Christiane Feuerstein Christiane Feuerstein Franziska Leeb Franziska Leeb
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GenerationenWohnen GenerationenWohnen Neue Konzepte f端r Architektur Neue Konzepte f端r Architektur und soziale Interaktion und soziale Interaktion
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GenerationenWohnen
Christiane Feuerstein Franziska Leeb
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GenerationenWohnen Neue Konzepte f端r Architektur und soziale Interaktion
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Impressum
Autoren: Christiane Feuerstein (Essay und Projektteil), Franziska Leeb (Projektteil) Redaktion | Lektorat: Cornelia Hellstern (Projektleitung), Heike Messemer, Eva Schönbrunner Redaktionelle Mitarbeit: Samay Claro, Katinka Johanning, Nina Müller, Jana Rackwitz Zeichnungen: Ralph Donhauser, Kai Meyer Umschlag und Gestaltungskonzept: Kai Meyer Herstellung | DTP: Roswitha Siegler Reproduktion: ludwig:media, Zell am See Druck und Bindung: Kösel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell © 2015, erste Auflage DETAIL – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München | www.detail.de ISBN 978-3-95553-261-1 (Print) ISBN 978-3-95553-262-8 (E-Book) ISBN 978-3-95553-263-5 (Bundle)
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Zeichnungen, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlag: Die Linien zeigen die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland anhand der Jahre 1910, 1960, 2005 und der Schätzung für 2050. Die Zahlen 6, 18, 65 verweisen auf einen durchschnittlichen Lebenslauf mit den Altersgrenzen für Schulpflicht, Volljährigkeit und Renteneintritt.
Die für dieses Buch verwendeten FSC-zertifizierten Papiere werden aus Fasern hergestellt, die nachweislich aus umwelt- und sozialverträglicher Herkunft stammen.
Inhalt
6
Vorwort
8 Alternsgerecht statt altersgerecht 10
Generationen: älter werden und alt sein
12
Wohn- und Haushaltsformen im Wandel
19
Demografie und Strukturwandel
25
Alternsgerecht wohnen
38
Optionsräume gestalten
48 Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen 50 56
Selbstverwaltetes Wohnen und Hausgemeinschaften Projektbeispiele – Umbau 57 61 62
66
Mehrgenerationenhaus Lebensort Vielfalt, Berlin Solinsieme, St. Gallen Siedlung Heizenholz, Zürich
Projektbeispiele – Neubau 67 71 73 75
Mehrgenerationenhaus Giesserei, Winterthur Gemeinschaftswohnhaus Kanzlei-Seen, Winterthur Hausgemeinschaft Ruggächern 55+, Zürich Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite, Zürich
80 Nachbarschaften – Wohnen im Quartier 82
Generationengerechte Siedlungen und Quartiere
88
Projektbeispiele – Umbau 89 90 98 99
100
Projektbeispiele – Neubau 101 106 108 114 117 121
128
Modernisierung von Großsiedlungen Mariengrün, Berlin – Neue Wohnumfelder in Großsiedlungen Hochhaus der Generationen, Ludwigshafen Siedlung Buchheimer Weg, Köln-Ostheim
mehr als wohnen, Zürich Wohnprojekte der Genossenschaft wagnis »Am Ackermannbogen«, München Mehrgenerationen-Siedlung Oase 22, Wien Messequartier Graz HafenCity Hamburg: Wohnhaus am Kaiserkai | Harbour Hall, Hamburg Stiftung Alterswohnungen: Siedlung Frieden | Siedlung Köschenrüti | Siedlung Krone Altstetten, Zürich
Anhang 128 132 134 134 135 136
Komponenten generationengerechter Konzepte Literatur Normen, Richtlinien Bildnachweis Autorenviten | Dank Partner
6
GenerationenWohnen
Vorwort Den Begriff »Generationen« bestimmen Demografen durch den Altersabstand zwischen zwei Generationen bzw. durch die durchschnittliche Altersdifferenz zwischen Eltern und ihren Kindern. Gemeinsamkeiten innerhalb einer Generation entstehen durch das kollektive Erleben des jeweiligen zeithistorischen Kontexts. Die Chronologisierung des Lebenslaufs und die Entstehungsgeschichte der sozialen Sicherungssysteme waren eng mit der Verbreitung der Erwerbsarbeit verknüpft. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand ein System von Rechten und Pflichten, das sich – unabhängig von individuellen Fähigkeiten und Ressourcen – am kalendarischen Alter orientierte (siehe »Generationen: älter werden und alt sein«, S. 10ff.). Die Durchsetzung der Erwerbsarbeit als Folge der industriellen Revolution veränderte auch die Formen der Haushaltsführung und führte zur Trennung von Arbeits- und Wohnort. In einem Prozess der Ein- und Ausgrenzung von Tätig-
keiten und Personen übernahmen städtische Versorgungsstrukturen viele bis dahin in den Haushalt integrierte Tätigkeiten (siehe »Wohnund Haushaltsformen im Wandel«, S. 12). Gegenwärtig erfährt die Veränderung von Lebensverhältnissen durch den sozioökonomischen Strukturwandel, mit dem die demografische Alterung in komplexer Weise verknüpft ist, eine extreme Beschleunigung. Die regional sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialräumlichen Konsequenzen dieser Entwicklung sind im Alltag vor allem auf der Ebene von Kommunen und Wohnquartieren spürbar (siehe »Demografie und Strukturwandel«, S. 19ff.). Als Folge dieses tiefgreifenden Strukturwandels entstehen vielfältige Lebens-, Wohn- und Haushaltsformen mit fließenden Grenzen zwischen »Arbeiten«, »Wohnen« und »Versorgen«. Die altersgruppenspezifischen Einrichtungen der sozialen Infrastruktur beginnen sich in ein Netzwerk alternsgerechter Unterstützung zu verwan-
Reykjavik
Helsinki Oslo
Tallinn
Stockholm
Riga Kopenhagen
Vilnius
Dublin
London
Amsterdam
Warschau
Berlin
Brüssel Luxemburg Paris Bern
Prag Bratislava Wien Budapest Ljubljana Zagreb
Bukarest Sofia
Madrid
Rom
Podgorica Skopje
Ankara
Lissabon Athen Nikosia Valletta
Abb. 1
Vorwort
deln. Die neuen Lebensmodelle und veränderte Nutzungsangebote erfordern im Wohn- und Siedlungsbau – neben der Entwicklung neuer Wohntypologien und der kleinräumige Verknüpfung verschiedener Wohn- und Betreuungsangebote im Wohnquartier – auch ein innovatives Flächenmanagement (siehe »Alternsgerecht wohnen«, S. 25ff.). Die Wohnung und ihre unmittelbare Umgebung sollten so geplant und gestaltet werden, dass sie auch bei gesundheitlichen Einschränkungen ein eigenständiges und eigenverantwortliches Leben ermöglichen. Damit eröffnen sich neue Wege der Gestaltung – sowohl in Bezug auf die Vielfältigkeit der angebotenen Nutzung als auch in Bezug auf die räumliche Organisation (siehe »Optionsräume gestalten«, S. 38ff.).
Architekten, Stadtplanern und Sozialwissenschaftlern, betrachtet er wesentliche Aspekte des Wohnens im soziodemografischen Wandel aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei wird deutlich: Produktive Schnittstellen von Architektur und sozialer Interaktion können Impulse zu neuen, kreativen Denkweisen geben. Die Auswahl der im Anschluss vorgestellten Projekte – von der Hausgemeinschaft bis zum ganzen Quartier, im Bestand wie im Neubau – macht deutlich, wie zukunftsweisende Wohnkonzepte ökonomische, soziale und ökologische Rahmenbedingungen berücksichtigen und unterschiedliche soziale Gruppen integrieren (siehe »Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen«, S. 50ff. und »Nachbarschaften – wohnen im Quartier«, S. 82ff.). Sie zeigen auch, dass eine erfolgreiche Umsetzung theoretisch gut durchdachter Konzepte nicht nur von baulichen und stadtplanerischen Kriterien abhängt, sondern auch vom Besiedelungsmanagement – und vor allem von den jeweils handelnden Personen und den begleitenden Moderationsprozessen.
Der einführende Essay zeigt zunächst in einem kurzen historischen Rückblick, wie sich Wohnund Haushaltsformen in einem komplexen Prozess soziokultureller und technologischer Veränderungen im Lauf der Zeit weiterentwickelten. Ergänzt um zahlreiche Interviews mit
Reykjavik
Helsinki Oslo
Tallinn
Stockholm
Riga Kopenhagen
Vilnius
Dublin
London
Amsterdam
Abb. 1 jugendliche (unter 25 Jahren) und ältere (über 65 Jahren) Bevölkerung in Europa im Jahr 2014
Warschau
Berlin
Brüssel Luxembourg
Prag Bratislava
Paris Wien Bern
Budapest
Ljubljana
0,1 0,5 Bukarest
1
2
5
Bevölkerung in Millionen
Zagreb Sofia Madrid
Rom
Podgorica
Skopje
Ankara
Anteil der Bevölkerung: unter 25 Jahre
Lissabon 24 28 32 36
Athen Nikosia
[%]
über 65 Jahre
Valletta 12 15 18 21
[%]
7
Schwerin
Hamburg
Bremen
Hannover Magdeburg Bielefeld
Halle S.
