Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725 (Bd. 1)

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Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725 Teil 1 /  2


Kataloge der Gemälde im Städel Museum Frankfurt am Main XII Herausgegeben von Philipp Demandt und Jochen Sander

Städel Museum Städelscher Museums-Verein Städtische Galerie


ALMUT POLLMER-SCHMIDT

DEUTSCHE GEMÄLDE IM STÄDEL MUSEUM 1550 –1725

Mit gemäldetechnologischen Analysen von Christiane Weber und Beiträgen von Fabian Wolf

Teil 1


Texte von Almut Pollmer-Schmidt Christiane Weber |  CW Fabian Wolf |  FW Mareike Gerken |  MG Redaktion Almut Pollmer-Schmidt Unterstützt von Samuel Fickinger (Bildredaktion) Corinna Gannon Michael Preiß Leslie Zimmermann

Die wissenschaftliche Bearbeitung wurde gefördert durch die Deutsche ­Forschungsgemeinschaft sowie mit Unterstützung des Städelschen Museums-­Vereins e. V. mit der Christa Verhein Stiftung.

Lektorat Michael Konze und Juliane Steinbrecher, Köln Projektmanagement Luzie Diekmann, Deutscher Kunstverlag GmbH Herstellung Jens Lindenhain, Deutscher Kunstverlag GmbH Layout und Satz essays on typography, Berlin Reproduktionen Eberl & Kœsel Studio GmbH, Altusried-Krugzell Druck und Bindung Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH, Langenhagen Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin ­München, Städel Museum, Frankfurt am Main und die Autorinnen und Autoren Lützowstraße 33 10785 Berlin Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.deutscherkunstverlag.de www.degruyter.com ISBN 978-3-422-98516-2

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INHALT Teil 1 JOHANN KÖNIG, Kopie nach

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16  Landschaft mit dem Gang nach Emmaus . . . . . . . . . 256 JOHANN ULRICH MAYR

HANS BOCK D. Ä.

17  Frau mit Früchtekorb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

1  Venustanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

FELIX MEYER

LUCAS CRANACH D. J.

18  B ildnis der Maria Barbara Mäder, geb. Peyer mit den Wecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

2  Bildnis Martin Luthers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 ADAM ELSHEIMER

HANS MIELICH, Werkstatt

3  Die Sintflut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

19  Kreuzigung Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

4  Jakobs Traum von der Himmelsleiter . . . . . . . . . . . . . 66 5  Saulussturz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

JOHANN HEINRICH ROOS

6  Kreuzaltar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

20  Bildnis eines 63-jährigen Mannes . . . . . . . . . . . . . . . 290 21  Bildnis des Johann Philipp Fleischbein zu Kleeberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

JOHANN FRANCISCUS ERMELS 7  F elsige Landschaft im Abendlicht und Landschaft bei aufziehendem Gewitter . . . . . . . . . . . 158

22  Hirte mit Vieh an einer Furt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 23  Lagernde vor einer römischen Ruine . . . . . . . . . . . . 310 24  H irtenfamilie bei der Ruine des Vespasianstempels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

GEORG FLEGEL 8  Stillleben mit Hechtkopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

25  Pferdestall mit spielenden Kindern . . . . . . . . . . . . . . 328

9  Stillleben mit Brot und Zuckerwerk. . . . . . . . . . . . . . 184

26  Stillleben mit toten Vögeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

10  Stillleben mit Obst und Zuckerwerk . . . . . . . . . . . . . . 194

27  Landschaft mit Hirtenfamilie vor einer Ruine . . . . 348 28  Bildnis des Nicolaus Ruland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

GELDORP GORTZIUS

29  B ildnis eines Ehepaars, vermutlich Johann Wilhelm Petersen und Johanna Eleonora von Merlau, mit einer Allegorie des Glaubens . . . . . . . . 366

11  B ildnis eines unbekannten Mannes und Bildnis einer unbekannten Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 JOHANN VALENTIN GRAMBS

JOHANN MELCHIOR ROOS

12  B ildnis des Johann Kißner in antikischer Rüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

30  Löwenrudel in felsiger Landschaft . . . . . . . . . . . . . . . 384 31  Vier Bärenköpfe in Lebensgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

SAMUEL HOFMANN

PHILIPP PETER ROOS, gen. ROSA DA TIVOLI

13  Bildnis einer Dame in Schwarz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

32  Ziegenbock und Schaf in felsiger Landschaft . . . . . . 398

PAULUS JUVENEL

THEODOR ROOS

14  Taufe Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

33  Bildnis einer 22-jährigen Straßburgerin . . . . . . . . . 404 34  Hirtenpaar bei einem Brunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

JOHANN KÖNIG 15  Hagar und der Engel in der Wüste . . . . . . . . . . . . . . . 248

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Vorwort Einleitung


Teil 2 Gemälde niederländischer Maler

HANS ROTTENHAMMER 35  Geißelung Christi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426

WALLERANT VAILLANT 45  Selbstbildnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508

VALCKENBORCH-Werkstatt, Umkreis 36  Marktszene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438

Monogrammist AVD oder ADV, möglicherweise ARY DE VOIS?

FREDERIK oder GILLIS VAN VALCKENBORCH, Umkreis

46  B ildnis eines Mädchens als Schäferin, vermutlich Katharina Elisabeth von Schönborn und Bildnis eines Jungen im Husarenkostüm, vermutlich Johann Erwein oder Lothar Franz von Schönborn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518

37  Reiterschlacht mit einer Kreuzerscheinung . . . . . . . 444 GOTTFRIED DE WEDIG zugeschrieben 38  B ildnis eines 46-jährigen Mannes und Bildnis einer 37-jährigen Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454

Gemälde der Familie von Holzhausen

Nachfolge

Die Gemäldesammlung der Frankfurter Familie von Holzhausen

JOHANN WILHELM BAUR, Nachfolge 39  Villa mit Freitreppe am Meer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462

PHILIPP UFFENBACH 47  Marienklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540

ADAM ELSHEIMER, Nachfolge Inhalt

534

40  Merkur und Battus und Pan und Syrinx . . . . . . . . . 468

JOHANN LORENZ MÜLLER zugeschrieben 48  A hnenbaum von Maria Justina und Johann Maximilian zum Jungen. . . . . . . . . . . . . . . . . 550

Kopien nach Kupferstichen

Frankfurter (?) Meister um 1722–26

Monogrammist SI nach MAERTEN DE VOS

41  Eva am Spinnrocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

49  D ie Oed, Sommerresidenz der Familie von Holzhausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566

Flämische Werkstatt nach HIERONYMUS WIERIX

Niederländischer Meister von 1565

42  Christus als Kind mit den Leidenswerkzeugen . . . . 486

50  Bildnis eines zwölfjährigen Mädchens, vielleicht Margretha von Holzhausen . . . . . . . . . . . . 574

Anonyme

Frankfurter (?) Meister von 1567

51  Bildnis der Anna Rauscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582

Deutscher Meister der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts

Frankfurter (?) Meister von 1566–70

43  Vanitas-Stillleben mit Totenschädel, Wachsstock und Klappsonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . 494

52  Bildnis des Johann von Fichard und Bildnis der Elisabeth Grünberger . . . . . . . . . . . . . . . 588 53  Bildnis eines 38-jährigen Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . 600

Deutscher Meister des 17. oder 18. Jahrhunderts (?)

