Ihr Recht in Corona-Zeiten: Zahltag – Rückforderung von Corona-Hilfen (Teil 4)

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Recht · Corona-Serie

Serie: Ihr Recht in Corona-Zeiten, Teil 4

Bedingt durch die Corona-Pandemie müssen sich Kosmetikinstitute an neue Gegebenheiten anpassen und sehr wahrscheinlich auch umorganisieren. In dieser neuen Serie setzen wir uns mit den veränderten Bedingungen auseinander. Hier stellt Rechtsanwalt Stefan Engels ein aktuelles Gerichtsurteil zu den Rückforderungsmöglichkeiten von Corona-Hilfen vor.

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onatelange Instituts- und Unternehmensschließungen aufgrund von Lockdowns bei fortlaufenden Betriebskosten sind Herausforderungen, denen die Bundesregierung unter anderem mit ihren Corona-Hilfen entgegentreten wollte. Doch die Auszahlung der Corona-Hilfen hatte kaum begonnen, da gab es auch schon die ersten Streitigkeiten über Rückforderungen bereits gewährter Hilfen.

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In der täglichen Praxis erreicht uns weiter die Meldung, dass insbesondere die Länder bei der Soforthilfe in den vergangenen Monaten zahlreiche Überprüfungen vorgenommen haben, teils nur stichprobenartig, zum Teil aber auch großflächig. Schauen wir uns zunächst einmal einen aktuellen Fall an. 1. Der Fall und das Urteil Mit Urteil vom 12. Januar 2021 (20 K 4706/20) hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage eines Solo-Selbstständigen (freischaffender Künstler) gegen die Zurücknahme eines Bewilligungsbescheides und die Rückforderung der Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro durch die Bezirksregierung Düsseldorf abgewiesen. Zur Urteilsbegründung hat die 20. Kammer des Gerichts laut

ihrer veröffentlichten Pressemitteilung näher ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses hätten bei Erlass des Bewilligungsbescheides nicht vorgelegen. Grundlage für die Bewilligung seien das „Corona Soforthilfeprogramm des Bundes” und die einschlägige Richtlinie „NRW-Soforthilfe 2020” gewesen. Hiernach erfolge die Soforthilfe, wenn Unternehmen aufgrund von Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht seien. Das bedeutet, dass diese sich nicht bereits vorher schon (hier: am 31.12.2019) in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben dürften. Dementsprechend müsse der jeweilige Antragsteller versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten sei. Eine solche Erklärung habe der SoloSelbstständige im vorliegenden Fall jedoch bei Antragstellung so abgegeben, obgleich er bereits zum Stichtag 31.12.2019 zahlungsunfähig gewesen sei. Denn er habe fällige Steuerverbindlichkeiten in sechsstelliger Höhe nicht beglichen und sei überdies auch nicht in der Lage, diese zu begleichen. Die Frage, ob er insoweit antragsberechtigt sei, hät-

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Zahltag – Rückforderung von Corona-Hilfen


Corona-Serie · Recht

te er durch eine einfache Nachfrage bei der zuständigen Bezirksregierung klären können. Er könne sich daher auch nicht darauf berufen, dass das Merkmal des „Unternehmens in Schwierigkeiten” für ihn bei Antragstellung nicht erkennbar gewesen sei!

schaftliche Existenz eines Unternehmens oder Solo-Selbstständigen bedroht. Merke: Selbiges gilt übrigens für die sogenannte Corona-Überbrückungshilfe. Auch bei dieser Unterstützungsmaßnahme handelt es sich um einen Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss.

2. Die Soforthilfe für Selbstständige muss nicht zurückgezahlt werden. Anders als bei einem Bankkredit handelt es sich bei Corona-Zuschüssen von Bund und Ländern um eine Transferleistung (sogenannte zweckgebundene Subvention), die grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden muss. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Corona-Soforthilfe regel- und rechtskonform beantragt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der Liquiditätsengpass ausschließlich aufgrund der Coronakrise eingetreten ist und die wirt-

3. Ausnahme: Rückzahlungsverpflichtung in folgenden Konstellationen Erfolgte die Bewilligung der CoronaSoforthilfe allerdings grundlos oder unter falschen Voraussetzungen, ist der Antragsteller zur (Teil-) Rückzahlung verpflichtet. In den meisten Bundesländern durfte etwa die Soforthilfe nur für Betriebskosten wie Miete, Stromkosten oder Leasingraten verwendet werden. Ein Klassiker in diesem Zusammenhang sind etwa die Angabe von Kosten, die keine Corona-Soforthilfe rechtfertigen, zum Beispiel Abschreibungen, Personalkosten oder der eigene Lebensunterhalt. Selbiges gilt auch für den Fall, dass noch Rücklagen vorhanden waren, auf die der Antragsteller hätte zurückgreifen können.

Auf einen Blick | Anders als ein Kredit müssen CoronaHilfen grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden.

| Aber: Zu viel erhaltene Corona-Hilfen (= Überkompensation) müssen in jedem Fall zurückgezahlt werden.

| Corona-Sofort- und Überbrückungshilfen dürfen nur zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses genutzt werden. Dieser muss im Zweifel nachgewiesen werden.

| Freiwillige Rückzahlungen sind formlos

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per Überweisung und unter Angabe von Bescheid-Nummer sowie Datum des Bescheids jederzeit möglich.

| Bei Rückforderung fallen möglicherweise Zinsen an.

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4. Sonderfall: Betriebsschließungsversicherung Wer durch eine sogenannte Betriebsschließungsversicherung abgesichert war, der geht nicht zwangsläufig leer aus: Bleibt trotz Versicherungsleistungen ein Liquiditätsengpass, dann darf dieser mit staatlichen Hilfen überbrückt werden. So entschied etwas das Landgericht München I in seinem Endurteil (12 O 5895/20) vom 1. Oktober 2020 zugunsten eines Gastwirts noch weitergehend: Dieser habe Anspruch auf die Leistungen seiner Betriebsschließungsversicherung,

ohne dass staatliche Corona-Hilfen darauf anspruchsmindernd angerechnet werden müssten (Randnummer: 115). 5. Fazit Wer also bereits vor Beginn der CoronaPandemie in ernsten Existenznöten war und sich dennoch mit einer Sofort- oder Überbrückungshilfe über Wasser gehalten hat, muss mit einer Rückzahlung rechnen. Ferner, wer absehen kann, dass die befürchteten Umsatzeinbußen doch nicht so stark ausfallen, wie bei der Antragstellung der Corona-Soforthilfe erwartet, sollte die Überkompensation freiwillig und zeitnah zurückzahlen. Kommt es gar zur Geschäftsaufgabe, entfällt anschließend der Anspruch auf die staatlichen Hilfen komplett! Fordern hingegen Bund oder Land das Geld zurück, können Zinsen anfallen. Zudem droht unter Umständen sogar juristischer Ärger wegen Subventionsbetrugs. Auf ein Behaltendürfen von sowohl Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung und dazu noch Liquiditätshilfen von Bund und Land würde ich außerhalb des Freistaates Bayern nicht unbedingt wetten wollen.

Nicht verpassen In Teil 5 stellen wir ein weiteres Urteil vor. Er folgt in einer der kommenden Ausgaben.

Stefan Engels, Rechtsanwalt in Mönchberg. Tätigkeitsschwerpunkte sind die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.

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