Bidonvilles & Bretteldörfer / dérive –Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 71 (2/2018)

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Editorial Top-down vs. Bottom-up, Selbstorganisation und gegenseitige Hilfe vs. sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaat, urbane Kompetenz vs. Paternalismus, Rotes Wien vs. Siedlerbewegung: Das sind Debatten, denen wir uns sowohl in dérive als auch beim urbanize! Festival immer wieder stellen. Meistens kommen wir dabei zum Schluss, dass es ein Best of Both Worlds braucht. Wobei wir uns als BewohnerInnen einer Stadt wie Wien, in der gefühlte fünf Magistratsabteilungen für jeden Pflasterstein zuständig sind, bevorzugt die Wichtigkeit des Stadt-selberMachens betonen, was in einer Stadt, in der ein ökonomisches (Über-)Leben ohne Selbstorganisation gar nicht möglich ist, weniger oder nicht notwendig wäre. Gleichzeitig wollen wir die Vorzüge einer funktionierenden Verwaltung, die sich in Wien etwa durch die einwandfrei organisierte Müllabfuhr oder den weit verzweigten öffentlichen Verkehr zeigt, nicht missen. Für den aktuellen Schwerpunkt Bidonvilles & Bretteldörfer – in dem diese Debatte wieder auftaucht – haben sich die beiden verantwortlichen Redakteure Andre Krammer und Friedrich Hauer die informelle Stadtentwicklung in Europa zum Thema gemacht. Sie betonen, dass eine exakte Trennung von formell und informell bzw. Top-down und Bottom-up unmöglich und schon der Versuch zum Scheitern verurteilt ist, weil die vermeintlichen Gegensätze oft gar keine sind: »das Formelle [kann] nicht mehr vereinfachend mit einer Topdown-Planung, das Informelle nicht mit einer Raumproduktion Bottom-Up gleichgesetzt werden«. Der Fokus des Schwerpunkts »liegt auf informellen Siedlungsstrukturen, die in Reaktion auf soziale und existentielle Not als Selbsthilfeprojekte entstanden sind.« Gezeigt wird, »dass informelle Siedlungen eine räumlich ausgreifende, bis heute vielfach präsente Realität der europäischen Stadt waren bzw. sind« und nicht nur als ein Phänomen des globalen Südens wahrgenommen werden sollten. In den Beiträgen des Schwerpunkts zeigt sich, dass Kontext, Strukturen und Muster von lokalen Entwicklungen in unterschiedlichen Städten viele Parallelen aufweisen und es deswegen wichtig ist, sich mit Bidonvilles, Bretteldörfern und Fischkistensiedlungen nicht nur lokalhistorisch auseinanderzusetzen. Zu den erwähnten Städten gehört u.a. Hamburg mit seinen Fischkistensiedlungen, die in den Jahren der Industrialisierung und nach dem Ersten Weltkrieg in Zeiten höchster Wohnungsnot am Stadtrand entstanden sind. Anke Schulz skizziert in ihrem Artikel Die Bude haben wir gebaut, mein Mann und ich die damalige Situation und den späteren Kampf der Bewohner für den Erhalt der Siedlungen. Mit dem Wachstum von Hamburg stieg der Bedarf an Baugrund und damit auch der Druck auf die ehemals billigen und unbeachteten Flächen. Was in Hamburg die Fischkisten waren, waren in Frankreich die für die Siedlungen namensgebenden Kanister (frz. bidons). Verdrängt und abgelöst wurden die Bidonvilles vom fordistischen Massenwohnungsbau ab den 1950er Jahren, der damit die heutigen Banlieues schuf. Muriel Cohen und

Marie-Claude Blanc-Chaléard beschreiben in ihrem Text Schwellen zur Stadt jedoch nicht nur die historischen Bidonvilles des 20. Jahrhunderts, sondern auch deren Wiederaufleben im 21. Jahrhundert, und betonen den völlig veränderten gesellschaftspolitischen Kontext, der beispielsweise für den Dschungel in Calais gilt. Das Interessante an dem Thema Informalität in Jugoslawien sind, wie Dubravka Sekulić in ihrem Beitrag The ambiguities of informality schreibt, die Veränderungen und Kontinuitäten vor dem Hintergrund des Wechsels der politischen Gesellschaftssysteme und die Rolle, die die Gastarbeiter dabei spielten. Anders als in Frankreich geht es nicht um die Unterkünfte, die im Aufenthaltsland errichtet wurden, sondern um diejenigen im Herkunftsland. Die Schwerpunktredakteure Krammer und Hauer steuern außerdem ein Interview mit der Filmemacherin Melanie Hollaus bei. Hollaus beschäftigt sich in ihren Filmen immer wieder mit Menschen und Räumen, die vom gesellschaftlichen Mainstream mit einer Mischung aus Angst, Abscheu und Neugier betrachtet werden. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht die ehemalige Bocksiedlung in Innsbruck, über die Hollaus 2012 einen Film gedreht hat. Derzeit arbeitet sie im Rahmen des Forschungsprojekts Bretteldorf revisited – gemeinsam mit Krammer und Hauer – an einem Film über die Geschichte informeller Raumproduktion in Wien, die im Text Das wilde Wien und dem Exkurs Besuchen Sie Bretteldorf! im Mittelpunkt steht, die beide von den Schwerpunktredakteuren Krammer und Hauer verfasst wurden. Im Magazinteil dieser Ausgabe berichtet Ernst Gruber über die Sanierung und Revitalisierung ihrer ursprünglichen Nutzung verlustig gegangener Gebäude durch junge Kreative im benachbarten Bratislava, die sich augenzwinkernd selbst als cultural developers bezeichnen. Für das Kunstinsert zeigen Nicole Six und Paul Petritsch eine Arbeit im Rahmen ihrer Beschäftigung mit Anna Lülja Praun, eine der ersten österreichischen Architektinnen überhaupt. In ihrer Arbeit spielte Kooperation stets eine wichtige Rolle. Damit war sie einerseits ihrer Zeit weit voraus, andererseits hat diese Arbeitspraxis auch dazu geführt, dass ihrem eigenen Werk nicht die Aufmerksamkeit zuteil wird, wie dem ihrer männlichen Zeitgenossen. Um besondere Aufmerksamkeit bitten wir zum Schluss – in höchst eigennützigem Interesse – für das Hausprojekt Bikes and Rails: Mit Bikes and Rails bauen wir im Wiener Sonnwendviertel den 1. Neubau im Habitat, dem Mietshäuser-Syndikat in Österreich. Das geplante Mietshaus wird durch die spezielle Rechtskonstruktion im Habitat dauerhaft dem Immobilienmarkt entzogen. Jegliche zukünftige Verwertung ist damit ausgeschlossen und langfristig günstige Mieten und solidarische Freiräume für Generationen sind garantiert. Finanziert wird das Projekt u.a. mit privaten Direktkrediten: Wer mithelfen will, dieses Modellprojekt für selbstverwalteten und bezahlbaren Wohnraum auf die Beine zu stellen, und sein Geld sozial, lokal und transparent in unser solidarisches Hausprojekt einlegen will, findet alle Informationen auf www.bikesandrails.org. Christoph Laimer

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»The right to

housing was part of the

introduction of social property in Yugoslavia, a tool through which society would re-distribute and manage itself.« Dubravka Sekulić auf S. 40 in dieser Ausgabe.

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dérive Zeitschrift für Stadtforschung

Bestellungen an: bestellung@derive.at David Graebers Buch versenden wir aufgrund der hohen Portokosten nur in Österreich.

