SCHRIFTEN DER FORSCHUNGSSTELLE INFORMELLE KUNST
Herausgegeben von Anne-Kathrin Hinz und Christoph Zuschlag
Band 1
Anne-Kathrin Hinz und Christoph Zuschlag (Hrsg.)
Herausgegeben von Anne-Kathrin Hinz und Christoph Zuschlag
Band 1
Anne-Kathrin Hinz und Christoph Zuschlag (Hrsg.)
Begriffe, Kontexte, Rezeptionen
Förderer der Forschungsstelle Informelle Kunst: Galerie Maulberger, K. O. Götz und Rissa-Stiftung, MKM Stiftung, Privatsammlung Meerbusch, Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung, Stiftung Informelle Kunst, Stiftung Stark für Gegenwartskunst, VAN HAM Art Estate
ISBN 978‑3‑422‑98861‑3
e ISBN (PDF) 978‑3‑422‑80220‑9
ISSN 2751‑7624
Library of Congress Control Number: 2024935780
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2024 Deutscher Kunstverlag
Ein Verlag der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Einbandabbildung: Helen Frankenthaler: Zarathustra, 1988, Acryl auf Leinwand. 205,70 × 249,60 cm, Sammlung Reinhard Ernst © Helen Frankenthaler Foundation, Inc. / VG Bild Kunst, Bonn 2024
Einbandgestaltung: Ben Wozniak
Layout: Ben Wozniak
Satz und Repro: LVD GmbH, Berlin
Druck und Bindung: mediaprint Solutions GmbH
www.deutscherkunstverlag.de www.degruyter.com
Anne-Kathrin Hinz und Christoph Zuschlag 10 Vorwort
Justus Beyerling
20 Form, Formlosigkeit, Informel Aspekte eines Verhältnisses
Alexander Leinemann
36 Die diametrale Entwicklung des Allover-Painting-Terminus Ein zweifelhafter Begriff in stillschweigend gebilligter Rezeption
Katrin Thomschke
54 »action painting, wie sie im Buch steht« Überlegungen zur Rezeption des Informel als Aktionsmalerei
Vincenza Benedettino
72 Werner Haftmann und die Förderung des Informel –Die Ausstellungen von Wols (1973) und Hartung (1975) in der Neuen Nationalgalerie
Morgane Walter
88 Gegen den »Abstraktivismus« Über die kunstkritische Rezeption des deutschen Informel
Carolin Langer
106 Knotenpunkt der informellen Malerei in Deutschland: Albert Schulze Vellinghausen
Marliesa Komanns
124 Informel in Düsseldorf: Gerhard Hoehme – eine neue Entdeckung der Wirklichkeit
Dominik Eckel
142 »Malen heißt in zusammenhängendem Ablauf auf überschaubarer Fläche tanzen.«
Tanzwissenschaftliche Perspektiven auf den am Boden liegenden Bildgrund bei Jackson Pollock, Hann Trier und Kazuo Shiraga
Anne-Kathrin Hinz
160 Das informelle Bild als Zeugnis und Zweifel Funktionen der Abstraktion für die Repräsentation zeitgeschichtlicher Ereignisse
Marius Müller
176 Das »Tachistenbild« im urheberrechtlichen Diskurs der Nachkriegszeit Überlegungen zur Rolle der Rechtswissenschaft in der Geschichte der Kunsttheorie
187 Autorinnen und Autoren
191 Abbildungsnachweise
Mit der Gründung der Forschungsstelle Informelle Kunst am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn im Juni 2019 wurde eine Lücke in der kunsthistorischen Forschungslandschaft in Deutschland geschlossen. Denn obwohl das Informel die zentrale künstlerische Innovation in der Kunst der 1950er Jahre war, in die verschiedenste kunsthistorische Quellen einflossen, die unterschiedliche parallele Strömungen umfasste und deren mannigfaltige Einflüsse bis in die Gegenwart hinein wirken, hat es bislang kein eigenes Forschungszentrum für diesen Bereich gegeben. Auch in der universitären Lehre ist er kaum vorgekommen. Eines der zentralen Anliegen der Forschungsstelle ist es daher, die in den letzten Jahren eher spärlichen Forschungen zum Informel zu intensivieren und dabei insbesondere auch den akademischen Nachwuchs einzubinden und zu fördern. Dabei wird das Informel in all seinen verschiedenartigen Facetten untersucht und eine transnationale, globale Perspektive eingenommen. Bislang nicht oder wenig beachtete Aspekte, wie etwa die Bedeutung der Künstlerinnen oder auch das Informel in der DDR, sollen in den Blick genommen, zugleich eingefahrene kunsthistorische Narrative, etwa die Konnotation Informel = Kunst der Freiheit, kritisch hinterfragt werden.
