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Wahre Werbung!? Welche Anforderungen müssen Wirkversprechen in der Werbung erfüllen? Rechtsanwalt Stefan Engels schafft Klarheit
Foto: pathdoc/Shutterstock.com
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irkversprechen spielen im Bereich der Kosmetik eine große Rolle. Viele Hersteller übertreffen sich geradezu mit ihren Werbeaussagen. Wer da als Produzent oder Dienstleister nicht mitzieht, findet sich schon bald abgehängt. Doch welche Voraussetzungen müssen Wirkversprechen erfüllen, damit sie (wettbewerbs-) rechtlich überhaupt zulässig sind? Zu eben dieser Frage hat jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 28.01.2016 (Az. I ZR 36/14) Stellung bezogen. Im konkreten Sachverhalt ging es um Folgendes: Klägerin und Beklagte sind Hersteller von Nassrasierern mit Wechselklingen und somit unmittelbare Wettbewerber. Die Beklagte bietet Nassrasierer an, bei denen sich oberhalb der Klingen ein Behälter mit einem Pulver befindet, dieses verbindet sich mit Wasser zu einem Gel. Sie bewarb diesen Rasierer u.a. mit Aussagen wie „spendet direkt Feuchtigkeit“, „feuchtigkeitspendendes Gel-Reservoir“. Die Klägerin machte geltend, dass die versprochene Wirkung von dem Rasierer der Beklagten nicht ausgehe und hielt daher deren Werbeaussagen für irreführend. Die Vorinstanz, das OLG Köln, gab der Klägerin Recht, da es die Wirkversprechen der Beklagten als wissenschaftlich nicht gesichert ansah. Zwar handele es sich bei der Werbeaussage nicht um eine medizinische Wirkaussage, zur Vermeidung von Irreführung seien aber dennoch die Grundsätze über die Zulässigkeit gesundheitsbezoger Aussagen anzuwenden. Dieses hohe Beweismaß sah wiederum der BGH als zu streng an. Anders als das OLG Köln ging der BGH vorliegend davon aus, dass es sich bei
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URTEILE TEIL 3
dem beworbenen Produkt nicht um ein gesundheitsbezogenes Mittel, als vielmehr um ein kosmetisches Mittel handele. Gemäß den Anforderungen in Nr. 3 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 müssten Werbeaussagen über kosmetische Mittel durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt werden, wobei neben Sachverständigengutachten auch andere Arten von Nachweisen herangezogen werden können, sofern diese Nachweise den Stand der Technik berücksichtigen (Nrn. 1 und 2). Ferner müssten auch als Nachweis herangezogene Studien für das Produkt und den behaupteten Nutzen relevant sein, auf einwandfrei entwickelten und angewandten Methoden basieren und ethischen Erwägungen Rechnung tragen (Nr. 3). Schließlich müsste die Beweiskraft der Nachweise bzw. Belege mit der Art der getätigten Werbeaussage in Einklang stehen (Nr. 4). Diese Kriterien setzen ersichtlich durchweg voraus, dass der Werbende in der Lage sein muss, die Richtigkeit seiner Behauptungen zu belegen. Da die Beweiskraft der Nachweise bzw. Belege mit der Art der getätigten Werbeaussage in Einklang stehen muss, gelten für Aussagen, bei denen eine fehlende Wirksamkeit ein Sicherheitsproblem verursachen könnte, höhere Beweisanforderungen als für Werbeaussagen, bei denen dies nicht der Fall ist (Nrn. 4 und 7).
Damit konnte im Streitfall entgegen der Ansicht des urteilenden OLG Köln nicht verlangt werden, dass die von der Klägerin beanstandeten Werbeaussagen als wissenschaftlich gesichert anzusehen waren. Folglich gilt: Die Belegbarkeit von Werbeaussagen über kosmetische Mittel erfordert im Hinblick auf die in Nr. 3 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 enthaltenen Regelungen nicht, dass die Aussagen als wissenschaftlich gesichert anzusehen sind. Dieser Maßstab gilt nur für gesundheitsbezogene Mittel. Die Sache ist aufgrund der Ausführungen des BGH zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es bleibt somit abzuwarten, wie das OLG Köln den Rechtsstreit mit der Maßgabe der höchstrichterlichen Entscheidung nunmehr neu beurteilen wird.
Stefan Engels ist Rechtsanwalt in Mönchberg. Sein Tätigkeitsschwerpunkt bildet die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.
AUF EINEN BLICK I Abhängig vom Produkt gelten für die Belegbarkeit reiner Werbeaussagen bei kosmetischen Mitteln niedrigere Anforderungen im Vergleich etwa zu medizinischen Wirkaussagen bei gesundheitsbezogenen Mitteln.
I Insbesondere konnte im zu entscheidenden Sachverhalt nicht verlangt werden, dass die beanstandeten Werbeaussagen als „wissenschaftlich gesichert“ anzusehen waren.
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