GRAND TOUR XXL
Der Reisekünstler Emel’jan Korneev
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GRAND TOUR XXL
Der Reisekünstler Emel’jan Korneev Herausgegeben von Nico Kirchberger für das Münchner Stadtmuseum
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6 Vor wor t Frauke von der Haar
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Zwischen den Weiten der Welt und den Engen der Gesellschaf t Das mobile Künstlerleben des Emel’jan Korneev Anna Ananieva
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Vom Russen und Tat ar en (K at.-Nr. 1–10) Darstellungen russischer Volkstrachten nach Emel’jan Korneev in Les Peuples de la Russie Viktoria Cordts
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Von Russland nach Hellas (K at-Nr. 11–26) Emel’jan Korneevs Expedition durch Griechenland Susanne Glasl
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Gr and Tour und darüber hinaus Standortbestimmung des »Reisekünstlers« Emel’jan Korneev Nico Kirchberger
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Kor neev in It alien (K at.-Nr. 27–71) Nico Kirchberger
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»Tag und Nacht r eisefer tig, wenn es nach It alien ging« (K at.-Nr. 72– 86) Münchner Künstler auf dem Weg nach Italien Peter Prange
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Emel’jan Kor neev – Kur zbiog r af ie Susanne Glasl
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The Expedition Ar tis t Emel’ian Kor neev – Eng lish Summar y Nico Kirchberger
218 Liter atur ver zeichnis
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224 Impr essum
Bildnachweis · Dank sagung
VORWORT
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Der Ausbruch der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen haben uns in den zurückliegenden Monaten schmerzhaft gezeigt, was wir entbehren, wenn das Reisen nicht mehr selbstverständlicher Teil unseres Lebens ist. Die Sehnsucht nach fernen Ländern ist spürbar gewachsen. Auch vor 200 Jahren war das Reisen nur eingeschränkt möglich, wenngleich aus komplett anderen Gründen. In der Zeit um 1800 machten sich Reisende auf den Weg, um die entlegensten Winkel der Erde systematisch zu erforschen und zu kartografieren. Auch, um all denjenigen, die nicht das Privileg oder den Mut hatten zu reisen, die Welt bildlich nach Hause bringen zu können. Das russische Zarenreich zu durchqueren, weiter in das osmanisch besetzte Griechenland und nach Kleinasien zu ziehen und zudem noch Italien zu bereisen, war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine abenteuerliche Herausforderung. Von einer Weltumsegelung mit Stationen unter anderem in Brasilien, Hawaii, Alaska und Australien ganz zu schweigen. Bei solch herausfordernden Expeditionen liegt der Gedanke an Alexander von Humboldt nahe, doch in der vorliegenden Publikation stehen die Touren des russischen Künstlers Emel’jan Michaj lovič Korneev im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Kunstwerke, die Korneev auf diesen Reisen angefertigt hat, sind von ausgezeichneter Qualität. Dass also diesem Künstler und seinen spannenden Werken eine Ausstellung gewidmet wird, ist ohne Frage gerechtfertigt. Warum aber findet diese Ausstellung im Münchner Stadtmuseum statt?
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Seit nunmehr 95 Jahren befindet sich ein Konvolut von über fünfzig Zeichnungen, die während Kor neevs Reise durch Italien im Jahr 1805 entstanden sind, im Bestand der grafischen Sammlung des Museums. Das Konvolut gelangte 1926 als Ankauf aus der Kunsthandlung Paul Klostermann ans Münchner Stadtmuseum. Zudem befinden sich sieben Aquarelle seiner Expedition durch Russland in der Sammlung der Von Parish Kostümbibliothek, die seit fünfzig Jahren Teil des Münchner Stadtmuseums ist. Während Zeichnungen der griechischen Reise Korneevs, die sich heute im Deutschen Archäologischen Institut Berlin befinden, schon 1964 im Folkwang Museum Essen ausgestellt worden sind, standen eine wissenschaftliche Erschließung, eine Präsentation und eine erstmalige Publikation des Bestandes des Münchner Stadtmuseums noch aus. Mit Ausstellung und Katalog ist es nun gelungen, Korneevs bedeutendes Œuvre umfassender zu präsentieren und seine Arbeiten zu griechischen und russischen Reiseabschnitten mit seinen italienischen Werken in einen Gesamtkontext zu bringen. Das Münchner Stadtmuseum stellt damit einen bedeutenden Künstler vor, dessen Werk in der westlichen Welt wenig bekannt ist und im besten Sinne eine Entdeckung darstellt. Es eröffnet Besucherinnen und Besuchern neue Sichtweisen auf ferne Welten und ermöglicht der internationalen Forschungsgemeinde einen Zugang zu einer interessanten Künstlerpersönlichkeit des 19. Jahrhunderts.
