Die Kunstakademie Düsseldorf 1773–2023

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Prelims

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Die Kunstakademie Düsseldorf 1773–2023

Kunstgeschichte einer Institution


10 Vorwort Johannes Myssok 15 Die Düsseldorfer Kunstakademie unter Lambert Krahe (1773–1790). Vorbilder, Programm und Wirkung Steffi Roettgen 26 Die Lehr- und Vorbildsammlungen der Düsseldorfer Akademie bis zum Beginn der preußischen Herrschaft Michael Overdick 39 1819 – Neubeginn unter Peter Cornelius. Monumentale Historienmalerei aus dem Geist »Neudeutsch-religios patriotischer Kunst« Michael Thimann 49 Wilhelm Schadow. Vom romantischen Rebellen zum Düsseldorfer Malerfürsten Cordula Grewe 68 Carl Ferdinand Sohn und die Düsseldorfer Porträtmalerei Hendrik Olliges 81 Johann Wilhelm Schirmer und die Geburt der Landschaftsmalerei innerhalb der Düsseldorfer Malerschule Bettina Baumgärtel 96 Zurück in Ithaka? Eduard Bendemanns Direktorat an der Düsseldorfer Akademie Christian Scholl 109 Der steinige Weg zur ersten Bildhauerklasse zwischen Wiederbegründung der Akademie und August Wittigs Berufung Michael Puls 121 Eduard von Gebhardt und die religiöse Malerei der Düsseldorfer Malerschule Bettina Baumgärtel


138 »Gibt es denn in Düsseldorf auch Bildhauer?« Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf vom Historismus zur Neoavantgarde Sarah Czirr 148 Zwischen Realitätsdruck und neuen Chancen für die Kunst. Freie und angewandte Kunst an der Düsseldorfer Kunstakademie vom frühen bis mittleren 20. Jahrhundert Guido Reuter 161 Vom Aufbruch in die Moderne? Walter Kaesbach als Wegbereiter der Reformen an der Kunstakademie Düsseldorf. Kaesbachs Freunde und Kaesbachs Gegner Vanessa Sondermann

262 Fritz Schwegler und seine Klasse. Katharina Fritsch, Gregor Schneider und andere Robert Fleck 268 Im erweiterten Feld der Skulptur. Fragen an die Gattung(stheorie der) Skulptur mit Rücksicht auf die Geschichte der Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf Martina Dobbe 298 Die Becher-Klasse. Katalysator eines kunsthistorischen Wandels Stefan Gronert

171 Die Akademie im Nationalsozialismus 1933–1945 Kunibert Bering

311 Aspekte der Fotografie in der, oder als, oder nach (selon/après) der, Konzeptkunst an der Kunstakademie Düsseldorf Martina Dobbe

181 Das Informel in Düsseldorf. Brüning, Hoehme, Götz Frank Schmidt

336 Architektur an der Düsseldorfer Kunstakademie Jürgen Wiener

188 Go West! Barbara Könches 203 Glasmalerei an der Kunstakademie Düsseldorf Jürgen Wiener 225 Mataré und Beuys (und Heerich) Alexander Grönert 236 Joseph Beuys und das Ende der Nachkriegszeit. Fluxus, Creamcheese und die Aktionskunst Alexander Grönert 251 »Kein Geld für wilde Tiere«. Kuttner, Lueg, Polke, Richter und der Düsseldorfer Auftakt zum Kapitalistischen Realismus Sophia Stang

369 Ehemalige Professor*innen für Kunst 373 Ehemalige Professor*innen des Fachbereichs Kunstbezogene Wissenschaften 375 Auswahlbibliografie zur Kunstakademie Düsseldorf 383 Bildnachweis 392 Index


