Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung Grundlagen Berechnung Planungswerkzeuge
Holger König Niklaus Kohler Johannes Kreißig Thomas Lützkendorf
∂ Green Books
Impressum
Projektleitung: Steffi Lenzen, Dipl-Ing. Architektin Redaktion und Lektorat: Jakob Schoof, Dipl.-Ing. Redaktionelle Mitarbeit: Sandra Leitte, Dipl.-Ing.; Kimo Ahmed; Carola Jacob-Ritz; Oliver Oelkers, Dipl.Designer; Jana Rackwitz, Dipl.-Ing.; Eva Schönbrunner, Dipl.-Ing.; Aristotelis Shomper Zeichnungen: Rana Aminian; Ralph Donhauser, Dipl.-Ing.; Cedric Ehlers; Evelina Vatzeva Gestaltung: Cornelia Hellstern, Dipl.-Ing.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. DTP & Produktion: Roswitha Siegler, Simone Soesters Reproduktion: Martin Härtl OHG, München Druck: Aumüller Druck, Regensburg 1. Auflage 2009 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG Hackerbrücke 6, D-80335 München Telefon: +49/89/38 16 20-0 Telefax: +49/89/39 86 70 www.detail.de © 2009 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München Ein Fachbuch aus der Redaktion DETAIL ISBN: 978-3-920034-30-0
Die für dieses Buch verwendeten FSC-zertifizierten Papiere werden aus Fasern hergestellt, die nachweislich aus umwelt- und sozialverträglicher Herkunft stammen
Inhalt
Einleitung
6
Bewertung der ökonomischen Vorteilhaftigkeit
58
Grundlagen
8
Aufgaben und Ziele aus Sicht der Akteure Lebenszykluskostenrechnung Ermittlung der Baukosten Ermittlung von Nutzungskosten Hinweise zur Berücksichtigung externer Kosten Wirtschaftlichkeitsrechnung
58 58 64 66 70 70
Nachhaltigkeit als Ziel und Rahmenbedingung Neue räumliche Systemgrenzen: Metabolismus des menschlichen Lebensraums Neue zeitliche Systemgrenzen: von der Wiege bis zur Bahre Akteure und Sichtweisen Unsicherheiten des Verlaufs des Lebenszyklus
8
13 14 16
Hilfsmittel für die integrale Planung
78
Planung im Lebenszyklus von Gebäuden
18
Der iterative Charakter der Planung Leistungsorientierte Planung Lebenszyklusorientierte Beschreibung des Gebäudes Lebenszyklusphase 1: Neubau Lebenszyklusphase 2: Nutzung Lebenszyklusphase 3: Erneuerung /Instandsetzung Lebenszyklusphase 4: Rückbau Alterung und Wertverlust Lebensdauerannahmen für Gebäude Normative Begriffe der Lebensdauer
18 18
Integrale Planung Grundlagen und Hilfsmittel Datenmodelle, Datenaustausch und Datenhaltung Beitrag der Normung Zertifizierung von Gebäuden
78 80 92 96 99
19 21 25 27 28 30 34 36
Ökobilanzierung
38
Methode der Ökobilanzierung Ökobilanz von Gebäuden Baustoffe und Prozesse Daten aus Ökobau.dat
38 48 52 57
11
Lebenszyklusanalyse in der Praxis: Fallbeispiele und Anwendungsbereiche
104
Arbeitsmethodik Beispiel 1: Heinrich-Böll-Siedlung, Berlin Beispiel 2: Quartier Normand, Speyer Beispiel 3: Lebenshilfe, Lindenberg im Allgäu Beispiel 4: Produktionshalle NiroSan, Schmiedefeld Beispiel 5: Verwaltungszentrum Barnim, Eberswalde Erweiterte Gebäudebetrachtung
104 107 110 115 120 124 128
Zusammenfassung und Ausblick
138
Anhang
140
Grundlagen
Grenze des Ökosystems Sonne oder andere Energiequellen
S gerichteter Energiefluss
H
Eintrag von (Nähr-) Stoffen und Einwanderung von Organismen
H H
H
Stoffaustrag
S biotische Struktur (Gemeinschaft)
Vorstufen
(Nähr-)Stoffkreisläufe und -speicherung
Gebäudeerstellung
Gebäudenutzung Energie
Fabrikgelände
Energiebereitstellung
Energie
Grossist
Bau- und Hilfsstoffherstellung
Baustoffe
Baustoffe Hilfsstoffe
Wärmesenke 1.7
Gebäudeentsorgung
Einwirkung
Energie
Hilfsstoffe
Transport
Bilanzebene Gebäude
Sammelstelle Deponie
global
global u. regional
regional
Bauprozesse
Neubau
Erneuerung u. Unterhalt
lokal
Rückbau
Transport regional Transport Gebäudenutzung u. Betrieb
Nutzung
lokal
Transport
regional
Entsorgung
Entsorgung
Gebäudeabnahme
Entsorgung
Entsorgung
regional
Beginn Rückbau 1.8
Vorstufen
12
energetische Rückkopplung und Energiespeicherung
A
Ressourcen
1.7 Funktionsdiagramm eines Ökosystems (nach Odum) In der inneren Dynamik des Systems spielen Energiefluss, Stoffkreisläufe, Speicherung und Nahrungsnetze mit verschiedenen Organismen eine Rolle. S Speicherung A autotrophe Organismen H heterotrophe Organismen 1.8 doppelte Gliederung in zeitliche Lebenszyklusphasen mit mehreren Zyklen in der Nutzungsphase (Nutzung, Unterhalt, Erneuerung, eventuell Umbau) und in Prozessabläufe in jeder Phase (von vorgelagerten bis nachgelagerten Stufen) 1.9 Stoff- und Energieströme während des Lebenszyklus eines Gebäudes 1.10 Siedlungsstoffkreislauf von Leberecht Migge 1.11 Ökosystem von Brüssel von Paul Duvigneaud
Austrag gespeicherter Energie (organisches Material, Organismen)
S
nachgelagert
nen und Städte werden durch Energie-, Stoff- und Informationsflüsse verbunden. Odum hat dazu eine Energiesprache entwickelt, bei der alle Prozesse innerhalb der Umwelt von Energieumwandlungen begleitet sind. Der gerichtete Energiefluss der Sonne als einziger externer Energiequelle durchläuft die Umwelt, wobei Wärme freigesetzt wird. Am Ende aller Prozesse stehen Wärmesenken und der Zuwachs an Entropie (siehe Planung im Lebenszyklus von Gebäuden, S. 30). Innerhalb des Systems werden die verschiedenen Flüsse entweder durch Widerstände verändert oder von Kondensatoren gespeichert (Abb. 1.7) [7]. Die Systemanalyse kann auf verschiedene Prozesse angewandt werden, u. a. auf das Funktionieren ganzer Städte oder Regionen. Städte verwandeln Böden, Rohstoffe, Energie und Wasser in gebaute Umwelt. Dabei entstehen Abfälle, Emissionen und (Ab-) Wärme. Der urbane Metabolismus kann als die Gesamtheit der technischen und sozioökonomischen Prozesse, die in Städten ablaufen, definiert werden. Das Resultat sind Wachstum des Stofflagers, Energieumwandlungen und Emissionen. Die Notwendigkeit der Integration der Siedlungen in den natürlichen Kreislauf wurde in Deutschland schon nach dem Ersten Weltkrieg von dem Gartenarchitekten Leberecht Migge vertreten (Abb. 1.10) [8]. Die verschiedenen Stoffkreisläufe (Wasser, Sauerstoff, Kohlenstoff, mineralische und metallische Baustoffe, Schwefel, Kadmium etc.) von Städten werden mit Methoden der Stoffstromanalyse untersucht. Es handelt sich dabei um eine Art Stoffbuchhaltung. Bereits Odum hat den Parallelismus
Material/ Prozess
Baustoffe
Bilanzobjekt/funktionale Einheit
Emissionen Effekte Versauerung
Bereiche Boden
Überdüngung Treibhauseffekt Energie erneuerbar
Ozonschichtabbau
Energie nicht erneuerbar
photochemische Oxidation Ökotoxikologie
Wasser
Humanotoxikologie
Wasser
Luft
Fauna
Flora
Strahlung Land Lärm
Landschaft 1.9
Neue zeitliche Systemgrenzen: von der Wiege bis zur Bahre
und die Übergänge zwischen Stoff-, Energie-, Informations- und Geldflüssen aufgezeigt. Eine kombinierte Modellierung hat z. B. der belgische Chemiker und Biologe Paul Duvigneaud für das Ökosystem von Brüssel erstellt (Abb. 1.11) [9]. Von dem Umweltchemiker Peter Baccini wurden zusammen mit anderen Wissenschaftlern die Stoff-, Energie- und Geldflüsse einer hypothetischen Kleinstadt im Schweizer Mittelland in einem Modell dargestellt [10]. Der Vorteil dieser Modellierungen liegt darin, dass alle im Gesamtsystem vorkommenden Ströme einer Funktion zugeordnet werden müssen und dadurch nichts »verloren geht«.
Neue zeitliche Systemgrenzen: von der Wiege bis zur Bahre Das Interesse für den Lebenszyklus von Produkten, insbesondere von Gebäuden und langlebigen Industrieerzeugnissen, hat sich in den letzten Jahrzehnten auf verschiedenen Gebieten parallel entwickelt und zu unterschiedlichen methodischen Ausprägungen geführt. In allen Fällen traten neue Zeitvorstellungen an die Stelle der vorher üblichen zeitlichen Systemgrenzen, die sich auf die Planung und das Erstellen von Neubauten beschränkten. Die Idee des Lebenszyklus tauchte auf verschiedenen Gebieten zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Heute verschwinden die Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden zunehmend und die Ansätze gehen ineinander über. Man kann im Wesentlichen die im Folgenden beschriebenen fünf Ansätze unterscheiden.
1.10
Lebenszyklusanalyse im Sinn der Ökobilanzierung
Unter Ökobilanz (life cycle assessment, LCA) versteht man eine systematische Analyse der Ressourcenentnahme aus der Natur und der Umweltwirkungen von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus (von der Wiege bis zur Bahre). Das Verfahren der Ökobilanzierung ist heute durch internationale Normen wie die ISO14 040 »Umweltmanagement – Ökobilanz« weitgehend standardisiert [11]. Die Idee einer umfassenden Bilanzierung von Produkten und Prozessen entstand im 19. Jahrhundert im Rahmen der Entwicklung der Thermodynamik, der Beschreibung von Ökosystemen und der aus der technischen Chemie stammenden Verfahrenstechnik. Die heute in der Ökobilanzierung verwendeten Methoden beruhen auf der sogenannten ökologischen Buchhaltung [12] und der industriellen Energieanalyse [13]. Industrielle Ökologie als Theorie der Produktionsverfahren
Die Theorie der industriellen Ökologie wurde im Rahmen der ökologischen Modernisierung entwickelt. Es handelt sich um einen analytischen und strategischen Ansatz des Umwelthandelns in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, der in den 1980er-Jahren entstand [14]. Ziel der ökologischen Modernisierung ist die dauerhaft tragfähige Ko-Evolution von Mensch und Natur. Einer ihrer Kerngedanke ist die Erhöhung der Ressourcen- und Senken-Produktivität, d. h. die möglichst effiziente und naturverträgliche Nutzung von Rohstoffen, Energieträgern und Umweltmedien (Boden, Wasser, Luft). Der Ansatz basiert auf der umweltökonomischen Einsicht, dass Ökologie und Ökonomie
nicht zwingend Gegensätze zu sein brauchen. Daraus werden Fertigungsstrategien für ein »industrielles Ökosystem« abgeleitet, in dem die Verwendung von Energie und Rohstoffen optimiert wird, die Abfälle und Emissionen minimiert und die natürlichen Kreisläufe geschlossen werden. Abfälle eines Prozesses werden zu Ausgangsstoffen eines Folgeprozesses im Sinn einer Kaskadennutzungen [15]. Produktlebenszyklus in der Betriebswirtschaftslehre
Der Produktlebenszyklus ist ein Konzept der Betriebswirtschaftslehre und beschreibt die Prozesse zwischen der Markteinführung bzw. Fertigstellung eines marktfähigen Guts und seinem Verschwinden aus dem Markt. Der US-amerikanische Ökonom Raymond Vernon unterteilt das Leben eines Produkts auf dem Markt in vier Phasen: Entwicklung und Einführung/Wachstum/Reife und Sättigung/Schrumpfung und Degeneration [16]. Der Produktlebenszyklus beschreibt, wie neue Produkte auf den Markt kommen (Produktinnovation), wie bereits eingeführte Produkte den ständig wechselnden Marktverhältnissen angepasst werden (Produktvariation), wie eine bereits vorhandene Produktlinie um eine weitere Variante ergänzt wird (Produktdifferenzierung), wie neue Produktlinien in Bezug auf vorhandenen Linie erweitert werden (Produktdiversifikation) und wie wirtschaftlich nicht mehr tragfähige Produkte vom Markt genommen werden (Produktelimination). Lebenszykluskostenrechnung
Unter Lebenszykluskosten (life cycle costs, whole-life costs, total cost of ownership) versteht man alle relevan-
1.11
13
Ansätze zur Beschreibung und Modellierung von Gebäuden und ihres Lebenszyklus werden stark durch den jeweiligen Blickwinkel und die entspre-
1.12 Zusammenhang zwischen Produkt-, Prozess-, Gebäude- und Flächennutzungszyklus 1.13 Lebenszyklus als sozialer Prozess 1.14 Zeiterwartung der verschiedenen Akteure 1.15 kurz-, mittel- und langfristige Bewirtschaftungszyklen
14
1.12
schlechter Ruf
Mieterwechsel, soziale Probleme, Kriminalität, Unsicherheit
Bewohner
ökonomische Aspekte
beschränkte Mittel
Organisation
sinkende Leistungsfähigkeit, beschränkte Mittel
In ma st n an ge dh ln al de tu ng
hohe Miete, Mietrückstände
langsamer Verfall, Vandalismus
M ho ie h tn es iv ea u
schlechte Wettbewerbsfähigkeit
r
Akteure und Sichtweisen
Lebensdauer
Produktlebenszyklus Prozesslebenszyklus Gebäudelebenszyklus Flächennutzungszyklus
en ab ng sg altu Au dh re an he st hö r In fü
Die Idee eines sozialen Kreislaufs bedient sich Analogien in der Natur, insbesondere zu den sogenannten Sukzessionsmodellen (z. B. der Abfolge von schnellen Wachstumsphasen und langfristigen Sättigungsphasen). Die Analyse komplexer Systeme hat in den letzten Jahren zu einer konzeptuellen Verknüpfung von natürlichen mit sozialen Systemen geführt [17]. Die Zusammenhänge zwischen dem physischen Zustand und den sozialen Beziehungen innerhalb von Gebäudebeständen können ebenfalls als Sukzessionsmodelle verstanden werden (Abb. 1.13).
Verfall und Abbruch
r e de et ln Mi ge er an d m atz ns
Lebenszyklus als sozialer Prozess
Bauzeit physische/ und moralische Moderni- Sanierung Erstinvestition Wertminderung sierung
Ei
ten Kosten, die mit dem Erwerb oder Besitz eines Guts verbunden sind und für eine Berechnung systematisch zu erfassen sind. Diese Definition beinhaltet implizit den kompletten Lebenszyklus des Guts. Auch diese Idee ist nicht neu. Vordenker waren die französischen Physiokraten Anne Robert Jacques Turgot und François Quesnay, die Ende des 18. Jahrhunderts die Begriffe »Investition« und »rückläufige Erträge«prägten, die dann von Adam Smith weitergeführt wurden. Im 20. Jahrhundert wurde die Idee z. B. in einem »Manual of the American Railway Engineering Association« von 1929 wieder aufgegriffen. Eine weitere Verbreitung der Verfahren der Lebenszykluskostenrechnung erfolgte durch die amerikanische Armee und andere Regierungsstellen, die ab Mitte der 1960er-Jahre Regeln für die öffentliche Beschaffung erstellten, die die Lebenszykluskosten mit einschlossen. Im Baubereich sind bisher die Verfahren national und international kaum aufeinander abgestimmt. Es liegen nur erste Vorschläge und allgemeine Grundlagen vor, die jedoch einen weiten Interpretationsspielraum zulassen.
Gebrauchswert
Grundlagen
Gebäude
Verfallserscheinungen
Attraktivitätsverlust 1.13
Akteure
Zeiterwartung
Mieter, Nutzer Wohnbereich
5 – 30 Jahre
Mieter, nicht Wohnbereich
1– 20 Jahre
Immobilienmakler
1– 2 Jahre
Bauunternehmer
1– 5 Jahre (Garantie)
Facility Manager
1– 5 Jahre (Vertragsdauer)
Planer
1–25 Jahre (1. Instandsetzung)
PPP-Beteiligte
10 – 50 Jahre (Vertragsdauer)
Gebäudebesitzer allgemein
25 – 50 Jahre (Generation)
Bestandsbesitzer öffentlich (Infrastrukturen)
50 –100 Jahre
Bestandsbesitzer (Gebäude, spekulativ)
1–10 Jahre
langfristig orientierte Besitzer (öffentlich, genossenschaftlich, non-profit)
50 –100 Jahre
Gesellschaft (Quartier, Städte)
wesentlich mehr als 100 Jahre
Service life (ISO)
50 Jahre
Planungsannahme (LCA)
80 –100 Jahre 1.14
Akteure und Sichtweisen
chende Fragestellung beeinflusst. Zunächst kann ein Gebäude im physischen Sinn als Produkt bzw. Objekt interpretiert werden, der Lebenszyklus als ein Prozess und der Gebrauchswert des Gebäudes als eine Dienstleistung. Umgekehrt ist es so, dass eine Dienstleistung auch ohne Gebäude erbracht werden kann (z. B. eine virtuelle Bibliothek im Internet). Gebäude als Lebensraum und Arbeitsumgebung
Gebäude stellen sich ihren Nutzern (Bewohner, Besucher, Beschäftigte) als Teil der gebauten Umwelt dar, der ihnen als Lebensraum oder Arbeitsumgebung dient. Die Nutzer sind an der maximalen Erfüllung ihrer Anforderungen (von der funktionalen Qualität bis zum Komfort) ebenso interessiert wie an der Vermeidung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Risiken.
