
HANSAVIERTEL und KARL-MARX-ALLEE, Berlin
Fotografien von Bettina Cohnen
Jan Dimog und Hendrik Bohle (Herausgeber)
HANSAVIERTEL und KARL-MARX-ALLEE, Berlin
Fotografien von Bettina Cohnen
Jan Dimog und Hendrik Bohle (Herausgeber)
HANSAVIERTEL and KARL-MARX-ALLEE, Berlin
Photographs by Bettina Cohnen
Jan Dimog and Hendrik Bohle (Editors)
Hansaviertel
Inhaltsverzeichnis / Table of Contents
66
KARL-MARX-ALLEE 1 , Jan Dimog
67 KARL-MARX-ALLEE 2 , Jan Dimog
KMA 1
69
BLOCK G, FRANKFURTER ALLEE , KMA 1, Hanns Hopp 79 HOCHHAUS AN DER WEBERWIESE , Hermann Henselmann
KMA 2
89
QP-61-WOHNGEBÄUDE , Josef Kaiser (mit Klaus Deutschmann)
97 WOHNHOCHHAUS SCHILLINGSTRASSE , Josef Kaiser (mit Klaus Deutschmann)
Essay 3
111
BETTINA COHNEN UND IHR OKTETT FÜR DAS DUETT DER MODERNE
Karen Grunow
Anhang
117 Kurzbiografien
121 Architekten-Steckbriefe
128 Danksagung, Impressum
Inhaltsverzeichnis / Table of Contents
66
Karl-Marx-Allee 1 & 2
KARL-MARX-ALLEE 1 , Jan Dimog
67 KARL-MARX-ALLEE 2 , Jan Dimog
KMA 1
69
BLOCK G, FRANKFURTER ALLEE, KMA 1 , Hanns Hopp
79 HIGH-RISE ON WEBERWIESE , Hermann Henselmann
KMA 2
89
QP-61-RESIDENTIAL BUILDING , Josef Kaiser (with Klaus Deutschmann)
97 HIGH-RISE RESIDENTIAL BUILDING , SCHILLINGSTR., Josef Kaiser (with Klaus Deutschmann)
Essay 3
111
117
BETTINA COHNEN AND HER OCTET FOR DUET OF MODERNISM
Karen Grunow
Appendix
Short Biographies
121 Profiles of Architects
128 Acknowledgments, Colophon
Mit den Fotografien der Künstlerin Bettina Cohnen zeigt „Duett der Moderne“ die architektonische und menschliche Vielfalt Berlins anhand zweier ikonischer Viertel.
Jan Dimog & Hendrik Bohle Herausgeber des Ausstellungskatalogs
Es gibt Orte, die mehr erzählen, als man auf den ersten Blick sieht. Sie kommunizieren nicht nur durch ihre äußere Erscheinung, sondern vor allem durch die Menschen, die in ihnen leben und wirken. Das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee in Berlin sind solche Orte. Sie sind Bühnen, auf denen Baukunst als Sprache zweier Weltanschauungen fungierte. Diese Viertel sind Zeugen
eines architektonischen Duells, in dem sich Ost und West, Vergangenheit und Gegenwart vereinen.
Mit „Duett der Moderne“ möchten wir diese architektonischen Meisterleistungen und die Menschen, die sie bewohnen, in den Vordergrund stellen. Bettina Cohnen ist es mit ihren Fotografien gelungen, genau diese intime und oft unbemerkte Verbindung zwischen Raum und Mensch einzufangen. Ihre Arbeit zeigt uns das Leben hinter den großen Fassaden und die Geschichten des Alltags – nah und mit stiller, intensiver Kraft.
„Duett der Moderne“ führt uns durch acht ausgewählte Wohnungen im Hansaviertel und an der Karl-MarxAllee, doch wir sehen keine typischen Architekturaufnahmen. Bettina Cohnen fokussiert auf die Porträtierten, die mal präsent sind, dann wieder nur schemenhaft erkennbar. Durch die Linse ihrer analogen Kamera werden die Wohnungen zu Mikrokosmen mit kleinen, scheinbar beiläufigen Details.