44  Christus am Kreuz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504

Frankfurter (?) Meister von 1587/88

54  Bildnis der Justina von Holzhausen . . . . . . . . . . . . . . 606 55  Bildnis des Johann Philipp Völcker und Bildnis der Margretha von Holzhausen . . . . . . . . . . . 614

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Biografien 720

56  Bildnis der Maria Jacobe Völcker und Bildnis der Susanna Völcker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626

Anhang

Frankfurter (?) Meister von 1589

Gemäldetechnologische Untersuchungen Daten der verwendeten Instrumente 750 Glossar 750 Bibliografie Inventare und Kataloge des Städel Museums 752 Archive und Datenbanken 753 Literatur 755 Indizes I nventarnummern und Aktualisierungen 788 Personenregister 792 Bildnachweis 807

57  Bildnis des Johann von Martorff. . . . . . . . . . . . . . . . . 634 JACOB VAN DOORDT 58  Bildnis des Johann Adolph von Holzhausen . . . . . . . 642 Deutscher Meister von 1640

59  Bildnis des Daniel Stalburger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 JOHANN FRIEDRICH TRESCHER 60  B ildnis des Johann Adolph Kellner und Bildnis der Anna Kunigunde Stralenberger. . . . . . 656 61  Bildnis des Johann Hector von Holzhausen . . . . . . . 668 JOHANN HEINRICH ROOS zugeschrieben 62  Bildnis eines unbekannten Mannes . . . . . . . . . . . . . . 676

Inhalt

DAVID LE CLERC 63  B ildnis des Johann Hieronymus von Holzhausen und Bildnis der Sophia Magdalena von Günderrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682 Deutscher Meister aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts

64  B ildnis des Johann Hieronymus von und zum ­Jungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 Frankfurter Maler, möglicherweise JOHANN PHILIPP FURICH

65  Bildnis des Johann Georg von Holzhausen . . . . . . . 700 FRANZ LIPPOLD und Werkstatt 66  B ildnis des Johann Hieronymus von Holzhausen und Bildnis der Sophia Magdalena von Günderrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710

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VORWORT Der vorliegende Doppelband zu den zwischen 1550 und 1725 entstandenen deutschen Gemälden im Städel Museum erweitert die stattliche, im Jahre 1993 begonnene Reihe der wissenschaftlichen Bestandskataloge der Altmeister-Gemäldegalerie um einen wichti­ gen Baustein. Teils bereits von Johann Friedrich Städel, dem Stifter des Museums, selbst zusammengetragen, teils als Schenkungen und Legate Frankfurter Sammler des 19. und 20.  Jahrhunderts ans Haus gekommen, teils aber auch erst in jüngster Vergangenheit aus kunst- und sammlungsgeschichtlichen Erwägungen gezielt erworben, umfasst der Bestand Hauptwerke der deutschen Barockmalerei. Zu ihnen zählen neben der wichtigen Gruppe der Werke Adam Elsheimers rund um den Kreuzaltar bedeutende Gemälde von Hans Rottenhammer, Georg Flegel oder Johann Heinrich Roos, aber auch die umfangreiche Porträtsammlung der einst führenden Frankfurter Patrizierfamilie von Holzhausen, die als Ganzes von herausragender kultur- und stadtgeschichtlicher Bedeutung ist. Zugleich kartiert der vorliegende Bestandskatalog mit den zahlreichen Werken des 17.  Jahrhunderts auch kunsthistorisches Neuland, ist die deutsche Malerei dieser Zeit doch nicht zuletzt wegen der verheerenden Nachwirkungen des Dreißigjährigen Krieges eine bis heute weitgehend nur wenig beachtete Terra incognita. Insofern nicht überraschend, enthält der Katalog auch einen Nachtrag zu den zwischen 1550 und 1725 entstandenen niederländischen Gemälden im Städel, in dem bislang fälschlich deutschen Künstlern ­zugeschriebene Werke aufgenommen sind. Wie bei allen vorangegangenen wissenschaftlichen Bestandskatalogen des Städel Museums behandelt auch diese Publikation alle Gemäl­de systematisch in kunsthistorischer, pro­ venienz- und sammlungsgeschichtlicher Hinsicht und bezieht daneben vor allem die ­Erkenntnismöglichkeiten moderner Gemäldetechnologie mit ein, um sowohl die maltechnischen Charakteristika als auch die künstlerische Genese der Einzelwerke näher ­erfassen zu können. Ganz besonderer Dank gilt der kunsthistorischen Bearbeiterin des Bestandskatalogs Almut Pollmer-Schmidt, die auch die Projektleitung innehatte, zeitweilig unterstützt durch Fabian Wolf als Autor einzelner Katalogeinträge. Für die Texte zu den maltechnischen und gemäldetechnolo­gischen Untersuchungen zeichnet Christiane Weber verantwortlich, unterstützt von Stephan Knobloch sowie Fabian Wolf, Jannik Konle und Samuel Fickinger bei der Anferti­gung der Röntgen-Aufnahmen beziehungsweise der Infrarotreflektografien. In der Endphase des Projekts konnten, dank der Förderung durch die Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung und durchgeführt von Mareike Gerken, zudem Röntgenfluoreszenz-Analysen (MA-XRF) einer Reihe wichtiger Gemälde erstellt werden. Die dendrochronologischen Bestimmungen nahm Peter Klein, Hildesheim/Hamburg, vor. Zahlreiche weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Städel Museums haben sich um die Entstehung dieses Bestandskatalogs verdient gemacht, seien sie im wissenschaftlichen Dienst, der Graphischen Sammlung, in der Restaurierung, den Werkstätten, der Bibliothek oder der Verwaltung tätig. Auch zahlreiche auswärtige Fachkolleginnen und -kollegen in Museen, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen teilten dankenswerterweise groß­ zügig ihr Wissen. Der Deutsche Kunstverlag und das Berliner Studio für visuelle Kommu­ ni­kation und Ausstellungsdesign e o t gaben dem Werk schließlich seine ansprechende äußere Gestalt. Die Erarbeitung auch dieses Bestandskatalogs wurde durch die großzügige Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht, der sich das Städel Museum für ihre langjährige Förderung seiner wissenschaftlichen Arbeit zu großem Dank verpflichtet weiß. Die Endphase der Arbeiten unterstützte zusätzlich der Städelsche Museums-Verein dank einer Zuwendung der Christa Verhein Stiftung. Allen Unterstützerinnen und Unterstützern gilt unser herzlicher Dank. Philipp Demandt