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Vorwort

Jubiläen bieten die Gelegenheit zur Rückschau und Bilanz. Der vorliegende Band versucht aus dieser Perspektive erstmalig eine Kunstgeschichte der Kunstakademie Düsseldorf von ihren Anfängen bis heute zu schreiben. Dabei soll keineswegs eine durchgehend prägende Rolle der Düsseldorfer Kunstakademie behauptet werden und dennoch auf weitaus mehr geblickt werden als nur auf ihre Bedeutung seit 1945, denn die jüngere Geschichte des Hauses erklärt sich nicht ohne die ältere. Vieles, was hier Kunstgeschichte schrieb, war eine Reaktion oder sogar Gegenreaktion auf etwas, was zuvor an der Düsseldorfer Kunstakademie geschehen war und mitunter auch auf das, was eben nicht geschehen war. Dies betrifft insbesondere den verspäteten, ja bewusst verzögerten Weg des Hauses in die Moderne, den die Kunstakademie am Rhein mit anderen derartigen Ausbildungsinstitutionen teilt und der nur unzureichend durch einen der Moderne inhärenten Antiakademismus erklärt worden ist. In gleicher Weise lässt sich das Agieren und Agitieren von Joseph Beuys an der Kunstakademie nicht ohne eine Kenntnis der verschleppten Reformen im akademischen Ausbildungswesen des frühen 20. Jahrhunderts verstehen. Erst eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Präsenz und Wirkmacht der durch die Nationalsozialisten an das Haus berufenen Künstlerprofessoren bis weit in die Nachkriegszeit lässt darüber hinaus die Dringlichkeit und Sprengkraft von Beuys’ Auftreten nachvollziehen. Auch wenn es genug berühmte Künstler*innen gab, die an der Akademie studiert oder an ihr gelehrt haben, versucht der Band deshalb mehr als nur die ›Big Names‹ der Kunstgeschichte in ihrem Zusammenhang mit der Düsseldorfer Kunstakademie aneinanderzureihen. Vielmehr sucht er diesen Schoß, aus dem kontinuierlich entsprungen wurde, ja der immer wieder international bedeutende Positionen herausgebildet hat, kunsthistorisch zu umreißen. Diese Karrierewege bildeten sich manchmal noch im Rahmen des Studiums an der Akademie aus und jene war immer wieder der Nährboden, aus dem heraus sich dann im unmittelbar Folgenden eine neue Strömung wie ZERO entfaltete, oder ein neuartiges Künstlerœuvre wie dasjenige von Gerhard Richter und Sigmar Polke in der Kunstwelt Bahn brach. Diese Dimension des Düsseldorfer Soziotops fokussierte bereits der Band von 2014 – hier ist nun Konkreteres zu den Klassen und Schülerverhältnissen erschlossen, durch die sich letztlich über 250 Jahre die Geltung des Hauses aufgebaut hat. Der vorliegende Band sollte eine umfassende kunsthistorische Bestandsaufnahme der Kunstakademie Düsseldorf und ihrer Künstler*innen sowie aller Strömungen werden, die in ihrer Geschichte relevant waren. Vieles davon ist dank des Autor*innenteams zustande gekommen, einige aufschlussreiche, charakterstiftende Sequenzen aus der langen Geschichte der Kunstakademie sind aber leider dem Band nicht mehr hinzuzufügen gewesen, da hierfür keine einschlägigen Autor*innen gewonnen werden konnten.

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Hermann Riffart, Akroterion vom Giebel der Kunstakademie, um 1879


Als Defizit ist dabei selbstredend die fehlende Aufarbeitung der Rolle von Frauen an der Kunstakademie – sowohl als Studierende als auch als Professorinnen – zu nennen. Während es an der alten Akademie vor 1819 sowohl Professorinnen als auch Studentinnen gab, unterbrach die ›preußische‹ Akademie dies für 100 Jahre und erst ab 1919 waren wieder weibliche Studierende zugelassen. Gerne hätte man mehr etwa über Anna Simons erfahren, die von 1928–1933 als Professorin Schrift an der Kunstakademie lehrte, doch versteht sich der vorliegende Band letztlich als Momentaufnahme und möchte selbstredend auch zu weiterer Forschung anregen, so wie die hier versammelten Beiträge ihrerseits auf neuerer und neuester Forschung der Autor*innen aufbauen. Das angesprochene Kapitel stellt deshalb ein Desiderat dar. Dieser Zusammenhang erklärt aber auch, warum in den Beiträgen, welche die Kunstgeschichte der Kunstakademie vor 1919 thematisieren, nicht gendergerecht von ›Studierenden‹ oder Professor*innen die Rede ist, handelt es sich in diesem Zusammenhang doch ausschließlich um männliche Protagonisten. Leider sind auch andere zentrale Kapitel nicht zustande gekommen, so etwa dasjenige zur Malerei an der Kunstakademie seit den 1960er Jahren. Der Versuch, einen Überblick über alle wesentlichen Tendenzen und Aspekte zu geben, in diesem Fall allerdings exklusive des omnipräsenten Superonyms ›Malerakademie‹, widmet sich dem Vorsatz, ein Referenzwerk zu schaffen. Durch die hier vorliegenden Beiträge wird ein deutlich differenzierteres Bild als nur jenes der gemeinhin so wahrgenommenen malerischen Repräsentanz erkennbar, und eröffnet damit auch die Frage, inwieweit einzelne Rektorate effektiv für das künstlerische Geschehen am Haus prägend waren. Die Problematik dessen setzt bereits im 19. Jahrhundert ein und unter anderem aus diesem Grund ist der Band am Ende anders aufgebaut als ursprünglich geplant, war doch eigentlich eine Gliederung anhand der einzelnen Rektorate vorgesehen. Damit ist das Buch weniger eine Institutionsgeschichte geworden als der Band von 2014 und auch die kunstdidaktische Frage danach, wie man ein*e Künstler*in wird, im Mittelpunkt der Innsbrucker Ausstellung 2021, spielt für den vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Dies alles verortet sich vor der longue durée der Institution und ihrer alten wie neuen Sammlung, die bis heute vorhanden ist und nicht nur das ›Gedächtnis der Kunstakademie‹ bildet, sondern auch immer wieder künstlerischer Bezugspunkt war. Es ist deshalb erfreulich, dass der 1932 erstmalig mit der Stadt Düsseldorf abgeschlossene Dauerleihvertrag im Jubiläumsjahr als ›Generationenvertrag‹ um 20 Jahre verlängert werden konnte und die alte Sammlung damit weiterhin für Studium, Lehre und Forschung zur Verfügung steht. Einzelne Beiträge des Bandes gehen auf diese Sammlung ein, diskutieren ihre Entstehung und ihre wechselnde

