13,00
Mit diesen Worten begrüße ich Sie zum zwei-
ununterbrochener Nachfolge unzähliger Ge-
ten Mal in diesem Rahmen mit der Aussicht auf
nerationen heißen wir Menschen in den histo-
hoffentlich angenehme Lektüre.
rischen Mauern willkommen, begleiten sie ein
Fast 100.000 Menschen sind pro Jahr Gäste in
kurzes Stück ihres Lebens und wissen um die
unserem Haus. Sie alle kommen mit ihren ei-
Bedeutung vom „Gut Ankommen“, wenn man
genen Welten zu uns, feiern die großen Erfolge
auf Reisen ist.
des Lebens und die kleinen Glückseligkeiten des Alltags. Einige erfinden sich neu, andere finden
Die Menschen, die wir auf den nachfolgenden
zu ihrem Ich – und ahnen leise, dass die Suche
Seiten zu Wort und Bild kommen lassen, sind
weitergehen wird. Manche erzählen uns vom
für uns wichtige Impulsgeber. Sie stehen stell-
kleinen Zwicken im Kreuz und von den großen
vertretend für alle, die finden, dass unserem Tun
Schmerzen. Und von früher, als selbst die Zu-
etwas Wertvolles innewohnt. Es sind die Begeg-
kunft noch besser war, und worauf sie sich freu-
nungen mit diesen Menschen, die täglich unsere
en, wenn sich alles zum Guten wendet. Unsere
Schritte in die Blaue Gans lenken. Darum möch-
Gäste zeigen uns die Fülle des Lebens. Dieses
ten wir mit diesem Heft all jenen danken, die bei
Heft widmen wir ihnen allen, den vielen Begeg-
uns täglich wohlige Gänsehaut erzeugen, mögen
nungen in unserem Haus.
sie Gäste, Mitarbeiter, Partner oder Produzenten
Die Blaue Gans wurde um 1350 als Herberge
sein. Danke, dass wir Gastfreundschaft nach un-
gegründet, und eine Herberge im besten Sinn
seren Vorstellungen leben dürfen.
ist sie über all die Jahrhunderte geblieben. Oder wie Jonathan Meese im Interview auf Seite 06
andreas gfrerer
meint: „ein Bunker der Kunst, also Gastfreund-
Eigentümer & Geschäftsführender
schaftsverdichtungen von Zeit und Raum“. In
Gesellschafter
0
06 Liebevollste Verstecke der Massenindividualitätslosigkeit
Jonathan Meese im GÄNSEHAUT-Interview
14 watch your head! Siegfried a. Fruhauf als Artist in Residence
16 welches buch hast du noch nicht gelesen? Die Bibliothek ungelesener Bücher zu Gast in der Blauen Gans
24 Die Formel zum Glück Die Weingartler auf dem Mönchsberg
26 Je mehr man vorwärts gehet, je früher kommt man an das Ziel. Das Gänsespiel
0
impressum: GÄNSEHAUT Das Magazin der Blauen Gans Medieninhaber & Herausgeber: arthotel Blaue Gans . Andreas Gfrerer g&g gfrerer u. gfrerer hotel- und restaurant betriebsgmbh Getreidegasse 41–43 . 5020 Salzburg p +43 662 84 24 91-0 . f +43 662 84 24 91-9 office@blauegans.at . www.blauegans.at Redaktionsleitung: Andreas Gfrerer . karin buchauer Fotos: arthotel blaue gans klemens kois . jan bauer . ruth walz andreas kuntner . peter rigaud . corbis picturedesk.com . wild & team salzburg foundation . shutterstock.com Lektorat: Petra lehner Design + Concept: studio10 gmbh – die markenpioniere Caroline Schmid . am spitz 45 5400 hallein-rif . p + 43 662 88 12 10 design@studio10.at . www.studio10.at
Begegnungen der unbeschwerten Art 28
Klemens Renoldner erinnert sich
DER GRÖSSTE BAUPLATZ DER STADT 34 Gestalten und Wohnen im Festspielbezirk
Antworten, aus denen neue Fragen entstehen 36 Eine Kunst-Promenade
eine stadt mit 50 jazzclubs 42 urbanes Schwingen in der Caverne
Helden des alltags 48 Essen Trinken Plaudern bei „Eat & Meet“
0
Dieses Foto hat unser Freund, der international begehrte Fotograf Peter Rigaud von Jonathan Meese gemacht. Wir haben Jonathan gebeten, seine Ergänzungen anzubringen.
ERZDyONISOS IN DER BLAUEN GANS Jonathan Meese über salzburg als energiezentruM und präsentierteller der superlative, seinen dienst an der kunst und den kunstbunker blaue gans
gänsehaut: die Uraufführung von „dionysos“ bei den salzburger festspielen war ein riesiger erfolg und die rezensenten freuen sich über das verspielte Bühnenbild. sie selbst haben gesagt, dass es ein idealer arbeitsauftrag war, wenig informationen zum stück, das ja erst zwei Monate vor der premiere fertig geschrieben war, zu haben, und dass sie sich nie mit Musik, schon gar nicht die von wolfgang rihm, beschäftigt hatten: Unwissenheit und leere als voraussetzung, fülle zu schaffen. wie verlief der (arbeits-)prozess von den stichwörtern
ese giLt aLs Jonathan Me ter ds radikaLs deutschLan tLer. aktionsküns MaLer und t, niMMt er saLzburg is wenn er in tier, 2010 ar en gans Qu in der bLau stück. aM r wochen waren es vie
(z.B. „Meer“, „Berg“, Bordell“ für die räume, und „nietzsche“, „nymphen“, für die figuren) zum fertigen Bühnenbild? Jonathan Meese: die kunst ist das totalste naturereignis der sache. der liebevollste dienst an der sache „dionysos“ verlief vollends totalstmetabolisch, also unterstand den Gesetzen der notwendigkeit, nicht des willens, zum Glück. in der kunst zählt nur das 1. Gesetz: sieh von dir ab, Mensch erkenne: der Menschenwille ist für kunst absolut irrelevant. kunst kann man mit wissen, ideologien, niederknien oder nostalgien nicht erzwingen. kunst ist unberechenbar, unzähmbar, undemokratisch und religionsfrei …
08
Kunst ist liebevollste Verdrängung jegli-
Durchdemokratisierung, jegliche ICH-Su-
auch nicht. Die Kunst ist die Nr. 1, einzige
cher Unterwürfigkeit. Kunst ist totalste
che und jede Menschenideologie sausen
und letzte Autorität aller Zeiten … Die
Verantwortlichkeit und saugt nur Demut an.
zu lassen, das kann manchmal ein Kampf
Herrschaft der Kunst ist die totale Zukunft.
Die meisten Menschen stehen sich selbst
sein,
im Wege, indem sie sich nicht als Spielzeug
Kampf, denn in
der Kunst anerkennen. Der Mensch ist De-
der Kunst ist es
koration der Kunst. Kunst ist keine Men-
vollkommen klar,
schenkreativität, sondern Erzinstinkt.
ein
guter
Kunst ist unberechenbar, unzähmbar , undemokratisch und religionsfrei …
Gänsehaut: Ihre Installationen sind
auch
Büh-
nen, Räume der
was nicht passieren darf. Die „Führungsbefehle“ der Kunst
Inszenierung Ihres Künstlerselbst. Was ist
Gänsehaut: In der Erzählung geht es un-
sind eindeutigst und superpräzise: Atme,
anders, wenn Sie für ein Opernhaus zeich-
ter anderem um die Zerrissenheit des Men-
schlafe, esse, trinke, verdaue, hermeti-
nen und malen?
schen zwischen den göttlichen Prinzipen
siere, sei neutralst, metabolisiere, entde-
JM: Wenn man für ein Opernhaus arbeitet,
mokratisiere, sei ins-
sieht man zwangsläufig von sich ab, außer
des Chaos und des Rausches (Dionysos) einerseits, und an-
tinktiv usw. ... Das
man verwechselt sich selbst widerlichst mit
dererseits denen der Ord-
ist das Handwerk
der Kunst. Bei „Dionysos“ ging es um liebe-
der Kunst. Zer-
vollste Präzision gepaart mit liebevollster
vereint
reißen kann einen
Zurückhaltung, also Dienst an der Sache,
alles davon. Hatten Sie
nur die schreckli-
also niemals am eigenen Ich. Jonathan
nung und Klarheit (Apoll). Ihr
Bühnenbild
in der Entstehung die-
che Realität, die
Meese ist sehr froh, dass alle Beteiligten an
ser Bühne auch einen
Kunst macht
„Dionysos“ liebevollst von sich absahen und die Dinge einfach laufen ließen. Jonathan
Kampf zu führen, mit
aus
sich, den Göttern,
nur das an-
Meese sucht nichts, findet nichts, sondern
den Dingen, oder
tiseparatis-
wird beschenkt sein mit der Herrschaft der
allem
wem/was auch
tisch Geilste.
Kunst, also Diktatur der Kunst: Kunst spielt
immer?
Kunst
sich an allem ab …
JM: Es ist bei der
was sie will.
Kunst ultimativ notwendig, jegliche Realitätsillustration, jegliche Esoterik, jegliche
tut,
Wir folgen,
Gänsehaut: Wie sehr waren Sie bei der
mehr ist es
konkreten Umsetzung Ihrer Entwürfe in
nicht, weniger
den Werkstätten der Salzburger Festspiele eingebunden, und wie war diese Erfahrung für Sie?
