Praxis Nr. 6: ¡NO PASARÁN!

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¡NO PASARÁN! RASSISMUS, ANTIRASSISMUS UND ANTIFASCHISMUS AN DER HOCHSCHULE UND DARÜBER HINAUS


Impressum Praxis: Mitglieder- und Debattenmagazin von Die Linke.SDS Nr. 6/2017 Redaktion: Alexander Hummel, Anna Lindner, Arthur Brückmann, Daniel Kerekeš, Daniel Urbach, Jakob Migenda, Janis Ehling, Ramona Seeger, Ronda Kipka Layout: Maik Brückner ViSdP: Bettina Gutperl, Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin


Inhalt ­

Vorwort der Redaktion

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Hochschulpolitischer Antifaschismus

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Warum Aufstehen gegen Rassismus und speziell die Stammtisch-kämpferinnen-Schulungen ein zentraler Bestandteil unserer Strategie ist

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Warum Eribon den Aufstieg der Rechten nicht erklären kann

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Menschenrechte und Sozialismus – Eine schwierige Beziehung?

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Das Menschenrecht auf Bildung als antirassistischer Anker der Hochschulpolitik

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Populismus - Sahra Wagenknecht und ihre Kritiker*innen

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Die Linke muss gesellschaftliche Kraft werden

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­Vorwort der Redaktion Nun liegt sie in euren Händen: Die sechste Ausgabe der Praxis, des Mitglieder- und Debattenmagazins von Die Linke.SDS. Die letzte Ausgabe liegt schon wieder fast zwei Jahre zurück. Zwei Jahre, in denen sich die Welt gewaltig verändert hat. In Deutschland seien hier etwa der Sommer der Migration 2015 sowie der bald danach einsetzende gesellschaftliche Rechtsruck mit dem Aufstieg der AfD, die Verschärfung des politisch-medialen Diskurses, massive autoritäre Gesetzesverschärfungen vor allem gegenüber Geflüchteten und eine Welle rechtsterroristischer Gewalt zu nennen1. Weltweit fallen in die Zeit seit dem Erscheinen der letzten Praxis u.a. das Aufkommen neuer linkssozialdemokratischer Hoffnungen wie Bernie Sanders und Jeremy Corbyn, aber auch der Brexit und natürlich der Wahlsieg Donald Trumps als vielleicht prägendstes Ereignis unserer Epoche. All diese Ereignisse sind mit großen Verschiebungen der politischen Koordinaten verbunden. Hinzu kommen hochschulpolitische Ereignisse wie die erneuten Versuche der Wiedereinführung von Studiengebühren, Kämpfe um Kritische Wissenschaft wie zuletzt sehr präsent beim Fall Andrej Holm und eine sich immer stärker stellende Frage, wie eine Revitalisierung der Zivilklausel-Bewegung erreicht werden kann. Die Liste ist sicher nicht abschließend, doch reicht sie aus, um zu zeigen, dass all diese 4

Fragen im SDS bisher kaum in schriftlicher Form reflektiert oder zumindest verbandsöffentlich diskutiert wurden. Zwar steht uns unter anderem mit den Bundeskongressen eine Möglichkeit offen, in eine mündliche Debatte zueinander zu treten und manches von dem Genannten wurde dort diskutiert. Aber die mündliche Debatte kann die schriftliche Diskussion nicht ersetzen. Nur in der Schriftform gelingt es, komplexe Argumentationen nachvollziehbar zu entwickeln; nur hier können Probleme erläutert werden. Eine solche Debatte halten wir für keinen Luxus, sondern für eine Notwendigkeit für die Entwicklung einer gemeinsamen sozialistischen Analyse, aus der wir schließlich gemeinsame Handlungsfähigkeit entwickeln. Wir hoffen, dass diese Praxis ein neuer Anknüpfungspunkt für eine Revitalisierung der schriftlichen Debatte im SDS sein kann. Mit der Übernahme der Betreuung der Praxis durch die critica-Redaktion (die Praxis hatte zwischenzeitlich niemand mehr betreut) besteht nun ein zur Mitarbeit offener Zusammenhang von Genoss*innen, der jedes Semester ein Call for Paper für die Praxis schreibt und gezielt Genoss*innen anfragt, ob sie Artikel beisteuern wollen – hoffentlich erwächst daraus nun endlich eine wirkliche Kontinuität in der Erscheinung der Praxis und damit auch der schriftlichen Debatte im SDS. Trotzdem – und das mussten wir

