Lotte Laserstein, 2. Auflage

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Inhalt

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Anmerkungen zur Neuauflage Einleitung

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Ich will Malerin werden Kindheit, Jugend, Ausbildung 1898–1927

19 27

Kindheit und Jugend Die künstlerische Ausbildung

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Erbschaft anderer Zeit Die Berliner Jahre 1927–1937

53 58 69 77 99 115 123 134

Im Zeichen der Sachlichkeit Der Blick ins Atelier Die Malerin und ihr Modell Typisierte Individuen und individualisierte Typen Aktualisierung der Tradition Von der Kunst leben Das traurige Land – Bilder von den Studienreisen Ausgeschlossen

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Das zweite Leben Die Jahre in Schweden 1937–1993

145 161 194 202

Neuanfang im Exil Künstlerische Anpassung und Selbstbehauptung Kunstschaffen im Abseits Späte Anerkennung und internationale Wiederentdeckung

207 222 224 227 242 246 247 248

Anmerkungen Kurzbiographie Lotte Laserstein Ausstellungsverzeichnis Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis Dank Bildnachweise Impressum



Anmerkungen zur Neuauflage

Als der vorliegende Text 2003 erstmals erschien, war der Name Lotte Laserstein nur wenigen Kennern geläufig. Von den Nationalsozialisten aus dem öffentlichen Kunstleben gedrängt und später ins schwedische Exil getrieben, war die Malerin hierzulande gänzlich in Vergessenheit geraten. Trotz eines vielversprechenden Karrierestarts im Berlin der Zwanziger Jahre war ihr Name beim Weggang aus Deutschland nicht groß genug als dass man sich nach dem Krieg an ihn erinnert hätte. Bilder in öffentlichem Besitz, die auf sie hätten aufmerksam machen können, waren den »Säuberungsaktionen« der Nazis oder den Bomben zum Opfer gefallen, Werke in Privatsammlungen mit ihren Besitzern emigriert. Dass auch der um Rehabilitation einst verfemter Künstlerinnen und Künstler bemühten Kunstwissenschaft das Werk Lotte Lasersteins lange Zeit entging, hatte vor allem kunstideologische Gründe: Ihr Realismus passte nicht in das Moderne-Konzept der abstraktionsfixierten Nachkriegsjahrzehnte, war suspekt. Es ist das Verdienst des Verborgenen Museums, Berlin, in Kooperation mit dem Stadt­ museum Berlin dieser zu Unrecht übersehenen Malerin 2003 eine erste umfassende Werkschau in Deutschland eingerichtet zu haben. Die Retrospektive Lotte Laserstein – Meine ein­zige Wirklichkeit, der langjährige Recherchen zu Leben und Werk der Künstlerin vorausgegangen waren, stellte einen wichtigen Markstein in der bis heute andauernden Wiederent­deckung Lasersteins dar. Seither wurden ihre Werke wiederholt in wichtige Themenausstellungen inte­griert; Ankäufe renommierter Museen wie der Berliner Nationalgalerie, dem Städel Museum in Frankfurt oder dem Moderna Museet in Stockholm unterstreichen nachdrücklich ­Lasersteins künstlerische Bedeutung und beförderten ihre Rückkehr in den kunsthisto­ rischen Kanon. Heute gilt sie als bedeutende Vertreterin des Realismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Angesichts des anhaltenden Interesses, das seinen Niederschlag auch auf dem Kunstmarkt fand, wo in den letzten Jahren einige bis dato unbekannte oder verschollen geglaubte Werke der Malerin auftauchten, wuchs der Wunsch nach einer Neuauflage der ausstellungsbegleitenden Monographie von 2003, ist diese doch, wie auch die 2006 im Berliner Reimer Verlag erschienene Dissertation Lotte Laserstein – Leben und Werk, seit langem vergriffen. Dieses Vorhaben konnte zu meiner großen Freude 2018 mit dem Deutschen Kunstverlag verwirklicht werden. Dafür danke ich allen Beteiligten, besonders herzlich S­ tephanie Ecker und Jasmin Fröhlich, die die Idee mit Begeisterung aufgenommen und mit nicht nachlassendem Engagement und Feingefühl fürs Thema umgesetzt haben. Gleiches gilt für ­Angelika ­Bardou, die für den reich illustrierten Text ein passgenaues, neues gestalterisches Gewand schuf.

ANMERKUNGEN ZUR NEUAUFLAGE

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Ein nochmaliger Dank sei an dieser Stelle auch all jenen ausgesprochen, die mich bei meinen damaligen Recherchen zu Lotte Laserstein über viele Jahre unterstützt und begleitet haben. Ohne die großartige Hilfsbereitschaft von Lasersteins Freunden, Bekannten, Schülerinnen und Schülern oder ehemaligen Modellen, die mich an ihren Erinnerungen teilhaben ließen, die ihr Wissen teilten, großzügig unveröffentlichte Manuskripte, Briefe, Fotos oder Tonbandaufzeichnungen zur Verfügung stellten oder in langen Gesprächen und Briefwechseln geduldig auf meine vielen Fragen antworteten, sowie ohne die Unterstützung von Sammlern und Galeristen, die uneingeschränkt ihre Werke zugänglich machten, wäre es unmöglich gewesen, Lasersteins Lebensweg zu rekonstruieren und ihr durch die Zeitläufte über viele Länder verstreutes Œuvre in einem Werkkatalog zusammenzutragen. Ihrer aller Namen finden sich im Dank im Anhang. Etliche der damals befragten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen könnten heute keine Auskunft mehr geben. Für die nun vorliegende zweite Neuauflage wurden geringfügige Überarbeitungen vorgenommen. Sie betreffen vor allem inzwischen veränderte Standorte von Werken sowie vereinzelte Werkdatierungen, die präzisiert oder korrigiert werden konnten. Auch die Bibliographie, die naturgemäß nur die im Text zitierte Literatur enthält, wurde um einschlägige wissenschaftliche, essayistische oder literarische Beiträge ergänzt, die seither zu Laserstein er­schienen sind. Ebenso wurde das Ausstellungsverzeichnis um die seit 2003 stattgefundenen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen erweitert. Auf eine aktualisierte Ausgabe des den Publikationen von 2003 und 2006 beiliegenden Werkverzeichnisses wurde indes verzichtet, da in den kommenden Jahren weitere Ände­ rung und Neuzugänge zu erwarten sind. Eine überarbeitete und ergänzte Fassung des Œuvrekatalogs wird daher zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt. Mit diesem Buch möchten wir Lotte Lasersteins beeindruckendes Werk erneut einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen und den Werdegang einer Künstlerin zeichnen, ­deren Lebensweg in besonderem Maße von den großen politischen, sozialen und kulturellen Umbrüchen, Krisen und Katastrophen des 20. Jahrhunderts geprägt war, die dennoch selbstbewusst ihr Ziel verfolgte und auch unter widrigsten Umständen an ihrer Kunst – ihrer »einzigen Wirklichkeit« – festhielt. Anna-Carola Krausse

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ANMERKUNGEN ZUR NEUAUFLAGE


Einleitung

Sie wurde als »leuchtendes Talent«1 gerühmt, galt als »eine der tüchtigsten jungen Malerinnen«2 und man zählte sie mit »Recht zu den allerbesten der jungen Maler-Generation«3 – »Lotte Laserstein, die große Könnerin«.4 Heute ist ihr Name kaum noch bekannt. Die 1898 geborene Lotte Laserstein gehört zu jenen Künstlerinnen und Künstlern, für die man inzwischen das Schlagwort der »verschollenen Generation«5 gefunden hat. Ihre künstlerische Laufbahn, die im Berlin der späten zwanziger Jahre einen vielversprechenden Anfang nahm, fand durch die Machtübernahme der National­sozialisten ein jähes Ende. Man erklärte die getaufte und assimiliert aufgewachsene Laserstein zur »Dreivierteljüdin«, was zur Folge hatte, dass die Malerin sukzessive aus dem öffentlichen Kunstleben ausgeschlossen wurde. Angesichts der immer schwerer werdenden Lebens- und Arbeitsbedingungen sah sie sich 1937 zur Emigration gezwungen. Sie flüchtete nach Schweden, wo sie sich als Porträtistin eine neue Existenz aufbauen konnte. Nach Deutschland kehrte Lotte Laserstein nach dem Krieg »aus Abneigung«6 nicht zurück. Zu viele schreckliche Erinnerungen verbanden sich für sie mit dem Land: Ihre Mutter war im KZ Ravensbrück ums Leben gekommen, ihre Schwester Käte hatte Krieg und Verfolgung unter traumatisierenden Bedingungen in einem Berliner Versteck überlebt. Das Asylland Schweden wurde für Lotte Laserstein zur Wahlheimat; hier verbrachte sie die längste Zeit ihres Lebens. Als sie 1993 im Alter von 94 Jahren im südschwedischen Kalmar starb, hinterließ sie ein nicht zuletzt durch ihre schwedische Auftragsmalerei immens angewachsenes Werk von schätzungsweise 10.000 Gemälden und Zeichnungen.7 Angesichts des qualitativ heterogenen, überwiegend auf den Publikumsgeschmack ausgerichteten schwedischen Œuvres muss aus heutiger Sicht der vergleichsweise schmale Werkkomplex der in Berlin zwischen 1927 und 1933 entstandenen Bilder als Höhepunkt des künstlerischen Schaffens Lasersteins gelten. Bis heute konnten gut 300 Gemälde sowie über 100 Zeichnungen und Druckgraphiken aus den Berliner Jahren in privaten und öffentlichen Sammlungen in Europa, den USA und Australien ermittelt werden. Diese Arbeiten sind im Werkverzeichnis Lotte Laserstein 1910–1937 erfasst.8

Die bekannte Unbekannte Mit Lotte Laserstein ist eine herausragende Malerin der zwanziger Jahre wieder zu entdecken. Die Vertreibung aus Deutschland war zugleich – von den Nationalsozialisten durchaus so intendiert – eine Vertreibung aus der Kunstgeschichte. Durch den Weggang aus Deutsch-