Dortmund
Essen D端sseldorf
Kassel Erfurt K旦ln Bonn
Alternsgerecht statt altersgerecht Mannheim Saarbr端cken
N端rnberg
Berlin Potsdam
10 Generationen: älter werden und alt sein 10
Alter als gesellschaftlich definierte Lebensphase
11
Älter werden als Prozess
12 Wohn- und Haushaltsformen im Wandel 12
Haushaltsformen und wohnungsbezogene Versorgungsstrukturen 14 16
17
Das »Einküchenhaus«: Zentralisierung der Hauswirtschaft Funktionale Grundrissgestaltung
Familienhaushalt und generationenspezifische Angebote 17 18
Das Wiener Versorgungshaus Der Karl-Marx-Hof: Wohnungsergänzungs- und Gemeinschaftseinrichtungen
19 Demografie und Strukturwandel 20
Leipzig
22
Dresden
Parallelität von wachsenden und schrumpfenden Regionen: Wer kommt? Wer geht? Alternde Orte 23 24
Alternde Orte: generationengerechte Konzepte Lokal und partizipativ Lösungen entwickeln – Kommentar von Martin zur Nedden
Chemnitz 25 Alternsgerecht wohnen 25
Netzwerke der Unterstützung in allen Lebenslagen 28
30
Wandel der Lebens- und Wohnformen 32
34
Die Zukunft liegt im Quartier – Interview mit Ursula Kremer-Preiß
Wohnungsmarkt: Nachfrage und Angebot – Interview mit Maria Theresia Krings-Heckemeier
Strukturelle Wohnraumanpassung 36
»ready – vorbereitet für altengerechtes Wohnen« – Interview mit Thomas Jocher
38 Optionsräume gestalten 38
Integrierende Gesamtkonzepte: Nutzungsvielfalt
40
Barrierefreiheit und Universal Design 40 42
45
Raum anders denken – Interview mit Ursula Fuss Universal Design ist eine Haltung – Interview mit Eckhard Feddersen
Erschließung: Kommunikations- und Begegnungsräume 46
Freiraumgestaltung: differenzierte Angebote und Partizipation – Interview mit Maria Auböck
18
Alternsgerecht statt altersgerecht
Der Karl-Marx-Hof: Wohnungsergänzungs- und Gemeinschaftseinrichtungen
Abb. 12
Die »Gemeindebauten des Roten Wien«, große Hausanlagen wie der Karl-Marx-Hof mit oft mehr als 1000 Wohnungen, unterschieden sich mit ihren zentralen großen, grünen Höfen bereits in ihrer städtebaulichen Konzeption von der gründerzeitlichen Blockrandbebauung und ihren dicht verbauten Innenhöfen. Die Wohnungen in den Wiener Arbeitermietskasernen, die »Zinshäuser«, wurden durch lange Gänge erschlossen, an denen sich jeweils auch eine »Bassena« (Wasserentnahmestelle) befand. Im Gegensatz zu diesen viergeschossigen Gangküchenhäusern wurden in den Gemeindebauten maximal vier Wohnungen pro Geschoss erschlossen. An die Stelle der Gangküche traten natürlich belichtete und belüftete Küchen, zu deren Standardausstattung eine Spüle mit Fließwasser gehörte. In Ergänzung zu den relativ kleinen, einfach ausgestatten Wohnungen, in deren Wohnungsverband sich ein Vorraum, zwei bewohnbare Zimmer und eigenes WC, aber kein Bad oder Dusche befanden, entstanden in den Wohnanlagen – entsprechend den gesellschaftsreformerischen Überlegungen der Sozialdemokraten – vielfältige gemeinschaftliche Einrichtungen. Zu diesen gehörten u. a. Zentralwaschküchen, Badeeinrichtungen, Einrichtungen zur Kinderbetreuung, Vortragssäle, städtische Bibliotheken, Vereinslokale, Ambulatorien sowie Praxen zur medizinischen Versorgung und Geschäftslokale.
Abb. 12 Grundriss Karl-Marx-Hof, Wien (A) 1930, Karl Ehn Abb. 13 Die Anlage bot Wohnraum für ca. 5500 Bewohner. Karl-Marx-Hof, Wien (A) 1930, Karl Ehn Abb. 14 Bevölkerungsentwicklung in Deutschland Abb. 15 durchschnittliche Lebenserwartung von Männern und Frauen zum Zeitpunkt der Geburt in Deutschland
Abb. 13
12 Glaser 2009, S. 64 13 Kruse / Wahl 2007, S. 16 14 Gemittelter Durchschnitt von Männern und Frauen. Datenquelle: Statistisches Bundesamt BiB 2015
Parallel zu den Prozessen der räumlichen Ausgrenzung von Funktionen und Personen aus dem Haushalt fand ein Prozess der Eingrenzung statt. Bestimmte, vor allem die Körperlichkeit und Emotionalität betreffende Verhaltensweisen, wurden aus dem öffentlichen Leben zurückgedrängt und in den privaten Bereich der Wohnung verlagert. Die Wohnungstür wurde zur Schwelle, die die Privatheit und Intimität der Familie vor Dritten schützt. Mit der Reduktion der Haushaltsmitglieder auf unmittelbar miteinander verwandte Personen und der Intensivierung, Emotionalisierung und Intimisierung der innerfamiliären Beziehungen veränderte sich auch das Schamverhalten. Körperlichkeit wurde den Blicken entzogen. Bad und Schlafzimmer als eigene Raumkategorien entstanden, womit sich die Tendenz zur Separierung von Funktionen auch innerhalb der Wohnung fortgesetzt hatte.
Heute stellt die zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort die strikte Trennung von Erwerbsarbeit und Wohnen wieder infrage. Die Wohnung bzw. das Wohnhaus verlieren ihren ausschließlich privaten Charakter und gewinnen als Orte des vermehrten Aufenthalts an Bedeutung. »Der Wohnraum erhält erneut vielfältige öffentliche und private Funktionen: Arbeitsplatz und Erholung, Rückzug, sozialer Austausch, Kontakte, Sicherheit sowie Identitätsstabilisierung. Unser Wohnen wird wieder zum Ort gemischter Tätigkeiten [...]«.12 Die Wohnung wird, nicht nur für Ältere, sondern auch für andere, wie beruflich Selbstständige, (temporär) Erwerbslose etc., zum räumlichen, lebensweltlichen Mittelpunkt, von dem aus einerseits Teilhabe und Interaktion erfolgen und der andererseits aber auch ein Rückzugsraum vor ungewünschten Einflüssen der Außenwelt ist.
