Rudolf Levy

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Gruppenbild der Mitglieder des Pariser Ateliers Henri Matisse (Académie Matisse), 1909. Im Zentrum dieser berühmten Fotografie sitzt Meister Matisse auf einem Hocker. Links daneben steht Rudolf Levy mit Nadelstreifenanzug und Krawatte. In der hintersten Reihe (3. v. l.) sieht man Hans Purrmann.

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Rudolf Levy auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn: Gruppenfoto zu seinem 50. Geburtstag am 15. Juli 1925 in der Düsseldorfer Galerie Flechtheim. Rudolf Levy (hintere Reihe, Mitte) wurde mit einem Pfeil markiert, links neben ihm steht der Galerist Alfred Flechtheim.

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Paris, das Café du Dôme und die Académie Matisse Der Kunsthändler Wilhelm Uhde und die Künstler Walter Bondy, Rudolf Levy und Jules Pascin (v. l. n. r.) im Café du Dôme, Paris, um 1906, unbekannter Fotograf, München, Hans Purrmann Archiv

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Werke der Jahre 1904 – 1914 LEVY_Katalog_328 s_final.indd 41

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K AT 3 3

KNABE MIT M ASKE, 1927 Öl auf Leinwand, 73 × 59,5 cm MUSEUM PFALZGALERIE K AISERSLAUTERN, INV.-NR. PFG 63/6   W VZ-NR. 113

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K AT 3 5

PARKW EG AM SEE, 1930 Öl auf Pappe, 72 × 92 cm MUSEUM PFALZGALERIE K AISERSLAUTERN, INV.-NR. PFG 62/3   W VZ-NR. 143

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K AT 37

SELBSTBILDNIS I, 1931/32 Kohle auf Papier, 56,2 × 44,4 cm MUSEUM PFALZGALERIE K AISERSLAUTERN, INV.-NR. PFG 54/39   W VZ-NR. 157

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Genia Levy und Heinz Battke Strategien der Re-Kanonisierung von Rudolf Levy nach 1945 in Westdeutschland

Sören Fischer

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A BB . 1 : Raumaufnahme der Wanderausstellung für Rudolf Levy, Städtische Galerie Lenbachhaus, München, 1954

Archiv der Städtischen Galerie

Links neben der Tür hängt Levys letztes Selbstbildnis von 1943, das 1954 vom Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern erworben wurde.

I. Erste Schritte zur Gedächtnisausstellung

Schauspielerei hauptsächlich als Fotografin tätig war, vermählte

Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933

sich am 25. August 1937 in zweiter Ehe mit Heinrich Koppold

endete für Rudolf Levy eine mehr als 30-jährige Karriere.1

(1896–1961), einem früheren Bekannten Rudolf Levys.4

Vielfach waren seine Werke bis dahin auf Ausstellungen in Paris

Eine der fundamentalsten Erschütterungen musste Levy

und in Deutschland ausgestellt worden, renommierte Museen

mit der Entfernung seiner Werke aus den öffentlichen Samm-

besaßen seine Gemälde. In den ersten drei Jahrzehnten des

lungen ertragen. 5 Sie wurden Opfer der nationalsozialistischen

20. Jahrhunderts war Levy fest im Kanon der zeitgenössischen

Aktion „Entartete Kunst“, die zu einem Verlust von vielen

Kunst etabliert, auch wenn seine Bilder, wie sein Künstlerfreund

Tausenden Kunstwerken in deutschen Museen führte. Für die

Friedrich Ahlers-Hestermann 1955 rückblickend schrieb, „in ihrer

Wiedereinführung von Levy in den Kunstbetrieb nach 1945

noblen künstlerischen Haltung niemals irgendwie ‚sensationell‘

stellte sich dieser Verlust als größtes Hindernis dar.

gewesen“2 sind.