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land verschwand die Künstlerin auch aus dem kollektiven Gedächtnis. Nach 1945 erinnerte man sich höchst selten an die einst aufstrebende junge Malerin. Werke in öffentlichem Besitz, die Zeugnis von Lotte Lasersteins Existenz und ihrer Kunst hätten ablegen können, waren dem Bildersturm der Nazis zum Opfer gefallen. Obwohl auch Lasersteins Name auf den »Säuberungs«-Listen verzeichnet ist,9 nahm die um Rehabilitation der verfemten Künstler bemühte deutsche Kunstwissenschaft die Malerin nicht zur Kenntnis: Dem abstraktions­ fixierten Blick der Nachkriegsdekaden entging das Werk der Realistin. In der Literatur der Zeit wird Lotte Laserstein einzig in dem von Max Osborn im amerikanischen Exil verfassten Rückblick auf das Berliner Kunstleben im 19. und 20. Jahrhundert erwähnt. Selbst im Zuge des neu erwachenden Interesses an der Neuen Sachlichkeit seit Ende der sechziger Jahre fand Laserstein nur vereinzelt Berücksichtigung,10 und es sollten noch gut zwanzig Jahre vergehen, bis man der Malerin so viel Aufmerksamkeit schenkte, dass sie Ende des 20. Jahrhunderts immerhin zu den »bekannteren Unbekannten«11 zählte. Ab Beginn der neunziger Jahre fand Lotte Lasersteins Werk zunehmend Beachtung in Forschungsarbeiten und Überblicksdarstellungen zum weiblichen Kunstschaffen im 20. Jahrhundert.12 Initialzündung dieser sukzessiven Wiederentdeckung war die von Caroline Stroude angeregte und kuratierte Ausstellung Lotte Laserstein. Paintings and Drawings from Germany and Sweden, 1920–1970, die 1987 als Gemeinschaftsproduktion in den beiden renommierten Londoner Galerien Agnew’s und Belgrave Gallery stattfand. Trotz des seither gestiegenen Interesses an der Kunst Lotte Lasersteins stand eine profunde Übersicht und Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk der Malerin bis zur Erstveröffentlichung dieses Textes im Jahre 2003 aus. Als unangefochtene Referenzschrift galt der knappe, aber informative Aufsatz, den Caroline Stroude für den Katalog der Londoner Ausstellung 1987 verfasst hatte.13 Der vornehmlich biographisch ausgerichtete Text basiert auf Gesprächen, die die Autorin in Vorbereitung der Londoner Ausstellung 1987 mit der Künstlerin geführt hat. Stroude erinnerte sich später, dass die Unterhaltung mit der 85-jährigen Malerin zwar äußerst lebendig, aber nicht immer einfach gewesen sei, da jene ihre Geschichte in einer charmanten, doch mitunter schwer zu verstehenden Mischung aus Englisch, Deutsch und Schwedisch erzählt habe.14 Diesen Verständigungsschwierigkeiten und wohl auch den verschwimmenden Erinnerungen der hochbetagten Laserstein sind zweifellos einige Ungereimtheiten und Verkehrungen von Daten und Sachverhalten in Stroudes Text zuzuschreiben, die von späteren Autoren ungeprüft übernommen wurden. Dessen ungeachtet gebührt Caroline Stroude das große Verdienst, Lotte Laserstein für ein internationales Publikum entdeckt zu haben. Ohne die Londoner Ausstellung wären einige der bedeutendsten Werke der zwanziger Jahre wahrscheinlich nie mehr ans Licht der Öffentlichkeit gelangt, wären die Malerin und ihr beeindruckendes Werk in nicht mehr zugängliche Tiefen des Vergessens gesunken. Der umfangreiche Schatz, den es zu heben galt und von dem die Schau in London zunächst nur eine Ahnung vermittelte, konnte in der vom Verborgenen Museum in Kooperation mit dem Stadtmuseum Berlin veranstalteten Retrospektive Lotte Laserstein – Meine einzige Wirklichkeit, die 2003 im Museum Ephraim-Palais stattfand, erstmals in seiner ganzen Vielfalt ausgebreitet werden.

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Rekonstruktion eines vergessenen Lebens und Werkes Auf die Frage eines englischen Journalisten, ob Lotte Laserstein nie in Erwägung gezogen habe, ihr außergewöhnliches Leben niederzuschreiben, antwortete die damals 92-jährige Malerin mit verschmitzter Bescheidenheit: »Ich glaube nicht, dass das interessant wäre. Wenn ich tot bin, können sie es tun!«.15 So ist es gekommen. Die Arbeit an meiner Disserta­ tion,16 die der Ausstellung und der begleitenden Monographie zugrunde lagen, begann wenige Jahre nach Lasersteins Tod; eine persönliche Begegnung mit der Künstlerin hatte nicht mehr stattgefunden. Lasersteins Werdegang musste daher aus vielfältigen Erinnerungen und Informationssplittern unterschiedlichster Provenienz rekonstruiert werden. Die Kunstwerke, die die Malerin hinterlassen hat, aber auch Ausstellungskataloge und Rezensionen aus der zeitgenössischen Tages-, Fach- und Illustrierten-Presse sowie Unterlagen, die sich in Archiven erhalten haben, und persönliche Dokumente im Nachlass der Künstlerin (N)17 – darunter Briefe von Freunden und Bekannten, private Fotografien und Notizkalender – lieferten wertvolle Hinweise. Bedauerlicherweise existieren keine Tagebücher oder autobiographische Notizen, schriftlich fixierte Gedanken zum eigenen Schaffen sind ein Rarum. Als aufschlussreiche und ergiebige Quelle, insbesondere für die Jahre in Schweden, erwies sich indes ein Konvolut von knapp 400 Briefen, die die Malerin im Laufe von fast vierzig Jahren, von 1946 bis 1982, an ihre in Deutschland gebliebene Freundin Traute Rose geschrieben hat18 und die in besonderer Weise Aufschluss über die Befindlichkeit Lasersteins in ihrem »Zweiten Leben«19 geben. So authentisch diese Äußerungen zunächst erscheinen mögen, so sehr war es doch geboten, gerade die Selbstaussagen kritisch zu betrachten. Insofern kam den Briefen die Doppelfunktion zu, Informationsquelle und Untersuchungsgegenstand in einem zu sein. Einen vergleichbar kritischen Umgang erforderten auch die Erzählungen jener Menschen, die Lotte Laserstein persönlich kannten und die sich in persönlichen Gesprächen oder schriftlich an die Malerin erinnerten.20 Die Geschmeidigkeit der Erinnerung und die Kontextabhängigkeit von erinnerter Geschichte sind in der Oral History als grundsätzliches Problem erkannt worden. Die Warnung vor der verlockenden, gleichwohl illusorischen »Vorstellung, dass Zeitzeugen Fakten oder Informationen zur Verfügung stellen, die – als Puzzle zusammengesetzt – einen direkten Zugang zur vergangenen Wirklichkeit vermitteln«,21 war bei der Auswertung des zusammengetragenen Materials daher stets präsent. Um ein Höchstmaß an Verifizierbarkeit in der biographischen Aufarbeitung zu erreichen, wurden die individuellen Wahrnehmungen, Erinnerungsbündelungen und Gedächtnisleerstellen in den von den Befragten erzählten Geschichten immer wieder mit verbürgten historischen und/oder biographischen Fakten korreliert. So entstand in einer Art Indizienprozess die Erzählung einer Lebensgeschichte, die Fragezeichen, Ungeklärtes und Widersprüche als Bestandteile ihrer selbst gelten lässt, ohne im Ungefähren zu verschwimmen.

Eine andere Facette der Moderne Lotte Lasersteins Leben lässt sich in drei große Abschnitte teilen: Der erste umfasst die Kindheit, Jugend und Ausbildung und endet 1927 mit dem Abschluss des Akademiestudiums als

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Meisterschülerin von Erich Wolfsfeld. Danach folgt die künstlerisch und biographisch wohl bedeutsamste Dekade im Leben der Malerin: die Jahre bis zur Emigration 1937. Es ist ein Jahrzehnt, in dem sich Lotte Laserstein als junge Künstlerin in der Berliner Kunstöffentlichkeit etablieren und erste Erfolge feiern kann und in dem ihre besten Bilder entstehen. Aber es sind auch Jahre, in denen Laserstein die Ächtung als Jüdin erleben muss, Berufsverbot erfährt und schließlich zum Verlassen des Landes gezwungen ist. Mit der Emigration 1937 beginnt schließlich der dritte Abschnitt, die lange Zeit ihres Lebens in Schweden. So wechselvoll Lasersteins Leben war, so konstant blieb sie der realistischen Malweise und ihrem favorisierten Thema verbunden: dem Menschen. Anregungen für ihre Bildnisse und Gruppenbilder fand sie in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren auf den Straßen der Metropole Berlin. In eindringlichen Porträts und unprätentiösen Schilderungen alltäglich-beiläufiger Situationen gibt sie sich motivisch und thematisch ganz als Kind ihrer Zeit zu erkennen. Sie malt Typen des modernen Alltags: sportive Frauen, sich schminkende junge Mädchen, einen Motorradfahrer in voller Montur und modisch gekleidete Großstädterinnen. Von besonderem Interesse ist für sie das zeitgenössische Bild der sogenannten Neuen Frau, das sie in Selbstbildnissen und Porträts der Freundin Traute Rose auf vielfältige Weise inszeniert und interpretiert. Der Zusammenarbeit mit Traute Rose, dem erklärten »Lieblingsmodell«22 der Malerin, verdanken sich einige der bedeutendsten Werke Lasersteins, darunter eine Reihe raffiniert komponierter Malerin-Modell-Darstellungen und beeindruckende Akte. In ihrer unsentimentalen Auffassung wie auch in der thematischen Ausrichtung ­stehen die Bilder Lotte Lasersteins der Neuen Sachlichkeit nahe – und doch wollen sie nicht recht in diese kunsthistorische Kategorie passen. Ihnen fehlt sowohl die distanzierende ­Glätte und bissige Schärfe wie auch die gesellschaftskritische, sezierende Beobachtung, die der neusachlichen Malerei eigen ist. Lotte Laserstein sucht nie das Verruchte, das Schrille und Laute. Expressive Übertreibung oder neusachliche Kühle weichen bei ihr einer ahnungsvoll-­ ernsthaften Ruhe und verhaltenen Melancholie. Ihre nüchternen Beobachtungen schildert Lotte Laserstein in einer stofflichkeitsbetonten, beherrscht-sinnlichen Malweise, die ihre akademische Herkunft stets durchscheinen lässt. Obwohl handwerklich traditionell, zeugen ihre Bilder inhaltlich von höchster Zeitgenossenschaft. Ihre intellektuell ausgeklügelten, von Tradition und Moderne gleichermaßen geprägten Bilderfindungen suchen in der Kunst der späten Weimarer Republik ihresgleichen. Bislang wurde das Werk Lotte Lasersteins meist im Zusammenhang mit der Neuen Sachlichkeit wahrgenommen.23 In seiner zwischen Distanz und Nähe, Sachlichkeit und Sensibilität, Monumentalität und Intimität changierenden künstlerischen Sprache führt Lotte Lasersteins Realismus jedoch weit über die Neue Sachlichkeit hinaus und öffnet den Blick auf eine noch wenig beachtete Facette der Moderne. Ihre Arbeiten reflektieren eine Zeit, die nach der Etablierung der Avantgarde-Bewegungen von künstlerischer Verunsicherung und der Suche nach neuen Orientierungen gekennzeichnet war. Die in der Kunst der Weimarer Republik allenthalben zu beobachtende Rückbesinnung auf die Tradition, dieser allgemeine »Rückblick nach vorn«,24 konstituiert auch Lasersteins Kunstauffassung. In ihren Bildern der zwanziger und frühen dreißiger Jahre manifestiert sich ein ästhetisches Programm, das jene künstlerische Richtung kennzeichnet, die, wie Fritz Schmalenbach beklagt, »als breite und