Demografie und Strukturwandel
19
Demografie und Strukturwandel Für breite Bevölkerungsschichten in Europa wurde erst mit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Lebensphase Alter zu einem selbstverständlich erwartbaren Teil der eigenen Biografie (Abb. 15). Zunächst ging der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung vor allem auf den Rückgang der Säuglingssterblichkeit und von Infektionskrankheiten, wie z. B. Tuberkulose, zurück. Diesen ersten demografischen Übergang ermöglichte eine Gesundheits- und Sozial- bzw. Wohnbaupolitik, die im medizinischen Bereich Verbesserungen in der Hygiene und im Wohnungsbau die Beseitigung gesundheitsschädlicher Wohnbedingungen unterstützte (siehe »Wohn- und Haushaltsformen im Wandel«, S. 13ff.). Der zweite, Mitte des 20. Jahrhunderts beginnende demografische Übergang ist vor allem eine Folge medizinisch-technischer Weiterentwicklungen, wie komplizierter Operationstechnologien, sowie einer fortschreitenden Verbesserung der Lebensumstände (Ernährung, Wohnverhältnisse) als Folge der allgemeinen Wohlstandsentwicklung. Dadurch können, zumindest in den wohlhabenderen Ländern, biologisch-physiologische Verluste immer besser ausgeglichen werden. Es besteht jedoch die Gefahr, »dass eine neue Form sozialer Ungleichheit entsteht – nämlich zwischen jenen Menschen, die dem Stand der Medizin entsprechende Therapien bezahlen können, und jenen, die dazu nicht in der Lage sind.«13 Der Trend zur längeren Lebenszeit trägt dazu bei, dass im 20. und 21. Jahrhundert erstmals weltweit, vor allem im Norden, ganze Gesellschaften altern (demografischer Wandel). Die Alterung einer Bevölkerung ist ein vielschichtiger Prozess, der die Relation der Altersgruppen zueinander verändert: Der Anteil jüngerer Altersgruppen sinkt, der älterer steigt an (Abb. 14). Daher wird sich das Medianalter, das die Bevölkerung in eine jüngere und eine ältere Hälfte teilt, von heute (2015) 46,65 Jahre auf 50,25 Jahre im Jahr 2035 erhöhen.14 Einen besonderen Zuwachs wird die Altersgruppe 80 plus verzeich-
nen, deren Anteil sich bis zum Jahr 2040 verdoppeln wird. Doch nicht nur die zunehmende Lebenserwartung, sondern auch der Rückgang der Geburtenraten (Fertilität) sowie eine rückläufige Zuwanderung von – meist jüngeren – Personen aus dem Ausland tragen zur Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung eines Landes bei. Im Allgemeinen sind es jahrzehntelange Prozesse, die sich auf die Bevölkerungsdynamik auswirken, doch können auch singuläre Ereignisse wie der Fall des Eisernen Vorhangs, der Krieg in Ex-Jugoslawien oder die Wiedervereinigung Deutschlands demografisch Einfluss nehmen. Nach dem Fall der Berliner Mauer zogen ca. zwei Millionen Menschen vom Osten Deutschlands in den Westen. Das hat nicht nur zu einem extremen Bevölkerungsschwund in den neuen Bundesländern geführt, sondern auch zu großen altersstrukturellen Veränderungen der verbleibenden Bevölkerung beigetragen. Von den Konsequenzen des Strukturwandels besonders betroffen war das Bundesland Sachsen-Anhalt, eines der ehemaligen industriellen Zentren der DDR. Nach der Wende prägten Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Leerstand viele Ortsbilder. Um auf die Problematik dieser »Schrumpfenden Städte« aufmerksam zu machen, stellte das gleichnamige Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes unter der Leitung von Philipp Oswalt in Kooperation mit der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig, der Stiftung Bauhaus Dessau und der Zeitschrift ARCH+ am Beispiel der Region Halle/Leipzig die ostdeutsche Entwicklung in einen internationalen Zusammenhang. Die von 2002 bis 2010 veranstaltete Internationale Bauaustellung (IBA) – Stadtumbau Sachsen-Anhalt, an der insgesamt 19 Städte beteiligt waren, befasste sich ebenfalls mit den städtischen Konsequenzen des demografischen Wandels, entwickelte neue Perspektiven und erprobte beispielhaft neue Werkzeuge des Stadtumbaus. In einem breiten Spektrum von Projek77,72
68,30 55,97 Männer
35,58 1871–1881
Frauen
1924 –1926
1974 –1976
2010 – 2012
38,45 58,82 74,81
Abb. 15
82,80
65
18
6 800 600
300
300
600 800
Bevölkerungszahl in Tausend ‡ 1910 Abb. 14
‡ 1950
‡ 2011
‡ 2030
‡ 2060
38
Alternsgerecht statt altersgerecht
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Optionsräume gestalten
Wohnung: Wohngemeinschaft
Abb. 36
Im Diskurs um den zunehmenden Unterstützungsbedarf aufgrund der demografischen Alterung sind »Selbstständigkeit« und »Autonomie der Lebensführung« Schlüsselbegriffe, deren Inhalte jedoch nicht allgemein verbindlich definiert sind. »Die Forderung nach Autonomie hat eine anhaltende Tradition in der Behindertenhilfe und bedeutet dort, dass Menschen mit Behinderung in die Situation gesetzt sein sollen, selbst darüber zu befinden, wie sie leben möchten.«32 Die Fähigkeit, persönliche Angelegenheiten nach eigenem Ermessen zu regeln, gehört zu den wesentlichen Kriterien der Pflegeversicherung bei der Feststellung des individuellen Pflegebedarfs. Im Bereich des Wohnens zählt dazu die eigenständige Führung eines Haushalts. Sie wird daran gemessen, wie gut die mit dem Wohnen verbundenen Tätigkeiten – Einkaufen, das eigenständige Zubereiten von Mahlzeiten, Körperpflege, Wäschepflege, Wohnungsreinigung (leichte Putzarbeiten, Fensterputzen, Staubsaugen etc.) – ohne Unterstützung bewältigt werden können. Doch nicht nur verlorene oder nie entwickelte Fähigkeiten, wie z. B. Einschränkungen der motorischen Bewegung oder der Wahrnehmung, gefährden die persönliche Selbstbestimmung, sondern auch fehlende ökonomische und soziale Ressourcen, die für die Selbsthilfe nötig sind. Die soziale und bauliche Umwelt kann daher gerade in Lebensphasen, in denen Personen besonders vulnerabel sind, persönliche Einschränkungen kompensieren, sie aber auch verstärken (Abb. E2). Eine Wohnung, deren
Abb. 36 Konzept der gestuften Öffentlichkeiten Abb. 37 Tagespflegezentrum, Kamigyo (J) 2000, Toshiaki Kawai Abb. 38 empfohlene Entfernungen für Nahversorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen Abb. 39 Alltagsmobilität: Verkehrsbeziehungen zwischen den verschiedenen Aktivitäten Abb. 40 Generationenhaus, Stuttgart (D) 2001, Kohlhoff & Kohlhoff Abb. 37
Ausstattung die Haushaltsführung und die persönliche Körperpflege erleichtert, unterstützt auch in schwierigen Situationen eine eigenständige Lebensführung. Je eingeschränkter die Aktionsradien einer Person werden, desto wichtiger sind die räumlichsozialen Qualitäten des Wohnumfelds (siehe »Nachbarschaft – ein soziales Konstrukt –Interview mit Birgit Wolter«, S. 83f.). Wohnungsbezogene Dienstleistungen und die räumliche Nähe zu Angeboten der sozialen, kommerziellen und die Gesundheitsversorgung betreffenden Infrastruktur sowie zu öffentlichen Verkehrsmitteln vermitteln Sicherheit durch eine bedarfsgerechte Unterstützung. Dies erfordert eine integrierte Betrachtung des Wohnens, die neben der Wohnung auch das Wohnumfeld sowie die sozialen Netze und Nachbarschaften einbezieht (Abb. 36). Integrierende Gesamtkonzepte: Nutzungsvielfalt Bestandteil einer nachhaltigen Quartiersentwicklung ist daher auch »der Aufbau und die Sicherung bezahlbarer Zugänglichkeit insbesondere zu Bildungs-, Kultur-, Gesundheits-, Versorgungs-, Freizeit- und Serviceeinrichtungen auf Quartiersebene, die all den Bewohnergruppen eine gleichberechtigte Teilhabe am städtischen Leben ermöglichen, die sich über den Markt aus eigener Kraft nicht in angemessener Weise versorgen können.«33 (siehe »Generationengerechte Quartiersentwicklung«, S. 82ff.)
Optionsräume gestalten
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Wohnung
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20 Gehminuten
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25 Gehminuten Erledigung
Freizeit
Häufigkeit des angesteuerten Ziels Häufigkeit des zurückgelegten Wegs Abb. 38
In einer alternden Gesellschaft gehören dazu auch Unterstützungsangebote für die ältere Bevölkerung, wie zum Beispiel Tagespflegezentren. In Japan, das gemeinsam mit Deutschland zu den ältesten Gesellschaften der Welt zählt, werden solche Einrichtungen, wie z. B. das Tagespflegezentrum für alte Menschen in Kamigyo (Kyoto), in historische Stadtviertel integriert. Natürliche Materialien und eine zweigeschossige Glasfassade, die eine räumliche Verbindung zum Innenhof schafft, erzeugen eine warme, wohnliche Atmosphäre (Abb. 37). Einrichtungen dieser Art tragen zu einer kleinteiligen Nutzungsmischung im Quartier bei, die »als Schlüsselbaustein für urbane Vielfalt, Lebendigkeit, Sicherheit und soziale Qualitäten des öffentlichen Raums«34 gilt. Nutzungsmischungen können horizontal auf der Ebene des Erdgeschosses im Block oder Quartier organisiert sein, aber auch vertikal innerhalb eines Gebäudes – ihre jeweilige Ausgestaltung ist individuell vor Ort, und soweit möglich, im Austausch mit Betroffenen und Nutzern zu erarbeiten. Das Konzept, unterschiedliche Nutzergruppen nicht voneinander zu trennen, bestimmte auch die Gestaltung des Generationenhauses im Stuttgarter Westen, das als neues Quartierszentrum vielfältige Nutzungen vereint. In dem fünfgeschossigen Gebäude sind neben Beratungsstellen, einem Café und einer Kinderta-
Abb. 39
gesstätte auch zehn Seniorenwohngemeinschaften untergebracht (Abb. 40).
32 Netzwerk: Soziales neu gestalten 2009, S. 25 33 Harlander 2013 a, S. 51 34 Harlander 2013 b, S. 114
Eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt sozialer Beziehungen und die Wahrnehmung unterschiedlicher Interessen ist die Möglichkeit, Aktivitäten außerhalb der Wohnung auszuüben. Dafür braucht es Anreize und Anlässe, die Wohnung zu verlassen, denn das Mobilitätsverhalten wird durch den Zweck von Wegen bestimmt (Abb. 39). Nicht nur Motivationen und Ziele wie Arbeits- oder Ausbildungsplatz, Supermarkt, Restaurants, Freizeitaktivitäten oder Arztbesuchen variieren in den unterschiedlichen Lebensphasen, sondern auch die Anzahl der täglich zurückgelegten Wege. Obwohl mit zunehmendem Alter die Zahl der zurückgelegten Wege meist abnimmt, bleiben die zu Fuß zurückgelegten Distanzen relativ konstant. Je weniger Nahversorgungseinrichtungen zu Fuß erreichbar sind (Abb. 38), desto schwieriger wird es, die Versorgung des eigenen Haushalts aufrechtzuerhalten. Daher wird – auch wenn die Entwicklung technischer Hilfsmittel und neuer Kommunikationsmöglichkeiten zur Kompensation vieler gesundheitlicher Einschränkungen beitragen kann – eine barrierefrei gestaltete Umwelt, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von verschiedenen Nutzern berücksichtigt, auch in Zukunft unerlässlich bleiben. Abb. 40
Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen
50 Selbstverwaltetes Wohnen und Hausgemeinschaften 50 50
Innovationen brauchen Räume Hausgemeinschaften heute 52
53
Gutes Miteinander braucht gutes Nebeneinander – Interview mit Karin Weiss
Proportionalität von Gemeinschafts- zu Individualflächen 53 54 55
»Wohnen – Kultur – Integration« Historische Beginenhöfe Wohnprojekte B.R.O.T.