Ausgehend von Genia Levy begannen daher nach 1945

Levy emigrierte 1933 und ließ alles zurück — auch seine

intensive Bemühungen, die darauf abzielten, das Werk von

Frau Eugenie (Genia) Levy (1894–1953), die, weil sie keine Jüdin

Rudolf Levy nach seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten

war, nicht im Fadenkreuz der Rassenideologie stand. 1936 ließ

wieder in den Kanon der Gegenwartskunst einzuführen. Auf

sich das Paar einvernehmlich scheiden — vermutlich auch, um

Basis umfangreicher Archivrecherchen kann der vorliegende

Genia im Deutschen Reich vor beruflichen Benachteiligungen

Aufsatz erstmals skizzieren, wie die Bilder von Rudolf Levy nach

und Diffamierungen zu schützen; ein Schicksal, das infolge der

dem Krieg erneut ihr Publikum fanden. Wie aber gelang es, einen

antisemitischen Nürnberger Rassengesetze viele der sogenannten

ehemals als „entartet“ verfemten und im Holocaust getöteten

Mischehen traf. Genia, die seit den 1920er-Jahren neben der

jüdischen Künstler wieder in der öffentlichen Wahrnehmung

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Ende der 1940er-Jahre reifte auch in Genia die Überzeugung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um das Werk ihres verstorbenen Mannes wieder vor das Publikum zu bringen. Derweil war im November 1950 in Florenz unter Mithilfe von Heinz Battke und seiner 15 Bilder zählenden Privatsammlung10 schon die zweite Levy-Ausstellung nach dem Krieg eröffnet worden, — in Deutschland ließ eine vergleichbare Ehrung des Künstlers aber leider weiterhin auf sich warten.11 Im August 1950 fand Genia in einem Brief an Battke die folgenden Worte über die angestrebte Re-Kanonisierung Rudolfs: „Er liebte das Leben auch noch in der schwersten Zeit in seiner Malerei und hat die Hoffnung nie aufgegeben. Dass er die Wendung [den Sieg über Nazi-Deutschland] nicht mehr hat erleben dürfen, dass die Schmach, die man ihm antat, nicht wieder gut gemacht werden konnte, das ist mein steter, stiller Kummer. Ja, Rudolf Levy ist tot, aber in seinen Bildern muss er wieder neu erstehen und A BB . 2: Eugenie (Genia) Levy

München, um 1919

unbekannter Fotograf Archiv Susanne Thesing

man soll und wird in Achtung seine Person als Maler anerkennen müssen. Und dazu müssen sie mir helfen.“12 Für Genia stand außer Frage, dass „Rudolf seinen Platz innerhalb der deutschen Kunst erhalten muss“13. Im Kern ging es darum, Levys Werk dem Vergessen zu entreißen und ihn

zu verankern, seine Bilder durch Ausstellungen und Veröffent-

gleichrangig neben andere Vertreter der Klassischen Moderne

lichungen wieder in die Mitte der Gesellschaft zu bringen?

zu stellen; und auch zu einer Zeit, als sie krankheitsbedingt

Im Zentrum dieser Bemühungen um Rudolf Levy standen

geschwächt war, verlor Genia nicht ihren Optimismus: „Ich

Genia Levy sowie ihr Mitstreiter Heinz Battke (1900–1966), der im

werde es nicht mehr erleben, dass man den Künstler aus der

italienischen Exil Freundschaft mit Rudolf geschlossen und ihm

Vergessenheit hervorhebt […], aber dass es einmal geschehen

durch das Ankaufen von Bildern finanziell und moralisch geholfen

wird, davon bin ich felsenfest überzeugt. Und ob Erfolg oder

hatte.6 Battke und Genia Levy unterhielten einen intensiven

nicht Erfolg, ich setze meine Arbeiten beharrlich fort und bin von

Briefwechsel. Unterstützt wurden sie von Heinrich Koppold, von

meiner Aufgabe und [meinen] Pflichten überzeugt, die kategorisch

verschiedenen Museumsdirektoren, von der Frankfurter Galeristin

befehlen, das Lebenswerk des Malers Rudolf Levy zu einer

Hanna Bekker vom Rath, von Gustav Friedrich Hartlaub (Kunst-

Gesamtschau zusammenzufassen und damit zu erhalten.“14

verein Heidelberg) sowie von weiteren künstlerischen Wegversehen zu haben, war eine der großen Lebensleistungen Genias.