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beherrschende Strömung dieser Jahre nie erkannt und beschrieben worden« ist und derart in Vergessenheit geriet, dass »es schwierig ist, überhaupt klar zu machen, wovon die Rede ist [und] ihr einen deutlichen Namen zu geben«.25 Diese Unterlassung ist inzwischen zwar durch vereinzelte Überblicksdarstellungen zur figurativen Kunst der späten Weimarer Republik ins Bewusstsein gehoben worden,26 eine grundlegende Aufarbeitung haben die gegenständliche Kunst jenseits der Neuen Sachlichkeit oder die aus der Neuen Sachlichkeit hervorgegangenen realistischen Tendenzen, die die Kunstlandschaft um 1930 beherrschten, indes bis heute nicht erfahren. Lange Jahre beschränkte sich die Kunstwissenschaft auf die wenig differenzierte Feststellung eines allgemeinen »geschmäcklerischen Verfalls«27 am Ende der Weimarer Republik, der dazu geführt habe, dass sich nach 1929 zunehmend eine Kunst durchsetzte, die auch den Vorstellungen der Machthaber nach 1933 entgegenkam. Diese durch das Wissen um den Fortgang der Geschichte belastete Sicht hat den traditionsorientierten Realismus der Weimarer Jahre innerhalb der Forschung und im öffentlichen Bewusstsein ins Abseits geraten lassen. Die Gründe dafür liegen zweifellos in den »unheimlichen Nachbarschaften«28 zur späteren nationalsozialistischen Kunstauffassung. Der latente Ideologieverdacht hat dazu geführt, dass die Modernität der in den Zwischenkriegsjahren entstandenen gegenständlichen Malerei immer wieder offen oder subtextuell in Frage gestellt worden ist. Die Kuratoren der 1977 veranstalteten Ausstellung Die dreißiger Jahre – Schauplatz Deutschland, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, erstmals zu zeigen, dass in den dreißiger Jahren in Deutschland eine Kunst existierte, die zwar nicht in deutlicher Opposition zur anfangs noch uneinheitlichen und unausgegorenen nationalsozialistischen Kunstideologie stand, aber dennoch nichts mit dieser gemein hatte, benannten einen Grund für die Ende der siebziger Jahre immer noch bestehenden Ressentiments in aller Deutlichkeit: »Der zeitbezogene Realismus ist nicht zuletzt durch den Beifall nach 1933 bis heute in Verruf, ungeachtet der Tatsache, dass zwischen seinen traditionellen Aspekten und der ideologisierten Malerei des Nationalsozialismus eine scharfe Trennungslinie existiert.«29 Aufgrund dieses Beifalls von der falschen Seite sahen sich die Veranstalter der 1981 gezeigten Ausstellung Realismus. Zwischen Revolution und Reaktion 1919–1939 veranlasst, ihre Beschäftigung mit der gegenständlichen Kunst ebenfalls ausführlich zu begründen, um so dem antizipierten Vorwurf des Ewiggestrigen von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auch wenn inzwischen die damals virulenten Berührungsängste merklich abgenommen haben, hat die von Günter Metken formulierte Aufforderung und Überzeugung doch nicht an Gültigkeit verloren: »Ehe man Teilen dieser Kunst ihren späteren Hang zum National-Konservativen oder gar ihre Sympathien in Richtung Ordnung und Faschismus bescheinigt, gilt es, sich noch einmal die gemeinsame Ausgangslage klar zu machen«, um so »den Blick für diese andere Seite der Moderne [zu] schärfen.«30 Während es 1977 noch als »kühn«31 galt, dieses Thema aufzugreifen, hat sich die kunstwissenschaftliche Zunft zum Ausgang des 20. Jahrhunderts aus der Befangenheit eines »hilflosen Antifaschismus«32 merklich befreit. Dies ist wohl nicht allein auf die größere historische Distanz zum Nationalsozialismus zurückzuführen, sondern auch darauf, dass mit der Postmoderne das Konzept der Klassischen Moderne als künstlerische Referenzgröße seine Unantastbarkeit und die Abstraktion ihren ethisch-moralischen Schutzmantel verloren hat. Gleichungen wie abstrakt = progressiv,

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gegenständlich = regressiv, wie sie zu Beginn der achtziger Jahre noch aufgestellt werden konnten,33 erscheinen heute allzu pauschal. Längst hat sich die Rede von der »anderen Moderne«34 etabliert, worunter in der Regel jene Künstler der Klassischen Moderne gefasst werden, deren Kunst sich dem Überwindungsparadigma der Avantgarde sperrt und die die Tradition als Ressource für die Entwicklung einer neuen, zeitgemäßen Kunst genutzt haben. Dieser anderen Moderne ist auch Lotte Lasersteins Berliner Werk zuzuordnen.

Exilkunst In Schweden betätigte sich Lotte Laserstein vorzugsweise als Porträtistin. Obwohl die Bildnismalerei ihren persönlichen Neigungen in hervorragender Weise entgegenkam, war es der Malerin unter den psychisch und materiell belastenden Bedingungen des Exils letztlich nicht möglich, in gleicher Qualität mit der Arbeit fortzufahren. Zwar gelang es ihr, im Gegen­ satz zu vielen anderen emigrierten Künstlerkollegen, weiterhin mit der Kunst den Lebens­ unterhalt zu bestreiten, doch verlieren ihre Werke zunehmend an künstlerischer Kraft und Intensität, vermutlich ein Grund, warum das Exilwerk der Künstlerin bis heute gänzlich unerforscht geblieben ist. Selbst der Exilforschung, die sich beachtlicher Ausgrabungsarbeiten rühmen kann, war Lotte Laserstein lange Jahre eine Unbekannte.35 Die eingehende Beschäf­ tigung mit ihrem Kunstschaffen im schwedischen Exil ist auch ein moralisches Gebot, würde die Nichtachtung der späten Werke doch die nationalsozialistische Vertreibung aus der Kunst(-geschichte) unbeabsichtigt bestätigen. Vor allem aber ist ein genauerer Blick auf das Exilwerk aufschlussreich, da hier deutlich zutage tritt, welch fatale Auswirkungen die lebensrettende Emigration auf das künstlerische Schaffen Lasersteins hatte. Die schwedischen Bilder geben Zeugnis von dem im Exil erlittenen künstlerischen Identitätsverlust und dem gleichzeitigen Versuch, sich durch die Kunst aus der Krise zu befreien. In der Vergangenheit sind zahlreiche Studien erschienen, die sich speziell mit den Lebensbedingungen von Frauen im Exil beschäftigen. Gemeinsam ist all diesen Untersuchungen die generalisierende Erkenntnis, dass Frauen, zumal jene, die vor der Emigration nicht die traditionelle Rolle von Mutter und/oder Ehefrau ausfüllten, sondern sich – wie Lotte Laserstein – als Alleinstehende im Leben eingerichtet hatten, in der Regel den außergewöhnlichen Belastungen des Exils besser gewachsen waren als Männer. Eine passive, schicksalsergebene Wartesaal-Haltung, die insbesondere den männlichen Vertretern der literarischen Prominenz zugeschrieben wird,36 kann Laserstein nicht nachgesagt werden. Im Gegenteil: In der zielstrebigen und beherzten Art, wie sie im fremden Land ihren beruflichen Neuanfang verfolgt, scheint sie ein weiteres Beispiel für die in zahlreichen Einzelstudien festgestellte weibliche Anpassungsfähigkeit an die neuen Lebensumstände zu sein. Doch gerade die paradoxe Entwicklung, dass der Rückgewinn von Arbeitsmöglichkeit und Kunstöffentlichkeit bei Laserstein nicht mit einer persönlichen und künstlerischen Befreiung einhergeht, sondern zu einer existentiellen Selbstentfremdung führt, offenbart die bislang wenig beleuchteten Fallstricke der allenthalben positiv bewerteten »weiblichen Überlebensstrategien«37 und lässt die Komplexität des von widerstreitenden Gefühlen begleiteten Assimilations- und Akkulturationsprozesses im Exil erahnen.

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Gedanklicher Ausgangspunkt der Beschäftigung mit Lotte Lasersteins Exilwerk ist die Diskussion, die wesentlich durch Vilèm Flussers Behauptung ausgelöst wurde, das Exil sei, »wie immer es auch geartet sein möge, [...] die Brutstätte für schöpferische Taten, für das Neue«38 schlechthin. Das daraus erwachsene Paradigma vom Exil als Chance gewinnt gerade heute im Zusammenhang mit den weltweiten Migrationsbewegungen und der Rede von der multikulturellen Gesellschaft wegen seiner optimistischen Ausrichtung eine wachsende Beliebtheit. Deutungsschemata, die in der durch das Exil gegebenen Konfrontation mit dem Neuen einen wesentlichen Impuls, ein »Ferment«39 für die Hervorbringung von Kultur überhaupt sehen – und in Einzelfällen auch nachweisen können –, sind allerdings dann mit Skepsis zu betrachten, wenn sie als programmatisches Diktum, als quasi überindividueller, allgemeingültiger Maßstab wahrer Künstlerschaft verwendet werden und die Tendenz zeigen, sich als ein neuer Mythos40 in der Forschung zu etablieren. Mahnungen, das Exil nicht zu verklären, sondern gerade »auch dem Elend und der Dürftigkeit des Exils sine ira et studio nachzugehen«,41 scheinen angezeigt, will man nicht der von Jutta Held beklagten Klischeehaftigkeit kunsthistorischer Konzeptionen erliegen, die im »Exil nur eine Station der Leidensgeschichten des modernen Künstlers [sehen], über die er triumphiert, um unangefochten seine reine Kunst zu schaffen, der ihre Entstehungsbedingungen äußerlich bleiben«.42 Einer derartigen Verklärung soll hier durch eine historisierende Sicht auf Lasersteins Kunstproduktion im Exil vorgebeugt werden, indem bewusst auch künstlerisch weniger überzeugende Arbeiten als aufschlussreiche Dokumente von Exilerfahrung und Exilkunst in die Untersuchung einbezogen werden, denn in der Tat sind es »nicht immer [...] die stärksten Bilder, die nach Deutung verlangen«.43 Lotte Lasersteins Leben währte fast ein Jahrhundert. Es lässt sich aufrichtiger Weise nicht mit jenen schillernden Worten beschreiben, die Künstlerbiographien gern schmücken. Lotte Laserstein war weder in ihrer Kunst noch privat eine Revolutionärin, die mit sämtlichen Konventionen brach, sie war keine Bohemienne und pflegte keine Kontakte zu heute berühmten Künstlerkreisen. Vielmehr verbrachte sie ein vergleichsweise zurückgezogenes, der Arbeit gewidmetes Leben. Gleichwohl ist ihr unspektakuläres Leben doch außergewöhnlich und kann als »normaler Ausnahmefall«44 für ein Künstlerinnen-Dasein im 20. Jahrhundert betrachtet werden. Ihre künstlerische Laufbahn war in besonderem Maße von den großen politischen, sozialen und kulturellen Umbrüchen, Krisen und Veränderungen der Zeit bestimmt – in ihren Werken gibt die Malerin der sich verändernden Wirklichkeit immer wieder neu Gestalt. Der lebensgeschichtliche und künstlerische Werdegang der Malerin wirft vielfältige Fragen auf, deren Beantwortung nur möglich ist, wenn neben der kunstwissenschaftlichen Betrachtung auch zeitgeschichtliche, biographische, politische, soziokulturelle und psychologische Aspekte Berücksichtigung finden und die ökonomischen Bedingungen, die das Schaffen in den unterschiedlichen Lebensphasen bestimmt haben, in den Blick genommen werden. Diese Vorgehensweise fühlt sich einer »Interdisziplinarität von innen«45 verpflichtet, die die künstlerischen Äußerungen nicht vom »Feldherrnhügel der durchgesetzten Moderne«46 aus betrachtet, sondern aus den Entstehungszusammenhängen ihrer Zeit heraus zu begreifen sucht. Eine Annäherung dieser Art öffnet den Blick für die überzeitliche Aktualität von Lasersteins Werken. Ihre Bilder der zwanziger und dreißiger Jahre reichen weit über die eigene Epoche hinaus: Sie haben bis heute eine bezwingende Wirkung und Modernität bewahrt.