Valenz für die Ausbildung. Gleichwohl ist die Sammlung der Kunstakademie Düsseldorf nach wie vor eine ›Große Unbekannte‹, deren umfassendere Erforschung abseits ihrer Erschließung durch die Zeichnungsforschung noch aussteht. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums 1973 war der seinerzeit vom scheidenden Rektor Eduard Trier herausgegebene Band das einzige Zeugnis des Jubiläums – zu tiefgreifend hatten die Ereignisse um die Entlassung von Joseph Beuys die Institution in Mitleidenschaft gezogen, als dass irgendwer zum Feiern aufgelegt gewesen wäre. Auch 50 Jahre später befindet sich das Haus erneut in einer Krise, doch es scheint zur dna von Kunstakademien zu gehören, dass diese sich von Zeit zu Zeit durch Krisen wieder selbst neu erfinden, ihren Standpunkt bestimmen müssen. Vielleicht trägt hierzu ja auch der Blick zurück auf die ersten 250 Jahre bei. Dieser Band wäre ohne die Diskussion und Abstimmung unter den Kunsthistoriker*innen des Hauses nicht zustande gekommen. Die wiederholt mit Martina Dobbe und Guido Reuter sowohl über die Ausrichtung des Bandes als auch über mögliche Beiträger*innen geführten Gespräche haben entschieden zur vorliegenden Auswahl beigetragen. Wenn am Ende nicht alle von ihnen vorgeschlagenen Beiträge verwirklicht worden sind und nicht alle Beiträger*innen einen Platz in diesem Band gefunden haben, ist es nicht ihre Schuld; beiden danke ich für ihr Engagement und für ihre eigenen Beiträge. Ein wichtiger Katalysator für die Entstehung des Buchs war die frühe Finanzierungszusage des Vorstandes der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Kunstakademie Düsseldorf, namentlich Dr. Friderike Bagel, Norbert Hüsson und Dr. Rudolf Apenbrink, denen ich hiermit meinen Dank aussprechen möchte. Die Bibliothek der Kunstakademie nebst dem Archiv war für alle Belange und für alle Beiträger*innen ein stets verlässlicher und konstruktiver Ansprechpartner. Ihrer Leiterin, Frau Brigitte Blockhaus und ihren Mitarbeiter*innen, besonders Frau Müller, sei hierfür sehr gedankt. Der Kunstpalast als partnerschaftlich verbundene und unsere Sammlung aufbewahrende Institution hat mit Abteilungen in jeglicher Form die Entstehung des Buchs unterstützt, wofür allen Mitarbeiter*innen Dank ausgesprochen sei. Die Gestaltung des außergewöhnlichen Bandes hat John Morgan zusammen mit seiner Mitarbeiterin Teresa Lima entworfen, wofür ich beiden danken möchte. Für die Aufnahme in das Programm des Verlags und die Betreuung des Buchprojekts sei Frau Katja Richter vom Deutschen Kunstverlag gedankt. Für ihre unermüdliche Arbeit bei der Bildbeschaffung und allen Organisationsarbeiten rund um das Buchprojekt, sowie für die Aufnahme der Ansichten Hauses, die den Band einleiten und beschließen, danke ich meiner Tutorin Emma Rüther.

Johannes Myssok

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Intro

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Die Düsseldorfer Kunstakademie unter Lambert Krahe (1773–1790): Vorbilder, Programm und Wirkung Steffi Roettgen