0
Kunst ist kein Menschenwunschkonzert, Kunst ist keine Menschencastingshow …
JM: Die meisten Dinge, Gegenstände und
Präsentierteller der Superlative. Alle Be-
Spielzeuge für „Dionysos“ wurden in Ber-
teiligten des Festivals sind herrlichste ver-
lin liebevollst hergestellt und in Salzburg
spielteste Vollprofis und haben es Jonathan
zum Teil mit größ-
Meese sehr angenehm gemacht und alles
ter Hingabe über-
Erdenkliche abgenommen. Jonathan Mee-
bitte, bitte liebe Kunst herrsche, regiere, befehle und spiele Totalstrevolution.
arbeitet, verändert,
se stand trotzdem immer unter Alarm. Der
feinjustiert und an-
Aufenthalt in Salzburg war sehr „diensthaft“
gepasst, super, su-
für Meese, also ein großes, demütigstes
per, super … Es ist
Kunstspiel. Gleichzeitig wird einem alles
toll zu sehen, wie aus kleinsten Vorschlä-
abgefordert. Salzburg war für Jonathan
gen große Präzisionen entstehen können,
ständiger Ausnahmezustand … Kunst ist
toll, toll, toll. Jonathan Meese hat für Salz-
eben eine Befehlszentrale, keine Bittstelle.
burg Spielzeug der Kunst zur Verfügung
Kunst ist keinerlei Demokratie, zum Glück. Die Kunst hat den totalen Oberbefehl ist
gestellt, also spielt los, legt los.
also ultimativst Chef und das ist geil. Kunst Gänsehaut: Sie haben viele Wochen dafür
ist kein Menschenwunschkonzert, Kunst ist
in Salzburg verbracht und sind nicht zum
keine Menschencastingshow und Kunst ist
ersten Mal hier gewesen. Haben Sie einen
keine Menschenmacht. Jonathan Meese hat
besonderen Bezug zur Stadt entwickelt?
mit liebevollster Unbekümmertheit, Elan
JM: Salzburg ist ein tolles Energiezentrum gleichzeitig ein
Vital, und extremster Kindlichkeit seinen Dienst in Salzburg getan, toll, toll, toll.
sozialer Gänsehaut: Sie haben im arthotel Blaue Gans gewohnt, mitten in der Altstadt, nur ein paar Schritte vom Festspielhaus entfernt. Wie haben Sie diese Nähe empfunden?
Gänsehaut: Einer der Ansprüche des art-
ist optimal für Jonathan Meese. Jonathan
hotel ist, hier „urban abtauchen“ zu können.
Meese bewegt sich sehr ungerne und zieht
Hatten Sie in Salzburg dieses Bedürfnis, in
gerne immer die gleichen Bahnen. Jona-
all dem Trubel rund um „Dionysos“, die die
than möchte möglichst nichts erleben, son-
erste Opernpremiere dieser Festspiele war,
dern liebevollst betreut werden und der
verschwinden zu wollen? Wie und wohin
Kunst dienen, die Blaue Gans hat Jonathan
sind Sie dann abgetaucht?
Meese ein optimales Nest, Netz und einen
JM: Jonathan Meese verschwindet liebend
Rückzugsort zur Verfügung gestellt, toll,
gerne und ist gerne oft und viel alleine, um
toll, toll, besser geht’s nicht.
sich zu regenerieren; im Hotel wurde ich nie gestört, das ist notwendig, um in Ruhe und
Jonathan Meese schläft gerne viel und
totalster Gewissenhaftigkeit spielerischst
üppigst, da viel-viel Kraft getankt werden
den Dienst an der Kunst an sich abspielen
muss, das ist doch klar. Die Blaue Gans ist
zu lassen. Hotels sind hermetische Räum-
professionellste Zurückhaltung und wun-
lichkeiten, die im optimalen Fall wie „Bun-
derbarster Ruhepol für mich, danke, dan-
ker der Kunst“ sind … super, super, super,
ke, danke. Die Blaue Gans ist ein durch und
also liebevollste Verstecke der „Massen-
durch metabolischer Ort … super …
individualitätslosigkeit“, also Gast-
Gänsehaut: Gibt es etwas im arthotel, an
von Zeit und Raum, geil.
freundschaftsverdichtungen das Sie sich (gerne) erinnern? JM: Jonathan Meese erinnert sich gerne an alles im arthotel, Jonathan Meese liebt demütige Koordinationssysteme, also FIXPUNKTE, wie die zauberhafte Blaue Gans, hier kann man Neutralität, also Kraftstoff der Zukunft tanken und
© Ruth Walz (2)
bestens regenerieren …
… und Kunst ist keine Menschenmacht.
JM: Die Nähe zum Festspielhaus war und
zerreissen kann einen nur d kunst Macht aus alleM nur d
gänsehaut: sie waren die letzten zehn
liebe kunst herrsche, regiere, befehle und
Jahre als öffentliche person sehr exponiert,
spiele totalstrevolution, also kunst an die
zugleich aber auch beschützt von ihrer Mut-
Macht. die zeit der nostalgien muss sich
ter, ihren freunden, ihrem Galeristen. das
von selbst verbieten, wie jeder Menschen-
„enfant terrible“, als das sie oft bezeichnet
machtsfanatismus …
werden, ist eben ein kind, um das sich die anderen sorgen. so mancher kritiker sieht
gänsehaut: als kind hat man meist viele
in ihrer arbeit für „dionysos“ einen reife-
wünsche, als junger Mensch glaubt man,
moment vom ewigen kind zum zumindest
alles erreichen zu können, und als erwach-
bildlich jungen erwachsenen. zugleich ist
sener legt man die eine oder andere illusion
die adoleszenz erst recht eine zeit der Un-
zugunsten einer großzügigen Gelassenheit
ruhe. wie fühlen sie sich heute?
ab. egal, was sie nun davon halten, welche
JM: der zustand Jonathan Meese hat durch
wünsche hegen sie für sich?
salzburg, also durch das „präzisionsge-
JM: der größte wunsch des Jonathan Mee-
schoss dionysos“ eine elementare schall-
se ist die „Machtschenkung kunst“, also
mauer durchbrochen, d. h. Jonathan Meese
die „diktatur der kunst“. diese „Ultraherr-
ist graphischst totalstpubertär ins geomet-
schaftsform kunst“ ist das radikalste, das
risch hermetischste abgetaucht und als
seit Menschengedenken „formuliert“ wur-
„erzbaby der kunst“ wieder aufgetaucht,
de. Jeder Mensch muss den „dienst an der
toll, toll, toll … sehr große freiräume ha-
kunst“, also „totalste hingabe“ an sich ab-
ben sich durch salzburg aufgetan, Jonathan
spielen lassen und die „diktatur der kunst“,
Meese kann beruhigter aber auch radikaler
also das totalstneutralste, liebevollst will-
der herrschaft der kunst entgegenfiebern.
kommen heißen. alle Macht der kunst.
die zeit ist einfach nun mal oberreif für die diktatur der kunst, das ist vollends klar
gänsehaut: ich wünsche ihnen, was sie
wie kloßbrühe geworden, also bitte, bitte
sich wünschen.
12
kb
© JAN BAUER.NET/ cOURTESy JONATHAN MEESE.cOM (2)
ie schreckliche realität, die das antiseparatistisch geilste.
1
siegfried a. fruhauf ist bil-
sind im vergangenen Juni am Mönchsberg entstanden und in der Bar der Blauen Gans zu sehen.
dender künstler, er macht kunst
als artist in residence konnte siegfried a. fruhauf fern von jeg-
mit Bildern. Man-
lichem druck, bei köstlicher küche und altstädtischem ambiente
bewegt,
seine halbformatkamera packen und am hausberg im stadtzent-
wie in seinen experi-
rum salzburgs das licht dieses besonderen ortes aufspüren. da-
che
sind
mentalfilmen, für die
bei reizten ihn die technischen Möglichkeiten und Grenzen seiner
er regelmäßig preise
Geräte, um dieses licht auf papier zu halten. die fotografie hält
bekommt und die beim
augenblicke fest, die im selben Moment vergangenheit werden,
10. filmfestival vienna-
aber länger sichtbar bleiben als der film. dadurch entsteht eine
le in wien in einem ihm
andere verdichtung des Moments, losgelöst von zeit und raum.
gewidmeten
sonderpro-
gramm mit dem titel „eXposed – das experimentelle kino von siegfried a. fruhauf“ zu sehen waren. er ist regelmäßiger Gast bei film:riss, dem festival für studentische filmkultur in österreich, das im november 2010 ebenso zum zehnten Mal stattfand und von der Blauen Gans unterstützt wird. die verbindung zu andreas Gfrerer stellte aber der Galerist des arthotel patrick ebensperger her, und so schließt sich ein schöner kreis. denn siegfried a. fruhauf macht auch kunst mit unbewegten Bildern. die arbeiten der serie „watch yoUr head“
in den fotografien von sigfried fruhauf kann jeder Betrachter seinen eigenen sehnsuchtsort erkennen und sich auf entdeckungsreise durch einen zauberwald begeben.
kb
„W atc h y o u r h e a d 2 “ s i e g f r i e d a . f r u h a u f
boren. skirchen ge 1976 in grie teLLen en M r eXPeri studiuM de der an ng staLtu visueLLen ge . nz rsität Li kunstunive ien und beitet in w ar d Lebt un rg (oÖ). heiLigenbe
frUhaUf ist MitGlied des avantGardefilMverleihs siXpackfilM in wien Und der künstlervereiniUnG Maerz in linz Und hat einen lehraUftraG an der kUnstUniversitÄt linz. teilnahMe an zahlreichen internationalen filMfestivals: cannes – seMaine internationale de la critiqUe, filMfestival sUndance, toronto, rotterdaM Und venediG in der reihe „nUovi territori“.
1
der bibLiothekar
iM inte r v i e W : Julius deutschbauer – bibliothek ungelesener bücher JUliUs deUtschBaUer saMMelt in seiner „BiBliothek Un-
bisschen. Auf dem ganz ersten Plakat stehe ich so mit der Liste und
Gelesener Bücher“ nach deM, was nicht Gelesen wUrde.
mit dem grauen Mantel, so als Meister des dummen Blicks, und
dazU stellt er fraGen, die in eBenso archivierten inter-
schau so vor mich hin, und stell diesen Bibliothekar vor, aber es gibt
views festGehalten werden. Und wÄhrend der lesUnG
auch ein anderes Plakat, wo ich sogar lese. Es gibt also diesen ei-
wird Gestrickt Und GehÄkelt.
nen verwaltenden Bibliothekar, und den lesenden, der stammt aus einem anderen, sehr häufig in der Bibliothek
BeiM GÄnsehaUt-GesprÄch iM frühstückraUM der BlaUen
vorkommenden Buch, im „Ulysses“ von James
WIE KÖNNEN SIE SO
Gans erzÄhlt er, wie es dazU kaM Und wie er das Macht.
