine Sichtbarkeit von 360 Grad. Der Vorteil dieser Rundum-Ausstattung mit Reflexelementen liegt auch darin, dass Radfahrer in Bewegung selbst aus größeren Entfernungen als solche erkannt werden. Ist die komplette Jacke zudem noch in einem grellen Farbton, wird der auffallende Effekt zusätzlich verstärkt“, sagt Stephanie Herrling von Vaude. „Außerdem sollte man sich im Zwiebel-Look kleiden, das heißt mehrere Schichten übereinander tragen“, ergänzt Jan Schult, Mitarbeiter im Zweiradcenter Rademacher Schwerin. Er empfiehlt Funktionsunterbekleidung, die wärmt und schnell Feuchtigkeit abgibt. Darüber sollte man wind- und wasserdichte Kleidung tragen, die atmungsaktiv ist und die Bewegungsfreiheit nicht einschränkt. Es lohnt sich, in spezielle Radbekleidung zu investieren. „Meist hat man Regen und Wind von vorn. Hosen haben oben eine Isolierung und sind nach hinten atmungsaktiv. Jacken haben nach vorn hin eine Isolierung und sind im Rückenbereich atmungsaktiv. Außerdem ist ihr Schnitt an die Sitzposition auf dem Rad angepasst“, berichtet Jan Schult. Eine maximale Ausleuchtung hat im Winter oberste Priorität, damit man von anderen

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gesehen wird. Bei Fahrten auf der Straße empfiehlt sich eine Grundbeleuchtung vorn und hinten. Bei Geländefahrten ist eine zusätzliche Stirnlampe angemessen. Daneben muss das Rad über Reflektoren verfügen. Diese passive Beleuchtung sollte sich an Front, Heck, in den Speichen und an den Pedalen befinden. Idealerweise haben zudem die Reifen reflektierende Streifen. Vielfahrern empfiehlt Schult spezielle Winterreifen. „Sie sind robuster und minimieren das Pannenrisiko durch Split, Streusand oder Salze.“ Schuhe sollten über eine wasserabweisende Membran verfügen, sie sollten windundurchlässig und wärmespeichernd sein. Wer möchte, kann ergänzend Bein- oder Kniewärmer tragen. Auch wärmende Einlegesohlen kommen infrage. Um die Hände warm zu halten, sollten Radfahrer auf wasserabweisende, windundurchlässige Drei- oder Vierfingerhandschuhe zurückgreifen. Fäustlinge halten zwar warm, aber sie erschweren das Bremsen und Schalten. Bei der Mütze kommt es darauf an, dass sie die Stirn bedeckt und den Wind stoppt. Sie sollte dennoch dünn sein, etwa aus wasserabweisendem Gore-tex oder Softshell bestehen, damit der Helm gut sitzt. Der Fachhandel bietet spezielle Winterhelme. Sie bestehen aus einer weniger winddurchlässigen Helmschale, die die Wärme isoliert. Manche Modelle haben schon eine Mütze mit integriert. Es kann ratsam sein, die Pedalen im Winter auszutauschen. Schult empfiehlt KunststoffPedalen, weil sie die Kälte weniger weiterleiten als Pedalen aus Metall. Generell sollte man vor der Wintersaison sein Rad auf Funktionalität prüfen lassen und vor jeder Fahrt Bremsen, Licht, Reifen, Felgen, Bremsscheiben und Schaltzüge kontrollieren. TER MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


CHARITY

Spielsachen für arme Kinder Autohaus Hugo Pfohe startete Spendenaktion

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Fotos: Autohaus Pfohe

Das Team des Autohauses Hugo Pfohe unterstützt seit vielen Jahren die Schweriner Tafel e. V. Auch in diesem Jahr waren Mitarbeiter, Kunden und Partner aufgerufen, Spielsachen und Bücher für bedürftige Kinder zu spenden. Zum sechsten Mal beteiligten sich daran auch Leony aus Wismar und ihre Freundinnen. Fleißig haben sie gut erhaltenes Spielzeug , Plüschtiere, Bücher und CD’s aus ihren Kinderzimmern zusammengetragen, um den Kindern eine Freude zu machen, denen es nicht so gut geht. Das Mädchen war begeistert, wieviel gut erhaltenes Spielzeug letztendlich zusammengekommen war. All das wurde gut sichtbar im Autohaus Pfohe präsentiert und regte so zu weiteren Spenden an. Diese konnte dann Verkaufsleiter Eduard Schmidt an Peter Grosch von der Schweriner Tafel übergeben. Mitarbeiter der Tafel und der Diakonie durften damit kurz vor Weihnachten viele Kinder überraschen. Die Mitarbeiter des Autohauses Pfohe, Leony und ihre Freundinnen wünschen allen Kindern und Erwachsenen ein schönes und friedliches Weihnachtsfest.

1. Leony und ihre Freundinnen haben für die Weihnachtsaktion viel Spielzeug gesammelt. 2. Verkaufsleiter Eduard Schmidt vom Autohaus Pfohe (r.) übergibt Peter Grosch von der Schweriner Tafel die gespendeten Spielsachen.

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GESUNDHEIT

Hätten Sie das gewusst? Nachgefragt bei Experten der Barmer

Hilft Zink bei Erkältungen? Heidi Günther, Apothekerin: „Wenn eine Erkältung im Anmarsch ist, lässt ein Rat bestimmt nicht lange auf sich warten: Mit Zinkpräparaten sei man schnell wieder auf den Beinen. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich seit Längerem mit der Frage, ob das Mineral eine krankheitsverkürzende Wirkung hat. Allerdings war die Studienlage zunächst widersprüchlich. Inzwischen hat jedoch ein Studienvergleich gezeigt, dass Zink Dauer und Schwere von Erkältungen tatsächlich reduzieren kann. Voraussetzung ist allerdings, dass mit der Einnahme von Zink innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome begonnen wird. Dann haben Betroffene nach Angaben der Forscher gute Chancen, dass Husten und Schnupfen einen halben bis anderthalb Tage früher abklingen als ohne. Wie genau Zink gegen Erkältungen hilft, ist bislang noch nicht endgültig geklärt. Grundsätzlich scheint es aber auch eine vorbeugende Wirkung zu haben. Eine konstant ausreichende Zinkversorgung kann dazu beitragen, dass man von einer Erkältung verschont bleibt. Wie lang, in welcher Dosis und in welcher Darreichungsform (als Tablette, Kapsel oder Saft) Zink zugeführt wird, sollte allerdings immer in Absprache mit einem Arzt oder Apotheker erfolgen. Denn ein Zuviel kann zu Erbrechen und Durchfall führen.“

Kann Niesen tatsächlich Orkanstärke erreichen? Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin: „Durch Niesen, einem spontanen und nicht zu kontrollierenden Reflex, befreit sich die Nase von Staub oder Krankheitserregern. Messungen ergaben, dass die dabei schlagartig ausgestoßene Luft Geschwindigkeiten zwischen 160 und 180 Stundenkilometern und somit Orkanstärke erreicht. Deshalb sollte man den Niesreflex auch auf keinen Fall unterdrücken und sich vor allem nicht die Nase zu halten. Sonst besteht die Gefahr, dass der Druck die Krankheitserreger und Fremdkörper in die Nasennebenhöhlen und weiter bis in das Mittelohr presst. Schmerzhafte Entzündungen können die Folge sein.“