Für die Bearbeitung der Sammlung sowie die Planung und Umsetzung von Ausstellung und Katalog gilt mein besonderer Dank dem Sammlungsleiter Grafik und Gemälde des Münchner Stadtmuseums, Dr. Nico Kirchberger, der für uns einen Schatz gehoben und gemeinsam mit seiner Sammlungsmitarbeiterin Susanne Glasl in der vorliegenden Publikation grundsätzliche Forschungsarbeit geleistet hat. Ich bedanke mich für den fundamentalen Forschungsbeitrag von Dr. Anna Ananieva, die weit mehr als einen Aufsatz beigesteuert hat. Mit ihren Recherchen hat sie auch für die russische Forschung wesentliche neue Aspekte zutage bringen können. Auch Viktoria Cordts und Dr. Peter Prange sei für ihre hervorragenden wissenschaftlichen Beiträge in der vorliegenden Publikation gedankt.
Mein großer Dank geht abschließend an das gesamte Team des Münchner Stadtmuseums, das mit viel Leidenschaft und Kreativität die Umsetzung von Ausstellung und Katalog vorangetrieben hat.
D r. F r a u ke v o n d e r H a a r Direktorin Münchner Stadtmuseum
Dass diese Forschungsbeiträge öffentlich werden, verdankt das Münchner Stadtmuseum der großzügigen Förderung durch die Tavolozza Foundation, die die Katalogpublikation finanziell unterstützt hat. Dem Deutschen Kunstverlag in Person von Dr. Imke Wartenberg und Dr. Anja Weisenseel danken wir für die wunderbare Kooperation, Dr. Andrea Schaller für das aufmerksame Lektorat und dem Gestalter des Kataloges, Edgar Endl, für die einfühlsame und angemessene Präsentation des hier vorgestellten Künstlers. Ein großer Dank geht selbstverständlich an unseren Leihgeber, das Deutsche Archäologische Institut in Berlin. Wir danken seiner Präsidentin Prof. Dr. Dr. h. c. Friedrike Fless, dem Generalsekretär Dr. Philipp von Rummel sowie Martina Düntzer für die wichtige Unterstützung.
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ZWISCHEN DEN WEITEN D E R W E LT U N D D E N ENGEN DER GESELLSCHAFT
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Anna Ananieva
Da s mob ile Küns tle rle b e n d es E mel ’ja n Ko r n eev
Einer der am weitesten gereisten Künstler des 19. Jahrhunderts, der russische Maler Emel’jan Korneev,1 hinterließ ein umfangreiches und in seiner Motivvielfalt faszinierendes Werk. Der geografische Reichtum der Landschaftsbilder und die farbenfrohe Lebendigkeit der Porträts beeindrucken noch heute. Die mehrjährigen Reisen Kor neevs nahmen fast ausnahmslos ihren Ausgang in St. Petersburg, der Hauptstadt des russischen Imperiums, das zu Lebzeiten des Künstlers an Preußen und Österreich im Westen grenzte und sich in östlicher Richtung bis nach Alaska erstreckte. Der berufliche Weg des akademisch ausgebildeten Malers, dessen Vorfahren aus der heutigen Ukraine stammten, führte Korneev an die äußeren Grenzen des Zarenreichs und weit darüber hinaus, in die Gewässer und an die Küsten des Pazifik und Atlantik. Damit beteiligte sich Korneev unmittelbar an der Vermessung der immer größer werdenden, »modernen« Welt. Indem er zeichnend unterwegs war, wirkte Korneev an der Visualisierung ihrer Räume und Bewohner nachhaltig und folgenreich mit.2 Die erste große Reise führte den Maler über das mittlere Russland, das tatarische Kazan an der Wolga, Orenburg im Ural, das sibirische Tobolsk (Abb. 1) und an die russisch-chinesische Grenze in Kjachta und Măimàichéng. Danach, auf den sibirischen Flüssen Irtysch und Ob unterwegs, erreichte Korneev die arktische Küste Russlands. Das Nördliche Eismeer stellte jedoch nur eine Zwischenstation auf der Route quer durch Russland dar. Sein Reiseweg führte weiter an die südliche Grenze des Imperiums, über Astrachan, in den Kaukasus und auf die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer. Daran anschließende Aufenthalte zuerst in Istanbul und ◂ Die Ebene von Caserta (Detail aus Kat. 38)
dann in Athen lagen auf seinem Weg zu den Ionischen Inseln und nach Korfu, das zu dieser Zeit unter russischem Protektorat stand. Auf einer weiteren, noch ausgedehnteren Dienstreise überquerte Korneev die Gewässer der Weltmeere. Diese Expedition hatte den Nordpol als ihr Ziel. Der Weg in das Arktische Meer führte den Maler an Bord des russischen Segelschiffes Otkrytie (dt. Entdeckung) über Kopenhagen, Portsmouth, Rio de Janeiro und Sydney nach Kamtschatka, vorbei an den Aleuten und Alaska und schließlich durch die Beringstraße bis an die Eisdecke der Arktis. Zwischen den risikoreichen Erkundungen in der Polarregion dienten die freundlichen Häfen von Kalifornien und Hawaii als Winterquartiere für die Nordpolreisenden und als Zwischenstationen auf der Rückreise nach St. Petersburg. Nachdem Emel’jan Korneev diese großen explorativen Unternehmungen absolviert hatte, konnte er auf insgesamt sechs Jahre zurückblicken, die er ausschließlich unterwegs – auf Landwegen und Flussstraßen, auf Meeren und Ozeanen – als Reisemaler im Auftrag der Kaiserlichen Akademie der Künste verbracht hatte. Zwischen diesen Großexpeditionen lag zeitlich eine weitere Reise, die sich in ihrem Charakter und ihrer Dauer von den Herausforderungen der Weltreisen deutlich unterschied und Korneev nach Italien, dem Sehnsuchtsland der Künstler dieser Zeit, führte.
