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Angabe der Verwendungsdauer
Der Schutz der Gesundheit zählt Warum auf Kosmetikprodukten neben der Mindesthaltbarkeit auch die Verwendungsdauer nach dem Öffnen angegeben werden muss, erklärt Rechtsanwalt Stefan Engels
ie Mitte 2013 in Kraft getretene EUKosmetikverordnung (VO) gewährleistet einen hohen Gesundheitsschutz, um Verbraucher bei der Gesundheitspflege vor Schäden zu bewahren. Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal musste in ihrem Urteil vom 16.06.2014 (Az. 12 O 38/13) entscheiden, ob zu den Kennzeichnungspflichten eines Kosmetikproduktes auch die Verwendungsdauer gehört.
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Foto: Blan-k /Shutterstock.com
Was war passiert? Ein niedergelassener Apotheker, der über das Internet eine Versandapotheke betrieb, hatte einen Hersteller von Rasierern und Rasierklingen abgemahnt, weil der für eines seiner Modelle keine Verwendungsdauer angegeben hatte. Der Hersteller hatte einen Rasierer auf den Markt gebracht, der laut Eigenwerbung „eine natürlich schöne Haut“ durch „Schäumen, Rasieren und Feuchtigkeit spenden in einem Schritt“ versprach. Dazu waren die Rasierklingen in eine Art Seifenkissen eingebettet, das beim Rasieren aufschäumen sollte – für welche Dauer, blieb offen, da das Unternehmen auf der Verpackung keine Verwendungsdauer für die Seifenschicht hatte aufdrucken lassen. Außer-
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dem rügte der klagende Apotheker die fehlende Angabe zur Mindesthaltbarkeit. Der abgemahnte Hersteller sah das anders. Er argumentierte, dass es sich bei der Seifenschicht eben um Seife handele, und die sei ja bekanntlich nicht verderblich. Hierfür legte er in der Verhandlung einen Kurzzeit-Konservierungsbelastungstest sowie einen Kurzzeit-Auswertungstest vor. Daher – so sein Fazit – sei auch das Konzept der Haltbarkeit nach dem Öffnen hier nicht relevant im Sinne des Art. 19 Abs. 1 lit. c) EU-Kosmetik-VO.
Das Urteil des Gerichts Das Gericht gab der Klage des Apothekers statt. Der Hersteller muss seine Verpackungen um die fehlenden Angaben ergänzen, sonst droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder gleich Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Die Gründe: I Bei dem Seifenblock des Rasierers handelt es sich um ein kosmetisches Mittel gem. Art. 2 Abs. 1 lit. a) EU-Kosmetik-VO. Das Gemisch ist dazu bestimmt, mit der Haut in Berührung zu kommen – zu dem Zweck, sie zu schützen und in einem guten Zustand zu halten. Soweit auch die Eigenwerbung des Herstellers. I Beträgt die Mindesthaltbarkeit eines kosmetischen Mittels mehr als 30 Monate, ist der Hersteller verpflichtet, in deutscher Sprache (!) anzugeben, wie lange das Mittel nach dem Öffnen und bei normaler Gebrauchsintensität ohne Gesundheitsgefährdung verwendet werden kann. I Der Nachweis einer unbeschränkten Haltbarkeit des Seifenblocks nach dem Öffnen und bei gewöhnlicher Gebrauchsintensität wird durch die Kurzzeittests nicht geführt. Ein solcher Nachweis wäre aber
von dem Beklagten zu erbringen gewesen, und zwar bevor er entsprechend wirbt. Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr die Wichtigkeit der EU-Kosmetik-VO, deren Schutzzweck sehr weit gehen kann. Inwieweit das im aktuellen Fall sinnvoll ist, sei dahingestellt, von der Sache her ist das Urteil aber konsequent.
AUF EINEN BLICK I Ziel der EU-Kosmetik-VO ist die Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus.
I Die Mindesthaltbarkeitsdauer muss nur angegeben werden, wenn ein Produkt weniger als 30 Monate haltbar ist.
I Die Verwendungsdauer nach dem Öffnen muss bei Kosmetikprodukten angegeben werden, deren Mindesthaltbarkeit mehr als 30 Monate beträgt.
I Der Nachweis unbeschränkter Haltbarkeit ist vor Bereitstellung auf dem Markt und entsprechender Produktwerbung vom Händler zu erbringen.
I Seife ist ein „kosmetisches Mittel“.
Jedenfalls müssen Hersteller und Händler von Kosmetikprodukten – und hierzu gehören nach dieser Entscheidung unzweifelhaft nun auch Seifen – die Verwendbarkeit auf ihren Produkten angeben. Andernfalls liegt ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß vor.
Stefan Engels ist Rechtsanwalt in Mönchberg. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen
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