Heilen Wunden wirklich besser an der Luft? Dr. Utta Patzold, Dermatologin: „Nein, tun sie nicht! Schon länger ist 60

man sicher, dass Wunden in feuchtem Milieu besser heilen. Zwar haben wir von klein auf gelernt, dass Schürfwunden offen gelassen werden sollen, damit sie schneller trocknen, eine Kruste bilden und somit heilen. Aber das hat vor allem etwas mit der Vermeidung von Wundinfektionen zu tun. Damit Wunden sich schließen, müssen sich die Zellen an der betroffenen Stelle regenerieren und neu bilden. Der Körper bildet zur Heilung ein Wundsekret, welches die Verletzung feucht hält und versorgt. Trocknet die Wunde aus, kann das Wundsekret nicht mehr fließen. Andererseits mögen auch Infektionskeime das feuchte Wundmilieu. Eine feuchte Wundbehandlung muss also von einer wirkungsvollen Wundhygiene begleitet werden, damit die abheilende Wunde sich nicht infiziert. Dann macht der Körper den Rest alleine.“

Macht salziges Essen wirklich durstig? Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin: „Anders als bisher angenommen macht salziges Essen eher hungrig als durstig. Zwei Studien, die im Zuge einer simulierten Marsmission zum Salz- und Wasserhaushalt der Astronauten durchgeführt wurden, zeigten einen ganz neuen Zusammenhang zwischen Salzaufnahme und Wasserverwertung im Körper. Die Ergebnisse sind verblüffend, denn Testpersonen, die mehr Salz mit der Nahrung aufnahmen, verspürten weniger Durst, erzeugten mehr Wasser im Körper und hatten Hunger. Gleichzeitig stieg der Salzgehalt im Urin an. Grund dafür scheint ein regelrechter Wasserspar-Mechanismus zu sein, der einsetzt, wenn dem Körper mehr Salz zugeführt wird. Der Schlüssel für diesen Mechanismus könnte Harnstoff sein. Er löst die Verbindung zwischen Salz und Wasser und führt das Wasser zurück in die Nieren. Dadurch verbleibt es im Körper, während das Salz wieder ausgeschieden wird und die Salzkonzentration im Urin ansteigt. Der bei den Testpersonen zunehmende Hunger wird damit erklärt, dass die Produktion von Harnstoff viel Energie benötigt, die in Form von Nahrung wieder zugeführt werden muss.Bisher ging man davon aus, dass sich die Salzkristalle an die Wassermoleküle binden und das Salz zusammen mit der Flüssigkeit ausgeschieden wird. Die vermeintliche Folge ist ein Flüssigkeitsdefizit und ein Durstgefühl. Diese These wurde allerdings nie in einer Langzeitstudie überprüft und gilt jetzt zunehmend als widerlegt.“ ME MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


BUCHTIPP

„Gesundheit ist der Ausdruck eines natürlichen Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Komponenten der menschlichen Natur, Umwelt und Lebensweise ... Die Natur ist der beste Arzt der Kranken.“ Hippokrates

Was hilft bei Schlaflosigkeit? Womit behandele ich Mückenstiche? Was kann ich gegen Kopfschmerzen tun? Nicht immer sind Medikamente oder ein Besuch beim Arzt notwendig. Mit natürlichen Hausmitteln lassen sich Alltagsbeschwerden oft einfach und effektiv behandeln – ohne Nebenwirkungen und gar nicht teuer. Entdecken Sie in „Die 100 besten Hausmittel“, welche heilenden Kräfte sich in unseren Nahrungsmitteln verbergen. Zu jedem Hausmittel gibt es ausführliche Informationen über die Eigenschaften, Wirkungsweisen und Anwendungen sowie ein einfaches Rezept für die Zubereitung. Ein übersichtlicher Ratgeber, der in keinem Haushalt fehlen sollte. Ullmann Medien Sarah Merson über 100 Fotografien Hardcover, 128 Seiten ISBN: 978-3-7415-2058-7

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UNTERNEHMEN

Familienunternehmen steht seit 25 Jahren für handwerkliche Qualität

Fotos: Seemann Tiefbau

Die Brüder Jörg, Ralf und Uwe Seemann (v.l.) sind die Geschäftsführer des Familienunternehmens.

Gut ausgebildete Mitarbeiter und ein moderner Maschinenpark bilden die Basis für die handwerkliche Qualität.

Seit 25 Jahren trägt das Familienunternehmen Seemann Tiefbau zur Entwicklung der modernen Infrastruktur Schwerins und Umgebung bei. Es wurden unter anderem Wohngebiete erschlossen, Entwässerungskanäle und Straßen für öffentliche Auftraggeber gebaut. Auch für viele Gewerbeund Privatkunden wurden zahlreiche Tief- und Straßenbauleistungen ausgeführt. 40 gut ausgebildete Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung und ein moderner Maschinenpark bilden die Basis für die handwerkliche Qualität. „Unser eigener Anspruch ist es, hauptsächlich in der Schweriner Region zu arbeiten. Dadurch haben unsere Kollegen und wir kurze Anfahrzeiten zu

den Baustellen. Des Weiteren bestehen langjährige, sehr gute partnerschaftliche Beziehungen zu Betrieben und Baustoffhändlern in der Region, die auch natürlich für unsere Kunden von Vorteil sind”, sagt Geschäftsführer Jörg Seemann. Viele Mitarbeiter, dazu gehören Baumaschinisten, Rohrleger, Straßenbauer und Tiefbauer, sind seit Jahren dabei. Sie werden regelmäßig geschult, bekommen leistungsgerechte Bezahlung und eine betriebliche Altersvorsorge. Aktuell sucht das Unternehmen ausgebildete Rohrleger und Tiefbauer. Auch für junge Leute bietet Seemann Tiefbau Perspektiven. Gesucht werden Lehrlinge, die sich zum Baumaschinisten, Rohrleger oder Straßenbauer ausbilden lassen wollen. TER

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Schränke mit eingebauter Wohlfühlgarantie

Karin und Hans-Ulrich Stransky. Fotos: A. Golz/Cabinet

Man(n) kennt das ja: Frau steht an ihrem aus seinen Scharnieren zu brechen drohenden Kleiderschrank, wälzt die Garderobe von links nach rechts, von oben nach unten und stellt resigniert fest: „Ich hab‘ nichts anzuziehen“. Typischer Fall von Orientierungslosigkeit! Abhilfe tut Not – und die liefert das Unternehmen CABINET Schranksysteme seit mehr als 30 Jahren mit Einbauschränken in höchster Qualität und uneingeschränkter Individualität. In Ihrer Nähe sind die SYS-Inneneinrichtungen mit Geschäften in der Langen Straße 12 in Rostock und Eschengrunder Straße 22 in Neubrandenburg die jahrelang bewährten Fachhändler für CABI-

NET-Einbauschränke. Eine Allianz mit hohem Anspruch an Funktionalität, Stil und Qualität. „Ausschließlich nach den Wünschen des Kunden wird ein Schrank gefertigt. Er ist somit ein Unikat“, versichert Karin Stransky von den SYS-Inneneinrichtungen. Prompt kriegt der Spruch vom Inden-Spiegel-Schauen eine ganz neue Relevanz. Denn auch das Interieur eines Einbauschrankes gestaltet sich nach den Vorstellungen des Kunden. „Wir beraten aufwändig, denn das ist unsere Herausforderung“, verspricht Karin Stransky. Somit baue sich in der etwaigen Verkaufsanbahnung von SYS-Inneneinrichtungen auch ein Grundvertrauen auf. Stilrichtungen und Bedürfnisse werden

abgefragt. Dazu Dekore, Designs, Farben, das „Wie?“ des harmonischen Einfügens des Möbels in den Wohnraum. Anlaufpunkt ist da etwa das Geschäft von SYS-Inneneinrichtungen in der Rostocker Langen Straße. Von den ersten Intentionen des Kunden über die erstellte 3D-Grafik am Computer bis hin zum Maßnehmen vor Ort und letztlich die Montage begleiten die SYS-Inneneinrichtungen das hochwertige Entstehen eines CABINET-Einbauschranks. Schlichte Funktionalität war gestern. Längst stehen CABINET-Einbauschränke für stilsicheres Ambiente mit eingebautem Pragmatismus. Durchdachtes Design! Hosenauszüge, Kleiderlifte und Stauräume für Accessoires lassen aus einer routinemäßigen Ankleide ein Fest der Sinne oder auch gern ein Refugium werden – jedem nach seiner Fasson! Karin Stransky von den SYS-Inneneinrichtungen lanciert fundiert in die gewünschte Richtung. Das gilt im Übrigen für Mann und Frau gleichermaßen. Wem es da bei den CABINET-Einbauschränken noch an etwas fehlt, dann kann es tatsächlich nur die Kleidung sein. ANDREAS GOLZ

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JUBILÄUM

Dr. Stefan Rudolph, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern (l.) gratuliert Olaf von Müller zum Firmenjubiläum.

