CLOSE-UP – RUCH & PARTNER ARCHITEKTEN 1996–2018

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Chesa Merleda, La Punt Erbaut 1642–1649; renoviert um 1800, restauriert und umgebaut 1999

Die Familie Albertini hatte im 17. und 18. Jahrhundert eine do-

Die eine Familie betritt das Haus über den Sulèr, im Winter

minante Stellung in La Punt inne, ähnlich jener der Perini in

über die Cuort. Sie bewohnt alle Räume im Erdgeschoss des

S-chanf; sie liess sich in La Punt mehrere Wohnhäuser bauen.

ehemaligen Wohnteils sowie die Schlafkammer im ersten

Die für Hauptmann Ulrich Albertini auf freier Flur errichtete

Obergeschoss, in die man von der Stube über den Burel hoch-

Chesa Merleda gehört dabei zu den prominentesten «Bürger-

steigt. Die Küche befindet sich am ursprünglichen Ort im Erd-

häusern» Graubündens. Der Bau ist allein durch seine Grösse,

geschoss. Der gewölbte Saal im Erdgeschoss, der um 1800

die einheitliche Gestaltung und die etwas isolierte Stellung

in den Sulèr eingebaut worden war, dient als Schlafraum. In

imposant. Die Stallfront mit Rundbogenarkaden und der mit

jenen Teil des Sulèr, der an den Heustall grenzt, schoben wir

Zinnen geschmückte Giebel wirken mindestens so repräsen-

einen eigenständigen Block mit neuen Bädern ein. Davon ist

tativ wie der Wohnteil, der auf die zentrale Wegkreuzung im

eines direkt mit dem saalartigen Schlafzimmer verbunden,

Dorf ausgerichtet ist. Im Innern gehen bäuerliche und herr-

das andere dient den übrigen Schlafzimmern.

schaftliche Elemente eine spannungsvolle Beziehung ein.

Die zweite Familie tritt durch den Heustall ins Haus. Auch hier

Kein Zweifel, der Bauherr wollte nicht nur seine Nachbarn be-

bauten wir ein unabhängiges Raumelement ein. Dieser Block

eindrucken, sondern auch diejenigen Reisenden, die das En-

nimmt die neuen vertikalen Verbindungen auf, Treppe und

gadin auf der Talstrasse passierten.

Lift. Im ersten Obergeschoss enthält er zwei Bäder, von de-

1999 bauten wir das Haus für zwei Familien zu deren zweitem

nen eines wiederum direkt mit einem Schlafzimmer im alten

Wohnsitz um. Die Fassaden blieben unverändert; im Innern

Wohnteil verbunden ist. Zuoberst im neuen Bauteil blieb Platz

bauten wir einige wenige Räume und Elemente in zeitgenös-

für eine Sauna und einen Fitnessraum. In der alten Chamineda

sischer Formensprache ein, die durch Abstände von den alten

platzierten wir die Küche, die mit einer Eisentüre geschlossen

Mauern und Böden getrennt sind. Diese neuen Raumschalen

wird. Das Prunkstück dieses Hausteils ist die mit Intarsien ver-

enthalten Bäder, Lift und Treppen – Funktionen, die im Wohn-

edelte Stüva sura, an die ein Alkoven anschliesst. Auch die bei-

teil gravierende Eingriffe erfordert hätten. Die Leitungen lie-

den einstigen Knechtenkammern im Dachgeschoss gehören

gen in den Zwischenräumen. Indem wir das räumlich und

zu dieser Wohnung. Für die Autos fanden wir Platz im ehema-

technisch Neue in unabhängige Teile auslagerten, schonten

ligen Viehstall; die Garage ist direkt mit beiden Wohnungen

wir die alte Substanz. Zudem bilden Alt und Neu interessante

verbunden.

Konfrontationen, etwa bei den Übergängen oder dort, wo man alte Mauern und Wände durch die neue Schale hindurch betrachten kann. Da die Familien verwandt sind und sich gut kennen, konnten wir wichtige innere Verbindungen beibehalten. So kann man das Haus, etwa bei speziellen Anlässen, noch als Ganzes erleben und durch die faszinierenden Raumfolgen schreiten.

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