56 Projektbeispiele – Umbau 57
Mehrgenerationenhaus Lebensort Vielfalt, Berlin 58 60
Alt und anders? – Kommentar von Marcel de Groot Vertrauen ist das Wichtigste … – Kommentar von Ulrich Schop
61
Solinsieme, St. Gallen
62
Siedlung Heizenholz, Zürich
66 Projektbeispiele – Neubau 67
Mehrgenerationenhaus Giesserei, Winterthur
71
Gemeinschaftswohnhaus Kanzlei-Seen, Winterthur
73
Hausgemeinschaft Ruggächern 55+, Zürich
75
Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite, Zürich 78
Ein neues Stück Stadt: gemeinsam Visionen umsetzen – Beitrag von Sabine Wolf
62
Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen
Siedlung Heizenholz, Zürich Architekten: Adrian Streich Architekten AG, Zürich Landschaftsarchitekten: Schmid Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich Auftraggeber: Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk1, Zürich Grundstücksfläche: 4060 m² Gesamtnutzfläche: 4025 m2 Fertigstellung: 2011 Wohneinheiten: 22 Wohneinheiten à 38–156 m², 2 Wohngemeinschaften à 253 m2, 2 Clusterwohnungen à 330 m² Gemeinschaftseinrichtungen: Gemeinschaftsraum »Salle Commune«, Ateliers, Hobbyräume, Musikraum, Büroraum, Bibliothek, Konsumdepot, Gästezimmer
Abb. 1
Abb. 2
»Kraftwerk1 tritt in ökologischer und sozialer Hinsicht als Pionierin und als Innovatorin auf. Bestehende und neue Projekte der Genossenschaft sollen aktuell gültige Standards übertreffen, Neues erproben, neue Wege aufzeigen und neue Standards vorbereiten«, heißt es in der 2014 verabschiedeten Strategie, in der die Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk1 nach der Realisierung zweier gut angenommener Projekte eine Handlungsanleitung und Ziele für die nächsten zehn Jahre formulierte. Die Verbindung von selbstbestimmtem Wohnen und Arbeiten, soziale wie ökologische Anliegen und die Förderung der Gemeinschaft stehen im Fokus der 1995 gegründeten, in der Zürcher Jugendbewegung der 1980er-Jahre wurzelnden Genossenschaft. Schon ihr erstes Projekt, die 2001 bezogene Siedlung Hardturm in Zürich West, galt vielen weiteren ökosozialen Wohnprojekten als Vorbild. Die Eins im Genossenschaftsnamen weist bereits darauf hin, dass es nicht bei einer Siedlung bleiben sollte. So steht inzwischen das Ziel, bis 2024 die sechste Siedlung umzusetzen. Die zehn Jahre nach der Siedlung Hardturm fertiggestellte Siedlung Heizenholz baut auf den Erfahrungen der Pioniersiedlung auf. Sie ist ein Lebens- und Wohnort für verschiedene Generationen, im Speziellen auch für Menschen in der nachfamiliären Phase. Mit einer Vielzahl an Wohnungstypen kann sie den Bedürfnissen einer möglichst stark durchmischten Bewohnerschaft entsprechen. Die bereits in den 1970er-Jahren erbaute Jugendsiedlung Heizenholz (Architekt Wolfgang Stäger) befindet sich im Stadtteil Höngg. Während ein Teil der am Waldrand gelegenen Siedlung saniert wurde und weiterhin als Wohn- und Tageszentrum für Kinder und Jugendliche genutzt wird, stellte die Stiftung Zürcher Kinder- und Jugendheime der Genossenschaft Kraftwerk1 ein 4000 m2 großes Grundstück mit zwei mehrgeschossigen Bestandsbauten für
Abb. 3
Umbau Siedlung Heizenholz
63
Abb. 1 Lageplan, Maßstab 1:3000 Abb. 2 Axonometrie Bestand mit integriertem Neubau Abb. 3 Die beiden östlichen Häuser der Siedlung Heizenholz aus den 1970er-Jahren wurden mit einem Neubau zu einem Gebäude verbunden. Abb. 4 Die »Terrasse Commune«, eine vorgelagerte Veranda, verbindet Bestand und Neubau über alle Geschosse. Abb. 5 Grundriss Erdgeschoss, Maßstab 1:400 Abb. 4
61 Jahre im Baurecht1 zur Verfügung. Die Planungskommission der Genossenschaft formulierte unter Beteiligung von Interessenten und potenziellen Bewohnern das Raumprogramm. Darüberhinaus beteiligte sich eine Gruppe von fünfzig bis hundert Personen aktiv am Prozess und begleitete das Projekt bis zur Fertigstellung. Das gemeinsam erarbeitete Programm war Grundlage für die Ausschreibung eines Studienauftrags an fünf Architekturbüros. Künftige Bewohner hatten im Zuge der Jurierung die Möglichkeit, ihre Meinungen einzubringen. Die Jury entschied sich für den Vorschlag von Adrian Streich Architekten, der vorsah, die zwei bestehenden identischen Häuser auf winkelförmigem Grundriss mit einem neuen Bauteil zu einer Einheit zu verweben. Dem Erweiterungsbau vorgelagert ist eine geräumige Veranda, die »Terrasse Commune«, die Bestand und Neubau sowie alle Geschosse über Treppen miteinander verbindet. Sie ist sowohl privater Außenraum für die unmittelbar angrenzenden Wohnungen als
1 »Salle Commune« – Gemeinschaftsraum mit Küche 2 1-Zimmer-Wohnung 3 4,5-Zimmer-Wohnung 4 Atelier / Büro
3
5
1 4 3 2
4
Abb. 5
66
Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen
Hausgemeinschaften – gemeinsam wohnen
Neubau
Neubau Mehrgenerationenhaus Giesserei
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Mehrgenerationenhaus Giesserei, Winterthur Architekten: Galli Rudolf Architekten, Zürich Auftraggeber: Gesewo, Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen, Winterthur Grundstücksfläche: 11 037 m² Gesamtnutzfläche: 16 974 m² Fertigstellung: 2013 Wohneinheiten: 155 Wohnungen (über 40 verschiedene Typen von 1,5- bis 7-Zimmer-Wohnungen), Wohngemeinschaft mit neun Zimmern, elf »Jokerzimmer« mit 26–36 m2 Gemeinschaftseinrichtungen: Saal, Gemeinschaftsraum mit Küche, Bewohnertreff »Pantoffelbar«, drei Werkstätten, acht Waschküchen im UG, zwei »Waschbars« als kommunikative Treffpunkte im EG (keine Waschmaschinen in den Wohnungen) Weitere Nutzungen: Gastronomie, Büro- und Gewerbeflächen, Tageszentrum für Hirnverletzte, Kindergarten Das Mehrgenerationenhaus Giesserei ist Teil der neu errichteten selbstverwalteten Siedlung der Schweiz, die im Osten des Stadtzentrums von Winterthur auf einem ehemaligen Industrieareal entstand. Mit 155 Wohnungen ist es das bislang größte Projekt der Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen (Gesewo), die 1992 ihre erste Hausgemeinschaft in Betrieb nahm und von da an kontinuierlich expandierte. Die Gesewo versteht sich als »logistisches Zentrum« für die unter ihrem Dach versammelten Hausgemeinschaften, die sich so weit wie möglich selbstverantwortlich organisieren. Altersdurchmischung und ein aktives Zusammenleben der Generationen sowie umfassende Nachhaltigkeit stehen im Fokus der sozial und ökologisch ambitionierten Siedlung inmitten des Stadtentwicklungsgebiets Neuhegi. Hervorgegangen ist sie aus der Idee eines Mehrgenerationenprojekts in Holzbauweise für etwa 25 Parteien des Architekten Hans Suter aus Winterthur. Als er im Jahr 2005 per Inserat Mitstreiter suchte, fand sich eine Gruppe von ambitionierten Interessierten, die sich zu einem Hausverein zusammenschlossen. Dieser bekam schließlich 2006 mit der Genossenschaft Gesewo einen Partner für die Entwicklung und Errichtung.