Foto: SEI, Cordes

Smart Home – Komplettlösung als Herausforderung Schweriner Elektro Installation GmbH begeht Jubiläum und plant die Zukunft Im Herbst konnte die Schweriner Elektro Installation GmbH ihr 25jähriges Firmenjubiläum begehen. Dazu hatte der Geschäfstführer und alleinige Gesellschafter Olaf von Müller Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner und -freunde eingeladen. Die besondere Wertschätzung, die das Unternehmen und insbesondere auch sein Geschäftsführer genießen, brachte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Dr. Stefan Rudolf durch seine persönlichen Glückwünsche zum Ausdruck. Olaf von Müller führt nicht nur erfolgreich seine Unternehmensgruppe, sondern engagiert sich auch seit einigen Jahren im Ehrenamt als Präsident des Landesinnungsverbandes der Elektro- und Informationstechnischen Handwerke Mecklenburg-Vorpommern. Im Rahmen der Vorbereitung des Firmenjubiläums war dann noch aufgefallen, dass 2017 ein weiteres denkwürdiges Jahr darstellt. Die Wurzeln des Unternehmens gehen auf die Elektroabteilung des ehemaligen VEB Bauunion Schwerin zurück, die 1957, also vor 60 Jahren im größten Baubetrieb des Bezirkes Schwerin eingerichtet wurde. Der später in WGK – Wohnungsund Gesellschaftsbaukombinat – Schwerin umbenannte Betrieb schuf sich damit weitere Unabhängigkeit von den planwirtschaftlichen Unzulänglichkeiten, um seine Aufgabenstellung der Errichtung insbesondere des Wohnungsbaus in Schwerin und später auch in Berlin-Marzahn, -Kaulsdorf und -Hellersdorf erfüllen zu können. In den Jahren bis 1991 haben ca. 100 Mitarbeiter tausende Wohnungen und nahezu jede Kindertagesstätte, Schule und „Kaufhalle“ im Bezirk Schwerin verkabelt und elektrifiziert. 64

1991 wurde die Schweriner Elektroinstallation GmbH als Tochter der Bauunion Schwerin AG, später Kappel Bauunion AG, gegründet. Sie musste sich nun in der Marktwirtschaft neben den neuen Technologien insbesondere der Erschließung neuer Märkte und Akquise von Aufträgen stellen. Olaf von Müller war zu dieser Zeit im Unternehmen als Elektroinstallateur und Vorarbeiter tätig. Er qualifizierte sich zum Meister und wurde Projektleiter. Im Februar 2000 wurde er zum Geschäftsführer berufen. Im Jahr 2001 gerät der Mutterkonzern in geschäftliche Schieflage. Olaf von Müller beschließt, die SEI GmbH mit zwei Geschäftspartnern zu übernehmen, und damit 25 Arbeitsplätze zu retten. „Wir hatten lukrative Aufträge in Vorbereitung und haben zu dieser Zeit ein großes Verwaltungsgebäude einer Versicherung in Hamburg gebaut und das Bundesbank-Gebäude am Lübecker Holstentor saniert,“ erinnert sich von Müller. Das machte die Entscheidung leichter. In den letzten Jahren hat sich das Unternehmen erfolgreich den neuen technologischen Herausforderungen gestellt. Es bietet Komplettlösungen für die gesamte Elektro-, Informations- und Sicherheitstechnik an, auch als Smart Home bekannt. Dafür beauftragt das Unternehmen auch zahlreiche Nachauftragnehmer im norddeutschen Raum, und sichert somit weitere Arbeitsplätze. Olaf von Müller, inzwischen alleiniger Gesellschafter, berichtet: „Wir schauen ständig, was der Markt, also unser potenzieller Kunde, braucht. Also bieten wir seit 2009 auch einen Haushaltsgeräteservice an, die vielen Nachfragen nach Reparaturleistungen geben uns recht.“ MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


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Im Unternehmen sind aktuell fünf weitere Elektromeister als Projektleiter, Bauleiter und Kalkulator tätig. Sie sind die Ansprechpartner für Kunden und Geschäftspartner. „Die immer stärkere Verzahnung der Elektrotechnik mit den Sanitär-, Heizungs- und Klimaanlagen bei der Erarbeitung von ganzheitlichen Lösungen für Energieeffizienz und Komfort brachte uns auf die Idee, das Leistungsspektrum zu erweitern. Mit der Übernahme der Schweriner Bautechnik GmbH 2010 können wir technische Gebäudeausrüstung aus einer Hand anbieten,“ berichtet von Müller.

Einige markante Objekte, in denen die Schweriner Elektro Installation GmbH in den vergangenen 25 Jahren ihre Spuren hinterlassen hat: 1. Amtsgericht Schwerin am Demmlerplatz. 2. Stadthaus Schwerin. 3. Helios-Klinikum Schwerin. 4. Pflegeheim Alexandrinenresidenz Ludwigslust. 5. Polizeipräsidium Hamburg. 6. Wohnungsbau in Schwerin am Ziegelsee. 7. Gymnasium Crivitz.

Großes Augenmerk richtet die Unternehmensgruppe auf die Ausbildung des Nachwuchses zur Sicherung des Arbeitskräftebedarfs. Zur Zeit sind ca. 50 Mitarbeiter in der Unternehmensgruppe beschäftigt, sieben Auszubildende werden betreut. Jedoch besteht aktuell auch in diesem Unternehmen Bedarf an Fachkräften. „Interessante Bauvorhaben in Schwerin und Westmecklenburg stehen für 2018 und 2019 schon in den Auftragsbüchern. Deshalb hoffen wir auch, dass das Interesse an unseren zukunftssicheren und interessanten Berufen weiter zunimmt, wir unser Team so gezielt verstärken und damit diese Aufträge vertragsgerecht realisieren können,“ bringt Olaf von Müller seinen Wunsch zum Jahreswechsel zum Ausdruck. D.L.

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8. Spezialbau im Technologie- und Gewerbezentrum Schwerin. Fotos: SEI

CHWERINER LEKTRO NSTALLATION GmbH Pampower Straße 52 • 19061 Schwerin Tel. (0385) 61 41 77 www.sei-elektro.de • info@sei-elektro.de 65


VERANSTALTUNG

Foto: Geert Maciejewski

Foto: Monika Lawrenz

Foto: FMV

Vorfreude auf den Programmvorschau der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern Mit allen Sinnen genießen – das darf das Publikum der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern in der Saison 2018 wirklich wörtlich nehmen. Der Preisträger in Residence des Jahres 2018, der amerikanische Pianist Kit Armstrong, lädt sowohl zu akustischen als auch leiblichen Genüssen ein: Gemeinsam mit Sternekoch Daniel Schmidthaler kreiert der Musiker in der Kirche in Fürstenhagen ein individuelles Festspielmenü, das zwischen drei Konzertteilen serviert wird. Diese Veranstaltung ist nur einer von vielen Hochgenüssen, die für die kommende Festspiel-Saison angekündigt werden. Vom Eröffnungskonzert am 15. Juni in der Konzertkirche Neubrandenburg bis zum Abschlusskonzert am 16. September in der St.-Georgen-Kirche in Wismar ist der Festspielsommer gefüllt mit großen und kleinen Konzerten an bekannten, unbekannten sowie ungewöhnlichen Orten. Weltstars werden musizieren und die junge Elite – die möglicherweise in ein paar Jahren zu den Weltstars gehört. Dreimal heißt es „Weltstars in Redefin“: Die Violinistin Janine Jansen spielt mit der Sächsischen Staatskapelle 66