schon in dieser Ausgabe feststellen – bleibt die Erstellung der Praxis, d.h. vor allem die Motivation und Ermutigung von Genoss*innen, einen Beitrag beizusteuern, ein zäher Prozess. Als wir nach Veröffentlichung des Call for Paper zunächst auf den Eingang von Beiträgen warteten, war dies sehr ernüchternd. Gerade einmal ein Beitrag erreichte die Redaktion innerhalb der ersten Deadline. Zwei weitere standen in Aussicht. Mit großem Aufwand und viel Findigkeit, die vor allem darauf basierte, bereits woanders veröffentlichte Texte in der Praxis neu, teils in überarbeiteter Fassung zu veröffentlichen, gelang es uns schließlich, die Anzahl der Beiträge im Heft auf Sieben zu erhöhen. Genug zwar, um die Praxis erscheinen zu lassen, aber zu wenig, um nur annähernd die im Call for Paper aufgeworfenen Fragen zu Rassismus, Antirassismus und Antifaschismus an der Hochschule und darüber hinaus befriedigend zu klären. Es sind auch zu wenige Eingänge, als dass der von uns angestrebte breite Diskurs, der alle im SDS vertretenen Positionen zu Antirassismus und Antifaschismus abdeckt, erreicht worden wäre. Das Elend der mangelnden Beteiligung lässt sich daran ablesen, dass wir zum zweiten Leitthema dieser Praxis-Ausgabe, nämlich »Konzepte und Ideen zum Politik- und Strategieforum des SDS«, keinen einzigen Beitrag zugeschickt bekommen haben. Die Gründe für diese man-


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gelnde Beteiligung sind wahrscheinlich – wie so häufig – vielfältig. Die zeitliche Nähe zum Bundeskongress mag eine Rolle gespielt haben. Einigen Genoss*innen fehlte wohl auch der Mut, sich durch die Einreichung eines Beitrags möglicher Kritik auszusetzen. Wiederum andere schien wohl der Sinn eines verbandsöffentlichen Debattenmagazins nicht ganz klar zu sein. Letztlich wissen wir es nicht. Für die Zukunft hoffen wir jedenfalls auf höhere Beteiligung, auf den Mut, auch unfertige Gedanken zur solidarischen Diskussion zu stellen, auf den Mut, mit uns in Kontakt zu treten, wenn bereits nur mit dem Gedanken gespielt wird, einen Beitrag für die Praxis einzureichen und auf den Mut, jegliche Fragen und Kritik unverblümt an uns heranzutragen. Bis dahin gilt es, die vorliegenden Beiträge zu lesen und hoffentlich auch in euren Gruppen zu diskutieren. Sie bieten viele Ansatzpunkte für Vertiefungen und wahrscheinlich auch Erwiderungen in der nächsten Praxis oder bei anderen bundesweiten Diskussionsgelegenheiten. Im Call for Paper für diese Ausgabe wurden unter anderem die Fragen aufgeworfen, was den Wesenskern des Rassismus ausmacht, wie sich Rassismus zu Neoliberalismus und Austeritätspolitik verhält und welche Rolle den Hochschulen im antifaschistischen Kampf zukommt. Am direktesten auf diese Fragen antwortet sicher der Beitrag Hochschulpolitisch-