Joyce. Da gibt es diesen Quaker-Bibliothekar,
VIEL ÜBER DIESE BÜcHER
der fast ein bisschen lästig ist. Die Runde von
WISSEN, HABEN SIE DAS
jungen Männern, die sich trifft, um über Bücher
ALLES GELESEN?
GÄnsehaUt: was war die Geburtsstunde der „Bibliothek ungelesener Bücher“?
und alles Mögliche zu reden, wird immer wie-
JUliUs deUtschBaUer: Es gibt zwei Arten von Bildern, die ich aus
der von diesem Bibliothekar belästigt, der die Ohren spitzt, was sie
der Literatur von Bibliothekaren habe. Es gibt diesen einen Biblio-
da so reden, und dann mit Buchempfehlungen und Inhaltsangaben
thekar aus dem „Mann ohne Eigenschaften“; der General dringt in
kommt. Manchmal bin ich auch der lesende, Bücher bequatschende
die Hofbibliothek ein, und der Bibliothekar, Doktor der Bibliotheks-
Bibliothekar.
wissenschaften, also der oberste Bibliothekar, führt ihn durch die ganzen Bücherräume. Der General schreitet sie ab wie halt ein Ge-
GÄnsehaUt: wie sind sie als leser? sie haben einmal geschrieben,
neral das tut, regimentsmäßig, und versteht die Bücher als Soldaten.
dass Beziehungen zu Büchern oft etwas von einer liebesgeschichte
Der Bibliothekar erklärt ihm das und jenes zu den Büchern, und der
haben. wie ist ihr Bezug zu Büchern, die sie lesen, oder auch nicht
General fragt: „Wie können Sie so viel über diese Bücher wissen, ha-
lesen?
ben Sie das alles gelesen?“, und der Bibliothekar sagt
Jd: Ich lese immer sehr viele Bücher gleichzeitig. Ich bin ein lang-
dann, er kennt sich so gut aus, weil er keines ge-
samer Leser. Ich zögere meine Liebesverhältnisse zu Büchern lang,
lesen hat. Er verwaltet nur die Buchtitel.
lang raus. Zum Beispiel lese ich seit 17 Jahren die „Suche nach der
GÄnsehaUt: sie sind
Ausgabe in zehn Bänden, 1979, Anm. d. R.). Umso näher ich dem
also der verwalter.
Ende komme, umso langsamer lese ich. Das ist ein Buch, das mich
verlorenen Zeit“, und bin noch immer im neunten Band (Suhrkamp-
Jd: Schon ein
schon lange begleitet.
Furt, Lebt 61 in kLagen geboren 19 00–2007 20 er in wien. aLs künstL ard sPring. rh ge beit Mit zusaMMenar beit biLden M seiner ar das zentru d PLakate un 13 en über 0 die inzwisch ge iothek un erende bibL die noMadisi er au deutschb cher. Mit J. Lesener bü LerweiLe tt Mi s eine verbindet un Ft. ha sc e Freund MehrJährig hekwww.BiBliot coM r-BUecher. UnGelesene
GÄNSEHAUT: Was lesen Sie noch?
GÄNSEHAUT: Nach ihrem kurzen Kammerldasein im Museumsquartier
jD: Den „Ulysses“ habe ich schon drei Mal gelesen, auch aus tech-
in Wien, ist die Bibliothek eine Wanderbibliothek geworden. Ist es leicht,
nischen Gründen. Ich lese sehr viele Bücher berufsbedingt. Ich bin
Orte dafür zu finden oder die Dauer der Öffnungszeiten festzulegen?
ein ganz ein langsamer Leser, ich kann gar nicht schnell lesen, aber
jD: Also, ich pass mich den Leuten an. Es gibt Anfragen. Ich habe
ich habe es doch gelernt: Ich hatte in Berlin eine Aufführung, wo
mich gefreut, dass der Andreas Gfrerer mich angesprochen hat, ob
es um Natascha Kampusch ging, da habe ich ihr Buch ganz schnell
ich irgendwas im Hotel machen möchte, und da sind wir sehr schnell
gelesen.
auf die Bibliothek gekommen.
GÄNSEHAUT: Vorher, nicht während der Lesung?
GÄNSEHAUT: Gibt es Elemente, die immer dabei sein müssen?
jD: Ich habe während der Lesung gar nix vorgelesen, aber ich habe
jD: Ja. Die Bücher, die Regale mit den Büchern, das ist klar, dann so
bei zwei Lesezirkeln daraus vorgelesen. Ein Mal war das Thema des
eine deutsche Sitzgruppe aus den vierziger Jahren, die hat so eine Ge-
Abends „Niemand“, also suche ich mir schon Bücher aus, wo ich
mütlichkeit und gleichzeitig eine besondere Hässlichkeit. Die braucht
mutmaße, da kommt „niemand“ vor, und ich habe bei Natascha Kam-
man eben zum Lesen. Dann ein Kanapee zum Liegen, weil häufig die
pusch 30 Belegstellen gefunden. Weil ich gespürt hab, der Priklopil
Frage in meinem Fragekatalog vorkommt „In welcher Stellung liest
hat sicher oft gesagt „Niemand hört Dich“, und tatsächlich, so war es.
Du meistens?“, und dann liegend die Antwort der meisten ist. Bei der
Ich habe das ganze Buch quergelesen, alle „niemand“-Stellen vorge-
Ausstellung im Freud-Museum meinten die Touristen alle, das sei die
lesen, dadurch hat man einen guten Eindruck vom ganzen Buch be-
Freud-Couch, aber es ist die Deutschbauer-Couch!
kommen. Beim Thema „Gefesselt“ habe ich auch relativ viel Natascha Kampusch gelesen. Diese Stellen, wo der Täter,
GÄNSEHAUT: Gibt es mehrere Ausgaben von dieser Couch und die-
wie sie ihn ja immer nennt, sie mit Kabelbindern fesselt.
ser Sitzgruppe? jD: Nein, nur eine. Obwohl ich nicht immer darauf bestehe. Im Mu-
GÄNSEHAUT: Nach welchen Kriterien suchen Sie sich einen Begriff aus, der dann Thema eines Lesezirkels wird?
seum, in der Landesgalerie in Linz, haben sie dort im Möbeldepot so fünfziger Jahre Möbel gehabt, und ich hab die Sitzgruppe aus diesen
jD: Manchmal lass ich das einfach bestimmen. Im Rahmen der
zusammengestellt. Ich hab nur einer Künstlerin, der Christine Pawlik,
Ausstellung in der Arbeiterkammer habe ich gesagt, ich gehe jetzt
eine Bank abgekauft, die mich jetzt auch immer begleitet. Und zwar
nach Salzburg, in die Blaue Gans und habe gefragt, „Mit welchen The-
hat sie eine Parkbank bestickt. Und ich dachte, das ist eine schöne
men soll ich denn dort Programm machen?“ Und dann kamen halt
Handarbeit, die muss ich unbedingt in die Bibliothek integrieren.
so zehn Themenvorschläge und von denen habe ich fünf oder sechs ausgewählt. Sie sind also auch fremdbestimmt, ich lasse mich gern
GÄNSEHAUT: Warum sind die Handarbeiten bei den Lesezirkeln so
fremdbestimmen.
wichtig?
18
Wunderkammer-Photo Š Andreas Kuntner
19
julius deutschbauer „bibliothek ungelesener bücher“ Öl und Kreide auf leinwand. diese arbeit verbleibt als erinnerung in der sammlung der blauen gans.
jD: Weil handarbeiten für mich wie lesen mit dem Körper ist. Lesen
wir uns besser unterhalten haben?“ oder „Was soll ich jetzt mehr
und handarbeiten hat schon eine gewisse Tradition, zum Beispiel in
fragen?“ habe ich bei Diderot gelesen. Der Ursprungsfragekatalog
den Tabakfabriken in Kuba gibt es einen Vorleser, während die Zigar-
stammt aus „Jacques der Fatalist und sein Herr“ von Denis Diderot,
ren gerollt werden, Zeitungen und Parteiprogramme werden da halt
und anfänglich habe ich direkt aus dem Buch die Fragen gestellt. Ich
vorgelesen, oder genehme Autoren. Oder Marx. Es gibt einen Marx-
habe die Fragesätze, die mir interessant und verwandlungsfähig in
Satz, es gibt Zustände, wo gewisse Handwerker, Weber, da geht es um
Bezug auf ungelesene Bücher schienen, unterstrichen und hab dann
Webereien in England, wo jemand webt und liest gleichzeitig. In „Das
immer so geblättert im Buch, das war für die Teilnehmer oder für
Kapital“ kommt das vor.
die Interviewpartner noch irritierender als wenn ich jetzt so mit dem Leuchtstift fast peinlich die Fragezetteln wälze.
GÄNSEHAUT: Wird oft von den Anwesenden gestrickt, gehäkelt oder was auch immer?
GÄNSEHAUT: Zum Fragenkatalog habe ich nachgelesen, dass er 300
jD: Es wird jedes Mal, ja. Hedwig Kainberger (Kulturredakteurin der
Fragen beinhaltet, stimmt das?
„Salzburger Nachrichten“, Anm. d. R.) war ganz lang da und hat, ich
jD: Ja.
weiß nicht, einen Handschuh gehäkelt in dieser Zeit. Handschuhe sind immer gut, so für heiße Bücher.
GÄNSEHAUT: Und für das jeweilige Interview werden 40 ausgesucht? jD: Ja. Ich blättere so rum. Ich bin beim Interviewen sehr unkon-
GÄNSEHAUT: Die handgearbeiteten Werke verbleiben ebenso wie die
zentriert. Also ich hör selten auf die Antworten, deswegen frage ich
ungelesenen Bücher in der Bibliothek?
auch nie weiter. Für Journalisten ist das eine unmögliche Art des
jD: Ja. Diese umhäkelten Bücher sind alle da, oder einen Bierwärmer
Interviews, weil es üblich ist, wenn jemand eine interessante Antwort
gibt’s, einen Schnauzbart, so einen Nietzsche-Bart. Ich habe einmal
gibt, dass man durch weitere Fragen das Thema vertieft. Stattdessen
viel Nietzsche zu einem Thema gelesen, und da wurde mir während-
stelle ich dann einfach eine andere Frage, die mir beim Blättern un-
dessen von einer Dame ein Nietzsche-Bart gehäkelt.
terkommt. Das, was ich jetzt nicht nachfrage, sagen mir die Leute bei einer x-beliebigen anderen Frage trotzdem.