Dresden, die Pianistin Hélène Grimaud wird begleitet vom Luzerner Sinfonieorchester und Kit Armstrong ist Solist beim Konzert mit der Academy of St Martin in the Fields. Weltstar Julia Fischer lädt zum Kinderkonzert nach Neubrandenburg und für die jüngsten Konzertbesucher gibt es wieder Veranstaltungen in der Reihe „Mäck & Pomm“. In Bothmer wird vom 27. bis zum 29. Juni das Kammermusikfest der Jungen Elite gefeiert und Gesangstalente aus aller Welt treffen sich beim Sängerfest am 31. August in Groß Schwansee. Um ein Instrument und seine Solisten dreht sich alles bei „360° Cello“ vom 6. bis zum 8. Juli in Ulrichshusen. Am zentralen Festspiel-Veranstaltungsort Ulrichshusen feiern am 21. und 22. Juli der Stargeiger Daniel Hope und der Pianist Sebastian Knauer ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum – mit Konzerten selbstverständlich, aber darüber hinaus mit einer Kinomatinee und Gesprächen. MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


VERANSTALTUNG Ulrichshusen ist auch eine der Stationen vom „Jahrmarkt der Sensationen“, der mit seinem Crossover-Programm durch Mecklenburg-Vorpommern ziehen wird. Der Leipziger Thomanerchor und der Dresdner Kreuzchor gastieren bei den Festspielen MV, die Geigerin Isabelle Faust spielt eine Bach-Gala in Greifswald, Christoph Eschenbach dirigiert das Konzerthausorchester Berlin auf Schloss Bothmer. Der Preisträger in Residence Kit Armstrong hat sich zu seinen PreisträgerProjekten an verschiedenen Orten musikalische Freunde eingeladen wie Matthias Schorn, Daniel Müller-Schott und das Armida Quartett. Unerhörte Orte wie die Druckerei der OSTSEE-ZEITUNG, die Freester Bootswerft, die Eisengießerei Torgelow oder den neuen Plenarsaal im Schweriner Schloss können die Festspielbesucher als Konzerträume entdecken. Bei der Programmvorstellung kündigte Intendant Dr. Markus Fein ein neues Konzertformat an, das sich dem Hören selbst widmet: „2 x Hören“ mit Nils Mönkemeyer, William Youn und dem vision string quartet. Am 28. und 29. Juli ist in der Festspielscheune, dem Schloss und der Remise bei sechs Konzerten „Zeit zum Zuhören“. Die Grundthese lautet: Wer ein Werk zweimal hintereinander erlebt, hört das Werk intensiver. Die Festspielmacher und die Besucher sind Optimisten und laden ein zu Musikfesten unter freiem Himmel: Im Schlosspark Göhren-Lebbin gastieren Max Raabe und das Palast Orchester, im Schlosshof Bleckede werden beim Sommerabend mit Quadro Nuevo argentinischer Tango, italienische Canzone und orientalische Musik gespielt, in der Klosterruine Dargun stellen die Blechbläser von Mnozil Brass ihr neues Programm vor, im Schlosspark Ludwigslust treten beim Kleinen Fest im großen Park Künstler und Ensembles aus aller Welt auf 25 Bühnen auf. Aus rund 150 Veranstaltungen an 70 Orten können die Festspielbesucher in der Saison 2018 auswählen – der Kartenvorverkauf hat begonnen. KARIN GUSTMANN

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Foto: Geert Maciejewski

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Der Range Rover Velar ist das neueste Familienmitglied aus dem Hause Land Rover.

Fotos: LandRover

Der neue Range Rover Velar

Pur, elegant und voller Komfort Ein neues Gesicht in der Range Rover-Familie: Der neue Velar feierte im Sommer seine Premiere und erweitert als viertes Range Rover-Modell das Angebot. Der Neuling findet seinen Platz im Portfolio zwischen Range Rover Evoque und Range Rover Sport. Ein neues Gesicht in der Range Rover-Familie: Der neue Velar feierte im Sommer seine Premiere und erweitert als viertes Range Rover-Modell das Angebot. Der Neuling findet seinen Platz im Portfolio zwischen Range Rover Evoque und Range Rover Sport. An den Start bringt der Velar eine neue Dimension an Glamour, Modernität und Eleganz – einen Grad an Luxus, Raffinesse und Leistungsfähigkeit, der bislang im Segment der Midsize-SUV kaum zu finden war. Pur, elegant und voller Technik: Der neue Velar ist nicht mehr und nicht weniger als ein neuer Typ Range Rover für einen neuen Käufertyp. Mit dem Velar schlägt Land Rover ein neues Kapitel in der fast fünf Jahrzehnte währenden Erfolgsstory des Range Rover auf. Wie es sich für einen bahnbrechenden Neuling gehört, ist der Velar von Grund auf neu – entwickelt mit dem Ausgangspunkt eines weißen Blatt Papiers auf der fortschrittlichen Basis der Aluminium-Leichtbau-Konstruktion aus dem Haus Jaguar Land Rover. 68

Den neuen Range Rover Velar definieren gleich mehrere besonders anspruchsvolle Prinzipien. So etwa das visuelle Konzept der Reduktion oder das akribische Streben nach Perfektion, das in jedem Detail seinen Ausdruck findet. Auf diese Weise entwickelt der neue Velar die weltberühmte Range Rover-DNA evolutionär weiter – mehr noch: Der neue Velar öffnet den Blick auf die nächste Generation der Range RoverModelle. „Dank seines eleganten und puren Designs präsentiert sich der neue Velar mit einem herausragenden Charakter in seiner Klasse. Seine perfekt austarierten Proportionen und seine kraftvoll straffen Flächen finden in seiner unverwechselbaren Silhouette ihre Vollendung", sagte Gerry McGovern, Land Rover Chief Design Officer bei der Präsentation. Aus jeder Perspektive ist der neue Range Rover Velar dabei ein echter Hingucker: mit perfekter optischer Balance, optimierten Proportionen und einem dynamischen Heck. Bis zu 22 Zoll große Räder krönen zum MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


AUTOMOBIL Beispiel die spektakuläre Silhouette und die packende optische Präsenz. Das Interieur des Range Rover Velar verwöhnt die Passagiere zudem mit entspannendem Komfort. Ein großzügiges Platzangebot erfährt durch hochwertige Materialien, ein ansprechend puristisches Design und eine hohe Verarbeitungsqualität seine Abrundung. Besonders ins Auge fällt auch die Tatsache, dass die Zahl der Schalter und Bedieneinheiten im Velar auf ein absolutes Minimum beschränkt wurde – ein weiterer Faktor, der zur Eleganz und stilistischen Reinheit des Interieurs beiträgt. Wie die Karosserie wird auch das Innere des neuen Velar von hochentwickelter Technologie bestimmt. So hat die Baureihe beispielsweise das neue Infotainment-System Touch Pro Duo an Bord: Gleich zwei hochauflösende 10,2-Zoll-HD-Touchscreens, gekonnt in die Innenraumarchitektur integriert, gewährleisten beste Unterhaltung und volle Kontrolle. Die schlanken, intuitiv bedienbaren Bildschirme fügen sich harmonisch in die reduktiv geprägte Gesamtgestaltung ein. Nicht weniger eindrucksvoll ist daneben die Praxistauglichkeit des neuen Velar, für die unter anderem der mit 673 Liter Volumen sehr großzügig angelegte Kofferraum bürgt.