Italienische Ansichten aus dem Jahr 1805 Im März 1805 war der erste große Dienstauftrag Korneevs als Reisemaler beendet, als er sich von Korfu kommend in Triest einschiffte. Von dort hätte 11
Abb. 1
Emel’jan Korneev, Hochwasser bei Tobolsk an der Mündung der Flüsse Tobol und Irtysch, 1810–1812, Aquarell, Tusche, Feder, 167 × 212 mm, Moskau, Staatliches Historisches Museum (GIM), Inv. И II 4452
der Rückweg wie bei den anderen Expeditionsteilnehmern über Wien zurück nach St. Petersburg geführt. Der Künstler blieb jedoch im Süden Europas, überquerte die Adria und begab sich auf italienischen Boden. Dort entstanden die Ansichten seiner »Italienischen Reise«, die während des Aufenthalts in Neapel, bei den Ausflügen in die malerischen Gegenden des Neapolitanischen Königreichs und bei einem Abstecher nach Tivoli in der Nähe von Rom von Korneev gezeichnet wurden. Im Zeitraum von Juni bis September 1805 führte Korneev eine Reihe von Landschaftsstudien aus, von denen sich 54 Blätter in der Grafischen Sammlung des Münchner Stadtmuseums befinden.3 Die 12
großformatigen Skizzen, die er vor Ort mit Bleistift auf Papier zeichnete, überarbeitete Korneev später mit Tusche und Aquarell. Seine sommerlichen Landschaften bevölkern zahlreiche Menschen und Tiere, wobei die fein umrissenen Figuren seiner Staffagen – Fischer, Hirten, Touristen, spielende Kinder – in Kostümen der damaligen Zeit und der jeweiligen Gegend gekleidet sind. Der Künstler beobachtet die alltäglichen Aktivitäten seiner Umgebung und hält diese Szenen in den Zeichnungen fest. Auch sich selbst setzt Korneev immer wieder ins Bild. So stellt ein als Ansicht von Caserta in russischer Sprache betiteltes Blatt den Maler in einer Rückenansicht, auf einem Hügel im Vordergrund des Bildes sitzend, dar (Kat. 38). Das Gesicht der Stadt zugewandt, hält er seine Feder über einem vor ihm ausgebreiteten Papierblatt, während sein Begleiter einen schattenspendenden Schirm über dem Maler und sich selbst aufspannt. Vor dem Künstler erstreckt sich das Tal mit dem Palazzo Reale in der Mitte, umgeben von dem ausladenden Schlosspark, zahlreichen Obstgärten und zerstreuten Siedlungen. Die nach links abflachende Bergkette bildet eine natürliche Kulisse für das pittoreske Naturschauspiel. Die heitere Stimmung der sonnendurchströmten Ansichten der Italienischen Reise lässt wenig von der spannungsgeladenen Situation erahnen, in der sich das Neapolitanische Königreich im Sommer 1805 befand. Seit Juli erschütterten Erdbeben das Land, deren verheerende Zerstörungen die europäischen Zeitungsberichte zeitweise zu wahren Weltuntergangsklagen veranlassten.4 Im August wurde der Vesuv, nachdem er bereits 1804 unruhig gewesen war, erneut aktiv und ließ wochenlang Feuerfontänen und Aschewolken aufsteigen. Der Vulkanausbruch erwies A N N A A N A N I E VA
sich als ein willkommenes Untersuchungsobjekt für den Naturforscher Alexander von Humboldt (1769– 1859), der wie der russische Künstler zu den Augenzeugen des Naturschauspiels zählte.5 Zu den Naturgewalten, die den italienischen Boden während Korneevs Aufenthalt in Neapel erschütterten, kam die nicht minder eruptive politische Lage hinzu. Im Frühjahr 1805, als er sich für den Italien-Aufenthalt entschied, herrschte in Europa eine fragile Friedenszeit, die einer ständigen Bedrohung durch die anhaltenden Napoleonischen Kriege ausgesetzt war. Ausgelöst durch die Krönung Napoleons zum König von Italien (26. Mai 1805) und die Ernennung seines Stiefsohns Eugène de Beauharnais zum Vizekönig der italienischen Halbinsel (7. Juni 1805), war das Neapolitanische Königreich in seiner Existenz gefährdet. In der trügerischen Ruhe der Sommermonate, in denen Korneevs italienische Landschaften entstanden, braute sich ein gewaltiger Sturm zusammen. Dieser kündigte sich in den ersten Septembertagen mit dem Gefechtsfeuer zwischen österreichischen und bayerischen Truppen bei Ulm an und brach über Europa mit der Seeschlacht von Trafalgar (21. Oktober 1805) endgültig aus. Schwere Kriegswellen trafen mit erneuerter Wucht den mitteleuropäischen Raum, als Napoleons Truppen in Wien (13. November 1805) einzogen und dann die Koalitionskräfte in der Schlacht bei Austerlitz (2. Dezember 1805), nicht weit von Brünn, wohin der Wiener Hof geflohen war, vernichtend schlugen. Bald darauf sah sich auch der königliche Hof in Neapel zur Flucht gezwungen und siedelte im Februar 1806 nach Palermo über. In der Situation des eskalierenden militärischen Konflikts des Vierten Koalitionskrieges gegen