Zusammenstellung einer Privatsammlung mit Werken von Rudolf Levy

Rudolf war die Liebe ihres Lebens. 1952 schrieb sie an Battke:

Genia Levy und Heinz Battke waren sich einig: Da die deutschen

„Dass Rudolf hat sterben müssen, ist die bitterste Tatsache meines

Museen keine Levy-Bilder mehr besaßen, war die Schaffung

Lebens, aber als Künstler wird er durch Sie und meine Mithilfe

einer repräsentativen Privatsammlung die wichtigste Voraus-

weiterleben.“7

setzung zukünftiger Unternehmungen. Den Grundstock von

gefährten. Dieses Levy-Netzwerk aufgebaut und mit einer Mission

Zum Levy-Netzwerk jener Jahre zählte auch die junge

Genias Sammlung bildete der Nachlass von Rudolf, der nach seiner

Kunsthistorikerin Leonie von Wilckens (1921–1997). Nachdem

Deportation von Battke in Florenz gesichert werden konnte.

schon 1946 eine Levy-Ausstellung in Florenz gezeigt werden

Es handelte sich um eine wertvolle Kollektion aus „31 Ölbildern

konnte, war sie es, die sich nach dem Krieg erstmals in Deutsch-

und 21 Zeichnungen und Aquarellen“15. Anfang 1950 wurden diese

land wieder wissenschaftlich mit seinem Werk auseinander-

Werke an Genia geliefert. Mitgesendet wurde auch das letzte von

setzte. Ihr 1949 erschienener Aufsatz über Levys Malerei bildete

Levy gemalte Selbstbildnis aus dem Jahr 1943 (Museum Pfalz-

den Auftakt für die vielstimmige Rezeption der kommenden Jahre.

galerie Kaiserslautern, KAT 75, S. 253), sowie die Palette des

Als besonders charakterstark hob von Wilckens die Florentiner

Künstlers, die leider als verschollen gilt.

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Werkphase hervor, lobte das Kolorit und die Lebendigkeit

Ihre Sammlung ergänzte Genia durch Zukäufe. Dem befreun-

der Bilder: „Die Arbeiten der italienischen Jahre sind wirklich

deten Maler Hans Purrmann teilte sie im März 1950 mit:16 „Ich bin

der Höhepunkt in seinem Lebenswerk. In Landschaft, Bildnis

zur Zeit damit beschäftigt, Bilder, die irgendwo in der Welt zer-

und Stillleben ist er hier zu einer Vollendung gelangt, wie sie in

streut sind, zu ermitteln und mit gutem Zureden in meinen Besitz zu

ihrer Einfachheit und inneren Fülle, in ihrer farbigen Schönheit

bekommen.“17 Von Vorteil war, dass ihr durch die gemeinsame Zeit in

und Leuchtkraft nur nach einer langen künstlerischen Lauf-

Berlin ab 1919 viele Sammler bekannt waren. Genia nahm damit eine

bahn, erfüllt von reichem Erleben und intensiver Arbeit möglich

teils detektivische Aufgabe auf sich, die neben finanziellen Mitteln

werden konnte.“

auch die Fähigkeit erforderte, Rückschläge ertragen zu können.

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A BB . 3 & 4: Katalog zur Wanderausstellung 1954–56, Umschlagvorderseite und Widmungsseite