Akademiegründungen waren im 18. Jahrhundert eine Begleiterscheinung und ein Vehikel der Aufklärung. Gleichwohl entstammten die Kunstakademien in den deutschen Teilstaaten, die sich hauptsächlich an der hierarchisch strukturierten Académie Royale in Paris orientierten,1 der ›Aufklärung von oben‹, und standen – wie ihr Vorbild – nicht nur unter der Schirmherrschaft des Landesherrn, sondern auch im Dienst seiner Repräsentation in der Öffentlichkeit. Voltaire, der von 1753 bis 1758 mehrfach in Mannheim und in Schwetzingen weilte, wo er nicht nur mit dem Kurfürsten Carl Theodor in einen intellektuellen Diskurs eintrat, sondern außerdem von dessen Hofbildhauer Peter Anton Verschaffelt porträtiert wurde 2 (Abb. 1), verstand die Akademien gleichwohl als Glieder einer europäischen République litteraire, der es gelungen war, alle Kriege und Glaubenskonflikte zu überstehen.3 Von diesen Vorstellungen ließ sich der Kurfürst 1764 zur Gründung der Mannheimer Akademie der Wissenschaften inspirieren, wodurch die Umwandlung der 1756 von Verschaffelt gegründeten privaten Zeichenschule in eine staatliche Kunstakademie erleichtert wurde.4 Ohne die solcherart gewährten ›Privilegien‹, in Gestalt von Räumlichkeiten und deren Ausstattung, der laufenden Ausgaben für Modelle und Preismünzen und der Lehrmittel 5 hätte sie, ebenso wie die meistens aus zunächst privaten Zeichenschulen hervorgegangenen Akademien nicht existieren können. So gesehen ist die nach 1750 im deutschen Reich sprunghaft ansteigende Zahl derartiger Institutionen ein Ergebnis der deutschen Kleinstaaterei, die hier ihr kulturelles Potential zur Schau stellte. Als »öffentliche Anstalten« – so Sulzers Wortwahl in seiner Definition von 17716 – diente diese Art von Akademien, die sich grundsätzlich von den älteren italienischen Akademien unterschieden, in denen lokale kulturinteressierte Eliten zwanglos dilettierten,7 vor allem dem Unterricht der Jugend im Zeichnen und hatten somit schulische Aufgaben, die eine hierarchische Organisation erforderten und dem Leistungs- und Bewertungsprinzip unterlagen. Besonders evident ist das bei der 1761 gegründeten Académie des Arts in Stuttgart, die auf die Initiative des in Rom unter Anton Raphael Mengs geschulten Hofmalers Nicolas Guibal erfolgt war. Zunächst eher eine privat geführte Schule, verfestigten sich ihre Strukturen zunehmend, bis sie 1770 einer ›Militärakademie‹ einverleibt wurde, die zwar bestimmte Reglements der Académie des Arts übernahm, insgesamt aber vor allem durch den militärischen Drill berühmt und berüchtigt wurde, dem die ›Zöglinge‹ ausgesetzt waren.8 Dies bedeutete das Ende des Akademiekonzepts, das Mengs 1756 in einem Brief an Guibal in exemplarischer Kurzform formuliert hatte, dass sie nämlich außer einer republikanischen Struktur gute Modelle, gute Lehrer und gelehrige Schüler benötige, sowie einen großmütigen Souverän, der das Geld ohne Eigennutz zur Verfügung stelle.9 Das Ergebnis dieser so unterschiedlichen Ansprüche und Aufgaben war – auch dies ist charakteristisch für die Akademien im deutschen Sprachraum – meistens ein Dilemma und generierte grundlegende Konflikte zwischen dem Anspruch der freien Entfaltung kreativer Kräfte und der absolutistisch-hierarchischen Wirklichkeit, die seitens der Betroffenen und der nach 1780 von den Idealen des Geniekults

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beflügelten Außenstehenden zunehmend sarkastisch, verbittert oder verächtlich kommentiert wurde.10 ›Akademieschelte‹ wurde zu einem Topos, der sich über die Jahrhunderte hielt, ohne dass dies den Weiterbestand dieser Einrichtungen gefährdete. Kann man also im Umkehrschluss sagen, dass Schelte und Kritik zu den Lebensnerven der Kunstakademien gehören, aus denen sich Innovation und Reform immer wieder neu generierten? 11 Eine Antwort auf diese Fragen geben nicht die Organe und Strukturen, sondern die Kunst, die auf diesem Boden wuchs und wächst und über deren Wert und Unwert seit eh und je gestritten wird, mit durchaus wechselnden Ergebnissen. Die 250-jährige Geschichte der Düsseldorfer Akademie, die 1773 als »Kurfürstlich-Pfälzische Academie der Mahler-, Bildhauer und Bau-Kunst in der Haube- und Residenzstadt Düßeldorf«12 gegründet wurde, offenbart dies ebenso exemplarisch wie die aus ihrem Kopf und ihrem Bauch hervorgegangene Kunst, in der sich alle künstlerischen Strömungen spiegeln, die innerhalb dieser beträchtlichen Zeitspanne en vogue waren. Am Anfang der akademischen Ausbeute stehen dreiundzwanzig Zeichnungen, die sich aus der von 1774 bis 1790 in Düsseldorf gepflegten Praxis der jährlichen Preisausschreiben erhalten haben und in denen der ästhetische Kanon sichtbar wird, der auf die Vorgeschichte der Akademie und auf ihre Vorbilder und Ambitionen verweist. Die Kompositionsschemata der figurenreichen mythologischen Darstellungen sind französischen (Abb. 2) und italienischen Vorbildern (Abb. 3) verpflichtet und bei den religiösen Sujets (Abb. 4) fällt die konsequente Abkehr von den barocken Mustern auf. Noch heute zum Bestand der Akademie gehörig, sind sie erstmalig von Heidrun Rosenberg untersucht und publiziert worden.13 Von den Wettbewerbsarbeiten zu Skulptur und Architektur, die ebenfalls an der Akademie unterrichtet wurden, haben sich bis auf drei architektonische Entwürfe von Peter Joseph Krahe (1758–1840), dem ältesten Sohn Lambert Krahes, bisher keine weiteren Beispiele nachweisen lassen. Seine Lösung für die Preisaufgabe des Jahres 1778 in der Klasse für Architektur, die »Eine Kirche oder Tempel nach Römisch-Katholischer Art mit Plan und Profil« verlangte, war ein Entwurf für eine Kuppelkirche in der Art des römischen Pantheon (Abb. 5). Gleichzeitig nahm Krahe junior aber auch am Wettbewerb der Malereiklasse teil, in der er ebenfalls einen Preis errang (Abb. 6). 1780 wurde er mit nur 22 Jahren zum Professor für Malerei ernannt. Dass dies keine durch den Vater manipulierte Begünstigung war, beweist seine spätere, äußerst erfolgreiche Karriere, die ihm jedoch nicht als Maler, sondern als Architekt gelang. Als »eine der größten Begabungen des deutschen Frühklassizismus«14 war er der wohl erfolgreichste Absolvent der Akademie, was auch für die Befähigung seines Vaters als Lehrer spricht. Nachdem sich im Laufe seines dreijährigen Italienaufenthaltes, der durch ein kurfürstliches Stipendium ermöglicht wurde, seine Begabung zum Architekten herauskristallisiert hatte, machte er 1787