Napoleon brach Korneev seinen Aufenthalt in Neapel ab und kehrte nach St. Petersburg zurück, wo er am 17. Juli 1806 seinen Dienst in der Akademie der Künste wieder aufnahm.6 Damit kam die erhoffte künstlerische Ruhepause, die dem langjährigen Dienstauftrag einer Rundreise durch das Russische Imperium gefolgt war, zu einem vorzeitigen Ende. Trotz der Kürze und der Unsicherheit des Italienaufenthalts entstanden in dieser Zeit Arbeiten von herausragender künstlerischer Qualität. Eine Besonderheit, die die italienischen Ansichten Kor neevs zu einem Bestand von beinahe einmaliger Qualität macht, besteht darin, dass diese Zeichnungen mit keinem direkten Dienstauftrag verbunden waren. Ohne die üblichen Einschränkungen durch Vorschriften eines Auftraggebers konnte Korneev sich relativ frei bewegen und über die Wahl seiner Motive selbst entscheiden. Was noch wichtiger ist, es stand dem Künstler frei, über seine Zeichnungen selbst zu verfügen, auch wenn die Kaiserliche Akademie der Künste den Italienaufenthalt des Künstlers als Auszeichnung seiner akademischen Leistungen durch ein Stipendium, die sogenannte »Pension«, finanzierte.7 Dies war keineswegs selbstverständlich, denn der staatliche Zugriff auf die Kunstproduktion spielte im Russland des 19. Jahrhunderts eine gewichtige Rolle. Schon beim Entstehen der Kunstwerke – durch Förderung oder durch Auftragsvergabe – hatten die russisch-kaiserlichen Institutionen üblicherweise ein entscheidendes Wort mitzureden. Mehr noch, in der Regel bestimmten sie über die Aufbewahrung und Distribution der Kunstwerke ihrer Auftragnehmer bzw. eigener Bediensteter und Beamter, zu denen Akademiemitglieder wie Emel’jan Korneev zählten.
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Abb. 2
Emel’jan Korneev, Spiel mit Schlagstöcken, 1800–1810, Aquarell, Tusche, Feder, 232 × 318 mm, St. Petersburg, Museum Staatliche Eremitage (GĖ), Inv. ЭPP-9372
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Zeichnungen aus den Expeditionen 1802–1805 und 1819–1822 Wie weitreichend die Konsequenzen eines Staatsauftrags sein konnten, hat Korneev in seinem beruf lichen Leben mehrfach erfahren müssen. Nach dem Abschluss der großen Expedition 1802–1805 unter der Leitung Georg Magnus Sprengtportens (1740– 1819)8 legte der Künstler ein Album unter dem schlichten Titel Kostümsammlung (russ. Sobranie kostjumov) vor. Diese Sammlung bestand aus 63 von Korneev aquarellierten Radierungen mit den Motiven der bereisten Gegenden im mittleren Russland und Sibirien, im Fernen Osten und der arktischen Region, in den südrussischen Provinzen und auf der Krim sowie in China, der Türkei und Griechenland.
Die Tafeln waren nach seinen Zeichnungen überwiegend von ihm selbst und Egor Skotnikov (1780/1782– 1843) in den Jahren 1808–1809 gestochen worden.9 Nach der Begutachtung des fertigen Werks durch die Akademie der Künste sprach diese dem Künstler die Empfehlung aus, das Album dem russischen Kaiser vorzulegen. Korneevs Arbeit wurde durch Alexander I. (reg. 1801–1825) wohlwollend aufgenommen. Als Zeichen kaiserlicher Gunstbezeugung erhielt er von ihm und der Kaiserin Elisaveta Alekseevna (geb. Luise von Baden, 1779–1826) jeweils einen Brillantring als persönliche Auszeichnung. Darüber hinaus erteilte ihm das Kaiserliche Kabinett eine Geldprämie, die die Ausgaben Korneevs, der das Album auf eigene Kosten erstellt hatte, auszugleichen half.10 Seinem Wunsch nach der Förderung einer anschließenden Publikation der Kostümsammlung wurde jedoch nicht entsprochen. Das Album wanderte in die Kaiserlichen Sammlungen, die Veröffentlichung der Bilder blieb ein Privileg, das Korneev in diesem Fall verweigert wurde (Abb. 2). Auch seine Zeichnungen aus der zweiten großen Expedition, der Weltumsegelung 1819–1822, gelangten nie zur Publikation, trotz der langjährigen und hartnäckigen Bemühungen des Künstlers. Aus dem Konvolut von etwa 300 Entwürfen, die nach seinen Angaben während der dreijährigen Expedition zum Nordpol entstanden, stellte Korneev nachweislich insgesamt 171 Zeichnungen für den von ihm erhofften Druck fertig. Die Akademie der Künste strebte die Veröffentlichung seiner Zeichnungen bald nach der Rückkehr Korneevs von der Expedition im August 1822 an.11 Die Arbeit an diesen Blättern wurde von Korneev sofort aufgenommen, zog sich allerdings mit größeren UnterbreA N N A A N A N I E VA