Abb. 2
Abb. 1 Lageplan, Maßstab 1:7500 Abb. 2 von der Blockrandbebauung umgebener begrünter Innenhof
Abb. 1
Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
82 Generationengerechte Siedlungen und Quartiere 82
Das Quartier als Handlungsebene 83 86 86 87
Nachbarschaft, ein soziales Konstrukt – Interview mit Birgit Wolter Mehrgenerationenquartier Johanniskirchgärten, Essen-Altenessen Bielefelder Modell – Wohnen mit Versorgungssicherheit Betreute Wohnzone Moerwijk, Den Haag
88 Projektbeispiele – Umbau 89
Modernisierung von Großsiedlungen
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Mariengrün, Berlin – Neue Wohnumfelder in Großsiedlungen 96
Großsiedlungen im demografischen Wandel – Kommentar von Martina Buhtz
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Hochhaus der Generationen, Ludwigshafen
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Siedlung Buchheimer Weg, Köln-Ostheim
100 Projektbeispiele – Neubau 101
mehr als wohnen, Zürich
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Wohnprojekte der Genossenschaft wagnis Am Ackermannbogen, München
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Mehrgenerationen-Siedlung Oase 22, Wien
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Messequartier Graz
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HafenCity Hamburg 118 119 120
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HafenCity: Stimulierung nachbarschaftlicher Prozesse durch räumliche Impulse – Kommentar von Marcus Menzl HafenCity: Wohnhaus am Kaiserkai HafenCity: Harbour Hall
Stiftung Alterswohnungen, Zürich 122 125 126
Siedlung Frieden Siedlung Köschenrüti Siedlung Krone Altstetten
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Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
Generationengerechte Siedlungen und Quartiere »Die Bedeutung des Stadtquartiers als Ort integrierter Gestaltung steigt in dem Maße, wie die segregierten Stadträume der industriellen Moderne durch die tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitswelt ihre Funktionalität und Attraktivität verlieren.«1 Quartier, ein zurzeit häufig verwendeter Begriff, ist – im Gegensatz zu den durch politische und administrative Zuständigkeiten definierten Wahl-, Schul- oder statistischen Zählbezirken mit eindeutigen geografischen Grenzen – ein sehr offener Begriff. Der ehemalige Professor für Städtebau und Siedlungswesen, Dieter Frick, liefert folgende Definition: »Das Quartier ist vor allem Ort der alltäglichen, laufend vorkommenden Tätigkeiten, Ereignisse und Besorgungen von Mitgliedern der privaten Haushalte und Arbeitsstätten.«2 Die Begrenzungen beziehen sich auf die spezifischen Aktionsradien der Einwohner und die Reichweite konsumbezogener Einrichtungen sowie der sozialen und die Gesundheitsversorgung betreffenden Infrastruktur. In der Diskussion um eine nachhaltige Stadtentwicklung und -umbau wird das Quartier zu einer immer wichtigeren Interventionsebene: »Der Quartiersansatz beruht auf einem integrativen Blick, bei dem Bauliches, soziale Beziehungen und Kultur zusammenkommen. Er richtet sich in erster Linie auf den Bestand, seine Möglichkeiten und Anforderungen.«3 Das Quartier als Handlungsebene
Abb. 1 a
Abb. 1 b
Zu Beginn der 1990er-Jahre wurden erstmals die Auswirkungen des demografischen Wandels auf unterschiedliche räumliche Gebietstypen – Altbauquartiere, Wohnsiedlungen sowie das Land bzw. das Umland von Städten – wissenschaftlich untersucht. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung initiierte das Programm Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) mit dem Forschungsfeld »Ältere Menschen und ihr Wohnquartier« (1989–1995). Ziel war dabei, die sozialräumliche Umwelt der Wohnung, des Wohnumfelds und des Wohnquartiers an die Anforderungen älterer Menschen anzupassen. Entgegen der damals vorherrschenden Sichtweise – das Leben im Altersheim war eine etablierte und selbstverständliche Wohnform – stand der Begriff »Quartier« für eine programmatisch neue Sicht, die die eigenständige Lebensführung und die gleichberechtigte Teilhabe Älterer in den Fokus rückte.
Um deren Lebensqualität am Wohnort zu sichern und zu verbessern, entwickelte man ganzheitliche und fachübergreifende Konzepte, die in 21 wissenschaftlich begleiteten Modellvorhaben des ExWoSt-Forschungsfelds erprobt wurden. In Abhängigkeit von den unterschiedlichen Gebietstypen verknüpften die Projekte bauliche und soziale Maßnahmen (siehe »Netzwerke der Unterstützung in allen Lebenslagen«, S. 27). Dieser ganzheitliche Ansatz einer integrierten Quartiersentwicklung wurde mit dem 1999 gestarteten Bund-Länder-Programm »Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt« weiterverfolgt (seit 2012: Programm »Soziale Stadt – Investitionen im Quartier«). Zuvor waren bereits auf Bundes- und Landesebene verschiedene Initiativen zur Entwicklung neuer und integrativer Handlungsansätze begonnen worden. Dabei werden als Reaktion auf die zunehmende sozialräumliche Polarisierung für Stadtteile mit komplexen Problemlagen integrative und ressortübergreifende Handlungsansätze entwickelt und umgesetzt. Grundlage für gezielte Eingriffe sind die Sozial- und Wirtschaftsstruktur, der bauliche Zustand sowie die Qualität von Wohnungen und die Ausstattung mit sozialer und kultureller Infrastruktur. Im Fokus des Programms stehen die Gebietstypen innerstädtische oder innenstadtnahe (Altbau-) Quartiere sowie Großwohnsiedlungen, die zumeist am Stadtrand liegen. Die 2002 bzw. 2004 gestarteten Programme »Stadtumbau Ost« bzw. »Stadtumbau West« unterstützen gezielt Städte, die vom demografischen und wirtschaftlichen Strukturwandel betroffen sind (siehe »Demografie und Strukturwandel«, S. 19ff.). Das ExWoSt-Forschungsfeld »Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere« (2005–2010) stellt die Anforderungen von Bevölkerungsgruppen wie Familien und älteren Personen in den Fokus, für die das wohnungsnahe Umfeld von besonderer Bedeutung ist. Themenschwerpunkte der insgesamt 27 geförderten Modellvorhaben sind »Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier«, »Gestaltung urbaner Freiräume« und »Attraktives Wohnen im Quartier«. In den innovativen Projekten wurde ein breites Spektrum unterschiedlicher Konzepte verfolgt. Die gesammelten Erfahrungen wurden in Finanzierungs- und Angebotsbausteinen zusammengefasst. So können anderen Akteuren – seien es Kommunen, Initiativen, Wohnungsunternehmen oder private Unternehmen – Impulse für die Entwicklung und Umsetzung familien- und
Generationengerechte Siedlungen und Quartiere
altengerechter Quartiere gegeben sowie die Übertragbarkeit der Erfahrungen auf Probleme in ähnlichen stadt- und sozialräumlichen Kontexten (siehe »Hochhaus der Generationen, Ludwigshafen«, S. 98) erleichtert werden. 30 Fallstudien und Gutachten zum praxisgerechten Einsatz neuer Technologien und Beispiele aus dem europäischen Ausland ergänzen die Ergebnisse aus den Modellvorhaben.4 In der Wohnungswirtschaft waren es zunächst kleinere Genossenschaften, in deren Unternehmensphilosophie soziale Verantwortung historisch fest verankert war (siehe »Selbstverwaltetes Wohnen und Hausgemeinschaften«, S. 50ff.). Ende der 1980er-Jahre begannen sie Konzepte für den Verbleib ihrer älter werdenden Mitglieder zu entwickeln und sich selbst in der Gemeinwesenarbeit5 zu engagieren. Die Bielefelder Baugenossenschaft »Freie Scholle« gehörte zu den ersten, die eigene quartiersbezogene Wohn- und Betreuungsangebote für ihre Mitglieder aufbauten, und 1989 richtete sie die erste eigene Kurzzeitpflegeinheit für Genossenschaftsmitglieder ein. Ein Jahr später wurde in Bielefeld mit dem Verein »Freie Scholle Nachbarschaftshilfe e. V.« ein genossenschaftseigener mobiler Dienst aufgebaut. Inzwischen passen immer mehr Wohnungsunternehmen den eigenen Wohnungsbestand an veränderte Nachfrageprofile an. So erweitern sie ihr Angebotsspektrum – oftmals in Kooperation mit Dienstleistern aus dem Bereich der Gemeinwesenarbeit oder der Pflege – um wohnbegleitende Dienstleistungen und soziales Management und tragen damit zu einer differenzierten nahräumlichen Versorgung im Quartier bei.
Bei der Gestaltung des Wohnumfelds sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Lebensphasen zu berücksichtigen. Eine Kombination von altersspezifischen Einrichtungen und generationenübergreifenden Angeboten bietet allen Generationen die Möglichkeit der autonomen Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (siehe »Komponenten generationengerechter Konzepte«, S. 128ff.). Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) nennt folgende Angebotsbausteine generationenübergreifender Quartiere:6 • differenziertes Wohnangebot • gemeinschaftlich orientierte Wohnprojekte oder Hausgemeinschaften mit dem Zweck, neue Organisationsstrukturen zu bilden (siehe »Hausgemeinschaften heute«, S. 50ff.). • professionelle und nachbarschaftliche Angebote wohnungsnaher Dienstleistungen • Quartiersbezogene Freizeit- und Bildungsangebote in generationsübergreifenden Gemeinschaftseinrichtungen • Treffpunkte und Kommunikationsräume wie Cafés, Sitzstufen und Bänke im öffentlichen Raum • Stadtteilfeste, Flohmärkte und andere Veranstaltungen • Gestaltung der Freiräume als nutzungsoffene und gruppenspezifische Aufenthaltsräume (Abb. 2) Wichtig ist die Vielfalt unterschiedlicher Angebote, nichts sollte zu einem Dogma gemacht werden. Generationenübergreifendes Wohnen setzt »nicht voraus, dass alle Generationen unter
Abb. 2 Abb. 1 a innerstädtisches Quartier, Maßstab 1:7500 Abb. 1 b Quartier am Stadtrand, Maßstab 1:7500 Abb. 2 Altstadtsanierung in Banyoles (E) 2008, MiAS Arquitectes
1 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2007, S. 118 2 Frick 2006, S. 72 3 Steffen/Baumann/Fritz 2007, S. 41 4 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2010c; Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2009 5 Gemeinwesenarbeit ist eine sozialräumlich orientierte Form der sozialen Arbeit. In ihrem Fokus stehen nicht einzelne Individuen oder bestimmte Zielgruppen, sondern das soziale Gefüge eines Quartiers, mit dem Ziel, die Lebensqualität aller Bewohner zu erhöhen. 6 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2010c, S. 22ff.