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Ich will Malerin werden | Kindheit, Jugend, Ausbildung |

1898 –1927



Kindheit und Jugend

Der familiäre Hintergrund »Als ich fünf war, hatte ich einen sieben Jahre alten Verehrer. Schon damals sagte ich zu ihm: ›Verschwende nicht Deine Zeit. Ich werde mein Leben der Kunst widmen.«1 Auch wenn diese Geschichte, die von der betagten Malerin gern erzählt und in der Literatur mehrfach wiedergegeben wurde,2 Züge einer typischen Künstlerlegende trägt, soll die Anekdote hier doch als Aufhänger genommen werden, sich der Malerin zu nähern. Das Interessante des kind­ lichen Gelübdes liegt weniger in dessen tatsächlicher Erfüllung – betrachtet man Lasersteins Werdegang, scheint die Formulierung, sie habe ihr »Leben der Kunst gewidmet«, keineswegs übertrieben –, erstaunlich ist vielmehr, dass hier von einem kleinen Mädchen ein für die damalige Zeit höchst ungewöhnlicher Berufswunsch geäußert wurde. Zwar hatte sich im ­Laufe des 19. Jahrhunderts die Situation für künstlerisch tätige Frauen durch die Gründung von Künstlerinnen-Vereinen und sogenannten Damenakademien positiv entwickelt und die professionelle Künstlerin war um die Jahrhundertwende keine Seltenheit mehr.3 Gesellschaftlich gebilligtes weibliches Kunstschaffen blieb allerdings in der Regel auf den kunstgewerblichen

1 Meta und Hugo Laserstein, um 1890 2 Ida Birnbaum, um 1912

KINDHEIT UND JUGEND

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3 Weihnachten im Hause Birnbaum/ Laserstein, um 1907 4 Lotte und Käte Laserstein, um 1908

oder kunstpädagogischen Bereich beschränkt. Künstlerisch tätige Frauen arbeiteten zumeist als Kunstgewerblerin, Dekorzeichnerin, Porzellanmalerin oder Zeichenlehrerin;4 eine Existenz als Malerin oder Bildhauerin war nach wie vor die große Ausnahme. Von der Laufbahn als freie Künstlerin rieten selbst Vertreterinnen der Frauenbewegung dringend ab, stand doch diese Profession dem emanzipatorischen Bestreben nach ökonomischer Selbstständigkeit und finanzieller Unabhängigkeit diametral entgegen.5 Lotte Lasersteins mit Entschiedenheit vorgetragene Zukunftsvorstellung lässt nach den Einflüssen aus ihrem sozialen und familiären Umfeld fragen. Wie kommt ein kleines Mädchen auf die Idee, ihr Leben der Kunst widmen zu wollen? Lotte Meta Ida Laserstein wurde am 28. November 1898 in Preußisch-Holland (heute Pasłęk), einem ostpreußischen Provinzstädtchen im Regierungsbezirk Königsberg (heute Kaliningrad), geboren. Sie war die erste Tochter von Hugo und Meta Laserstein, geborene Birnbaum. Der Vater war Pharmazeut und Inhaber der Apotheke des Ortes,6 die Mutter Meta war die Tochter des zum Geheimen Justizrat dekorierten Landgerichtsdirektors Salomon Birnbaum.7 Die Eltern gehörten dem assimilierten jüdischen Bürgertum an und zählten zu den besseren Kreisen des um die Jahrhundertwende rund 5.000 Einwohner zählenden Ackerbürgerstädtchens.8 Als Lotte geboren wurde, waren beide nicht mehr ganz jung. Meta war bei der Geburt ihres ersten Kindes 32 Jahre alt, der Vater bereits 38.9 Anderthalb Jahre später, im Mai 1900, kam die zweite Tochter Käte Rosalie Ida zur Welt.10 Bald nach Kätes Geburt siedelte die Familie wegen eines Herzleidens des Vaters in den hessischen Kurort Bad Nauheim über. Vermutlich hat Hugo Laserstein die Apotheke in Preußisch-Holland veräußern können, denn er verfügte über das Kapital, um in Bad Nauheim ein mehrstöckiges Mietshaus zu erwerben, in dem die Familie selbst eine Etage bewohnte.11 Das ruhige Leben, das sich der junge Rentier

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ICH WILL MALERIN WERDEN| KINDHEIT, JUGEND, AUSBILDUNG|1898–1927


5 Familienausflug, um 1906

erhofft hatte, währte allerdings nur kurz: Im März 1902 erlag Hugo Laserstein im Alter von nur 42 Jahren seinem Herzleiden. Lotte war damals knapp dreieinhalb Jahre alt, Erinnerungen an den Vater sind daher kaum vorhanden. Die einzig erhaltene schriftliche Bemerkung zu Hugo Laserstein findet sich in einer Nachricht der Malerin aus den fünfziger Jahren an ihre Schwester Käte: Auf die tödliche Krankheit des Vaters anspielend, beklagt sie, das einzige, was der Vater ihr mitgegeben habe, sei »wohl das kaputte Herz«.12 Unbeachtet lässt sie dabei allerdings die große Ähnlichkeit, die sie mit ihrem Vater hatte. Die markante volle Oberlippe und die großen dunklen Augen sind zweifellos ebenfalls ein väterliches Erbe (Abb. 1). Meta Laserstein blieb nach dem Tod ihres Mannes unverheiratet und zog mit den beiden Töchtern zu ihrer Mutter Ida Birnbaum, geborene Sinhuber, die – inzwischen ebenfalls verwitwet – mit ihrer jüngsten Tochter Elisabeth, genannt Elsa, in Danzig lebte.13 Die von Lotte Laserstein hoch verehrte und später mehrfach porträtierte Großmutter Ida war eine, wie die Malerin sich später erinnerte, äußerst gebildete, liebenswürdige und sehr resolute Frau. Auf erhaltenen Familienfotos strahlt die stets in strengem Schwarz gekleidete alte Dame geradezu patriarchale Würde aus (Abb. 2). In ihrer Rolle als Familienoberhaupt mag sie Lotte und Käte den früh verstorbenen Vater ersetzt haben, wenngleich gerade die im Hause Birnbaum/ Laserstein herrschende unkonventionelle männerlose Familienkonstellation einen prägenden Einfluss auf die heranwachsenden Mädchen gehabt zu haben scheint. Sowohl Lotte als auch Käte werden später ein Leben als alleinstehende, berufstätige Frauen führen.14 In gutbürgerlich-wohlhabenden Verhältnissen aufwachsend, verlebten Lotte und ihre Schwester eine als glücklich und harmonisch empfundene Kindheit (Abb. 3–6). In der Familie

KINDHEIT UND JUGEND

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6 An der Ostsee, um 1907

herrschten Liberalität und Offenheit, die Beschäftigung mit Literatur und Musik war, wie in bürgerlichen Kreisen üblich, bei den Lasersteins eine Selbstverständlichkeit. Meta Laserstein war sehr belesen, spielte ausgezeichnet Klavier und besaß ein beachtliches zeichnerisches Talent15 – wie überhaupt die bildende Kunst eine besondere Rolle in der Familie spielte. Lottes Tante Elsa Birnbaum war Malerin und unterhielt in Danzig eine kleine Malschule, in der sie jungen Frauen des Bürgertums den standesgemäßen Zeichen- und Malunterricht erteilte.16 Hier erhielt auch Lotte Laserstein ab 1908 die ersten künstlerischen Unterweisungen.

Erster Unterricht bei Elsa Birnbaum Wenngleich es sich bei der Malschule von Elsa Birnbaum nicht um eine prominente Institution handelte, so wurde der Unterricht bei der Tante für Lotte Laserstein doch wegweisend. »Sie war keine gute Malerin. Und doch, sie war so wichtig für mich, ich verdanke ihr so viel«,17 äußerte Laserstein in hohem Alter gerührt, als sich ein Porträt wiederfand, das Elsa Birnbaum um 1909 von ihr angefertigt hatte (Abb. 7). Den Unterricht gleichsam als Initiation begreifend, verewigte sich die knapp Zehnjährige 1908 altklug-bedeutungsvoll in Elsa Birnbaums Gästebuch mit den Worten »zur Erinnerung an meine Anfangs-Studien« und der in Schönschrift gesetzten Phrase: »Die Malerei ist eine stumme Poesie«.18 Zwei alte Fotografien vermitteln einen atmosphärischen Eindruck dieser »Anfangs-Studien«: Zwischen Malerinnen, die in einem parkähnlichen Garten plein-air-Studien treiben, sitzt auf einem Schemel ein kleines Mädchen mit langem, dunklem Zopf, das Zeichenbrett auf den übergeschlagenen Beinen. Vorsichtig-keck und offensichtlich stolz an der (Kunst-)Welt