chungen bis ins Jahr 1828 hin. In diesen Jahren war der Künstler in ein zähes Ringen um die Besitzansprüche auf die Zeichnungen und die Entlohnung seiner Arbeit mit mehreren beteiligten Behörden, darunter das Marine-Ministerium, die Akademie der Künste und das Bildungs-Ministerium, verwickelt.12 Schließlich verlor er den Kampf um seine Bilder, die im Besitz des Staates verblieben und zwischen Mai 1833 und Juli 1834 in die Sammlung der Akademie der Wissenschaften überführt wurden und heute als verschollen gelten.13 Ebenfalls als unauffindbar galten sehr lange die Zeichnungen, die während des Aufenthalts Kor neevs in der Türkei und in Griechenland im Sommer bis Herbst 1804 im Rahmen der SprengtportenExpedition entstanden sind. Verloren geglaubt waren auch die Ansichten seiner Italienreise als Pensionär der Akademie der Künste im Jahr 1805.14 Der Künstler selbst stellte seine Bilder aus Griechenland und Italien nur einmal im Juli 1808 aus, als er drei Aquarelle mit den Motiven Vesuv-Ausbruch, Eingang in die Antiparos-Grotte und eine Kampfszene im Rahmen einer Jahresausstellung der Kaiserlichen Akademie der Künste in St. Petersburg öffentlich präsentierte (S. 130).15
Sammlung Rechber g und gedr uckte Bildwerke Die Zerstreuung des Œuvres Emel’jan Korneevs zwischen den staatlichen Magazinen und privaten Sammlungen setzte bereits zu Lebzeiten des Künstlers ein. Ein gewichtiger Bestand der großformatigen Zeichnungen mit Landschaften Sibiriens, der Krim und des Kaukasus sowie die ethnografischen
Porträts der Landbevölkerung der weit gestreuten Gegenden, die der Künstler zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereiste, wechselte um 1811 in die Hände des bayerischen Kunstkenners Carl von Rechberg (1775–1847). Rechberg gehörte einer einflussreichen Adelsfamilie an, die die Geschicke der bayerischen Politik bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts an verschiedenen Stellen maßgeblich beeinflusste.16 Einer seiner Brüder, das Familienoberhaupt Aloys von Rechberg (1766–1849), beteiligte sich an zwei Sondermissionen des bayerischen Hofes nach St. Petersburg. Sie fanden jeweils 1799 und 1801 statt und standen somit am Anfang einer erfolgreichen diplomatischen Karriere des späteren Außenministers des Königreichs Bayern (1817–1825).17 Ein weiterer Bruder, Joseph von Rechberg (1769–1833), stand unter anderem als Offizier in den Diensten des Malteserordens und beendete seine Karriere auf dem Posten des bayerischen Gesandten am preußischen Hof in Berlin.18 Anders als seine älteren Brüder, die auf dem Feld der Diplomatie und des Militärs im Dienste des bayerischen Staates wirkten, betätigte sich Carl von Rechberg auf dem Gebiet der Kunstförderung. Er stand als Kunstberater an der Seite von Eugène de Beauharnais (1781–1824), nachdem der frühere Vizekönig von Italien im Jahr 1814 nach der Niederlage Napoleons nach München, in die Heimatstadt seiner Frau, Prinzessin Auguste Amalia (1788–1851), zurückkehrte und dort residierte. Carl von Rechberg war außerdem an der Ausgestaltung der Glyptothek im Auftrag des Kronprinzen Ludwig (später: Ludwig I. von Bayern) federführend beteiligt. Bekannterweise protegierte Rechberg den Architekten Leo Klenze (1784–1864) am bayerischen
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Hof, der sowohl für den Kronprinzen Ludwig als auch für Eugène de Beauharnais (ab 1817 Herzog von Leuchtenberg) Bauvorhaben realisierte.19 Einige Jahre früher, ungeachtet der angespannten politischen Beziehungen zwischen Bayern und Russland, die in den Napoleonischen Kriegen als Gegner auftraten, wandte sich Carl von Rechberg unter anderem der Förderung der Kunst aus Russland zu. Die Möglichkeiten dafür eröffneten sich spätestens während seiner Zeit in St. Petersburg, wo er sich von Herbst 1808 bis Sommer 1810 aufhielt, als die Gesandtschaft des bayerischen Hofes mit Franz Gabriel von Bray (1765–1832) an ihrer Spitze den Geschäftsbetrieb in der russischen Hauptstadt wieder aufgenommen hatte.20 Hier unterstützte Rechberg die Arbeiten Emel’jan Korneevs, indem er ein ambitioniertes Publikationsvorhaben an sich zog, für das der Künstler seit 1809 vergeblich bei den höheren Stellen in Russland geworben hatte. Im Frühsommer 1810 gab Korneev seine damalige Dienststellung in St. Petersburg auf und folgte unter der privaten Patronage Rechbergs seinem Mäzen ins Ausland.21 Ein daraufhin realisiertes, aufwendig gestaltetes Druckwerk sorgte für die internationale Sichtbarkeit der Künste Korneevs und begründete seinen, wenn auch kurzlebigen, Ruhm.22 In den Jahren 1812 und 1813, mitten im Russlandfeldzug Napoleons, erschienen in Paris zwei Bände des Albums unter dem Titel Les Peuples de la Russie.23 Die Distribution der Bände lief im Frühjahr 1814 an und wurde im Herbst des Jahres während der Leipziger Buchmesse auch international angekurbelt.24 Nach einer Idee Rechbergs, die er 1816 formuliert haben soll, hätte das erste Album Les Peuples de la Russie den Auftakt zu einer groß angelegten 16