Der Standort Bonn ist für die Intensivierung der Forschung und Lehre zur informellen Kunst geradezu ideal, war doch das Rheinland ein wichtiges Zentrum des Informel in Deutschland: An der Kunstakademie Düsseldorf lehrten Karl Otto Götz, Gerhard Hoehme und Peter Brüning, der Bildhauer Norbert Kricke wurde 1973 Direktor. Der Kunstpalast in Düsseldorf verfügt mit der Sammlung Kemp über eine bedeutende Privatsammlung informeller Kunst. In Köln lebte über viele Jahrzehnte Bernard Schultze, das Museum Ludwig bewahrt einen Großteil seines künstlerischen Nachlasses, ein anderer Teil wird von VAN HAM Art Estate verwaltet. Auf Schloss Alfter bei Bonn gründete sich bereits 1947 um die Künstler Hubert Berke,
Joseph Fassbender und Hann Trier die Donnerstag-Gesellschaft, welche die ersten Ausstellungen abstrakter Kunst in der Nachkriegszeit realisierte. Die Nachlässe wichtiger Galerien wie der Galerie 22 in Düsseldorf und der Galerie Der Spiegel in Köln befinden sich zum Teil im Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung (ZADIK) in Köln, das daher reiches Quellenmaterial bereithält; ebenso das Rheinische Archiv für Künstlernachlässe in Bonn, das unter anderem die Nachlässe des Bildhauers Friederich Werthmann und der Malerin Marie-Louise von Rogister verwahrt. Das LVR-LandesMuseum Bonn mit der dort angesiedelten Kunststiftung Hann Trier wie auch das Kunstmuseum Bonn besitzen repräsentative Werke des Informel. Ab 1972 engagierte sich die Galerie Hennemann über Jahrzehnte für die Vermittlung dieser Kunst, unterstützt vom Kurator und Autor Manfred de la Motte. Die enge Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen in Universitäten, Museen und im Kunsthandel sowie mit Privatsammlungen bestärkt und unterstützt die Vorhaben der Forschungsstelle. Begleitet wird sie dabei von einem ehrenamtlich tätigen Beirat, dem Dr. Renate Goldmann (VAN HAM Art Estate), Dr. Dieter Groll (Köln), Ina Hesselmann (Stiftung Informelle Kunst, Darmstadt), Kay Heymer (Museum Küppersmühle, Duisburg), Prof. i. R. Dr. Sigrid Hofer (Universität Marburg), Hans Maulberger (Galerist, München) und Dr. Gabriele Uelsberg (Direktorin des LVR-LandesMuseums Bonn a. D.) angehören. Förderer der Forschungsstelle sind die Stiftung Informelle Kunst, die MKM Stiftung, die Reinhard & Sonja Ernst Stiftung, die Galerie Maulberger, die K. O. Götz und Rissa-Stiftung, eine Privatsammlung in Meerbusch, die Stiftung Stark für Gegenwartskunst sowie VAN HAM Art Estate.