GÄNSEHAUT: Und es werden Interviews ge-
Aber nicht in dieser Art von affirmativen Fragen.
macht. Was fragen Sie?
Wobei der Fragenkatalog ja von mir nur nach-
jD: Die erste Frage nach dem Wetter ist aus
erfunden ist, die meisten Fragen habe ich aus
dem “Mann ohne Eigenschaften“. Die einzige
Büchern abgezwirnt und eben umformuliert,
Frage, die von mir formuliert ist, ist „Welches
manchmal auch übers Knie gebrochen, aber im
Buch hast Du noch nicht gelesen?“, das ist die
Ursprung sind sie alle gelesene Fragen. Des-
einzige Frage. Auch die Schlussfrage, „Könnten
wegen bin ich auch so starr in meinem Konzept,
plakat „julius deutschbauer – bibliothek ungelesener bücher“ in der blauen gans
21
Bei der Ausstellung im das sei die Freud-Cou
weil ich auch den Autoren, von denen ich abgeschrieben habe, oder abgezwirnt hab, verpflichtet bin. GÄNSEHAUT: Hat sich der Fragenkatalog seit den Anfängen verändert? jD: Ja. Also er hat sich verdoppelt. Damit mir nicht langweilig wird und ich meiner eigenen Routine vorbeuge, habe ich ihn jetzt verdoppelt. Weil ich grad an einer Videothek der ungesehenen Filme arbeite, habe ich aus Filmliteratur, vor allem von Godard, aus „Liebe Arbeit Kino“ und aus seiner Geschichte des Films so 300 Fragen abgezwirnt und dann haben sich diese zwei Fragekataloge ein bisschen ausgetauscht. GÄNSEHAUT: Sie fragen nach dem, was man sich selbst nicht fragt. Sind Aha-Erlebnisse dabei, für Sie, oder für die Befragten? jD: Also mehr für die Befragten. Dadurch dass ich so viele Interviews schon gemacht habe, so über 600, gibt es nicht mehr so viele Aha-Erlebnisse. Andererseits, und, ja, dadurch dass ich gesegnet bin mit einem schlechten Gedächtnis, vergesse ich so Vieles, was gesagt wurde. So dass mir jedes Interview fast wie neu erscheint. Insofern bin ich auch immer wieder heimgesucht von Aha-Erlebnissen. Eine Künstlerin aus München ist im Sommer zu jedem Zirkel nach Salzburg gefahren, mit dem Zug, und mit dem letzten Zug dann immer wieder zurück. Sie war überrascht, dass ich sie interviewen werde, und ihr ist nichts anderes eingefallen als ein Buch, „Mirjam“, von einer Autorin, die vor Jahren, in den achtziger Jahren, ziemlich gehyped war, die Rinser, und hat es als Hassbuch genannt, und im Prinzip war ihr das unangenehm. Mir war es sehr angenehm. Das war so ein Erlebnis. GÄNSEHAUT: In einem anderen Interview haben Sie gesagt, dass
22
Freud-Museum meinten die Touristen alle, ch, aber es ist die Deutschbauer-Couch!
Ihnen solche Hassbücher die Liebsten sind, nicht die Bücher, die
so eine Filiale, von einem sehr begeisterten Manager einer großen
man irgendwann vielleicht doch lesen möchte aber nicht dazuge-
Unternehmensberatungsfirma, und der hat seine Filiale jahrelang
kommen ist, sondern die, die man auf keinen Fall lesen will. Haben
weitergeführt. Das ist super. Wenn die Bibliothek Kinder kriegt.
Sie treue Nicht-Leser, die mit der Bibliothek mitziehen? jD: Das kaum. Obwohl, wenn ich in Wien bin, da habe ich Leute, die
GÄNSEHAUT: Sie waren oft in Salzburg, nicht nur mit der Bibliothek
richtig alt geworden sind, mit mir, in der Bibliothek. Die weit über
sondern auch mit anderen Kunstprojekten, und waren dabei Gast in
achtzig sind und inzwischen halbseitig gelähmt und mehrere Schlag-
der Blauen Gans. Die „Bibliothek ungelesener Bücher“ wird verlän-
anfälle hatten. Aber ich hab auch schon so richtige Zirkel-Tote, Men-
gert, Sie wohnen wieder im Haus. In den Erinnerungen, die Sie zu
schen, die verstorben sind.
einem Ihrer Aufenthalte verfasst haben, ging es darum, alle 40 Zimmer zumindest einmal belegt zu haben. Haben Sie es inzwischen
GÄNSEHAUT: Fühlen Sie da eine Verantwortung, wenn so jemand
geschafft?
kommt, oder wenn jemand, den Sie befragt haben, nur mehr als
jD: Der Andreas Gfrerer hat mich jedes Mal in einem anderen Zim-
Stimme im Archiv existiert?
mer untergebracht. Nachdem ich vorher schon oft in diesem Hotel
jD: Nein, Tote verwalte ich nicht in meinem Archiv, also ich mache kein
genächtigt habe, habe ich zumindest alle Kategorien so ziemlich
Nein, Tote verwalte
Kreuz zum Buch und Interview dazu. Gegenü-
deutlich durch, im Sommer habe ich sogar das erste Mal ein Einzel-
ber den Zirkel-Getreuen fühle ich schon eine
zimmer gehabt. Mit einem Bett.
ich nicht in meinem
Verantwortung. Die Bibliothek gibt es 13 Jahre,
Archiv, also ich mache
und eine Künstlerin, die Gerti Fröhlich, kommt
GÄNSEHAUT: Haben Sie ein Lieblingszimmer herausfinden können?
kein Kreuz zum Buch
seit 13 Jahren immer zu den Lesezirkeln. Inzwi-
jD: Ach, die Suite ist schon sehr toll! Man verläuft sich dort ein bisschen.
und Interview dazu.
schen ist sie schon sehr gebrechlich, aber wenn
Das schreibe ich ja auch, dass die Suite so ein großes Bett hat, dass
sie kann, kommt sie mit dem Taxi, und ich denke,
man ein Navigationssystem braucht, falls man nicht alleine schläft.
irgendwann wird sie von einer Krankenschwester begleitet kommen. Manchmal lasse ich sie abholen, weil sie sich schon fürchtet im Win-
GÄNSEHAUT: Haben Sie dazu eine Empfehlung?
ter, weil sie nicht so leicht über glatte Flächen gehen kann.
jD: Am besten so oft herkommen, dass man wirklich in jedem Zimmer mindestens einmal genächtigt hat, und am besten zur blauen Stunde!
GÄNSEHAUT: In Salzburg waren Sie im Sommer 2010 mit der Bibliothek zu Gast, hatten Sie da auch treue Besucher?
GÄNSEHAUT: Eine Getränke- oder Speisenempfehlung?
jD: In Salzburg haben sich in dieser kurzen Zeit relativ viele Getreue
jD: Ach, ich trinke immer die Minibar leer. Zuerst ein kleiner Fisch, ich
gebildet. Ein Jurist hat mir angekündigt, inspiriert durch die Zirkel,
glaube, das ist Saibling, ein Saibling auf Salat, immer hier, und dann
eine Filiale der Bibliothek gründen zu wollen. In Zürich gab es einmal
zur blauen Stunde auf ins Zimmer! Das ist die Empfehlung! kb
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er ein eheMaLig seerhoF ist der tegern rs kLoste s bayrischen LesehoF de ranFter gene Fü its in bere tegernsee. en ed ri n sPitzen s gut Mit de tion wird da er is ka reck, arten, hÖhe Frauenweing rtaL ne ei st berg, berg, Loiben ch berg, keLLer ba eL tt MiLie Mi in von der Fa und suPPer dra ge derbar tet. die wun bewirtschaF r auF unsere ch si en ne Find Linigen wei weinkarte. t nseerhof.a
www.teGer
ein tag gLückLich sein, trunken voM wein. LebensLang, iM garten aM hang. 2
die weingartler vom mönchsberg haben die formel zum glück gefunden. Seit Beginn des Projektes, in einem
als Winzer bezeichnen würde. Die Schlüs-
brachliegenden Teil der Wehranlagen am
selliste für den Garten, der schon um 1139
Mönchsberg Wein anzubauen, sind viele
als Weingarten des Domstiftes und des Stif-
Jahre vergangen. Von den organisatorischen
tes St. Peter urkundlich erwähnt wird, und
Vorarbeiten, die Pfadfinder-Landespräsident
unter Erzbischof Paris Lodron als „Zwinger“,
Hans-Georg Keplinger übernahm, bis zum
als Wehranlage, erweitert wurde, trägt also
Tag, als die ersten Trauben geerntet werden
die Überschrift „Die Weingartler“.
konnten, musste sich das optimistische und tatkräftige Team gedulden. Alles wurde von
Hatte Martin Mittelbach noch an einen
Hand umgegraben, auf den Hang geschleppt,
Scherz geglaubt als Hans-Georg Keplinger
geschlagen, gesetzt, gezupft, gezogen, ge-
ihm erstmals vom Wein am Mönchsberg erzählte, ist auch er nun besonders stolz,
schnitten, gelesen.
die Geschichte des Weingartens weiter zu „Ein großer Wein entsteht immer im Wein-
schreiben. „Der Wein ist großartig“, sagt
garten“, sagt einer, der es wissen muss.