Im Innenraum sorgt das Panoramadach für viel Licht.

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Leidenschaft in Rot seit 70 Jahren! Es begann in Maranello, einer kleinen Stadt südlich von Modena. Hier kreierte Enzo Ferrari eine Marke, die die Herzen der Autoliebhaber in aller Welt für immer erobern sollte. Die Liebe zu Ferrari ist lebenslänglich: Wer einmal in das magische Dreieck von Kraft, Tempo und Schönheit im Zeichen des tänzelnden Pferdes geraten ist, bleibt darin gefangen. Anlässlich des 70-jährigen Firmenjubiläums hat Fotograf Rainer Schlegelmilch die neuesten Ferrari-Modelle fotografiert. Anhand von über 65 Modellen wird die eindrucksvolle Entwicklung der Marke Ferrari von den frühen Straßensportwagen bis zu den neuesten Modellen aufgezeigt. So glänzen hier vom Spider Touring der frühen 50er über Cabriolets und Coupés bis zum California die verschiedenen Jahrgänge. Einer besser als der andere.

Ullmann Medien Rainer W. Schlegelmilch (Fotografien), Hartmut Lehbrink, Jochen von Osterroth (Autoren) über 580 Abbildungen 448 Seiten, 241 x 281 mm, Hardcover mit Schutzumschlag durchgehend vierfarbig, zweisprachig: D/GB aktualisierte Neuauflage

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AUTOMOBIL

Pickup trifft Lifestyle Die neue Mercedes-Benz X-Klasse erobert seine Kundschaft

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Die neue Mercedes-Benz X-Klasse, seit November offiziell im Handel erhältlich, bringt nicht nur das progressive Design des viel beachteten Concept X-CLASS größtenteils unverändert in die Serie, sondern auch die einzigartige Vielseitigkeit bei der Nutzung – vom robusten, geländegängigen Pickup bis hin zum urbanen Lifestyle- und Familienfahrzeug. Die XKlasse verschiebt die Grenzen der klassischen Pickup-Welt. Sie bereichert die geschätzten Stärken eines Midsize-Pickups um die typischen Mercedes-Benz Eigenschaften Fahrdynamik, Komfort, Design, Sicherheit, Vernetzung und umfassende Individualisierung. Damit trägt Mercedes-Benz den veränderten Bedürfnissen der Kunden Rechnung und öffnet das Segment für neue Kundengruppen. Zur Auswahl stehen drei Ausstattungsvarianten, Vier- und Sechszylindermotoren, Hinterradantrieb und zuschaltbarer oder permanenter Allradantrieb, 6-Gang-Handschaltung und 7-Gang-Automatikgetriebe. Hinzu kommen sechs verschiedene Sitzbezüge inklusive zwei Ledervarianten, drei Cockpit-Zierteile und ein vielfältiges, von Mercedes-Benz entwickeltes Zubehörprogramm, mit dem sich die X-Klasse wie kein anderer Pickup individuell verändern lässt – sowohl optisch als auch funktional. Die X-Klasse wurde gezielt auf die sich verändernden Anforderungen der internationalen Pickup-Märkte entwickelt. Die Nachfrage nach MidsizePickups mit Pkw-typischen Eigenschaften und Komfortausstattungen steigt seit Jahren kontinuierlich. Gleichzeitig wächst der Anteil privat genutzter Pickups. Sie werden nicht mehr als reine Workhorses gesehen. Diesen Veränderungen trägt der Stuttgarter Autobauer als erster Premiumhersteller Rechnung – auf Basis seiner umfassenden Erfahrung und Kompetenz in der Entwicklung von Nutzfahrzeugen und Geländewagen für die harte Arbeit wie Unimog und G-Klasse, von Fahrzeugen wie VKlasse und Vito, die sich gleichermaßen für Arbeit und Freizeit eignen, 72

2 sowie von Pkw, die weltweit auf besondere Weise für modernen Luxus und hohen Fahrspaß stehen. So richtet sich die X-Klasse an sehr unterschiedliche Kundengruppen: Landbesitzer wie Farmer in Argentinien, Unternehmensinhaber wie Bauunternehmer in Australien, premiumaffine Familien zum Beispiel in Brasilien, trendbewusste Individualisten in Südafrika oder Großbritannien sowie sportbegeisterte Abenteurer in Neuseeland. „Das Segment der Midsize-Pickups ist reif für ein Premiumfahrzeug. Mit der X-Klasse werden wir dieses Segment für neue Kundengruppen öffnen, so wie wir vor über 20 Jahren mit der M-Klasse das Offroad-Segment neu definiert haben. Unser Pickup überzeugt als Arbeitstier genauso wie als Familien- und Lifestylefahrzeug. Kurz gesagt: Die X-Klasse ist der Mercedes unter den Pickups“, sagte Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars. DIRK BEHM MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


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1. Mit dem neuen Premium-Pickup hat sein Besitzer auf jedem Straßenbelag viel Fahrspaß. 2. Ein Blick in den Innenraum der X-Klasse verrät, wie komfortabel und wertig dieser ist. 3. Die X-Klasse ist vielseitig einsetzbar. Fotos: Mercedes Benz

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SEITENSPRUNG

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Bei den Indianern:

Unterwegs im Federreicher Kopfschmuck, Pfeil und Bogen im Köcher, einen Tomahawk im selbstgenähten Ledergürtel – diesen Indianer sucht man Anfang des 21. Jahrhunderts im Wilden Westen vergebens. Außer einer der 562 in den USA anerkannten Stämme feiert publikumswirksam ein Fest. Das einzig wahre Indianerleben war gestern. Und selbst da war wohl schon vieles anders als es z. B. Karl Mays Winnetou verkörperte. Tradition mit der neuen Zeit in Einklang zu bringen, das ist es, was sich die Indianer auf die Fahnen geschrieben haben. Doch wo ist sie – die moderne Indianerwelt im Westen und Südwesten der USA? Allein in Arizona leben heute 22 Stämme. Über mehr als ein Viertel des Bundesstaates erstrecken sich Indianerreservate. In einer atemberaubenden Landschaft. Die 450 Kilometer lange Schlucht des Grand Canyons gehört zu den eindrucksvollsten Naturwundern weltweit. Die 1919 zum Nationalpark erklärte Region ist jedem zugänglich und bietet Wanderwege und Aussichtspunkte en gros. Doch von moderner Welt kaum eine Spur. Im heiligen Land der Navajos, im Monument Valley und dem Canyon des Chelly, leben die Mitglieder einer der größten Indianerstämme überwiegend vereinzelt, zumeist in weit voneinander entfernten Familienverbänden. Abseits, von den ohnehin in dieser Region vergleichsweise recht klei74

nen Ortschaften. Oft ist es allein der Schulbus, der Verbindungen schafft. Gelehrt wird in Englisch und Dineh, der traditionellen Navajosprache. Eine schwer erkämpfte Errungenschaft. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Navajo-Kinder in Internate gesteckt und gezwungen, ausschließlich Englisch zu sprechen. Heute wird wieder die Muttersprache gesprochen, in der Hoffnung, die traditionelle Kultur zu bewahren. In möglichst allen Belangen. Doch das will längst nicht immer gelingen. Im Monument Valley Navajo Tribal Park Navayo, hier schoss schon John Wayne vor traumhafter Kulisse zumeist hoch zu Ross für Recht und Ordnung, sitzt in einem sogenannten Hogan Eula eine junge Navajo-Frau in einem langen bunten Kleid und lässt auf einer Spindel Wolle zu einem strangförmigen Garn auflaufen. Der von der Familie aus Baumstämmen, Reisig und Lehm nach überlieferter Art und Weise errichtete sechseckige Kuppelbau ist Richtung Sonnenaufgang geöffnet. Fred, auch ein Navajo, der einst Fernfahrer war und sich heute im Tourismus engagiert, hat diesen Besuch mit dem Geländewagen ermöglicht. Nicht alle Bereiche im Monument Valley sind öffentlich zugänglich. Die drei beliebtesten Fotomotive – West Mitten Butte, East Mitten Butte und Merrick Butte – durch den Marlboro Mann mit Cowboyhut in alle Welt getragen – schon, nicht aber die in MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