Jochen Sander

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EINLEITUNG Was ist deutsche Malerei? Die Frage nach den Charakteristiken frühneuzeitlicher Kunst fordert eine Definition. Ist „deutsch“ das, was im deutschsprachigen Raum oder innerhalb der Grenzen des Heiligen Römischen Reichs entstanden ist? Bestimmt die Herkunft der Maler – Malerinnen kommen im Folgenden leider nur am Rande vor  –, was dazu gehört? Oder ist ein Versuch, „Schulen“ nach nationalen Kategorien zu ordnen, ohnehin obsolet? Letzterem zuzustimmen wäre, fürchte ich, zu einfach. Denn obwohl ein Bestandskatalog nicht der Ort für eine abschließende Antwort ist, hat sich die museale Perspektive doch mit ererbten Entscheidungen auseinanderzusetzen, seien sie nun mit einer bewussten Agenda oder aus pragmatischen Gründen getroffen worden. Gleichzeitig schärft der histo­ rische Blick auf eine Sammlung das Bewusstsein für die zeitliche Bedingtheit eines jeden ordnenden Versuchs: Der Frankfurter Kaufmann und Bankier Johann Friedrich Städel (1728–1816) hatte noch italienische und niederländische, französische und deutsche, älte­re und jüngere Gemälde miteinander kombiniert (siehe Abb.  46.5), während die kaiser­ liche Gemäldegalerie in Wien bereits nach geografischen und chronologischen Gesichtspunkten umgestaltet worden war. Denselben Schritt vollzogen die Verantwortlichen des Städelschen Kunstinstituts bald nach Städels Tod; die Galerie des 1833 eingeweihten neuen Domizils an der Neuen Mainzer Straße verdeutlichte schließlich die kunstpoli­ tische Absicht des Malers und damaligen Inspektors Philipp Veit (1793–1877). Der erste, mit holländischen und flämischen Gemälden des 17. Jahrhunderts bestückte Oberlichtsaal bildete das Präludium, den krönenden Abschluss hingegen der Italienersaal mit der Büste des Stifters (siehe Abb.  46.6). Dazwischen befand sich der doppelt so große „altdeutsche“ Raum, in dem vor allem Altarretabel überwiegend Frankfurter Provenienz präsentiert wurden  –  darunter die Tafeln des Heller-Altars mit der Kopie von Albrecht Dürers berühmter Himmelfahrt Mariens. Auf einer Längsseite gab es zwei Türen: Die eine führte direkt zu Veits programmatischem Fresko Die Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum mit den flankierenden Personifikationen von Italia und Germania, die andere in einen Seitentrakt. Dort hing, was zahlreich vorhanden war, nämlich niederländische und deutsche Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts, die nicht nur von Johann Friedrich Städel, sondern auch von Johann Georg Grambs (1756–1817) und Sophia Franziska de Neufville-Gontard (1767–1833) übernommen worden waren. Im letzten Kabinett wurden deutsche Gemälde gezeigt, zu denen Werke von Johann Franciscus Ermels (Kat.  Nr.  7), Samuel Hofmann (Kat.  Nr.  13) und Johann Heinrich Roos (Kat.  Nr.   22, 24, 29) zählten, sowie solche, die man als Roos ansah (Kat.  Nr.  45) oder mit Adam Elsheimer in Verbindung brachte (Kat.  Nr.  16). Ihre Präsenz im musealen Kanon war durch den Lokalbezug legitimiert, Teil der kunsthistorischen „Meistererzählung“ aber waren sie kaum. Sie wurden vielmehr überstrahlt vom Gegenwartsversprechen einer Erneuerung der deutschen Kunst aus nazarenischem Geist, verkörpert durch die Kartons römischer Fresken, die im benachbarten Raum zu bewundern waren. Die räumliche Konstellation im Städel Museum von 1833 lässt damit bereits drei Faktoren erahnen, die für die Marginalisierung der deutschen Malerei des späten 16., des 17. und 18. Jahrhunderts verantwortlich zu machen sind: die grundsätzliche Höherbewertung der italienischen Renaissance als Norm, der Fokus auf Dürer, Holbein und später auch Cranach als Inbegriff „wahrhaft“ deutscher Kunst (die von den Nazarenern für ihre Innig­ keit und Frömmigkeit geschätzt worden war) sowie die systematische Nähe zur niederländischen Malerei. Die Gemälde holländischer und flämischer Maler aber überwogen diejenigen zeitgenössischer deutscher hier wie in vielen vergleichbaren Sammlungen nicht nur zahlenmäßig, sondern  –  so schwierig diese Bewertung im Einzelfall auch sein mag  –  häufig auch in qualitativer Hinsicht. So wandelbar die „Qualität“ als Kategorie auch ist, sie war und ist durchaus ein kuratorisches Kriterium, das die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit von Kunstwerken mitbestimmte.