Stoffströme, Geldströme etc.) beschrieben werden. In einem umfassenden Sinn erfüllt das System Gebäude funktionale Anforderungen und hat so einen Nutzen oder Gebrauchswert, auch im Sinn einer Dienstleistung. Diese Sicht erlaubt es, sowohl bauliche als auch nicht bauliche Lösungen zu berücksichtigen. Natürlich müssen in diesem Fall die funktionalen Äquivalente (Bezugsgrößen) und die Systemgrenzen detailliert festgelegt werden. So kann beispielsweise ein zusätzlicher Büroarbeitsplatz entweder durch den Bau eines neuen Gebäudes geschaffen werden oder die Mitarbeiter arbeiten abwechselnd in einem Großraumbüro, im Zug, bei einem Kunden oder zu Hause. Dabei fallen die Aufwendungen für die Erstellung eines neuen Bauwerks weg, allerdings ergeben sich Mehraufwendungen für Transport- und Kommunikationsprozesse sowie Zusatznutzungen im Privatbereich.
Gebäude als Produkt/Endprodukt
Das Gebäude kann als ein Produkt verstanden werden, welches aus Bauteilen besteht und über diese beschrieben werden kann. Da die Ökobilanzierung die Beschreibung, Berechnung und Bewertung der Energie- und Stoffflüsse sowie Wirkungen auf die Umwelt zum Ziel hat, ist die Beschreibung der physischen Zusammensetzung des Gebäudes eine Voraussetzung. Umwelt- und gesundheitsrelevante Angaben zu Bauteilen, Bauprodukten und Bauprozessen sind gleichzeitig eine Informationsquelle zur Beurteilung von Wirkungen und Risiken für die Gesundheit der Nutzer und Anwohner sowie für die lokale Umwelt. Gebäude als System Gebäude können im Sinn der Systemtheorie durch die Beschreibung der Input- und Outputströme (Energie,
Gebäude als kulturelles Kapital
Der Gebäudebestand, der das größte physische, ökonomische und kulturelle Kapital der europäischen Gesellschaften darstellt, umfasst insbesondere Gebäude, denen aufgrund ihres Alters, ihrer historischen oder sozialen Bedeutung, ihrer handwerklichen oder ästhetischen Qualitäten ein besonderer Wert zukommt. Die Frage des Gesamtwerts eines Bauwerks stellt sich im Hinblick auf die nachhaltige Bewirtschaftung von Gebäudebeständen sowie beim Umbau und Abriss. Gebäude als Verursacher von Kosten und Kostenträger
Die Errichtung, Nutzung und gegebenenfalls auch Beseitigung von Gebäuden verursacht Kosten. Diese werden als Baukosten, Nutzungskosten und Kosten am Ende des Lebenszyklus
(End of Life) erfasst. Ihre Ermittlung und Bewertung ist Gegenstand der Lebenszykluskostenrechnung. Gebäude als Anlage- und Renditeobjekt Es besteht in der Regel ein wirtschaftliches Interesse bei der Errichtung und Bewirtschaftung von Gebäuden, das die Beurteilung des Verlaufs der Einnahmen und Erlöse sowie der Wertstabilität und -entwicklung beeinflusst. Zeiterwartung der Akteure
Verschiedene Akteure haben unterschiedliche Betrachtungshorizonte, die man als Zeiterwartungen bezeichnet. Sie stellen zeitliche Anforderungen an ein Gebäude, auch wenn sie das meist nicht explizit ausdrücken (Abb. 1.14). Lebenszyklusanalysen von Verpackungen, Konsumartikeln oder sogar Pkws können direkt überprüft werden, da die Lebenserwartung nur Monate oder wenige Jahre beträgt und bereits Aussagen zur Überlebenswahrscheinlichkeit (Halbwertszeiten) vorliegen. Es können daraus klare und einfach umsetzbare Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Im Fall von Gebäuden, deren Lebensdauer mehrere Hundert Jahre betragen kann, haben Lebenszyklusbetrachtungen einen hypothetischen Charakter. Sie sind immer nur sehr vereinfachte Modelle der Zukunft und stellen mögliche Szenarien der langfristigen Entwicklung dar. Die Abschätzung einer technischen Lebensdauer bewertet, wie lange ein Bauteil oder Gebäude unter normalen Bedingungen genutzt werden kann. Sie sagt aber nichts über die tatsächliche Nutzungsdauer aus. Ein Marmorboden kann bei guter Ausführung und Wartung auch bei starker Nutzung mehr als 100 Jahre überdauern. Ein Spannteppich wird auch bei leichter Nutzung kaum mehr als 20 Jahre halten, bei
Interesse der Nutzer
Interesse der Planer/ Unternehmer
Interesse der Besitzer von Gebäude
Interesse der Besitzer von Gebäudebeständen
Interesse der Gesellschaft
kurzfristig: 5 Jahre
Kosten (Miete)
Planungsleistung Ausführungsqualität (Garantie)
Nutzungskosten Gebäudeleistung (Garantie)
Nutzungskosten Gebäudeleistung
Konformität mit Normen Gesetze
mittelfristig: 25 Jahre
Zustand (Aspekt)
Planungshorizont Dauerhaftigkeit
Instandhaltungsstrategie
Optionen Portfolio Rückstellungen
Zielvorgaben (Gesetze, Normen, Steuergesetze)
Planungshorizont Reverse Engineering
Optionen
soziales Kapital
materielle Ressourcenerhaltung
kulturelles Kapital
kulturelle und materielle Ressourcenerhaltung
langfristig: 50 Jahre Lebenszyklus: > 100 Jahre
1.15
15
Planung im Lebenszyklus von Gebäuden • lebenszyklusorientierte Planung und Beschreibung von Gebäuden • Prozessschritte in den verschiedenen Lebenszyklusphasen • Alterung und Wertverlust von Baustoffen, Bauteilen und Gebäuden • Lebensdauer von Gebäuden
Der iterative Charakter der Planung Obwohl der gebauten Umwelt eine große Bedeutung für die Ausübung der Tätigkeiten des Menschen zukommt, entwickelten sich die gesamtheitlichen Verfahren der Gestaltung der Umwelt in Planung und Entwurf im Gegensatz zu den sektoriellen, technischen Verfahren wie Fertigung und Montage nur langsam. Lange Zeit beruhte die Planung auf der erfolgreichen, über die Jahre eingespielten Zusammenarbeit zwischen Planern und Handwerkern. Funktion und Form der Gebäude wandelten sich nur langsam, die Bautechniken blieben über Generationen unverändert. Die Regeln der Baukunst, Gesetze, Normen, technische Vorschriften und Formen der Kommunikation wurden immer wieder der Entwicklung angepasst. Der Bauboom nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er- bis Mitte der 1970er-Jahre führte in kurzer Zeit zu neuen Planungs-, Fertigungs- und Montagemethoden, zu neuen Baustoffen und Bauformen. Gegenüber den großen Fortschritten im Projektmanagement (funktionale Leistungsbeschreibung, Ablaufplanung, laufende Kostenverfolgung etc.) und in der Fertigung (Rationalisierung, Vorfabrikation, Verbundbaustoffe etc.) blieben auf Seiten der Planung sowohl neue Theorien als auch neue Methoden weitgehend aus. Klassische industrielle Optimierungsverfahren waren im Bauwesen nur beschränkt anwendbar, da sie von einer kleinen Anzahl an Variablen, meist einer Kosten-Nutzen-Funktion ausgingen. In neueren planungstheoretischen Ansätzen tritt anstelle einer einzigen, optimalen Lösung ein mehrdimensionaler Lösungsraum, der alle Lösungen enthält, die die vorgegebenen Ziel18
oder Grenzwerte erreichen. Im Fall der Lebenszyklusbetrachtungen handelt es sich um einen mehrdimensionalen Lösungskorridor. Welche der möglichen Lösungen innerhalb des Lösungsraums zum Schluss gewählt wird, hängt von gesellschaftlichen, formalen oder anderen Kriterien ab, die von Fall zu Fall festgelegt und angepasst werden. Neue Planungswerkzeuge integrieren diese Sicht durch die Festlegung von lebenszyklusorientierten Lösungsräumen bereits in die Bedarfsplanung. Aufgrund von Angaben zu Nutzflächen, Technisierungsgrad, Energiebedarfszielwerten, Neubauanteil, Transportaufwendungen und Infrastrukturausrüstung berechnen integrierte Programm Kosten, Energiebedarf und Umweltwirkungen verschiedener Varianten über den ganzen Lebenszyklus. Da die vollständigen Informationen über ein Bauwerk erst im Lauf der Planung verfügbar sind, wird der Planungsgegenstand laufend differenziert. Dazu werden von den verschiedenen Akteuren eine Vielzahl von Dimensionierungs- und Bewertungsverfahren benötigt, die zum Teil in der Praxis noch kaum bekannt und schlecht aufeinander abgestimmt sind. Es ergeben sich Insellösungen, bei denen jeder Akteur den Planungsgegenstand neu abbildet. Dadurch treten laufend Inkonsistenzen auf und gegenseitige Abhängigkeiten wie z. B. von Umweltbelastung und Kosten, Dauerhaftigkeit und Flexibilität etc. können bisher nicht erfasst werden. Wesentliche Synergiepotenziale gehen so verloren.
Lebenszyklusorientierte Planung Die zurzeit üblichen Planungsverfahren sind immer noch vorwiegend von Neu-
bauaufgaben geprägt. Die Planung endet sowohl was den Betrachtungshorizont als auch was die Verantwortung der Planer und Unternehmer betrifft mit der Abnahme des Bauwerks, also mit seinem Übergang in den Besitz des Bauherrn. Die verbleibende Gewährleistung kann über Versicherungen externalisiert werden. Die Bauaufgabe wird am Anfang des Planungsprozesses abschließend definiert, die zu erbringende Leistung betrifft den Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Natürlich kann man die Lebensdauer eines Gebäudes, die mehrere Hundert Jahre betragen kann, nicht voraussagen. Man kann lediglich versuchen, mithilfe von Szenarien die über den Lebenszyklus wahrscheinlich auftretenden Aufgaben wie Unterhaltsstrategie, Erneuerung und Umnutzung zu berücksichtigen und mögliche zukünftige Probleme von Anfang an zu eliminieren oder abzumildern, z. B. unnötige Klimaanlagen vermeiden, keine Problemstoffe verwenden. Gebäude verlieren durch physische Alterung und durch Zunahme der Obsoleszenz laufend einen Teil ihres komplexen Werts. Dieser Prozess kann nur verlangsamt, nicht verhindert werden. Trotzdem unterscheiden sich Gebäude stark durch ihre Zukunftsfähigkeit, d. h. durch die Anzahl der Optionen, die sie für die Zukunft enthalten. Der Lebenszyklus eines Gebäudes kann entlang zweier Achsen beschrieben werden (Abb. 2.1): • Strukturierung des Gebäudes nach den vier Lebenszyklusphasen (Neubau, Nutzung, Erneuerung und Rückbau), wobei sich mehrere Nutzungserneuerungszyklen ergeben • Strukturierung jeder Lebenszyklusphase nach Prozessschritten (Strategie, Projektierung, Ausführung)
Nutzungs-, Erneuerungszyklen Lebenszyklusphasen
Prozessschritte
Neubau
Nutzung
Erneuerung
Rückbau
Bedarf: Strategie Entscheidung
Nutzungsstrategie Entscheidung
Diagnose Potenzial Strategie
Diagnose Potenzial Strategie
Neubauentwurf Projektierung
Monitoring Betriebsplanung
Erneuerung Projektierung
Rückbau Projektierung
Ausführung (Bauprozess)
Nutzungs-, Betriebs-, Unterhaltsprozesse
Ausführung (Erneuerungsprozesse)
Ausführung (Rückbauprozesse)
Lebenszyklus Perspektive
2.1
Lebenszyklusorientierte Beschreibung des Gebäudes Die traditionelle Gebäudebeschreibung besteht aus Zeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten), Berechnungen (Kostenberechnung, Energieberechnung etc.) und Listen (z. B. Leistungsbeschreibungen). Diese Informationen sind zwar ursprünglich verknüpft und die Verknüpfungen werden teilweise im Lauf der Planung durch die Kommunikation zwischen den Planern nachgeführt. Allerdings besteht keine automatische, wechselseitige Verbindung, die erlauben würde, jederzeit den Einfluss einer Maßnahme auf die Gesamtheit der Teile des Gebäudes, die verschiedenen Aspekte, Akteure und Lebenszyklusphasen zu ermitteln. Für die 100 80
Einflussmöglichkeit
Lebenszklusbetrachtungen ist eine solche Verknüpfung aber notwendig. Da der Aufwand für die ursprüngliche Datenerfassung, die Nachführung und Dokumentation jedoch enorm ist, werden sie nicht realisiert. Die zurzeit einzige verfügbare Grundlage für die Erstellung und Nachführung von Energie- und Stoffbilanzen ist die elementorientierte Kostenplanung und die zugrunde liegenden Leistungsbeschreibungen. Sie stellen genügend detaillierte Konstruktionsangaben und Massenauszüge bereit, um eine Verknüpfung mit den Sachbilanzen der Baustoffe und Bauprozesse erstellen zu können. Auf der Grundlage von abgerechneten Gebäuden können statistische Kennwerte ermittelt werden, die dann in Form von Fehldaten schon in frühen Planungsphasen erste Aussagen zu Ressourcenverbrauch, Umweltbelastung und Gesamtkosten erlauben. Als Fehldaten bezeichnet man angenommene Werte, die bis zur Verfügbarkeit von realen Werten eine Platzhalterfunktion erfüllen. Die Elementgliederung erlaubt als übergeordnete Systematik, die immer noch großen Unterschiede der Beschreibung
durch LZ-Planung aktivierte Information
60 verfügbare Information
40
Entsorgung
Erneuerung
Nutzung
Projektierung
0
Ausführungsplanung
20
Bedarfsplanung
Eine Lebenszyklusplanung bedeutet, die Entwicklung der Anforderungen, der Alterungsprozesse und der Wertverlustprozesse, die sich über den Lebenslauf ergeben, über Szenarien zu bestimmen und zu quantifizieren. Im Weiteren werden die Beziehungen zwischen diesen Entwicklungen auf
den verschiedenen Detaillierungsstufen (oder Maßstabsebenen) identifiziert und abgebildet. Die Auswirkungen in Form von Schäden und umfassenden Wertverlusten werden abgeschätzt sowie die möglichen Abmilderungsmaßnahmen verglichen und implementiert.
Einflussmöglichkeit/Information (%)
Grundsätzlich haben Entscheidungen zu Beginn aller Planungsprozesse, wenn relativ wenig Informationen vorhanden sind, einen großen Einfluss. Bei der Neubauplanung ist dies besonders ausgeprägt, d. h. der Freiheitsgrad der Planung ist sehr groß. Aber auch in den folgenden Lebenszyklusphasen (z. B. bei einer Erneuerung) kommt der Planung wieder ein langfristiger Charakter zu, es gilt, die Zukunftsfähigkeit des Bauwerks zu sichern bzw. wiederherzustellen. Die Prozessschritte unterscheiden sich in jeder Phase etwas, grundsätzlich entsprechen sie aber den üblichen Leistungsphasen der HOAI mit einer starken Betonung der strategischen Aspekte im ersten Planungsschritt (Abb. 2.2). Die wesentlichen neuen Methoden, die in allen Lebenszyklusphasen zum Einsatz kommen, sind: • lebenszyklusorientierte Gebäudebeschreibung (Elementgliederung, Gebäudeproduktmodell; siehe S. 21) • Szenariotechnik (Lebenszyklussimulation; siehe S. 16) • Optionstheorie (reale Optionen, virtuelle Optionen; siehe S. 16) • Wertanalyse (Obsoleszenz; siehe S. 29) • skalierbare Modelle (Fehldatenmodelle, Produktmodelle; siehe S. 21) • Reverse-Engineering-Methoden (Rückbaubarkeit; siehe S. 25, 28) • Risikoanalyse (Sicherheit, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit)
2.2
2.1 Lebenszyklusphasen und Prozessschritte 2.2 Entwicklung der verfügbaren Informationen, der durch Lebenszyklusplanung aktivierten Informationen und Einflussmöglichkeiten in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus. Die Lebenszyklusplanung bringt einen entscheidenden Informationsgewinn in frühen Projektphasen, wenn wenig Informationen vorhanden und die Einflussmöglichkeiten groß sind.