SEITENSPRUNG 1. Fast wie John Wayne – gleiche Kulisse, nur andere Akteure im Monument Valley. 2. Mitten im Grand Canyon. 3. Wie ein Horse shoe – Hufeisen – schlängelt sich der Colorado bei Page durch den Canyon. 4. Lichtspiele im Antilope Canyon. Abgeschiedenheit lebenden Nachfahren der Ureinwohner, die hier unterhalb der drei Tafelberge fast so leben wie einst. In diesem Fall umgeben von einem kleinen Hof mit einem Minihogan als Sauna – wer hätte es gedacht: Nicht etwa die Finnen, sondern die Indianer gelten als Erfinder des Schwitzbades. Schafe, Pferde und Rinder ziehen von hier allein zum Grasen ins weitläufige Umfeld. So bleibt Eula viel Zeit für traditionelle Handarbeit. An den Wänden, im nur mit Sand ausgefüllten Fußboden des Hogans, hängen neben gewebten Teppichen – Navajo Rugs – auch Bilder, Tücher und Schmuck. Die Silberverarbeitung haben die Navajo von den Mexikanern gelernt. Türkis gilt als der kostbarste Schmuckstein, ähnlich wie bei den benachbarten Pueblo-Indianern. Kaufen ist erwünscht. Das bessert die Familienkasse nachhaltig auf. Vielleicht reicht es eines Tages auch für ein neues Auto, um nach Wochen mal wieder die nächstgelegene Ortschaft zum Einkaufen anzusteuern. Die fünf Fahrzeuge, die etwas abseits unterhalb einer Felswand parken, sind allesamt nicht fahrbereit. Ist ein Auto kaputt, bleibt es stehen und es wird ein neues besorgt, weiß Fred und steuert das nächste Ziel an. An einem Felsen bleibt er stehen, legt sich auf den Boden, schaut gen Himmel und ist hellauf begeistert. Im Felsengewölbe, das aussieht wie ein Adlerkopf, befindet sich ein kleines Loch. Dort hindurch strahlt der fast immer blaue Himmel so wie ein Adlerauge. Einfach großartig. Mit ein wenig Fantasie sind weitere Tiere in den Felsformationen auszumachen. Nashorn, Elefant, Bär, selbst Saurier. Die haben etliche Meilen weiter sogar ein eigenes Quartier. Im Dinausaur National Monument in Utah und Colorado beginnt ein ganz besonderes Abenteuer. Tiefe Schluchten, Felsenzeichnungen und auch originale Knochenfragmente führen in eine Zeit zurück deutlich vor den heute hier lebenden Fremont-, Ute- und Shoshonen-Indianern. 1.500 Fossilien, darunter solche vom Allosaurus und Stegosaurus, sind allein entlang einer Felswand zu sehen, die ältesten 149 Millionen Jahre alt. Doch zurück nach Arizona, ins hier und heute. Auf kaum befahrenen, endlos lang erscheinenden, oft schnurgeraden Straßen geht es entlang an weit gezogenen Steppen und einsamen Farmen, an schlichten Holzhäusern der Ureinwohner im Bungalowstil. Und dann endlich mal wieder ein Hingucker. Wupatki. Vor 800 Jahren haben Anazasi und Sinagua mehrstöckige Häuser gebaut. Noch heute ragen Fragmente aus der eintönigen Landschaft und erinnern an längst vergangene Zeiten, an inzwischen verschwundene Völker. Inklusive ihrer heiligen Stätten. Geblieben sind die Hopi, etliche Meilen weiter Richtung Osten. Auch sie waren einst kreative Architekten, bauten Felseinbuchten zu Wohn- und Arbeitsräumen aus. Ähnlich wie die Navajos weiter nördlich am Grand Canyon. Der 450 Kilometer lange Gebirgszug trennt den Nordwesten Arizonas vom Rest des Bundesstaates, zumeist entlang großer Schluchten rechts und links des Colorados. Der Fluss wurde vor Jahrzehnten zum Auffüllen des mit Millionenaufwand erbauten Lake Powell Stausees genutzt, der heute bei Trockenzeiten weite Teile des US-amerikanischen Westens mit Wasser versorgt. Volle 17 Jahre lang hat die Wasseranstauung seinerzeit gedauert. In deren Zuge ein anderes Massiv, der Glen-Canyon, komplett im Stausee versank. Fast verschwunden sind auch die Desert Cultur genannten Indianer, die im Bereich des Grand Canyon bereits vor 3.000 Jahren als Jäger und 

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Sammler unterwegs waren. Gefolgt von den Anasazi, die Lehmhütten in die Wände der Schluchten bauten. Von ihnen stammen viele Felszeichnungen, die heute noch sichtbar sind, nachdem sich auch dieser Stamm vor rund 700 Jahren aus bis heute unbekannten Gründen komplett aus der Region zurückzog. Deren Vorstufe in der Kulturentwicklung wiederum waren Basketmaker, Indianer, die sich schon 1.200 v. Chr. als wahre Meister in der Korbwaren- und in der Wulsttechnik erwiesen. Erst 500 Jahre ist es unterdessen her, das als erster Europäer ein Spanier im Auftrag des Eroberers Francisco de Coronado mit Hilfe von Hopi-Indianern in dieses Gebiet kam. Auf der Suche nach den sagenumwobenen sieben Städten von Cibola. Gefunden wurden sie nicht, und so wurde der Grand Canyon schließlich als wertlos eingestuft. Das änderte sich erst, als eine Expedition 1869 nach dem Passieren etlicher Stromschnellen im Colorado und Green River den Endpunkt des 40 Millionen Jahre alten Gebirgsmassivs erreichte, um es fortan Grand Canyon zu nennen. Heute leben auch hier vorwiegend Navajos, mit 330.000 Angehörigen das mit Abstand größte indianische Volk, im mit 70.000 Quadratkilometer entsprechend größtem Reservat dieser Region. Beeinflusst von den Pueblo-Indianern, betreiben die einstigen Jäger und Sammler heute vorwiegend Ackerbau. Doch auch wenn ihnen das Gros der angestammten Gebiete inzwischen wieder gehört, viele, die bis heute geblieben sind, sind arbeitslos. Alkohol- und Rauschgiftsucht sind ein großes Problem. Feuerwasser wird zumeist kistenweise in die in die Jahre gekommenen Autos geladen. Konsumiert wird ausschließlich in den eigenen vier Wänden, öffentlicher Genuss ist streng untersagt. Nur wenige sind abgewandert und verdienen ihren Unterhalt außerhalb der Siedlungen. Gut 300 „Indian Reservate“ gibt es zwischen dem Westen und dem Osten der USA, zwischen Kalifornien und Florida. Mit rund vier Millionen Native Americans, wie die Nachfahren der Ureinwohner genannt werden. Alle haben einen US-Pass und können leben, wo sie wollen. Doch viele schaffen es nicht, sich von ihrem Umfeld zu lösen, bleiben arbeitslos, mit nachhaltigen Folgen bis in die folgenden Generationen hinein. Dabei gibt es vielversprechende Entwicklungsprojekte. Da auf Stammesgebieten wiederholt Erdöl- und Uranvorkommen entdeckt wurden, zudem aus dem Fremdenverkehr hohe Erlöse erzielt werden, zählen die Navajos heute zu den reichsten Indianern des Landes. Der mit 72 Mitgliedern besetzte Stammesrat setzt das Geld für Investitionen ein – im Tourismus, für den Aufbau gewerblicher und industrieller Betriebe, den Straßenbau, den Ausbau der Wasser- und Energieversorgung und nicht zuletzt für Schulen und Ausbildungsstätten. Doch vielerorts fehlt es an der nötigen Resonanz, am aktiven Mittun. Cathrin hat sich anders entschieden. Von der Kleinstadt Page aus, am Lake Powell gelegen, fährt die Navajo-Frau an einem der größten Kohlekraftwerke des Landes vorbei fast täglich Touristen zum Antelope Canyon. Im Navajo-Fee, dem Eintrittspreis, sind sechs Dollar für die Indianer enthalten. Da kommt bei zigtausenden Besuchern übers Jahr einiges zusammen. So ist Page durchaus ein Beispiel für die moderne Welt mit Banken, großen Einkaufszentren, vielfältiger Gastronomie und Freizeitangeboten. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ortschaften im Umfeld, an denen die Zeit bis heute vorbeigezogen zu sein scheint. Aber wer kann auch schon einen Canyon wie diesen vorweisen. Die Navajos nennen ihn Tse Bighanilini, was soviel heißt wie „der Platz, wo Wasser durch Felsen fließt“. Doch auch das ist längst vorbei. Nur bei einer der äußerst seltenen Sturzfluten fließt Wasser, ansonsten bleibt es trocken und staubig. Durch einen schmalen Felsriss taucht der Besucher ein in eine farbenprächtige Wunderwelt. Reflektierendes Sonnenlicht lässt die hohen, rot-gelben MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


