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Autismus – von der Diagnose bis zur Förderung

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Autismus – von der Diagnose bis zur Förderung

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Das Diakoniewerk Oberösterreich bietet im Bereich Autismus ein umfassendes Leistungspaket aus Diagnostik, individuellen Therapie- und Fördermöglichkeiten sowie Beratung für betrofene Personen und deren Umfeld. Im Gespräch Fachbereichsleiterin Elisabeth Laggner und Diakoniewerk Oberösterreich Geschäfsführer Gerhard

Breitenberger. Sigrid Walch

Frau Laggner, bei Verdacht auf Autismus – an wen kann man sich wenden?

Elisabeth Laggner: Autismus zu diagnostizieren ist aufgrund der großen Variationsbreite nicht einfach. Manche Personen können sich nicht verbal äußern, andere sprechen füssig, haben trotzdem Schwierigkeiten bei der Gesprächsführung. Im Diakoniewerk Oberösterreich haben wir uns darauf spezialisiert, Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) – von frühkindlichen Formen bis zu Asperger Autisten – und ihre Angehörigen von der Diagnostik bis zur Auswahl einer Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung oder eines Wohn- oder Beschäfigungsangebots zu begleiten. Das Therapiezentrum Linzerberg des Diakoniewerks Oberösterreich bietet die Möglichkeit einer klinisch-psychologischen Diagnostik und einer spezifschen Beratung in der Familienberatungsstelle. Im Diakoniewerk wird die ASS-Diagnostik nach dem sogenannten „Gold-Standard“ durchgeführt. Es ist eine umfangreiche Diagnostik in mehreren Teilen: eine Einstufung auf einer diagnostischen Beobachtungsskala, ein ausführliches Interview, eine Einschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit und

Gerhard Breitenberger, Geschäfsführer Diakoniewerk Oberösterreich und Elisabeth Laggner, Fachbereichsleiterin Diakoniewerk Oberösterreich. eine Erhebung von Informationen über das Verhalten in verschiedenen Kontexten. Die Diagnostik wird von einem multiprofessionellen Team aus Ärzt*innen und Psycholog*innen durchgeführt.

Wenn Autismus diagnostiziert wurde – wie gehts weiter?

Laggner: Im Therapiezentrum Linzerberg werden für Stärken und Schwierigkeiten der betrofenen Personen und ihres Umfelds maßgeschneiderte Therapie- und Trainingsangebote sowie Beratung angeboten. Es gibt nicht den einen oder die eine Autist*in. Möglich ist ein Spektrum an Fähigkeiten, Einschränkungen, Besonderheiten und Bedürfnissen. Dieses gilt es in der Begleitung, Betreuung, Therapie und Förderung individuell zu berücksichtigen.

Herr Breitenberger, nach welchen Konzepten arbeitet das Diakoniewerk Oberösterreich im Autismus-Spektrum?

Gerhard Breitenberger: Viele unserer Pädagog*innen, Therapeut*innen oder Psycholog*innen haben eine therapeutische Zusatzausbildung im „TEACCH-Ansatz“ – „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“. Im Mitelpunkt steht die visuelle

IM GESPRÄCH

Strukturierung des Lern- und Sozialumfeldes. Visuelle Informationen über Bilder, Symbole oder Schrifzeichen sorgen für bessere Orientierung in Zeit und Raum, für Vorhersehbarkeit und damit für Sicherheit. Mit technischen End- und Sprachausgabegeräten der „Unterstützen Kommunikation“ wie Talker oder Tablets wird ein weitgehend selbstbestimmtes Leben möglich.

Welche Wohn- und Beschäfigungsangebote bietet das Diakoniewerk für Menschen im Autismus-Spektrum?

Breitenberger: In Oberösterreich haben wir kürzlich zwei Wohnprojekte – speziell auf die Bedürfnisse und Besonderheiten von Menschen im Autismus-Spektrum zugeschnitten – errichtet: den Hof Altenberg und Wohnen Pregarten. Dabei sind uns die Kombination aus Rückzugsmöglichkeiten und Räumen für Begegnung sowie ein strukturierter Tagesablauf für die Bewohner*innen wichtig. Derzeit begleiten und betreuen wir im Diakoniewerk Oberösterreich in Therapie, Beratung, Tagesstruktur Wohnen und im Bildungsbereich über 200 Personen im Autismus-Spektrum. Es ist uns ein Anliegen, die Kompetenz in diesem Bereich beständig zu erweitern und auszubauen.

Im Gespräch mit Edith Kopatsch, Muter von Sarah Kopatsch (14 J.)

Sarah spricht auf das Therapieangebot unter anderem auf individuelle Musiktherapie sehr gut an.

Die 14-jährige Sarah wird seit Geburt im Diakoniewerk Oberösterreich begleitet. Die aktuelle Diagnose lautet „Entwicklungsrückstand“. Autismus ist bisher nicht eindeutig diagnostiziert. Sarah spricht auf Therapien und Begleitungskonzepte gut an, die auch bei Autismus-Spektrum-Störungen helfen.

Ab welchem Alter haben Sie gemerkt, dass Sarah eine besondere Begleitung braucht?

Edith Kopatsch: Ziemlich bald. Sarah zeigte bereits in ihrem ersten Lebensjahr, dass sie sich mit jeder Art von Veränderung schwertat. Die Fahrten zur Physiotherapie waren schwierig, sie gewohnte sich nur schwer an ein neues Umfeld.

An wen haben Sie sich gewandt?

Kopatsch: Wir wohnen in Engerwitzdorf (OÖ, Anm.) und das Therapiezentrum des Diakoniewerks war erster Ansprechpartner. Wir begannen mit einer Physiotherapie, danach mit Ergotherapie. Eine große Hilfe für uns war, dass Sarah die Therapien direkt im heilpädagogischen und integrativen Kindergarten Mühle und danach in der Martin-Boos-Schule durch Therapeut*innen des Diakoniewerks bekam. Ich musste keine zusätzlichen Wege zurücklegen. Dass Therapiezentrum, Kindergarten, Schule und Hort zusammengehören (Anm. zum Diakoniewerk) erleichtert unseren Alltag sehr. Alle Einrichtungen haben ein spezielles Umfeld für Sarah ermöglicht, auf das sie sich einstellen konnte. Viele Pädagog*innen des Diakoniewerks haben eine therapeutische Zusatzausbildung, was die Kompetenz in diesem Bereich unterstreicht.

Was hilf Sarah in der Betreuung?

Kopatsch: Klare Strukturen, Bezugspersonen und einstudierte Rituale helfen. Sarah hat mit ihren Therapeut*innen Begrüßungsphrasen entwickelt, die ihr Sicherheit geben. Sie weiß dann, wo sie ist und dass sie ihrem Umfeld vertrauen kann. Außerdem arbeiten wir viel mit Bildern, ein Ergebnis des „TEACCH-Ansatzes“, der sehr gut wirkt und mit eigenen Liedern bereiten wir Sarah auf einen Ortswechsel, auf die Schule oder auf Therapien vor.

Wie geht es nach der Schule weiter? Welche Wünsche haben Sie und Sarah?

Kopatsch: Sarah geht in die MartinBoos-Schule in Gallneukirchen. Wir hofen, dass sie danach einen Arbeitsplatz in einer Werkstäte im Diakoniewerk bekommt. Ich wünsche mir für sie, dass sie eine Umgebung fndet, in der sie sich sicher fühlt. Die Nachmitage verbringt sie zu Hause, ich bin an ihrer Seite. Sarah war ein Wunschkind!

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