19
Planung im Lebenszyklus von Gebäuden
von Gebäuden in den verschiedenen Lebenszyklusphasen zu überwinden (Abb. 2.4 und 2.5). Eine lebenszyklusorientierte Beschreibung von Gebäuden muss verschiedene Anforderungen erfüllen. Gleichzeitige Erfassung der Energie-, Stoff- und Geldflüsse mit automatischer Nachführung der Änderungen Die Struktur der Kostenplanung sieht als unterste Detaillierungsebene die Leistungsposition vor. Diese enthält Angaben zu Schichtdicken oder Volumen, Baustoffart, Verschnittund Einbauverlusten, Bauprozessen (Maschinenstunden, Arbeitsstunden, Hilfsmittel) sowie Hinweise zur Verbindung von Schichten oder Teilen. Aus diesen Angaben werden Auszüge erstellt, die nach Baustoff- oder Bauprozessen gegliedert über Sachbilanzen mit den vorgelagerten Herstellungsstufen verknüpft werden können. Dieser Arbeitsschritt ist sehr aufwendig, weil zurzeit ca. 30 000 Bauleistungen nach Gewerken geordnet in verschiedenen Katalogen existieren. Die nächsthöhere Stufe sind die Feinelemente. Sie setzen sich aus Bauleistungen zusammen, sind aber nach einer funktionalen Elementlogik gegliedert. Sie dienen somit als Verbindungsglied zwischen der gewerkeorientierten Ausführung und der funktionsorientierten Planung. Feinelemente können eine Vielzahl von zusätzlichen Informationen wie z. B. bauphysikalische, gesundheits-, bauablaufs- und entsorgungsrelevante Aspekte enthalten. Sie werden hierarchisch zusammengefasst zu (Grob-)Elementen (nach DIN 276 »Kosten von Hochbauten«) und Makroelementen [1]. Die Zusammensetzung jedes Elements ist abhängig von der Lebenszyklusphase, d. h. jedes Element existiert in mehreren Ausprägungen: • Neubauelement: kann auch ein recyceltes oder weiterverwendetes Bauteil sein, einmalig • Reinigungselement: nach Reinigungsfrequenz und Reinigungstiefe, laufend • Wartungselement: nach Verfügbarkeit/Zuverlässigkeitsanforderung, nach Herstellerangaben, periodisch • Erneuerungselement: zustandsabhängig, nach Diagnose, periodisch • Rückbauelement: nach Demontagestufen und Demontagetiefe, einmalig • Entsorgungselement: nach Entsorgungsweg, einmalig
a
b
c
d 2.3
20
Integration der Lebenszyklusphasen in die Planung Die Gesamtheit der Zyklen der einzelnen Elemente bildet ein projekt- oder objektspezifisches Szenario, in dem jedes Jahr die entsprechenden Prozesse ausgelöst werden. Standardszenarien enthalten mittlere oder normative Zyklusannahmen. Jedes Neubauelement bringt automatisch seine Folgeelemente mit. Natürlich können die Szenarien auch angepasst werden, um beliebige Kombinationen von Neubau, Unterhalt, Erneuerung, Umbau und Rückbau zu erstellen. Diese vollständige Gleichbehandlung von zeitlichen Vorgängen und Alternativen (Optionen) stellt große Anforderung an Planungshilfsmittel. Die Bauaufgaben der Zukunft werden zunehmend aus Kombinationen von Neubau-, Erneuerungs-, Umbau- und Rückbaumaßnahmen bei gleichzeitiger Nutzung bestehen. Das bedeutet, dass die Planungswerkzeuge diese Vielfalt konsistent abbilden können müssen. Allerdings gibt es zur Zeit noch wenig wirklich integrierte Werkzeuge zur Lebenszyklusanalyse. Skalierbarkeit Die Gebäudebeschreibung muss skalierbar sein, d. h. die gleiche Struktur muss alle Lebenszyklusphasen mit zunehmender Verfeinerung abdecken. Solange keine expliziten planerischen Festlegung getroffen sind, müssen dazu Fehldaten zur Verfügung gestellt werden. Die Übernahme der strikten hierarchischen Struktur der DIN 276 und 277 schafft die Möglichkeit, klare Schnittstellen festzulegen und damit ein modulares Vorgehen anzuwenden. Dies ermöglicht eine direkte Überführung in die IFC-Gebäudemodelle (siehe Hilfsmittel für die integrale Planung, S. 93f.). Auch die Schnittstelle zu den Vorstufendaten (Energiebereitstellung, Transportprozesse etc.) und den nachgelagerten Stufen (ISO/DIN 14 050) können so eindeutig festgelegt werden (Abb. 2.6, S. 22). Skalierbare Verfahren
Verfahren, die durchgehend über verschiedene Detaillierungsstufen eingesetzt werden können, sind in der Bauplanung im Gegensatz beispielsweise zum Schiffsbau noch wenig verbreitet. Das bedeutet, dass in einem ersten Planungsschritt meist eine vereinfachte Methode – oft nur Faustregeln –
Lebenszyklusphase 1: Neubau
gewählt wird, die in späteren Schritten mehrere Male durch detaillierte Vorgehensweisen ersetzt wird. Dabei entsteht meist ein Bruch, weil die Gebäudedaten für jedes Verfahren neu erhoben werden müssen. Skalierbare Verfahren sind dagegen schon von Beginn an hoch detailliert. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch nur sehr unvollständige Informationen vorliegen, werden anstelle der fehlenden Werte Mittelwerte eingesetzt, sogenannte Default-Werte oder Fehldaten. Bei jedem Planungsschritt können dann die Mittelwerte durch wirkliche Planungswerte ersetzt werden (Abb. 2.9, S. 23). Das hat zwei Vorteile: Man arbeitet immer mit vollständigen, wenn auch nicht definitiven Informationen und es ist von Anfang an möglich, den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen. Die morphologische Untersuchung von Gebäudebeständen
zeigt, dass die formale Vielfältigkeit von Gebäuden viel kleiner ist, als normalerweise angenommen wird, und die materielle Vielfalt, die Zusammensetzung der Gebäude, die für das Lebenszyklusverhalten entscheidend ist, sich innerhalb eines relativ begrenzten Lösungsraums mit genügender Genauigkeit voraussehen lässt. Das bedeutet, dass die Unsicherheiten in der Beschreibung von Gebäuden in frühen Planungsstufen etwa gleich groß sind wie die mittlere Abweichung der Eigenschaften einer großen Anzahl von Gebäuden. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass der Planungsprozess eine Kombination von geforderten, geplanten, abgeleiteten, simulierten, angenommenen, schon bekannten, realen, virtuellen etc. Zuständen darstellt. Durch die zunehmende Verlagerung der Bautätigkeiten vom Neubau auf den Bestand ergibt sich die Notwen-
digkeit einer genaueren begrifflichen Festlegung der verschiedenen Tätigkeiten. Der übergeordnete Begriff der DIN 31 051 »Grundlagen der Instandhaltung« [2] ist dabei Instandhaltung, dem in der entsprechenden Schweizer Norm SIA 469 »Erhalten von Bauwerken« [3] der übergeordnete Begriff Erhaltung gleichkommt. Die Aufgliederung der SIA 469 (Abb. 2.7, S. 22) ist etwas detaillierter und grundsätzlich stärker gebäudeorientiert als die DIN 31 051 (Abb. 2.8, S. 22).
Lebenszyklusphase 1: Neubau In der traditionellen, auf den Neubau ausgerichteten Planung ist das Ziel die Erstellung eines neuen Einzelgebäudes, eines Produkts, unter Einsatz von Ressourcen und unter Inkaufnahme von Nebenprodukten bzw. Abfällen. Energieumwandlungsprozess
Unterhaltsleistung: Kontrolle, Wartung, Reinigung Herstellungsprozess
Emissionen bei Energiebereitstellungsprozess
Diagnose
Neubauleistung: Gerüst, Schalung, Einbringen, Vibrieren, Ausschalen
Bestandsbezugsmenge: z.B. m² BGF für Wohngebäude 1952–1964
Gebäudebezugsmenge: z.B. m² BGF für Wohnen
Bestand
Gebäude
Elementbezugsmenge: m² Fassade
Element
Instandsetzungsleistung: Ausbau, Entsorgung, Anpassen, Teilersatz
Transportprozess Bauprozess
Rückbauleistung: Ausbau, Transport, Trennen, Deponie
Leistung
Herstellung
Vorstufen
Emissionen
2.4 Umweltbelastung
Verdichtung Prognose Bottom-Up Top-Down (Kennwerte) (mittlere Werte, Fehldaten)
Skalierbarkeit
Kosten
verknüpfte Werte Integration 2.5
2.3 Lebenszyklusphasen eines Gebäudes a Bau b Nutzung c Erneuerung/Instandsetzung d Entsorgung 2.4 Verknüpfung von Elementgliederung, Bauleistungen sowie Energie- und Stoffflussbilanzierung 2.5 Elementgliederung Skalierbarkeit und Integration (und in Zukunft das Building Information Modeling, BIM) stellen die eindeutige, hierarchische Beschreibung des Gebäudes über alle Lebenszyklusphasen sicher. Die Skalierbarkeit garantiert die Konsistenz und Vollständigkeit zwischen den Planungsebenen und die Integration sorgt für Konsistenz zwischen den Eigenschaften. Eine Änderung des Elements bewirkt eine automatische Anpassung seiner Eigenschaften.
21
Ökobilanzierung
Rahmen einer Ökobilanz Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens
Sachbilanz
Auswertung
direkte Anwendungen: • Entwicklung und Verbesserung von Produkten • strategische Planung • politische Entscheidungsprozesse • Marketing • sonstige
Wirkungsabschätzung
3.3 Produktlebenszyklus Rohstoffgewinnung
Input unverknüpft: • Stoff aus Ressourcen • Naturraum Input verknüpft: • (Vor-)Produkte • Hilfs- und Betriebsstoffe • Energieträger • Strom
Aufbereitung
Produktherstellung
Nutzung
Output unverknüpft: • Emissionen in Luft • Emissionen in Wasser • Emissionen in den Boden Output verknüpft: • Nebenprodukte • Abfälle
Recycling/Entsorgung
3.4
Input aus der Umwelt: • materielle Ressourcen • Naturraum Input zu verknüpfen: • (Vor-)Produkte • Hilfs- und Betriebsstoffe • Energieträger • Strom
Prozess
Output in die Umwelt: • Emissionen in Luft • Emissionen in Wasser • Emissionen in den Boden Output zu verknüpfen: • Nebenprodukt • Abfall
3.5
3.3 Phasen einer Ökobilanz 3.4 Input- und Output-Ströme entlang eines Produktlebenszyklus 3.5 Input- und Output-Ströme eines Prozesses
40
ses aus der Umwelt sowie Emissionen in die Umwelt direkt in die Rechnung ein. Eingesetzte Produkte und Energien aus anderen Prozessen werden mit dem entsprechenden Herstellungsprozess dieses Produkts verknüpft. Abfälle werden der jeweiligen Abfallbehandlung zugeführt (Abb. 3.4). Bezugsgröße für die Verrechnung ist der Nutzen des Systems, d. h. man skaliert alle Teilsysteme auf die Menge, die benötigt wird, um eine Nutzeneinheit zur Verfügung zu stellen. Bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus wird dieser Nutzen »funktionale Einheit« genannt. Der Begriff Nutzen beschreibt dabei die Dienstleistung z. B. eines Produkts. Damit ist es möglich, unterschiedliche Produkte, die denselben Nutzen bringen, miteinander zu vergleichen. Ein klassisches Beispiel zur Veranschaulichung ist der Nutzen »Hände trocknen«: Er kann durch Einweg-Papierhandtücher, Mehrweg-Baumwollhandtücher oder einen Händetrockner erbracht werden. Systemgrenzen Zur Herstellung von Produkten wird in der Regel eine Vielzahl von Stoffen benötigt. Dies können Ressourcen, Vorprodukte, Hilfs- und Betriebsstoffe, Energieträger etc. sein. Die meisten dieser Bestandteile müssen in Vorstufen aufbereitet und hergestellt werden, wobei auch zu deren Aufbereitung und Herstellung wiederum Stoffe und Energien zum Einsatz kommen. Die Kette der Vorstufen lässt sich beliebig fortsetzen. Ihre Glieder nennt man Prozesse, sie verursachen Wirkungen auf die Umwelt, die alle mit in Betracht gezogen werden müssen. Die Inputs und Outputs eines Prozesses werden Flüsse genannt (Abb. 3.5). Auf diese Art und Weise sind letztlich fast alle Prozesse in einem großen weltweiten Netzwerk miteinander verbunden. Um zu einem Ergebnis zu kommen und »nicht die ganze Welt bilanzieren zu müssen«, beschränkt man sich auf die für das Ergebnis relevanten Teile des Systems. Hierfür werden bestimmte Abschneidekriterien festgelegt. Man unterscheidet zwischen innerhalb der Technosphäre zu verknüpfendem In- und Output einerseits sowie Flüssen aus der Umwelt (Ressourcen) und in die Umwelt (Emissionen) andererseits. Der Übergang zwischen Technosphäre und Umwelt bildet die Systemgrenze, an der die einzelnen Flüsse der Sach-
Methode der Ökobilanzierung
bilanz aufsummiert werden (schwarzer Rahmen in Abb. 3.6, S. 42). Dies geschieht ohne Berücksichtigung von Ort und Zeitpunkt, d. h. ein kumuliertes Ergebnis kann nicht mehr bezüglich seiner tatsächlichen Wirkung an einem bestimmten Ort »aufgelöst« werden. In der Wirkungsanalyse wird daher von potenziellen Wirkungen auf die Umwelt gesprochen (z. B. dem Treibhauspotenzial), da der Orts- und Zeitbezug mit Einheitsmodellen abgebildet wird. Abschneidekriterien Sicher ist, dass bestimmte InputStröme keinen relevanten Einfluss auf das Ergebnis der Bilanz mehr haben. Um die Bilanz nicht mit unwichtigen Daten zu überfrachten und um den Bilanzierungsaufwand zu reduzieren, werden Abschneidekriterien formuliert. Dabei wird festgelegt, welche Stoffund Energieströme in die Bilanz aufgenommen werden müssen. Gleichzeitig muss überprüft werden, welche Vorstufen sie besitzen und wieweit diese zu berücksichtigen sind. Die Rückverfolgung aller Vorstufen für ein Produkt ist oft nur schwer möglich, da diese in der Regel den Einflussbereich (z. B. das Werk) des direkten Herstellers verlassen. Je weiter die Vorstufen im Bilanzraum vom eigentlich betrachteten Prozess entfernt sind und je geringer die Anteile sind, umso geringer ist im Allgemeinen der Einfluss auf das Bilanzergebnis. Die Abschneidekriterien auf Prozessebene sind für Baustoffe in den Vorgaben zur Erstellung von IBU-Umweltdeklarationen wie folgt definiert [3]: • Alle Input-Flüsse des Produktsystems, die größer als 1 % der gesamten Masse der Input-Flüsse sind oder zu mehr als 1 % zum Primärenergieverbrauch beitragen, werden berücksichtigt. Dabei sind Abschätzungen zulässig, aber zu begründen. • Alle Stoffflüsse, die das System verlassen (Emissionen) und deren Umweltauswirkungen größer als 1 % der gesamten Auswirkungen einer in der Bilanz berücksichtigten Wirkungskategorie sind, werden erfasst. • Die Summe der vernachlässigten Stoffströme darf 5 % nicht übersteigen. Abweichungen von dieser Regel müssen begründet werden. Allokation Durch die Allokation werden Prozesse mit mehreren Nutzen aufgeteilt und dadurch für Systeme nutzbar gemacht,
die nur einen Teil des Nutzens benötigen. Zweck der Allokation ist damit die Verteilung des In- und Outputs eines Prozesses auf die Produkte, um die Belastungen und Verbräuche für ein einzelnes Produkt quantifizieren zu können. Generell gilt der Grundsatz, dass Allokationen die Prozessintention widerspiegeln sollen. Man unterscheidet verschiedene Fälle der Allokation: • Ein Prozess hat mehrere Produkte als Output (Multi-Output-Prozess), die Produktion ist nicht getrennt durchführbar (z. B. Sägewerk, Raffinerie, viele chemische Prozesse). • Ein Prozess hat mehrere Produkte als Input (Multi-Input-Prozess) und kann diese nur gemeinsam verwerten (z. B. Hausmüllverbrennungsanlage). • Nach Ende des Lebenszyklus wird das Material in einem nächsten Lebenszyklus wiederverwertet (Open-Loop- und Closed-LoopRecycling, z. B. bei vielen Metallen).