Vorherige Seite: Abb. 1 Peter Anton Verschaffelt, M. Voltaire, 1760

Die Düsseldorfer Kunstakademie unter Lambert Krahe (1773–1790)


Abb. 2 Johann Heinrich Lips, Antiochus und Stratonice, 1781

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Die Akademie im Nationalsozialismus 1933–1945 Kunibert Bering


»In der Düsseldorfer Kunstakademie wird aufgeräumt« »In der Düsseldorfer Kunstakademie wird aufgeräumt – Was das System Kaesbach verbrochen hat!« So lautete der Titel der Volksparole vom 15. 3. 1933. Der Leitartikel warf Walter Kaesbach, dem Rektor der Kunstakademie, »Kunstzersetzung, Bolschewismus und Separatismus« sowie den »Geist der Novemberverbrecher« vor und behauptete die Bevorzugung von »Juden und Kommunisten« bei Berufungen. Das Ziel wurde klar formuliert: »Das Dritte Reich ist angebrochen und in Berlin und überall im Reich wird auch auf kulturellem Gebiet ausgemistet. [Fett gedruckt im Original, K.B.]. Nun ist es höchste Zeit, daß auch mit Kaesbach abgerechnet wird und an seine Stelle ein Mann gesetzt wird, der aus unserer Düsseldorfer Kunstakademie wieder das macht, was sie früher […] gewesen ist: eine deutsche kunstakademie [im Original gesperrt, K.B.], erfüllt von deutschem Geist und fähig, echte deutsche Künstler aus ihren lernbegierigen Jüngern zu schaffen«.1 Zwei Wochen nach diesem Artikel in der Volksparole erging am 29. 3. 1933 eine Anweisung des Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Dr. Rust, Berlin, »Kaesbach sofort zu beurlauben und mit seiner vorläufigen Stellvertretung den Professor Junghan[n]s zu beauftragen«.2

Am Vorabend der »Machtergreifung«: Lothar von Kunowskis Programmschrift (1929) Die ministerielle Anweisung vom 29. 3. 1933 zerstörte das Erneuerungswerk Walter Kaesbachs, der den entscheidenden Modernisierungsprozess der Kunstakademie eingeleitet hatte. Kaesbachs Wendung zur Moderne kulminierte in der 1929 von ihm initiierten grundlegenden Programmschrift für die Akademie, mit deren Abfassung er den Kunstpädagogen Lothar von Kunowski betraute, der bereits mit mehreren Schriften zur Theorie der Kunst hervorgetreten war.3 Lothar von Kunowski hatte seit 1909 das Zeichenlehrerseminar an der Kunstgewebeschule in Düsseldorf geleitet, das 1919 in die Kunstakademie integriert wurde.4 Bereits 1901 war von Kunowskis Buch Ein Volk von Genies erschienen, in dem er die Vision eines zukünftigen »Volk(es), für welches die gegenwärtigen Staatsgrenzen und Rassenunterschiede keine Gültigkeit mehr haben« entwarf.5 Es sind für Lothar von Kunowski die Künstler, die diese neue Welt – unter deutscher Führung – formen werden, und prophezeit,

Abb. 2 Gertrud von Kunowski, Porträt Lothar von Kunowski, 1921

[…] dass wir als Künstler die Form der umzubildenden Welt allen Völkern vorhalten, sie alle herbeirufen, das Werk durchzuführen, vornehmlich die Romanen und Semiten, denen wir Unendliches verdanken, mit denen wir im Unendlichen einig auch die Endlichkeit des Irdischen gemeinsam erweitern werden. In dieser liebevollen Gerechtigkeit liegt die Zukunft des Deutschen, liegt sein Weltreich geborgen, seine Verjüngung zu einem neuen Menschen […].6 Wenn auch hier nationalistische Akzente, wie sie in wilhelminischer Zeit üblich waren, aufscheinen, so lehnte Lothar von Kunowski doch rassistische Einstellungen grundlegend ab, wie seine Kritik an der Rassenlehre Houston Steward