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Inhalt 01 Editorial CHRISTOPH LAIMER Schwerpunkt 04 — 07 Bidonvilles, Fischkistensiedlungen, Bretteldörfer Anmerkungen zur informellen Raumproduktion in Europa ANDRE KRAMMER, FRIEDRICH HAUER 08 — 10, 15—19 Das WILDE WIEN Rückblick auf ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung FRIEDRICH HAUER, ANDRE KRAMMER 11 — 14 Exkurs: Besuchen sie BRETTELDORF! ANDRE KRAMMER, FRIEDRICH HAUER 20 — 23 Wo die ABRISSBIRNE wartet Interview mit Melanie Hollaus über die Innsbrucker Bocksiedlung FRIEDRICH HAUER, ANDRE KRAMMER 24 — 31 SCHWELLEN zur STADT Die Bidonvilles im Frankreich des 20. und 21. Jahrhunderts MURIEL COHEN, MARIE-CLAUDE BLANC-CHALÉARD Kunstinsert 32 — 36 Nicole Six und Paul Petritsch

37 — 42 The ambiguities of informality The extra-legal production of space in Belgrade during socialism and after DUBRAVKA SEKULIĆ 43 — 48 Die Bude haben WIR gebaut, mein MANN und ICH Fischkistensiedlungen in Hamburg zwischen Obdachlosenselbsthilfe und kommunalem Wohnungsbau ANKE SCHULZ Magazin 49 — 52 Alte Mauern junge Kollektive Stadt entwickeln lassen, auf Slowakisch ERNST GRUBER Besprechungen 51 — 55 Ein einzigartiges Wohnlabor S.53 Kollaborative Selbstermächtigung für städtisches Handeln S.55 Selbstbeauftragte Archivierung S.56 Dekommodifizierung und Demokratisierung der Wohnraumversorgung S.57 »Und wer zahlt das?« S.58 Beweismittel Architektur S.59 Inklusion als neues Selbstverständnis S.60 Von Innsbruck nach Calais derive.at 60 IMPRESSUM

– dérive – Radio für Stadtforschung Jeden 1. Dienstag im Monat von 17.30 bis 18 Uhr in Wien auf ORANGE 94.0 oder als Webstream http://o94.at/live. Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235

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ANDRE KRAMMER, FRIEDRICH HAUER

Bidonvilles,

Fischkistensiedlungen, Bretteldörfer

Großsiedlung in ausgemusterten Eisenbahnwaggons in Frankfurt am Main um 1930; (c) Imagno

Die informelle Stadt ist in aller Munde. Gedacht wird dabei oft reflexartig an Favelas, Shantytowns, Barriadas – an die zahlreichen Slums des globalen Südens. Wir wollen mit dieser Ausgabe von dérive zeigen, dass informelle Siedlungen eine räumlich ausgreifende, bis heute vielfach präsente Realität der europäischen Stadt waren bzw. sind. Ihre Entwicklungsgeschichte ist in der Forschung unterrepräsentiert und tritt meist nur lokalhistorisch in Erscheinung. Dieser Umstand ist der sozialhistorischen wie urbanistischen Bedeutung informeller Siedlungen nicht angemessen. Der vorliegende Schwerpunkt versammelt Anschauungsmaterial aus 100 Jahren informeller Stadtproduktion in Europa. Er beleuchtet neben ihren Ursachen verschiedene Formen des Umgangs mit dieser (wie Upgrading, Downgrading, Konsolidierungsprozesse, Räumungen etc.) und ihre Deutung. Der Fokus

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Elendsurbanisierung, Neoliberalismus, Informalisierung, Eigenverantwortung, unternehmerische Stadt, gefährliche Klassen, Moderne, Raumproduktion

Anmerkungen zur informellen Raumproduktion in Europa

dieser Ausgabe von dérive liegt auf informellen Siedlungsstrukturen, die in Reaktion auf soziale und existentielle Not als Selbsthilfeprojekte entstanden sind. Es sind Entwicklungen, die weiter andauern: Roma-Siedlungen, Wagenplätze, Obdachlosigkeit oder informelle Flüchtlingslager existieren heute in Europa oft nur wenige Meter entfernt von Investorentürmen und den Quartieren der Wohlhabenden. Auf die Vielschichtigkeit der Thematik ist dabei hinzuweisen: Informelle Raumproduktion kann auch von Partikularinteressen ökonomisch und sozial potenter AkteurInnen vorangetrieben werden – in Italien verdanken etwa unzählige Villen, Hotels und Spekulationsobjekte ihre Existenz der Abwesenheit einer gesellschaftlich als verbindlich angesehenen Raum- und Bauordnung.

dérive No 71 — BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER. Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa


Bretteldörfer – ein globales Phänomen zwischen Kritik und Romantisierung Spätestens seit dem UN-Report The Challenge of Slums von 2003 wird Informalität nicht zuletzt als ein »Ausdruck struktureller Anpassungen an globale Marktkräfte« gesehen (Altvater 2005, S. 309). Die Zahlen der UN-Studie veranschaulichen, dass es sich bei der global rasch anwachsenden informellen Stadt an den Rändern der Metropolen keineswegs um eine vernachlässigbare Erscheinung handelt. 2003 lebte bereits jeder sechste Mensch weltweit – insgesamt eine Milliarde – in einer informellen Siedlung. Den US-amerikanischen Urbanisten Mike Davis motivierte der UN-Bericht zu vertiefenden Recherchen. In seinem Buch Planet of Slums (2006) belegt er Ausmaß und Zusammenhänge der weltweit rasant zunehmenden Elendsurbanisierung, insbesondere in den Metropolen des Südens. Davis sieht das Wachstum der informellen Stadt durch neoliberale Politik angestoßen – nicht zuletzt durch die berüchtigten IWF-Programme zur Strukturanpassung, die weite Bevölkerungsschichten ökonomisch und räumlich marginalisierten. Für viele, die massenhaft in die Städte strömen, wird die informelle Siedlung dabei von der Übergangs- zur Dauerlösung. Neben der neomarxistischen Sichtweise Davis’, die den Planet der Slums als Krisensymptom des globalisierten Kapitalismus interpretiert, sind auch zahlreiche sich als pragmatisch verstehende Annäherungen an das Phänomen der informellen Raumproduktion zu verzeichnen. Diese eint die Vorstellung, das Informelle nach dem Motto Learning from... in zukünftige kapitalistische Stadtmodelle auf produktive Weise integrieren zu können. Prominente VertreterInnen dieses Ansatzes sind u.a. der holländische Stararchitekt Rem Koolhaas1, der peruanische Ökonom Hernando de Soto2 oder der britisch-kanadische Journalist Doug Saunders3. Der Selbstorganisation und der Improvisation wird dabei ein unternehmerisches Potenzial zugeschrieben, dass es mit dem neoliberalen Imperativ der Eigeninitiative kompatibel macht (Hagemann 2012, S. 76f.). Das Informelle wird zum »Experimentierfeld für die Untersuchung von Anpassungs- und Innovationsprozessen« erklärt (Brillembourg 2005, S. 302) bzw. en passant zur Keimzelle einer neuen »solidarischen Ökonomie« ausgerufen (Altvater 2005, S. 309). Diese teils offen affirmativen Zugänge tendieren dazu, Armut zu ästhetisieren und so einer Slum-Faszination, einem Favela-Chic und einem überwunden geglaubten kolonialen Gestus zu unterliegen (Krasny 2012, S. 23; Hagemann 2012, S. 73). Dabei bleibt die Rezeption des Informellen meist selektiv und tendenziell phänomenologisch verkürzt. So kann etwa das – an sich durchaus berechtigte – akademische Interesse an Formen des Selbstbaus die Tatsache verdecken, dass informelle Siedlungen auch Ausdruck von globalen wie lokalen Machtstrukturen, Marginalisierung und Ausbeutung sind (Hagemann 2012, S. 73f.). Auf der Berliner Weltkonferenz zur Zukunft der Städte URBAN 21 im Jahr 2000 wurden sogar bis dahin eher als ein Übel angesehene illegale Landbesetzungen als wirtschaftlicher Motor der Stadtentwicklung gefeiert (Becker 2003, S. 14) – und informelle Urbanisierung damit unter der Hand auch als eine Art Neoliberalismus von unten vereinnahmt.