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ICH WILL MALERIN WERDEN| KINDHEIT, JUGEND, AUSBILDUNG|1898–1927


7 Elsa Birnbaum: Porträt Lotte Laserstein, um 1909

der Erwachsenen teilhaben zu dürfen, lacht es in die Kamera. Auf einem anderen Foto zeigt sich die kleine Lotte als gelehrige Schülerin, die gemeinsam mit einer hinter ihr stehenden Dame aufmerksam eine begonnene Arbeit betrachtet (Abb. 8, 9). Die ersten künstlerischen Versuche Lotte Lasersteins sind in einem Skizzenbuch dokumentiert, das die Malerin bis an ihr Lebensende bewahrt hat. Für sein Alter ausgesprochen sicher im Erfassen der Perspektive und mit einem guten Gefühl für Proportionen zeichnete das Kind die unmittelbare Umgebung: eine Zimmerecke mit Kachelofen, ein Bauernhaus im Ferienort Johannisbad, Blumen in der Vase. Schon früh bedient sich Lotte Laserstein unterschiedlicher Techniken; die Arbeiten sind in Gouache, Aquarell, Kohle oder Graphit angelegt und in Kinderschönschrift, ganz wie bei einem großen Kunstwerk, mit Namen und Datum signiert (Abb. 10). Diese ersten Zeichnungen und Aquarelle scheinen erfüllt von dem Verlangen nach möglichst korrekter Wiedergabe des Gesehenen und von der eigenen Faszination, dass eben dieses immer besser gelingt. Schon in früher Kindheit probte Laserstein einen gewissenhaften Realismus. Verspielte Zeichnungen, narrative Szenen oder Illustrationen zu mythologischen oder literarischen Vorlagen, wie sie – dem Alter gemäß – zu erwarten wären, sind nicht bekannt. Bald wagte sie sich an Porträts und Gruppenbildnisse, für die ihr Mutter, Großmutter, Tante und Schwester geduldig Modell standen. Ein geschickt mit Hell-Dunkel-Kontrasten komponiertes Aquarell, »das Lotte Laserstein als 11jähriges Kind malte«,19 wurde 1929 in der

KINDHEIT UND JUGEND

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29 Alte Frau in Schwarz, um 1926

bleibt unbehandelt stehen. Laserstein malt gewissermaßen mit der Realität, mit dem realen Material, so dass gemalte und tatsächliche Materialität mit demselben Wirklichkeitsanspruch nebeneinanderstehen. Auch im lebendigen Duktus des Kopfes eines jungen Mannes (Abb. 30) oder im locker angelegten Doppelbildnis Mutter und Kind (M 1926/1) tritt die Malerei als eigenständige, autonome Größe neben den Abbildnaturalismus. 1925 wurde Lotte Laserstein für ihre beeindruckende künstlerische Entwicklung ausgezeichnet. Auf Vorschlag des Lehrerkollegiums der Vereinigten Staatsschulen wurde ihr vom Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung die Ministermedaille verliehen.66 Im selben Jahr nahm Erich Wolfsfeld sie in seine Meisterschülerklasse auf. Der Meister­schülerstatus bedeutete nicht nur Anerkennung für das Geleistete, sondern ermöglichte Lotte Laserstein auch, was wesentlich war, nach Ablauf der Regelstudienzeit die Weiter­

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ICH WILL MALERIN WERDEN| KINDHEIT, JUGEND, AUSBILDUNG|1898–1927


arbeit an der Hochschule. Ihr standen damit ein eigenes Atelier, ausreichend Malmaterial und Modelle zur Verfügung, etwas, was sie sich aus eigenen Mitteln in diesem Umfang nicht hätte leisten können. Ihre finanzielle Situation war nach wie vor so schlecht, dass auch an eine eigene Wohnung für die 27-Jährige noch nicht zu denken war.67 Nicht zuletzt aufgrund ihrer bescheidenen ökonomischen Verhältnisse führte Lotte Laserstein im Berlin der »wilden zwanziger Jahre« ein eher zurückgezogenes, auf einen kleinen Freundeskreis beschränktes und vornehmlich der künstlerischen Arbeit verpflichtetes Leben. Kontakte zu heute prominenten Künstlern der Zeit sind nicht bekannt.68 Ein umtriebiges Bohemeleben in den Cafés und Kneipen der Stadt konnte und wollte sich die Kunststudentin nicht leisten.69 Als besonderes Freizeitvergnügen erinnerte sie später allenfalls die Malausflüge mit Kommilitonen ins

30 Kopf eines jungen Mannes, um 1926

DIE KÜNSTLERISCHE AUSBILDUNG

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ERBSCHAFT ANDERER ZEIT| DIE BERLINER JAHRE|1927–1937


an einem Lokaltisch. In ihrem selbstsicheren und möglicherweise deswegen als missmutig empfundenen Auftreten repräsentiert sie zweifellos eine jener emanzipierten Großstadtbewohnerinnen, die als sogenannte Neue Frauen für ein verändertes Rollenverständnis standen.172 Berufstätig, ökonomisch unabhängig, modebewusst und konsumorientiert war die Neue Frau vor allem ein Phänomen der Metropole Berlin, wo es wesentlich mehr berufstätige Frauen gab als in der übrigen Republik.173 Mit dem Motiv der Frau in einem Lokal – Symbol für weltstädtisches Flair und moderne Weiblichkeit gleichermaßen174 – greift Lotte Laserstein abermals ein in der Weimarer Zeit beliebtes und häufig gestaltetes Thema auf. Es gibt kaum einen Maler jener Generation, der sich nicht dieses Sujets angenommen hätte; erstaunlicherweise ist es von Künstlerinnen vergleichsweise selten gestaltet worden.175 Während in neusachlichen Kaffeehausszenen die Abwesenheit eines männlichen Begleiters häufig von einem erotischen oder fein frivolen Unterton begleitet wird, bleibt Lasersteins Schilderung im besten Sinne sachlich und gänzlich frei von Anrüchigkeit oder symbolischer Überhöhung. Ihre Protagonistin unterscheidet sich in signifikanter Weise von den zumeist leicht bekleideten Damen, die in den Bildern von Otto Dix, Christian Schad, Josef Scharl oder Richard Ziegler in Nachtclubs und Straßencafés auf Männerfang gehen. Lotte Lasersteins einzelne Restaurantbesucherin ist kein exotischer Vogel der Boheme, keine rauchende, übernächtigte sophisticated lady, kein käufliches Wesen, nicht verrucht, sondern von strenger Eleganz. Auch kann sie nicht als Verbildlichung großstädtischer Einsamkeit und Kommunikationslosigkeit gelesen werden, wie Edward Hoppers Gemälde Automat (Abb. 55) oder Christian

54 Im Gasthaus, 1927 55 Edward Hopper: Automat, 1927

TYPISIERTE INDIVIDUEN UND INDIVIDUALISIERTE TYPEN

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ebenso die meines Mannes [die zweite, sitzende Figur links], der unseren Hund zu seinen Füßen hatte. Die Mittelfigur war zuerst ein Mädchen im roten Pullover (Abb. 85), die allerdings nicht so lange durchhielt und schließlich durch das Mädchen im gelben Hemdchen ersetzt wurde. Der neben ihr sitzende romantische Mann hatte auch einen Vorgänger. Er wurde zu seinem großen Bedauern ausgewischt. Das im Vordergrund stehende Mädchen in Grün war passend, konnte aber nicht so lange stehen. Also stand ich Modell für ihre Beine. Mein Mann Ernst, der seinen zurückgelehnten Kopf auf die Hand stützt, hatte am meisten Schwierigkeiten, seine Pose zu halten. Der Hund wurde nach einer Weile durch einen alten Pelz ersetzt, weil er offenbar Ernsts Füße nicht mochte.«226 Der Vorgänger des rechts sitzenden Mannes war, wie Zustandsfotos belegen, der mit Lotte Laserstein befreundete Wilhelm Thiermann, der als Entschädigung im Anschluss noch einmal porträtiert wurde (Abb. 86).

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ERBSCHAFT ANDERER ZEIT| DIE BERLINER JAHRE|1927–1937


Lotte Laserstein malte den Abend über Potsdam in einer Zeit, in der die Weltwirtschaftskrise den Goldenen Zwanzigern ein Ende bereitet hatte und Desillusionierung und Orientierungslosigkeit Raum griffen. Die Freunde, die hier in der Dämmerstunde auf dem Balkon zusammensitzen, geben sich durch ihre Kleidung als moderne, vielleicht intellektuelle Großstädter, als eine Art gemäßigte Boheme zu erkennen. Wein und Bier sind getrunken, die Flaschen im Vordergrund so gut wie leer, das Gespräch ist verstummt. In ihrer gedankenvollen Stille vermittelt die elegische Gesellschaft den Eindruck eines abendlichen Idylls. Durch die bildparallel aufgebaute Tafel erhält das Gruppenbild obendrein Anklänge an Abendmahlsdarstellungen, zumal die Szene von einer jungen Frau beherrscht wird, die durch ihren hellen Teint und den leuchtend gelben Pullunder an zentraler Stelle christusgleich die Komposition beherrscht. Diese Gestalt bildet das Zentrum des Bildes. Alle anderen Figuren wenden sich ihr zu, selbst die Landschaft im Hintergrund, die über dem madonnenhaft geneigten Kopf einen sanften Hügel beschreibt, scheint ihrer Silhouette unterworfen. Dieses im kollektiven Bewusstsein fest verankerte christliche Bildidiom verbindet Lotte Laserstein mit Formeln der barocken Genremalerei. Die reglose Gruppe ruft Schilderungen von Jan Vermeer van Delft ins Gedächtnis, den die Malerin sehr bewunderte.227 Insbesondere das Milch einschenkende Mädchen, das die Dachgartengesellschaft auf der rechten Seite rahmt, scheint von Vermeers Melkmeisje (um 1658) inspiriert.228 In der Darstellung des stilllebenhaften Arrangements auf dem spärlich gedeckten Tisch und den geleerten Flachen auf dem Boden beweist die Künstlerin darüber hinaus eine malerische Virtuosität, die an Stillleben von Edouard Manet denken lässt. Schließlich ruft die hier geschilderte kollektive Versunkenheit Freundeskreis-Darstellungen der Romantik in Erinnerung.229 Angesichts der deutlich romantischen Note von Abend über Potsdam liegt es nahe, das Gemälde als ein Beispiel jener neoromantischen Malerei zu betrachten, die Ende der ­zwanziger