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Also weder richtig „deutsch“ noch „gut“? Für Adam Elsheimer, dessen Gedächtnis man in seiner Geburtsstadt Frankfurt besonders kultivierte, galt letzteres sicher nicht. Durch die Kunstliteratur war man über seine Wirkung auf Zeitgenossen gut informiert; durch druckgrafische Reproduktionen kannte man wichtige Gemälde. Veits Nachfolger als Städel-­ Inspektor, Johann David Passavant (1787–1861), legte nach seiner Raffael-Monografie auch ein erstes Werkverzeichnis Elsheimers vor, in dem er die Bedeutung der römischen Erfahrung für den Maler hervorhob. Bereits 1823 hatte das Städelsche Kunstinstitut Die Geburt des Adonis (Myrrha) und 1839 Paulus und Barnabas werden in Lystra als Götter verehrt erworben. Zu diesen beiden, lange als Hauptwerke Elsheimers geltenden Gemälden kam 1868 ein großes Zeichnungskonvolut hinzu, das Heinrich Weizsäcker (1862–1945) ausführlich publizieren sollte. Weizsäcker, von 1891 bis 1904 Städel-Direktor, war der große Elsheimer-Kenner der ersten Hälfte des 20.  Jahrhunderts. In seinen Arbeiten schrieb er ältere Annahmen fort, reflektierte aber zugleich die Wandlung des Bildes, das man bis dato vom Künstler hatte: Ausschlaggebend waren dafür zwei Frankfurter Erwerbungen, die Sintflut (Kat.  Nr.  3) und die Verherrlichung des Kreuzes. Die Mitteltafel des Kreuzaltars (Kat.   Nr.  6) konnte Weizsäcker während des Zweiten Weltkriegs noch persönlich in Frankfurt in Augenschein nehmen, wie ein hier erstmals zitiertes Manuskript von seiner Hand beweist. Ebenfalls dokumentiert werden die schwierigen Erwerbungsverhandlungen, die erst 1950 abgeschlossen wurden. Ein entscheidender Katalysator für die Neubewertung Elsheimers stellte schließlich die monografische Ausstellung 1966/67 dar, die Direktor Ernst Holzinger (1901–1972) gemeinsam mit Jutta Held (1933–2007) verantwortete. Sie zeigte zwei Tafeln des Kreuzaltars (Kat.  Nr.  6a, g) zusammen mit neu diskutierten Gemälden wie der Steinigung des Stephanus (siehe Abb.  5.16) und dem Saulus­sturz (Kat.  Nr.  5) sowie damals etablierten Werken, die indes wenig später aus dem Œuvre ausgeschieden werden sollten. Nicht nur der Saulussturz, sondern auch Jakobs Traum von der Himmelsleiter (Kat.  Nr.  4) sowie alle weiteren Tafeln des Kreuz­altars konnten zwischen 1971 und 1981  –   also innerhalb nur eines Jahrzehnts und mit vielfältiger bürgerschaftlicher Unterstützung  –  angekauft werden, sodass das Städel ­Museum seitdem über die bedeutendste Elsheimer-Sammlung weltweit verfügt. Holzinger hatte sich bereits vor Kriegsausbruch um die Erwerbung der Verherrlichung des Kreuzes von der Londoner Kunsthandlung Colnaghi bemüht  –  im besetzten Frankreich kaufte er 1941 eine Kupfertafel „Elsheimers“, die aufgrund ihrer unrechtmäßigen Erwerbung 1946 an Frankreich restituiert worden ist und deren Authentizität er noch Jahre später (zu Unrecht) verteidigte. Zur gleichen Zeit kamen Gemälde von Johann Ulrich Mayr (Kat.  Nr.  17) und Johann Valentin Grambs (Kat.  Nr.  12) in den Besitz des Städel­ schen Kunstinstituts und der Städtischen Galerie; letzterer wurden darüber hinaus Bildnisse aus dem durch das NS-Regime aufgelösten Museum des jüdischen Stifters Julius Heyman (1983–1925) überwiesen, das bis dahin seinem Vermächtnis an die Stadt folgend in seiner Villa beherbergt war (Kat.  Nr.  18, 38, siehe Abb.  38.1). Bereits seit 2001 erforscht das Städel Museum systematisch die Herkunft aller Objekte, die in der Zeit des Nationalsozialismus erworben wurden oder den Besitzer wechselten oder gewechselt haben könnten. Trotz vertiefender Recherchen für diesen Bestandskatalog weisen die Prove­ nien­zen der Gemälde von Grambs und Mayr noch immer Lücken auf, die transparent ausgewiesen werden  –  ebenso wie einige Nachkriegserwerbungen (Kat.  Nr.  1,  9,  11,  43). Durch Werke von Rottenhammer oder Johann König vervollständigte Holzinger etwa den Bestand an Kabinettstücken rund um Elsheimer (Kat.  Nr.  15,  35,  41,  42). Ihre ideologische Indienstnahme dürfte ein weiterer Grund dafür sein, dass man sich lange nicht unvoreingenommen mit der Frage nach den Spezifika „deutscher“ Kunst der Frühen Neuzeit beschäftigt hat. Elsheimer betraf dies allerdings weniger. Soweit zu sehen, hatte einzig Horst Möhle 1940 versucht, das vorherrschende Bild im deutschnationalen Sinne zu modifizieren, indem er den von Wilhelm Bode als „römischen Maler deutscher Nation“ Bezeichneten zum „deutschen Malerpoeten in Rom“ machte, der als Proto­ romantiker nicht vom „artfremden, südlichen Pathos“ vereinnahmt worden sei. Insgesamt aber war Elsheimer als „Maler von Frankfurt“ (Weizsäcker), vor allem aber aufgrund

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des unbestritten für seine künstlerische Entwicklung so wichtigen internationalen Netzwerks in Rom über jede ungute Deutschtümelei erhaben. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Frage nach der Beziehung zu der von Albrecht Dürer verkörperten älteren deutschen Kunst ein wichtiges Kontinuum in der Interpretation seines Werks ist; diese betonte insbesondere Keith Andrews, der als Kurt Aufrichtig geborene und als Kind zur Emigration gezwungene Verfasser der maßgeblichen Elsheimer-Monografie. Was ist deutsch  –  und was war deutsche Kunst im 17.  Jahrhundert? Elsheimers Malerei gewann in Rom an Gestalt, angeregt von Italienern, Niederländern und dem jahrelang in Venedig ansässigen Hans Rottenhammer. Zu dessen Netzwerk zählten wiederum zahlreiche nordalpine Künstler, etwa Kupferstecher aus der ursprünglich aus Antwerpen stammenden Familie Sadeler, die zeitweise in Köln, Frankfurt, München, Prag und Venedig ansässig waren. Der niederländische Aufstand hatte die ohnehin vorhandene Mobilität von Kunstunternehmern verstärkt: In Frankfurt bauten sich Mitglieder der Familie ­Valckenborch eine neue Existenz auf, in Köln Geldorp Gortzius. Aber während zwei Gemälde Geldorps im Städel auf ihre Untersuchung im Rahmen dieses Buchs warteten (Kat.  Nr.  11), wurde eines von Frederik van Valckenborch bereits im Bestandskatalog der flämischen Gemälde gewürdigt (und in Valckenborchs späte Nürnberger Zeit datiert). Dort besprach Agnes Tieze auch Bildnisse von der Hand des Jeremias van Winghe (1578–1645), der bereits als Sechsjähriger nach Frankfurt gekommen war. Zwei bislang nicht inventarisierte Gemälde aus dem weiteren Umfeld der Familie Valckenborch sind indes hier aufgenommen worden (Kat.  Nr.  36,  37)  –  auch, weil insbesondere die Marktszene einen wichtigen Kontext für die Stillleben Georg Flegels repräsentiert. Am Werdegang des neben Elsheimer sicher namhaftesten deutschen Malers des frühen 17.  Jahrhunderts kann man nicht nur die überragende Bedeutung flämischer Netzwerke ablesen; sein Werk eröffnet auch die Frage nach der Interdependenz der Handels- und Kunstmetropolen Antwerpen und Frankfurt (Kat.  Nr.  8–10). Der nationale Fokus verstellt oftmals den Blick auf die vielschichtige historische Realität, die von Mobilität und Austausch geprägt war. Zu der mit der Künstlerausbildung verknüpften Wanderschaft traten reisende Porträtisten, die für verschiedene adlige und bürgerliche Auftraggeber tätig waren, teilweise mit ortsansässigen Meistern konkurrierten und nicht immer namentlich zu fassen sind (siehe Kat.  Nr.  13,  46,  50,  58,  63,  66). Andere anonyme Gemälde gehen auf Kupferstiche zurück und werfen so ein Schlaglicht auf einen Kunstmarkt, an dem sich Bildermanufakturen etablieren konnten  –  nach niederländischem Vorbild gab es diese vermutlich auch in Süddeutschland (Kat.  Nr.  41,  42). Das Heilige Römische Reich besaß kein Zentrum, sondern durch Messen, Reichstage, Königswahlen und -krönungen höchstens temporäre Begegnungsorte (siehe Kat.  Nr.  45). Der Katalog versammelt denn auch Gemälde, die sich auf unterschiedliche Traditionen beziehen: Der Wittenberger Lucas Cranach d.  J. und der Münchner Hans Mielich arbeiteten in Städten, die sowohl von Fürstenhöfen als auch von bürgerlichem Publikum geprägt waren (Kat.  Nr.  2,  19). Von den wichtigen Reichsstädten sind Augsburg (Kat.  Nr.  17), Nürnberg (Kat.  Nr.  7,  14), Straßburg (Kat.  Nr.  33,  34)  –  und am Oberrhein daneben auch das eidgenössische Basel (Kat.  Nr.  1) –, Köln (Kat.  Nr.  11,  38) und naturgemäß auch Frankfurt vertreten. Die Gemälde der Familie von Holzhausen, in die gesondert eingeführt wird, zeigen die ästhetischen Präferenzen des lokalen Patriziats auf (Kat.  Nr.  47–66), während die Werke von Johann Heinrich Roos an internationale Standards anschließen (Kat.  Nr.  20–29). Der Blick auf ihn verdeutlicht die biografischen Verwerfungen und Chancen, die mit dem Dreißigjährigen Krieg einhergingen: Mit seinen Eltern, die ihrerseits einen niederländischen ­Migrationshintergrund besaßen, wanderte er aus der schwer von Zerstörung betroffenen Pfalz nach Amsterdam aus. Nach 1648 zurückgekehrt, arbeitete er sowohl für den ­reformierten Hof in Heidelberg als auch für katholische Fürsten, bevor er sich im lutherisch dominierten Frankfurt nieder­ließ, wo er sich mit Bildnissen und pastoralen Idyllen auf überkonfessionell Beliebtes spezialisierte. Sucht man das spezifisch „Deutsche“ in der frühneuzeitlichen Malerei zu definieren, so muss man just die Brüche, die Heterogenität, die verschiedenen lokalen Traditionen gemeinsam mit den auf Reisen oder über