Formell-informell Die Stadtforscherin Anke Hagemann charakterisiert das Informelle als einen unscharfen, schillernden Sammelbegriff. Er leitet sich vom lateinischen informis ab, das übersetzt unförmig, formlos, aber auch unschön, hässlich, garstig bedeuten kann. Verschiedene, oft schwer voneinander zu trennende strukturalistische, ästhetische und moralische Perspektiven tönen da mit. Das Informelle beinhaltet immer eine Negation, bezieht sich stets auf etwas, das es selbst nicht ist. Die informelle Stadt ist demnach nur in ihrem Verhältnis zur formalisierten, geordneten, konsolidierten Stadt verstehund analysierbar. Bei der formellen und der informellen Stadt handelt es sich allerdings keineswegs um parallele Welten, etwa eine produktive und eine parasitäre Sphäre oder eine normierte und eine ungezwungene Lebenswelt, sondern um ökonomisch und sozial vielfach miteinander verflochtene Strukturen (Becker 2003, S. 13). Der postmoderne Slum ist – wie schon sein viktorianischer Vorfahre – in ein übergeordnetes sozioökonomisches Gesamtsystem eingebettet, auf dessen innere Mechanismen und Widersprüche er bezogen bleibt. Die realen Lebensbedingungen in der informellen Stadt, die nicht selten von Kriminalität, Armut, Krankheit, Immobilienspekulation und Ausbeutung geprägt sind, dürfen dabei nicht ausgeblendet werden. Insbesondere auf den ersten Blick positive Maßnahmen der Aufwertung, der Formalisierung und der Legalisierung sollten jedoch immer auch in Hinblick auf inhärente repressive Agenden analysiert werden: Was wird gegen den Anschluss an das kommunale Wasser- und Stromnetz, gegen den formellen Status etc. eingetauscht? Und wer profitiert davon? Heute kann das Formelle nicht mehr vereinfachend mit einer Top-down-Planung, das Informelle nicht mit einer Raumproduktion Bottom-Up gleichgesetzt werden. Das Primat des

1 Rem Koolhaas hat im Rahmen des Forschungsprojekts Harvard Project on the City die nigerianische Metropole Lagos untersucht, die besonders stark von informellem Wachstum geprägt ist. Seine neo-organizistische Perspektive vernachlässigt dabei – wie KritikerInnen anmerkten – die drückende Armut, Gewalt und infrastrukturelle Defizite, die in den informellen Armenvierteln der afrikanischen Metropole den Alltag prägen. 2 Hernando de Soto ist ein peruanischer Ökonom, der mit seinen Arbeiten zur informellen Ökonomie bekannt wurde. De Soto betont die Bedeutung von Eigentumsrechten für wirtschaftliche Prosperität. Er hält die globalen SlumbewohnerInnen

Andre Krammer, Friedrich Hauer — Bidonvilles, Fischkistensiedlungen, Bretteldörfer

für TrägerInnen heute noch ungenutzten Reichtums. Zentral für De Soto ist mittelfristig die Schaffung von privaten Besitzrechten in Folge der zuerst informellen Landnahme. Er propagiert eine Revolution und eine Zukunft des Kapitalismus durch eine Marktwirtschaft von unten – der Favela-BewohnerInnen von heute als KapitalistInnen von morgen. 3 Siehe: Saunders’ (2013) Buch kann teilweise als Gegenthese zu Mike Davis Planet der Slums gelesen werden. Auch hier werden mit Slums, die Saunders Ankunftsstädte nennt, wirtschaftliche Potenziale für die Zukunft verknüpft. Die Ankunftsstadt ist in dieser Sichtweise eine notwendige Übergangszone für jene, die vom Land in die Stadt strömen.

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Ökonomischen, das die unternehmerische Stadt4 (Harvey 1989, S. 3-17) der Gegenwart prägt, hat längst zu einer Erosion hoheitlicher Zugriffsmöglichkeiten auf die Raumproduktion geführt. Stadtentwicklung ist heute bekanntlich oft nur die Summe von Einzelinteressen am Markt Konkurrierender. Auch die deregulierte unternehmerische Stadt basiert somit auf einer Form der Informalisierung, doch wird diese nicht von unten und für alle, sondern privatwirtschaftlich von oben und sehr selektiv vorangetrieben. Europäische Ursprünge Die räumliche Entwicklung der europäischen Stadt ist von spezifischen Ausgrenzungsmustern geprägt. Das moderne Armenviertel war nicht zuletzt eine zwangsläufige Begleiterscheinung der industriellen Revolution. Die Schlammviertel (Spiller 1911/2008) begleiten die moderne Großstadt gleichsam als ihr langer Modernisierungsschatten. Die Augen des Bürgertums nahmen sie häufig als gefährlichen Stadtdschungel wahr und sie riefen früh SozialreformerInnen5 auf den Plan. Die Armen galten als gefährliche, zu Kriminalität und Unmoral neigende Masse (Evans 1997, S. 99). Hier wurde eine Tradition mitbegründet, die in die Agenden der Moderne im 20. Jahrhundert eingehen und diese mitprägen sollte: Die Vorstellung einer kausalen Verknüpfung von Raumdisposition und sozialen Verhältnissen. Selbst der revolutionär gesinnte Flügel der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung hatte allerdings seine Probleme mit dem inhomogenen Subproletariat, setzte man doch allein auf die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt. So heißt es bereits bei Marx und Engels im Kommunistischen Manifest von 1848: »Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen.« (Marx, Engels 2007, S. 8) Eine eigenwillige Verkehrung dieses Standpunkts findet sich 160 Jahre später bei dem Philosophen Slavoj Žižek, der die global wachsende Menge an SlumbewohnerInnen und Überflüssigen leichthin zum neuen, zukünftigen revolutionären Subjekt erklärt (Žižek 2009, S. 256f.). Das bedrohliche Pendant dazu bilden Szenarien und Planspiele zur counter-insurgency aus Militärkreisen, die sich gegen die potenziell gefährlichen »Armeen der Armen« richten (Davis 2006, S. 214). In derartigen Zuspitzungen ist nicht zuletzt die Warnung enthalten, dass Worte und ideologische Zuschreibungen jederzeit – wie in der Vergangenheit allzu oft – in nackte Gewalt umschlagen können. Ein blinder Fleck? In der bis heute wirksamen Erzählung, in der die europäische Stadt des 19. Jahrhunderts posthum zur keimfreien Idealwelt bürgerlicher Urbanität verklärt wird, ebenso wie in der Geschichte der funktionalen Stadt der klassischen Moderne gelten die Bretteldörfer und Barackensiedlungen eher als Störgeräusche. Dabei ist es auffällig, dass gerade die informellen Armensiedlungen als Zerrbild und Vorläuferinnen des z.B. von der Bauhaus-Avantgarde propagierten industriellen Wohnbaus