Nachbarschaft – ein soziales Konstrukt Die Etablierung sozialer Netzwerke in einem Stadtquartier oder einer Wohnsiedlung setzt voraus, dass es für Einzelne und Gruppen Möglichkeiten gibt, sich ihre räumliche Umwelt durch konkretes Handeln anzueignen. Birgit Wolter, Architektin und Vorstandsmitglied des Instituts für Gerontologische Forschung e. V., beschäftigt sich in vielen Forschungsprojekten und Publikationen mit Fragen der Raumwahrnehmung und der Sozialraumforschung. Was bedeutet Nachbarschaft, was ist eine Nachbarschaft? Man kann nicht von »der« Nachbarschaft sprechen. Nachbarschaft hat individuelle Grenzen, die jeder Bewohner anders definiert. Nachbarschaft hat eine räumliche und eine soziale Dimension. Räumlich ist sie durch die an die Wohnung angrenzenden öffentlichen und halböffentlichen Räume, Wege und Orte, das Wohnumfeld, definiert. Zur sozialen Dimension gehören die Personen im Wohnumfeld, mit denen man den Wohnalltag teilt. Das können, entsprechend der individuell erlebten Größe der Nachbarschaft, die Hausgemeinschaft oder auch die Bewohner angrenzender Straßen oder die gesamte Wohnsiedlung sein. Was ist der Unterschied zwischen einer Nachbarschaft und einem nachbarschaftlichen Netz? Nachbarschaftliche Netze sind ein Geflecht sozialer Beziehungen von Personen, die in räumlicher Nähe zueinander wohnen. Häufig sind diese Beziehungen von Reziprozität bestimmt und
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Interview mit Birgit Wolter
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Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
Mariengrün, Berlin – Neue Wohnumfelder in Großsiedlungen Architekten/Auftraggeber Modernisierung: degewo, Berlin Außenraumgestaltung: bgmr, Becker Giseke Mohren Richard Landschaftsarchitekten, Berlin Fertigstellung Modernisierung: 2016 Grundstücksfläche: 15 ha Gesamtnutzfläche: 166 047 m2 Wohneinheiten: 2538 Wohnungen in 12 Wohngebäuden Gemeinschaftseinrichtungen: Nachbarschaftstreffpunkt »Altes Waschhaus« Weitere Nutzungen im Quartier: Nahversorgungszentrum, Kindergarten, Grundschule und Oberschule Spezielle Angebote: Concierge-Service, Betreutes Wohnen In West-Berlin wurden im Rahmen von Wohnungsbauprogrammen zu Beginn der 1960er-Jahre mehrere Großsiedlungen, zu denen nicht nur die Gropiusstadt und das Märkische Viertel gehörten, sondern auch die Großsiedlung Marienfelde-Süd errichtet. Dafür beauftragte das Stadtplanungsamt Tempelhof 1965 den Architekten und Stadtplaner Hans Bandel, der mit Walter Gropius am Bau der Gropiusstadt beteiligt war, mit der Erarbeitung eines städtebaulichen Konzepts. Das Zentrum der am südlichen Stadtrand liegenden Anlage bilden ein abgewinkelter Gebäudekomplex mit 9- bis 15-geschossigen Wohngebäuden, eine Geschäftszone und als markantes städtebauliches Element ein 28-geschossiges, von Manfred J. Hinrichs entworfenes Hochhaus (baugleich mit dem Hochhaus Zwickauer Damm 12 in der Gropiusstadt). Wohnscheiben mit sechs bis sieben Stockwerken bilden den Übergang zur Stadtrandsiedlung mit Einfamilienhäusern. Die ursprünglich bis nach Marienfelde geplante Verlängerung der U-Bahnlinie 9
Abb. 1 Bau der Siedlung zwischen 1968 und 1974 Abb. 2 Lageplan, Maßstab 1:5000 Abb. 3 Blick auf die modernisierten Häuser der Siedlung
Abb. 1
Abb. 2
Umbau Mariengrün
Abb. 3
wurde nie realisiert, sodass die Siedlung bis heute nur über Buslinien mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar ist. Eine umfangreiche Analyse des Bestands, die das kommunale Berliner Wohnungsunternehmen degewo 2009 begonnene hatte, zeigte, dass Mängel der technischen Ausstattung im Gebäudebestand hohe Betriebskosten erzeugten. Zudem führten ein hohes Durchschnittsalter der Bewohner sowie eine starke Fluktuation der Mieter zu steigendem Leerstand. Für die Modernisierung der Großsiedlung wurde daher ein Konzept entwickelt, das ökologische, ökonomische und soziale Aspekte vereinte (Abb. 4, S. 92). Es sah sowohl eine bauliche Adaption des Bestands mit Maßnahmen zur Verbesserung der energetischen und technischen Qualität der Gebäude als auch Maßnahmen zum Aufbau professioneller und informeller sozialer Netze vor. Ziel war es, den Bewohnern in allen Lebensphasen eine hohe Wohnqualität zu bieten. Zu den zwischen 2011 und 2016 umgesetzten Maßnahmen gehörten im Rahmen der technischen und energetischen Modernisierung u. a. die Errichtung von zwei Blockheizkraftwerken und die Fassadendämmung mit einem Wärmedämmverbundsystem. Im Bereich Ökologie wurde ein Konzept für ressourceneffizientes Wassermanagement entwickelt. Um eine umweltfreundliche Versickerung des Regenwassers zu ermöglichen, fand in Teilbereichen ein sogenanntes Mulden-Rigolen-System bei der Neugestaltung der Außenbereiche Verwendung. Mit diesen Maßnahmen konnten die Abwassergebühr und damit die Betriebskosten gesenkt werden. Eine prägende Rolle in der sozialen Entwicklung des Quartiers spielt das Stadtteilmanagement, zu dessen wichtigsten Aufgaben die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure im Quartier gehört. Zudem hält es Kontakt zu den Mietern und Vereinen, ist im Quartiersrat vertreten und konzipiert Projekte zur Förderung der Quartiersentwicklung. Dazu zählt der von der degewo initiierte Bildungsverbund, der Kindergärten, Schulen und Kultureinrichtungen miteinander vernetzt und mit der Nachbarschaft zusammenbringt, oder das Urban-Gardening-Projekt »Garten der Länder«. Basis für die Modernisierung der Wohnungen war das Konzept der Projektentwickler CENTACON, das unterschiedlichen Zielgruppen in verschiedenen Lebensphasen ein passendes Wohnungsangebot bietet. So ordneten sie den einzelnen Gebäuden unter Berücksichtigung ihrer Lage im Quartier und der vorhandenen Wohnungstypologie Zielgruppen, wie Senioren, Alleinerziehende, »Starterfamilien« (jüngere Paare mit einem Kind oder Kinderwunsch) und »Ausbaufamilien« (Familien mit ein oder zwei Kindern) zu. Auch passten sie den unmittelbar an das Gebäude anschließenden Freibereich entsprechend den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe an, z. B. befinden sich Kleinkinderspielplätze in unmittelbarer Nähe der Häuser für »Starterfamilien« oder Fitnessgeräte in der Nähe der für Senioren vorgesehenen Gebäude. Das 28-geschossige Hochhaus beherbergt nun Wohneinheiten für Senioren, da es bereits über Aufzüge und einen Concierge-Service verfügte; doch können auch Personen, die nicht zu dieser
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92
Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
Alltagstauglichkeit demografischer Wandel
Identität Imagegewinn
Wege und Plätze
Aktivitäten
Spielplätze
besondere Orte
entwässerte Rasenflächen
grüne Freiräume
Verbindungen
Gehölzstruktur / Bäume
Abb. 4
Nachhaltigkeit Stadt im Klimawandel
Umgang mit versiegelten Flächen / Dachflächen
Umbau Mariengrün
Abb. 5
Zielgruppe gehören, einziehen. In anderen Gebäuden wurden Wohnungsgrundrisse an zeitgemäße Anforderungen angepasst und offene Wohnküchen geschaffen. Darüber hinaus bietet das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) am Tirschenreuther Ring Betreutes Wohnen an. Ein ergänzender Neubau mit 52 Wohnungen in den Größen von 38 bis 112 m² erweitert die bestehenden Wohnungstypologien. Zudem soll an der Stelle eines der bisherigen Parkhäuser ein weiterer Wohnungsneubau entstehen. Die Modernisierung der Anlage zeigt sich für Bewohner und Besucher auch in der Neugestaltung der Außenanlagen, deren Landschaftsgestaltung sich an drei Leitbildern orientierte (Abb. 7, S. 94): Die Optimierung des Leitbilds »Basisgrün« zielte auf die Stärkung der Alltagstauglichkeit der Freiflächen. Eine funktionale, nachhaltige und generationsübergreifende, auf alle Nutzergruppen bezogene Gestaltung sollte neue Standards im Wohnumfeld setzen. Unter dem Leitbild »Ressourceneffizienz« wurden Teile der bestehenden Regenwasserkanalisation durch oberflächig wirksame Versickerungsflächen ersetzt. Zentrale Herausforderung der Freiraumgestaltung aber war die Stärkung des Quartiers als Identitätsraum unter dem in verschiedene Unterthemen gegliederten Leitbild »Mariengrün« (Abb. 8, S. 94). Unter dem Motto »starke Nachbarschaften« vollzog sich z. B. die Weiterentwicklung von auf Wohnhausgruppen bezogene Gemeinschaftsflächen in unterschiedlichen Lagen zu Bewohnertreffpunkten. So entstanden alltagsbezogene Orte, die sich durch ihre Nähe zu den Eingangsbereichen und eine Verschränkung unterschiedlicher Nutzungsangebote (Spielorte für Kinder und Jugendliche, Sitzplätze für Gruppen, Fitnessgeräte für Senioren u. a.) auszeichnen.