dies die Nutzungs- und Nachnutzungsphase. Szenarien dienen dazu, die Auswirkungen von Handlungsoptionen zu vergleichen. Sie beschreiben die Annahmen, welche für eine bestimmte Betrachtung festgelegt wurden. Sie sollten soweit möglich wissenschaftlich abgesichert sein, was jedoch nicht immer gewährleistet ist. Meist werden Wartung und Unterhalt, Nutzungsdauern von Bauteilen, Entfernungen zukünftiger Transporte oder auch Recycling- und Verwertungspfade in Form von Szenarien abgebildet. Während Prognosen Entwicklungen aus der Vergangenheit extrapolieren, können Szenarien auch Trendbrüche aufweisen. Einen solchen Trendbruch könnte beispielsweise der Einbau eines anderen Heizsystems nach 20 Jahren oder aber auch die Einführung einer Abgasminderungstechnologie auslösen. Bilanzerstellung
Recyclingpotenzial Bei Allokationen über Lebenszyklusgrenzen hinweg ist die Situation der Herstellung und eines zukünftigen Recyclings zu trennen. Für die Herstellung wird die tatsächliche heutige Situation abgebildet (Verhältnis von Primärmaterial zu eingesetztem Recyclingmaterial). Da das Recyclingmaterial ohne ökologischen Rucksack lastenfrei in das System eingeht, muss parallel ein Recyclingpotenzial dargestellt werden, das den ökologischen Wert des Produkts widerspiegelt. Dieser stellt die zukünftig vermeidbare Primärproduktion dar. Das für die heutige Sekundärproduktion schon benötigte Recyclingmaterial ist zuvor abzuziehen, um die Bilanz abzugrenzen und keine Doppelzählungen zu erhalten. Herstellung und Recyclingpotenzial beschreiben zusammen den Lebenszyklus, für eine Bewertung sind sie daher gemeinsam zugrunde zu legen. Produkte, die vollständig aus Sekundärmaterial bestehen (z. B. Bewehrungsstahl), haben demnach kein Recyclingpotenzial, ihr Vorteil spiegelt sich bereits im geringeren Aufwand der heutigen Herstellung wider. Szenarien Die Abbildung eines gesamten Lebenszyklus erfordert bei langlebigen Produkten in der Regel die Bildung von Szenarien für die noch kommenden Lebenszyklusabschnitte. Meist sind
Eine Bilanz wird in der Regel in mehreren Stufen durchgeführt: • Erstellung der Prozessbilanz (gate to gate) • Erstellung der Sachbilanz, z. B. für eine Produktherstellung (cradle to gate). Ein Beispiel hierfür zeigt Abb. 3.6 (S. 42). Sie illustriert den modularen Aufbau einer Sachbilanz am Beispiel der vereinfachten fiktiven Herstellung von Steinen im Steinwerk. • Erstellung der Sachbilanz für den Lebenszyklus. Diese besteht aus der Herstellung und den Szenarien für Nutzung, Recycling oder Entsorgung (cradle to grave). Der Lebenszyklus setzt sich aus der Herstellung der einzelnen Produkte, dem Bauprozess, der Nutzungsphase sowie Recycling/Entsorgung zusammen. Dabei ist es wichtig, dass in der Nutzungsphase der tatsächliche Nutzen betrachtet wird, da ansonsten bei Vergleichen oft Varianten mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Bei Bauprodukten kann man in der Regel nicht von einer gebäudeunabhängigen Nutzungsphase sprechen, vielmehr entfalten sie ihre Eigenschaften im Zusammenspiel mit dem Gebäude und dessen Standort. Recycling und Entsorgung können dagegen in erster Näherung baustoffspezifisch beschrieben werden. Dies ermöglicht einen modularen Ansatz wie 41
Ökobilanzierung
Ressourcen
Stromerzeugung
Emissionen
Strom
Strom
Ressourcen
Ressourcen
Sandgewinnung
Brennstoffbereitstellung
Sand
Brennstoffe
Umwelt
Emissionen
Werksgrenze Emissionen
Aufbereitung
andere Produkte
Nebenprodukt
Bindemittelherstellung
Bindemittel
Zuschlag
Dampf
Dampferzeugung
Emissionen
Wasser Ressourcen
Emissionen
Abfälle
Steinfertigung
Emissionen
Produkt Stein Emissionen
Abfallbehandlung Nutzung im Gebäude Ablagerung
3.6
bei der Herstellung. Die Produkte aus dem Recycling fließen meist wieder zurück in den Bausektor. Gelegentlich wird daher auch von einem »cradle to cradle«-System gesprochen, das von der einen Wiege bis zur nächsten reicht. Auswertung der Sachbilanz
Nach ISO 14 040 gehen sowohl Informationen aus der Sachbilanz als auch die Ergebnisse der Wirkungsanalyse in eine Bewertung ein. Um die Ergebnisse der Sachbilanz sinnvoll interpretieren zu können, werden Kennzahlen gebildet. Sie adressieren die Bereiche aus der Sachbilanz, die keine direkte Umweltwirkung (z. B. Primärenergieverbrauch) darstellen. Ressourcen »Im wesentlichen ist nachhaltige Entwicklung ein Wandlungsprozess, in dem die Nutzung von Ressourcen, das Ziel von Investitionen, die Richtung technologischer Entwicklung und institutioneller Wandel miteinander harmonieren und das derzeitige und künftige Potenzial vergrößern, menschliche Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen.« [4] Diese Definition aus dem Bericht der Brundt42
land-Kommission der Vereinten Nationen macht deutlich, dass die Nutzung von Ressourcen nicht als grundsätzliches Übel angesehen wird. Sie muss jedoch zielgerichtet sein. Der Ressourcenverbrauch hat für sich noch keine ökologische Wirkung. Wenn ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen, sind gegebenenfalls nur der zur Gewinnung der Ressourcen notwendige Energieverbrauch sowie dessen Umweltwirkungen zu betrachten. Handelt es sich dagegen um knappe Güter (Ressourcen nicht mehr vorhanden, nicht mehr auffindbar oder nicht zugänglich), ist dem Verbrauch von Ressourcen Bedeutung beizumessen. Mit abnehmender Verfügbarkeit von Ressourcen steigt der Aufwand zu ihrer Gewinnung. Ferner werden die Entwicklungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen durch schwindende Ressourcen deutlich eingeschränkt. Als Ressourcen sind dabei folgende Kategorien zu verstehen: • endliche abiotische Ressourcen wie Erze, Mineralien oder fossilen Energieträger • endliche biotische Ressourcen wie Holz aus Primärwäldern oder vom Aussterben bedrohte Arten
• erneuerbare abiotische Ressourcen wie Frischwasser • erneuerbare biotische Ressourcen wie Wildpflanzen und Wildtiere • Naturraum bzw. die damit verbundene nutzbare Fläche Für die Bewertung des Ressourcenverbrauchs ist die Messung der Knappheit entscheidend. Als Knappheit wird in der Volkswirtschaft eine Situation bezeichnet, in der das Angebot die Nachfrage nicht mehr befriedigen kann. Knappheit ist in der Regel mit Preiserhöhungen verbunden. Höhere Preise machen zusätzliche Investitionen in Exploration und Förderung der entsprechenden Rohstoffe attraktiv, was zu einer Ausweitung des Angebots und damit wieder zu fallenden Preisen führt. Steigt der Verbrauch dennoch schneller als die Erschließung neuer Vorkommen, ist langfristig mit starken Preissteigerungen zu rechnen, sofern die Bedürfnisse nicht auch auf andere Art befriedigt werden können. Bei welchen Ressourcen besteht also nun Knappheit und wo liegen die Probleme der Ressourcennutzung? Der Wert materieller Ressourcen ist meist durch die Konzentration bzw.
Methode der Ökobilanzierung
Reinheit und die Zugänglichkeit der Lagerstätte geprägt. Werden Stoffe dissipativ genutzt, führt dies zu einer geringeren Verfügbarkeit der entsprechenden Ressource. Chemisch gesehen sind die einzelnen Elemente nach wie vor vorhanden, nur liegen sie in einer anderen Konzentration und oft in einer anderen Verbindung vor. Ähnlich verhält es sich mit Energie: Sie wird nicht »verbraucht«, da die Energiemenge nach dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik konstant bleibt. Unter Energieverbrauch verstehen wir vielmehr eine Entwertung von Energie, d. h. die Arbeitsfähigkeit nimmt ab. So wird Energie, die in Form von Energieträgern (z. B. Öl, Gas, Kohle oder auch Biomasse) chemisch gebunden ist, durch Verbrennung in Wärme umgesetzt. Diese passt sich letztlich der Umgebungswärme an und besitzt damit keine Arbeitsfähigkeit mehr und ist nicht mehr nutzbar. Als nicht erneuerbarer Primärenergieverbrauch wird die Summe der nach Heizwert (Hu) charakterisierten energetischen Ressourcen (Erdöl, Erdgas, Stein- und Braunkohle sowie Uran) bezeichnet, die genutzt bzw. entwertet werden. Der Primärenergieverbrauch fossiler Energieträger entspricht danach dem Produkt aus Heizwert (Hu) und genutzter Stoffmasse. Erneuerbare Energien sind (gegebenenfalls bis zu einer bestimmten Nutzungsgrenze) ohne Verknappung der Ressource nutzbar. Als erneuerbare Energie werden sowohl direkte Nutzungsformen (Sonne, Erdwärme und Gezeiten) als auch indirekt auf Sonnenenergie zurückzuführende Energieformen wie Wind- und Wasserkraft sowie Biomasse gewertet. Für erneuerbare Energieformen gilt in der Regel, dass nicht die Energie, sondern die (wirtschaftlich) nutzbaren Standorte begrenzt sind bzw. in Nutzungskonkurrenz stehen. So gesehen ist die Nutzung erneuerbarer Energie langfristig durch die Knappheit geeigneter Flächen begrenzt. Fläche bzw. Naturraum bildet die Grundlage für die Nutzung erneuerbarer Ressourcen, steht jedoch selbst nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Der Naturraum erfüllt eine Vielzahl von Funktionen, die von der Art der Flächennutzung abhängen. So reguliert die Natur (Böden, Flora und Fauna) die Grundwasserneubildung, Bodenerosion, biotische Produktion oder das lokale Klima und puffert zahl-
reiche Umwelteinflüsse ab [5]. Daraus wird deutlich, dass in vielerlei Hinsicht eine Nutzungskonkurrenz besteht. Eine mit Solarzellen belegte Fläche steht eben nicht mehr für den Anbau von Energiepflanzen oder Lebensmitteln zur Verfügung. Ebenso sinkt durch die Ausweitung von Siedlungsflächen der Flächenvorrat, der land- und forstwirtschaftlich genutzt werden kann. Aggregierte Indikatoren aus der Sachbilanz
Im Rahmen der Ökobilanzierung werden aus der Sachbilanz für Ressourcen Kennzahlen gebildet, die im Folgenden dargestellt werden. Primärenergieverbrauch nicht erneuerbar Der Summenwert »Primärenergieverbrauch nicht erneuerbar« (angegeben in MJ) charakterisiert den Einsatz der endlichen abiotischen energetischen Ressourcen Erdgas, Erdöl, Braunkohle, Steinkohle und Uran (Abb. 3.7). Erdgas und Erdöl werden sowohl zur Energieerzeugung als auch stofflich als Bestandteil z. B. von Kunststoffen eingesetzt. Kohle wird im Wesentlichen zur Energieerzeugung verwendet. Uran dient ausschließlich der Stromgewinnung in Kernkraftwerken. Die Energieträger werden bei der Summenbildung bezogen auf ihren Energieinhalt/Heizwert addiert, da in gewissem Rahmen von einer gegenseitigen Ersetzbarkeit der Energieträger ausgegangen wird. Dies entspricht einer exergetischen Bewertung der chemisch gebundenen Energie. Für die anderen endlichen abiotischen Ressourcen (Erze und Mineralien) ist eine Charakterisierung nach Knappheit der Ressource sinnvoll. Eine Methode hierfür wird im Abschnitt zur Wirkungsabschätzung (siehe S. 44) beschrieben.
a
b
c 3.7
Primärenergieverbrauch erneuerbar Der Summenwert »Primärenergieverbrauch erneuerbar« (angegeben in MJ) wird unabhängig vom nicht erneuerbaren Primärenergieverbrauch ausgewiesen und umfasst im Wesentlichen Wind- und Wasserkraft, Geothermie, Solarenergie und die in Biomasse verfügbare Energie (Abb. 3.8, S. 44). Wird erneuerbare Primärenergie in größerem Umfang eingesetzt, sollte die Tragfähigkeit einer nachhaltigen Versorgung geprüft werden. Es ist in jedem Fall wichtig, dass genutzte Endenergie (wie z. B. Strom oder
3.6 Fließbild der Produktion eines Steinwerks von der Wiege bis zum Werkstor (cradle to gate) 3.7 nicht erneuerbare Primärenergie aus fossilen Energieträgern a Braunkohle b Erdgas c Erdöl
43
Bewertung der ökonomischen Vorteilhaftigkeit
von
€/ Einheit
bis
von
% an 300 + 400
bis
Nr.
Kostengruppen der 1. Ebene
Einheit
100
Grundstück
m2 FBG
200
Herrichten und Erschließen
m2 FBG
6
20
44
0,7
2,1
4,0
300
Bauwerk – Baukonstruktionen
m2 BGF
750
1004
1.380
69,2
77,4
83,0
400
Bauwerk – Technische Anlagen
m2 BGF
191
316
604
17,0
22,6
30,8
Bauwerk (300+400)
m2 BGF
955
1320
1.915
100,0
500
Außenanlagen
m2 AUF
49
114
614
2,7
6,3
11,7
600
Ausstattung und Kunstwerke
m2 BGF
21
62
122
1,2
4,6
8,4
206
325
14,1
16,7
19,6
2
700
Baunebenkosten
m BGF
151
Nr.
Kostengruppen der 2. Ebene
Einheit
von
€/ Einheit
bis
von
% an 300
310
Baugrube
m3 BGI
13
24
49
1,2
2,5
5,1
2
bis
320
Gründung
m GRF
183
260
362
6,3
8,9
14,8
330
Außenwände
m2 AWF
333
487
706
26,5
31,8
38,5
340
Innenwände
m2 IWF
193
256
374
14,2
19,2
23,4
350
Decken
m2 DEF
219
294
412
10,9
18,2
22,7
360
Dächer
m2 DAF
235
327
519
8,7
12,7
21,5
370
Baukonstruktive Einbauten
m2 BGF
6
27
78
0,3
2,1
5,8
25
49
96
2,4
4,5
7,3
390
Sonstige Baukonstruktionen
2
m BGF
% an 400 410
Abwasser, Wasser, Gas
m2 BGF
30
49
90
9,0
16,2
25,9
420
Wärmeversorgungsanlagen
m2 BGF
43
65
106
13,2
21,8
34,0
430
Lufttechnische Anlagen
m2 BGF
15
56
151
1,7
10,4
23,2
440
Starkstromanlagen
m2 BGF
68
111
192
25,5
33,0
41,7
450
Fernmeldeanlagen
m2 BGF
11
37
93
2,1
9,0
17,1
2
460
Förderanlagen
m BGF
12
26
46
0,6
4,4
12,0
470
Nutzungsspezifische Anlagen
m2 BGF
4
20
59
0,2
2,7
10,3
480
Gebäudeautomation
m2 BGF
41
86
212
0,0
2,1
16,9
490
Sonstige Technische Anlagen
m2 BGF
3
15
55
0,0
0,6
7,2 4.10
310 320 330 340 350 360 370 390 410 420 430 440 450 460 470 480 490
Baugrube 1,9 Gründung 6,8 Außenwände 24,3 Innenwände 14,6 Decken 13,8 Dächer 9,9 Baukonstruktive Einbauten 1,5 Sonstige Baukonstruktionen 3,4 Abwasser, Wasser, Gas 3,7 Wärmeversorgungsanlagen 4,7 Lufttechnische Anlagen 2,8 Starkstromanlagen 7,7 Fernmeldeanlagen 2,3 Förderanlagen 1,0 Nutzungsspezifische Anlagen 0,7 Gebäudeautomation 0,7 Sonstige Technische Anlagen 0,1
66
Soweit die oben genannten Randbedingungen bekannt sind, können in der Literatur verfügbare Werte an den eigenen Betrachtungszeitpunkt sowie die Besonderheiten des eigenen Projekts angepasst werden. Hierzu dienen beispielsweise: • Preisindizes zur Umrechnung auf den aktuellen Preisstand • Faktoren zur Berücksichtigung der konjunkturellen Lage • Faktoren zur Berücksichtigung der Besonderheiten des Markts (z. B. Ortsgröße) • Faktoren zur Berücksichtigung der Besonderheiten von Regionen (Bundesländer) Kostenkennwerte liegen in der Literatur in unterschiedlicher Form zu diversen Gebäude- und Nutzungsarten sowie für den Neubau-, Umbau- und Modernisierungsfall vor. Sie können sowohl für die Kostenermittlung als auch als Orientierungs- und Vergleichswerte herangezogen werden (Abb. 4.10 und 4.11). Die Zuordnung der Stufen der Kostenermittlung zu den Leistungsphasen der HOAI illustriert Abb. 4.12.