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gesehen werden können. Es waren die Elenden und Marginalisierten, die sich lange vor dem fordistischen Nachkriegsboom aus industriell gefertigten Massenprodukten wie Kanistern (frz.: bidon) und Fischkisten, Kohlewägen, ausrangierten Eisenbahnwaggons oder den Chassis von alten Autobussen ihre Unterkünfte bauten. Auch der Topos der Siedlung selbst und die dort erprobte genossenschaftliche Organisation wurde zeitweise zu einem wichtigen, wenn auch ambivalenten Leitbild der architektonischen Moderne. Eine Aussage des sozialdemokratischen Wiener Ökonomen und Theoretikers Otto Neurath aus dem Jahr 1921 spricht das an: »Genossenschaftsleben hat zwei Verwandte: kleinbürgerliche Vereinsmeierei und Organisationstreiben breiter Massen. Es hängt von der geschichtlichen Lage ab, in welcher Richtung es sich entwickelt.« (Neurath, Arbeiter-Zeitung vom 20.11.1921, S. 7) Die Gegenwart des Informellen in Europa Die in den Nachkriegszeiten des 20. Jahrhunderts der Not entsprungenen ungeregelten Landnahmen, die nach wie vor oft informellen Siedlungen der Roma und Sinti (siehe dérive Nr. 64) sowie die bis heute existierenden französischen Bidonvilles (siehe den Artikel von Muriel Cohen & Marie-Claude Blanc-Chaléard auf S. 24) werden trotz ihrer Ausdehnung und Permanenz häufig immer noch als urbanistischer Nebenschauplatz gehandelt. Anders stellt sich die Situation – wie bereits angedeutet – im südeuropäischen Kontext dar. Als Beispiel bietet sich Italien an, das mit mehr als 20 Millionen ohne Rücksicht auf Baugesetze und Raumordnung errichteten Objekten so etwas wie das Kernland des informellen Bauens unter den Industrienationen ist (vgl. Dominik Straub, Der Standard vom 3.9.2017)6. In manchen südlichen Regionen wie Kalabrien, Kampanien oder Sizilien wird der Anteil der illegalen Bauführungen gegenwärtig auf etwa ein Drittel geschätzt (Maura Salerno, Edilizia e Territorio vom 3.12.2015)7, seit den 1980er Jahren gab es mehrere landesweite Generalamnestien für Bausünder. Auch wenn wir das komplexe Phänomen der italienischen case abusive hier nicht weiter thematisieren können, halten wir es für wichtig, auf den Fall hinzuweisen, weil es sich dabei seit Jahrzehnten um ein klassenübergreifendes Massenphänomen handelt. Durch die schiere Menge illegaler oder halblegaler Gebäude wird – falls existent – regelmäßig die Raumplanung unterlaufen, das

4 Harvey prägte in seinem Aufsatz den Begriff eines urban entrepreneurialism, der im deutschen Sprachraum in der Übersetzung unternehmerische Stadt Karriere machte. 5 Etwa Charles Booth, britischer Sozialforscher und Philanthrop, gemeinsam mit Henry Mayhew ein Pionier der Stadtforschung, erforschte die Londoner Arbeiterklasse Ende des 19. Jahrhunderts.

6 Siehe: derstandard. at/2000063485588/ItalienDas-Land-in-dem-alleBausuenden-vergeben-werden. 7 Siehe: www.ediliziaeterritorio. ilsole24ore.com/art/ citta-e-urbanistica/ 2015-12-02/istat-italiapatria-abusivismo-sudillegali-quasi-60fabbricati-100--162429.php?uuid=ACk5wclB&refresh_ce=1

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Konzept der formellen Stadt relativiert und letztlich der bürgerliche Rechtsstaat in Frage gestellt. Da es sich nur in kleinen Teilen um Elendsurbanisierung handelt und es zudem regelmäßig um die Zersiedlung ökologisch sensibler und oft geschützter Gebiete und verbreitet um Immobilienspekulation geht (Biffi 2014)8, erweist sich einmal mehr: Informell und Bottom-up sind weder gleichzusetzen noch a priori positive oder emanzipatorische Kategorien. Dubravka Sekulić zeichnet in ihrem Artikel für diesen Schwerpunkt die Entwicklung illegaler Landnahme und Bautätigkeit an der Belgrader Peripherie nach. Im damaligen Jugoslawien setzten die wilden SiedlerInnen der sozialistischen Logik gemeinschaftlichen Eigentums und kommunaler Wohnraumversorgung – die in der ökonomischen Krise der 1970er und 80er Jahre nicht mehr Wohnraum für alle bereitstellen konnte – Eigeninitiative und die Logik einer privaten Raumproduktion entgegen, die auch als Vorläufer der späteren, marktförmigen Entwicklung angesehen werden kann. In Mittel- und Nordeuropa stellt sich die europäische Stadt für ZuwanderInnen längst als eine Ankunftsstadt, eine weitere globale arrival city dar (Saunders 2013). Dort sind sie – meist in peripheren Zonen –, um ihr Überleben sichern zu können, weitgehend auf informelle räumliche und soziale Praktiken angewiesen. Informelle und halb-formelle Flüchtlingslager, wie sie sich etwa in Frankreich herausgebildet haben – bezeichnenderweise wurde das bekannteste von ihnen in post-viktorianischer Manier Calais Jungle benannt –, verweisen zudem auf die ungebrochene Aktualität des Themas. Zunehmend repressive Migrationsregime und Phantasmagorien einer räumlichen Ausgrenzung gigantischen Ausmaßes, wie sie sich im hermetischen Bild der Festung Europa manifestieren, können daran wenig ändern. Informelle Stadtproduktion hat in der Vergangenheit entscheidend dazu beigetragen, Krisen- und Modernisierungsschübe zu bewältigen. Wie die Rezeption in neueren Arbeiten zu umkämpftem Grün und urban commons zeigt, besitzen die semi-subsistenten Modelle kollektiver Selbsthilfe in Wien nach 1918 noch immer eine gewisse Strahlkraft (Kumnig et al. 2017; Baldauf et al. 2016). Auch unser Beitrag für diesen Schwerpunkt zeigt: Das rote und das wilde Wien waren zwei Systeme, die nicht nur in der Zwischenkriegszeit ökonomisch und stadträumlich aufeinander bezogen waren. Die wilden Siedlungen in der Übergangszone zwischen Stadt und Land waren ein der Not entsprungenes Laboratorium einer neuartigen bukolischen Urbanität, die noch zu erforschen wäre. Auch die gegenwärtige, zunehmend globalisierte Recht-auf-Stadt-Bewegung kann von historischen Formen einer Stadt von unten etwas lernen und so die eigene Positionierung in der Geschichte sozial-räumlicher Selbstermächtigung und Emanzipation genauer verorten.9

8 Siehe: www.legambiente.it/ sites/default/files/docs/ abusivismo_litalia_frana_ il_parlamento_condona_dossierfile.pdf

9 Siehe auch: dérive Nr. 60 Henri Lefebvre und das Recht auf Stadt; dérive Nr. 61 Perspektiven eines kooperativen Urbanismus; dérive 49 Stadt selber machen bzw. Festival urbanize. 2015: Do it together, etc.

Andre Krammer und Friedrich Hauer sind Stadtforscher in Wien. Das Symposium Bretteldorf revisited (5.-6. 10. 2018 im AZW in Wien) widmet sich der Frage der informellen Raumproduktion in Wien und darüber hinaus. Die Arbeit an diesem Schwerpunktheft ist Teil des Projekts Bretteldorf revisited (Hauer, Hollaus, Krammer). Dieses wurde vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich und der Kulturabteilung der Stadt Wien (im Rahmen der Projektausschreibung 100 Jahre Republik in Österreich gefördert. Die Verfasser danken Bettina Büttner-Krammer, Judith Leitner und Anna Eberle.