Abb. 4 Anforderungen bei der Quartiersentwicklung Abb. 5 Gemüsegarten der Bewohner Abb. 6 einer der neuen Spielplätze im Quartier Abb. 6
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114
Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
Messequartier Graz Architekt: Markus Pernthaler, Graz Auftraggeber: ENW – Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H, Graz Grundstücksfläche: 17 351 m² (Bauteil 1) / 4890 m² (Bauteil 2) / 4735 m² (Bauteil 3) Gesamtnutzfläche: 20 300 m² (Bauteil 1) / 7300 m² (Bauteil 2) / 5800 m² (Bauteil 3) Fertigstellung: 2011 / 2015 / 2017 Wohneinheiten: Bauteil 1: 149 geförderte Miet- und Eigentumswohnungen, 21 betreute Seniorenwohnungen, 5300 m² Dienstleistungsfläche, Studentenwohnheim mit insgesamt 97 Einbettzimmern in Wohngemeinschaften Bauteil 2: 75 Mietkaufwohnungen, 1600 m² Ambulatorium Pro Mente Bauteil 3: 64 Wohneinheiten, 660 m² SOS-Kinderdorf Gemeinschaftseinrichtungen: Schwimmbad, Sauna Weitere Nutzungen im Quartier: Gastronomie, Büro- und Gewerbeflächen, Kindergarten, Kinderkrippe, Arztpraxen, Post Shop, Betreutes Wohnen – Lebenshilfe Spezielle Angebote: mobile Dienstleistungen für Seniorenwohnungen Die Mehrgenerationen-Wohnanlage entstand im Übergang von der Kernstadt in die Peripherie auf dem Areal eines ehemaligen Vergnügungsparks im Zuge der Umstrukturierung der benachbarten Messe Graz. Die u-förmige, über 200 m lange Großstruktur – in einem zweiten und dritten Bauabschnitt wird sie durch eine weitere, gegenläufig angeordnete ergänzt – bildet eine Klammer zwischen der von biedermeierlichen Vorstadthäusern geprägten Münzgrabenstraße im Osten und dem Messegelände im Westen. Zudem überbrückt sie einen Geländesprung in Höhe von etwa zwei Stockwerken. Ein Steg verbindet im Bereich dieses Geländesprungs alle Bauabschnitte auf Höhe des Erdgeschosses. Gebäudeknicke, Aufständerungen und Niveauunterschiede schaffen Differenzierungen im Außenraum, interessante Perspektiven und unterschiedliche Freiräume. Die gesamte Anlage zeichnet sich durch ihren Abwechslungsreichtum
1
Abb. 1
2 3
Abb. 1 Ostansicht des Kopfbaus, der ein Studentenwohnhaus beherbergt. Abb. 2 Lageplan, Maßstab 1:8000 Abb. 3 Gebäudeknicke und Niveausprünge sorgen für Vielfalt im Außenraum. Abb. 4 Aufständerungen und ein Verbindungssteg erlauben eine interne Durchlässigkeit. Freiräume sowie Fassaden sind abwechslungsreich gestaltet und schaffen kleinteilige Strukturen innerhalb des großen Volumens.
1 Bauteil 1 2 Bauteil 2 3 Bauteil 3 Abb. 2
Neubau Messequartier Graz
Abb. 3
sowohl formal als auch hinsichtlich des Raumprogramms aus. Die horizontale Schichtung in eine öffentliche, von Wohnnutzung frei gehaltene Sockelzone, eine private Mittelzone mit Wohnungen und ein gemeinschaftlich genutztes Dach spiegelt sich klar am Baukörper wider. Alle Wohnungen sind nach Süden und Südosten hin orientiert. Erschlossen werden sie über an den Knicken angeordnete Treppenhäuser und von den Wohnungen abgesetzte Laubengänge. Ein »Vorhang« aus Lochblechlamellen gibt nicht nur Witterungsschutz, sondern wirkt auch als visueller Filter zu den privaten Loggien und Balkonen. Das Wohnungsangebot ist breit gefächert: Neben geförderten Ein- bis Mehrzimmerwohnungen mit jeweils vielfältig nutzbaren, zwei Meter tiefen Balkonen und Loggien werden auch 21 betreute Wohnungen für ein bis zwei Personen angeboten. Sie stehen für Menschen über 60 zur Verfügung und werden nur mit einem zusätzlich zu buchenden Betreuungspaket vergeben, dessen Kosten dem Einkommen der Mieter entsprechend gestaffelt sind. Enthalten sind darin ein Notruftelefon sowie die Leistungen der wochentags im Haus anwesenden Wohnbetreuerin, die gemeinsame Aktivitäten – auch mit dem im Messequartier ansässigen Studentenheim oder dem Kindergarten – organisiert, mindestens einmal pro Woche ein Gedächtnis- und Bewegungstraining anbietet und die bei Abwesenheit der Bewohner auch das Blumengießen oder Entleeren des Briefkastens übernimmt. Je nach Bedarf können zusätzliche Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen wie Essenszustellung oder Krankenpflege gebucht werden. Den Kopfbau an der Münzgrabenstraße nimmt das Studentenwohnhaus ein, in dem 97 Einbettzimmer in hauptsächlich Vierer-Wohngemeinschaften organisiert sind. Neben der sozialen Durchmischung im Wohnbereich ist auch eine ausreichende Anzahl an Arbeitsplätzen unerlässlich für ein lebendiges Quartier. Daher sind hier auch unterschiedlich genutzte Büro- und Gewerbeflächen in die Anlage integriert. Nicht nur die soziale, sondern auch die ökologische Nachhaltigkeit steht im Messequartier im Fokus. So ist die Anlage gut an das öffentliche Verkehrsnetz sowie direkt an das Radwegenetz angebunden. Zudem kann sie nahezu Passivhausqualität, HFKW- und PVC-Freiheit, Verwendung emissionsarmer, lösemittelfreier Baustoffe im Innenausbau und Solarenergie vorweisen. Abb. 4
115
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Nachbarschaften – Wohnen im Quartier
3 2
Abb. 5 4
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1
4
5
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
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1
Wohnungen Studentenwohnungen Betreutes Wohnen Laubengang Lichthof Yoga und Sport Büros Café Fitnesscenter Verbindungssteg Piazza
5 5 1 1
7
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Regelgeschoss
11
7
10 8 7
1
7
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1
Erdgeschoss Abb. 6
Abb. 5 Auf dem Dach bietet ein Schwimmbad mit Holzterrasse ein außergewöhnliches Freizeitangebot. Abb. 6 Grundrisse, Maßstab 1:1000
Neubau HafenCity
HafenCity Hamburg Die HafenCity Hamburg, eines der größten europäischen innerstädtischen Entwicklungsprojekte, ist ein Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung. Bereits in den 1990er-Jahren entstanden erste Ideen zur Umgestaltung des Areals. Als vielleicht erstes Zeichen für den Wandel stellte der Senat 1991 die Speicherstadt einschließlich ihrer Fleete, Brücken und Zollgebäude unter Denkmalschutz. In den Jahren nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde der Hafen wieder zum Entwicklungsmotor der Stadt, zugleich benötigte Hamburg attraktive Grundstücke in Citylage. So begann die Stadt Mitte der 1990er-Jahre damit, innenstadtnahe und nicht mehr hafenbezogen genutzte Flächen in ihr Eigentum zu bringen. Nach der Ankündigung des Projekts HafenCity übertrug die Stadt diese Flächen der neu gegründeten Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung mbH (GHS), später umbenannt in HafenCity Hamburg GmbH, und beauftragte diese 100%ige Tochter der Stadt Hamburg mit der Verwaltung der Flächen und der Entwicklung des Areals zu einem neuen Innenstadt-Stadtteil. Bereits die ersten Vorstudien machten klar, dass kein monofunktionales Quartier für Büroarbeitsplätze entstehen sollte. Ziel war ein vielfältiger, gemischter Stadtteil, der Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Kultur und Tourismus als zusammengehörige Teile eines Ganzen betrachtet. Im April 1999 wurden aus 175 internationalen Bewerbern acht konkurrierende Teams für den städtebaulichen Ideenwettbewerb ausgewählt. Den ersten Preis teilten sich das deutschniederländische Team Kees Christiaanse, Astoc Architects and Planners und hamburgplan (bestehend aus den Büros Schweger + Partner, BPHL Architekten von Bassewitz, Patschan, Hupertz, Limbrock und Kontor Freiraumplanung Möller und Tradowsky). Der im Februar 2000 beschlossene Masterplan ist ein zusammenfassendes und beschreibendes Planwerk, zu dessen wesentlichen Vorgaben die Entwicklung differenzierter Quartiere gehört. In der zuerst fertiggestellten westlichen Hafencity war es das Ziel, durch eine möglichst kleinteilige Grundstücksvergabe zu einer lebendigen und gemischten Nachbarschaft beizutragen.