er Antifaschismus von Arthur Brückmann. Neben dem Versuch, Antworten zu liefern, enthält der Beitrag auch eine Kritik an der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“, diese wäre als ein „hilfloser Antifaschismus“ zu beurteilen. Ronda Kipka und Daniel Urbach widersprechen dieser Einschätzung der AgR-Kampagne scharf. Sie führen in ihrem Beitrag aus, Warum Aufstehen gegen Rassismus und speziell die Stammtischkämpferinnen-Schulungen ein zentraler Bestandteil unserer Praxis ist. Ein Buch, das wie kaum ein anderes in den letzten Monaten die linke Debatte über den gesellschaftlichen Rechtsruck geprägt hat, ist Didier Eribons autobiografisches Werk »Rückkehr nach Reims«, in dem Eribon schildert, wie er als junger Intellektueller seine Familie verlässt und nach mehreren Jahrzehnten heimkehrt und feststellen muss, wie seine einst stramm kommunistisch wählende Familie sich zu Anhängern des Front National entwickelt hat. Janis Ehling findet zwar »Rückkehr nach Reims« absolut lesenswert, aber widerspricht dem Glauben, dass Eribon den Aufstieg der Rechten erklären könne – warum, erklärt er in seinem Beitrag. Alexander Hummel geht in seinen Beiträgen Menschenrechte und Sozialismus und Das Menschenrecht auf Bildung als antirassistischer Anker der Hochschulpolitik einer auf dem letzten Bundeskongress aufgeworfenen Debatte über die Bedeutung von Menschenrechten und speziell dem Menschenrecht auf Bildung für uns als

sozialistischen Studierendenverband nach. Auch hier findet sich eine Verknüpfung zum Leitthema. Denn laut Alexander könnten die Menschenrechte eine mächtige Defensivwaffe gegen eine rechtspopulistische Verschärfung des Status Quo darstellen – sofern die Linke sich mutiger auf diese beruft. Zwei weitere Beiträge setzen sich auf den ersten Blick mit parteiinternen Debatten auseinander. Daniel Kerekes und Daniel Urbach wenden sich in ihrem Beitrag DIE LINKE muss gesellschaftliche Kraft werden scharf gegen das Modell eines Wahlvereins und plädieren stattdessen für eine aktive Mitgliederpartei. Schließlich greift Janis Ehling in seinem Beitrag Populismus – Sahra Wagenknecht und ihre Kritiker*innen gleich mehrere in der Linken heiß diskutierte Themen auf und stellt diese in den Kontext des Projekts des Aufbaus einer Mitgliederpartei. Bei genauem Lesen wird jedoch klar, dass auch diese parteiorganisatorischen Beiträge versuchen, auf die Frage zu antworten, wie die Linke den gesellschaftlichen Rechtsruck stoppen kann. Anfang Mai wird das Call for Paper für die nächste Praxis-Ausgabe zum 10-jährigen Jubiläum von Die Linke.SDS erscheinen. Gerne könnt ihr euch schon jetzt überlegen, welche Aspekte der Geschichte des SDS ihr darin gerne mit eigenen Beiträgen behandeln würdet. Eure offene Praxis-Redaktion

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Hochschulpolitischer Antifaschismus I) Ausgangslage: Polarisierung “Wenn die herrschende Klasse den Konsens verloren hat, das heißt nicht mehr ‘führend’, sondern einzig ‘herrschend’ ist, Inhaberin der reinen Zwangsgewalt, bedeutet das gerade, daß die großen Massen sich von den traditionellen Ideologien entfernt haben, nicht mehr an das glauben, woran sie zuvor glaubten usw. Die Krise besteht gerade in der Tatsache, daß das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann: in diesem Interregnum kommt es zu den unterschiedlichsten Krankheitserscheinungen.” (Antonio Gramsci) Nach Jahrzehnten neoliberalen Angriffs ist die kapitalistische Alltagsrealität von Millionen Menschen geprägt von Prekarisierung, Burn-Out, Depression, Erwerbslosigkeit, Armut, (begründeter) Abstiegsangst, Erniedrigung, Ohnmacht, Vereinzelung, Ausgeliefertheit, Zukunftsangst, Entfremdung usw. Es wird zunehmend die absurde Dekadenz eines Systems deutlich, in dem die reichsten 62 Menschen so viel Vermögen besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. In dieser sozialen Polarisierung scheint die Möglichkeit eines „guten Lebens für Alle“ durch oder 6

Praktischer Antifaschismus an der Hochschule: 1936 werden Franco und seine Faschist_innen im Madrilener Universitätsviertel zurück geschlagen und Madrid verteidigt.