Literatur Altvater, Elmar (2005): Globalisierung und die Informalisierung des urbanen Raums. In: Brillembourg et al, S. 306-309. Baldauf, Anette; Gruber, Stefan; Hille, Moira; Krauss, Annette; Miller, Vladimir; Verlić, Mara; Wang, Hong-Kai & Wieger, Julia (2016): Spaces of Commoning. Artistic Research and the Utopia of the Everyday. Berlin, New York: Sternberg Press. Becker, Jochen; Burbaum, Claudia; Kaltwasser, Martin; Köbberling, Fölke; Lanz, Stephan & Reichard, Katja (2003): Learning from. Städte von Welt, Phantasmen der Zivilgesellschaft, informelle Organisation. Berlin: NGBK. Blum, Elisabeth & Neitzke Peter (Hrsg.) (2014): FavelaMetropolis. Berichte und Projekte aus Rio de Janeiro und Sao Paulo. Basel: Birkhäuser Verlag. Davis, Mike (2011): Planet der Slums. Berlin, Hamburg: Assoziation A Verlag. Brillembourg, Alfredo & Feireiss, Kirstin & Hubert Klumpner (2005): Informal City. Caracas Case. München: Prestel Verlag. Evans, Robin (1996): Translation form drawing to building. London: AA Documents. Hagemann, Anke (2012): Der Mainstream des Informellen: Urbanistische Forschung zwischen Romantisierung und städtischer Realität. In: Krasny, Elke (Hrsg.) (2012): Hands-on Urbanism 1850–2012. Vom Recht auf Grün. Wien, Berlin: Turia + Kant. Harvey, David (1989): From managerialism to entrepreneurialism: the transformation of urban governance. In: Geografiska Annaler. Series B, Human Geography, Vol. 71, No.1, The Roots of Geographical Change: 1973 to the Present. (1989), S. 3-17. Kumnig, Sarah; Rosol, Marit & Exner, Andreas (2017): Umkämpftes Grün. Bielefeld: Transcript Verlag. Krasny, Elke (Hrsg.) (2012): Hands-on Urbanism 1850–2012. Vom Recht auf Grün. Wien, Berlin: Turia + Kant. Marx, Karl & Engels, Friedrich (1848/2005): Manifest der Kommunistischen Partei. www.vulture-bookz.de Sassen, Saskia (2005): Fragmentierte urbane Topographien und die ihnen zugrunde liegenden gegenseitigen Verbindungen. In: Brillembourg et al, S. 315-323. Saunders, Doug (2013): Arrival City. Die neue Völkerwanderung. München: Pantheon Verlag. Spiller (1911/2008): Slums. Erlebnisse in den Schlammvierteln moderner Großstädte. Wien: Czernin Verlag. Žižek, Slavoj (2009): Auf verlorenem Posten. Berlin: Insel Verlag. Zwoch, Felix (2005): Fünf Versionen des In/Formellen. In: Brillembourg et al, S. 304-306.

Andre Krammer widmet seine Beiträge in diesem Heft seinem jüngst verstorbenen Vater Reinhard Krammer (1949-2017), Historiker und Geschichtsdidaktiker an der Universität Salzburg.

Andre Krammer, Friedrich Hauer — Bidonvilles, Fischkistensiedlungen, Bretteldörfer

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FRIEDRICH HAUER, ANDRE KRAMMER

WIEN

Rückblick auf ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung

Die wilde Siedlung Bretteldorf – Ansicht in Richtung Bruckhaufen, um 1935; (c) ÖNB/Wien 505.474-B

Auch wenn sie heute weitgehend vergessen sind: Das wilde Siedeln und andere Formen informeller Raumproduktion sind wichtige Stränge der Wiener Stadtbau- und Sozialgeschichte. Sie prägen die Siedlungsstrukturen bis heute.

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dérive No 71 — BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER. Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa

Siedlerbewegung, Rotes Wien, Stadtentwicklung, Selbstorganisation, Bodenpolitik, Subsistenzwirtschaft, Wohnungsnot, Privatisierung, Legalisierung

Das WILDE


ANDRE KRAMMER, FRIEDRICH HAUER

Selbsthilfesiedlung, Versorgungskrise, Transdanubien, Siedlerbewegung, Sozialdemokratie, Wien, Disziplinierung, Widerstand

Besuchen Sie BRETTELDORF!

Exkurs

In Wien wurden Behelfs- oder Elendssiedlungen umgangssprachlich Bretteldörfer genannt. Stadtweite Bekanntheit erlangte das Bretteldorf in den Donauauen. Bereits vor 1900 siedelten sich dort die ersten Familien an, meist Banl- und Koksstierer (Knochen- und Kokssammler), die auf der nahen städtischen Mülldeponie nach verwertbarem Material suchten.1 Als Gründer der Siedlung galt allerdings ein Straßenbahner, Martin Weiss. Armut, Versorgungskrise und der Leidensdruck in überbelegten Mietskasernen – Resultat der marktgesteuerten Wohnversorgung in der Gründerzeit – (Zimmerl 2002, S. 66) führten dazu, dass es schon während des Ersten Weltkriegs für viele WienerInnen keine Alternative zur Selbsthilfesiedlung gab. Wie in anderen peripheren Gebieten entstanden auch zwischen regulierter und alter Donau auf gerodeten Flächen im Auwald informelle Siedlungen – das Bretteldorf und der benachbarte Bruckhaufen.2

Der Postkartengruß aus Bretteldorf zeugt vom Willen der Siedler, Teil der allgemein anerkannten Stadtlandschaft zu werden und zu bleiben. Dieses Bestreben war keineswegs Selbstzweck, sondern motiviert durch einen jahrzehntelangen Kampf gegen die Räumung Quelle: Felix Breisbach Medienwerkstatt.

1 Einerseits bildete das Material der Deponie eine Lebensgrundlage, andererseits bedrohte ihre Ausweitung die Existenz der sich ausbildenden Siedlungsstrukturen.

2 Die meisten SiedlerInnen verfügten in den 1920er Jahren für ihre Grundstücke über Pachtverträge mit dem Stift Klosterneuburg, Grundeigentümer weiter Teile des Augebiets, aber weder über eine entsprechende Widmung noch über Baugenehmigungen für ihre Hütten und Häuser.

Andre Krammer, Friedrich Hauer — Besuchen Sie BRETTELDORF!

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FRIEDRICH HAUER, ANDRE KRAMMER

Wo die ABRISSBIRNE wartet

Interview mit Melanie Hollaus über die Innsbrucker Bocksiedlung

Dokumentarfilm, Innsbruck, Wohnungsnot, Barackensiedlung, Ausgrenzung, Subkultur, gegenseitige Hilfe

Die Reste der Bocksiedlung, um 1970; (c) Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

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dérive No 71 — BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER. Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa


MURIEL COHEN, MARIE-CLAUDE BLANC-CHALÉARD

SCHWELLEN zur STADT Die Bidonvilles im Frankreich des 20. und 21. Jahrhunderts.

Bidonvilles, Arbeitsmigration, Wohnungsnot, Repression, Assimilation, Selbstorganisation, Banlieus

Bidonville La Courneuve nördlich von Paris, 1967 Foto: Claude Dityvon (1937-2008)

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dérive No 71 — BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER. Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa


DUBRAVK A SEKULIĆ

The ambiguities of informality The extra-legal production of space in Belgrade during socialism and after

extra-legal construction, Yugoslavia, social property, urbanization, housing shortage, Gastarbeiter

Kalud–erica, Belgrade’s largest and fastest growing extra-legal settlement Photo by Luka Knežević-Strika, 2012

In order to understand informality in the context of Belgrade, it is necessary to focus on the relations between laws, the property regime and housing provision, and how these changed in the shift from socialism to capitalism.