Ermittlung von Nutzungskosten Eine Teilaufgabe der integrierten Lebenszyklusanalyse sowie der Zusammenstellung und Bewertung von Lebenszykluskosten ist die Ermittlung von Nutzungskosten. In DIN 18 960 werden unter dem Begriff der Nutzungskostenplanung die Maßnahmen zur Ermittlung, Kontrolle und Steuerung der Nutzungskosten sowie des Vergleichs derselben zusammenfassend behandelt. Kostengliederung der DIN 18 960
10 %
20 %
30 %
40 % 4.11
4.10 Kostenkennwerte für Büro- und Verwaltungsgebäude (Kostengruppen der 1. und 2. Ebene der DIN 276, inkl. MwSt.; Stand: 1. Quartal 2009, Bundesdurchschnitt) 4.11 prozentualer Anteil der Kostengruppen nach DIN 276 an den Bauwerkskosten für Büround Verwaltungsgebäude (inkl. MwSt., Stand: 1. Quartal 2009, Bundesdurchschnitt) 4.12 Einordnung der Kostenermittlung in den Planungsprozess 4.13 Einordnung der Ermittlung von Bau- und Nutzungskosten in den Lebenszyklus
• verschieden große Erstellungsserien • regionale Besonderheiten (Kostenstrukturen, Marktsituation) • konjunkturelle Schwankungen
Zur Gliederung von in der Nutzungsphase anfallenden Kosten bestehen unterschiedliche Möglichkeiten und Grundlagen (DIN 18 960, GEFMA 200 [12], Betriebskostenverordnung). Für die hier diskutierte Berücksichtigung von Nutzungs- und Lebenszykluskosten bei der Planung von Gebäuden ist ein Vorgehen nach DIN 18 960 besonders geeignet. Hierbei ist einerseits die inhaltliche Nähe zur DIN 276 und andererseits der deutliche Bezug zu den
Ermittlung von Nutzungskosten
Phase
Stufe der Kostenermittlung
Aufgabe
Gliederungstiefe
verwendete Kennwerte
Bedarfsplanung
Kostenrahmen
Bestimmung eines Kostenrahmens bzw. Festlegung einer Kostenvorgabe
Gesamtkosten, Bauwerkskosten gesondert
€/m² BGF; €/m² NF; €/m³ BRI; €/Nutzungseinheit
1
Grundlagenermittlung
2
Vorplanung
Kostenschätzung
Grundlage für eine Entscheidung über die Vorplanung
mindestens 1. Ebene
€/m² BGF; €/m² NF; €/m³ BRI; €/Nutzungseinheit €/Bauelement (z. B. Makroelement)
3
Entwurfsplanung
Kostenberechnung
Grundlage für die Entscheidung über die Entwurfsplanung
mindestens 2. Ebene
€/m² BGF; €/m² NF; €/m³ BRI; €/Nutzungseinheit €/Bauelement (z. B. Grobelement)
4
Genehmigungsplanung
5
Ausführungsplanung
Kostenanschlag
Grundlage für die Entscheidung über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe
mindestens 3. Ebene
€/m² BGF; €/m² NF; €/m³ BRI; €/Nutzungseinheit €/Bauelement (z. B. Feinelement)
6
Vorbereitung der Vergabe
7
Mitwirkung bei der Vergabe
8
Objektüberwachung
Kostenfeststellung
Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten
9
Objektbetreuung und Dokumentation
Kostenauswertung 1
Bildung von Kostenkennwerten für Vergleichs- und Dokumentationszwecke, ggf. auch für Zertifizierung
Kostenkontrolle durch Vergleich von Kostenanschlag und Kostenrechnung mindestens 3. Ebene €/m² BGF; €/m² NF; €/m³ BRI; €/Nutzungseinheit
Inbetriebnahme 1 Nutzung und Betrieb 1 1
Die Begriffe Inbetriebnahme, Nutzung und Betrieb sowie Kostenauswertung sind nicht in DIN 276 geregelt. Sie wurden von den Autoren ergänzt. 4.12
Phase
Stufe der Kostenermittlung Baukosten
Stufe der Kostenermittlung Nutzungskosten
Aufgabe
Bedarfsplanung
Kostenrahmen
Nutzungskostenrahmen
Grundlage für Entscheidung über Bedarfsplanung (DIN 18 205) Grundlage für Wirtschaftlichkeitsüberlegungen Grundlage für Finanzierungsüberlegungen Grundlage für die Festlegung einer Nutzungskostenvorgabe
Gliederungstiefe
1
Grundlagenermittlung
2
Vorplanung
Kostenschätzung
Nutzungskostenschätzung
Grundlage für Entscheidung über die Vorplanung Grundlage für Entscheidung über Finanzierung
mindestens bis zur 1. Ebene
3
Entwurfsplanung
Kostenberechnung
Nutzungskostenberechnung
Grundlage für Entscheidung über Entwurfsplanung Grundlage für Entscheidung über Finanzierung (laufende Aktualisierung bis zur Erstellung des Nutzungskostenanschlags entsprechend dem Planungsfortschritt)
mindestens bis zur 2. Ebene
4
Genehmigungsplanung
5
Ausführungsplanung
6
Vorbereitung der Vergabe
7
Mitwirkung bei der Vergabe
8
Objektüberwachung
Kostenfeststellung
9
Objektbetreuung und Dokumentation
Kostenauswertung 1
Nutzungskostenanschlag
Zusammenstellung aller für die Nutzung voraussichtlich anfallenden Kosten
mindestens bis zur 3. Ebene
Nutzungskostenfeststellung Kostencontrolling 1
Zusammenstellung aller bei der Nutzung anfallenden Kosten erstmalig nach einer Rechnungsperiode bei laufender (jährlicher) Fortschreibung
Kostenanschlag
Inbetriebnahme1 Nutzung und Betrieb1
1
Die Begriffe Inbetriebnahme, Nutzung und Betrieb, Kostenauswertung und Kostencontrolling sind nicht in DIN 276 geregelt. Sie wurden von den Autoren ergänzt. 4.13
67
Bewertung der ökonomischen Vorteilhaftigkeit
gebäudebezogenen Nutzungskosten ausschlaggebend. DIN 18 960 (2008) gliedert die Nutzungskosten in folgende Gruppen (Abb. 4.14): 100 Kapitalkosten 200 Objektmanagementkosten 300 Betriebskosten 400 Instandsetzungskosten
• Art der Zusammenfassung (statische oder dynamische Betrachtung) • Art der Berücksichtigung der Umsatzsteuer (mit = Bruttoangabe, ohne = Nettoangabe) • besondere Liefer- und Vertragsbeziehungen bei der Ver- und Entsorgung
erhebliche Bandbreiten auf (Abb. 4.17). Größenordnungen für durchschnittliche Betriebskosten von Wohnbauten können Abb. 4.18 entnommen werden. Einordnung der Kostenermittlung in Planungs-, Management- und Entscheidungsprozesse
Die Einordnung der Ermittlung von Nutzungskosten in die Planungs-, Management- und Entscheidungsprozesse geht aus Abb. 4.13 (S. 67) hervor. In der Nutzungsphase wird im Rahmen der Feststellung der Nutzungskosten empfohlen, parallel zu den Kosten für Energie und Wasser die realen Verbräuche mitzuführen. Nur so lässt sich feststellen, ob die Kostenabweichungen aus einer Änderung der Verbrauchsdaten oder Preisänderungen resultieren.
Wichtig für die Bildung, Verwendung und Interpretation von Kennwerten für Nutzungskosten sind folgende Angaben: • Gebäude- und Nutzungsart • Nutzungsbedingungen, Nutzungsintensität, Service Level • Besonderheiten der Gebäudenutzung • Besonderheiten des Standorts • Zeitpunkt der Ermittlung, Preisstand • Betrachtungszeitraum • Umfang der berücksichtigten Kostengruppen und Kostenarten
Ohne die Kenntnis der oben genannten Angaben ist eine Interpretation von in der Literatur verfügbaren Daten nicht möglich. Bei sorgfältiger Anwendung liefern diese erste Vorstellungen zu den zu erwartenden Größenordnungen und sind damit anwendbar für Plausibilitätsüberlegungen. Im Fall der Darstellung von Nebenkosten (Abb. 4.15) werden nur die Nutzungskosten analysiert und angegeben, die dem Mieter entstehen. Die Variante der Vollkosten (Abb. 4.16) trifft hingegen für selbstnutzende Eigentümer zu. Zu beachten sind bei einem Vergleich zwischen Neben- und Vollkosten u. a. Höhe und Anteil der Zinsen, der Abschreibung (Absetzung für Abnutzung, AfA) und der Instandhaltung (Bauunterhalt) in der Variante Vollkosten sowie der etwas unterschiedliche Zuschnitt berücksichtigter Kostenarten (z. B. »Reinigung und Sonstiges« bei Vollkosten). Sowohl bei Neben- als auch bei Vollkosten treten
Nr.
Nutzungskostengruppe
Art der Nebenkosten (Angaben in Euro/m2 NGF und Monat)
einfach
mittel
hoch
100
Kapitalkosten
110
Fremdmittel
120
Eigenmittel
130
Abschreibung
190
Kapitalkosten, sonstige
öffentliche Abgaben Versicherung Wartung Strom Heizung Wasser, Kanal Reinigung Bewachung Verwaltung Hausmeister Sonstiges
0,44 0,12 0,31 0,23 0,42 0,12 0,21 0,22 0,24 0,27 0,05
0,48 0,14 0,37 0,29 0,43 0,11 0,28 0,27 0,25 0,29 0,09
0,48 0,15 0,43 0,35 0,47 0,12 0,25 0,33 0,27 0,30 0,09
Gesamt
2,63
3,00
3,24
Art der Vollkosten (Angaben in Euro/m2 NGF und Monat) Zinsen öffentliche Abgaben Versicherung Wartung, Instandsetzung, Hausmeister Strom Wärme, Kälte Wasser, Kanal Reinigung, Sonstiges Bewachung Verwaltung
einfach 8,69 0,44 0,12 0,99 0,56 0,46 0,11 0,74 0,36 0,33
mittel 9,48 0,49 0,13 1,15 0,59 0,49 0,13 0,85 0,42 0,39
hoch 12,76 0,55 0,15 1,36 0,64 0,56 0,14 0,92 0,51 0,44
Zwischensumme
12,8
14,12
16,03
AfA Bauunterhalt
2,35 0,31
3,22 0,38
4,34 0,47
15,46
17,72
22,84
Die Gliederungstiefe umfasst mindestens drei Ebenen, die durch dreistellige Ordnungszahlen gekennzeichnet sind: 400 Instandsetzungskosten 410 Instandsetzung der Baukonstruktion 411 Gründung Bildung, Verwendung und Interpretation von Kennwerten
200
Objektmanagementkosten
210
Personalkosten
220
Sachkosten
230
Fremdleistung
290
Objektmanagementkosten, Sonstiges
300
Betriebskosten
310
Versorgung
320
Entsorgung
330
Reinigung und Pflege von Gebäuden Reinigung und Pflege von Außenanlagen
350
Bedienung, Inspektion und Wartung Sicherheits- und Überwachungsdienste
370
Abgaben und Beiträge
390
Betriebskosten, Sonstiges
400
Instandsetzungskosten
410
Instandsetzung der Baukonstruktionen
420
Instandsetzung der Technischen Anlagen
430
Instandsetzung der Außenanlagen
440
Instandsetzung der Ausstattung
490
Instandsetzungskosten, Sonstiges
Gesamt 4.14
68
Die Kosten für den Energieaufwand, zur Deckung des Trinkwasserbedarfs sowie die Einleitung von Abwasser und gegebenenfalls auch Regenwasser werden unter Verwendung von lokalen Preisen und Tarifen oder unter Nutzung vorgegebener Preise für spezifische Energieträger und Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ermittelt. Um etwa bei einer Zertifizierung die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu sichern, sind vorgegebene rechneri-
4.15
340 360
Ermittlung von Kosten für Ver- und Entsorgung
4.16
Ermittlung von Nutzungskosten
< 8 Geschosse
Hochhaus
öffentliche Abgaben Versicherung Wartung Strom Heizung Wasser, Kanal Reinigung Bewachung Verwaltung Hausmeister Sonstiges €/m2 und Monat
sche Preise für die jeweiligen Medien und Dienstleistungen zu verwenden. Bei der Kostenermittlung werden der Energie- und Trinkwasserbedarf sowie das Ab- und Regenwasseraufkommen aus den entsprechenden Berechnungen übernommen und mit den Preisen verknüpft. Ermittlung der Reinigungskosten
Unter den Reinigungskosten werden die Kosten für die Unterhaltsreinigung, die Glasreinigung, die Fassadenreinigung und gegebenenfalls auch die Reinigung technischer Anlagen zusammengefasst. Ihre Ermittlung setzt eine entsprechende Flächenermittlung voraus. Bei der Glasreinigung ist zu beachten, dass die zu reinigende Glasfläche (Innen- und Außenseite) meist das Doppelte der verglasten Fassadenfläche beträgt. Grundlage für die Kostenermittlung ist der zeitliche Aufwand für die Reinigung, der mit dem Reinigungszyklus und einem Stundenverrechnungssatz verknüpft wird. Am Beispiel der Reinigungskosten lässt sich gut das Zusammenspiel unterschiedlicher Daten und Informationen aus verschiedenen Quellen erläutern. Die Intensität der Nutzung ergibt sich für das Gebäude als Ganzes aus seiner Gebäude- und Nutzungsart, für seine Bereiche aus der jeweiligen Nutzungszone. Der Qualitätsanspruch resultiert aus den Nutzerwünschen zum Service Level. Aus diesem Qualitätsanspruch sowie der Intensität der Nutzung lässt sich ein erforderlicher Reinigungszyklus ermitteln. Die jeweils zu reinigende Oberfläche wiederum beeinflusst Art und Mittel der Reinigung, ihre Lage im oder am Gebäude bestimmt die Erreichbarkeit und den damit verbundenen Aufwand, was möglicherweise zu Erschwerniszuschlägen führt.
0
0,40
0,80
Ermittlung der Instandsetzungskosten
Im allgemeinen Sprachgebrauch herrscht selten Klarheit hinsichtlich der korrekten Verwendung der Begriff Wartung, Instandhaltung, Instandsetzung, Modernisierung oder Sanierung. Auch in unterschiedlichen Normen und Gesetzestexten ist die Verwendung der Begrifflichkeiten nicht einheitlich. Dies führt u. a. zu Problemen bei der Ermittlung und Abgrenzung von Kosten für die Instandsetzung. Empfohlen wird eine Orientierung an DIN 32 736 »Gebäudemanagement – Begriffe und Leistungen« [13] sowie an DIN 31 051 »Grundlagen der Instandhaltung« [14]. (siehe Planung im Lebenszyklus von Gebäuden, S. 21f.). Notwendig für die Ermittlung von Instandsetzungskosten als Bestandteil der Nutzungskosten sind u. a. Annahmen oder Vorgaben zum Betrachtungszeitraum der Lebenszyklusanalyse, zur rechnerischen Nutzungsdauer der Bauteile (siehe Hilfsmittel für die integrale Planung, S. 84f.), zur Möglichkeit von Zu- und Abschlägen bezüglich der rechnerischen Nutzungsdauer sowie zum geforderten Detaillierungsgrad. Weiterhin ist sicherzustellen, das Ersatzinvestitionen (Rückbau und EntGrundsteuer
0,19 €
Wasser inkl. Abwasser
0,40 €
Heizung
0,77 €
Warmwasser
0,22 €
Aufzug
0,14 €
Straßenreinigung
0,05 €
Müllbeseitigung
0,19 €
Gebäudereinigung
0,15 €
Gartenpflege
0,09 €
Strom allgemein
0,05 €
Schornsteinreinigung
0,04 €
Versicherung
0,12 €
Hauswart
0,20 €
Antenne /Kabel
0,12 €
Sonstiges
0,04 €
0
0,40
0,80 4.17
sorgung sowie Lieferung und Einbau) nach Ablauf der Nutzungs- bzw. Lebensdauer von Bauteilen korrekt berücksichtigt werden. Überschlägige Ermittlung Zur überschlägigen Ermittlung der Instandsetzungskosten werden häufig Ansätze verwendet, die die Kosten für die jährliche Instandsetzung über einen Prozentsatz von den Investitionskosten der jeweiligen Bauteile und haustechnischen Systeme ermitteln. Dadurch ergibt sich allerdings, dass Bauteile mit hohen Investitionskosten automatisch auch hohe Instandhaltungskosten mit sich bringen. Vorteile hochwertiger Bauteile und Systeme, die zu geringeren Instandsetzungskosten führen, können so nicht zum Ausdruck gebracht werden. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prozentangaben ausschließlich die (regelmäßige) Instandsetzung umfassen oder auch die Ersatzinvestition am Ende der Nutzungsdauer des Bauteils oder Systems beinhalten. Detaillierte Ermittlung Bei der detaillierten Betrachtung werden die Kosten der regelmäßigen 4.14 Kostengruppen der Nutzungskosten nach DIN 18 960 4.15 Beispiel für Nebenkosten in Abhängigkeit von der Ausstattungs- und Gebäudequalität (für Bürogebäude, Werte in Euro je m2 Nettogrundfläche und Monat, exkl. MwSt., Abrechnungszeitraum 2007) 4.16 Beispiel für Vollkosten in Abhängigkeit von der Ausstattungs- und Gebäudequalität (für Bürogebäude, Werte in Euro je m2 Nettogrundfläche und Monat, exkl. MwSt., Abrechnungszeitraum 2007) 4.17 Schwankungsbreite der Nebenkosten nach Geschosszahl (horizontaler Balken: mittlere 50 %-Quantile; vertikale Linie: Mittelwerte; Werte in Euro je m2 Nettogrundfläche und Monat, exkl. MwSt., Abrechnungszeitraum 2007) 4.18 Beispiel für die Größenordnung von Betriebskosten von Wohnbauten in Deutschland (Werte in Euro/m2 Nettogrundfläche und Monat; Daten von 2007)
4.18
69
Hilfsmittel für die integrale Planung
Deckenbeläge Konstruktionsebene 352.1
Materialebene
352.2
Basis Zementestrich, Verbund
80
80
352.1.2
Zementestrich, schwimmend
50
70
352.1.3
Anhydritestrich, schwimmend
40
60
352.1.4
Doppelbodensystem
30
50
Basis
optimiert
Bodenbeschichtung 352.2.1
Holz-/Parkettimprägnierung (Öl)
5
5
352.2.2
Holz-/Parkettversiegelung
12
12
352.2.3
Kunststoffbeschichtung, außen
5
5
352.2.4
Kunststoffbeschichtung, innen
8
8
Bodenbelag, normal beansprucht Materialebene
352.4
optimiert
352.1.1
Materialebene
352.3
schiedlicher Bauteilausführungen, Einsatzorte und Beanspruchungen wird durch die Angabe eines Minimal-, eines Maximal- und eines Durchschnittswerts berücksichtigt. Darüber hinaus wird bei mehrschichtigen oder zusammengesetzten Bauteilen, deren Einzelkomponenten unterschiedliche Nutzungsdauern erwarten lassen, jede Bauteilschicht bzw. Bauteilkomponente einzeln erfasst. Die Nutzungsdauer-Datenbank ist als offenes System geplant, sodass jederzeit Werte ergänzt und neue Erkenntnisse mit aufgenommen werden können. Die Datenbank ist unter www.nachhaltigesbauen.de verfügbar.