Die Schriftenreihe
Die neu gegründete Reihe Schriften der Forschungsstelle Informelle Kunst wird die Projekte nachhaltig dokumentieren und einen eigenen Beitrag zur Erforschung des Informel leisten. Dabei knüpft sie an thematisch einschlägige Publikationen unterschiedlicher Institutionen sowie einzelner Autorinnen und Autoren an. Als eine der wichtigen vorangegangenen Schriftenreihen ist die des Museums am Ostwall in Dortmund zu nennen. In den Jahren von 1999 bis 2004 gab Heinz Althöfer insgesamt vier Bände mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung heraus, in denen sich eine Vielzahl von Beiträgen der informellen Kunst in all ihren Facetten widmen.1 Als umfangreicher Quellenfundus nicht minder relevant ist die ab Mitte der 1970er Jahre erschienene »weiße« Katalogreihe der Galerie
Hennemann. Neben monografischen Katalogen zu Künstlern wie Karl Fred Dahmen, K. O. Götz, Gerhard Hoehme und Fred Thieler wurden darin unter anderem die Dokumente zum deutschen Informel herausgegeben. Der Band versammelt verschiedene Texte von Kunstkritikerinnen und Kunstkritikern wie beispielsweise Anna Klapheck, John Anthony Thwaites und Albert Schulze Vellinghausen sowie einführende Beiträge aus Ausstellungskatalogen.2 Auch die seit den 1980er Jahren erschienenen Publikationen der Galerie Georg Nothelfer zum Informel, darunter der in zweiter Auflage herausgegebene Band des 1982 in Saarbrücken von Georg–Wilhelm Költzsch veranstalteten Symposions Informel (1986), liefern wichtige Quellen für die Forschung.3 Die in jüngerer Zeit erschienenen Kataloge der Galerie Maulberger bieten mit den darin enthaltenen Beiträgen aktuelle kunstwissenschaftliche Perspektiven. Neben zahlreichen Aufsätzen und Katalogbeiträgen, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können, sind die genannten Reihen im deutschsprachigen Raum vor allem um monografische Schriften zu ergänzen. Die ersten wichtigen Beiträge zur Erforschung der informellen Kunst erschienen in den 1980er und frühen 1990er Jahren. Dazu gehören die Studien von Gabriele Lueg (Studien zur Malerei des deutschen Informel, 1983), Ursula Geiger (Die Maler der Quadriga und ihre Stellung im Informel: Otto Greis, Karl O. Götz, Bernard Schultze, Heinz Kreutz, 1987) und Roswitha Heinze (Lesarten des Informel: die strukturale Methode der »objektiven Hermeneutik« als Interpretationsverfahren informeller Bilder, 1992).4 Schließlich datieren neuere kunsthistorische Forschungsbeiträge erst aus den 2000er Jahren, darunter die Untersuchungen zum deutschen Informel von Christine Baus (2008) und Nicola Carola Heuwinkel (2010).5 Eine internationale Perspektive nehmen die Studien von Marguerite Hui Müller-Yao, die zum Einfluss der chinesischen Kalligrafie in der informellen Malerei geforscht hat (1985), Rolf Wedewer, der die informelle Malerei und ihren Wirklichkeitsbezug betrachtete (2007), und Günther Moschig ein, der das Informel in Österreich in einen internationalen Kontext stellte (2017).6
Das Anliegen der Schriftenreihe der Forschungsstelle Informelle Kunst ist nun, die aktuellen Facetten der kunsthistorischen Forschung zum Informel zu bündeln. Vorrangig wird die Reihe Raum für aktuelle Forschungsbeiträge bieten. Die Publikationsformate reichen von wissenschaftlichen Aufsatzsammlungen über monografische Schriften wie zum Beispiel Dissertationen bis hin zu Katalogen, wie etwa dem zur Ausstellung über die Künstlerinnen des Informel, die ab Herbst 2024 zunächst in der Neuen Galerie Kassel und anschließend in der Kunsthalle Schweinfurt und dem Emil Schumacher Museum Hagen zu sehen sein wird. Des Weiteren wer-
den fremdsprachige Quellentexte zum Informel in der Reihe publiziert.
Viele dieser Texte, wie Michel Tapiés den Informel-Begriff prägendes Buch Un art autre (1952)7, sind noch nie oder nur in Auszügen ins Deutsche übertragen worden und teilweise nur schwer zugänglich. Derartige Schriften erstmals vollständig zu übersetzen, zu edieren und so der Forschung zur Verfügung zu stellen, wird daher ein weiteres Anliegen der Schriftenreihe sein.