SEITENSPRUNG 5. Adlerauge im Monument Valley. 6. Felszeichnung im Monument Valley. 7. Original Indianersauna. 8. Hinterm Haus abgestellte Oldtimer. 9. Navajo-Teppich. 10. Joshua-Baum.

Sandsteinfelsen je nach Einstrahlwinkel permanent in einem anderen Farbenspiel erstrahlen, bis hin zu einem nie vermuteten Violett. Auf die Spitze getrieben durch herabrieselnden Sand, der dem Zauber einen ganz besonderen Anstrich verleiht. Das ist kaum zu beschreiben, das muss man gesehen haben. Zumal auf 400 Metern Länge durch den engen und erst vor zwölf Jahren von einem Kind rein zufällig entdeckten, vom Wasser geschliffenen Kanal permanent neue Eindrücke zu gewinnen sind. Einzigartig auch der Zion-Nationalpark im Südosten Kaliforniens in den es bis heute Paiute-Indianer zieht, um angesichts der atemberaubenden Felsformationen und zahlreicher Quellen nach uraltem Brauch religiöse Zeremonien abzuhalten. Der Wilde Westen, seine Indianer, seine Canyons. Mehr Vielfalt, mehr Tradition geht kaum. Was will man mehr? Vielleicht noch einen Baum zu Gesicht bekommen, wie man ihn nur hier findet. Im Südosten Kaliforniens, im Joshua-Tree-Nationalpark, steht der Joshua-Baum, ein Yucca, die größte Palmlilie. Und das inmitten einem der trockensten Gebiete weit und breit, zwischen Mojave- und Colorado Wüste. Mormonen gaben dem Baum einst seinen Namen. Sie sahen in ihm die Gestalt des Propheten Joshua, der mit ausgestreckten Armen den Israeliten den Weg ins gelobte Land wies. Wobei schon seinerzeit die am Boden stehenden Kakteen zu beachten gewesen sein dürften. Deren Stacheln wieder loszuwerden, ist fast unmöglich. Insgesamt wachsen im Park 700 Pflanzenarten, im Einklang mit einer vielfältigen Vogelwelt. Fehlt nur noch ein Ausritt auf der Suche nach einem versteckten Schatz aus längst vergangenen Zeiten. Ein (nicht ganz echter) Goldtaler fand sich dann tatsächlich in einer verlassenen Höhle im schier endlos erscheinenden Utah. Der war allerdings nicht aufzuwiegen mit dem Erlebnis, hoch zu Ross steinige Höhen und rutschige Hänge zu meistern, so wie heute noch die Cowboys links und rechts der Gebirgskette unterwegs sind, um von den Weiden im Tal abgewichene Rinder wieder einzufangen. Und das auf einem schwarz-weiß gezeichneten Pferd, das haargenau so aussieht wie jener „Kleiner Donner“, auf dem Indianernachwuchs Yakari durchs Kinderfernsehen reitet, stets bemüht, für ein harmonisches Miteinander aller einzuschreiten. Im wahren Indianerleben heute erscheint das hingegen ungleich schwerer zu sein. Es gibt sie zwar noch, immerhin vier Millionen Ureinwohner allein in den USA. Die meisten leben allerdings fernab der modernen Welt. Neid und Missgunst? Fehlanzeige! Jeder ist glücklich über das, was er hat. Vom Zauber einstiger Zeiten, wie ihn Karl May beschrieben hat, ist nicht viel geblieben. Auch die moderne Welt vermisst hier kaum einer, vielleicht auch deshalb nicht, weil die Menschen, die hier leben, sie nur, wenn überhaupt, aus dem Fernsehen kennen. Lediglich auf Festen und Feiern, wenn Ureinwohner im klassischen Outfit längst vergangene Zeiten wachwerden lassen, könnte man meinen, dass es tatsächlich mal so gewesen sein könnte – mit Kopfschmuck, Pfeil und Bogen im Köcher und Tomahawk im selbstgefertigten Gürtel.

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TEXT & FOTOS: JÜRGEN DREWES MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017

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AUSGELESEN

Sasha Marianna Salzmann

„Ausser sich“ von Astrid Kloock

verbunden mit der Frage: Wer bin ich? Wo komme ich her? Wer hat mich geboren, in welchem Land, unter welchen sozialen und emotionalen Umständen?

Foto: privat

Sasha Marianna Salzmann gehört zu den fünf Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2017, der am 7. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse ausgelobt wurde; das heißt, ihr Buch zählt zu den interessantesten schriftstellerischen Arbeiten des Jahres. Dieses Prädikat hat sie sich mit ihrem Roman „Außer sich“ verdient. Sasha Marianna Salzmann, 1985 in Wolgograd geboren, bis zum 10. Lebensjahr in Moskau zu Hause, studierte an der Universität in Hildesheim Literatur/Theater/Medien und an der Berliner Universität der Künste Szenisches Schreiben. Die Theaterautorin, Essayistin und Dramaturgin wohnt alternierend in Berlin und Istanbul. Sie ist Hausautorin am Maxim Gorki Theater Berlin. „Außer sich“ ist ihr Debütroman. Alissa sucht Anton. Die Zwillingsgeschwister haben sich verloren. Ihre Eltern, Valja und Kostja, hatten Russland verlassen. Als sich die Sowjetunion in Auflösung befindet, sind sie als jüdische Kontingentflüchtlinge von Moskau gen Westen ausgereist, um im neuen Deutschland, das gerade ein getrenntes Volk wieder vereint, Heimat zu finden. Die gesellschaftlichen Umbrüche sind gewaltig. Die Familienschicksale auch. Antons letzte Nachricht kam aus Istanbul. Alissa fährt in die türkische Metropole. Sie findet eine Stadt in Aufruhr. Der Gezi-Park steht in Flammen. Alissa sucht ihren Zwilling wie sich selbst. SUCHEN ist das Thema und der Rahmen des Romans. Sein Inhalt sind Menschengeschichten aus einem europäischen Jahrhundert, immer 78