Mittelbach, „keiner, der internationale
Martin Mittelbach ist mit den Weinen seines
Bewertungen bekommen wird, aber man merkt, dass ausschließ-
Tegernseerhofes aus der Wachau auf den erlesens-
Im 18. Jahrhundert
lich Natur mitspielt. Er hat
ten Karten zu finden. Er ist
dem Adel und Klerus
Spannung und Ausdruck.“
es auch, der dem zehnköp-
vorbehalten, ist er
Ob der Malvasier, wie der
figen Team um Hans-Ge-
jedenfalls auch heute
frührote Veltliner zu Mo-
org Keplinger die Arbeit
eine Rarität.
zarts Zeit genannt wurde,
im Weingarten erklärt hat.
auch so schmeckt wie
Den Rest machte die Zeit. Und die ist jetzt
damals, ist eine romantische Wunschvor-
reif, um die ersten Flaschen vom Mönchs-
stellung. Im 18. Jahrhundert dem Adel und
berg, dem „Paris Lodron Zwinger“, zu ver-
Klerus vorbehalten, ist er jedenfalls auch
kosten.
heute eine Rarität. Andreas Gfrerer war so begeistert vom Weingarten über der Blauen
„Für uns war das einer der schönsten Mo-
Gans, dass er sich den Wein sofort sicherte.
mente: Den eigenen Wein zu trinken!“
Er kommt exklusiv in der Blauen Gans zum
schwärmt Keplinger, der sich dennoch nicht
Ausschank, solange der Vorrat reicht.
kb
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neu anfangen.
wird getötet und muss in der nächsten Runde auf Feld 1
Der Tod oder Der Fuchs (Feld 58): Die Gans des Spielers
Das Gefängnis (Feld 52): Drei Runden aussetzen.
Das Labyrinth (Feld 42): Zurückkehren zu Feld 30.
Fällen darf anschließend noch einmal gewürfelt werden.
auf Feld 53, muss sie sofort zu Feld 26 zurückkehren. In beiden
so kann sie direkt zu Feld 53 weiterziehen, landet sie umgekehrt
Die Würfel (Felder 26 und 53): Landet eine Gans auf Feld 26,
gerettete Gans wieder normal weiter ziehen darf.
stehen kommt und ihrerseits in den Brunnen fällt, während die
lange aussetzen, bis eine andere Gans genau auf diesem Feld zu
Der Brunnen (Feld 31): Wer auf diesem Feld landet, muss so
Die Herberge (Feld 19): Eine Runde aussetzen.
ßend noch einmal gewürfelt werden.
kann sie direkt zu Feld 12 weiterziehen, und es darf anschlie-
Die Brücke (Feld 6): Landet eine Spielfigur auf Feld 6, so
ein Gänsefeld, darf sie abermals vorrücken usw.
noch einmal weiterziehen. Gelangt sie dabei wiederum auf
dieser Felder kommt, darf die gewürfelte Augenzahl
32, 36, 41, 45, 50, 54 und 59): Eine Gans, die auf eines
Die Gänsefelder (Felder 5, 9, 14, 18, 23, 27,
GÄNSESPIEL SPEZIALFELDER
Da s L e b e n i s t e i n Gä n s e s p i e l . Je mehr man vorwärts gehet, je früher ko mmt man an das Ziel … (Johann Wolfgang von Goethe im „West-Östlichen Diwan“)
Die Spirale gilt seit Urzeiten als Symbol der unendlichen und unsterblichen Weltschöpfung. Aus dem mythischen Ursprung der Spirale entstanden im Lauf der Jahrtausende die vielfältigsten Spiele, darunter auch das vermutlich populärste in Europa, das Gänsespiel. Abgesehen vom Spielfeld geht auch das namengebende Tier auf die ägyptische Mythologie zurück, und die Anzahl der Felder, die für Schicksalsmomente des menschlichen Lebensweges stehen, folgt der Zahlenmystik der Antike: Jedes siebente und jedes neunte Jahr wird als Zeit der Veränderung angesehen, das 63. Lebensjahr, das Ergebnis von 7 mal 9, als das gefährlichste, und jedes darüber hinaus gehende Lebensjahr als ein Geschenk der Götter erkannt. Das Zielfeld, der Gänsegarten, kann als Vision des Paradieses verstanden werden. Erstmals belegt ist das Gänsespiel um das Jahr 1580 als Francesco di Medici aus Florenz dem spanischen König Philipp II. eine besonders edel ausgestaltete Version des Spiels schenkte. Es erfreute sich großer Beliebtheit am Hofe, verbreitete sich schnell und wurde nicht selten auch um hohe Einsätze gespielt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wandelte sich das Gänsespiel zum „harmlosen“ Kinderspiel. Zu dieser Zeit kamen auch die ersten kommerziellen Versionen auf, die bis in die Gegenwart in immer neuen Auflagen erscheinen. Das Gänsespiel der Blauen Gans sorgt für erfreuliche Gänsehaut und führt Sie, wenn nicht ins Paradies, zumindest in unseren Gastgarten! Würfel und Spielfiguren halten wir an der Rezeption für Sie bereit.
con amicizia!
KĂźnstlerische Begeg
nungen in Salzburg!
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Peter Handke: Regina Schmeke/SZ-Photo, H.C. Artmann: Nikolaus SIMILACHE, christa wolf: Ullstein Bild, K.M. Gauss: Helmut Fohringer, alle Ăźber picturedesk.com, stefan zweig: Hulton-Deutsch Collection/CORBIS
© Hulton-Deutsch Collection/CORBIS
studierte von 1971–1979 an der Universität Salzburg Musik und Literatur. Nach dem Studium Engagements an Theatern in Wien, München, Zürich, Bern und Freiburg, zuerst als Dramaturg, später auch als Regisseur. Seit 2008 ist er Direktor des „Stefan Zweig Centre“ an der Universität Salzburg, das seine Gäste gerne in der Blauen Gans beherbergt und bewirtet. www.stefan-zweig-centre-salzburg.at PS.: Im Herbst 2011 erscheint sein Roman „Lilys Ungeduld“ im Folio-Verlag Wien/Bozen.
Begegnungen K lemens R enoldner der unbeschwerten Art Als die Morgendämmerung die Räume aufhellte, leerten wir die
Sängerinnen und Sängern, Instrumentalisten, Orchestermusikern,
überfüllten Aschenbecher und stellten Gläser und Kaffeetassen zu-
Dirigenten und Komponisten. Die Festspiele sind in der Absicht ge-
sammen. Der Schweizer Schriftsteller Urs Widmer, ein Gast dieser
gründet worden, diese kleine (und damals völlig verarmte) Stadt an
Nacht wie wir, öffnete noch eine Flasche Rotwein. Keiner stellte die
der Salzach zu einem Ort der Begegnung mit Musik, mit der europä-
Frage, die wievielte es war. Inzwischen hatte der Herr im Haus, der
ischen Literatur und mit dem Drama der Welt zu machen.
Schriftsteller Hans Carl Artmann, in dieser Runde von allen nur als
Aber ich rede diesmal nicht von glücklichen Probenwochen für Oper
„Hazeeh“ angesprochen, das Buch, das er gesucht hatte, in seinem
oder Schauspiel, von ein paar gemeinsam durchfeierten Nächten zu-
Regal gefunden. Nun stand der Dichter vor uns und las uns in wei-
sammengewürfelter Bühnenkünstler oder einer rauschenden Premi-
hevollem Singsang Gedicht um Gedicht aus einem isländischen Ly-
erenfeier. Jeder, der im Theater zu Hause war, weiß ja, dass sich die
rikband vor. Wir verstanden kein Wort, spürten aber die Erhabenheit
urchristlich anmutende Gemeinschaft, deren Seligkeiten (und Ver-
des poetischen Augenblicks. Es bestand kein Zweifel, dass die nächt-
zweiflungen) man während einer Probenphase erleben kann, am Tag
lichen Zusammenkünfte in der Augustinergasse, in der Wohnung des
nach der Premiere in Luft auflöst und jeder wieder seiner Wege geht.
von uns verehrten Dichters, zum Aufregendsten gehörten, was uns
Ich spreche von Begegnungen der unbeschwerten, freien, ja der un-
jungen Freunden der Literatur je zustoßen würde.
nützen Art, von Zusammenkünften, die ohne Vertrag, ohne geschäft-
Bei H. C. Artmann und seiner Frau Rosa Pock war man als Besucher
liche Verabredung oder berufliche Verpflichtung zustande kommen.
stets willkommen. Ich erinnere mich nicht, dass sie einmal gesagt hätten, sie hätten keine Zeit, er müsse arbeiten, der Besuch sei nicht
Es ist ein grosser Vorzug Salzburgs, dass man diese Stadt oft
erwünscht, er wolle nicht gestört werden usw. Die Augustinergasse
unterschätzt. Die Reglements des unsanften Tourismus, die das Le-
Nr. 8 war für uns ein Beispiel an Gastfreundschaft, wie später auch
ben für die Eingeborenen in mancherlei Hinsicht mühsam machen,
das Haus am Schwarzgrabenweg Nr. 3, in das Artmann mit seiner Fa-
dazu der mediale Overkill in den Festspielwochen, diese Umstände
milie 1974 umgezogen war.
legen die irrtümliche Vermutung nahe, dass di-
Dachten wir anfangs, zum Gespräch an seinem Tisch sei nur derjeni-
ese Stadt kein Ort des Geisteslebens sein kann.
Zusammenkünfte, die
ge zugelassen, der klug über Literatur zu parlieren wusste, so stell-
Wie leicht lässt man sich doch täuschen! Um nur
ohne Vertrag, ohne
te sich bald heraus, dass an solchen Nachmittagen, Abenden und in
von der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart
geschäftliche Verab-
diesen Nächten meist nicht über Literatur gesprochen wurde, es ging
zu sprechen, so haben Schriftsteller wie Tho-
redung oder beruf-
um Politik, um Liebesgeschichten, um Malerei und Reisen, um frem-
mas Bernhard, Peter Handke, H. C. Artmann,
liche Verpflichtung
de Länder und Städte und das, was jeder gerade mitbrachte in die
Gerhard Amanshauser, Franz Innerhofer, Peter
zustande kommen.
Runde. Und natürlich bewunderten wir Emily Chriseldis, H. C. Art-
Rosei, Walter Kappacher, Brita Steinwendtner,
manns Tochter, die vor kurzem das Licht der Welt erblickt hatte.