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Vorherige Seite: Abb. 1 Studierende an der Kunstakademie im April 1940

Die Akademie im Nationalsozialismus 1933–1945


Chamberlains (1855–1927) belegt.7 In der Zurückweisung rassistischer Einstellungen durch Lothar von Kunowski liegt der entscheidende Unterschied zu zeitgenössischen Positionen, wie sie z. B. Paul Schultze-Naumburg in seinen seit 1902 publizierten Kulturarbeiten oder besonders August Julius Langbehn in seiner weitverbreiteten, 1890 erschienenen Schrift Rembrandt als Erzieher vertraten. Aufgrund dieser Haltung konnte von Kunowski von Walter Kaesbach für die Abfassung einer programmatischen Schrift zur Lehre an der Kunstakademie in krisenreicher Zeit ausersehen werden. Ein Jahr nach den schweren Konflikten um die Nachfolge des im Mai 1924 verstorbenen Rektors Fritz Roeber nahm Lothar von Kunowskis nach langer Erkrankung seine Tätigkeit an der Kunstakademie Düsseldorf wieder auf. Die sich in Bezug auf die Nachfolge Roebers abspielenden Auseinandersetzungen zwischen traditionsbewussten, den Idealen wilhelminischnationalistischer Gesinnung folgenden Professoren und einer auf die Errungenschaften der »Moderne« hin ausgerichteten Künstlerschaft beschworen heftige Konflikte herauf, die wie ein Präludium zu der späteren »Säuberung« der Professorenschaft durch die Nationalsozialisten anmuten.8 Mit Kunowskis Programmschrift, die Ernst Aufseeser bibliophil ausstattete, verabschiedete sich die Kunstakademie bei traditionsbewussten Vertretern der Professorenschaft endgültig von den Reminiszenzen an die »Düsseldorfer Malerschule« und wandte sich Vorstellungen zu, wie sie sich im Zuge der Umgestaltung des Kunsthochschulwesens nach dem 1. Weltkrieg entfalteten. Die Darlegungen von Kunowskis kulminieren in dem Satz »Kunst läßt sich nicht lehren.«9 Mit dem Blick auf Kunowskis Schrift des Jahres 1929 wird die abgrundtiefe Kluft zu den Vorstellungen des ns-Regimes besonders greifbar. Der Architektur fällt die dominierende Rolle zu, Gedanken, die mit den Überzeugungen des Bauhauses in Weimar vergleichbar sind: Diesen Bund aller Künste mit der Architektur neu zu ermöglichen, ohne den Freiflug einer Phantasie zu hindern, die unbekümmert um Räume und Zeiten nach wie vor Werke hinstellt, für die Raum erst geschaffen, Zeit erst gefunden werden muss, scheint immer mehr eine Hauptaufgabe der Kunsthochschule, ja ganz bestimmend für ihre Neuverfassung zu werden.10 Die Architektur solle sich darüber hinaus von historistischen Elementen befreien und sich vor allem in den Städtebau integrieren. Monumentale Architekturen lehnt von Kunowski als »Kulissen der Ruhmredigkeit patriotischen oder bildungswütigen Wahns«11 vehement ab. Zwischen Kunst und Handwerk sieht von Kunowski »keine eigentliche Trennung mehr«, vielmehr ein »Streben zu einem unbekannten Höchsten«12. Auf dem Gebiet der Plastik sieht von Kunowski zwar die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Formen der Natur, die jedoch nicht nachgeahmt werden dürfe.13 Bezogen auf die Malerei folgt in von Kunowskis Programmschrift auf eine pathetische Hymne an die Farbe ein Lob auf den »Spieltrieb« als Impulsgeber der künstlerischen Tätigkeit, wobei es gilt, sowohl Naturerleben und Phantasie als auch die ältere Kunst einzubeziehen.14

Kunibert Bering

Von Kunowskis Vorstellungen vom »Künstlerischen Lehramt« erweisen sich als ausgesprochen zeitgemäß. Der »Zeichenlehrer« hat ausgedient – an seine Stelle tritt ein umfassend ausgebildeter Kunstpädagoge: Dessen Studium soll an der Kunstakademie auf allen künstlerischen Gebieten der Hochschule erfolgen und darüber hinaus auch die Fächer Psychologie, Philosophie und Kunstgeschichte einbeziehen.15 Lothar von Kunowski entwarf damit das Konzept einer zukunftsweisenden Kunstpädagogik, die in ihrer Grundstruktur bis heute das dazu gehörende Berufsbild strukturiert.