doch zumindest die Veränderbarkeit des status quo. Diese Polarisierung zeichnet sich in den Alltagsauffassungen und dem Ringen um die Deutung der aktuellen gesellschaftlichen und subjektiven Situation ab. So ergab die aktuelle Studie der „enthemmten Mitte“ ein Anwachsen der so bezeichneten „demokratischen Milieus“ von 37% im Jahr 2006 auf nun 60%, während die antidemokratisch-autoritären Milieus von 42% im Jahr 2006 auf nun 26%

geschrumpft sind, wobei innerhalb dieses rechten Pols die autoritären Aggressionen gegen Muslime, Sinti und Roma und Asylsuchende sowie die Radikalisierung (Gewaltbereitschaft) zugenommen haben. Wenn wir uns also die Frage nach dem wirksamen Kampf gegen Rechts stellen, müssen wir die gesamtgesellschaftliche Situation einbeziehen und uns zunächst fragen, welche Funktion der Rassismus darin eigentlich genau einnimmt.


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II) Die Funktion des Rassismus und die Rolle der AfD Der Marburger Faschismustheoretiker Reinhard Kühnl zeichnete die Grunderfahrung in kapitalistischen Verhältnissen als elementare Unsicherheit (durch die „Freiheit von Produktionsmitteln“ und die Konkurrenz) und Ohnmacht in der Gestaltung der Lebensbedingungen. Der Rassismus ist eine herrschenderseits geschürte und subjektiv gepflegte Verarbeitung dieser kapitalistischen Daseinsbewältigung. Dazu schreibt Ute Osterkamp, Kritische Psychologin der ersten Stunde, in ihrem Text „Rassismus und Alltagsdenken“ im Jahr 1991: „Die subjektive Grundlage rassistischer bzw. ausländerfeindlicher Äußerungen ist die Angst, durch die gesellschaftliche Entwicklung überrollt, übergangen, an die Wand bzw. ins Abseits gedrängt zu werden. Die herrschende Rede von der ‘Flut’, ‘Schwemme’, ‘Überfremdungsgefahr’ etc. bringt diese Ängste vor der Ausgeliefertheit an undurchschaubare und unkontrollierbare Mächte plastisch-anschaulich auf den Begriff und bietet zugleich die ‘Ausländer’ als Objekte an, an denen man die aus solchen Ängsten erwachsenden Aggressionen auslassen kann. Eine

solche Kanalisierung der Aggressionen hat den ‘Vorteil’, daß sie die Bekämpfung der Notlage in einer Weise erlaubt, die den Konsens mit der herrschenden Meinung eher festigt als gefährdet und sich gegen einen ‘Feind’ richtet, der eindeutig in der schwächeren Position ist.“ Rassismus hat demnach subjektiv zum einen die Funktion der Welterklärung für vermeintlich undurchschaubare Verhältnisse und zum anderen die Funktion des Arrangements mit den Herrschenden und herrschenden Verhältnissen durch die Verschiebung einer realen (!) Aggression auf einen konstruierten Feind, der objektiv mit der eigenen schlechten Lage nichts zu tun hat. Herrschenderseits wird durch das ideologische und strukturelle Schüren von Rassismus die Spaltung der unterdrückten Klasse und das In-Konkurrenz-Setzen zur Aufrechterhaltung der eigenen Klassenposition betrieben. In einer Situation der massiven Hegemoniekrise, in der das neoliberale Establishment den Konsens der Subalternen immer weniger organisieren kann (Brexit, Trump, Renzi-Referendum), versuchen AfD, CSU und Co. die eigentliche Frage der Verfügung über die Produktion und Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums in eine bloß moralische Frage umzuarbeiten. Als ein historischer Vorläufer dieser Politik kann der „Thatch-