Vladimir Vertlieb, Karl-Markus Gauß, Ludwig Hartinger, Max Bläulich und andere dieser Stadt ihr intellektuelles Profil gegeben. Aber auch
Begegnungen in Salzburg. Junge schwärmerische Menschen
bildende Künstler wie Oskar Kokoschka, Agnes Muthspiel, Trude En-
und anerkannte Künstler begegnen sich in dieser Stadt. Die Stadt der
gelsberger, Max Peiffer Watenphul, Rudolf Hradil, Herbert Breiter,
Musik schafft ungezählte Gelegenheiten für Begegnungen zwischen
Markus Vallazza und andere lebten in dieser Stadt, versammelten
31
Künstler, schufen leidenschaftliche Begegnungen jenseits von Fest-
eines Ortes. Worauf es sonst ankommt? Sieben Gebote sind es, die
spielbetrieb und Kunstbetrieb. Die von Oskar Kokoschka gegründete
zu berücksichtigen sind: 1.) Man muss die Menschen mögen und sich
und heute von der Salzburgerin Hildegund Amanshauser geleitete
über das Zusammensein mit ihnen freuen. 2.) Es bereitet daher Lust
„Internationale Sommerakademie für bildende Kunst“ ist ein Forum
anzuhören, was die Leute zu erzählen haben. 3.) Man sollte selbst
der informellen Begegnungen. Besonders bedeutsam ist die „Som-
auch etwas zu bieten haben, sowohl um die Gäste zu unterhalten, als
merakademie“ auch deswegen, weil es die zeitgenössische Kunst in
auch um ihre Kühnheit anzustacheln. 4.) Es ist vonnöten, dass sich
dieser Stadt immer schon schwer hatte. Der Dialog junger Künstler
die Unterredungen ihre unberechenbaren Wege suchen können und
mit Lehrern und Mentoren wird durch die Atmosphäre des Ortes, die
keiner sie auf diesen ausschweifenden Umwegen behindert. 5.) Es
Festung Hohensalzburg, und das Engagement ihrer renommierten
versteht sich, dass sich Hader und Entzweiung durchaus einstellen
Direktorin befördert.
können. Beim nächsten Zusammentreffen jedoch werden derlei Vor-
Unweit der Festung, am Mönchsberg, findet sich das Haus von Hans
kommnisse als unbedeutende Episode ad acta gelegt. 6.) Es gibt kein
Widrich, auch er ein besonderer Freund der Künstler in dieser Stadt.
Reglement über die Dauer und die Häufigkeit solcher Versammlungen.
Schon Bertolt Brecht wohnte in diesem Haus, hier lebte Peter Hand-
7.) Aber das (im Falle man sich zu Hause begegnet) versteht sich von
ke mit seiner Tochter Amina, und hier begegneten sich viele illustre
selbst: dass der Gastgeber ausreichend Wein in seinem Keller lagert
Maler, Schriftsteller und Theaterleute. Das Gästebuch von Hans Wid-
und auch sein Kühlschrank für Hungrige etwas zu bieten hat.
rich ist ein faszinierendes Dokument, wie vital diese Stadt sein kann. Am Mönchsberg befindet sich auch das Stefan Zweig Centre. Seit Auch Thomas Oberender, Schauspieldirektor der Salzburger
2008 bin ich als Direktor für das Programm dieses universitären Zen-
Festspiele, ermöglichte den Salzburgern viele Begegnungen mit
trums verantwortlich. In der Villa aus dem 17. Jahrhundert verbinden
Künstlern und Schriftstellern. Im Sommer 2010
sich Freunde von Literatur, Kunst und Wissen-
war der italienische Autor Claudio Magris als
Es bedarf der
schaft. Denn Stefan Zweig lebte fünfzehn Jahre in
„Dichter zu Gast“ in Salzburg, gerne saß er nach
Begabung einer eigen-
Salzburg, und in seinem Haus am Kapuzinerberg
seinen Veranstaltungen in der Blauen Gans. Auch
willigen Persönlich-
Nr. 5 waren so berühmte Gäste zu Besuch wie Ro-
dies ist ein besonderer Ort für Salzburger Begeg-
keit, Menschen
main Rolland, James Joyce, Thomas Mann, Béla
nungen. Hier sind nicht nur Zimmer und Flure mit
zusammenzubringen …
Bartok, Alban Berg, Richard Strauss, Bernhard
Originalen von Künstlern ausgestattet, in dieser Atmosphäre treffen sich Wissenschaftler der Universität mit Künst-
Paumgartner oder Alfred Kubin, die Dirigenten Arturo Toscanini und Bruno Walter, nur ein paar Namen von vielen.
lern und Einheimischen.
Stefan Zweigs Begabung, Begegnungen zwischen Künstlern und
Auch die deutsche Schriftstellerin Christa Wolf war einmal „Dich-
Intellektuellen herbeizuführen, war bewundernswert. Ein Genie
terin zu Gast“ bei den Salzburger Festspielen, unvergesslich wie sie
der Freundschaft, so nannte ihn Romain Rolland, und das trifft zu:
jeden Tag vor und nach ihren Veranstaltungen im Café Bazar verweil-
Freundschaften zu stiften war ein Teil von Zweigs Mission. Wenn wir
te. Viele fanden sich an Christa und Gerhard Wolfs Tisch ein, Donna
auf Anregung Thomas Oberenders in diesem Sommer 2011 aus An-
Leon machte ihr die Aufwartung, und so mancher Studentin, die eine
lass der Uraufführung von Peter Handkes Theaterstück „Immer noch
Diplomarbeit über die Autorin schrieb, gab Christa Wolf bereitwillig
Sturm“ die Terrasse vor unserem Haus für einige Tage im August in
Auskunft.
eine (übrigens von der Blauen Gans betriebene) Osmica, eine slowe-
Und was sind die Ingredienzien dieser Begegnungen? Es
gen neue Begegnungen mit Handkes Werk anbieten, dann geschieht
bedarf der Begabung einer eigenwilligen Persönlichkeit, Menschen
dies in Stefan Zweigs Salzburger Vermächtnis. Und der Mönchsberg
zusammenzubringen, und es braucht die besondere Atmosphäre
wird zu einem Ort der Begegnung.
nische Buschenschank, verwandeln, und in Gesprächen und Vorträ-
32
kR
PETER HANKE © REGINA ScHMEKE/SZ-PHOTO/PIcTUREDESK.cOM
s dichter zu gris war aL cLaudio Ma en gans. an in der bLau gast – auch saLzten abend in seineM Letz von sich to Fo n uns ei burg hat er durch die ng grüssend signiert, gi nd zurück Postwende tür, kehrte ea – con te: „Per andr und ergänz in Freundür andreas, aMicizia!“ (F ig!“ zt ist es Fert schaFt!) „Jet baLd, s bi , co Po a tra ! ProFessore
G ETREIDE G ASSE Die Getreidegasse war bis in Zeiten Erzbischof Wolf Dietrichs, also bis ins frühe 17. Jahrhundert, die einzige Durchzugstrasse durch das mittelalterliche Gassengewirr. Sie war das Zentrum der Hufschmiede, Bierbrauer,
Perückenmacher,
Goldschmiede
und Apotheker, der Bürgermeister und Stadträte, der Saumhändler und Wirte, der hochfürstlichen Pfleger und Richter, der Münzer und Gewerken; fast alle geschichtsträchtigen Familien hatten hier ihren Sitz. Hofmusiker wie Franz Heinrich Biber oder Leopold Mozart waren hier höchstens Untermieter. Wohlstand und Glanz eines kleinen Fürstentums spiegelt sie, und die Unabänderlichkeiten des täglichen Lebens: beides traf in der Gasse zusammen. Unsere Zimmer im Getreidegassen-Haus weisen mit einem sympathischen Augenzwinkern auf die typisch bürgerliche Baukultur der Stadt hin: astige Holzböden, Sandstein, kräftige Profile, unregelmäßiger Putz, Loden, Filz und die Dirndl-Stoffe vom Heimatwerk für die modernen Lampen von Polka-Design. Die Bäume und Wiesen auf den Stadtbergen inspirierten die Architekten von CP-Architektur zur gewagten Fragestellung, wie grün eine Blaue Gans sein darf.
k a r a j a n p l a t z 1598 erwarb Wolf Dietrich den Großteil des „Frauengartens“ von St. Peter und ließ „auf dem größten Bauplatz der Stadt überhaupt“ (F. Martin) einen Hofmarstall für seine Pferde errichten, dem 1693 durch Erzbischof Ernst Thun auf dem HeuwaagPlatz (heute Herbert-von-Karajan Platz) eine Pferdeschwemme und eine Sommerreitschule im Mönchsberg-Felsen folgten. Nach Umbauten der Reitschule und Teilen der Stallungen zum Kleinen Festspielhaus im Jahr 1926 gestaltete Clemens Holzmeister zwischen 1956 und 1960 den Hofmarstall zum Großen Festspielhaus um. Für den Neubau wurden zuerst 55.000 Kubikmeter des Mönchsbergs abgetragen, um genug Platz für den gewaltigen Bühnenturm und die Bühne zu schaffen, und anschließend das Festspielhaus errichtet. Die ehemalige „Via Principalis“ der Erzbischöfe, die Hofstallgasse, wurde somit zum schönsten Pausenfoyer der Welt.
Inhalte aus unserer Hauschronik: Gasthaus zur Blauen Gans Fürstenbier – Bürgermeister – Mozart-Freunde von Hans Spatzenegger Christian Prasser www.cp-architektur.com
Die Zimmer zum Karajan Platz reflektieren diese gewaltige städtebauliche Veränderung, die unseren ehemaligen Hintereingang zum prominenten Festspiel-Entrée beförderte. Die Zimmer sind auf salzburgerische Weise mondän und großzügig, weltgewandt und offen – und erinnern mit sowohl subtilen Anklängen als auch großer Geste an die lange Tradition des Hauses als Gasthaus und Herberge.
ag
Walk of Modern Art Bei dem in Europa einzigartigen Projekt der Salzburg Foundation prasentieren die wichtigsten internationalen zeitgenossischen Kunstler ihre Kunstwerke in der Stadt Salzburg. Musik und bildende Kunst prägen das Selbstverständnis der Stadt Salzburg. Das ehrgeizige Anliegen der Salzburg Foundation ist es, die kulturelle Tradition Salzburgs durch zeitgenössische künstlerische Positionen zu erweitern und den öffentlichen Raum in einen Kunstgarten zu verwandeln, der zu Auseinandersetzung und Diskussion auffordert. Jährlich lädt die Salzburg Foundation einen international renommierten Künstler ein, die Stadt Salzburg zu besuchen, sich eingehend mit ihr zu beschäftigen und anschließend ein Werk im öffentlichen Raum zu realisieren. Die Auswahl der jeweiligen Künstler erfolgt durch ein internationales, unabhängiges Expertenteam unter der künstlerischen Leitung von Prof. Dr. h.c. Walter Smerling. Wieso wurde der Kiefer-Pavillon so heiß diskutiert? Was bedeuten die Ziffern im Wald von Mario Merz? Wohin möchte James Turell im Skyspace unsere Blicke lenken? Wen stellen die Figuren von Stephan Balkenhol dar? Warum lädt uns Marina Abramovic zum Verlieren der Zeit ein? Was hat die Mozart Skulptur von Markus Lüpertz mit dem Künstlergenie Mozart zu tun? Die Kunstwerke der Salzburg Foundation geben Antworten, aus denen wieder neue Fragen entstehen.