84 Abend über Potsdam, 1930 85   Abend über Potsdam (Zustandsfoto) 86 Rauchender Mann (Wilhelm Thiermann), um 1930

AKTUALISIERUNG DER TRADITION

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von der Porträtmalerei in eben diesem Sinne dar: »Porträt zu malen gehört meines Erachtens zu den schönsten Aufgaben der Kunst, heute aber, in der Zeit des Subjektivismus, auch zu den allerschwersten. Der Gegenstand zwingt zu strengster Sachlichkeit. Das Geistige, die Seele, die die Darstellung erst über das leere Abbild hebt, darf nur zum kleinsten Teil die Seele des Künstlers sein. Hellhörig muss sein Geist den Geist seines Objektes erfassen und darzustellen suchen.«442 Die hier formulierte und von sich selbst eingeforderte professionelle Distanz zum Modell beschreibt eine Arbeitssituation, die Lotte Laserstein in Berlin nur selten erlebt hatte. Ihr frühes Schaffen war bekanntlich in ganz erheblichem Maße von dem engen und vertrauten Verhältnis zu ihrem Modell Traute Rose geprägt gewesen. Bei den schwedischen Auftragsbildnissen hingegen bleibt innere Anteilnahme häufig hinter routinierter Technik verborgen. Die Malerin bediente das Genre. Ihre Modelle stellt sie – entsprechend den Gepflogenheiten der bürgerlichen Bildnismalerei – vorzugsweise als formatfüllende Halb- oder Dreiviertelfiguren dar. Als Meisterin der Ausdruckserfassung von Körpersprache und Mimik, Gesten und Blicken beweist die Künstlerin zwar eine »feinfühlende psychologische Wahrnehmung«,443 kompositorisch aber bleibt sie konventionell und beschränkt sich in der Regel auf formelhafte Bildlösungen. Gern zeigt sie ihre Modelle in einem aussagekräftigen Ambiente: Eine Ärztin in ihrem Sprechzimmer, einen Bahnbeamten vor einer Landkarte oder einen intellektuellen »Erasmustyp«444 vor einem überquellenden Bücherregal. Die Hintergründe geraten zu informativen Bühnenbildern, die das Lebensumfeld, den sozialen Status oder den Typus des Dargestellten illustrieren. Wo auf die Gestaltung eines sprechenden Hintergrundes verzichtet wird, übernehmen bedeutungsträchtige Accessoires wie Bücher, Zeitungen oder Berufsrequisiten den erläuternden Part. Gemeinsam ist allen Darstellungen ein auffälliger Verzicht auf Bewegungselemente. Lasersteins Auftragsporträts zeigen keine zufällig eingefangenen, aus dem Leben gegriffenen Szenen, sondern die Malerin gestaltet möglichst natürlich wirkende Posen.445 Sie gibt sich damit, ganz im Sinne ihres Verständnisses einer professionellen Porträtistin, als Ausführende einer vom Modell gewählten SeinsVorstellung zu erkennen. Dieses Konzept und die impressionistisch bewegte Handschrift, die Bildnissen wie Margit Silfversvärd (Abb. 133), Fröken Ida (1940) oder Natanael Beskow (1945) zu eigen ist, rufen jedoch nicht nur deutsche Vorbilder in Erinnerung. Ebenso auffällig ist Lasersteins Versuch, in eben jener Rückbesinnung auf das Eigene noch den Brückenschlag zum Gastland zu suchen. In unübersehbarer Weise ist ihre gediegene Porträtkunst vom wohl bedeutendsten schwedischen Porträtmaler, von Anders Zorn, inspiriert. Lotte Laserstein hatte das Werk des berühmten schwedischen Impressionisten, der um die Jahrhundertwende auf Vermittlung von Max Liebermann und Alfred Lichtwark auch in der deutschen Kunstszene reüssieren konnte,446 schon früh durch Erich Wolfsfeld kennen- und schätzengelernt. Im schwedischen Exil bekam seine Kunst nun erst recht Bedeutung für sie, stellte Zorns Malerei doch eine Art Bindeglied zwischen dem Vertrauten und dem neuen Umfeld dar.447 Das, was Zorn als schwedische Kunst verkörperte, war Lasersteins eigenem künstlerischen Anliegen nahe, in dieser Kunst fühlte sie sich heimisch. Mit der Orientierung an Zorns Werk verband sich für die Malerin zudem wohl auch die Hoffnung, den als Fluch empfundenen Kategorien ›deutsch‹ und ›fremd‹448 entkommen zu können, sowie durch bewusstes Einreihen in die schwedische Kunsttradi­tion eine Verankerung in der Kunstszene des Gastlandes zu finden – eine trügerische Hoffnung.

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DAS ZWEITE LEBEN| DIE JAHRE IN SCHWEDEN|1937–1993


133 Margit Silfversvärd, 1938

KÜNSTLERISCHE ANPASSUNG UND SELBSTBEHAUPTUNG

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die Stadt legt, entrückt das Geschehen und schafft Distanz, Konturen verwischen, die Stadt wird ins Nicht-Greifbare aufgelöst. Die Skizzenhaftigkeit und non-finito-Manier sowie die zurückgenommene Farbigkeit der Stadtlandschaften, die auf blasse, häufig mit trockenem Pinsel aufgetragene, weißgestumpfte Ocker-, Grau- und Blautöne reduziert bleibt, stellen ein auffälliges Gegenstück zu jenen Stockholm-Ansichten dar, die Lotte Laserstein während ihres Ferienaufenthaltes im Sommer 1937 gemalt hatte. Im Gegensatz zu der verschwimmenden Zartheit wohlkalkulierter Lichteffekte, die Bilder wie Aussicht von Söder Mälarstrand (Abb. 137) oder Stockholm im Winter (um 1940/42) bestimmt, zeichnet sich die nachweislich vor Dezember 1937 entstandene Darstellung Stadshuset, Stockholm (Abb. 138) durch einen kraftvollen Gestus, malerische Unmittelbarkeit und perspektivisches Eingebundensein sowie durch eine gewisse Dramatik in der Komposition aus. Die im Exil entstandenen Veduten hingegen erscheinen aufgrund ihrer Luzidität und perspektivischen Abgehobenheit als malerische Metaphern für das von der Emigrantin empfundene Außenseiterdasein und sind in dieser Lesart als sprechende Bilder der erlebten Entwurzelung zu verstehen.459 Das neue Umfeld bleibt ungreifbar und der Standpunkt der Malerin diffus: Von oben schauend, ist sie nicht Teil des Ganzen, sie hat den festen Boden unter den Füßen verloren, ist ortlos geworden.

Briefe aus dem Exil Das Gefühl der verlorenen Erdung teilt sich nicht nur in den Werken Lasersteins mit, sondern wird von der Malerin auch direkt formuliert. In dem ersten Brief, den sie nach dem Krieg an die Freundin Traute Rose schrieb, heißt es: »Ich konnte mit meiner Arbeit fortfahren, wenn auch nicht in der gleichen Intensität wie früher. [...] Man experimentiert, eigentlich noch wilder, oder wenigstens unbegabter als in den letzten Jahren dort [in Berlin]. Mein Meister hätte keine Freude, und ich habe sie auch nicht.«460

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DAS ZWEITE LEBEN| DIE JAHRE IN SCHWEDEN|1937–1993

138 Stadshuset, Stockholm, 1937


Die Briefe, die ab Frühjahr 1946 regelmäßig nach Deutschland gehen, sind eine unschätzbar aufschlussreiche Quelle, geben sie doch in besonderer Weise Auskunft über Lotte Lasersteins berufliche und persönliche Situation in Schweden. Allerdings gilt es bei der Auswertung dieser Lebensberichte aus dem Exil zu berücksichtigen, dass diese möglicherweise adressatenangepasst formuliert waren. Es ist nicht auszuschließen, dass ein hierarchisches Verhältnis zwischen der Malerin und ihrem »Hundchen« die Informationsauswahl und Darstellungsweise beeinflusst hat. In welcher Offenheit mochte die einst erfolgreiche Laserstein der alten Freundin von jetzigen Misserfolgen berichten? Außerdem mag das Gefühl, es im vergleichsweise wohlhabenden Schweden besser zu haben als die Freunde im zerstörten Nachkriegsdeutschland, Zensor bei der Mitteilung von Glückserlebnissen und Erfolgen gewesen sein. Und doch sind die Briefe aus dem Exil vor allem auch deshalb aufschlussreich, weil sich in ihnen die Persönlichkeit der Künstlerin mitteilt: Hier schreibt eine intelligente, sprachgewandte, selbstbewusste und unsentimentale Frau, die es gewohnt ist, ihr Leben beherrscht in die Hand zu nehmen und Krisen mit einer Mischung aus preußischer Disziplin, Berliner Witz und einer Prise Sarkasmus zu bewältigen. Schließlich erweist sich selbst das Kalkulierte, das nicht Gesagte, das bewusst Verschwiegene, das durch andere Quellen verbürgt ist, als sprechende Information, die das Charakterbild der Malerin komplettiert. Während des Krieges war der Kontakt zwischen Roses und Laserstein offensichtlich unterbrochen.461 Es war Ernst Rose, der einen ersten Brief an die emigrierte Freundin richtete. Rätselhaft bleibt, warum sich Laserstein ihrerseits nicht unmittelbar nach Kriegsende darum bemüht hatte, die alten Freunde ausfindig zu machen und sich nach deren Schicksal zu erkundigen. Die Gründe dafür können wohl nur in der unter Emigranten häufig anzutreffenden »Überlebensschuld«462 gesehen werden. Im Gegensatz zur Mutter und Schwester war der Malerin die Flucht aus Deutschland gelungen. Mit dieser seelischen Last, die in den Briefen nie explizit, wohl aber hin und wieder zwischen den Zeilen zu entdecken ist,463 durchlebte die Malerin wiederholt Zeiten tiefer Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit: »Ich habe das Gefühl, dass das Leben vorbei ist, das, was ich Leben nenne. Ich bin nicht mehr neugierig auf das, was noch kommen könnte.«464 »Nun sollte Arbeit helfen, aber oft kommt sie mir sinnlos vor. [...] Sie haben uns alles kaputt gemacht, draußen und drinnen, gründlich.«465 Merkwürdig kühl und mit verhaltener Freude reagiert die Malerin auf das erste Lebenszeichen Ernst Roses, das sie im April 1946 erreichte: »Lieber Ernst! Das rührte mich seltsam an, ein Wort nach so viel Jahren. Fast wird es unsicher zu schreiben. [...] Mir geht es gut; ich kann malen und verdiene damit, was ich brauche. Meine Wohnung ist klein, aber gemütlich, und noch immer hängen die alten Bilder an den Wänden. So wart Ihr beide mir immer nah.«466 Wenige Wochen später ging ein erster Brief an die einst so nahe Freundin Traute Rose, von der sie gegenüber Ernst distanziert als »Gertrud« gesprochen hatte. Auch hier ist der Ton von vorsichtiger Annäherung bestimmt: »Mein Hundchen! Vertrauter Name [vermutlich hatte Traute ihren Brief mit »Dein Hundchen« unterschrieben] und auch Deine Worte waren vertraut. Die Handschrift etwas verändert. Ob wir noch die gleichen sind, werden wir hoffentlich einmal nachprüfen können. [...] Du musst mir viel erzählen. Wir müssen erst wieder bekannt werden.«467 Dieses neuerliche Wieder-bekannt-Werden geschah schriftlich; bis zum ersten Wiedersehen vergingen gut fünf Jahre. In den Briefen, die sie nun alle vier bis sechs Wochen nach

KÜNSTLERISCHE ANPASSUNG UND SELBSTBEHAUPTUNG

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DAS ZWEITE LEBEN| DIE JAHRE IN SCHWEDEN|1937–1993