mehrteiligen Serie einer »malerischen Reise«, einer »voyage pittoresque«, durch das multiethnische Russländische Imperium bilden sollen. Aus den Zeichnungen seiner Sammlung hat Rechberg als Beispiel für die Fortsetzung der Bildwerkserie einige Probeexemplare 1817 in Paris drucken lassen.25 Dieses Album enthält sechs Ansichten baltischer Städte mit einer begleitenden Beschreibung der Ostseeprovinzen Russlands. Drei der Ansichten gehen auf Landschaften Korneevs zurück. Carl von Rechberg überreichte dieses Album im Rahmen seines erneuten Aufenthalts in St. Petersburg im Mai 1817 dem Russischen Kaiser und später auch dem Präsidenten der Kaiserlichen Akademie der Künste in St. Petersburg.26 Bei den offiziellen Stellen fand das Vorhaben Rechbergs jedoch keine Unterstützung und wurde in der vorgeschlagenen Form nicht realisiert.27 Fünfzehn Jahre später legte Carl von Rechberg, ebenfalls in Paris, einen anderen Band vor, der, als Voyage pittoresque en Russie betitelt, insgesamt 30 Ansichten der russländischen Provinzen enthielt. Der in Frankreich lebende deutsche Schriftsteller und auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Georg Bernhard Depping (1784– 1853) verfasste dazu einen Begleittext.28 Dank der Initiative Carl von Rechbergs wurden insgesamt drei Publikationen mit Landschaften und ethnografischen Porträts aus Russland gedruckt. Diese Bildwerke gingen zum überwiegenden Teil auf die Arbeiten Emel’jan Korneevs zurück. Es handelte sich entweder um Drucke, die von Korneev nach eigenen Vorlagen gestochen und aquarelliert wurden, oder auch um Radierungen und Lithografien anderer Künstler, die nach seinen Zeichnungen ausgeführt wurden. A N N A A N A N I E VA
Abb. 3
Emel’jan Korneev, Wunder mit dem Jüngling, 1810, Aquarell, Tusche, Feder, 275 × 184 mm, St. Petersburg, Staatliches Russisches Museum (GRM), Inv. P-2894
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Trotz der Fehlschläge, die eine angemessene Verbreitung der Zeichnungen Korneevs verhinderten, überdauerte sein Werk, und zwar im Wesent lichen im Medium der Druckgrafik. Die ethnografischen Motive seiner Bilder und sein Ruf als Kupferstecher und Radierer verengten aber im Nachhinein den Blick auf die eigentliche Vielfalt seiner künstlerischen Arbeiten.
Er schließungss t and des Œuvr es Die Landschaftsansichten und ethnografischen Kostümbilder aus den von Rechberg herausgegebenen Alben Les Peuples de la Russie dominierten die Vorstellung von Emel’jan Korneevs künstlerischem Schaffen, als in den späten 1960er-Jahren erstmals eine wissenschaftliche Aufarbeitung seines Œuvres begann. Der Moskauer Kunsthistorikerin Nadežda Nikolaevna Gončarova (1924–2001) ist es zu verdanken, dass der Umfang und die Vielseitigkeit seiner Arbeiten überhaupt aufgedeckt und für ihre Zeit angemessen gewürdigt wurden. Gončarova hat die erste und bis jetzt einzige monografische Darstellung zu Emel’jan Korneev verfasst und damit auch zahlreiche noch zu schließende Lücken in dem überlieferten Wissen über den Künstler und sein Œuvre deutlich gemacht. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in der Grafischen Sammlung des Staatlichen Historischen Museums in Moskau (GIM) hat sie einen bedeutenden Bestand von Zeichnungen und Aquarellen Korneevs bestimmen können und ein erstes Werkverzeichnis des Künstlers vorgelegt. Der Verbleib der griechischen und der italienischen Ansichten entzog sich allerdings der Kenntnis der Moskauer Kunsthistorikerin.29 18