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Anthony Cragg: Caldera makartplatz
01
02
Markus Lüpertz: Mozart – Eine Hommage markusplatz
Marina Abramovic: Spirit of Mozart staatsbrücke 12
03 04
Mario Merz: Ziffern im Wald mönchsberg – nähe panormamaweg
11
brigitte kowanz: beyond recall staatsbrücke // ab okt. 11
James Turrel: SKY-SPACE neben dem museum der moderne am mönchsberg
manfred wakolbinger: connection rudolfskai // ab okt. 11
erwin wurm: gurken furtwänglerpark // ab okt. 11
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Anselm Kiefer: A.E.I.O.U. kollegienkirche
Jaume Plensa: Awilda „Dietrichsruh“ Universität Salzburg
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07
05
Christian Boltanski: Vanitas salzburger dom
Stephan Balkenhol: frau im fels toscaninihof 07
Stephan Balkenhol: Sphaera kapitelplatz
walk of modern art Das Kunstprojekt der Salzburg Foundation lädt dazu ein, den Stadtraum mit neuen Augen zu erleben. Wir schlagen Ihnen eine künstlerische Promenade vor, bei der Sie sich Sehens-Würdigem widmen – die Sehenswürdigkeiten aus dem Reiseführer gibt’s gratis dazu. Nehmen Sie eine neue Perspektive ein und lassen Sie sich von den Gedanken der Künstler zum jeweiligen Ort berühren! Der etwa 90minütige „Walk of Modern Art“ startet beim arthotel Blaue Gans, und endet im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg, das ausgezeichnete Museumsrestaurant M32 bietet sich für eine Rast an. Der geführte Rundgang wird in Deutsch, Englisch und Italienisch angeboten. Natürlich können Sie auch auf eigene Faust durch unseren urbanen Skulpturengarten schlendern. Einen Folder mit Informationen gibt’s an unserer Reception.
ag
www.salzburgfoundation.at
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Anthony Cragg: Caldera makartplatz
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Markus Lüpertz: Mozart – Eine Hommage markusplatz
Marina Abramovic: Spirit of Mozart staatsbrücke 12
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Mario Merz: Ziffern im Wald mönchsberg – nähe panormamaweg
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brigitte kowanz: beyond recall staatsbrücke // ab okt. 11
James Turrel: SKY-SPACE neben dem museum der moderne am mönchsberg
manfred wakolbinger: connection rudolfskai // ab okt. 11
erwin wurm: gurken furtwänglerpark // ab okt. 11
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Anselm Kiefer: A.E.I.O.U. kollegienkirche
Jaume Plensa: Awilda „Dietrichsruh“ Universität Salzburg
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Salzburg aus der Perspektive internationaler zeitgenossischer Kunstler entdecken. 38 38
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Christian Boltanski: Vanitas salzburger dom
Stephan Balkenhol: frau im fels toscaninihof 07
Stephan Balkenhol: Sphaera kapitelplatz
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MarkUsplatz
Makartplatz
staatsBrücke
MarkUs lüpertz MOZART – EINE HOMMAGE
anthony craGG cALDERA
Marina aBraMovic SPIRIT OF MOZART
Markus Lüpertz’ Werk ist ein unbekleideter weiblicher Torso, dem die Büste des Komponisten mit dem charakteristischen Zopf aufgesetzt ist. Der Künstler belässt seinen Mozart im bewussten Widerspruch zwischen männlich und weiblich, kräftig und zart, zwischen Montage und Demontage, Vollendung und Fragment.
Vor- und aus Bronze, Landschaft r schiere de ah w an in ne ne t ei e sich gege „caldera“ is di , Formen en er rm es en, Fo alb di ten. Innerh Rücksprüng achen, die sm che Schich is au on le kt ofi te Pr ben wie enschliche d ebenso etrachter m ragieren un kann der B umlich inte rä dort und n, an he St uc ch fta den – je na plötzlich au in w ch rs ve ieder plötzlich w g. Blickrichtun
Ein fünfzehn Meter hoh er Stuhl ist umgeben von acht weiteren, für das Publiku m benutzbaren Stühlen . Die aus Edelstahl gefertigte Inst allation ist ein Angebo t und eine Aufforderung an die Bes ucher. Sie lädt zur Med itation ein – und das ganz bewuss t im belebten Stadtraum .
* Bei redaktionsschlUss noch nicht finalisiert
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staatsBrücke
rUdolfskai
salzBUrGer doM
BriGitte kowanz BEyOND REcALL
Manfred wakolBinGer cONNEcTION
christian Boltanski VANITAS
Brigitte Kowanz ist bekannt für ihre Lichtinstallationen, die sie in Form von Raumbildern realis iert oder als „Interventionen“ im architektonischen Kont ext umsetzt. Eine solche „Intervention“ hat sie auch für die Salzburger Staatsbrücke vorgesehen, in deren Architektu r sie gleichermaßen behutsam wie eindringlich mit ihrem Projekt eingreift.
turen aus Edelstahl Wakolbingers großformatige Skulp ickelt, bevor der entw uter comp am chst zunä werden Kunstprojekt das Für tzt. umse isch Künstler sie plast hen alter zwisc i lfska Rudo am Salzburg hat er einen Platz den er als Bühne für Stadtmauer und Salzach gewählt, ein Bezug zum kultuseine Skulptur begreift, durch die urg entsteht. Salzb Stadt der is tändn rellen Selbstvers
In der chorkrypta des spätromanischen Salzburger Doms hat der französische Künstler christian Boltanski unter dem Titel „Vanitas“ ein Schattenspiel inszeniert, das sich sehr präzise auf den Ort einlässt. Boltanski schafft ein Bild der Vergänglichkeit, das dem Raum entspricht: Die chorkrypta war einst geweihter Kirchenraum, der auch als Grablege diente.
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„dietrichsrUh“ UniversitÄt salzBUrG
kolleGienkirche
stephan Balkenhol SPHAERA
JaUMe plensa AWILDA
anselM kiefer A.E.I.O.U.
Die Skulptur „Sphaera“ auf dem Kapitelplatz ist mit Sockel rund 9m hoch. Sie zeigt eine männliche Figur, die gelassen auf einer großen Goldkugel steht. Schwarze Hose, weißes Hemd, neutrale Haltung und Ausdruck – dieser Mann könnte uns bekannt sein, könnte aber auch jedermann sein.
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„Awilda“ ist der monumentale, 5 Meter hohe Kopf eines jungen Mädchens mit karibischen Gesichtszügen, gestaltet aus weißem spanischem Marmor. Die Figur, die unmittelbar aus dem Boden zu wachsen scheint, vereint Distanz und Nähe gleichermaßen. Sie strahlt eine übernatürliche Ruhe und etwas höchst Rätselhaftes aus.
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wurde rtwänglerpark – ert mitten im Fu baut und eingeDas Haus – platzi ge rs tle ns Kü s gaben de ern, exakt nach den An g bleiernen Büch ge mit den sechzi herause ch üs richtet. Die Stella nb rne Do e marokkanischer Bild aus denen Zweig nüber befindliche en und das gege ein sch sen ach zuw er in Beziehung. nd ina zue ten tre rlager“ „Wach im Zigeune
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fUrtwÄnGlerpark
neBen deM MUseUM der Moderne
MönchsBerG – nÄhe panoraMaweG
erwin wUrM GURKEN
JaMes tUrrel SKy-SPAcE
Mario Merz ZIFFERN IM WALD
Wesentlicher Bezugspunkt in Wurm s Werk – so auch den Salzburger „Gurken“ – ist der Mens ch in all seiner Individualität: „Die Faszination an der Vielfalt der Formen, die man nicht ausschöpfen kann , weil keine der anderen gleicht – das hat schon was. Jede Gurke ist individuell verschieden, aber doch sofort als Gurke erkennbar und einem Ganzen zuordenbar… ähnli ch den Menschen.“
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n Kunstraum in Form Es handelt sich um einen begehbare entlang der Innenwände der ders, Zylin n ische ellipt eines thält und nach oben Sitzflächen für den Betrachter berei t des Himmels mit chnit Auss bare hin geöffnet ist. Der sicht wird so zum Bestandteil seinen Licht- und Farbvariationen ng besuchen – geöffnet! des Werks. Tipp: in der Dämmeru
Nahe dem Museum der Moderne liegt das Werk, halb versteckt hinter Bäumen und Büschen und schafft besondere Bezüge zum Aussichtspunkt über die Stadt. Die Konstruktion wirkt überraschend und geheimnisvoll. Sie ist allseitig offen und fügt sich sehr harmonisch in die Landschaft ein, eine perfekte Symbiose von künstlerischer und natürlicher Kreation.