146 Im blauen Mantel – Die Malerin und Madeleine, 1950 147 Selbstporträt mit Ulla Karin, 1953

Vergleich zur zarten Gestalt der Künstlerin äußerst kraftvoll, ja gar leicht überdimensioniert erscheint. Diese ungleichen Proportionen sowie die wesentlich bewegtere Handschrift in dem Mädchenbildnis legen die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Kind nicht um ein zeitgleich mit der Malerin posierendes kleines Mädchen handelt, sondern um ein von der Malerin geschaffenes Porträt jener im Titel genannten Ulla Karin. Bemerkenswert bei dieser Variante der Selbstdarstellung mit der eigenen Kunst im Rücken ist die Tatsache, dass hier die Zitation eines eigenen Werkes nicht mehr retrospektiv ausgerichtet ist, wie noch im Selbstbildnis vor ›Abend über Potsdam‹. Die Malerin muss nicht mehr auf frühere Kunstmodelle zurückgreifen, sondern erhebt ein aktuelles Werk zum Dialogpartner der Selbstdarstellung. Das Selbstpor­trät mit Ulla Karin stellt somit ein selbstbewusstes Bekenntnis zu sich und der eigenen Kunst dar. In dem malerisch souveränen, lichten Selbstbildnis mit dem schwedischen Mädchen hat Laserstein zu sich zurückgefunden – und ist in der neuen Heimat angekommen. Die Lücke, die das Exil geschlagen hatte, ist geschlossen. Dass die Malerin für ihre Selbstdarstellung ausgerechnet auf ein Kinderbildnis zurückgriff, mag zum einen darin begründet sein, dass dieses Sujet in den fünfziger Jahren ihre Haupteinnahmequelle darstellte; zum anderen illustriert die Selbstdarstellung mit einem Kind aber auch auf schöne Weise die von der Malerin mehrfach geäußerte Sentenz »Meine Bilder sind meine Kinder«.506

KÜNSTLERISCHE ANPASSUNG UND SELBSTBEHAUPTUNG

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Abbildungsverzeichnis

1 Meta und Hugo Laserstein, um 1890 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 2 Ida Birnbaum, um 1912 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 3 Weihnachten im Hause Birnbaum/Laserstein, um 1907 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

14 Erich Wolfsfeld Selbstporträt, 1908 Radierung mit Grabstichel, 26,5 × 23,4 cm Verbleib unbekannt 15 Erich Wolfsfeld Galizischer Jude, vor 1920 Öl auf Papier, 73,6 × 50,8 cm Verbleib unbekannt

4 Lotte und Käte Laserstein, um 1908 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

16 Klasse Erich Wolfsfeld, 1925 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

5 Familienausflug, um 1906 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

17 Erich Wolfsfeld Weiblicher Akt, die Brust fassend (Lotte Laserstein), um 1923 Kohle auf Papier, 29,4 × 38,8 cm Privatbesitz Schweden

6 An der Ostsee, um 1907 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

18 Selbstporträt mit Hand auf der Brust, um 1923 Graphit auf Papier, 48,8 × 37,4 cm Privatbesitz Großbritannien

7 Elsa Birnbaum Porträt Lotte Laserstein, um 1909 Kohle auf Papier, 40 × 37,4 cm Privatbesitz Schweden

19 Sitzender männlicher Akt mit ausgestreckten Armen, um 1926 Kohle auf Karton, 75,8 × 102 cm Privatbesitz

8, 9 In der Malschule von Elsa Birnbaum, um 1910 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

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13 Plakatentwurf Neu erschienen / ›Der Buchhändler‹, um 1920 Kohle, Graphit und Deckfarben auf Packpapier, 75,4 × 53 cm [unregelmäßig] Privatbesitz Schweden

20 Stehender Mädchenakt, um 1924 Kreide und Kohle auf Papier, 60 × 40 cm Privatbesitz Schweden 21 Alte Frau mit hoher Haube, um 1925 Kohle auf Papier, 54,5 × 36,5 cm Privatbesitz USA

10 Blumenwiese mit Bach (aus dem ersten Skizzenbuch), 1910 Wasserfarben auf Papier, 23 × 15,6 cm Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

22 Traute Rose mit langen Haaren, um 1925 Radierung, 14,8 × 11,5 cm Privatbesitz Deutschland

11 Im Lampenschein, um 1910 Aquarell, Maße und Verbleib unbekannt in: Die schaffende Frau, 1929/30, S. 293

23 Sitzender Rückenakt mit langen Haaren, um 1925 Radierung, 34,5 × 24 cm Privatbesitz Großbritannien

12 Musterzeichnung, 1919 Deckfarben auf Papier, 49,5 × 60 cm Privatbesitz Schweden

24 Meine Großmutter, um 1924 Öl auf Leinwand, 47,5 × 34,5 cm Privatbesitz USA

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

25 Auf dem Totenbett, 1931 Öl auf Holz, 54,5 × 70 cm Privatbesitz 26 Selbstporträt mit weißem Kragen, um 1923 Öl auf Pappe, 32 × 24 cm Privatbesitz Deutschland 27 Selbstporträt mit Kopftuch, um 1923 Öl auf Leinwand, 29 × 26 cm Privatbesitz Deutschland 28 Wilhelm Leibl Mädchen mit weißem Kopftuch, um 1876 Öl auf Holz, 21,5 × 17 cm Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München 29 Alte Frau in Schwarz, um 1926 Öl auf Holz, 105 × 65 cm Privatbesitz Schweden 30 Kopf eines jungen Mannes, um 1926 Öl auf Holz, 35,5 × 30 cm Privatbesitz Großbritannien 31 Malausflug ins Berliner Umland, um 1924 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 32 Selbstporträt vor rotem Vorhang, um 1924 Öl auf Pappe, 31,4 × 24,2 cm Privatbesitz 33 Bobby, um 1924 Öl auf Hartfaserplatte, 31 × 30 cm Moderna Museet, Stockholm 34 a, b Traute Rose, tanzend, 1924 Privatbesitz Deutschland 35 Porträt Traute Rose, um 1925 Privatbesitz Deutschland 36 Traute Rose, um 1934 Privatbesitz Deutschland 37 Drei Schwestern, 1925 Öl, Maße und Verbleib unbekannt 38 In Andacht, 1925 Öl auf Leinwand, 65,5 × 46,2 cm Privatbesitz


39 Lotte Laserstein und badende Kinder, um 1933 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

55 Edward Hopper Automat, 1927 Öl auf Leinwand 67,5 × 86,4 cm Des Moines Art Center, Des Moines IA

40 Traute Rose Lotte Laserstein, um 1928 Privatbesitz Deutschland

56 Christian Schad Sonja, 1928 Öl auf Leinwand, 90 × 60 cm Staatliche Museen zu Berlin – Nationalgalerie

41 Selbstporträt im Atelier Friedrichsruher Straße, wohl 1927 Öl auf Leinwand, 32 × 42 cm Dauerleihgabe aus Privatbesitz, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 42 Schlafende, 1928 Öl, Maße und Verbleib unbekannt Vermutlich zerstört 43 In meinem Atelier, 1928 Öl auf Holz, 46 × 73 Privatbesitz USA 44 Selbstporträt mit Katze, 1928 Öl auf Holz, 61 × 51 cm Leicester Museum & Art Gallery, Leicester 45 Mackie Messer und ich, um 1932 Öl auf Sperrholz, 53,5 × 43,7 cm Privatbesitz Großbritannien 46 Otto Dix Selbstbildnis mit Kristallkugel, 1931 Tempera mit Öllasuren auf Holz, 100,5 × 80,5 cm Museum Ludwig, Stiftung Dr. Haubrich, Köln 47 Traute Rose Porträt, 1932 Privatbesitz Deutschland 48 Traute Rose Lotte Laserstein, um 1928 Privatbesitz Deutschland 49 Traute Rose Lotte Laserstein, um 1928 Privatbesitz Deutschland 50 a, b Traute Rose Lotte Laserstein, um 1934 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 51 Zwei Mädchen, 1927 Öl auf Leinwand, 95 × 56 cm Privatbesitz Großbritannien 52 Ich und mein Modell, 1929/30 Öl auf Leinwand, 49,5 × 69,5 cm Privatbesitz Großbritannien 53 Russisches Mädchen mit Puderdose, 1928 Öl auf Holz, 31,7 × 41 cm Städel Museum, Frankfurt am Main 54 Im Gasthaus, 1927 Öl auf Holz, 54 × 46 cm Privatbesitz

57 Otto Dix Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden, 1926 Öl auf Holz, 121 × 89 cm Musée National d‘Art Moderne, Paris 58 Polly Tieck, 1929 Öl auf Leinwand, 89,5 × 79 cm Privatbesitz Schweden 59 Ola Alsen, 1929 Öl und Kreide auf Papier, 66 × 63,5 cm Privatbesitz Großbritannien 60 Rosel Loewald, zurückgelehnt, um 1931 Öl, Gouache und Kreide auf Papier, 54 × 75,7 cm Privatbesitz Großbritannien 61 Liegendes Mädchen auf Blau, um 1931 Öl auf Papier, 69,5 × 93 cm Privatbesitz Berlin 62 Frau in Rot mit weißem Hut, um 1930 Öl, Gouache und Kreiden auf Papier, 43,5 × 31,9 cm [unregelmäßig] Privatbesitz

72 Lucia Moholy ohne Titel (Florence Henri), 1927 Bauhaus-Archiv, Berlin 73 Lotte Jacobi Head of a Dancer, 1929 Lotte Jacobi Archives, Durham NH 74 Selbstporträt in Schwarz, um 1928 Öl auf Sperrholz, 20 × 20 cm Privatbesitz Deutschland 75 Mädchenporträt, en face, 1927 Öl auf Holz, 20 × 16 cm Privatbesitz Deutschland 76 a–f Selbstporträt als Akt (Skizzen), um 1930 Graphit auf Papier, 17,9 × 12 cm und 14,5 × 10,9 cm Privatbesitz 77 Rückenakt mit Waschschüssel, um 1929/30 Kohle und Kreide auf Karton, 60 × 44 cm Privatbesitz 78 Sitzender Akt mit angewinkeltem rechten Bein, 1930 Öl und Kreide auf Papier, aufgezogen auf Hartfaserplatte, 64 × 48,5 cm Privatbesitz USA 79 Sitzender Halbakt nach rechts vorgebeugt, um 1927 Kreide und Kohle auf Papier, 45 × 56 cm Privatbesitz

63 Traute Rose mit weißen Handschuhen, um 1931 Öl auf Papier, aufgezogen auf Karton, 94 × 65 cm Privatbesitz Großbritannien

80 Weiblicher Rückenakt mit erhobenen Armen, 1930er Öl auf Papier, 64 × 49,5 cm Privatbesitz

64 Madame d’Ora Modefotografie, veröffentlicht in: Die Dame, 1931, H. 10, S. 11

81 Vor dem Spiegel, 1930/31 Öl auf Leinwand, 124,5 × 88,8 cm Privatbesitz Großbritannien

65 Man Ray Porträt Elsa Schiaparelli, um 1930 in: Sembach 1971

82 Morgentoilette, 1930 Öl auf Holz, 99,7 × 65,1 cm National Museum of Women in the Arts, Washington, DC

66 Traute Rose mit roter Kappe und karierter Bluse, um 1931 Öl auf Papier, 92 × 69 cm Privatbesitz Bremen

83 Eva, 1930 Öl auf Holz, 184,1 × 92,7 cm Privatbesitz USA

67 Traute Rose mit Krawatte, um 1931 Öl, Aquarell auf Papier, 43 × 49 cm Privatbesitz Deutschland

84 Abend über Potsdam, 1930 Öl auf Holz, 111 × 205,7 cm Staatliche Museen zu Berlin – Nationalgalerie

68 Tennisspielerin, 1929 Öl auf Leinwand, 110 × 95,5 cm Privatbesitz Deutschland

85 Abend über Potsdam (Zustandsfoto) Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

69 Am Motorrad, 1929 Öl auf Holz, 71,3 × 43,8 cm Deutsches Historisches Museum, Berlin 70 Russisches Mädchen, um 1928 Öl auf Holz, 32 × 23 cm Privatbesitz Großbritannien 71 Mongole, um 1927 Öl auf Holz, 27,1 × 21,8 cm Privatbesitz Großbritannien

