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Wenn Bäume weinen

Unterwegs

Bis vor wenigen Jahren galt Naturkautschuk als wertvoller Rohstoff. Heute werden viele Plantagen nicht mehr bewirtschaftet. Der GNF ist mit seiner Partnerorganisation Südwind e.V. in Indonesien, um mit Kautschukbauern zu sprechen. Ein Bericht von Martin Haustermann (Foto).

Es ist noch Vormittag, aber bereits 35 Grad warm. Die Luft ist heiß und schwül. Grillen zirpen, Insekten summen, und es raschelt im dichten Blätterdach. Wir befinden uns in Kalimantan, auf dem indonesischen Teil der Insel Borneo. Um uns herum wildes Pflanzenwachstum wie im tropischen Regenwald.

Wer genau hinschaut, erkennt jedoch, dass bei einigen Bäumen sorgfältig die Rinde entfernt wurde. An diesen Stellen fließt ein weißer, klebriger Saft in eine Schale. Das Anritzen der Bäume nennt man „Zapfen“. Gezapft wird hier Naturkautschuk.

Dschungelkautschuk erhält Lebensräume

Der Kautschukbaum stammt ursprünglich aus Südamerika, wo die Einheimischen die Bäume, aus denen der Milchsaft fließt, „caucho“ nannten – die „weinenden Bäume“. Über ein Viertel des weltweiten Naturkautschuks kommt heute aus Indonesien. 85 Prozent der indonesischen Kautschukflächen werden von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen bewirtschaftet.

Einer dieser Kleinbauern ist Andri, der uns durch seine Plantage führt. Er baut sogenannten Dschungelkautschuk an. Das Anbaugebiet ähnelt einem Regenwald. Andri gehören etwa fünf Hektar Land, auf denen schon seit Generationen Kautschuk angebaut wird. Die Bäume sind alt und hoch, nehmen CO2 und Gifte aus der Luft auf, speichern Wasser und verhindern Erosion. Diese Anbauform bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen und bildet trotz Plantagenwirtschaft ein wertvolles und stabiles Ökosystem.

Doch mit Dschungelkautschuk lässt sich kaum noch Geld verdienen. Bauern wie Andri können momentan nicht kostendeckend arbeiten. „Ich zapfe meine Bäume schon seit einiger Zeit nicht mehr, sondern arbeite

Die Projektarbeit des Global Nature Fund wird unterstützt von:

in einem Sägewerk“, berichtet er. „Wenn ich mehr Geld zur Verfügung hätte, würde ich in andere Rohstoffe investieren, zum Beispiel Palmöl. Das bringt mehr ein.“ Nur weil sich Andri die Flächenumwandlung nicht leisten kann, bleiben die wertvollen Lebensräume erhalten.

Palmöl ist wirtschaftlicher

Am Nachmittag sind wir etwa 40 Kilometer von Andris Plantage entfernt. Die Sonne scheint direkt auf unsere Köpfe, das Blätterdach ist sehr viel lichter. Hier wächst eine einzige Pflanze in Monokultur: Naturkautschuk. Wayan, dem diese Plantage gehört, ist mit seiner Familie von der Insel Java nach Borneo gekommen. Als Motivation zur Umsiedlung wurde ihm von der Regierung ein Hektar Land zugewiesen. Auf der kleinen Fläche ist er gezwungen, effizient zu wirtschaften, deshalb die Monokultur. Im Gegensatz zum Dschungelkautschuk werden Zuchtsorten verwendet, die auf besonders hohe Erträge ausgerichtet sind. Wayan düngt die Bäume regelmäßig und hat in Schulungen gelernt, die Bäume so zu zapfen, dass sie nicht dauerhaft verletzt werden und gleichzeitig besonders hohe Mengen an Kautschuk produzieren. Er zapft auf einem Hektar Land doppelt so viel Kautschuk wie Andri. Doch auch für Wayan reichen die Erträge nicht und auch er erwägt, auf Palmöl umzusteigen. Noch hofft er, dass sich die Preise wieder erholen.

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Ein komplexes Problem

Obwohl der intensive Anbau von Kautschuk, genau wie Palmöl, eine der zentralen Ursachen für die großflächige Rodung von Tropenwäldern darstellt, wird über ökologische und soziale Folgen des Kautschukanbaus kaum gesprochen. Bisher haben nur wenige Unternehmen einen tieferen Einblick in ihre eigene Lieferkette und können beurteilen, unter welchen Bedingungen der Kautschuk angebaut wurde. Seit 2017 arbeitet der Global Nature Fund gemeinsam mit Südwind e.V. daran, insbesondere Reifen- und Automobilhersteller für das Thema zu sensibilisieren. Als erster Schritt findet im Herbst 2018 ein Fachgespräch statt, bei dem gemeinsam mit Experten und Industrievertretern Erkenntnisse und potenzielle Lösungen diskutiert werden.

Der GNF ist Fördermitglied im Fair Rubber e.V. Ziel des Vereins ist es, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kautschukproduzenten zu verbessern. Unternehmen zahlen einen Mitgliedsbeitrag und eine Fair Trade-Prämie in Höhe von 50 Cent pro abgenommenen Kilogramm Kautschuks. ■

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Dschungelkautschuk bietet Raum für Ökosysteme. Bilder S. 26: Hier wird Kautschuk auf einer Monokultur-Plantage gewonnen. Projektmanager Martin Haustermann war vor Ort in Indonesien.

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