Die »Säuberung« der Kunstakademie: Ideologische Ausrichtung und künstlerische Produktion Bereits Anfang April 1933 lagen die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses der Gauleitung der nsdap zur Entlassung von Lehrern der Akademie vor, denen sich der stellvertretende Rektor Junghanns bedingungslos anschloss und diese dem Regierungspräsidenten am 6. April meldete.16 Die ideologische Ausrichtung und die damit unmittelbar verknüpften künstlerischen Prinzipien der Akademie erläuterte Emil Fahrenkamp, seit 1937 Rektor der Kunstakademie, am 29. April 1939 in seiner Rede zur Eröffnung des Sommersemesters: Wie in der Politik sind auch in der bildenden Kunst nunmehr alle wesensfremden Elemente und Einflüsse ganz ausgeschaltet worden. Der Zerfall der Form, der sich zum Teil bis zum Verhängnis ausgewirkt hatte, hat einem gesunden Streben nach einem einheitlichen Stil Platz gemacht. Während die Architektur früher der anderen Künste entraten zu können glaubte, hat sie heute wieder als Mutter der Künste die Führung übernommen und bedient sich mit feinem Gewissen der Geschwisterkünste […]. Bei den großen Bauvorhaben des Dritten Reiches ist der ganze Einsatz der bildenden Künste in ihrer Gesamtheit erforderlich. Die Künste […] sind auch wieder auf hervorragende Weise Diener an unserer Volksgemeinschaft und Diener des neuen Staatswesens geworden. […] Kunstschulführung ist heute mehr denn je ein Dienst am Staat […], uns allen wird durch das neue Leben im größeren Deutschland Adolf Hitlers die große Aufgabe gestellt.17 Einige paradigmatisch zusammengestellte Tätigkeiten von Angehörigen der Kunstakademie dieser Jahre vermögen zu zeigen, in welchem Maß die Zielsetzungen Fahrenkamps realisiert wurden.18 Der 1939–1944 an der Akademie tätige Architekturprofessor Rudolf Krüger baute 1939 u. a. die Adolf-Hitler-Schule in Landstuhl und die Gebietsführerschule in Annweiler.19 Der Architekt Karl Pfeiffer, 1939–1945 an der Akademie tätig, war mit urbanistischen Planungen im Auftrag des Reiches für Stadtgründungen bei Wilhelmshaven und Kiel betraut.20 Mit Gedenk- und Ehrenmälern für gefallene Soldaten sowie für getötete sa- und ss-Männer waren Künstler der Akademie in zahlreichen Städten beschäftigt.

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Abb. 3 Lothar von Kunowski, Die Kunsthochschule, Ausstattung von Ernst Aufseeser

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Abb. 4 Die Kunstakademie um 1940

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Die Maler der Kunstakademie Düsseldorf waren ebenso in die Verherrlichung des ns-Regimes verstrickt. Junghanns stellte regelmäßig im ›Haus der Deutschen Kunst‹ in München aus – einige seiner Arbeiten wurden von Hitler und Goebbels angekauft.21 Als ausgesprochen regimetreue Maler erwiesen sich auch Hans Schmitz-Wiedenbrück (1907–1944, berufen 1939) mit Themen wie Bauern im Gewitter (1939), dem Triptychon Arbeiter, Bauern und Soldaten 22 oder Leo Sebastian Humer mit Handgranatenwerfer, Ernte, Vesper, ebenfalls 1939 entstanden.23 Vergleichbar reüssierte Werner Peiner, der 1937 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, drei Jahre später ›Preußischer Staatsrat‹ und schließlich seit 1944 in der Liste der ›Unersetzlichen Künstler‹ geführt wurde.24 Auch die Malerei Heinrich von Richthofens (1889–1986, 1938 an die Akademie berufen), der mit Porträts und ausgesprochen veristischen Landschaftsschilderungen bekannt geworden war, passte hervorragend in das inzwischen gängige Konzept der Kunstakademie. 1938 wurden Josef [Sepp] Mages (1895–1977) und Josef Enseling (1886–1957) für das Fach Bildhauerei berufen. Josef Mages hatte in München u. a. bei Richard Riemerschmid studiert. Für das Berliner Olympiagelände gestaltete er 1936 die auf Fernsicht angelegte Travertingruppe [Sports-] Kameraden, zwei heroische Männergestalten, die noch heute südlich des Maifeldes stehen. Dem hier von Mages vertretenen archaisierenden Stil in der Nachfolge der Soldatendenkmäler nach dem Ersten Weltkrieg kam in der späteren ns-Zeit keine Bedeutung mehr zu.25 Josef Enseling war mit Bronzeplastiken wie der Großen Stehenden aus dem Jahre 1932 hervorgetreten, eine Plastik, die sich von den an Barlach erinnernden Skulpturen am Essener Baedeker-Haus aus dem Jahr 1925 stilistisch entfernt und einer eher klassizistischen Richtung folgt. Dieser Stil prägte Enselings Arbeiten der 30er Jahre, z. B. 1935 die Bronzeplastik einer Säerin (Essen, Margarethenhöhe). Eine hier zur Anschauung gelangende Position, wie sie auch Kolbe vertrat, war durchaus mit den Vorstellungen des ns-Regimes zu vereinbaren, so dass Enseling 1938 einen Ruf an die Kunstakademie Düsseldorf erhielt.26 Bis 1937 konnte Heinrich Nauen (1880–1940), der 1898 an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte und dort 1921 eine Professur für Malerei erhielt, lehren. Seine Malerei war der Kunst van Goghs und den Expressionisten verpflichtet – dies führte 1937 zur Präsentation seiner Werke in der Ausstellung Entartete Kunst und 1939 zu seiner Entlassung, angeblich »auf eigenen Antrag«.27 Paul Bindel (1894–1973), Professor für Malerei an der Kunstakademie seit 1920, stellte 1936 anlässlich der Olympischen Spiele in Berlin in einer repräsentativen Schau aus.28