Neu-Ausstattung von deutschen Museen mit Levy-Bildern

Gedächtnisausstellung und Katalog

Es ist maßgeblich Heinz Battke zu verdanken, dass die deutschen

dies waren die Hauptziele von Genia Levy. Das Buch sollte die

Museen in den 1950er-Jahren wieder Zugang zu Levy-Bildern

ganze Breite von Levys Schaffen abbilden und bereichert werden

erhielten. Für die Rehabilitierung eines jüdischen Künstlers in

durch Erlebnisberichte von Freunden. 1949 hatte Genia be-

der Wirtschaftswunderzeit war diese konzise Strategie ebenso

gonnen, verschiedene Persönlichkeiten anzuschreiben, um sie

programmatisch wie singulär. Die Verbreitung der Bilder sollte

für einen Textbeitrag zu gewinnen. Zeitgleich zu diesem

Levy neu etablieren, sowohl im Bewusstsein der Museums-

Buchprojekt hatte sie für Herbst 1950 ein großes Levy-Aus-

besucher und Museumsmitarbeiter als auch ganz generell im

stellungsprojekt angekündigt. Gefeiert werden sollte so der

Kanon des 20. Jahrhunderts. Daher sprach sich Battke auch

75. Geburtstag des Künstlers: „Jetzt aber, wo ich im Herbst eine

dagegen aus, Bilder an Privatsammlungen zu verkaufen oder sie

Ausstellung in München in Vorbereitung habe, muss ich alles

gar zu versteigern. Ihm vor allem war daran gelegen, die Bilder in

Material zusammentragen, denn ich will nicht nur den Künstler,

öffentliches Eigentum zu überführen: „[…] ich trachte uns jeden

sondern auch den Menschen zu Wort kommen lassen.“20 Ihre

Strich von Rudolf zu erhalten — respektive ihn würdig, sicher und

Bemühungen fruchteten: In kurzer Folge berichteten ab Juli 1950

gut (d.h. in breiter Öffentlichkeit wirkend) zu placieren.“18 Dieser

die Neue Zeitung, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter

Maxime sah er sich auch noch einige Jahre später verpflichtet.

Allgemeine Zeitung und Die Zeit über die für Herbst 1950

Im September 1954 teilte Battke Museumsdirektor Carl Maria

anvisierte Levy-Ausstellung, bis zu deren Realisierung dann

Kiesel in Kaiserslautern mit: „Machen wir uns auch klar, daß jedes

allerdings noch vier Jahre ins Land gingen.

Eine retrospektive Gedächtnisausstellung und ein Katalog:

der erwerbenden Museen daran interessiert ist, ‚sein‘ Werk in

Es war das erste Mal seit 1933, dass Rudolf Levy der

nicht gar zu ferner Zeit zu erhalten und vor allem: daß wir im

Öffentlichkeit wieder als wichtiger Repräsentant der Moderne

Interesse Rudolf Levys den bedeutenderen Museen (eben etwa

vorgestellt wurde. Die Beiträge bemühten sich um eine würdi-

Mannheim und Frankfurt) die Vorwahl lassen sollten, so sehr die

gende kunsthistorische Verortung seines Schaffens und betonten

von Herrn Koppold und mir bezeichneten 37 Bilder auch bereits

seine Einbindung in den Kreis um Henri Matisse und das Café

Elitencharakter haben.“

du Dôme: „Die Maler sammelten sich um Matisse, der in einem

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Motiviert werden sollten die Museen durch niedrige

ehemaligen Klostersaal ihre Arbeiten korrigierte. Das war der

Verkaufspreise. Diese Strategie war erfolgreich: Während der

Anfang der Matisse-Schule, die zuerst fast allein aus Deutschen

von 1954 bis 1956 stattfindenden großen Wanderausstellung

bestand. Levy gehörte zum engen Kreis um Matisse und hat

(Gedächtnisausstellung) durch 15 deutsche Städte gelangten erst-

später eine Weile auch die Schule geleitet.“21

mals wieder Levy-Bilder in die Sammlungen deutscher Museen, so beispielsweise in die Staatsgalerie Stuttgart, die Kunsthalle

Erste Ausstellungsbeteiligungen

Karlsruhe, das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern und die

Seit 1950 fanden Rudolf Levys Werke erstmals wieder Eingang in

Kunsthalle Mannheim.

Sonderausstellungen. Gezeigt wurden seine Arbeiten unter anderem in den Ausstellungen „Ostdeutsche Bildkunst“ (1950) und „Europäische Landschaftsmalerei“ (1952). 22 Das Publikum in

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