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1/2022
Serie Urteile · Recht
Serie: Urteile, Teil 15
Schutz vor Schmähkritik Kundenbewertungen im Internet sind ein Erfolgsfaktor sowohl für Dienstleister als auch Unternehmer. Schlechte Bewertungen können sehr schädlich für eine Person oder ein Unternehmen sein, verbunden unter Umständen mit enormen finanziellen Einbußen. Das müssen Sie nicht unbedingt hinnehmen, wie Rechtsanwalt Stefan Engels erklärt. SERIE
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ür Betroffene schlechter Bewertungen im Netz kann es sich durchaus lohnen, gegen diffamierende Äußerungen und schlechte Bewertungen rechtliche Schritte einzuleiten, insbesondere wenn diese rechtswidrig erfolgt sind. Dies verdeutlicht einmal mehr der jüngst entschiedene Fall des Landgerichts Heidelberg in seinem Urteil vom 18. Juni 2021 (Az.: 2 O 78/21).
Fotos und Illustration: Natali _ Mis, Friday Studio./Shutterstock.com, Autor
Was war passiert? Eine Patientin wurde in der Zahnarztpraxis des Antragstellers und Klägers vorstellig und verlangte dreierlei: eine Wurzelbehandlung, das Einsetzen von Kronen und eine Parodontosebehandlung. Der Zahnarzt kam hingegen nach einer eingehenden Untersuchung zu dem Schluss, dass die von der Patientin gewünschte Behandlung medizinisch nicht indiziert sei, und lehnte sie daher auch folgerichtig ab. Seine für diese Beratung erforderlichen Untersuchungen stellte er ganz normal bei der Krankenkasse der Patientin in Rechnung. Der Patientin schmeckte das jedoch nicht: Sie äußerte sich daraufhin öffentlich auf dessen Google-My-Business-Profil abfällig über den Zahnarzt. Die negative Bewertung erweckte ferner auch fälschlicherweise den Eindruck, dass in dessen Praxis schönheitschirurgische
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Urteile Teil 15
Eingriffe vorgenommen würden. Der Antragsteller brachte den Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige, ließ die Bewertung entfernen und das Verfahren wurde dann gegen eine Zahlung der Patientin in Höhe von 600 Euro eingestellt. Im Februar 2021 läutete die Patientin dann eine weitere Runde ein, indem sie eine erneute negative Bewertung bei Google abgab. Dieses Mal behauptete sie öffentlich, der Zahnarzt habe Behandlungen bei ihr abgerechnet, welche er niemals vorgenommen habe, mithin also den Straftatbestand eines Abrechnungsbetrugs. Der Vorwurf war allerdings frei erfunden.
Das Urteil Das Landgericht Heidelberg erließ daraufhin am 25. März 2021 antragsgemäß eine einstweilige Verfügung. Damit wurde der Patientin verboten, den Zahnarzt öffentlich wahrheitswidrig des Abrechnungsbetrugs und der falschen Verdächtigung zu bezichtigen. Bei einer Zuwiderhandlung drohte ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder gar Haft. Nachdem die Patientin hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, hat das Gericht die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 18. Juni bestätigt. Die Verfügungsbeklagte hat eine Abschlusserklärung abgege-
ben und das Urteil damit als endgültige Regelung akzeptiert. Dem klagenden Zahnarzt blieb aufgrund der ihm obliegenden ärztlichen Schweigepflicht vorliegend auch gar kein anderer Weg, um sich zu wehren: Hätte er etwa durch einen klarstellenden Kommentar im Internet versucht, seine Sicht der Dinge darzustellen, so hätte er sich nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch strafbar gemacht. Ein Verstoß hiergegen kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden. Wann sind negative Bewertungen rechtswidrig? Unwahre Tatsachenbehauptungen und „Schmähkritik“ werden nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Betroffene müssen derartige Äußerungen nicht dulden. Dasselbe gilt, wenn der Bewertung zum Beispiel ‒ anders als suggeriert ‒ kein Geschäfts- (Beschluss des LG Frankfurt am Main, Az.: 2-03 O 279/20) beziehungsweise Patientenkontakt (siehe Hinweisbeschluss des OLG Thüringen, Az.: 1 U 599/19) zugrunde liegt.
Stefan Engels, Rechtsanwalt, Mönchberg, Tätigkeitsschwerpunkte: Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen
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