Nutzungsdauer (Jahre)
Bodenaufbau
Basis
optimiert
352.3.1
Parkett
30
50
352.3.2
Textilbelag
8
12
352.3.3
Linoleum
25
40
352.3.4
Natur-/Werkstein, weich
50
80
352.3.5
keramische Bodenbeläge
60
80
352.3.6
Kunststoffbelag
10
15
352.3.7
Laminatböden
10
15
Bodenbelag, stark beansprucht Materialebene
Basis
optimiert
352.4.1
Parkett
20
30
352.4.2
Textilbelag
5
10 5.15
Land
Datenbank
Link
Deutschland
Ökobau.dat
www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-und-gebaeudedaten/ oekobaudat.html
Deutschland
probas
www.probas.umweltbundesamt.de/php/index.php
Deutschland
GaBi
www.pe-international.com/deutsch/gabi
Schweiz
ecoinvent
www.ecoinvent.org
Schweiz
KOB-Ökobilanzdaten
http://www.bbl.admin.ch/kbob/00493/00495/index.html?lang=de
USA/Kanada
Companion LCI Database
www.athenasmi.org/tools/impactEstimator/companionLCI DatabaseReports.html 5.16
Überblick zur inhalativen, dermalen und chemisch/physikalischen Gefährdung: niedrig
hoch allgemein
Handanstrich
Spritzverfahren
Gefährdung durch Einatmen Gefährdung durch Hautkontakt Brand-/Explosionsgefährdung Die folgenden Angaben geben Auskunft darüber, ob die jeweiligen Punkte bei der Gefährdungsbeurteilung besonders zu berücksichtigen sind. allgemein
Handanstrich
Spritzverfahren
Handschutz
‡
–
‡
Hautschutz
‡
‡
‡
Atemschutz
‡
–
‡
Augenschutz
‡
–
‡
Körperschutz
‡
–
‡
Betriebsanweisung
‡
–
‡
Ersatzstoff notwendig
–
–
–
Grenzwertüberschreitung
–
–
–
Vorsorgeuntersuchungen
‡
–
‡
Beschäftigungsbeschränkungen
‡
–
‡
‡
ja
–
5.15 Nutzungsdauern von Bauteilen und Materialien (nach Rudolphi) 5.16 Datenbanken zu Ökobilanzdaten (Übersicht) 5.17 Beispiel für eine Gefährdungsbeurteilung beim Einsatz von Bauprodukten (hier: Anstrich; nach Gefahrstoff-Informationssystem WINGIS) 5.18 Datensatz aus der Datenbank Ökobau.dat
nein 5.17
86
Forschungsansätze zu Nutzungsdauern Die Erarbeitung und Weiterentwicklung von Datenbanken zur rechnerischen Nutzungsdauer von Baustoffen und Bauteilen ist Gegenstand permanenter Forschungsaktivitäten. Um die zum Teil großen Spannbreiten der Nutzungsdauern besser einordnen zu können, schlägt Rudolphi eine aus ISO 15 686 abgeleitete pragmatische Faktormethode vor, die bauteilspezifische Belastungen und materialspezifische Risiken einander gegenüberstellt und daraus Schadenspotenziale ableitet [10] (siehe Planung im Lebenszyklus von Gebäuden, S. 33). Treffen bauteilbezogene Belastungen auf materialspezifische Risiken, ist von einem hohen Schadenspotenzial auszugehen. Rudolphi schlägt vor, den bisher gebräuchlichen Mittelwert in Tabellen zur Beschreibung der Nutzungsdauer »Basiswert« zu nennen, den Maximalwert als »optimierten Wert« zu bezeichnen und den unteren Wert im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion nicht weiter zu betrachten, da er meist im Zusammenhang mit nicht fachgerechter Ausführung oder Wartung auftritt. Abb. 5.15 zeigt einen Auszug aus der nach DIN 276 gegliederten, aber um Funktionsund Materialebene erweiterten Struktur mit den entsprechenden Nutzungsdauern.
Grundlagen und Hilfsmittel
Datensatz: 1.3.11 Betondachsteine – Eternit; 2100 kg/m3 (de) Inhalt: Datensatzinformation – Modellierung und Validierung – Umweltindikatoren Datensatzinformation Kerninformation des Datensatzes Geografische Repräsentativität DE Referenzjahr 2006 Name Basisname; 1.3.11 Betondachsteine – Eternit; 2100 kg/m3 Technisches Anwendungsgebiet Betondachsteine; ca. 4,5 kg/Stück; 40 – 50 kg/m2 Referenzfluss (Flussdatensatz) Beton Dachstein Menge 1 kg (Masse) Anwendungshinweis für Datensatz Das vorliegende Umweltprofil beinhaltet die Aufwendungen für die Lebenszyklusstadien »cradle to gate«. Es basiert auf direkten Datenerhebungen der Eternit AG. Gliederung Produktgruppe 1 Mineralische Baustoffe /1.3 Steine und Bauelemente / 1.3.11 Dachsteine Urheberrecht? Eigner des Datensatzes (Kontaktdatensatz) ja Eternit Quantitative Referenz Referenzfluss (Name und Einheit) Beton Dachstein (Wertgüter) – (Wertstoffe) – (Mineralische Werkstoffe) – kg (Masse) Zeitliche Repräsentativität Zeitliche Gültigkeit des Datensatzes 2011 Erläuterungen zur zeitlichen jährlicher Durchschnitt Repräsentativität Technische Repräsentativität Technische Beschreibung inDie Lebenszyklusanalyse von 1 kg Dachsteinen umfasst die Lebensklusive der Hintergrundsysteme wegabschnitte »cradle to gate«, d. h. die Herstellung von Roh- und Hilfsstoffen sind ebenso berücksichtigt wie die Dachstein-Produktion inkl. Werksbetrieb. Als Rohstoffe dienen vorrangig Quarzsand, Flugasche und Portlandzement. Die Systemgrenze bildet das versandfertige Produkt am Werkstor. Transporte vom Werk zur Baustelle sind nicht berücksichtigt und müssen bei Systembetrachtungen eingerechnet werden. Modellierung und Validierung Art des Datensatzes EPD Datenquellen und Repräsentativität Datenquellen (Quelle) IBU-Deklaration Eternit AG: Betondachsteine (IBU-ETE-2008211-D), 2008 GaBi4 Software und Datenbank Validierung Art des Reviews Independent third party review Reviewer (Name und Institution) IBU (Kontaktdatensatz) Administrative Information Dateneingabe Zeitpunkt der Dateneingabe 2009-08-06 12:19:33 +01:00 Datensatzeingabe durch PE INTERNATIONAL (Kontaktdatensatz) Kennung UUID des Datensatzes 6add6215-39c8-4992-92f9-4e17dac04080 Eigner des Datensatzes Eternit (Kontaktdatensatz) Umweltindikatoren Indikatoren der Sachbilanz Richtung Wert Einheit Anteile Inputs Input 2,35 MJ Primärenergie nicht regenerierbar 7% - Braunkohle 16 % - Steinkohle 29 % - Erdgas 32 % - Erdöl 16 % - Uran Input 0,0295 MJ Primärenergie regenerierbar 45 % - Wasserkraft 49 % - Windkraft 6% - Sonnennutzung (Solarenergie) 0% - Sonnennutzung (Biomasse) Sekundärbrennstoffe Input 0 MJ Wassernutzung Input 0,801 kg Outputs 0,457 kg Output Abraum und Erzaufbereitungsrückstände 0,0084 kg Output Hausmüll und Gewerbeabfälle 0,00128 kg Output Sonderabfälle Indikatoren der Wirkbilanz Indikator Wert Einheit 0,00095 kg Sb-Äqv. Input Abiotischer Ressourcenverbrauch (ADP) 6,22E-5 kg Phosphat-Äqv. Output Eutrophierungspotenzial (EP) 9,95E-9 kg R11-Äqv. Output Ozonabbaupotenzial (ODP) 0,255 kg CO2-Äqv. Output Treibhauspotenzial (GWP 100) Output Versauerungspotenzial (AP) 0,000567 kg SO2-Äqv. Output Photochem. Oxidantienbildungspot. (POCP) 5,67E-5 kg Ethen-Äqv. 5.18
Ergebnisse von Forschungsarbeiten, die vom BMVBS gefördert werden, sind darüber hinaus zugänglich über www.forschungsinitiative.de sowie über www.nachhaltigesbauen.de. Datenbanken für Ökobilanzdaten Datenbanken für Ökobilanzdaten stellen die Ergebnisse einer Wirkungsbilanz bei Bauprodukten dar. Teilweise werden diese Informationen durch Angaben zu ausgewählten Ergebnissen der Sachbilanz ergänzt. Bekannte Datenbanken aus dem deutschsprachigen Raum sind GaBi, probas, ecoinvent und Ökobau.dat (Abb. 5.16). ecoinvent und GaBi werden international in zahlreichen Ökobilanzierungsprogrammen für die Bauproduktmodellierung eingesetzt (z. B. SimaPro, Umberto). In vielen Ländern gibt es derzeit Bestrebungen, auf dem Weg über EPDs die Datengrundlagen für die Gebäudebilanzierung zu schaffen (so etwa in Frankreich, Großbritannien, Norwegen und Finnland) und diesbezügliche Datenbanken zu erstellen. Dies ist ein sehr dynamischer Prozess, der zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Buchs noch nicht abgeschlossen war. Einen Überblick über entsprechende Datenbanken vermittelt die Internetseite des Joint Research Centre der EU [11]. Dort existiert eine Suchmaske, in der eine Recherche nach Datenbanken möglich ist. Der Benutzer kann dort z. B. das Land und den Sektor »Bau« angeben und erhält daraufhin die entsprechenden Hinweise auf Datenbanken. Beispiel: Datenbank Ökobau.dat Ökobilanzdaten zu Bauprodukten bilden eine unverzichtbare Grundlage für die Ökobilanzierung von Gebäuden. Deshalb hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) eine Datenbank mit den notwendigen Indikatoren initiiert, die regelmäßig fortgeschrieben werden soll. Die Industrie stellt hierfür die Ökobilanzdaten in Form von Umweltproduktdeklarationen (EPDs) zur Verfügung (siehe S. 81). Diese können sich sowohl auf durchschnittliche oder typische Produkte beziehen als auch hersteller- oder standortspezifisch aufgelöst sein (Abb. 5.18). Damit eignen sich Daten aus Ökobau.dat für Analysen in frühen Planungsstadien und zur Berechnung von Ökobilanzen 87
Hilfsmittel für die integrale Planung
fertiggestellter Gebäude, wie sie für den Nachweis im Rahmen des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen benötigt werden. Um konsistente Information zu erhalten, müssen Systemgrenzen, Rechenregeln und darzustellende Indikatoren einheitlich festgeschrieben werden. Im Vorgriff auf die europäische Norm prEN 15 804 »Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltdeklarationen für Produkte« wurden in Abstimmung mit den Verbänden der Baustoffindustrie und dem Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) die methodischen Grundlagen vereinbart, die vollständig konform zur Vorgehensweise bei Umweltdeklarationen sind (siehe S. 81). Die Datenbank Ökobau.dat ist bei der Deutschen Gesellschaft Nachhaltiges Bauen (www.dgnb.de) und im Informationsportal Nachhaltiges Bauen des BMVBS (www.nachhaltigesbauen.de) zugänglich (inhaltliche Gliederung siehe Ökobilanzierung, S. 52). Informationssysteme und Elementkataloge
Informationssysteme stellen Informationen (z. B. zu Gefahrstoffen und Baustoffen) bereit und können in der Regel öffentlich eingesehen werden. Durch eine Verknüpfung werden Zusatzinformationen zugänglich. Eine unmittelbare elektronische Weiterverarbeitung der Informationen ist jedoch meist nicht möglich. Gefahrstoff-Informationssysteme In Gefahrstoff-Informationssystemen werden Informationen zu Gefahrstoffen aufbereitet und zugänglich gemacht. Teilweise ist es möglich, die Informationen über Filterfunktionen so zu strukturieren, dass sie dem Informationsbedarf ausgewählter Zielgruppen (z. B. Bauleiter, Arbeitsmediziner) entsprechen. Gefahrstoff-Informationssysteme können unterstützend zur Beurteilung von Gefährdungen in der Planung, Ausschreibung sowie baubegleitend eingesetzt werden.
5.19 Baustoff-Informationssysteme (Auswahl) 5.20 Elementkataloge zur ökologischen Bewertung von Hochbaukostruktionen (Auswahl) 5.21 Datensätze aus einem Elementkatalog (Beispiel: LEGEP) a Baukosten b ökologische Wirkungsbilanz Der weiße Balken bezeichnet die Bandbreite aller Produkte innerhalb der gleichen Kostengruppe, der grüne Punkt den Wert für das jeweils betrachtete Produkt. Die Skala gibt die absoluten Werte an.
88
Beispiel: GefahrstoffInformationssystem WINGIS WINGIS ist ein im Internet frei zugängliches Gefahrstoff-Informationssystem (www.wingis-online.de), das durch die Bauberufsgenossenschaften entwickelt wurde und betrieben wird. Es stellt Informationen zur Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit von Stoffen und Produkten zur Verfügung und unterstützt so eine Gefährdungsbeurteilung im Zusammenhang mit deren unmittelbarer Anwendung. Die Angaben konzentrieren sich somit auf die Phase der Verarbeitung (Abb. 5.17, S. 86). Sie werden für unterschiedliche Zielgruppen (u. a. Unternehmer, Arbeitsmediziner usw.) über Filter entsprechend des jeweiligen Informationsbedarfs zusammengestellt. Bei Risiken für Umwelt und Gesundheit sind Hinweise auf Ersatzstoffe, Ersatzprodukte bzw. Ersatzverfahren angegeben. Ein eigener Bereich widmet sich den GISCODES. Über GISCODES lassen sich ausgewählte Merkmale wie z. B. die Lösemittelfreiheit deklarieren. Die Codes können somit auch in einer Ausschreibung verwendet werden, um entsprechende Eigenschaften zu fordern.
• Verweise auf existierende Zeichen und Label • Verweise auf existierende Umweltproduktdeklarationen (PCR und Branchen-EPD) • ausgewählte technische Daten • Rohstoffe und Ausgangsstoffe für die Herstellung inklusive der Umweltund Gesundheitsrelevanz • Prozesskette der Herstellung • Angaben zu Wirkungen auf die Umwelt (Übernahme von Informationen aus Ökobau.dat, siehe S. 87) • Hinweise zur Verarbeitung inklusive Hinweisen auf arbeitshygienische Risiken • Angaben zur Nutzung inklusive Hinweisen auf Risiken für Umwelt und Gesundheit • Hinweise auf Risiken für Umwelt und Gesundheit in Sonder- und Schadensfällen • Hinweise zur Gesundheitsgefährdung beim Ausbau • Angaben zur Wiederverwendbarkeit und zur stofflichen bzw. energetischen Verwertung • Hinweise zur Beseitigung und zum Verhalten auf der Deponie • Literaturhinweise
Baustoff-Informationssysteme Baustoff-Informationssysteme liefern in der Regel produkt- und herstellerneutrale Informationen zu Bauproduktgruppen. Sie stehen in der Tradition der Deklarationsraster zu Bauprodukten. International gibt es verschiedene Systeme, die Angaben zu Bauprodukten enthalten und die ökologisch orientierte Auswahl unterstützen sollen (Abb. 5.19).
Aus der Liste wird deutlich, dass sich die von WECOBIS bereitgestellten umwelt- und gesundheitsrelevanten Informationen am Lebenszyklus der Produktgruppen orientieren. Hinweise zu den Risiken für Umwelt und Gesundheit in der Herstellung, Anwendung, Nutzung und Entsorgung ergänzen die Ökobilanzdaten sinnvoll. Informationen aus WECOBIS können so zur Beurteilung von Risiken für die Gesundheit der Verarbeiter und Bewohner sowie für die lokale Umwelt auf dem Grundstück herangezogen werden. In WECOBIS werden somit die auf S. 81f. beschriebenen Informationen zu Bauprodukten systematisch aufbereitet und netzbasiert zur Verfügung gestellt. Auch die Ergebnisse der jeweiligen Branchen-EPD (siehe S. 81) werden so zugänglich.
Beispiel: BaustoffInformationssystem WECOBIS WECOBIS ist ein webbasiertes Informationssystem, das insbesondere ökologisch orientierte Informationen zu Baustoffen liefert. Es ist mit dem Gefahrstoff-Informationssystem WINGIS unmittelbar verknüpft und über die Plattform www.nachhaltigesbauen. de zugänglich. Bereitgestellt werden produkt- und herstellerneutrale Informationen zu umwelt- und gesundheitsrelevanten Eigenschaften ausgewählter Produktgruppen. Die jeweiligen Datenblätter enthalten folgende Angaben: • Produktdefinition • wichtige Eigenschaften hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz • Lieferzustand • Hinweise für die ökologische Produktauswahl
Elementkataloge In Elementkatalogen werden funktionale Einheiten bzw. funktionale Äquivalente (z.B. Außenwände) mit vollständigem Schichtenaufbau beschrieben. Angegeben werden zunächst die technischen Merkmale und Eigenschaften, z. B. in Form bauphysikalischer Parameter. Hierüber sind unterschiedliche Varianten innerhalb einer Bauteil-
Grundlagen und Hilfsmittel
gruppe vergleichbar. Die bislang veröffentlichten Elementkataloge konzentrieren sich in der Regel auf die Unterstützung der ökologischen Bewertung von Hochbaukonstruktionen. Ein frühes Beispiel für den Aufbau und die Anwendungsmöglichkeiten eines Elementkatalogs stellt die SIA-Dokumentation D 0123 »Hochbaukonstruktionen nach ökologischen Gesichtspunkten« dar [12]. Die typischen Angaben – jeweils bezogen auf eine Elementeinheit (z. B. 1 m2) – eines Elementkatalogs sind: • Primärenergieaufwand, nicht erneuerbar • Primärenergieaufwand, erneuerbar • Treibhauspotenzial • Versauerungspotenzial Die Angaben beziehen sich auf die Herstellung und Instandsetzung innerhalb eines vorgegebenen Betrachtungszeitraums. Sie werden aus einer Ökobilanz übernommen und ergänzt durch qualitative Informationen zur Verarbeitungs-, Nutzungs- und Entsorgungsphase. Nach einer vergleichbaren Systematik aufgebaute Elementkataloge hat u. a. das Österreichische Institut für Baubiologie und Bauökologie veröffentlicht [13]. Teilweise sind auch Beispiele im Internet verfügbar (Abb. 5.20). Die Angaben aus Elementkatalogen lassen sich in idealer Weise mit Daten zu Baukosten kombinieren, die nach der Elementmethode erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden. Sie bilden die Grundlage für Elementkataloge in elektronischer Form und können in komplexen Planungs- und Bewertungshilfsmitteln weiterverarbeitet werden (Abb. 5.21).