Abb. 1 Magellan-Terrassen Abb. 1
117
128
Anhang
Komponenten generationengerechter Konzepte Generationengerechte Konzepte fokussieren nicht einzelne Handlungsfelder, sondern führen, einem integrativen Ansatz folgend, planerische, bauliche, soziale und unter Umständen auch pflegerische Aspekte unter Berücksichtigung der jeweilige Gebäude- und Siedlungstypologie (z. B. innerstädtisches Altbauquartier, Geschosswohnungsbau der 1950er- und 1960er-Jahre, Großwohnsiedlung der 1960er- und 1970er-Jahre oder Einfamilienhaussiedlungen) und der speziellen Bedürfnisse der Bewohner zu einem ortsspezifischen Konzept zusammen. Zu den einzelnen angesprochenen Punkten und den Planungsanforderungen des barrierefreien Bauens gibt es eine umfangreiche Literatur (siehe Literaturverzeichnis, S. 132f.). Teilbereiche
Bausteine
Handlungsfeld Wohnung Raumkonzept / Grundrissgestaltung
flexible, variable Anordnung der Räume (z. B. durch mögliche Zusammenlegung von Räumen, Raumverbindungen, Funktionstausch, Umorganisation der Nutzungen etc.) großzügige Aktionsradien (z. B. durch die Überlagerung von Bewegungsflächen) unterschiedliche Bewegungsabläufe berücksichtigende Anordung der Funktionsbereiche Anpassungsfähigkeit (durch möglichst geringfügige bauliche Maßnahmen) an wechselnde Bedürfnisse ausreichende Bewegungsflächen in allen Räumen (z. B. für eine zweite Person im Bad bei Unterstützungsbedarf in der Körperpflege) Zusammenfassen wesentlicher Wohnbereiche auf einer Ebene (bei Einfamilienhäusern oder mehrgeschossigen Wohnungen) unabhängige, kleine eigene Wohneinheit für heranwachsende Kinder, Gäste oder auch Pflegepersonal
Ausstattung
zeitgemäße Grundausstattung (Heizung und Sanitär) gut erreichbare und leicht zu öffnende Fenster gute Erreichbarkeit von Bedienelementen (Klingel, Steckdosen, Türgriffe, Türdrücker etc.) schwellenlose Wohnungseingangstür (z. B. absenkbare Bodendichtungen) Verwendung von Schiebe- oder Raumspartüren anstelle von Drehtüren (Innentüren) begeh- und befahrbare Schränke für Kleider, Wäsche und Geräte Optimierung der Möblierung (z. B. durch adaptierbare Küchensysteme, die bei Bedarf über eine unterfahrbare Arbeitsfläche und Spüle verfügen) leicht demontierbare Sanitärmöbel (z. B. Badewanne) anstatt fix mit dem Baukörper verbundener Elemente individuelle Wohnungsanpassung an besondere Bedürfnisse der Bewohner unter Berücksichtigung individueller Greifweiten und -höhen, reduzierter Muskelkraft etc. (z. B. Haltegriffe, Beleuchtung, zusätzliche Sitzflächen etc.) Einsatz neuer Technologien (z. B. Überhitzungsschutz bei Elektrogeräten, automatisches Abschalten von Geräten beim Verlassen der Wohnung)
Freibereich
schwellenlose Erreichbarkeit von Balkon, Loggia, Terrasse (Teil-)Überdachung und Witterungsschutz gegen Sonne, Wind und Regen Mindestgröße für einen Essplatz und Wendefläche Privatsphäre (optische Trennung)
Handlungsfeld Gebäude Hauseingang
barrierefrei erreichbarer, stufenloser Eingang ausreichende Beleuchtung (evtl. mit Bewegungsmelder, ausreichende Beleuchtungsintervalle) Witterungsschutz (z. B. Vordach) gut identifizierbarer Hauseingang gut lesbare Hausnummern- und Klingelbeschriftung durch Verwendung entsprechend großer Schrifttypen, die auch bei Dunkelheit gut lesbar sind, evtl. auch kontrastierende Farbgestaltung ausreichende Bewegungsflächen bodengleiche Schmutzfänger (um Stolperstellen zu vermeiden) Begegnungsmöglichkeiten im Eingangsbereich (z. B. durch Sitzmöglichkeiten) ausreichend breite, leicht bedienbare Eingangstüren (z. B. bedienfreundliche Türdrücker und -griffe, automatisierte Türantriebssysteme etc.) ausreichende Abstellflächen für das temporäre Abstellen von Fahrrädern, Kinderwagen oder Gehhilfen im Eingangsbereich Ablageflächen (z. B. für Einkaufstaschen)
Komponenten generationengerechter Konzepte
Teilbereiche
Bausteine
Erschließung: Treppenhaus, Flur, Lift
großzügige Erschließungsflächen und -wege (nicht auf gesetzliche Mindestmaße reduziert)
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Informationstafel, Anschlagbrett etc. gut erreichbare Lichtschalter (bzw. Bewegungsmelder und ausreichende Beleuchtungsintervalle) stufenlose Erreichbarkeit des Lifts, der eine barrierefreie Erschließung aller Wohnungen ermöglicht ausreichende Bewegungsflächen vor den Wohnungseingangstüren angenehme Steigungsverhältnisse für eine sichere und bequeme Benutzung der Treppe (zur Förderung von Bewegung) Rampen eignen sich aufgrund des hohen Platzbedarfs nur zur Überwindung kleiner Höhenunterschiede. Treppenlifte (ggf. mit Rollstuhlplattform): Da es hier zu Fluchtwegeinschränkungen/-überschneidungen kommen kann, ist im Bestand der Platzbedarf zu prüfen bzw. im Neubau entsprechend einzuplanen. Hubplattformen können als Sonderaufzug halbgeschossig versetzte Wohnungen erschließen. Maßnahmen zur leichteren Orientierung (Stockwerksbezeichnungen etc.) Integration von Ruhe- oder Sitzmöglichkeiten in die Gestaltung Handläufe (griffsicher, evtl. beidseitig)
Nebenräume
gute Erreichbarkeit von Lager- und Abstellräumen, Müllraum etc. Abstellmöglichkeit für Rollstühle, Fahrräder, Rollatoren etc. Steckdose zum Laden der Batterie eines Elektrorollstuhls Wasch- und Trockenräume: Geräte auf einem Sockel in gut bedienbarer Höhe
soziale Interaktion / Service
Gemeinschaftsräume sollten an frequentierten und leicht zugänglichen Stellen platziert und attraktiv ausgestattet sein. Räume zur gemeinsamen Nutzung: multifunktionaler Aufenthaltsraum für Veranstaltungen, Cafeteria, Leseraum, Spielzimmer, Computerraum, Musikzimmer, Werkstatt oder Bastelraum etc. Gründung von Stockwerksgemeinschaften Gästewohnung gemeinschaftlich genutzte Dachterrassen Concierge / Hausmeister Verbesserung des Serviceangebots der Verwaltung Umzugsmanagement
Handlungsfeld Wohnumfeld und Quartier unterschiedliche Wohnangebote für verschiedene Zielgruppen
Vielfalt der Wohnungstypen und -größen erschwingliche / finanzierbare Wohnangebote unterschiedliche Wohnformen (z. B. Betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften etc.) unterschiedliche Arten der Raumorganisation für alternative Formen des Zusammenlebens (z. B. Wohngemeinschaften)
Wohnraumanpassung
flexible Anpassungsmöglichkeiten an individuelle Bedürfnisse
Wohnberatung
Beratung bei individuellen und strukturellen Anpassungsmaßnahmen
soziale Infrastruktur
zentrale Beratungsstelle zur Koordination und Vermittlung von Diensten
kostengünstige Angebote zur Freizeitgestaltung
gesundheitsfördernde Freizeit- und Sportangebote für alle Altersgruppen (Fitnessclub etc.) Bildungsangebote quartiersbezogene Gemeinschafts- und Kultureinrichtungen altersübergreifende Sportangebote zur gezielten Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination Mittagstisch, der unter Umständen auch die Serviceleistung eines mobilen Essensdiensts ersetzen könnte und damit zugleich auch soziale Kontakte ermöglicht Spielangebote für unterschiedliche Altersgruppen (z. B. Ballspiel-, Kleinkinderspielplätze, Skaterbahn etc.), die teilweise auch bei Schlechtwetter genutzt werden können (überdachte Spielräume) Nachbarschaftsbibliothek Selbsthilfe- und Recyclingwerkstätten