erismus“ (Stuart Hall) rund um Margaret Thatcher, neoliberale Premierministerin Großbritanniens von 1979 bis 1990, gelten. Stuart Hall charakterisierte dessen kulturelle Strategie als „autoritären Populismus“, der an den entsicherten realen Erfahrungen und materiellen Bedingungen der popularen Klassen ansetzte, diese aber zu einem moralischen Problem umarbeitete: als Zusammenbruch „traditioneller“ Lebensweisen und „Verfall der Werte“, dem es durch „Law and Order“ zu begegnen gelte. Dabei wird in der Sprache der Moral, die erstmal keine Klassen kennt, an die konservativen Elemente des Alltagsverstands angeknüpft, der tief durchdrungen ist von religiösen Begriffen von Gut und Böse, von festen Vorstellungen über den unveränderlichen Charakter menschlicher Natur und von Vorstellungen der gerechten Strafe. Margaret Thatcher konstruierte sich als Wächterin der „Rückkehr zu den Maßstäben“, die sich durch autoritäre Erziehung, die Rekonstruktion der traditionellen Frauenrolle und Hetze gegen „Migranten“ und „Wohlfahrtsschmarotzer“ mit anti-etatistischem Gestus gegen das „sozialdemokratische Monopol auf den bürokratischen Staat“ richtete. „So ist es dann möglich, Labour als Teil der ‘großen Bataillone’ zu repräsentieren, die gegen den ‘kleinen Mann’ (und seine Familie) gerichtet sind, der von 7


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“Die gegen den Faschismus sind, ohne gegen den Kapitalismus zu sein, die über die Barbarei jammern, die von der Barbarei kommt, gleichen Leuten, die ihren Anteil vom Kalb essen wollen, aber das Kalb soll nicht geschlachtet werden. Sie wollen das Kalb essen, aber das Blut nicht sehen. Sie sind zufriedenzustellen, wenn der Metzger die Hände wäscht, bevor er das Fleisch aufträgt. Sie sind nicht gegen die Besitzverhältnisse, welche die Barbarei erzeugen, nur gegen die Barbarei. Sie erheben ihre Stimme gegen die Barbarei und sie tun das in Ländern, in denen die gleichen Besitzverhältnisse herrschen, wo aber die Metzger noch die Hände waschen, bevor sie das Fleisch auftragen.” (Bertolt Brecht, „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“, 1938)

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III) Hilfloser Antifaschismus am Beispiel von „Aufstehen gegen Rassismus“

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Frage durch kleinbürgerliche, kulturell reaktionäre und rassistische Hetze. Sie will objektiv den status quo weiter neoliberal zuspitzen und sozial gesicherte Lebensverhältnisse durch Geborgenheitsgefühle in einer „Volks- und Kulturgemeinschaft“ ersetzen. Sie ist aber mitnichten als rassistische Partei ausreichend charakterisiert.

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einer unfähigen Staatsbürokratie unterdrückt wird. Auf diese Weise ist die Sozialdemokratie mit dem Machtblock verknüpft, und Mrs. Thatcher ist draußen ‘mit dem Volk’.“ (Stuart Hall, „Popular-demokratischer oder autoritärer Populismus“, 1980) So konnte die Rechte unter ihrer Führung den objektiven Widerspruch zwischen herrschendem Block (zu dem Thatcher ohne Frage gehörte) und Subalternen (teilweise) neutralisieren und die Wahl 1979 gewinnen. Die AfD als Speerspitze eines autoritär-populistischen Projekts in der BRD versucht nun in diese Fußstapfen zu treten, indem sie sich als Anti-Establishment-Partei in einem fabulierten „Kulturkampf“ imaginiert, die weg will vom „links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland”. Der politische Kampf gegen den neoliberalen Block an der Macht und dessen soziale Verheerungen durch Agenda 2010 und Co. als wirkliche Bearbeitung der objektiven Probleme wird so umgedeutet in „die Frage über die Verteilung unseres Volksvermögens nicht von Oben nach Unten, nicht von Jung nach Alt, sondern über die Frage der Verteilung unseres Volksvermögens von innen nach außen“, wie Björn Höcke faschisierte. Damit hat die AfD vor allem die Funktion der Rettung neoliberaler Verhältnisse durch die Umdeutung der sozialen in eine bloß moralische