Baustoff-Informationssystem Link
Deutschland
WECOBIS
www.wecobis.de
Schweiz
SIA Deklarationsraster
www.sia.ch /d/praxis/bauprodukte/index.cfm
Österreich
baubook
www.baubook.at 5.19
Land
Elementkatalog
Link
Deutschland
Bauteilkatalog
www.legep.de / index.php?AktivId=1069
Österreich
Passivhaus-Bauteilkatalog
www.baubook.info / phbtk
Österreich
Baubook-Rechner für Bauteile
www.baubook.at / BTR / ?SW=5
Schweiz
Bauteilkatalog
www.bauteilkatalog.ch / 11.asp
UK
Green Guide for Specification
www.thegreenguide.org.uk 5.20
Deckenkonstruktion aus Stahlbeton C 20/25 (B 25), d = 20 cm, Wärmedämmung zu unbeheizten Räumen, Polystyrol 120 mm, schwimmender Zementestrich, Linoleumbelag Kosten Langtext
a
Einheit
EP (€)
Faktor
GP (€)
Decke, Linoleumbelag aus Naturstoffen 4 mm, Sockelleiste Fichte, lasiert 20/80 mm
m2
38,67
0,800
30,94
schwimmender Estrich auf Decke als Zementestrich CT 20-S 50, Polystyrol 22/20 und Polystyrol 100, Konstruktionshöhe 170 mm
m2
28,2
0,800
22,56
Decke C 20/25 (B 25), glatte Schalung, d = 20 cm
m2
94,81
1,000
ergibt für 1 m2 Stahlbetondecke, Wärmedämmung, Linoleumbelag
94,81 148,31
Ökologie Betrachtungszeitraum 80 Jahre kg 550 500 450
MJ
MJ
1.400
1.400
1.200
1.200
kg CO2-Äq. 110
90
0,40
80
350 300
1.000
1.000
800
800
600
600
400
400
200
200
0
0
70
0,30
60
250
50
200 150
0,20
40 30
100
0,10
20
50 0 Stoffmasse
b
kg SO2-Äq. 0,50
100
400
Entwurfshilfsmittel und Berechnungsprogramme
Entwurfshilfsmittel unterstützen unmittelbar den Planungsprozess. Computer-Aided-Design-Programme (CAD) werden bei der Planung und Realisierung eines Objekts eingesetzt. Sie können von den Planern bei der Entwurfsarbeit, Objektgestaltung, bei Konstruktionslösungen und der Erstellung von Plänen genutzt werden. Neben den grafischen Plänen liefern die Zeichenwerkzeuge Kubatur- und Flächendaten, in beschränktem Umfang auch Bauteilmassen. Sie ermöglichen bisher allerdings keine Berechnungen beispielsweise der Kosten oder des Energiebedarfs und
Land
Primärenergie erneuerbar
10 0 Primärenergie nicht erneuerbar
0
Stand kg Stoffmasse innerhalb der Kostengruppe
900
0
Stand kg Stoffmasse innerhalb der Kostengruppe
2000
0
Stand MJ PEI erneuerbar innerhalb der Kostengruppe
0
Stand MJ PEI nicht erneuerbar innerhalb der Kgr.
80
100
0 Treibhauspotenzial
Versauerungspotenzial
Stoffmasse: 527,38 kg
Stoffmasse: 542,90 kg über 80 Jahre
Primärenergie erneuerbar: 1,75 MJ/Jahr
Primärenergie nicht erneuerbar: 17,29 MJ/Jahr
-2 Stand kg CO2-Äq. innerhalb der Kostengruppe
5
Treibhauspotenzial: 1,30 kg CO2-Äq./Jahr
Stand kg SO2-Äq. innerhalb der Kostengruppe
1
Versauerungspotenzial: 0,01kg SO2-Äq./Jahr
0
5.21
89
Lebenszyklusanalyse in der Praxis: Fallbeispiele und Anwendungsbereiche
Werte in €
Variante 2 (Abbruch und Neubau)
Variante 1 (strukturelle Modernisierung)
Variante 3 (Modernisierung nach EnEV 2007)
Variante 4 (Instandsetzung des Bestands)
Mio. € 48 44 40
2 530 026
Kosten Neubau (KG 3 und 4) inkl. sonstige Kosten
3 678 096
1 604 811
1 196 198
36 32 28
Kosten Betrieb/Jahr
31 497
36 714
40 288
75 296
Kosten Instandsetzung /Jahr
50 599
69 912
37 284
41 360
Kosten Wartung /Jahr
14 452
10 658
2 678
3 251
Kosten Rückbau
1 585 201
2 121 987
1 266 068
1 389 537
Barwert
7 934 690
9 926 088
6 148 035
10 202 957
24 20 16 12 8 4 0 10
20
30
40 50 60 70 80 Nutzungsdauer (Jahre)
6.19
Kosten Neubau (KG 3 und 4) inkl. sonstige Kosten 1,25
6.20
Treibhauspotenzial 1.25
1,00
1.00
0,75
Kosten Betrieb
0,50
0.25
0,00
0.00
Kosten Rückbau
Kosten Wartung
kg SO2-Äq. 9,00
kg PO4-Äq. 2,00
3600
8,00
2800
Sommersmogpotenzial
2400
MJ 66000
1,80
60000
60000
1,60
54000
54000
48000
48000
42000
42000
36000
36000
30000
30000
24000
24000
18000
18000
12000
12000
6000
6000
0,40
0,30
1,20
5,00
1,00
2000 4,00
0,80
1600 3,00
1200
0,40
400
1,00
0,20
0
0
0
Treibhauspotenzial
Versauerungspotenzial
Variante 1 (strukturelle Modernisierung) Variante 2 (Abbruch und Neubau)
6.19 Lebenszykluskosten der vier Varianten über einen Zeitraum von 80 Jahren 6.20 Vergleich der Lebenszykluskosten (statische Amortisationsdauer) der vier Varianten
112
0,20
0,60
2,00
800
6.22
MJ 66000
kg Ethen-Äq. 0,50
1,40
6,00
Primärenergie erneuerbar
Variante 3 (Modernisierung nach EnEV 2007) Variante 4 (Instandsetzung)
kg CO2-Äq. 4000
7,00
Überdüngungspotenzial
6.21
Variante 1 (strukturelle Modernisierung) Variante 2 (Abbruch und Neubau)
Primärenergie nicht erneuerbar
0.50
0,25
Kosten Instandsetzung
3200
0.75
Versauerungspotenzial
Barwert
0,10
0 Überdüngungspotenzial
0 Sommersmogpotenzial
Variante 3 (Modernisierung nach EnEV 2007) Variante 4 (Instandsetzung)
6.21 relativer Vergleich der Lebenszykluskosten 6.22 relativer Vergleich der Ökobilanzen 6.23 Ergebnisse der Ökobilanzierung über einen Zeitraum von 80 Jahren (je m2 BGF)
0 Primärenergie erneuerbar
Primärenergie nicht erneuerbar
6.23
Beispiel 2: Quartier Normand, Speyer
altersklassen von 1890 bis 1990 die in Deutschland im Wohnungsbau üblicherweise angewendeten Konstruktionen [11]. Bauteile und technische Anlagen von Neubauten beschreiben im Allgemeinen einen Idealzustand. Im Vergleich dazu ist das Bestandsbauteil Alterungsprozessen unterworfen. Seine Eigenschaften können sich gegenüber dem Zeitpunkt seines Einbaus bereits signifikant geändert haben, sodass technische oder bauphysikalische Normen teilweise nicht mehr erfüllt werden. Ein extremer Risikofall tritt ein, wenn das Bauteil Sicherheitsmängel aufweist, z. B. ein Treppengeländer einen Absturz nicht mehr verhindert. Ist ein Gebäude vollständig mit all seinen Bestandselementen beschrieben und wurden eine Bauteildiagnose und eine Marktanalyse erstellt, können verschiedene Varianten für Erhalt bzw. Verbesserung des Bestands entwickelt werden. Die dazu notwendigen Maßnahmen werden erfasst und zu einem Gesamtkonzept zusammengestellt. Für den Wohnungsbau in Speyer wurden mit einer integralen Software folgende Varianten entwickelt und unter ökonomischen und ökologischen Aspekten verglichen: • Variante 1: energetische Modernisierung (Primär-Heizenergiebedarf 30 kWh/m2a) und vollständige strukturelle Neugestaltung der Wohnungen • Variante 2: Abbruch und Neubau mit gleicher Kubatur (energetisches Niveau 20 % unter EnEV) • Variante 3: Modernisierung im Sinn der EnEV 2007 (Energiebedarf = 140 % eines Neubaus nach EnEV; Instandsetzungsmaßnahmen) • Variante 4: Bestandsgebäude mit Beseitigung des in den vergangenen Jahren entstandenen Instandsetzungsstaus Ein Vergleich der Varianten sollte Aussagen über die Lebenszykluskosten unter Berücksichtigung aller Aufwendungen innerhalb von 80 Nutzungsjahren erlauben (Abb. 6.19–6.23). Über denselben Zeitraum war für jede Lösungsvariante eine Ökobilanz aufzustellen. Die Bearbeitung umfasste daher folgende Schritte: • Beschreibung des Gebäudes und seiner Varianten in ihren Bestandteilen • Kostenermittlung für die Baumaßnahmen • Bedarfsermittlung für den Gebäudebetrieb für alle Medien (Energie für
Heizung und Warmwasser, elektrischer Strom, Wasser) • Kostenberechnung für das Gebäudemanagement in der Nutzungsphase mit Informationen über Betrieb, Reinigung, Wartung, Instandsetzung und Rückbau • Ermittlung der Belastungen für die Umwelt durch Errichtung, Nutzung und Beseitigung Für die Bilanz der Lebenszykluskosten wurden folgende Indikatoren berücksichtigt: • Herstellungskosten nach Kostengruppen 3 und 4 • Kosten des Betriebs für die Ver- und Entsorgung • Kosten für die Wartung • Kosten für die Instandsetzung • Kosten für den Rückbau • Barwert Der Variantenvergleich zeigt die Komplexität der Untersuchung, bei der keine Variante bei allen Indikatoren positiv abschneidet (Abb. 6.21): Bei den Baukosten sind die Investitionen für die Instandsetzung des Bestandsgebäudes (Variante 4) und die einfache energetische Modernisierung (Variante 3) am geringsten. Am teuersten wäre die Variante mit Abbruch und Neubau (Variante 2). Die Ver- und Entsorgungskosten sind für die Bestandsvariante (Variante 4) am höchsten. Die niedrigsten Werte erreicht hier die Modernisierung mit struktureller Änderung (Variante 1). Die Wartungskosten sind bei der Neubauvariante (Variante 2) hoch, da hier ein Sonnenschutz vor allen Fenstern zu installieren ist. Gleiches gilt für die strukturelle Modernisierungsvariante (Variante 1), da hier zwei Aufzüge eingebaut werden. Die Instandsetzungskosten liegen für diese beiden Varianten ebenfalls höher als für die instandgesetzte Bestandsvariante (Variante 4) und die einfache Modernisierung (Variante 3), da die robusten Bestandskonstruktionen relativ kostengünstig instandzusetzen sind. Bei der Barwertberechnung sind die einfache Modernisierung (Variante 3) und die hochwertige Modernisierung (Variante 1) die günstigsten Lösungen. Bei der statischen Amortisation der Investitionskosten zeigen sich die Vorteile der nur energetisch ausgerichteten Modernisierung (Variante 3, Abb. 6.20). Da bei dieser Betrachtung
der Lebenszykluskosten nur die Ausgabenseite berücksichtigt wurde, bleiben mögliche Einnahmen durch Vermietung oder Verkauf bei diesem Vergleich unberücksichtigt. Diese Aspekte müssen bei einer Risikobetrachtung der Investition in die Bewertung miteinbezogen werden. Für die Ökobilanz werden folgende Indikatoren berücksichtigt: • Primärenergie nicht erneuerbar in MJ • Treibhausgase in kg CO2-Äquivalent • Versauerung in kg SO2-Äquivalent • Überdüngungspotenzial in kg PO4Äquivalent • Sommersmogpotenzial in kg EthenÄquivalent Der Vergleich bezieht sich auf 1 m2 Bruttogrundfläche und eine Nutzungsphase von 80 Jahren. Die strukturelle Modernisierung (Variante 1) schneidet bei allen Indikatoren mit Ausnahme von Primärenergie erneuerbar am besten ab (Abb. 6.22 und 6.23). Die Unterschiede zwischen allen Varianten sind zumeist eindeutig und die Rangfolge der Varianten ist bei allen Indikatoren weitgehend die gleiche. Bei dem Indikator Primärenergie erneuerbar ist die sehr hohe Abweichung der strukturellen Modernisierung (Variante 1) auf den Einbau einer Holzhackschnitzelanlage zur Wärmeerzeugung zurückzuführen. Die drei anderen Varianten benutzen den fossilen Brennstoff Erdgas. Dieses Beispiel unterstreicht deutlich die mögliche Aussageschärfe der Ökobilanz, weist aber auch auf die Notwendigkeit von Detailwissen zur Interpretation der Ergebnisse hin. Objektrealisierung
Auf Basis der Konzeptvergleiche und unter Berücksichtigung von Marktpotenzialen entschied sich der Investor für ein Umbaukonzept, das eine vollständig neue Strukturierung der Grundrisse mit einem zukunftsfähigen Niedrigstenergiestandard verband. Der Wärmebedarfs und die Energiekosten wurden mit dem Verfahren für Wohngebäude nach EnEV 2007 ermittelt. Durch die umfassenden baulichen Modernisierungsmaßnahmen, die die gesamte Gebäudehülle betrafen, und die innovativen technischen Anlagen (z. B. Beheizung mit Hackschnitzeln, Gebäudelüftung mit Wärmerückgewinnung) liegen sowohl der Endenergiebedarf (27,08 kWh/m²a) als auch der nicht erneuerbare Primärenergiebedarf 113
Lebenszyklusanalyse in der Praxis: Fallbeispiele und Anwendungsbereiche
€ 900
Erweiterte Gebäudebetrachtung
800
Über die hier diskutierten Fallbeispiele hinaus treten weitere Fragestellungen auf, die in der Planung häufig wiederkehren und bei denen die Lebenszyklusanalyse einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten kann. Fünf dieser Fälle werden in den folgenden Abschnitten näher untersucht.