© SALZBURG FOUNDATION (9)
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kapitelplatz
KONRAD ADAM IRENE ANDESSNER SIEGFRIED ANZINGER ALFREDO BARSUGLIA JOSEPH BEUyS PIRMIN BLUM BAZON BROcK JULIUS DEUTScHBAUER DEUTScHBAUER/SPRING ELISOPHIE EULENBURG EVA & ADELE SIEGFRIED A. FRUHAUF SOFIA GOScINSKI FRANZ GRAF HANAKAM/ScHULLER PETER HAUENScHILD HAUENScHILD/RITTER BENJAMIN HEISENBERG LORI HERSBERGER HINTERLAND BRUNO HOFFMANN MARIE-LUISE LEBScHIK cONSTANTIN LUSER JONATHAN MEESE SISSA MIcHELI DAVID MOISES ALOIS MOSBAcHER c.O. PAEFFGEN KATRIN PLAVcAK TOBIAS REHBERGER ISA ScHMIDLEHNER cLAUDIA ScHUMANN LEIF TRENKLER ROSEMARIE TROcKEL WALTER VOPAVA FRANZ WEST
WWW.ebensperger.net
Eine Stadt mit 50 Jazzclubs
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Unsere Caverne ist so etwas wie die Urzelle der Blauen Gans. Die Konglomeratquader ihres Gewölbes stammen aus einer Zeit, in der man ernsthaft den Mönchsberg auf der gesamten Länge des Karajanplatzes zerschneiden wollte, um die beengte Wohnsituation in der zu klein gewordenen Stadt zu entschärfen.
Jazz & The City wird vom Altstadt Salzburg Marketing organisiert und vom renommierten Jazz-Veranstalter Gerhard Eder geleitet. 50 Konzerte in 100 Locations an fünf Tagen, alle bei freiem Eintritt.
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Diese selbstbewusste Unternehmung führte zu einem heute noch unregelmässigen Felsverlauf, dort wo früher der Steinbruch war (oberhalb des Neutors, ja, ich weiss, aber ich sage immer noch nicht „Sigmundstor“), und zu tonnenweise porösem, leicht zu bearbeitenden Stein, aus dem die Stadt gebaut ist.
Die Caverne diente jahrelang als Lager
ich diese etwas spezielle Form der „Haus-
für Kohle, die über Schütten von der Ge-
musik“ sehr zu schätzen gewusst, und von
treidegasse hinunterbefördert wurde. In
der Stiege aus zugehört.
den 1920er Jahren erhielt das Haus eine
Bei unseren Konzerten im Rahmen des Alt-
Gaszuleitung, und aus dem Kohlenkeller
stadtfestivals „Jazz & the City“ im Oktober
wurde ein Gemüse- und Weinlager, das
erinnern wir an diese musikalische Ära in
über eine steile Stiege erreichbar war.
unserem Haus, die sich Anfang der 90er
Mein Großvater fühlte sich während der
selbst überlebt hatte. Nach einigen Jahren
Bombardements der Allierten im Keller
Pause haben wir den Keller von mexika-
inmitten von Weinflaschen und Erdäpfelsä-
nischer Folklore befreit, und bieten nun im
cken sicherer als in den Luftschutzbunkern
intimen Rahmen des mächtigen Gewölbes
im Mönchsberg. 1972 verpachteten meine
musikalischen Genuss auf höchstem Niveau.
Eltern (aufgrund nichtgastronomischer be-
Wenn der Jazz seinen angestammten Platz
ruflicher
in der Caverne wieder
Orientierung)
das Restaurant an den
Falls Sie mitschwingen
einnimmt, habe ich das
Jazz-affinen Kellner Adi
wollen: die Termine
Gefühl, die jahrhunder-
Jüstel, der aus dem Kel-
für das nächste Jazz
tealten Mauern swingen
ler den ersten Jazzclub
& The City gibt es auf
ein bisschen mit, ganz so,
der Stadt machte, den le-
www.salzburgjazz.com
als begrüßten sie einen
gendären Mexikano-Kel-
alten Bekannten. Auch
ler. Die Austro-Jazz-Größen der 70er und
die Gäste sind locker, und das Festival wird
80er Jahre waren hier Stammgäste: Oscar
zum urbanen Schwingen: in über 50 Res-
Klein, Fatty George, Richard Kleinschuster,
taurants, Bars, Gast- und Kaffeehäusern
Rudi Wilfer uvm. Friedrich Gulda probte oft
wird bei – freiem Eintritt – getrötet und im-
im leeren Souterrain statt im Festspielhaus,
provisiert, bis die Dächer wegfliegen. „Eine
und kam nach einem fulminanten Klavier-
Stadt mit 50 Jazzclubs“ schrieb Clemens
konzert aus seinem Zimmer beim noblen
Panagl in den „Salzburger Nachrichten“.
Nachbarn in den Mexikano Keller herüber,
Die Konzerte sind in Sessions geteilt und
um noch ein bisschen zu jammen. Interna-
getaktet, damit man nichts versäumt – und
tionale Jazzer wie Monty Alexander, heute
wiederkommen kann, wenn es wo beson-
Garant für überfüllte Konzertsäle, spielten
ders schön war. So ziehen 35.000 Menschen
in der mexikanisch-salzburgerischen Pro-
in fünf Tagen durch ihre Stadt und begeis-
vinz „downstairs“. Auch Ella Fitzgerald
tern sich für das immer wieder Schöne
steht im Gästebuch. Als Mittelschüler habe
oder das aufregend Neue.
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Zuletzt in der Caverne der Blauen Puschnig . Paolo Fresu und Nygen Soyka . Die Strottern . Livio Minafr Brein’s Café . Martin Lubenov & Vla und Stefan Gfrerrer
Gans: Bill Evans . Wolfgang Le . Ernst Molden und Walther a . Georg Breinschmid mit dimir Karparov . Klaus Paier
Eat & Meet
Was im Englischen so leicht von der Zunge geht, wird im Deutschen ziemlich sperrig. „Essen & Treffen“ klingt nach dem Jahresfest des lokalen Bogenschützenvereins und „Essen mit Begegnungsqualität“ nach einem New Age-Kochkurs. Wer aber keine deutsche Entsprechung braucht, hat sicherlich eine Vorstellung, was das Programm verspricht: genussvolle Stunden, anregende Gespräche, neue Bekanntschaften, erweiterter Horizont, alles in allem eine verbesserte Genussfähigkeit.
Die Reihe der gastronomischen Gespräche in der Blauen Gans haben wir „Kulinarische Begegnungen“ genannt. Das Format ist einfach: 25 Personen nehmen an einer besonders schön gedeckten Tafel in unserer Caverne Platz, wir servieren ein mehrgängiges Menu, und ein Produzent wertvoller Lebensmittel redet was. Im Idealfall – und glücklicherweise war das bei allen Abenden ausnahmslos der Fall – entsteht eine Tischrunde, bei der spürbar wird, wie Menschen mit Leidenschaft Lebensmittel erzeugen, mit welcher Akribie sie experimentieren, wie sie um den noch besseren Geschmack ringen, und wie sie mit Glückstreffern und Rückschlägen umgehen. So war das beim Kaiser der Paradeiser, Erich Stekovics, und beim Balsam-erzeugenden Opernsänger Herwig Pecoraro, beide Menschen mit wenig geradliniger Biografie. Letztere haben sie mit dem Schokolade-Innovator Josef Zotter gemeinsam, dessen Weg zum Erfolg auch die Sackgasse „Insolvenz“ kennt, und der mit einem Essbaren Tiergarten inklusive Am-Vieh-Theater seine ungewöhnlichen Ideen und Anliegen weiter verfolgt. Heinrich Zehetner ist eigentlich Logistik-Berater, aber den Sinn des Lebens findet der „Oleomane“ im Einsatz für die besten Olivenöle, produziert unter den strengen Qualitätsauflagen von Veronelli. Andreas Gugumuck hat als studierter Wirtschaftsinformatiker den elterlichen Bauernhof übernommen. Dass er heute Vollerwerbsbauer sein kann, verdankt er einem Lebensmittel mit langer Genusstradition:
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der Wiener Weinbergschnecke (Übrigens: Salzburg war zur KuK Zeit eine wahre Schneckenhochburg, von hier wurden Schnecken in großem Stil nach Frankreich exportiert.) Gemeinsam mit Slow-Food-Initiatorin Barbara van Melle war die Wiener Weinbergschnecke Ausgangspunkt für eine hochkarätige Diskussion mit Journalisten, Advanced Eaters und Gastronomen über die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und über die Glaubwürdigkeit von „Bio“ und „Regional“. Rainer Balcerowiaks Anliegen ist eine Demokratisierung des Genusses. Der Journalist und Autor setzt sich dafür ein, dass die Konsumenten das Blendwerk der Konzerne und Handelsketten durchschauen. Es gibt für ihn auch keine „großen Weine“, sondern nur passende Weine für
Es gibt keine „grossen
den jeweiligen Anlass,
Weine“, sondern nur
so genannte „Helden
passende Weine für
des Alltags“. Das war
den jeweiligen Anlass.
das Stichwort für Claus Preisinger und dessen
GÄNSEHAUT-Cuvée (ME, ZW, BF, exklusiv für die Blaue Gans abgefüllt). Geradlinig, glasklar und von berückender Reinheit, als Hauswein das absolute Understatement. Der Schriftsteller Reinhard P. Gruber hat mit seinem Buch „Einfach Essen“ eine Hommage an das Butterbrot verfasst, und einen Nachruf auf die Krautfleckerl seiner Kindheit. Das letzte Essen vor seinem Tode – so er gefragt würde – solle ein Paprikahendl sein. Diesen Wunsch konnten wir ihm vorzeitig erfüllen. Der Abend wurde zu einer Feierstunde der Einfachheit, denn, so Gruber, „Nicht das bessere Essen bringt den höheren Genuss, sondern das Genießen des einfachen Essens führt zum besseren Leben.“
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Eat & Meet. „And Live!“, möchte man ergänzen.
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JONATH A N M E E S E I M GÄ N S E H A U T - I N T E R V I E W
SIEGFR I E D A . F R U H A U F A L S A R T I S T I N R E S I D E N c E
DIE BIB L I OT H E K U N G E L E S E N E R B Ü c H E R Z U GA S T I N D E R B L A U E N GA N S
DIE WE I N GA R T L E R A U F D E M M Ö N c H S B E R G
KLEME N S R E N O L D N E R E R I N N E R T S I c H
EINE K U N S T - P R O M E N A D E
URBAN E S S c H W I N G E N I N D E R cAV E R N E
ESSEN T R I N K E N P L A U D E R N B E I „ E AT & M E E T “
arthotel BlaUe Gans . a 020 salzBUrG . GetreideGasse 1– . herBert-von-karaJan platz . p + 662 8 2 1-0 . f + 662 8 2 1- . office@BlaUeGans.at