Als ein aktuell prominenter Ausdruck eines schon von Brecht 1938 beschriebenen, elitären, ohnmächtigen und hilflosen Antifaschismus/Antirassismus kann die Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ begriffen werden. Zwischen über 15.000 UnterzeichnerInnen und dem „Who is Who“ der Linken in der BRD haben sich u.a. die Generalsekretärin der SPD, die Familienministerin und die GRÜNEN-Spitze versammelt. Der Aufruf selbst wendet sich appellativ gegen die AfD und Rassismus. Gegen Pogrome, Schusswaffengebrauch an Grenzen und Demos der AfD. Kritik an der Asylrechtsverschärfung durch das sog. „Asylpaket II“ von CDU/SPD und die Benennung der Sündenbockfunktion von Flüchtlingen für zunehmende soziale Ungleichheit und Verunsicherung wurde „aus Rücksicht“ auf die Mitglieder der SPD und die Breite des Bündnisses im Vorfeld gestrichen. Als Kampagnenziel wird auf der Homepage davon gesprochen, „die Linie der Ächtung neu ziehen“ zu wollen. Weiter heißt es: „Uns ist dabei klar, dass wir nicht alle RassistInnen vom Gegenteil überzeugen können, aber wir wollen die Linie der Akzeptanz neu ziehen. Damit klar wird: ‘Wenn du bestimmte Ansichten vertrittst, überschreitest du die rote Linie.’“ Die AfD wird also nicht als radikalisierter Ausdruck von in der gesamten Gesellschaft


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vorherrschenden rechten Einstellungen begriffen, sondern alles gesellschaftliche Übel auf die AfD projiziert und damit externalisiert. Am deutlichsten zeigen das die Bilder auf der Homepage der Kampagne. AfDlerInnen nach rechts und Mauer drumherum. Dabei wird nicht einmal zwischen (Protest-) WählerInnen und Mitgliedern der AfD unterschieden.1 „Aufstehen gegen Rassismus“ ist damit eine Sammlung aller moralisch Empörten zur Volksfront gegen eine Bewegung, die gesellschaftliche Auseinandersetzungen zu bloß moralischen verschleiert und sich in dieser Linie als Anti-Establishment inszeniert. Das wird also nicht klappen. IV) Linker Aufbruch gegen Rechts Was aber könnte stattdessen klappen? Die Antwort ist – wie so häufig – das Einfache, was schwer zu machen ist. In Wirklichkeit gibt es nämlich nicht einfach rassistische und nicht-rassistische Menschen. Unser aller Alltagsverstand ist „bizarr zusammengesetzt“, es 1 Laut infratest dimap wurde die AfD bei den letzten Landtagswahlen zu sehr großen Teilen aus Enttäuschung über andere Parteien gewählt. In RheinlandPfalz zu 62% (29% aus Überzeugung von Partei), in Sachsen-Anhalt zu 64% (27% aus Überzeugung von Partei) und in Baden-Württemberg gar zu 70% (21% aus Überzeugung von Partei).

finden sich in ihm „Elemente des Höhlenmenschen und Prinzipien der modernsten fortgeschrittensten Wissenschaft, Vorurteile aller vergangenen, lokal bornierten geschichtlichen Phasen und Intuitionen einer künftigen Philosophie, wie sie einem weltweit vereinigten Menschengeschlecht zueigen sein wird.“ (Antonio Gramsci, GH 1376) Wir müssen uns also ins argumentative Handgemenge vorwagen, in die Diskussion gegen reaktionäre Deutungsmuster und Ideologiefragmente. Wir brauchen also einen linken Aufbruch, der für soziale Alternativen eintritt (bspw. menschenwürdige Rente, gute Arbeit, Gesundheit, Mobilität für Alle), über die systemerhaltende, antisoziale Funktion der Rechten und des Rassismus aufklärt und dafür den Konflikt mit dem neoliberalen Establishment aufnimmt. Jeremy Corbyn, Chef der Labour-Partei in Großbritannien, hat am 2. Juli 2016 während einer Rede auf einer Demonstration gegen die hate crimes nach dem Brexit, Folgendes gesagt, das sehr gelungen die Verknüpfung von Anti-Rassismus und der sozialen Frage aufzeigt: „Hatred, xenophobia, racism, violence within our society will not build one house, will not educate one child. Inequality will fail to educate a child, will fail to provide the housing that we need. Build something better, build something stronger

and recognise, economic equality will lead to decency and real equality for everyone in our society.“ Wir müssen deutlich machen, dass Rassismus unser aller Hirne verklebt, uns davon abhält die realen Ursachen unserer Probleme und unserer MitstreiterInnen zu erkennen und damit gegen unser aller Interesse an Emanzipation aus Verhältnissen gerichtet ist, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (Marx). Die Linke/LINKE muss politisch, programmatisch und kulturell eine Alternative zum status quo (und damit der AfD) sein. Wir müssen als Assoziation von progressiven Aktiven bereits ein Vorschein auf eine Gesellschaft sein, die wir überall realisieren wollen. Denn bereits der (massenhafte) Austritt aus der verordneten Unbedeutendheit und Depression neoliberaler Verhältnisse durch den Eintritt in emanzipatorische Politik ist eine reale gesellschaftliche Veränderung, die dann auch institutionelle Veränderungen bewirken wird. V) Antifaschismus an der Hochs-