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Druckgrafiken gewonnenen oder über Immigranten vermittelten Impulsen betrachten. Die Horizonte von Künstlern und von Auftraggebern waren stets unterschiedlich. Vor dem Hintergrund jeweils eigener Bezugsrahmen gewürdigt, entsteht in der Zusammenschau ein Einblick in eine höchst spannende Epoche.

Dank Dieser Bestandskatalog schließt im Aufbau dankbar an die Vorgängerbände im Städel Museum an, bei denen kunsthistorische und gemäldetechnologische Perspektiven bereits eng verknüpft waren. Für die fruchtbare Zusammenarbeit bin ich an allererster Stelle Christiane Weber zu großem Dank verpflichtet, die schon an den Katalogen zur holländischen und flämischen Malerei beteiligt war und ihre breite Erfahrung eingebracht hat. Von Beginn an war geplant, die jeweiligen Abschnitte diesmal eigenständig zu verfassen. Das hat mir und Fabian Wolf, der während meiner Elternzeit sieben Katalog­ nummern übernommen hat, die Freiheit gegeben, kunst- und kulturhistorischen Fragestellungen nachzugehen, während Christiane Weber sich auf die gemäldetechnologischen Analysen konzentrieren konnte. Steter Austausch während der Untersuchung, beim Gegenlesen und in der Redaktionsphase gewährleistete gleichzeitig eine enge Abstimmung; in den Texten ist dies daran ersichtlich, dass die „Beschreibung“ und die „Objektgeschichte“ jetzt die maltechnischen Befunde rahmen. Zudem wurden die unmittelbar mit der Provenienz verbundenen Abschnitte zu den rückseitigen Beschriftungen und den Rahmen in der Regel von uns beiden gemeinsam erstellt. Es war uns eine große Ehre, den im Städel etablierten und zuletzt von Rüdiger Klessmann (mit der Ausstellung „Im Detail die Welt entdecken“, 2006) und Joachim Jacoby (mit dem gewichtigen kritischen Gesamtkatalog aller Zeichnungen, 2008) fortgeführten Fokus auf die Kunst Adam Elsheimers zu ergänzen (Kat.  Nr.  3–6). Durch die erstmals syste­ matisch vorgenommenen gemäldetechnologischen Untersuchungen haben wir ein umfassendes Bild von Elsheimers malerischem Vorgehen gewinnen können. Christiane Webers Befunde wurden dabei durch die Analyse makroskopischer RöntgenfluoreszenzScans ergänzt, die Mareike Gerken parallel zur letzten Projektphase durchführen konnte; beide zeichnen schließlich gemeinsam für die entsprechenden Katalogabschnitte zum Kreuzaltar verantwortlich (Kat.  Nr.  6). Mareike Gerken, aber auch den Kolleginnen und Kollegen der TU Darmstadt, Marco Colombo und Brunhilde Thybusch, die an der Auswertung der MA-XRF-Scans von Flegel-Gemälden beteiligt waren, möchten wir herzlich für die interdisziplinäre Zusammenarbeit danken, die noch lange nicht beendet ist. In der Restaurierungswerkstatt erstellte Stephan Knobloch nicht nur die Röntgenaufnahmen, sondern unterstützte die Untersuchungen zusammen mit Eva Bader und Lilly Becker stets großzügig und mit geduldiger Rücksichtnahme. Für die dendrochrono­logischen Untersuchungen sei Peter Klein herzlich gedankt. Praktische Hilfe am Städel ­Museum haben des Weiteren Dominik Auvermann und Beatrice Drengwitz vom Ausstellungsdienst, Gabi Schulte-Lünzum und die Kollegen der Haustechnik um Thomas ­Pietrzak geboten, Martin Kaufmann und Sandra Adler-Krause brachten schließlich ihren kreativen Blick engagiert in den grafischen Abstimmungsprozess ein. Für kollegialen Austausch sei zudem Martin Sonnabend, Joachim Jacoby (†) und Jan Bielau-To aus der Graphischen Sammlung, Stefan Roller, Bastian Eclercy und Eva Mongi-Vollmer sowie M ­ ichael Mohr, Laura Vollmers und Iris Schmeisser für alle Fragen, die das Archiv und die Provenienzforschung betreffen, gedankt; letztere unterstützte mich immer wieder auch moralisch. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen anderer Museen und Forschungsinstitutionen haben auf die eine oder andere Weise zum Gelingen des Projekts beigetragen. Hervorzuheben sind die inspirierenden Begegnungen in Edinburgh, Köln und Warschau zum Thema ­Elsheimer, Besuche in Darmstadt, München und immer wieder im Historischen Museum Frankfurt, wofür wir Piotr Borusowski, Wolfgang Cilleßen, Anja Damaschke, Bernd Ebert, Justyna Guze, Heidrun Ludwig, Iris Schaefer, Christian Tico Seifert und Anja Sevčik zu herzlichem Dank verpflichtet sind. Mit Hinweisen und Auskünften unterstützt haben uns außerdem Walter R. C. Abegglen, Christoph und Max Andreas, Maria Aresin,