Ausgehend von der Analyse der umfangreichsten russischen Sammlung seiner Bilder, die das Moskauer Museum 1919 aus einem privaten Nachlass erhalten hatte, konnte Gončarova die Provenienz dieser Zeichnungen auf die private Sammlung Alexander von Benckendorffs (1781–1844)30 zurückführen. Benckendorff, der zu den Teilnehmern der Inspektionsreise Sprengtportens gezählt hatte, stieg später zu einer der führenden Persönlichkeiten der russländischen Administration der Vormärzzeit auf. Zeit seines Lebens pflegte der aus dem baltischen Adel stammende Politiker ausführliche Notizen über sein tägliches Leben zu führen. Dank dieser Schreibpraxis hinterließ er auch eine persönliche Chronik der großen Inspektionsreise 1802–1805, indem er sein Tagebuch, vermutlich mit Publikationsabsicht, zu einer Reisebeschreibung überarbeitete. In diesen Aufzeichnungen hielt er neben den topografischen und militärischen Details der inspizierten Gegenden auch seine zahlreichen amourösen Abenteuer als junger Offizier fest.31 Die Arbeit des Reisemalers Korneev fand bis auf einige wenige Erwähnungen kaum Niederschlag in der Chronik Benckendorffs. Dennoch erwarb er etwa um 1819, bereits als hochdekorierter Staatsmann, eine Auswahl der Bilder Korneevs aus dem Besitz Carl von Rechbergs.32 Als der Künstler nach der Rückkehr von der Weltumsegelung 1819–1822 in St. Petersburg über kein gesichertes Einkommen mehr verfügte, beauftragte Benckendorff ihn mit der Ausarbeitung einer Serie, deren Grundlagen zurückgekaufte Ansichten von der gemeinsamen Reise waren. Daraufhin beschäftigte sich Korneev, der spätestens seit dem Sommer 1823 auf private Aufträge angewiesen war, mit den vorwiegend auf den Sibirischen Abschnitt seiner A N N A A N A N I E VA
ersten großen Expedition bezogenen Motiven für die Sammlung Alexander von Benckendorffs.33 Vieles spricht dafür, dass Korneevs Zeichnungen aus dem gesamten südeuropäischen Abschnitt der Inspektionsreise Sprengtportens nach der Beendigung der Expedition zunächst im Besitz des Künstlers verblieben. Eine von ihm ausgearbeitete Ansicht der Stadt Athen überreichte Korneev dem Kaiser Alexander I. Diese von der Akademie der Künste sanktionierte Aktion brachte dem Künstler im Januar 1807 eine Auszeichnung in Form einer goldenen Uhr ein.34 Der Zeichnungskorpus befand sich noch im Frühjahr 1808 im Besitz Korneevs und war unter seinen Freunden bekannt. Einen Besuch in der Wohnung des Künstlers hielt Alexander Vostokov (geb. Osteneck, 1781–1864) in seinem Tagebuch fest, als er gemeinsam mit Ivan Ivanov (1779– 1848) bei Korneev seine »krimschen und griechischen Landschaften« betrachtete.35 Vermutlich gingen die griechischen Zeichnungen später zusammen mit den italienischen Ansichten in den Besitz von Carl von Rechberg über, als Korneev ihn im Jahr 1810 nach München begleitete und für einige Jahre als freier Künstler im Ausland blieb. Nach dem Tod Rechbergs gelangten die Blätter aus seinem Nachlass in den Kunsthandel. Die griechischen Ansichten wurden 1926 von Theodor Wiegand (1864–1936) für seine Privatbibliothek erworben und befinden sich heute in der Sammlung des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin.36 Mit der Ausstellung im Jahr 1964, der zwei Veröffentlichungen des Griechenland-Albums folgten, wurde der Bestand von 96 Ansichten und Figurendarstellungen erstmals öffentlich gemacht, wenn auch unter dem Namen des Sammlers und nicht des Künstlers.37
Eine Auswahl der italienischen Ansichten sowie einige Figurendarstellungen sind in München geblieben und befinden sich heute in zwei Sammlungen des Münchner Stadtmuseums.38 Mit der Präsentation der Zeichnungen aus diesen Sammlungen werden nun der chronologisch letzte Abschnitt des Aufenthalts in Südeuropa erstmals vorgestellt und die lange Zeit schiefliegende Vorstellung über die Entstehung der Zeichnungen und die Autorschaft zurechtgerückt. Damit erhalten die Zeichnungen Korneevs die ihnen gebührende und längst überfällige Aufmerksamkeit. Obgleich die Druckgrafik einen – wenn auch prominenten – Teil seines Œuvres darstellt, so erschöpfte sich seine künstlerische Arbeit keinesfalls im explorativen Zeichnen und damit in seiner, wenn auch umfangreichen, »Reisemalerei«. Die Bandbreite der Arbeiten Korneevs, der die St. Petersburger Akademie der Künste im Fach der Historienmalerei als einer der Jahrgangsbesten absolvierte, reicht von der sakralen Malerei über die Medaillenkunst bis hin zur Buchillustration. Auf der Liste der durch die Akademie der Künste während seines Studiums dort ausgezeichneten Gemälde standen Arbeiten wie Ein Engel befreit Petrus aus dem Gefängnis (1799) und Jesus vertreibt Händler aus dem Tempel (1800). Noch in seinem Abschlussjahr beteiligte sich Korneev an der Ausgestaltung des neuen Bildprogramms für die Znamenskaja-Kirche in Carskoe Selo bei St. Petersburg. Für die Ikonostase dieser Kirche, die zu den ältesten Bauwerken der kaiserlichen Sommerresidenz zählt, führte Korneev das Bild Die Geburt Christi (1800–1801) aus.39 Als Mitglied der Akademie war er später maßgeblich an der Ausmalung der
