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Falten adé beim Zahnarzt? Ob Zahnmediziner auch ästhetische Behandlungen durchführen dürfen, erläutert Rechtsanwalt Stefan Engels
Mit der Frage, ob Faltenunterspritzungen auch unter den Begriff der Zahnheilkunde gemäß § 1 Absatz 3 Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde fallen, befasste sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem Beschluss vom 17.01.2014 (Az. 3 B 48/13). Geklagt hatte eine Zahnärztin gegen ihre zuständige Zahnärztekammer auf Feststellung, dass sie zur Durchführung von Faltenunterspritzungen sowie der Anwendung von Botulinumtoxin im Gesichts- und Halsbereich berechtigt ist. Um es kurz zu machen: die Feststellungsklage der Zahnärztin ist in allen Instanzen abgewiesen worden (VG Münster hatte zuvor mit Urteil vom 19.04.2011 - 7 K 338/ 09 die Klage abgewiesen, das OVG Nordrhein-Westfalen die Berufung).
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Das BVerwG führt in seiner Begründung aus, dass Faltenunterspritzungen nach dem Zweck des Eingriffs ausschließlich auf eine Behandlung der Gesichtshaut und der Haut des Halses gerichtet seien. Damit weisen sie nicht den originär von der Zahnmedizin geforderten Behandlungsbezug zum Bereich der Zähne, des Mundes oder der Kiefer (einschließlich der dazugehörigen Gewebe) auf.
Kenntnisse der Dermatologie Zwar sei für das Bestehen der zahnärztlichen Prüfung auch Wissen auf dem Gebiet der Dermatologie nachzuweisen. Verlangt werden jedoch nur solche Kenntnisse der Hautkrankheiten, die für die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit erforderlich sind (vgl. § 45 der Approbationsordnung für Zahnärzte). Vergleichbares gelte auch für Kenntnisse der Inneren Medizin oder der Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten (§§ 44, 46 Approbationsordnung). Etwas anderes folge schließlich auch nicht aus der EG-Richtlinie 2005/36 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Der Begriff der zahnärztlichen Tätigkeit nach Art. 36 der Richtlinie umfasse ersichtlich keine Verrichtungen, die nicht der Behandlung von Anomalien und Krankheiten der Zähne, des Mundes und der Kiefer dienten.
AUF EINEN BLICK I Zahnarztpraxen dürfen keine Faltenunterspritzungen anbieten.
I Faltenunterspritzungen richten sich laut Urteil des BVerwG „nach ihrem räumlichen Ansatz und dem Zweck des Eingriffs“ ausschließlich auf eine Behandlung der Gesichts- und Halshaut.
I Zahnärztliche Behandlung erstreckt sich laut Approbationsordnung allein auf die Bereiche Zähne, Mund und Kiefer – auch wenn Kenntnisse der Dermatologie nachzuweisen sind.
Seriöse Lösung für Zahnärzte, die dennoch Faltenunterspritzungen vornehmen möchten: Da der Hauptangriffspunkt auch von Abmahnungen in diesem Zusammenhang ein behaupteter Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz ist, können interessierte Zahnärztinnen und Zahnarzt einfach die große Heilpraktikerprüfung absolvieren.
Stefan Engels ist Rechtsanwalt in Mönchberg. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen
medical BEAUTY FORUM 3/2015
Foto: foto infot/Shutterstock.com
N
icht schlecht habe ich kürzlich gestaunt, als eine gutgehende Zahnarztpraxis aus meinem Landkreis ihr klassisches Angebotsspektrum nicht nur um dauerhafte Haarentfernung, sondern auch um Faltenunterspritzungen mit Botulinumtoxin Typ A und Hyaluronsäure erweiterte. Überrascht hat mich dabei weniger, dass offensichtlich auch Zahnärzte vom Ästhetik-Boom profitieren wollen, sondern vielmehr, dass dieses Angebot in einer Zahnarztpraxis vorgehalten wird. Nach meinem Verständnis behandelt ein Zahnmediziner doch in erster Linie Erkrankungen an den Zähnen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.