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Hanna Bahr, Matthias von der Bank, Bettina Baumgärtel, Ellinoor Bergvelt, Marten Jan Bok, David Burmeister, Quentin Buvelot, Beate Dannhorn, Sebastian Dohe, Eric Domela Nieuwenhuis, Wolf Eiermann, Julia Ellinghaus, Dorothee Feldmann, Monique Fuchs, ­Melanie Gifford, Peggy Große, Thomas Hardy, Ursula Härting, Jyri Hasecker, Kilian Heck, Helen Hillyard, Janine Jakob, Ronald Janssen, Koenraad Jonckheere, Rieke van Leeuwen, Hermine Lotz-Winter, Gabriele Marcussen-Gwiazda (†), Esther Meier, Fred G. Meijer, Norbert Middelkoop, Maria O ­ stritz, Hans Konrad Peyer, Johannes Pietsch, Luuk Pijl, Christian Printzen, Andreas R ­ üfenacht, Polly Saltmarsh, Martin Schawe, Robert Schindler, Anne Schmid, Gero Seelig, Nicolette Sluijter-Seijffert, Oliver Tostmann, Elke Valentin, Sonja Vilsmeier, Jørgen Wadum, Elizabeth Walmsley, Henrietta Ward, Gregor J. M. Weber, Lisanne Wepler und Alexander Wied. Andrea C. Hansert, deren unter ihrem früheren Namen Andreas Hansert erschienene Arbeiten unverzichtbar sind, wenn man sich mit der Geschichte Frankfurts beschäftigt, war immer wieder zu Gesprächen bereit und hat auch die Einleitung zur Gemäldesammlung der Familie von Holzhausen vorab gelesen. Alle Katalogeinträge hat schließlich auch Jochen Sander ebenso sorgfältig wie kritisch durchgesehen: Nicht nur dafür bin ich ihm zu tiefem Dank verpflichtet, sondern auch für seine stets wohlwollende Förderung. Nach meiner vorsichtigen Frage, ob die Reihe der Bestandskataloge nicht fortgesetzt werden müsse, hat er bei der Deutschen Forschungs­ gemeinschaft eine entsprechende Antragstellung und damit das Projekt überhaupt erst ermöglicht. Um es schließlich in Zeiten der Pandemie auch tatsächlich abschließen zu können, hat er gleichfalls die ergänzende Förderung durch die Christa Verhein Stiftung und den Städelschen Museums-Verein e. V. vermittelt, Prioritäten gesetzt und die Drucklegung unterstützt. Herzlichen Dank für alles! Mein abschließender Dank gilt jenen, ohne die dieses Buch kaum seine heutige Gestalt gewonnen hätte: Neben Christiane Weber und Fabian Wolf kann auch Corinna Gannon nicht genug gedankt werden, die im ersten Jahr geholfen hat, das Projekt durch Literatur­ recherche und den Aufbau der Datenbank voranzutreiben. Im letzten Jahr hat Michael Preiß sehr viel Literatur beschafft – was in Anbetracht zeitweilig geschlossener oder zugangsbeschränkter Bibliotheken mit ungekanntem Aufwand verbunden war, mich aber vor so mancher Verzweiflung bewahrt hat. Als studentische Mitarbeiter in der Abteilung Alte Meister-Nord waren daneben Jannik Konle, Leslie Zimmermann und Samuel Fickinger in vielfältiger Hinsicht eingebunden, letzterer hat mit großem Engagement die Bild­ redaktion übernommen. Zeitweise unterstützt haben auch die Praktikantinnen und Praktikanten Kiran Hussain, Rebekka Hoummady und Maximilian Sautot, zuletzt bereitete Olivia Wingerter das Personenregister vor. Friederike Schütt, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung, sind nicht nur Vorarbeiten für das von Mareike Gerken und Christiane Weber verfasste gemäldetechnologische Glossar zu verdanken, sondern ­immer auch aufmunternde Worte, interessierte Fragen und gute Ideen. Für die vertrauens­ volle Zusammenarbeit möchte ich schließlich Luzie Diekmann und Jens Lindenhain vom Deutschen Kunstverlag, Lilla Hinrichs und Anna Sartorius vom Gestaltungsbüro e o t sowie Michael Konze und Juliane Steinbrecher danken; das Lektorat der letzteren war ebenso gewissenhaft wie gründlich! Insbesondere im letzten, von der Pandemie geprägten Jahr gewährte mir meine Familie stets den nötigen Freiraum. Mein Mann  –  nebenbei wichtiger Gesprächspartner zu allen Fragen zwischen Luther, katholischer Reform und pietistischer Frömmigkeit  –  übernahm den Großteil des notwendig gewordenen häus­lichen Unterrichts und begleitete die Fertigstellung mit Kräften und großer Geduld. Von Herzen gilt ihm mein Dank. Almut Pollmer-Schmidt

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KATALOG  Nr.  1–  3 4


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HANS BOCK D. Ä. Venustanz Basel, um 1580–90 Leinwand, 60,1 ×  80,1  cm Inschrift auf dem Sockel der Statue „X VENVS X “ Inv.  Nr.  2233

Im Inneren eines polygonalen Raumes befindet sich ein zweistufiges Podium, in dessen Mitte eine bräunliche Säule aufragt. Auf dem Kapitell mit skulpturiertem Widderkopf steht die unbekleidete Figur der Venus, deren Identität die goldene Inschrift unterhalb unmissverständlich betont. Um sie herum tanzen ungeordnet 17 meist ebenfalls nackte Frauen unterschiedlichen Alters: Manche fassen sich an den Händen, eine Frau hält die Arme wie in Anbetung erhoben, eine andere rechts hinter der Säule scheint in die Hände zu klatschen, während eine links vor der Säule Tanzende „himmelnd“ nach oben blickt. Sie, deren Haltung den Kontrapost der Venus spiegelt, scheint sich in einem Dialog mit der Liebesgöttin zu befinden, die nach unten schaut und direkt über dem Kopf der jungen Frau eine Geldbörse hält (eine zweite hält sie mit der linken Hand hinter ihrem Rücken). Die zwei flankierenden rückansichtigen Tänzerinnen, die sich im Reigen an den Händen halten, verkörpern zwei unterschiedliche Frauentypen: links eine junge, elegante Schlanke und rechts eine Gedrungene, sich unelegant Beugende, deren zum Betrachter gestrecktes Gesäß der Lichtfall hervorhebt. Jene hält sich mit ihrem rechten Arm an einem dunkelbraunen Stock fest, der auf der Bildfläche bis in den Brustbereich einer in dritter Reihe Tanzenden reicht, die aus den Augenwinkeln zum Betrachter blickt. Einen Stock benutzt auch eine hagere Alte, die sich auf der rechten Seite in die Gruppe der Tanzenden eingereiht hat. Diese markante Figur wirkt mit ihrem mageren Körper, der die Muskeln hervortreten lässt, und ihrem knochigen Gesicht fast männlich, ein Eindruck, dem nur die hängende Brust und die langen, offenen Haare entgegenstehen. Der Blätterkranz als Kopfschmuck stellt ebenfalls eine Ausnahme dar, da die übrigen Frauen zumeist kunstvoll geflochtene, mit Blüten, Bändern oder Haarnetzen verzierte Frisuren tragen – von denen manche dem Kopfschmuck der Venusfigur nicht unähnlich sind. Links hinter der Alten hebt eine Tänzerin ihr linkes Knie, sodass es auf der Bildebene scheint, als öffne sich ihr Schritt direkt über dem Kopf einer Sitzenden. Diese hat sich ver-