„Man guckt in ein kleines Universum hinein“, erläutert sie. Das kann das Glas auf dem Tisch sein, die (Un-)Ordnung im Bücherregal, das Spiel von Licht und Schatten im Flur. Es sind diese Elemente, die das „Duett der Moderne“ zum Klingen bringen. Es sind lebendige Räume, in denen die Architektur im Alltag aufgesogen wird. Ihre Bilder verbinden Fotokunst mit Baukulturvermittlung und schaffen so einen neuen künstlerischen Kontext für die beiden ikonischen Viertel.
A GLIMPSE INTO UNIVERSES
Vorwort / Preface
With artist Bettina Cohnen’s photographs, ‘Duet of Modernism’ shows the architectural and human diversity of Berlin by means of two iconic districts.
Jan Dimog & Hendrik Bohle Publishers of the exhibition catalogue
There are places that have more to tell than meets the eye. They communicate not only through their outer appearance, but above all through the people that live and work in them. In Berlin, the Hansaviertel neighbourhood and Karl-Marx-Allee are two such places. They are stages on which architecture has acted as a language of two worldviews. These neighbourhoods have borne witness to an architectural duel in which East and West, past and future are joined together.
With Duet of Modernism, we want to place these architectural masterworks and the people who live in them front and centre. With her photography, Bettina Cohnen succeeded in capturing exactly this intimate and often unremarked-upon relationship between place and person. Her work shows us the life behind the great façades and the history of the everyday – close-up and with a quiet, intense power.
Duet of Modernism leads us through eight chosen flats in the Hansaviertel and on Karl-Marx-Allee, but these are no typical architectural photographs we are seeing. Bettina Cohnen focusses on portraits that are sometimes present, other times only vaguely recognisable. Through the lens of her analogue camera, the flats become microcosms, with small, seemingly casual details.
‘One looks into a tiny universe’, she explains. That can mean the glass on the table, the (dis)organisation of the bookcase, the play of light and shadow in the hallway. Duet of Modernism makes these elements sing. They are living spaces, in which architecture is absorbed into the everyday. Her pictures combine art photography with architectural education, thereby creating a new artistic context for both iconic neighbourhoods.
‘It is quite an intimate situation’, Bettina Cohnen says of her photography in the private spaces and the act of rendering these retreats visible. What could be more authentic than the moment in which a person moves about
„Es ist eine ganz schön intime Situation“, beschreibt Bettina Cohnen das Fotografieren in den privaten Räumen und das Sichtbarmachen dieser Rückzugsorte. Was könnte authentischer sein als der Moment, in dem der Mensch sich frei in seinem Raum bewegt? Diese Authentizität und Realität, diese Intensität und Intimität faszinieren uns als Kuratoren und Herausgeber.
„Duett der Moderne“ ist eine Zeitreise und gleichzeitig ein Blick in unsere Gegenwart. Was als Konflikt zweier Systeme begann – zwischen Ost und West –, ist heute ein gemeinsamer Lebensraum. Die Karl-Marx-Allee mit ihrer Monumentalität und ihren imposanten Wohnhäusern steht für sozialistische Baukultur, das Hansaviertel für die westliche Auffassung von urbanem Wohnen. Wir möchten dazu beitragen, diese beiden Berliner Viertel in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit, in ihrem baukulturellen Wert und ihrer Bedeutung für Berlin sichtbar zu machen. Beide Viertel sind Ausdruck der Suche nach gutem und bezahlbarem Wohnraum, einem Grundgedanken, der das Bauwesen der Nachkriegsmoderne in Ostwie in Westdeutschland prägte.