Der erste Band der neuen Schriftenreihe versammelt die Beiträge des 1. Forschungskolloquiums »Informelle Kunst«, das am 4. Februar 2020 am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn stattgefunden hat. Eingeladen waren Doktorandinnen und Doktoranden sowie kurz vor dem Abschluss stehende Studierende, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit den Facetten des Informel befasst haben. Die Auseinandersetzungen mit Begriffen, die innerhalb der kunsthistorischen Forschung etabliert sind, den Kontexten, in denen die informelle Kunst enstand und die maßgeblich zur Herausbildung von Begrifflichkeiten und Reaktionen beigetragen haben, sowie mit den Rezeptionen des Informel aus unterschiedlichen Blickwinkeln und wissenschaftlichen Disziplinen bilden die Schwerpunkte dieser aktuellen Studien.
Der erste Beitrag des Bandes ist erst nach dem Kolloquium im Kontext eines Seminars zur Kunst des Informel entstanden, verdient jedoch aufgrund seiner Thematik seine Platzierung am Beginn der Einzelstudien: Justus Beyerling widmet sich einer bis heute in der Forschung zur Kunst des Informel zwar immer wieder benannten, jedoch aufgrund oder gerade wegen ihrer Komplexität noch nicht systematisch untersuchten Problematik der begrifflichen Bestimmung des Phänomens Informel. In der kritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Autorinnen und Autoren aus der Kunstwissenschaft, -kritik und der Philosophie unternimmt Beyerling einen Bestimmungsversuch und eine historische Verortung der Begriffe Form, Formlosigkeit und Informel und ihres Verhältnisses zueinander. Die Rezeptionsgeschichte eines anderen in der Forschung etablierten Begriffs, nämlich dem des AlloverPainting, wird von Alexander Leinemann untersucht. Der amerikanische Kunstkritiker Clement Greenberg prägte die Bezeichnung für die zentrumslos erscheinenden Bilder des Malers Jackson Pollock. Der Terminus Allover wurde in der Forschung bereits kritisch diskutiert, was jedoch keinen
Einfluss auf seine allgegenwärtige Verwendung auch für zeitgenössische Kunstformen genommen hat. Leinemann zeichnet die Entwicklung des Begriffs vom Beginn seines Gebrauchs in der Hochphase des amerikanischen Abstrakten Expressionismus in den 1940er und 1950er Jahren bis hin zu seiner erweiterten Verwendung bei der Beschreibung von unterschiedlichen zeitgenössischen Kunstformen wie Fotografien, Installationen oder figürlicher Malerei nach. Somit sichtbar wird die Rezeptionshistorie eines Begriffs, der von Kunstwissenschaft und - kritik zwar umfassend gebraucht, aber nicht klar definiert wird.
Ebenfalls auf einen amerikanischen Kunstkritiker geht die Bezeichnung Action Painting zurück. Harold Rosenberg prägte ihn im Jahr 1952 in einem bis heute vielrezipierten Artikel in der Zeitschrift ARTnews. Gemeint ist damit die Arbeitsweise einiger Vertreter des amerikanischen Abstrakten Expressionismus, wobei Jackson Pollock bis heute international als einer der Protagonisten dieser Kunstrichtung gilt. In Deutschland wurden einige Ausprägungen des Informel analog zum englischen Begriff als Aktionsmalerei bezeichnet. Katrin Thomschke widmet sich in ihrem Beitrag ebendieser Sichtweise auf die informelle Malerei. Dabei geht sie der Frage nach, ob das Bekanntwerden des Abstrakten Expressionismus in Deutschland in den 1950er Jahren zu einem Wandel in der Rezeption des Informel geführt und die Lesart als Aktionsmalerei nachhaltig beeinflusst hat.
