Weltzeit 3-2020 | Soziale (?) Medien – Fakten gegen Fake: Meinung. Macht. Manipulation.

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Im Kabel überlebt nur die DW Schauplatz Venezuela: Über vier Millionen Menschen haben in den vergangenen Jahren das Land verlassen. Die größte Flüchtlingsbewegung Südamerikas ist Ausdruck des wirtschaftlichen und sozialpolitischen Niedergangs eines Staates, der einst zu den führenden Ölproduzenten der Welt gehörte. Text Oscar Schlenker, DW-Korrespondent, Venezuela

Nach Jahren der Zensur, der Abschaltung von Medien und deren Übernahme durch die Regierung sind viele Journalistinnen und Journalisten trotz geringer Bandbreite und der hohen digitalen Kluft in Venezuela ins Internet abgewandert. Die Zahl lokaler und traditioneller Medien im Land nimmt weiter ab. Seit Beginn der Corona-Quarantäne im März 2020 wurden nach Angaben des Instituts für Presse und Gesellschaft Venezuelas (IPYS) mehr als 70 Informationswebseiten von der Regierung blockiert. Darüber hinaus ergab eine neue Untersuchung des Instituts, dass mindestens 15 Prozent der Venezolaner in sogenannten „Nachrichtenbrachen“ oder Gebieten leben, in denen wenige bis gar keine Informationen verbreitet werden.

©©DW/M. Fox

Der durch Nahrungsmittel- und Medikamentenknappheit ausgelöste Versorgungsnotstand in Venezuela hat sich in der Corona-Krise noch verschärft. Vier Jahre in Folge hat die höchste Inflation der Welt dazu geführt, dass die monatlichen Durchschnittslöhne heute weniger als fünf Euro betragen. Der Niedergang ganzer Industriebereiche hatte den Zusammenbruch staatlicher Versorgungsunternehmen zur Folge. Einst gehörte Venezuela zu den größten ölproduzierenden Ländern. Heute ist der Staat nicht mehr in der Lage, seine heruntergekommenen Raffinerien wieder in Betrieb zu nehmen. Die internationalen Sanktionen gegen Staatspräsident Nicolas Maduro haben zu einer Benzinverknappung geführt.

Warteschlange bei der Ausgabestelle für Trinkwasser in Caracas, Venezuela

20 Weltzeit 3 | 2020

Für viele Analysten können die Probleme in Venezuela nur durch einen ­ politischen Wandel gelöst werden. Das ist die Hoffnung der Opposition, seit sie bei einer umstrittenen Parlamentswahl 2015 die meisten Sitze gewonnen hat. Die Wahl des damals relativ unbekannten Politikers Juan Guaidó zum Präsidenten des Kongresses stellte das Vertrauen der Opposition in ihre Führer ab 2019 wieder her. Die kühne Strategie der Nationalversammlung, Guaidó zum Interimspräsidenten auszurufen, führte zur Unterstützung von über 50 Ländern, die seinen Anspruch auf die Präsidentschaft gegen eine erwiesenermaßen betrügerische Wiederwahl Maduros im Jahr 2018 anerkannten. Kürzlich hat die Regierung im Rahmen von Verhandlungen mit einem gegenüber Juan Guaidó kritischen Oppositionsführer mehrere politische Gefangene, darunter Politiker und Journalisten, freigelassen. Das offensichtliche Ziel: Spaltungen vertiefen und Unterstützung für die bevorstehenden Parlamentswahlen im Dezember gewinnen, die von der Opposition boykottiert werden. Die USA und die EU wollen das Wahlergebnis nach eigenen Angaben nicht anerkennen.


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