Marianna Salzmann erzählt. Ihre Sprache ist atemberaubend, und atemberaubend sind ihre Geschichten; angesiedelt zwischen Moskau im Osten Europas und dem Bosporus im Westen. Das politische Mark ihrer Erzählungen sind das Roll-up der russischen Geschichte vom Roten Oktober über Stalins Diktatur, Perestroika bis in die neue Zeit, in der man immer noch nicht weiß, ob es ein Segen oder Fluch ist, Jude zu sein. Zum Beispiel Schura und Etinka, die Urgroßeltern. Verdiente Ärzte die beiden, mit Lenin groß geworden und bis ans Ende ihrer Tage den Glauben an den Kommunismus im Gepäck. Sie waren bei der Schlacht um Stalingrad dabei und „ganz bestimmt am Zusammenhalten der Welt an vorderster Front beteiligt“. Nun sind sie Flüchtlinge. Urgroßmutter Etinka zu Schura: „Du wollest nicht gehen, weil du wusstest, wer du drüben sein wirst, ein Niemand, und wir alle ein Nichts“. – Oder Mama Valja, in erster Ehe mit einem Goi verheiratet, der mit Schlägen beweisen wollte, was ein russischer Mann ist. Dann mit Kostja, Alissas Vater, verkuppelt. Kein Traummann, aber ein Jud, mit dem man ausreisen konnte nach Deutschland, vormals das GasLand, nun das Paradies. Das Paradies? „Wenn man eines hat, (ein Land), kann man es nicht verlassen. Das schleppt man immer mit.“ Marianna Salzmann lebt seit mehr als zwanzig Jahren in Deutschland. Sie hat ihren Roman in Deutsch geschrieben, aber er atmet russisch. Russische Redewendungen und Ausdrücke sind nicht in phonetischer Umschrift, sondern mit kyrillischen Buchstaben aufgeschrieben. Für Russischkundige wunderbar. Die Worte stehen nicht nur da, sie fassen dich an. Aber auch ohne „Kyrill“ ist Salzmanns Sprache mindestens einen Buchpreis wert. Dicht, lakonisch, unum-

wunden, warm und bilderreich. „Dann fuhr sie mir durchs Haar, streichelte meinen Nacken, stand auf, und in der langen Zeit, die sie brauchte, um aus dem Zimmer zu gehen, sah ich ihre fast hundert Jahre. Zuvor nicht. Zuvor, sitzend, wirkte sie wie die Genossin Farbarjewitsch, die unter dem einen Arm das ganze Kinderhospital trägt und unter dem anderen den Ehemann, die Tochter und die Sowjetunion.“ Die Geschichten der deutschen Autorin mit russischen Wurzeln sind keine Heile-WeltLiteratur. Sie nimmt uns mit in die Gegenwart, und die ist nicht paradiesverdächtig: Generations- und Genderkonflikte, Globalisierung im Eilschritt, und wieder Revolution. Drehscheibe Bosporus. In den Bars taumelnde Menschen, Aufrechte und Kriminelle, Gestrandete, dem eigenen Schicksal hörig. Sie rauchen, saufen und vögeln sich in den Infarkt. Menschen AUßER SICH. Wie Alissa. Alissa ist auf dem Wege zu Anton. Sie spritzt sich Testosteron. Ihre Stimme ist schon rauh. Wird es die Mutter merken? Wird sie es verstehen? „Komm nach Hause, Tochter“, sagt Mama Valja am Telefon. Die Tochter antwortet: „Ich bin Anton“. Das Buch hat 365 Seiten. Man liest es, ohne abzusetzen. Bewertung: Ich wiederhole mich – atemberaubend. Sasha Marianna Salzmann „Außer sich“, Roman, Suhrkamp-Verlag Berlin 2017, ISBN 978-3-518-42762-0 MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2017


Foto: Sascha Reisüber/pixelio.de

KOLUMNE

Das Nesthäkchen Sie sind sehr unterschiedlich vom Charakter. Aber ich habe alle Zwölf gleich lieb. Richtig problematisch ist eigentlich nur der Vorletzte, aber fertig gemacht hat er mich noch nie. Und nach ihm kommt das Nesthäkchen – der Dezember. Weil er der Letzte ist, bin ich ihm besonders zugewandt und auch nachsichtig. Mein Nesthäkchen kann rebellisch sein. Ich habe nur eine einzige Bitte an den Dezember und lasse nicht locker. Jedes Jahr aufs Neue wünsche ich mir nämlich innig, dass im Radio nicht nur auf allen Sendern ständig „White Christmas“ zu hören ist, sondern ich sie tatsächlich zu sehen bekomme. Flockenwirbel wie zu meinen Kindertagen auf der Insel Rügen. Damals war Frau Holle noch nicht so tüttelig. Da hat sie pünktlich zum Weihnachtsfest die Betten geschüttelt und nicht erst, wenn die Osterglocken blühen. In meiner Erinnerung trägt das Haus der Großeltern im Dezember immer eine Pudelmütze aus Schnee. Mein Großvater spannte das Pferd vor den Schlitten und wir fuhren damit übers Land. Welch eine faszinierende Stille ging von der weißen Pracht aus. Schnee im Dezember würde unserer von Lärm gebeutelten Welt gut tun. Keine Zeit erscheint mir so laut und hektisch

wie der letzte Monat in seinen ersten zwei Wochen. Da rattern unzählige Einkaufswagen durch die Supermärkte. Sie werden beladen wie Schwerlaster. Menschen hetzen durch die Straßen. Sie glauben mein Nesthäkchen macht ihnen Ballett. Aber Ballett machen sie sich selbst. Die Weihnachtsmärkte in den großen Städten sind für mich weihnachtlich verkleidete Rummelplätze. Ihre Organisatoren kommen mir vor wie der kleine Häwelmann aus dem Märchen von Theodor Storm. Der hat auch dauernd „mehr, mehr, mehr“ gefordert. Und dem Weihnachtsmann wird auch immer mehr aufgebürdet. Das weniger manchmal mehr ist, bewahrheitet sich auch bei den Geschenken. Aber verzichten möchte ich nicht auf sie. „Ein Onkel, der Gutes mitbringt, ist besser als eine Tante, die bloß Klavier spielt“, hat Wilhelm Busch gesagt. Ich hätte zum Fest gerne Onkel und Tante, denn auf Musik möchte ich Weihnachten niemals verzichten. In keinem der zwölf Monate ist mein Bedürfnis nach Singen so groß wie im Letzten. Ich singe mit, wenn im Radio Weihnachtslieder erklingen und stimme ein in den Chor der vielen Menschen im Dom meiner Stadt. Im letzten Monat des Jahres strömen Heiligabend Jung und Alt zum nächtlichen

Gottesdienst. Und auch die, die nur einmal im Jahr kommen, scheinen Robert Gernhardts Spruch zu kennen, der lautet: „Paulus schrieb an die Apatschen: Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.“ In der Weihnachtszeit zeigt sich mein Nesthäkchen von der besten Seite. An seinem letzten Tag im Jahr bedanke ich mich weit vor Mitternacht bei ihm für all die schönen Tage. Denn wenn zum letzten Mal der kleine Zeiger der Uhr ganz oben steht und der große Zeiger auf ihn springt, ist keine Zeit mehr dafür. Im fliegenden Wechsel geht das Nesthäkchen und der neue Kronprinz kommt mit Böllerschüssen und Raketen. Es ist schon komisch, wenn das Nesthäkchen plötzlich fort ist. Aber es wird nicht lange dauern und dann kommt das gute Kind wieder.

DITTE CLEMENS

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Comeback: Nach einer längeren schöpferischen Pause kehrte der Weltstar und Der Master des Crossover zurück ins Rampenlicht. Bereits 2016 konnten seine Fans mit „The Comeback Album“ seine Rückkehr feiern. Seine große Comeback-Tour führt Helmut Lotti Ende Januar auch nach Schwerin. Helmut Lotti ist am 27. Januar 2018 um 20 Uhr in der Schweriner Sport- und Kongresshallee live zu erleben.

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