mutlich gerade ihres roten Gewandes entledigt und ist dabei, ihre linke Sandale auszuziehen. Ihre Gestalt wird nicht nur durch die Farbe des Stoffs betont, sondern auch durch die wie zu einer Brücke hoch erhobenen Arme der Alten und ihrer Mittänzerin zur Linken. Zwei Frauen am rechten Rand des Podiums beteiligen sich ebenfalls nicht am Reigen: Die hintere hebt gerade ihren Unterrock an, um ihren Blick – und vielleicht auch ihre Hand – zu ihrem Genitalbereich gleiten zu lassen. Die vordere, eine auffällig rote Kette um den Hals, kniet breitbeinig; ihre Beine werden von ihrem geöffneten dunklen Gewand bedeckt, während ihre rechte Hand nach unten greift und ihre linke eine Brust umfasst (eine Geste, die auch eine andere junge Frau im linken Teil des Podiums vollführt). Provozierend schaut die Knieende aus dem Bild (Abb.  1.11). Außerhalb des Rondells befinden sich weitere Personen. Ihre Positionierung vermittelt zugleich ein Gefühl für die verschiedenen Raumkompartimente der umgebenden Architektur, die mit ihren hohen Spitzbögen und den darüber angeordneten Öffnungen mit jeweils drei von Rundbögen überfangenen Säulchen an den Chorraum einer Kirche erinnert. Anders als man es erwarten würde, öffnet sich hinter der Arkatur kein Kapellenkranz, sondern, gerahmt durch zwei breite, flach verlaufende Rundbögen, ein Ausblick zu einem nächtlichen, von Wolken durchzogenen Himmel. Hinter den Triforien, deren von unten erhellte Bögen ebenso wie die erleuchteten Gewölbe im Umgang für dort verteilte Lichtquellen sprechen, gibt es zwei kreisförmige Fenster. Vor dem rechten steht eine vermutlich männliche Figur, die das Treiben unter sich beobachtet. Sie ist mit einem dunkelgelben Gewand und einer bis über die Ohren hängenden Kappe bekleidet und hält ein rotes Band in der linken Hand. Unter ihr, direkt zwischen den Pfeilern des Arkadenbogens, steht eine weitere Figur in einem grünlichen Gewand, die nicht näher zu bestimmen ist. Im Umgang rechts von ihr steht eine Frau, deren Körper und Haupt mit einem blauen Tuch umhüllt ist. Die goldene Verzierung am Saum des Stoffs kommt sowohl bei ihr als

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1  Hans Bock d. Ä.

BESCHREIBUNG


auch bei der in direkter Linie vor ihr Knieenden vor und konturiert auch den Umhang einer von links eintretenden jungen Frau. Bei jener kommt darunter blanke Haut zum Vorschein, doch bald, so scheint es, wird auch diese Hülle von ihren Schultern rutschen und fallen (Abb.  1.6). Sie blickt zur Seite und dürfte andere, die ihr folgen, zum erotischen Rundtanz um Venus einladen, auf den sie mit ihrem Finger weist. Einen zweiten Zeigegestus wird man in nächster Nähe gewahr: Zwischen den ersten Tänzerin-

nen erblickt man im Hintergrund zwei bärtige alte Männer. Ihre farbige Kleidung sowie der Kontrast zur Silhouette von Bauch und Brust einer nackten Tänzerin verschaffen ihnen besondere Aufmerksamkeit. Die Verdichtung lässt aber auch eine Pointe erkennen: Der ausgestreckte Zeigefinger des vorderen Mannes zeigt – natürlich nur auf der Bildfläche – direkt auf die sich entblößende Brust der einzigen noch angezogenen Tänzerin in Rot.

MATERIELLER BESTAND Bildträger

Prof. Lindemann / 7.11.2001/Gu“, darauf mit Bleistift die Städel-Inventarnummer „Inv.  Nr.  2233“.

Als Bildträger dient augenscheinlich eine dünne, locker gewebte Leinwand, deren Struktur aufgrund der von einer mittelfeinen Doublierleinwand verdeckten Rückseite und der durchgehenden Randabklebung nicht weiter bestimmt werden konnte. | CW

Rahmen Die entstehungszeitliche Rahmung hat sich nicht erhalten. Das Gemälde besitzt einen modernen Profilrahmen aus dem 20. Jahrhundert, der nach altem Vorbild gestaltetet ist. Das Profil beginnt innen mit einer schmalen, vergoldeten Hohlkehle und schmaler Schräge, gefolgt von einer vertieft liegenden breiten Rahmenplatte mit ansteigender Schräge, die beide schwarzbraun gefasst sind. Gemalte Mittel- und Eckornamente (Ölvergoldung) verzieren die Rahmenplatte. Außen schließt das Profil mit einer schmalen, vergoldeten Hohlkehle ab.

1  Hans Bock d. Ä.

Rückseitenbeschriftungen Auf der oberen Querleiste des Zierrahmens mit gelber Kreide (absichtlich verwischt, aber im UV-Licht sichtbar) „  20[6 oder 8?]594 0[4?]/2[.]“, rechts daneben in gleicher Schrift „[6, spiegelverkehrt?]11P“. Daneben ein Klebezettel des Kunstmuseums Basel mit Aufdruck „Hans Bock d. Ä. zugeschrieben / Hexentanz c. 1585 / Leinwand, 60 × 80  cm  / Privatbesitz / Das Werk ist zur Ansicht im Haus. / Zuständig:

MALTECHNIK Vorbereitung und Unterzeichnung

giert. Die perspektivisch korrekte Darstellung des Polygons hat unter anderem an der rechten Ecke Schwierigkeiten bereitet. Dort wurde die fluchtende Linie des Architravs verschoben und auch der untere Pfeiler-Abschluss scheint nicht ganz bewältigt zu sein: Vielleicht waren auch im unteren Geschoss zunächst Kapitelle geplant – wenige geschwungene Linien an den Pfeilern könnten darauf hinweisen. Im oberen Geschoss, über dem auf die Venus herabblickenden Mann, blieben zwei dicke Eisenanker unausgeführt.