Dubravka Sekulic´ — The ambiguities of informality

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ANKE SCHULZ

Die Bude haben WIR gebaut, mein MANN und ICH Fischkistensiedlungen in Hamburg zwischen Obdachlosenselbsthilfe und kommunalem Wohnungsbau

Wohnungsnot, Selbsthilfe, Kleingartenkolonien, Zwangsräumungen, Hamburg, informelle Siedlungen, Upcycling, Subsistenzwirtschaft

Der Großvater der Autorin (Bildmitte, stehend mit Teddybär) zusammen mit Freund und Schwester vor dem Vorbau des Straßenbahnwagens; (c) Archiv Anke Schulz

Anke Schulz — Die Bude haben WIR gebaut, mein MANN und ICH

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ERNST GRUBER

Stadt entwickeln lassen, auf Slowakisch

Nova Cvernovka, ein seit Jahrzehnten leerstehendes ehemaliges Schulgebäude, wird zu einem selbstorganisierten Gewerbehaus der Kreativwirtschaft Foto (c) Ernst Gruber

Nur knapp eine Zugstunde trennt Wien von Bratislava. Bis 2050 würden die beiden Städte zusammenwachsen, wurde 2012 in einer Diskussion mit dem Titel Stadtentwicklung bei den Nachbarn zur Vorbereitung des aktuellen Wiener Stadtentwicklungsplanes prognostiziert. Keine anderen zwei europäischen Hauptstädte liegen schließlich näher, zumindest geografisch. Sechs Jahre später haben wir uns von derartigen Grenzüberschreitungen weiter entfernt als ihnen näher gekommen zu sein. Mehr denn je erscheint daher die Frage lohnend, was die beiden Städte voneinander lernen können. Abseits der renditegetriebenen Stadtentwicklung trifft man in der slowakischen Hauptstadt auf Denkanstöße, die man hierorts in ihrer Radikalität nicht kennt. Willkommen in Bratislava. Ernst Gruber — Alte Mauern, junge Kollektive

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Bratislava, Zwischennutzung, Kreativwirtschaft, Instandsetzung, Selbstverwaltung, Baukultur

Alte Mauern junge Kollektive


Besprechungen Ein einzigartiges Wohnlabor Robert Temel

Viele Projekte der Zürcher Wohngenossenschaften aus der jüngsten Vergangenheit sorgen weit über die Schweiz hinaus für Furore: sie bieten Lösungsansätze für aktuelle Fragen der städtischen Entwicklung, die sich in ganz Europa stellen; sie unterstützen soziale Vielfalt; sie verknüpfen Wohnen mit anderen urbanen Funktionen auf neuartige Weise; sie sind groß genug, um auf die umgebende Stadt auszustrahlen; sie experimentieren mit innovativen Programmen; und sie sind architektonisch herausragend. Einen Eindruck von der Entwicklung, die dazu geführt hat, und von aktuellen Rahmenbedingungen und Ausformungen bietet der Band Wohngenossenschaften in Zürich. Gartenstädte und neue Nachbarschaften, der neben einer Reihe von Aufsätzen zum Thema über 50 Projekte detailliert darstellt, die seit 2000 entstanden sind. Wie es der Untertitel formuliert, begann die Geschichte der Zürcher Genossenschaften vor über hundert Jahren mit dem Ideal der Gartenstadt, während heute die Frage der Urbanität neu gestellt wird. Das Thema Gartenstadt ist nach wie vor aktuell, da aufgrund der großen Nachfrage nach Wohnraum in Zürich Abriss und verdichteter Neubau von Siedlungen eine der wenigen Möglichkeiten sind, neuen Wohnraum zu schaffen – die sogenannten Ersatzneubauten. Dabei geht es heute um neue städtebauliche Leitbilder für die Revision der Gartenstadt.

Das Zürcher Genossenschaftsmodell ist, etwa im Gegensatz zum Wiener Wohnbau, kein staatliches Programm, sondern basiert auf Selbstorganisation, allerdings mit Unterstützung der Stadt Zürich, die die gemeinnützigen Wohngenossenschaften als Partner für wohnungspolitische Ziele in Ergänzung zum kommunalen Wohnbau sieht. So wurde bei einem Volksentscheid 2011 festgelegt, dass der genossenschaftliche Wohnungsanteil in Zürich von einem Viertel auf ein Drittel gesteigert werden muss. Zürich bietet den Genossenschaften Bauland im (Erb-)Baurecht, vergibt günstige Darlehen an sie, bietet einzigartige Rahmenbedingungen (sie können mit 6% Eigenmitteln finanzieren) und subventioniert einzelne Wohnungen, die besonders preiswert vermietet werden. Die Genossenschaften müssen im Gegenzug (für Projekte auf städtischem Boden) Architekturwettbewerbe durchführen, Kostenmieten anbieten und hohe Energiestandards erfüllen – und sie geben sich selbst Belegungsvorschriften, d.h. in einer Wohnung darf die Zimmerzahl die Personenzahl nur um 1 überschreiten. Wenn das nicht mehr erfüllt ist, muss umgezogen werden. Heute gibt es in Zürich über 120 Wohngenossenschaften, die etwa 40.000 Wohnungen besitzen. Die vielen alten Genossenschaften, gegründet zwischen 1910 und 1970, beschränkten sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts auf die Pflege des Bestands und täten das vielleicht heute noch, wenn nicht Zürich in den 1980er Jahren zum Schauplatz von Jugendrevolten und Hausbesetzungen geworden wäre. Im Zuge dieser politischen Auseinandersetzungen entstanden Ideen für eine neue Kultur des Lebens in der Stadt, bekanntester Ausdruck dessen ist das Konzept der bolos von P. M., das die Utopie eines Netzwerks autarker, nicht-hierarchischer Kommunen beschreibt. Aus diesen Vorstellungen eines ganzheitlichen Wohnens und Arbeitens entstanden erstmals neue Genossenschaften als rechtliche Hülle für urbane Sanierungsprojekte: die Gruppen Karthago, organisiert als Großhaushalt, und Dreieck mit 60 Wohnungen und 30 Gewerbeeinheiten. Seit Ende der 1990er Jahre, als sich die

Besprechungen

politischen Verhältnisse in Zürich wandelten und die Stadt wieder zu wachsen begann, entstanden aus diesem Umfeld die auf Neubau orientierten Genossenschaften Kraftwerk1, Kalkbreite und mehr als wohnen!, die schließlich den Großteil jener Projekte realisierten, die heute international wahrgenommen werden. So sind etliche der ehemaligen HausbesetzerInnen heute Vorstände von Genossenschaften. Aus dieser Entwicklung leiten sich wichtige Charakteristika der heutigen Projekte ab. Die wohntypologischen Innovationen der Gegenwart sind eine Fortsetzung der Wohnideen aus den 1980er Jahren, ebenso wie die Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten und der integrative, auf Vielfalt bedachte Ansatz der Projekte. Die komplexen und differenzierten Programme werden nach dem Modell der so genannten generischen Partizipation entwickelt. Das heißt, dass sich größere Gruppen von Menschen an der Entwicklung beteiligen, die sich als verantwortliche StadtbürgerInnen sehen, statt dass bloß die zukünftigen BewohnerInnen selbst ihren eigenen Lebensraum entwerfen. So bleiben die Konzepte mit dem sozialen Umfeld verknüpft und durch die Vielfalt der Einflüsse steigt die Chance für innovative Ansätze. Der Band präsentiert im Hauptteil, nach Darstellungen zur Geschichte des Zürcher Genossenschaftswesens, seiner Bedeutung für die Stadt und der Kooperation zwischen Stadt und Genossenschaften, zunächst mehr als 40 genossenschaftliche Projekte, geordnet nach städtebaulichen Kriterien, von der Verdichtung der Gartenstadt über Großformen bis zu Block- und Straßenbildung. Jedes Projekt bekommt ausreichend Platz mit Plänen, Fotos und beschreibenden Texten. Dann leiten zwei Artikel als Intermezzo zu Wohntypologien und zur Geschichte der neuen Genossenschaften über zu den bekannten, besonders innovativen Projekten der jungen Genossenschaften, die somit als Kulminationspunkt einer hundertjährigen Geschichte gezeigt werden. Sie verfolgen dabei neue Ziele, die sie von historischen Genossenschaftsbauten ebenso wie vom Standard heutiger Genossenschaftsprojekte unterscheiden:

