Ostlagen Gefahrenschwerpunkt Ostwind
TEXT UND GRAFIKEN: VOLKER SCHWANIZ
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er erste Gedanke beim Blick auf eine bevorstehende Ostlage ist bei allen Fliegern gleich: Endlich ein beständiges Hoch, endlich Sonnenschein, endlich Flugwetter weit und breit keine Fronten, Föhn, Schauer oder Gewitter. Aber was augenscheinlich als Rundum-Sorglos-Lage daherkommt, birgt auch etliche anspruchsvolle Einflüsse, denen man Beachtung schenken muss.
Strahlungswetter, der Schein kann trügen
Durch den bei Hochdruck-Ostlagen überwiegend blauen Himmel ist der Tagesgang der Temperatur besonders hoch. Tagsüber herrscht ungestörte Einstrahlung und nachts von Wolken ungestörte Ausstrahlung (Auskühlung). Das bedeutet kühle Nächte mit
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bodennaher Ausbildung einer teils deutlichen Bodeninversion, die vormittags von der Tageserwärmung aufgelöst wird. Dabei wird die reale Windgeschwindigkeit morgens/ vormittags häufig noch abgeschirmt und Fehleinschätzungen des Tagescharakters sind schnell passiert. Auch ist die typische Ostlagen-Luftmasse sehr trocken, mit Blauthermik oder verzögerten Quellwolken, was ebenfalls die Wind- und Thermikeinschätzung über die Wolken vormittags erschwert. Wichtig: Die Einschätzung des FlugwetterTagescharakters ist bei Ostlagen oft nicht mit „Wolkengucken und Finger in den Wind halten“ zu machen. Ob ruhig, ob windig/böig, ob Gleitflugwetter oder ob Hammerthermik ist vormittags auf den ersten Blick schwer zu unterscheiden. Erst beim Ausheizen der Bodeninversionen vollzieht sich der Übergang zum „wah-
ren Tagescharakter“ - und das oft recht plötzlich. So können vormittags noch weitgehend ruhige Verhältnisse binnen kurzer Zeit schlagartig von böiger, starker Thermik abgelöst werden.
Leitplanken-Effekt Am direkten Nordalpenrand ist bei Ostlagen ein Effekt zu beobachten, der dort zu einer deutlichen Verschärfung der Windbedingungen führt. Hier kanalisieren und verstärken sich Ostströmungen deutlich durch eine Art Leitplankeneffekt. So ist dann vor allem am direkten Nordalpenrand unerwartet stark auflebender Ostwind anzutreffen – besonders im unteren Bereich. Am Startplatz und auch in der Höhe tritt er hier hingegen nicht so stark zutage. Unerwarteter Starkwind, verblasene Landeeinteilungen und unerwartete Turbulenzen sind dann nicht selten. www.dhv.de