Unter der Malerei wird eine hellrot ausgemischte, fleischfarbene Grundierschicht sichtbar, die vermutlich ölgebunden ist. Die IRR-Aufnahme zeigt zahlreiche Linien einer Stift-Unterzeichnung, die insbesondere die Außenkonturen der Figuren und der Architektur festlegt (Abb.  1.1). Die senkrechten Kanten der Pfeiler und die horizontalen beziehungsweise diagonalen Konturen der Eisenanker sind häufig mit dem Lineal ausgeführt. Ohne Rücksicht auf die Tanzenden durchschneiden sie vielfach deren Körper; die Figuren wirken, als ob sie nach der Architektur in die Komposition eingesetzt worden sind. Die malerische Ausführung der Figuren folgt weitgehend der Unterzeichnung – mit Ausnahme der links stehenden Frau mit blauem Mantel. Diese war ursprünglich größer geplant, da die Infrarotreflektografie über ihrer Figur einen mit mehreren Stiftlinien skizzierten Kopf zu erkennen gibt. Oft mehrfach gesetzte, leicht verschobene Konturlinien erscheinen insbesondere an den Arkadenbögen suchend. Ihre Position wurde während der Ausführung häufig korri-

Ausführung Von dunklen Farbanlagen ausgehend, wurde die Malerei zumeist in wesentlich helleren Malfarben weiter ausgestaltet. Auf der Grundierung liegt eine erste, mittelgraue Anlage der Architektur, deren verschattete Flächen dunkelgrau, beleuchtete Bereiche hingegen hellgrau bis weißlich abgesetzt sind. Während die erste, dünnschichtige Anlage einen pinselstreifigen Farbauftrag aufweist, erscheinen die nachfolgenden Farblagen stark verlaufen und glatt.

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1  Hans Bock d. Ä.

1.1  Infrarotreflektografie

Abschließend trug er großflächig dünn vertriebene Weißhöhungen auf. Denselben Schichtenaufbau mit abweichender Pigmentzusammensetzung zeigt die auf einer Säule stehende Venus. Diese erhielt eine farbkräftige, weniger stark gebrochene Farbanlage, über der die lichten Partien mit fast weißen Tönen und kühlgrauer Verschattung ausgearbeitet sind. Dadurch entsteht die Anmutung einer verlebendigten Marmorstatue, während die starken Helligkeitskontraste zwischen den Licht- und Schattenpartien, die den Herabschauenden hinter der Venus, die Körper vieler Tänzerinnen und die Architekturdarstellung prägen, den Eindruck einer grellen, schlaglichtartigen Beleuchtung erwecken. Haarbänder und Haarnetze, Saumverzierungen und Agraf­ fen sowie die Inschrift auf der Säule sind über einem Anlegeöl mit Blattgold dargestellt. | CW

Ähnliches gilt für die Himmelszone, die in dunkelgrünlichem Blau angelegt und mit helleren Weißausmischungen eines abweichenden, rötlichen Blautons übergangen wurde, bevor der Maler die weißlichen Schleierwolken ausarbeitete. Aussparungen für größere Motive lassen sich nicht erkennen. Vielmehr wurden die Figuren auf die dunkle Unterlegung von Architektur und Himmel gesetzt und ihre Außenkonturen mit den helleren Ausarbeitungen des Hintergrunds beschnitten und präzisiert. Die Inkarnate besitzen ganzflächig eine dunkle Farbanlage in gelblich rotem Ocker, der als Halbschattenton dient und partiell dunkelbraun vertieft wurde. Beleuchtete Körperpartien modellierte der Maler in einem grau ausgemischten Halbschattenton und zumeist hellgelblichen Inkarnattönen, die unter dem Mikroskop neben weißen, schwarzen und roten auch dicke orangefarbene Pigmente erkennen lassen.

RESTAURIERUNGSGESCHICHTE UND ERHALTUNGSZUSTAND Das Gemälde wurde mit einer weißlichen Doubliermasse auf eine mittelfeine, dicht gewebte Leinwand doubliert und erhielt einen neuen Keilrahmen, wobei man die origina-

len Spannränder abschnitt. Das Bildformat indes erscheint unbeschnitten. Zu den beschriebenen Maßnahmen haben sich keine schriftlichen Aufzeichnungen erhalten.

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1  Hans Bock d. Ä.

1.2  Hans Bock d. Ä., Das Bad zu Leuk (?), 1597, Leinwand, 78,4 × 109,6 cm, Kunstmuseum Basel

Großflächige Verputzungen haben die oberen Malschichten in der Himmelszone, den dunklen und weißen Architekturflächen und den Weißhöhungen und Schattenlasuren der Figuren reduziert. Um die Schäden zu kaschieren, wurden manche Bereiche großflächig übermalt, etwa die Stufen des Podestes, die dunklen Flächen unter den oberen Arkadenbögen, die dortigen Kapitelle und der ockerbraune Boden am rechten Bildrand. Kleinere Retuschen finden sich über die Bildfläche verteilt. | CW

Offenbar wiesen die Malschollen schüsselartige Verformungen auf, die durch die Doublierung rückgeformt wurden, denn ihre Schollenränder sind in manchen Bereichen stark verputzt. Retuschierte Ausbrüche und Beschädigungen sind in der Architektur, über den Köpfen der Tanzenden und im Pfeiler unter der Venus zu konstatieren. Vermehrt treten sie auf in einem breiten, senkrechten Streifen zu Füßen des herabblickenden Mannes. Am stärksten betroffen ist die Figur der Sitzenden auf dem rotem Mantel rechts. Zwei dicke Kratzer befinden sich am Kopf des Herabschauenden und im hellroten Umhang der Tänzerin links.

OBJEKTGESCHICHTE Provenienz

museum Basel, 2003; verkauft an das Städelsche Kunstinstitut (erworben mit Mitteln des Nachlasses Wirthle), 2006.

…; Verst. New York (Sotheby’s), 25. Januar 2001, Nr.  88 als Deutsche Schule des zweiten Viertels des 16. Jahrhunderts; …; Privatbesitz, Zürich, als Leihgabe im Kunst-

PRÄSENTATIONS- UND FORSCHUNGSGESCHICHTE Nachdem das Gemälde auf dem Kunstmarkt bekannt geworden ist, unterbreiteten Kenner recht bald den Vorschlag, es dem Basler Maler Hans Bock d. Ä. (um 1550  – 1624) zuzuschreiben. In einem Gutachten unterstützte Lucas Wüthrich die offenbar erstmals von Wolfgang Prohaska geäußerte Vermutung und datierte das Bild um 1585, vor allem gestützt durch den Bezug zu den Tageszeitenallegorien, die Bock 1586 geschaffen hat (Abb.  1.3, 1.4).1 Er wies zudem auf Ähnlichkeiten oder gar Übereinstimmun-

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gen der dargestellten Figuren mit Hans Bocks Wandmalereien am Rathaus von Basel hin und benannte dessen Bad zu Leuk (Abb.  1.2) als weiteren Vergleich. Insbesondere die unterschiedlichen, „teilweise exaltierten Körperhaltungen“ sowie die fehlende Binnenzeichnung der Gliedmaßen waren für Wüthrich wichtige Argumente. Im Zuge der von ihm betriebenen Erwerbung für das Städel Museum ordnete Bodo Brinkmann das Gemälde als Werk des Hans Bock d. Ä. um 1570–80 ein. Seine Werkstatt


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