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Dossier:
Chill mal! De-Stress-Behandlungen und Detox im Institut ab Seite 44
DOSSIER
DE-STRESS UND DETOX IM INSTITUT
Vorsicht bei Werbung mit Detox
etox leitet sich ab von dem englischen Wort „Detoxification“, was in etwa „Entgiftung“ heißt. Detox-Produkte sollen dem Körper helfen, Schadstoffe wieder loszuwerden und dazu bei-
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tragen, die Organe zu reinigen und so das körperliche Wohlbefinden zu fördern. Doch welche Versprechungen zum Thema „Entgiftung und Entschlackung“ sind rechtlich erlaubt? Zur Vermeidung von irreführender
Werbung hat die europäische Gesetzgebung vor einigen Jahren die sogenannte Health-Claim-Verordnung (HCVO) beschlossen. Die HCVO (EG) Nr. 1924/2006 verbietet es, mit gesundheits- oder nährwertbezogenen
Foto: LightField Studios/Shutterstock.com
GESUNDHEITSBEZOGENE WERBUNG – Die Nachfrage nach Produkten oder Anwendungen, die dem Körper helfen sollen, Schadstoffe abzubauen bzw. auszuscheiden, ist ungebremst. Das Zauberwort, mit dem in diesem Fall meist geworben wird, lautet: Detox. Was rechtlich erlaubt ist und was nicht, erklärt Rechtsanwalt Stefan Engels.
DE-STRESS UND DETOX IM INSTITUT
Angaben für Lebensmittel zu werben, und dient dem Ziel des Verbraucherschutzes. Genau genommen betrifft diese Regelung Aussagen zu den Nährwertprofilen und Grenzwerten sowie nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben. Für gesundheitsbezogene Angaben gilt, dass diese nur dann gemacht werden dürfen, wenn sie der vom Gesetzgeber erstellten Liste entsprechen, sprich: diese müssen denen in der sogenannten Positivliste wortgenau (!) entsprechen; vgl. hierzu die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern.
Irreführende Angaben Speziell mit dem Begriff „Detox“ hatte sich jüngst der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (zuletzt im Beschluss vom 6. Dezember 2017, BGH I ZR 167/16) auseinanderzusetzen: Ein Wettbewerbsverband hatte ein Herstellerunternehmen verklagt. Dieses bot zwei Kräuterteemischungen mit dem Zusatz „Detox“ an. Der Kläger hielt die beiden genannten Bezeichnungen für irreführend und für unzulässige, gesundheitsbezogene Angaben. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Bezeichnung „Detox“ im Sinne einer entgiftenden Wirkung des Tees auf den menschlichen Körper.
Wirkweise entscheidend In der Revision wurde jedoch angeführt, bei den Begriffen Detox oder Detox mit Zitrone in ihrer Bedeutung als „entgiftend oder entschlackend“ fehle es an einer Bezugnahme auf eine konkrete Wirkung der Mittel auf eine Körperfunktion. Die Begriffe verwiesen daher nur auf entsprechende Vorteile für die Gesundheit im
Allgemeinen, also eine Verbesserung des körperlichen Allgemeinzustandes und eine Steigerung des gesundheitlichen Wohlbefindens, womit sie der Regelung des Art. 10 Abs. 3 HCVO (EG) unterfielen. Der BGH wies dies mit der Begründung zurück, dass „Entgiftung“ begrifflich dazu diene, einer Vergiftung entgegen zu wirken. Ebenso stellte das Gericht fest, für die Bezeichnung Detox würden die Vorschriften über gesundheitsbezogene Angaben auch gelten, wenn es sich hierbei um eine Kräuterteemischung, mithin also um ein aus mehreren Stoffen und Bestandteilen zusammengesetztes Produkt, handele. Auch widersprach er der Auffassung, Bezeichnungen, die auf eine nach dem Stand der Schulmedizin nicht gegebene Entgiftung oder Entschlackung hinwiesen, seien notwendig bloße Verweise im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO (EG), weil eine nicht gegebene Wirkung naturgemäß nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könne. Denn vom Verbraucherverständnis her würde die Bezeichnung Entgiftung eine physiologische Wirkung darstellen. Eine solche Wirkung bestehe aber nicht bzw. sei wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Im Ergebnis wurde die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Aussagen zur Gesundheit Ähnlich entschied der Bundesgerichtshof in einem früheren Fall (Urteil vom 7. April 2016, Az.: I ZR 81/15), in dem es inhaltlich um sog. „RepairKapseln“ ging. Die Hersteller warben mit dem Versprechen: Repair-Kapseln sorgten für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel. Auch hier ordnete der BGH die Werbeaussage als gesundheitsbezogene Angabe ein. Der erkennende I. Zivilsenat führte weiter an, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Aussage dahin gehend verstehen würden, das Produkt könne Schäden an Haaren, Haut und Fingernägeln beseitigen. Bei der
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Prüfung, ob die verwendete gesundheitsbezogene Angabe gleichbedeutend mit einer zugelassenen (!) gesundheitsbezogenen Angabe sei, sei vom Grundsatz her ein strenger Maßstab anzulegen. Der angesprochene Verkehrskreis verstünde den verwendeten Begriff „Repair“ dahin gehend, dass das Produkt vorhandene Schäden beheben könne. Außerdem sei nach der Auffassung des Gerichts eine gesundheitsbezogene Angabe selbst dann nicht mit einer zugelassenen Angabe gleichzusetzen, wenn nicht erkennbar sei, auf welche der in der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 aufgeführten Nährstoffe die behauptete Wirkung eines Produkts überhaupt beruhe. Vor dem Hintergrund dieser beiden höchstrichterlichen Urteile ist es dringend zu empfehlen, dass Sie sich als Inhaberin eines Kosmetikinstitutes auch mit den Vorschriften der HCVO vertraut machen. Denn betroffen sind hiervon nicht bloß Hersteller, sondern auch deren Verkäufer, wenn sie auf diese Weise mit einem Produkt werben oder über ein Produkt in der Öffentlichkeit informieren. Q
STEFAN ENGELS Der Autor ist seit 2002 zugelassener Rechtsanwalt und praktiziert in Mönchberg. Seinen Tätigkeitsschwerpunkt bildet die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.
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