700 600 500 400 300
Fall a: Lebenszyklusanalyse von Bauteilen
200 100 0 0
10
20
30
40
50
60
Rückbau Instandsetzung Reinigung Neubau
70 80 Jahre
6.54
kg CO2-Äq. 140 120 100 80 60 40 40 0 0
10
20
30
40
50
Farbe innenseitg Putz innenseitig Wandkern Stein Außenputz und Beschichtung
60
70 80 Jahre
6.55
6.54 Lebenszykluskosten eines Bauteils (Geschossdecke) im Lauf von 80 Jahren 6.55 Umweltwirkung, Indikator Treibhauspotenzial (kg CO2-Äq.) einer Außenwand im Lauf von 80 Jahren (je m2) 6.56 Umweltwirkungen von vier Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) in der Herstellungsphase 6.57 Umweltwirkung von vier Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) in der Herstellungsund Instandsetzungsphase über einen Zeitraum von 80 Jahren (je m2)
128
Die Basis für die Gebäudeanalyse sind zum einen die Bauteile, zum anderen die Serviceleistungen. Die Bauteile können zu Vergleichszwecken auch unabhängig von der Einbausituation untersucht werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass dabei eine normierte Situation vorauszusetzen ist, die im Gebäude möglicherweise verändert wird. So kann z. B. die Einbausituation eines Fensters zu mehr oder weniger Bewitterung führen. Ermöglicht wird die Lebenszyklusanalyse dadurch, dass die Bauteile über Informationen zum Lebenszyklus verfügen. Diese Informationen müssen einen Zykluswert besitzen, der festlegt, mit welcher Häufigkeit das Ereignis in einer bestimmten Zeitspanne aktiviert wird. Abb. 6.54 zeigt die jährlich entstehenden Kosten eines Bauteils (hier: Geschossdecke) in kumulierender Darstellung über einen Betrachtungszeitraum von 80 Jahren. Eine ähnliche Darstellungsform kann für die Umweltbilanz eines Bauteils (hier: Außenwand) gewählt werden (Abb. 6.55). Die Darstellung kann jeweils nur für einen Indikator ausgelegt werden (hier: Treibhauspotenzial). Bauteilvergleich Erst mit der Definition einer funktionalen Einheit und einem eindeutigen Leistungsspektrum sind vergleichende Analysen hinsichtlich Lebenszykluskosten und Umweltbilanz sinnvoll. Damit die Ergebnisse von Dritten nachvollzogen werden können, müssen vollständige Angaben über die Rahmenbedingungen gemacht werden, unter denen diese Untersuchung stattgefunden hat. Abb. 6.56 und 6.57 zeigen die Umweltwirkungen von vier Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) im Vergleich. Dabei gelten folgenden Annahmen: • funktionale Einheit: 1 m², vollständig appliziert auf beliebigem Untergrund • erfasste Baustoffe: Kleber, Dämmstoff, Dübel, Gitter, Unterputz, Oberputz, Anstrich
• • • •
U-Wert: ca. 0,33 W/m²K Betrachtungszeitraum: 80 Jahre Basisdatenbank: ecoinvent Phasen: Herstellung bis Instandsetzung (kein End of Life) • Anzeige: – Stoffmasse (Plausibilitätsprüfung) • Input-Indikatoren: – Primärenergie nicht erneuerbar (MJ) – Primärenergie erneuerbar (MJ) • Output-Indikatoren: – CO2 (kg) (mit Gutschriften für nachwachsende Rohstoffe) – SO2 (kg) Die verwendeten Systeme bestehen aus: • Polystyrol 25 kg/m3, 100 mm, mineralischer Putz, Kunstharzdispersionsfarbe • Mineralfaser 150 kg/m, 120 mm, mineralischer Putz, Silikatfarbe • Holzweichfaser 130 kg/m3, 120 mm, mineralischer Putz, Silikatfarbe • Mineralschaum 115 kg/m3, 120 mm, mineralischer Edelputz, Silikatfarbe Systemvergleich in der Herstellungsphase Wird nur die Herstellungsphase betrachtet, kann für jede Konstruktion eine unterschiedliche Umweltwirkung festgestellt werden, die zudem bei jedem Indikator für das jeweilige Produkt anders ausfällt (Abb. 6.56). Das Polystyrolsystem ist die leichteste Konstruktion, das Mineralwollesystem wegen der schweren Fassadendämmplatten und dem zweilagigen Putzsystem die schwerste. Die erneuerbare Primärenergie ist bei den Holzfaserdämmplatten als nachwachsender Rohstoff am höchsten, die nicht erneuerbare Primärenergie bei den Mineralschaumplatten aus Porenbeton am geringsten. Die Holzfaserdämmplatten weisen eine Gutschrift beim Indikator Treibhausgas auf. Systemvergleich in der Herstellungs- und Instandsetzungsphase Bei einer Betrachtung über 80 Jahre ohne Rückbau und Entsorgung gleichen sich einige Unterschiede aus. Bei dem Mineralplattensystem werden nur der Putz und der Anstrich erneuert, die Dämmplatten werden nicht ersetzt. Deshalb ist die Stoffmasse nur geringfügig erhöht. Bei dem Holzfasersystem wird durch die Putz- und Anstricherneuerung die CO2-Gutschrift reduziert. Beim WDVS mit Mineralplatten zeigt sich
Erweiterte Gebäudebetrachtung
deutlich der Einfluss der Instandsetzungszyklen, da sich dieses System durch längere Standzeiten auszeichnet (Abb. 5.57). Fall b: Lebenszyklusanalyse von Passivhäusern
Passivhäuser sind Gebäude, »in welchen die thermische Behaglichkeit (ISO 7730) allein durch Nachheizen oder Nachkühlen des Frischluftvolumenstroms, der für ausreichende Luftqualität (DIN 1946) erforderlich ist, gewährleistet werden kann – ohne dazu zusätzlich Umluft zu verwenden« [13]. Der Passivhausstandard fordert einen Jahresheizwärmebedarf von ≤ 15 kWh/m²a und einen Primärener-
giebedarf von ≤ 120 kWh/m²a (inklusive aller elektrischen Verbraucher). Diese Werte werden durch die kontrollierte Kombination von Maßnahmen erreicht, sowohl zur Verringerung des Bedarfs (Wärmedämmung, Fensterqualität und Luftdichtigkeit der Außenhülle) als auch durch leistungsfähige Abluftwärmerückgewinnung und Warmwasserproduktion. Grundsätzlich können Passivhäuser ohne statische Zusatzheizung funktionieren. Die Umweltwirkungen von Passivhäusern in der Betriebsphase sind in allen Fällen gering. Unterschiede ergeben sich dabei vor allem durch die Art der verwendeten Elektrizität. Es stellt sich natürlich die Frage, ob Passivhäuser
kg 50
MJ 1000
MJ 1000
45
900
900
30
40
800
800
20
35
700
700
10
30
600
600
0
25
500
500
-10
20
400
400
-20
15
300
300
-30
10
200
200
-40
5
100
100
-50
0
0 Stoffmasse
kg CO2-Äq. 40
Primärenergie nicht erneuerbar
kg SO2-Äq. 0,30 0,25
0,20 0,15
0,10 0,05
-60
0 Primärenergie erneuerbar
durch den zusätzlichen konstruktiven Aufwand höhere Umweltbelastungen durch Herstellung, Unterhalt und Erneuerung verursachen. Eine detaillierte Untersuchung zeigt, dass die Umweltbelastungen bei der Errichtung eines vergleichbaren konventionellen Gebäudes deutlich höher liegen [14]. Die verbreitete Vorstellung, dass Passivhäuser durch den benötigten höheren Dämmstandard für die Errichtung des Gebäudes mehr Primärenergie benötigen und die Umwelt stärker belasten als konventionelle Gebäude, bestätigte sich nicht. Beim untersuchten Passivhaus wurden gewisse Bauteile überflüssig (Heizsystem), die anderen Bauteile wurden sehr sorgfäl-
0 Treibhauspotenzial
Versauerungspotenzial
WDVS, 100 mm Polystyroldämmung, mineralischer Oberputz geschabt, Dispersionsfarbe WDVS, 120 mm Mineralwolldämmung, mineralischer Oberputz gerieben, Silikatfarbe WDVS, 120 mm Holzfaserplatte, mineralischer Oberputz gerieben, Silikatfarbe WDVS, 120 mm Mineralplatte, Edelputz, Silikatfarbe
kg 150
MJ 2800 2600 2400
MJ 2800 2600 2400
80
2200
2200
70
2000
2000
1800
1800
1600
1600
1400
1400
1200
1200
90
60 50 40
1000
1000
30
800
800
20
600
600
400
400
200 0
200 0
10 0 Stoffmasse
Primärenergie erneuerbar
6.56
kg CO2-Äq. 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 Primärenergie nicht erneuerbar
WDVS, 100 mm Polystyroldämmung, mineralischer Oberputz geschabt, Dispersionsfarbe WDVS, 120 mm Mineralwolldämmung, mineralischer Oberputz gerieben, Silikatfarbe WDVS, 120 mm Holzfaserplatte, mineralischer Oberputz gerieben, Silikatfarbe WDVS, 120 mm Mineralplatte, Edelputz, Silikatfarbe
Treibhauspotenzial
kg SO2-Äq. 0,30 0,25
0,20 0,15
0,10 0,05
0 Versauerungspotenzial
6.57
129
Lebenszyklusanalyse in der Praxis: Fallbeispiele und Anwendungsbereiche
Treibhauseffekt 1.00 0.75 0,50 Versauerungspotenzial
Menge radioaktiven Abfalls 0.25 0.00
Primärenergie nicht erneuerbar
Primärenergie erneuerbar
Errichtung Passiv-Bürogebäude
Errichtung konventionelles Gebäude 6.58
Treibhauseffekt 1.00 0.75 0,50 Menge radioaktiven Abfalls
Versauerungspotenzial 0.25 0.00
Primärenergie nicht erneuerbar
Primärenergie erneuerbar
Errichtung Passiv-Bürogebäude Errichtung konventionelles Gebäude
Errichtung und Betrieb Passiv-Bürogebäude Errichtung und Betrieb konventionelles Gebäude 6.59
GJ 12
GJ 1,8 1,6
10
1,4
8
1,2 1,0
6
0,8 0,6
4
0,4 2
0,2 0
0 0
20
Neubau Instandsetzung
40
60
80 Jahre
20 Neubau Instandsetzung
Betrieb Rückbau 6.60
6.58 Umweltwirkungen der Erstellung eines konventionellen Bürogebäudes und eines Bürogebäudes im Passivhausstandard 6.59 Umweltwirkungen der Erstellung und des Betriebs während der Lebensdauer eines konventionellen Bürogebäudes und eines Bürogebäudes im Passivhausstandard
130
0
40
60
80 Jahre
Betrieb Rückbau 6.61
6.60 Primärenergieaufwand nicht erneuerbar (Basis: europäischer Durchschnittsstrommix UPCTE) für ein konventionelles Bürogebäude über einen Zeitraum von 80 Jahren 6.61 Primärenergieaufwand nicht erneuerbar (Basis: Verwendung von PV-Strom) für ein Bürogebäude im Passivhausstandard
tig dimensioniert und die verschiedenen Baustoffe entsprechend ihrer Eigenschaften optimal eingesetzt (Holzwände, Holzdach, Betondecken etc.). Das konventionelle Gebäude war in vielen Details überdimensioniert und enthielt zahlreiche redundante Bauteile. Dies steigert den laufenden Energiebedarf sowie die Menge an Energie zur Erstellung und Erhaltung der Gebäudekonstruktion. Überdies sind die Haustechniksysteme aufgrund ihrer Komplexität einem starken Risiko bezüglich Verfügbarkeit, Alterung und Obsoleszenz ausgesetzt. Umweltbelastung ist daher nicht eine Frage des energetischen Standards oder der Baustoffwahl, sondern in erster Linie der optimalen Bauweise und Dimensionierung (Abb. 6.58). Betrachtet man die Umweltbelastungen dieser beiden Gebäude während einer angenommenen Lebensdauer von 80 Jahren, so sind diejenigen des Passivhauses erwartungsgemäß deutlich geringer als diejenigen des konventionellen Gebäudes (Abb. 6.59). Dabei hat die Art der Stromerzeugung einen großen Einfluss auf mögliche Umweltbelastungen durch den Gebäudebetrieb. Wird für den Betrieb ein europäischer Strommix (UPCTE) verwendet, liegen die Umweltbelastungen des Passivhauses bei ca. einem Drittel des konventionellen Gebäudes. Bei der Nutzung eines französischen Strommixes mit großem Anteil Nuklearstrom ergibt sich eine Reduktion des Treibhauseffekts, aber ein Anstieg der radioaktiven Abfallmenge (Abb. 6.59). Die Vorteile des Photovoltaikstroms sind besonders in den Kategorien Primärenergieverbrauch und radioaktive Abfälle augenfällig, wo bis zu 90 % der Umweltbelastungen vermieden werden können. Ein Vergleich der Entwicklung des Primärenergiebedarfs für Neubau und Betrieb der beiden Gebäude über 80 Jahre zeigt, dass beim konventionellen Gebäude die Betriebsenergie schon nach 14 Jahren den Energieaufwand für den Neubau übertrifft. Bei einem Passivhaus mit Photovoltaikstrom liegt der Betrieb auch nach 80 Jahren unter dem Herstellungsaufwand (Abb. 6.60 und 6.61). Die Lebenszyklusanalyse zeigt, wie sich die Prioritäten zwischen Herstellung und Betrieb in den kommenden Jahren verschieben werden. Nur eine durch eine Lebenszyklusanalyse erweitere Planung ist unter den oben
Erweiterte Gebäudebetrachtung
genannten veränderten Bedingungen in der Lage, die Gesamtbelastungen durch Herstellung, Erneuerung und Entsorgung zu minimieren. Fall c: Umgang mit dem Gebäudebestand
In der Entwicklung des Wohnungsbaus spiegelt sich schon immer die jeweilige gesellschaftliche Situation wider – so beim Wiederaufbau in der Nachkriegszeit, der Ausweitung des Gebäudebestands in den darauffolgenden 30 Jahren bis hin zu der momentan zu beobachtenden Periode der Konsolidierung und Instandsetzung. Letztere ist gekennzeichnet durch eine steigende Anzahl von Kleinhaushalten, die zu einer Verschiebung der Nachfrage im Wohnungsbau führt. Gleichzeitig ist ein flächendeckender Instandsetzungsbedarf im Altbaubestand zu beobachten. Der kurzfristige Instandsetzungsbedarf für Wohnbauten in Deutschland wurde für das Jahr 2000 auf 20 Milliarden € geschätzt [15]. Auf lange Sicht gesehen, besteht hier aber ein noch weitaus höheres Potenzial. Die zentralen Bauaufgaben der Zukunft liegen deshalb in der Konzeptionierung und Umsetzung kombinierter Neubau-, Umbau- und Instandsetzungsstrategien. Unter diesen Voraussetzungen zeichnen sich in den nächsten Jahrzehnten zwei mögliche Hauptaufgaben für Planer, Architekten und das Baugewerbe ab. Zum einen wird eine umfangreiche Herausforderung im Bauunterhalt liegen, also in der Instandsetzung bzw. Modernisierung. Zum anderen wird die Analyse des Bestands wichtige Entscheidungsgrundlagen für Demontage oder Rückbaumaßnahmen liefern. Für das Planen und Bauen im Altbaubestand ist immer ein hohes Maß an Fachwissen und Erfahrung bei allen am Bau Beteiligten erforderlich: Unterschiedliche Konstruktionen und teilweise nicht mehr übliche Baumaterialien sind mit Sachverstand zu behandeln, Ursachen für Bauschäden und Quellen möglicher Schadstoffe müssen jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall analysiert werden. Leichtfertig und oft bedingt durch mangelnde Kenntnisse wird in vielen Fällen der Altbau unangemessen saniert oder frühzeitig zugunsten eines Neubaus beseitigt, wodurch Ressourcen unwiederbringlich verloren gehen. Unterschiedliche Ausgangspunkte der Lebenszyklusanalyse Die Ausgangssituation für die Beschreibung von Bestandsgebäuden mit ihren
Bauteilen und technischen Anlagen unterscheidet sich von Neubauten. Während bei Neubauten von der Planung über die Errichtung bis zur Inbetriebnahme sukzessiv Informationen gesammelt und verdichtet werden, liegen die für die Beschreibung des Bestandsgebäudes relevanten Daten und Informationen häufig nicht vor. Gebäudedokumentationen gingen zum Teil verloren, wurden nicht mehr fortgeschrieben oder entsprechen nicht mehr der realen Situation. Dies stellt den Planer bei der Projektbearbeitung vor das Problem der Erhebungsmethodik. Es ist begreiflicherweise nicht sinnvoll, ein Gebäude bis in alle Einzelheiten des Bauzustands aufzunehmen, wenn sich der Auftraggeber aus Verwertungsgründen für einen Abbruch entschieden hat. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer besonderen Arbeitsökonomie. Im Baubestand muss die Bestandsaufnahme schrittweise erfolgen. Die Arbeitsschritte müssen so angelegt sein, dass die Ergebnisse zu klaren Entscheidungen des Auftraggebers führen, die die weiteren Tätigkeiten begründen. Voraussetzung für die schrittweise Vertiefung des Wissens über ein Gebäude sind sowohl Element- als auch Objektkataloge. Diese erlauben eine Bearbeitung des Objekts mit allgemeinen unkonkreten Daten, die in den folgenden Arbeitsschritten präzisiert werden können. Der Bearbeiter benötigt Arbeitshilfen, die sowohl auf der Element- als auch auf der Objektebene die Fülle der tatsächlichen baulichen Realitäten strukturieren, um die komplexe Arbeit zu erleichtern. Hilfsmittel für Planungen im Baubestand Zum einen geben Nachschlagewerke zur Analyse der Bestandskonstruktionen [16] oder die Bauwerkskataloge verschiedener Bundesländer [17] Hilfestellungen. Sie wenden sich jedoch in ihrer Fokussierung auf wärmetechnische Aspekte vor allem an Energieberater. Zum anderen sind Datensammlungen verfügbar, die den Architekten bei der Kostenermittlung von Bauarbeiten im Baubestand unterstützen sollen [18]. Durch die Vielfalt der Bestandskonstruktionen und der möglichen Erneuerungsarbeiten können Ausschreibungskataloge mit Kostenangaben in Buchform nur die wichtigsten Leistungsbereiche erfassen. Elektronische Ausschreibungskataloge können dagegen Arbeiten für alle Leistungsbe-
reiche mit entsprechender Variationsbreite anbieten [19]. Aber auch hier fehlt eine Unterstützung bezüglich der Zuordnung zu Baualtersklassen. Eine gute Einführung in die Kostenermittlung im Baubestand mit einem Anhang von Kostenelementen liefert Rolf Neddermann [20]. Für die Kostenschätzung und -berechnung nach Elementen ist das Werk gut einsetzbar, eine Zuordnung zu Baualtersklassen ist jedoch nicht gegeben. Unterstützung bei der Kostenschätzung im Objektbereich bieten Altbaukataloge [21]. Hier werden bearbeitete Objekte veröffentlicht und die dabei entstandenen Kosten dokumentiert. Diese objektspezifischen Daten, die sich auf ein konkret ausgewertetes Objekt beziehen, sind jedoch nicht weiter verallgemeinert. Es werden dabei auch keine Kennwerte ermittelt. Deshalb wird diese Datengrundlage von Planern häufig als Orientierungshilfe für einzelne Baumaßnahmen benutzt. Die bereits erwähnten Bauwerkskataloge verschiedener Bundesländer und die Schriften des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) [22] versuchen dagegen, die Maßnahmen zur wärmetechnischen Verbesserung des Gebäudes zu verallgemeinern. Die dabei zugrunde gelegte Typologie verbindet Baualtersklassen mit Elementkonstruktionen. Für diese Beispiele werden Vorschläge zur bautechnischen Verbesserung entwickelt. Kostenangaben zu den Maßnahmen und deren monetärer Effizienz werden nicht gegeben. Bauteile und technische Anlagen von Neubauten erfüllen im Allgemeinen baukonstruktive, bauphysikalische und technische Anforderungen, d. h. sie beschreiben einen Idealzustand. Im Vergleich dazu ist das Bestandsbauteil Alterungsprozessen unterworfen. Seine Eigenschaften haben sich seit seinem Einbau signifikant verändert, sodass technische oder bauphysikalische Normen teilweise nicht mehr erfüllt werden. Entscheidend für die Aufstellung eines Bestandselementekatalogs ist jedoch die Tatsache, dass die Bauweisen für Wohngebäude in Deutschland aufgrund der historischen und technologischen Entwicklung erhebliche Veränderungen erfahren haben. Gebäudebestand Im Rahmen der Studie »Stoffströme und Kosten in den Bereichen Bauen und Wohnen« für die Enquete-Kommission »Schutz des Menschen und der 131