86 Rauchender Mann (Wilhelm Thiermann), um 1930 Öl auf Pappe, 68 × 102 cm Dauerleihgabe aus Privatbesitz, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 87 Plakatentwurf zur Ausstellung Die gestaltende Frau, 1930 Tusche und Wasserfarben auf Karton, 72 × 48,2 cm Privatbesitz Deutschland

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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88 Wanda von Debschitz-Kunowski Lotte Laserstein vor Abend über Potsdam, 1930 Reprofoto: Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 89 Blick in die Ausstellung Die Frau von heute des Vereins der Berliner Künstlerinnen, 1929, in: Ausst.kat. Profession ohne Tradition, 1992 90 Modezeichnung, um 1932 Graphit auf Papier, 33 × 18 cm Privatbesitz Deutschland 91 Frau mit spitzem roten Hut, um 1931 Öl auf Hartfaserplatte, 54,5 × 49 cm Moderna Museet, Stockholm 92 Im Atelier (Ernst und Traute Rose), um 1931 Öl auf Papier, 49 × 36 cm Privatbesitz 93 Deutsches Dorf, 1934 Öl auf Holz, 15,4 × 85 cm Privatbesitz Deutschland 94 Lotte Laserstein mit Schülern beim Betrachten von Bildern, Neu St. Jürgen, 1932 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 95 Junger Mann in blauer Jacke (Der Maler Gottfried Meyer), 1932 Öl auf Holz, 50,5 × 37 cm Privatbesitz Großbritannien 96 Alte Frau mit vier Kindern, 1932 Öl auf Sperrholz, 100 × 75 cm Privatbesitz USA 97 Maler in den Dünen, um 1933 Öl auf Hartfaserplatte, 50,2 × 60 cm Courtesy Dr. Nöth kunsthandel + galerie, Ansbach/Potsdam

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105 Lotte Laserstein, 1933/35 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 106 Selbstporträt an der Staffelei, um 1935 Öl auf Papier, 50 × 35 cm Privatbesitz 107 Knabe im Profil, um 1936 Öl auf Papier, 36 x28 cm Privatbesitz 108 Mädchen mit Kopftuch, um 1936 Öl auf Papier, 30 × 24 cm Privatbesitz Schweden 109 Selbstporträt, en face, um 1934 Öl auf Leinwand, 33 × 31 cm Privatbesitz 110 Die Unterhaltung, um 1934 Öl auf Leinwand, 167,8 × 198,2 cm Privatbesitz Großbritannien 111 Zwei jüdische Mädchen, um 1937 Öl auf Papier, 34 × 45,5 cm Privatbesitz Norwegen 112 Carl (Charles) Juhlin-Dannfelt am Fenster, 1938 Öl auf Papier, aufgezogen auf Karton, 78,7 × 57 cm Privatbesitz Großbritannien 113 Lotte Laserstein und Walter Lindenthal, um 1945 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 114 Der Emigrant (Dr. Walter Lindenthal), 1941 Öl auf Hartfaserplatte, 118,5 × 89 cm Malmö Konstmuseum 115 Abendunterhaltung, 1948 Öl auf Hartfaserplatte, 121 × 173 cm Privatbesitz Deutschland

98 Zwei Jungen mit Öllampe, 1933 Öl auf Holz, 44 × 62 cm Privatbesitz Großbritannien

116 Nora Bigner mit Sonnenschirm, 1938 Öl auf Papier, 61 × 46 cm Privatbesitz Schweden

99 Studie zu Laternenkinder, um 1933 Öl auf Karton, 47,6 × 63,5 cm Privatbesitz Deutschland

117 Rektor Gillis Hammar, 1941 Öl auf Leinwand, 114 × 86 cm Privatbesitz Schweden

100 Bauerntochter, 1932 Öl auf Holz, 75 × 50 cm Privatbesitz Deutschland

118 Erich Wolfsfeld an der Staffelei, 1947 Öl auf Karton, 103,5 × 77,5 cm Verbleib unbekannt

101 Bauernjunge, 1932 Öl auf Holz, 64 × 50 cm Verbleib unbekannt

119 Walther Beyer, zeichnend, 1947 Öl auf Sperrholz, 122 × 85,5 cm Privatbesitz Schweden

102 Norddeutsche Landschaft, um 1934 Öl auf Karton, 47,6 × 62,9 cm Privatbesitz

120 Weiße Pfingstrosen in einer Vase, um 1950 Öl auf Hartfaserplatte, 43 × 51,5 cm Privatbesitz Schweden

103 Vier Schafe am Zaun, um 1934 Öl auf Holz, 78 × 131 cm Privatbesitz Schweden

121 Graf Erik Trolle, 1938 Öl auf Papier, 82 × 67 cm Privatbesitz Schweden

104 Das Kälbchen, um 1935 Öl, Maße und Verbleib unbekannt

122 Viveke Trolle, 1938 Öl auf Papier, 75 × 60 cm Privatbesitz Schweden

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123 Axel Trolle, 1938 Öl auf Papier, 75 × 60 cm Privatbesitz Schweden 124 Elsa Trolle-Wachtmeister, 1938 Öl auf Papier, 82 × 67 cm Privatbesitz Schweden 125 Dame in Blau mit Schleierhut, um 1939 Öl auf Papier, 63,5 × 45,5 cm Privatbesitz Deutschland 126 Frau im Café (Lotte Fischler), 1939 Öl auf Hartfaserplatte, 81,5 × 53,5 cm Leicester Museum & Art Gallery, Leicester 127 Das kranke Kind, um 1937 Öl auf Papier, Maße und Verbleib unbekannt 128 Mädchen mit Zöpfen, um 1937 Öl auf Papier, 30 × 39 cm Verbleib unbekannt 129 Wandmalerei für ein Wohnhaus in Stenvik, 1940 Öl auf Presspappe- und Hartfaserplatten, max. Höhe 355 cm, max. Breite 700 cm Kalmar Konstmuseum, Kalmar Foto: Michelangelo Miskulin, Kalmar 130 Entwurf für ein Wandgemälde in einer Stockholmer Mädchenschule, 1939 Öl auf Papier, 40,5 × 77,5 cm Privatbesitz 131 Drei lesende Mädchen, 1939 Öl auf Papier, aufgezogen auf Karton, 52,3 × 108 cm Privatbesitz Schweden 132 Göteborger Hafen, 1943 Öl auf Papier, aufgezogen auf Hartfaserplatte, 33 × 50,5 cm Privatbesitz Deutschland 133 Margit Silfversvärd, 1938 Öl auf Karton, 64 × 43,5 cm Privatbesitz 134 Freilichtmalerei gegen den Wind, um 1953 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 135 Straße in Örebro, 1942 Öl auf Papier, 66,4 × 52,4 cm Privatbesitz Schweden 136 Schiffe am Kai, um 1940 Öl auf Papier, aufgezogen auf Karton, 47 × 61 cm Privatbesitz Schweden 137 Aussicht von Söder Mälarstrand, 1940 Öl und Gouache auf Pappe, 50 × 74 cm Privatbesitz Schweden 138 Stadshuset Stockholm, 1937 Öl auf Sperrholz, 21 × 50,5 cm Privatbesitz Schweden 139 Lotte Laserstein porträtiert Ruben Wagnsson, 1952 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin


140 Selbstporträt, 1950 Öl auf Leinwand, 35 × 32,5 cm Privatbesitz Großbritannien 141 Selbstporträt an der Staffelei, 1938 Öl auf Sperrholz, 128 × 47,5 cm Stiftung Stadtmuseum Berlin 142 Selbstporträt mit Kaffeetasse, 1940 Öl auf Karton, 42 × 49 cm Verbleib unbekannt 143 Selbstporträt vor Abend über Potsdam, 1950 Öl auf Leinwand, 65 × 55 cm Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte, Potsdam 144 Die Malerin und Madeleine, um 1940 Kreide, Pastell und Kohle auf Papier, 60 × 46,5 cm Privatbesitz Großbritannien 145 Die Malerin und Madeleine an der Staffelei, 1947 Öl auf Leinwand, 56 × 71 cm Privatbesitz Großbritannien

146 Im blauen Mantel – Die Malerin und Madeleine, 1950 Öl auf Leinwand, 100 × 81,5 cm Privatbesitz Schweden 147 Selbstporträt mit Ulla Karin, 1953 Öl auf Leinwand, 33 × 41 cm Verbleib unbekannt 148 Die Malerin und ihr Modell Lotte Laserstein malt Traute Rose, 1969 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 149 An der Staffelei, um 1955 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin 150 Lotte Laserstein zeichnet die Aussicht von ihrem Sommerhaus auf Öland, um 1956 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

151 Hafen von Rhodos, 1965 Pastell auf Papier, 21 × 29,6 cm Privatbesitz Deutschland 152 Italienische Gasse, 1963 Pastell auf Papier, Maße und Verbleib unbekannt 153 Bei der Arbeit an einem Porträt auf Öland, um 1965/70 Privatbesitz Schweden 154 Selbstporträt mit Strohhut, 1953 Öl auf Leinwand, 45,1 × 53,3 cm Verbleib unbekannt 155 Selbstporträt mit Pinseln, 1980 Öl auf Leinwand, Maße und Verbleib unbekannt 156 Beim Malen eines Porträts, um 1980 Lotte-Laserstein-Archiv, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin

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Impressum

Herstellung: Jasmin Fröhlich, Deutscher Kunstverlag Layout und Satz: Angelika Bardou, Deutscher Kunstverlag Reproduktionen: Birgit Gric, Deutscher Kunstverlag Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno, Calbe (gedruckt im Ultra HD Print) Umschlagabbildung: Lotte Laserstein, Traute Rose mit Krawatte, um 1931 (Ausschnitt aus Abb. 67) 2., aktualisierte Neuauflage der 2003 zur Ausstellung Lotte Laserstein – Meine einzige Wirklichkeit im Philo Fine Arts Verlag, Dresden, erschienenen Monographie. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. für den Text © Anna-Carola Krausse © 2022 Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München Lützowstraße 33 10785 Berlin www.deutscherkunstverlag.de Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.degruyter.com ISBN 978-3-422-99029-6

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