Bettina Cohnen vereint in ihren Aufnahmen Ost und West sowie Fotoessay und Fotokunst. Wir danken ihr für ihre beharrliche Arbeit mit ihrer besonderen Beobachtungsgabe. Dank auch an Dr. Christoph Rauhut, Dr. Ursula Kleefisch-Jobst und Karen Grunow für ihre gehaltvollen Textbeiträge. Ihre Arbeit kennen und schätzen wir seit vielen Jahren. In Nordrhein-Westfalen haben wir im
Zuge unserer Wanderausstellung „Gesamtkunstwerke“ eng mit Frau Dr. Kleefisch-Jobst zusammengearbeitet, in Berlin zur temporären Ausstellung „Leben im Denkmal“ mit Herrn Dr. Rauhut.
Und schließlich danken wir den Bewohnerinnen und Bewohnern. Ohne ihre Offenheit wären Ausstellung und Buch, wäre der Blick in die Mikrokosmen nicht möglich gewesen.
7
Vorwort / Preface
freely in their own space? This authenticity and reality, this intensity and intimacy fascinate us as curators and publishers.
Duet of Modernism is a journey in time and at once a glimpse into our present time. What began as a conflict between two systems, between East and West, has today become a common living space. Karl-Marx-Allee, with its monumentality and imposing buildings stands for socialist architecture, Hansaviertel for a Western conception of urban living. As our contribution, we wish to increase the visibility of both Berlin neighbourhoods, in all their diversity and contradictions, in their architectural value and their meaning for Berlin. Both neighbourhoods are expressions of the search for good and affordable housing, a basic idea that characterises construction of the post-war modern period in East Germany as well as West.
In her photographs, Bettina Cohnen unites East and West as well as photo essay and photographic art. We thank her for her unceasing work and her keen powers of observation. Thanks also to Dr. Christoph Rauhut, Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, and Karen Grunow for their substantial contributions to the text. We have known and appreciated their work for many years. In North Rhine-Westphalia, we worked closely together with Dr. Kleefisch-Jobst during our traveling exhibition Gesamtkunstwerke, and in Berlin, with Dr. Rauhut on the temporary exhibition Leben im Denkmal. Last but not
least, we thank the residents. Without your openness, neither the exhibition, nor the book, nor this glimpse into the microcosm would be possible.
Der Architekt
Arne Jacobsen
Die Architektur
Die Atriumhäuser von Arne Jacobsen zeigten dem Interbau-Publikum die Interpretation eines modernen Hauses durch einen dänischen Architekten. Die Reihenhäuser sind ein einschneidendes Kapitel in Jacobsens Laufbahn, der schon lange in Deutschland bauen wollte. Im Anschluss konnte er in Deutschland die meisten Werke außerhalb Dänemarks realisieren, alle mit seinem kongenialen Büropartner Otto Weitling. In Berlin waren Jacobsens Reihenhäuser Beispiele für Modernität, Fortschritt und komfortables Leben. Die Häuser wurden unter Verwendung von Siporex-Leichtkonstruktionsplatten in kurzer Zeit fertiggestellt. Die Außenwände bestehen aus farbigen Platten mit Fensterscheiben, blauen Türen und olivgrünen Furnierholzplatten. Aluminiumbänder zwischen den Platten betonen den Rhythmus und den Charakter der Konstruktion, die aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist. Drei der Häuser sind um einen grünen Innenhof angeordnet. Das östlichste Haus ist aufgrund der Straßenbiegung und der Garage kleiner. Das Ausstellungshaus auf der Interbau stattete Jacobsen mit einer Kollektion an Möbeln aus, die er selbst entwickelt hatte, darunter die berühmten Stühle der Serie 7, die Ameise und die AJ-Lampe – gemäß seiner Vorstellung, dass Architektur stets ein Gesamtkunstwerk sein sollte. (JD)
44
ATRIUMHÄUSER / ATRIUM HOUSES , Hansaviertel
The Architect
Arne Jacobsen
Architecture