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Abb. 4
Michail Ivanov nach einer Zeichnung von Emel’jan Korneev, Porträt-Medaille mit dem Profil von Alexander Stroganov, 1807, Kupferstich, Radierung, 338 × 486 mm (Blatt), St. Petersburg, Museum Staatliche Eremitage (GĖ), Inv. У-1533/70
Abb. 5
Michail Ivanov nach einer Zeichnung von Emel’jan Korneev, Antike griechische Sarkophage, 1807, Kupferstich, Radierung, 338 × 486 mm (Blatt), St. Petersburg, Museum Staatliche Eremitage (GĖ), Inv. У-1533/72
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Kazaner Kathedrale in St. Petersburg beteiligt (Abb. 3). Damit wirkte Korneev an einem Vorzeigeprojekt in der Residenzstadt an der Newa mit, das durch den Grafen Alexander Stroganov (1733–1811) vorangetrieben und durch den Architekten Andrej Voronichin (1859–1814) realisiert wurde.40 Mit einem Gemälde zum Thema Herkules tötet den Kentaur Nessos bewarb sich Korneev erfolgreich für die Akkreditierung als »Akademiker« der Akademie der Künste. Auch diese Arbeit wurde ausgezeichnet und in die ständige Sammlung dieser Institution aufgenommen, wo sie als Die Entführung von Deianeira (1807) noch bis Ende des 19. Jahrhunderts ausgestellt war.41 Auch die Alben mit den Radierungen Korneevs befanden sich in den öffentlich
zugänglichen Kunstsammlungen St. Petersburgs, so lagen in den 1830er-Jahren die Bände von Les Peuples de la Russie (1812/13) im Lesesaal des Russischen Museums aus. Auch das Album unter dem Titel Collection d’Estampes d’après quelques Tableaux de la Galerie de son Exc. Mr. le Comte A. Stroganoff (1807) wurde dem Publikum dieser von Pavel Svin’in (1787–1839) unterhaltenen Einrichtung präsentiert.42 Für dieses Bildwerk, das ausgewählte Objekte aus der privaten Sammlung des Grafen Stroganov abbildete, zeichnete und radierte Korneev 17 Blätter, darunter eine Porträt-Medaille des Kunstsammlers sowie die Darstellung der griechischen Sarkophage, die den Petersburger Garten Stroganovs schmückten (Abb. 4, 5).43 Die Ansichten der Halbinsel Krim, die während der Sprengtporten-Expedition entstanden, begleiteten als Illustrationen das Buch Pavel Sumarokovs (1767–1846), eine mit Karten, archäologischen Zeichnungen und Landschaften reich illustrierte KrimBeschreibung aus dem Jahr 1805 (Abb. 6).44 Eine ganz andere Art von Buchillustrationen ist im Rahmen der Weltumsegelung auf Hawaii entstanden. Eine Auswahl der von Korneev gemalten (und wohl auch für den Druck vorbereiteten) Vignetten mit Tier- und Schiffsmotiven schmückte das erste Lesebuch für Kinder in hawaiianischer Sprache He Palapala Mua Na Na Kamalii.45 Während des Aufenthalts der russischen Nordpolexpedition auf Honolulu im März 1821 entsprach Korneev nämlich einem Wunsch Hiram Binghams (1789–1869) und fertigte ein Dutzend Motive an, die der Bostoner Missionar, der sich um die Einführung der Schriftsprache auf Hawaii bemühte, für die Illustrationen seines Lesebuches und die Gestaltung der Schreibhefte verA N N A A N A N I E VA
IMPRESSUM
Der Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung »Grand Tour XXL. Der Reisekünstler Emel’jan Korneev« vom 24.9.2021 bis 30.1.2022 im Münchner Stadtmuseum, hrsg. von Nico Kirchberger in Zusammenarbeit mit Susanne Glasl Kurator: Nico Kirchberger Co-Kuratorin: Susanne Glasl Projektkoordination im Verlag: Imke Wartenberg Lektorat Deutsch: Andrea Schaller, Leipzig Lektorat Englisch: Catherine Framm, Berlin Gestaltung, Layout und Satz: Edgar Endl, bookwise medienproduktion gmbh, München Druck und Bindung: optimal media GmbH, Röbel
Wir danken der Tavolozza Foundation für die großzügige Unterstützung
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Verlag: Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München Lützowstraße 33 10785 Berlin www.deutscherkunstverlag.de Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.degruyter.com Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Münchner Stadtmuseum, Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München ISBN 978-3-422-98667-1
Abb. S. 2: Ausbruch des Vesuvs am 12. August 1805 (Detail aus Kat. 45) Abb. S. 4: Ansicht von Tivoli (Detail aus Kat. 31) Abb. S. 8/9: Gesamtansicht von Athen (Detail aus Kat. 21) Abb. S. 200/201: Die Tempel von Paestum (Detail aus Kat. 68) Abb. S. 216/217: Ansicht des Golfs von Salerno (Detail aus Kat. 67)