DUHwelt 2/2021

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Themen

Umweltgerechtigkeit

Energiearmut verhindern

V

on Energiearmut wird landläufig gesprochen, wenn Haushalte nicht oder nur mit Mühe und Not ihre Energierechnungen für Strom und Heizen bezahlen können. Betroffen sind in der Regel einkommensschwache Haushalte, insbesondere Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen. Auch wenn es in Deutschland keine anerkannte Definition für Energiearmut gibt, ist die Problemlage äußerst real. Jahr für Jahr wird rund 300.000 Haushalten wegen Zahlungsverzug der Strom abgedreht, fast fünf Millionen die Sperre angedroht. Für die Betroffenen stellt dies meist eine enorme Belastung neben vielen anderen armutsbedingten Alltagssorgen dar. Für die Versorger ist das Sperrprozedere mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden. Zwar übernimmt das Sozialamt in Deutschland die Heizkosten für Bezieher von Arbeitslosengeld II. Die Stromkosten allerdings sind Teil des ausgezahlten Regelsatzes. Der ist so gering bemessen, dass die Kosten häufig nicht beglichen werden können, ohne an anderen Stellen des Haushaltsbudgets zu kürzen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Warmwasserbereitstellung strom-

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basiert per Durchlauferhitzer erfolgt oder es andere Stromfresser im Haushalt gibt.

Alltagstaugliche Hilfsangebote Genau hier setzen die vorbildlichen Projekte unserer Modellstädte an: Neben die einschlägigen bundesweiten Transferleistungen stellen sie ihre kostenlosen kommunalen Beratungs- und Unterstützungsangebote. Das Nürnberger EnergieSparProjekt bietet seinen Kunden eine intensive Vorort-Beratung zu den Themen Strom und Heizen aus einer Hand. Geschulte Energieberaterinnen und -berater geben Tipps zum energiesparenden Verhalten, verschenken LEDs, Wassersparaufsätze und Kühlschrankthermometer oder erstellen im Einzelfall bauphysikalische Gutachten, um einen erhöhten Wärmebedarf nachzuweisen. In München gibt es gleich mehrere Ansätze zur Bekämpfung von Energiearmut: Eine Energieberatung für Geringverdienende durch die Stadtwerke München, eine sozialpädagogische Energieberatung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen durch I.S.AR, das Institut für sozialpädagogische Arbeit, einen Härtefallfonds sowie

das Projekt ‚Weiße Ware‘ des Sozialamtes, das hilft, alte, energiefressende Elektrogroßgeräte zu tauschen. All diese Ansätze verhindern oder lindern die Folgen der Energiearmut. Für den Schutz des Klimas und um soziale Härten zu verhindern, entwickelt die DUH gemeinsam mit ihren Projektpartnern einen „Instrumenten-Baukasten“ mit maßgeschneiderten Lösungsansätzen gegen Energiearmut, der kommunalen Praktikern in Deutschland und Europa zu Gute kommen soll. Zudem unterstützt die DUH die Städte Nürnberg und München, ihre zielgruppengerechte Kommunikation zu verbessern, um die Menschen über Internet, lokale und Soziale Medien zu erreichen, sie aber auch vor Ort „abzuholen“. Die DUH produziert eine AudioInterviewreihe mit Vertretern der jeweiligen Projekte. All dies dient dem Zweck, andere Städte zum Nachahmen zu inspirieren. (rw) n

Foto: Marco Martins/stock.adobe.com

Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt die Modellstädte Nürnberg und München bei der Bekämpfung von Energiearmut. Bestehende Angebote der Städte sollen bekannter werden und so für die, die darauf angewiesen sind, leichter zugänglich sein. Deutschland- und europaweit werden andere Städte zum Nachahmen inspiriert.


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