Die ›Hermann-Göring-Meisterschule‹ in Kronenburg/Eifel Werner Peiner wohnte bereits seit den frühen 30er Jahren in Kronenburg in der Eifel, einem Dorf, das bereits im 19. Jahrhundert Maler wie Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) oder Carl Friedrich Lessing (1808–1880) angezogen hatte. Emil Fahrenkamp kaufte hier ein bäuerliches Anwesen, das er auf ›altdeutsche Art‹ einrichtete.29 1934 zogen Werner Peiner und Julius Paul Junghanns mit ihren Klassen nach Kronenburg. Der Generaldirektor der Deutschen Shell ag, für die Fahrenkamp ein wegweisendes Gebäude in Berlin

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Abb. 5 Volksparole vom 19. 6. 1938 über die Ausstellung Entartete Kunst in Düsseldorf

Abb. 7 Kronenburg, Hermann-Göring-Meisterschule, Einweihung am 9.6.1938

Die Akademie im Nationalsozialismus 1933–1945


Abb. 6 Julius Paul Junghanns in seinem Atelier in der Kunstakademie Düsseldorf

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errichtet hatte, vermittelte Peiner den entscheidenden Kontakt zu Hermann Göring, der in seiner Funktion als Ministerpräsident von Preußen die Gründung einer Landakademie in Kronenburg einleitete, aus der 1937 die Hermann-Göring-Meisterschule hervorging.30 Die Grundlage für die Trennung der Kronenburger Institution von der Kunstakademie bildeten ein Erlass Görings und das »Geistige Gesetz der Hermann-Göring-Meisterschule für Malerei«, das eine strenge Hierarchie in Anlehnung an den Begriff der Werkstatt mit den Graden des Lehrlings, Gesellen, Meisterschülers und Meisters vorsah. Voraussetzung für das Studium war der »Treueschwur auf Führer und Reich«.31 Ab 1938 arbeiteten die Ateliers der Meisterschule an zahlreichen Staatsaufträgen wie einem Gobelinzyklus der Deutschen Schicksalsschlachten für Hitlers Neue Reichskanzlei, die Allegorien der Weiblichen Tugenden für den Münchner Führerbau oder die Wandteppiche Festzüge der Planeten für Görings ›Residenz‹ Carinhall.32

2. Weltkrieg – Entnazifizierung Der Jahresbericht der Kunstakademie 1941–44 zitiert Worte des Neugründers der Akademie, Peter von Cornelius, aus der Zeit der Befreiungskriege als Durchhalteparolen im 2. Weltkrieg: »Auf denn, Du Deutsche edle Heldenjugend, neues mannhaftes Geschlecht! […] Wir werden einen freudenvollen Kampf kämpfen, und ein siegreich Panier weht uns voran. Was tut’s, wenn wir fallen? Unter Palmen haucht man jubelnd die freie Seele aus. […]«.33 Sowohl Studenten als auch Lehrende der Kunstakademie nahmen aktiv am Krieg teil. Eine Liste des Jahresberichtes der Akademie für die Jahre 1941–1944 verzeichnet 26 gefallene oder durch Fliegerangriffe getötete Angehörige der Akademie.34 Mit der Entlassung Fahrenkamps als Rektor am 3. August 1945 begannen Entnazifizierung und Wiederaufbau der Kunstakademie. Der Neubeginn war zunächst noch überschattet durch verbleibende Professoren mit ausgeprägten ns-Vergangenheit (z. B. Josef Enseling, ehemaliges »förderndes Mitglied der ss«35). Dagegen lehnte sich insbesondere die Klasse Otto Pankoks auf, der 1947 berufen worden war und wesentliche Anstöße für den Neubeginn der Akademie gab – jetzt galt die Maxime der Freiheit der Kunst, die schon Lothar von Kunowski in seiner Programmschrift des Jahres 1929 gefordert hatte.

Gegenüberliegende Seite und oben: Abb. 8, 9 Die Aula der Kunstakademie vor und nach der Zerstörung Rechts: Abb. 10 Otto Pankok, Neujahrsgruß für 1939

Kunibert Bering

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