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mit zwei Beispielen aus Wien (Que[e]rbau und VinziRast-Mittendrin) sowie dem derzeit unvermeidlichen mehr als wohnen! aus Zürich. Der Fokus auf den Prozess der Inklusion ermöglicht das Entdecken neuer Facetten an auch bereits breit publizierten Projekten. So erfährt man, dass bei mehr als wohnen! in zwei Jahren mehr als 30 Quartiersgruppen aus einer Bewohnerschaft aktiv geworden sind, die mehrheitlich keinen Hintergrund in alternativen Wohnprojekten hat. Möglich wurde dies auch durch eine finanzielle Unterstützung der Genossenschaft. Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Art der Wohnungsvergabe. Kriterien wie der Bezug zum Quartier oder die Bereitschaft, auf ein Auto zu verzichten, spielen eine wichtige Rolle. Ansätze also, die in Wien sowohl seitens der Politik als auch von BürgerInnen kritisiert werden. Andere Projekte geben eine Durchmischung nach einem bestimmten Schlüssel vor, der Alter, Herkunft oder Behinderung der BewohnerInnen berücksichtigt und auch bei der Neubelegung ausschlaggebend ist. Projekte wie das Refugio in Berlin

gehen so weit, überhaupt nur kurzfristige Mietverträge anzubieten, um ein Sharehouse einer multikulturellen Hausgemeinschaft als Willkommensort umzusetzen. Der Anteil von Menschen mit und ohne Fluchterfahrung hält sich hier die Waage. Mehr als über öffentliche Fördermittel tragen sich die meisten der vorgestellten Projekte selbst, nutzen aber günstige Grundstückskonditionen und ermöglichen Wohnkostentransfers über interne solidarische Finanzierungen. Der Ausblick der »visionären Strategien« zeigt, dass die Projekte nicht nur größer als noch vor einigen Jahren werden und sich immer mehr auch auf kleine Nachbarschaften beziehen, sie versuchen zusätzlich, sich projektübergreifend besser zu organisieren und zu strukturieren. Das Mietshäusersyndikat International oder der Sprung des Community Land Trusts über den Ärmelkanal nach Brüssel sind bemerkenswerte Grenzüberschreitungen. Das Modell der Community Land Trusts in England schafft und sichert in hoher Zahl leistbaren Wohnraum (siehe dazu

Engelsman et al in dérive 64). Allein 2016 wurde so fast die Hälfte der benötigten Viertelmillion an englischen Sozialwohnungen geschaffen. In zentralen Lagen in London bis zu ehemaligen Abbruchvierteln wie in den Liverpooler Granby4Streets lassen sich so kleinteilige Erneuerungen schrittweise umsetzen, die sich auch mit gewerblichen Nutzungen kombinieren lassen. — id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit, Michael LaFond und Larisa Tsvetkova (Hg.) CoHousing Inclusive. Selbstorganisiertes, gemeinschaftliches Wohnen für alle Berlin: Jovis, 2017 deutsch/englisch, 240 Seiten, 29,80 Euro

Eine Rezension der Bücher Hollaus, Melanie & Schleich Heidi (2017): Bocksiedlung – Ein Stück Innsbruck und Wildschut, Henk (2017): Ville de Calais mit dem Titel Von Innsbruck nach Calais befindet sich auf www.derive.at.

Bor󰈇󰈇 󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉󰉉 Die Baugruppe Bikes and Rails errichtet das 1. Neubauprojekt im habiTAT, dem Mietshäuser-Syndikat in Österreich. Am Wiener Hauptbahnhof entsteht ein Passivhaus mit 18 Mietwohnungen, Flüchtlinge-Willkommen-WG, Gemeinschafts-Dachterrasse, Veranstaltungsraum, Radwerkstatt, Proberaum und Grätzel-Cafe. Das Haus wird der Verwertung am Immobilienmarkt entzogen und sichert für immer selbstbestimmten und bezahlbaren Wohn-, Arbeits- und Kulturraum im Herzen der Stadt. Dafür brauchen wir Deine Hilfe! Mit einem privaten Direktkredit unterstützt Du uns bei der Schaffung von solidarischen und bezahlbaren Räumen für viele Generationen. Interesse Dein Geld sozial, lokal und transparent in unser Haus einzulegen? Infopaket anfordern unter www.bikesandrails.org.

Bik󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩󰈩 * Öko󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗󰈗 * Sol󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎󰈎 * Un󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏󰉏 *

Besprechungen

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BACKISSUES

dérive Nr. 1 (01/2000) Schwerpunkte: Gürtelsanierung: Sicherheitsdiskurs, Konzept – und Umsetzungskritik, Transparenzbegriff; Institutionalisierter Rassismus am Beispiel der »Operation Spring« dérive Nr. 2 (02/2000) Schwerpunkte: Wohnsituation von MigrantInnen und Kritik des Integrationsbegriffes; Reclaim the Streets/ Politik und Straße dérive Nr. 3 (01/2001) (vergriffen) Schwerpunkt: Spektaktelgesellschaft dérive Nr. 4 (02/2001) Schwerpunkte: Gentrifi cation, Stadtökologie dérive Nr. 5 (03/2001) Sampler: Salzburger Speckgürtel, Museumsquartier, räumen und gendern, Kulturwissenschaften und Stadtforschung, Virtual Landscapes, Petrzalka, Juden/Jüdinnen in Bratislava dérive Nr. 6 (04/2001) Schwerpunkt: Argument Kultur dérive Nr. 7 (01/2002) Sampler: Ökonomie der Aufmerksamkeit, Plattenbauten, Feministische Stadtplanung, Manchester, Augarten/Hakoah dérive Nr. 8 (02/2002) Sampler: Trznica Arizona, Dresden, Ottakring, Tokio, Antwerpen, Graffi ti dérive Nr. 9 (03/2002) Schwerpunkt in Kooperation mit dem Tanzquartier Wien: Wien umgehen dérive Nr. 10 (04/2002) (vergriffen) Schwerpunkt: Produkt Wohnen dérive Nr. 11 (01/2003) Schwerpunkt: Adressierung dérive Nr. 12 (02/2003) Schwerpunkt: Angst dérive Nr. 13 (03/2003) Sampler: Nikepark, Mumbai, Radfahren, Belfast dérive Nr. 14 (04/2003) (vergriffen) Schwerpunkt: Temporäre Nutzungen dérive Nr. 15 (01/2004) Schwerpunkt: Frauenöffentlichkeiten dérive Nr. 16 (02/2004) Sampler: Frankfurt am Arsch, Ghetto Realness, Hier entsteht, (Un)Sicherheit, Reverse Imagineering, Ein Ort des Gegen dérive Nr. 17 (03/2004) Schwerpunkt: Stadterneuerung dérive Nr. 18 (01/2005) Sampler: Elektronische Stadt, Erdgeschoßzonen, Kathmandu, Architektur in Bratislava dérive Nr. 19 (02/2005) Schwerpunkt: Wiederaufbau des Wiederaufbaus

Bestellungen via Bestellformular auf www.derive.at oder an bestellung(at)derive.at. Alle Inhaltsverzeichnisse und zahlreiche Texte sind auf der dérive-Website nachzulesen.

dérive Nr. 20 (03/2005) Schwerpunkt: Candidates and Hosts dérive Nr. 21/22 (01-02/2006) Schwerpunkt: Urbane Räume – öffentliche Kunst dérive Nr. 23 (03/2006) (vergriffen) Schwerpunkt: Visuelle Identität dérive Nr. 24 (04/2006) Schwerpunkt: Sicherheit: Ideologie und Ware dérive Nr. 25 (05/2006) (vergriffen) Schwerpunkt: Stadt mobil dérive Nr. 26 (01/2007) Sampler: Stadtaußenpolitik, Sofi a, Frank Lloyd Wright, Banlieus, Kreative Milieus, Refl exionen der phantastischen Stadt, Spatial Practices as a Blueprint for Human Rights Violations dérive Nr. 27 (02/2007) Schwerpunkt: Stadt hören dérive Nr. 28 (03/2007) Sampler: Total Living Industry Tokyo, Neoliberale Technokratie und Stadtpolitik, Planung in der Stadtlandschaft, Entzivilisierung und Dämonisierung, Stadt-Beschreibung, Die Unversöhnten dérive Nr. 29 (04/2007) Schwerpunkt: Transformation der Produktion dérive Nr. 30 (01/2008) (vergriffen) Schwerpunkt: Cinematic Cities – Stadt im Film dérive Nr. 31 (02/2008) (vergriffen) Schwerpunkt: Gouvernementalität dérive Nr. 32 (03/2008) Schwerpunkt: Die Stadt als Stadion dérive Nr. 33 (04/2008) Sampler: Quito, Identität und Kultur des Neuen Kapitalismus, Pavillonprojekte, Hochschullehre, Altern, Pliensauvorstadt, Istanbul, privater Städtebau, Keller, James Ballard dérive Nr. 34 (01/2009) Schwerpunkt: Arbeit Leben dérive Nr. 35 (02/2009) Schwerpunkt: Stadt und Comic dérive Nr. 36 (03/2009) Schwerpunkt: Aufwertung dérive Nr. 37 (04/2009) (vergriffen) Schwerpunkt: Urbanität durch Migration dérive Nr. 38 (01/2010) Schwerpunkt: Rekonstruktion und Dekonstruktion dérive Nr. 39 (02/2010) (vergriffen) Schwerpunkt: Kunst und urbane Entwicklung dérive Nr. 40/41 (03+04/2010) Schwerpunkt: Understanding Stadtforschung dérive Nr. 42 (01/2011) Sampler dérive Nr. 43 (02/2011) Sampler dérive Nr. 44 (03/2011) (vergriffen) Schwerpunkt: Urban Nightscapes