In Vincenza Benedettinos Beitrag steht die Arbeit des Kunsthistorikers und Kurators Werner Haftmann im Fokus. Welchen Einfluss er auf die Wahrnehmung von Künstlern und die Rezeption des Informel in Deutschland ausübte, wird durch die Auswertung zahlreicher zeitgenössischer schriftlicher Quellen analysiert. Ausgangspunkt ist Haftmanns Tätigkeit als Leiter der Neuen Nationalgalerie in Berlin. In zwei umfassenden Ausstellungen präsentierte er das Werk der beiden aus Deutschland nach Frankreich emigrierten Künstler Wols und Hans Hartung, die er als die Meister der lyrischen Abstraktion und des Informel beschrieb. Einer anderen Facette der Rezeptionsgeschichte der informellen Kunst widmet sich Morgane Walter. Dafür nimmt sie die Kunstgeschichte und -kritik der 1950er Jahre in den Blick und zeigt anhand von Beispielen auf, wie sich Autorinnen und Autoren verschiedener Generationen, darunter Will Grohmann und Haftmann sowie Anna Klapheck, Hans Platschek und Heinz Ohff, im Streit um die abstrakten Kunstrichtungen der Nachkriegszeit gegenüberstanden, einzelne Künstler von den einflussreichen Stimmen Grohmanns oder Haftmanns profitierten und gleichzeitig insbesondere einige deutsche Vertreter der informellen Kunstrichtung weniger
öffentlichkeitswirksame Anerkennung fanden. Demgegenüber untersucht Carolin Langer die Beziehungsgeflechte eines einzelnen Kunstkritikers: Albert Schulze Vellinghausen. Mithilfe von Methoden aus der soziologischen Netzwerkforschung betrachtet sie den Kritiker innerhalb seiner Beziehungen zu Künstlerinnen und Künstlern, Galeristen und Kulturschaffenden der Nachkriegszeit. Insbesondere zur Künstlergruppe junger westen pflegte Schulze Vellinghausen intensive Kontakte und trat in seiner Funktion als Kunstkritiker als Vermittler zwischen den Künstlern und ihrem Publikum auf.
Mit Marliesa Komanns Beitrag wird der Fokus weg von der Kunstkritik und auf das individuell entwickelte informelle Bildkonzept des Düsseldorfer Künstlers Gerhard Hoehme verlegt. In ihrem monografischen Beitrag untersucht sie Hoehmes künstlerisches Konzept anhand wichtiger Stationen seiner Werkentwicklung im Wechselspiel mit der Etablierung der Düsseldorfer Künstler und Galerieszene im Verlauf der 1950er Jahre.
Die Arbeitsweisen dreier Künstler – Jackson Pollock, Hann Trier und Kazuo Shiraga – untersucht Dominik Eckel mithilfe eines trans beziehungsweise interdisziplinären Ansatzes. Dabei geht es um die Frage, welchen Einfluss der Tanz im Werkprozess der gestischen Malerei hat. Eckel verfolgt die These, dass sich theoretische Zusammenhänge zwischen Malerei und Tanz vor allem mit Blick auf die Entwicklung von Choreografien herstellen lassen und dies anhand der Produktions- und Rezeptionsästhetik der Werke der drei Künstler nachvollziehbar wird. Dieser Zugang setzt das Verständnis der gestischen Malerei als Aktion voraus, die den Prozess der Bewegung als entscheidende Eigenschaft für die Entstehung eines Bildes begreift.
Anne-Kathrin Hinz nimmt eine weitere Facette informeller Bilder in den Blick. Dabei geht es weniger um begriffliche Bestimmungsversuche als vielmehr um eine Auseinandersetzung mit inhaltlichen Bezügen. Mithilfe bildwissenschaftlicher Überlegungen geht sie der Frage nach, welche Funktionen die informelle Malerei in der Auseinandersetzung mit Ereignissen der Zeitgeschichte übernehmen kann. Anhand zweier formalästhetisch gänzlich unterschiedlicher Werkbeispiele der Maler K. O. Götz und K. R. H. Sonderborg, die jedoch beide als Repräsentationen wesentlicher Ereignisse der deutschen Geschichte rezipiert werden, zeigt sie auf, wie inhaltliche Bezüge hergestellt werden und welche Funktionen dabei die abstrakte Malweise übernimmt.
Einen gänzlich anderen Zugang zu den Begriffen der kunsthistorischen Informel-Forschung liefert der Beitrag von Marius Müller. Den Ausgangspunkt seines Beitrags bildet die Problematik des Werkbegriffs, der die