Arne Jacobsen’s atrium houses showed the audience at Interbau a Danish architect’s interpretation of a modern residence. The row houses are a crucial chapter in the career of Jacobsen, who had wanted to build in Germany for a long time. He was then able to realise most of his work outside of Denmark in Germany, all with his sympathetic office partner Otto Weitling. In Berlin, Jacobsen’s row houses were examples of modernity, progress, and a comfortable life. The houses were completed in a short amount of time with the use of lightweight Siporex construction boards. The outer walls are made of colourful boards with windowpanes, blue doors, and olive-green plywood panels. Aluminium bands between the boards emphasise the rhythm and character of the construction that is composed of many parts. Three of the buildings are arranged around a green interior courtyard. The easternmost building is smaller, due to the curve of the street and the garage. Jacobsen furnished the exhibition building for Interbau with a collection of furniture that he had designed himself, including the famous Series 7 and Ant chairs and the AJ lamp – according to his vision that architecture should always be a Gesamtkunstwerk. (JD)
45–54
Paul Schneider-Esleben
MULTI-FAMILY RESIDENCES
Paul Schneider-Esleben
Der Architekt
Hanns Hopp
Die Architektur Kolonnadenreihen, Erker, Arkadentreppen: der Block G ist ein üppig gestalteter Komplex an der Frankfurter Allee. Bei Erscheinungsbild und Gliederung der Anlage orientierte sich Hanns Hopp an den Regeln klassizistischer Baukunst und barocker Palastarchitektur. Es gibt Säulengänge, Balustraden, Portiken, reichhaltig geschmückte Fassaden und eine Piazza. Hanns Hopp hatte bereits eine lange architektonische Laufbahn vor allem in Königsberg (heute Kaliningrad) hinter sich, als er mit dem Bau beauftragt wurde. Zuvor hatte ihn Hans Scharoun ins Institut für Bauwesen der Berliner Akademie der Wissenschaften berufen, wo Hopp zum Direktor der Abteilung Hochbau am Institut für Hochbau und Städtebau aufgestiegen war. Die Grundlage für die Bebauung der Stalinallee bildete der Plan von Egon Hartmann, Richard Paulick, Karl Souradny, Kurt W. Leucht und Hanns Hopp. Das Baumaterial stammte zu 70 Prozent aus Kriegstrümmern. Die modern ausgestatteten Wohnungen gingen mehrheitlich an „Trümmerfrauen“, Bauarbeiter und Aufbauhelfer. Angestellte und Akademiker zogen in die restlichen Apartments ein. Fast 2.800 Wohnungen wurden gebaut, eingebettet in schlossartige Ensembles wie den Block G. (JD)
78
BLOCK G, FRANKFURTER ALLEE , KMA 1
The Architect
Hanns Hopp
The Architecture
Rows of columns, bay windows, arcade stairwells: Block G is a lushly designed complex in Frankfurter Allee. In both the appearance and the structure of the complex, Hanns Hopp hewed to the rules of classical architecture and baroque palace architecture. There are colonnades, balustrades, porticos, richly decorated façades, and a piazza. Hanns Hopp already had a long architectural career behind him, especially in Königsberg (present-day Kaliningrad), when he was commissioned for this work. Before this, Hans Scharoun had called on him to work in the Institut für Bauwesen (Institute for Civil Engineering) at the Berliner Akademie der Wissenschaften (Berlin Academy of Sciences), and he had risen to the role of director of the building construction department at the Institute for Building Construction and Urban Planning in Berlin. The plan by Egon Hartmann, Richard Paulick, Karl Souradny, Kurt W. Leucht, and Hanns Hopp created the foundations for the rebuilding of Stalinallee. Seventy per cent of the building materials came from the rubble of war. The flats, furnished in a modern style, mostly went to the ‘rubble women’, construction workers, and their helpers. Employees and academics moved into the rest of the apartments. Nearly 2,800 flats were built, embedded in castle-like ensembles such as Block G. (JD)
HOCHHAUS AN DER WEBERWIESE
Hermann Henselmann
HIGH-RISE ON WEBERWIESE