dérive Nr. 45 (04/2011) Schwerpunkt: Urbane Vergnügungen dérive Nr. 46 (01/2012) (vergriffen) Das Modell Wiener Wohnbau dérive Nr. 47 (02/2012) Ex-Zentrische Normalität: Zwischenstädtische Lebensräume dérive Nr. 48 (03/2012) Stadt Klima Wandel dérive Nr. 49 (04/2012) Stadt selber machen dérive Nr. 50 (01/2013) (vergriffen) Schwerpunkt Straße dérive Nr. 51 (02/2013) Schwerpunkt: Verstädterung der Arten dérive Nr. 52 (03/2013) Sampler (vergriffen) dérive Nr. 53 (04/2013) Citopia Now dérive Nr. 54 (01/2014) Public Spaces. Resilience & Rhythm dérive Nr. 55 (02/2014) Scarcity: Austerity Urbanism dérive Nr. 56 (03/2014) (vergriffen) Smart Cities dérive Nr. 57 (04/2014) Safe City dérive Nr. 58 (01/2015) (vergriffen) Urbanes Labor Ruhr dérive Nr. 59 (02/2015) Sampler (vergriffen) dérive Nr. 60 (03/2015) Schwerpunkt: Henri Levebvre und das Recht aus Stadt dérive Nr. 61 (04/2015) (vergriffen) Perspektiven eines kooperativen Urbanismus dérive Nr. 62 (01/2016) Sampler dérive Nr. 63 (02/2016) Korridore der Mobilität dérive Nr. 64 (03/2016) Ausgrenzung, Stigmatisierung, Exotisierung dérive Nr. 65 (04/2016) housing the many Stadt der Vielen dérive Nr. 66 (01/2017) Judentum und Urbanität dérive Nr. 67 (02/2017) Nahrungsraum Stadt dérive Nr. 68 (03/2017) Sampler dérive Nr. 69 (04/2017) Demokratie dérive Nr. 70 (01/2018) Detroit


Impressum ABONNEMENT

dérive – Zeitschrift für Stadtforschung Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: dérive – Verein für Stadtforschung Mayergasse 5/12, 1020 Wien Vorstand: Christoph Laimer, Elke Rauth ISSN 1608-8131 Offenlegung nach § 25 Mediengesetz Zweck des Vereines ist die Ermöglichung und Durchführung von Forschungen und wissenschaftlichen Tätigkeiten zu den Themen Stadt und Urbanität und allen damit zusammenhängenden Fragen. Besondere Berücksichtigung sollen dabei inter- und transdisziplinäre Ansätze finden. Grundlegende Richtung: dérive – Zeitschrift für Stadtforschung versteht sich als interdisziplinäre Plattform zum Thema Stadtforschung. Redaktion Mayergasse 5/12, 1020 Wien Tel.: +43 (01) 946 35 21 E-Mail: mail@derive.at www.derive.at www.urbanize.at, www.facebook.com/derivemagazin twitter.com/derivemagazin dérive – Radio für Stadtforschung Jeden 1. Dienstag im Monat von 17.30 bis 18 Uhr in Wien live auf ORANGE 94.0 oder als Webstream http://o94.at/live. Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235

Anzeigenleitung & Medienkooperationen: Helga Kusolitsch, anzeigen@derive.at Website: Christian Klettner, Artistic Bokeh, Simon Repp, Robert Wildling Grafische Konzeption & Gestaltung: Atelier Liska Wesle — Wien / Berlin Lithografie: Branko Bily Coverfoto: Henk Wildschut, Ville de Calais, Southern main road, 17.1.2016 Hersteller: Resch Druck, 1150 Wien Kontoverbindung Empfänger: dérive - Verein für Stadtforschung Bank: Hypo Oberösterreich IBAN AT53 54000 0000 0418749, BIC OBLAAT2L Abonnement Standard: 24 Euro (inkl. Versandspesen Inland) Ermäßigt: 20 Euro (inkl. Versandspesen Inland) Förder- und Institutionenabo: Euro 50 Ausland jeweils plus 8 Euro Versandspesen Abonnements laufen ein Jahr (vier Hefte). Bestellungen an: bestellung@derive.at oder per Bestellformular auf www.derive.at Wir danken für die Unterstützung: Bundeskanzleramt – Kunstsektion, MA 7 – Wissenschafts- und Forschungsförderung.

Chefredaktion: Christoph Laimer Schwerpunktredaktion: Friedrich Hauer, Andre Krammer Redaktion / Mitarbeit: Thomas Ballhausen, Andreas Fogarasi, Simon Garnett, Barbara Holub, Michael Klein, Andre Krammer, Silvester Kreil, Axel Laimer, Iris Meder, Erik Meinharter, Sabina Prudic-Hartl, Paul Rajakovics, Elke Rauth, Manfred Russo, Lilly-Marie Untner. AutorInnen, InterviewpartnerInnen und KünstlerInnen dieser Ausgabe: Johanna Betz, Marie-Claude Blanc-Chaléard, Muriel Cohen, Simon Garnett, Ernst Gruber, Friedrich Hauer, Melanie Hollaus, Andre Krammer, Silvester Kreil, Antje Lehn, Inge Manka, Anke Schulz, Dubravka Sekulić, Nicole Six und Paul Petritsch, Paul Rajakovics, Robert Temel.

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Mitgliedschaften, Netzwerke: Eurozine – Verein zur Vernetzung von Kulturmedien, IG Kultur, INURA – International Network for Urban Research and Action, Recht auf Stadt – Wien. Die Veröffentlichung von Artikeln aus dérive ist nur mit Genehmigung des Herausgebers gestattet.

dérive No 71 — BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER. Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa


No 71

Zeitschrift für Stadtforschung

dérive

dérive – Zeitschrift für Stadtforschung N o 71

dérive

BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER

»Es kann nicht verwundern, dass dem spontanen, aufsässigen Element der Bewegung rasch der Kampf angesagt und Grundsätze der bürgerlichen Gesellschaft wie das Privateigentum wieder durchgesetzt wurden.«

April — Juni 2018

Hauer & Krammer — Das wilde Wien, S. 09

BIDONVILLES & BRETTELDÖRFER Ein Jahrhundert informeller Stadtentwicklung in Europa

ISSN 1608-8131 8 euro

dérive

April — Juni 2018

Selbstorganisation, Disziplinierung, Wohnungsnot, Siedlerbewegung, Rotes Wien, Hamburg, Subsistenzwirtschaft, Belgrad, soziales Eigentum, Innsbruck, Calais Jungle, gegenseitige Hilfe, Bidonvilles, Arbeitsmigration, Upcycling, Bratislava


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