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Selektion. Die Überwindung des Bachelor-Master-Systems durch emanzipatorisches Projektstudium, gekoppelte Zulassung zu Bachelor und Master, die soziale Öffnung der Hochschulen (insbesondere für Geflüchtete), die Abschaffung von Prüfungen, Zwangsexmatrikulation und ein elternunabhängiges Studienhonorar ist ein wichtiger Schritt. So kann an Hochschulen (wieder) Bildung statt Halbbildung zu autoritären Charakteren stattfinden. Weil das reaktionäre Fundament des Alltagsverstandes die Grundlage für rechte Agitatorik ist, liegt eine enorme Sprengkraft in unserer Praxis als dielinke.SDS vor allem darin, eine kulturelle Alternative zu (Leistungs-)Anpassung und Konformität zu bilden, welche unsere KommilitonInnen dazu ermutigt, (ebenfalls) aus dem Hamsterrad auszusteigen und für Verbesserungen mit uns einzutreten. Die antifaschistische Bedeutung emanzipatorischer Hochschulpolitik kann besonders durch das tätige Erinnern an die antifaschistischen Kämpfe deutlich gemacht werden. Ob durch die Lesung aus den verbrannten Büchern zum Jahrestag der Bücherverbrennungen, Gedenkveranstaltungen zur Reichspogromnacht, kritische Ausstellungen zur faschistischen „Feuerzangenbowle“ oder die Würdigung der „Weißen Rose“. Die kulturelle Verlebendigung

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Als SDS führen wir diesen Kampf an den Hochschulen als institutionalisiertes Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen vor allem Bildungs- und Wissenschaftsprozesse organisiert werden; diese können wir nach links verschieben, denn auch in den Wissenschaften tobt der Klassenkampf. Ob die Vereigenschaftlichung sozialer Verhältnisse in einer Person (und damit die Individualisierung und Naturalisierung) in der traditionellen Psychologie, die neoklassische Verschleierung von Klassenverhältnissen in der Voodoo-Ökonomie oder die generelle postmoderne Auflösung gesellschaftlicher Konflikte, Herrschafts- und Machtverhältnisse in der Diskursanalyse; hier geht es ums Ganze: die Aufklärung gesellschaftlicher Zusammenhänge, das Entwickeln eines kohärenten Bewusstseins der eigenen (Klassen-)Lage, die Bekämpfung allerlei Ungleichheitsideologien und das Entwickeln gesellschaftlicher Alternativen. Damit trocknen wir den ideologischen Nährboden reaktionärer Krisendeutungs- und Antwortversuche aus und verwandeln gesellschaftliche Aggressionen in politische Perspektive. Der Kern aller rechten Ideologie ist die behauptete Ungleichwertigkeit von Menschen und deren

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chule: emanzipatorische Persönlichkeitsentwicklung, Demokratie und kritische Wissenschaft

dessen, wogegen sich die Rechten zu allen Zeiten vor allem wendeten, ist ein zentraler Beitrag, sich die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft zu vergegenwärtigen und sie aktualisiert in die Auseinandersetzungen dieser Zeit einzubringen. Arthur Brückmann ist aktiv im SDS* an der Uni Hamburg Weiterführende Literatur: Herbert Schui, Aggressionsverschiebung; http://www.herbertschui.de/pegida-die-grosse-aggressionsverschiebung/ Ute Osterkamp - „Rassismus und Alltagsdenken“ in: Forum Kritische Psychologie, Nr. 28, S. 53f; https://www.dropbox. com/s/wpbqkfjymev55mu/Osterkamp_Rassismus%20und%20 Alltagsdenken.pdf?dl=0 Stuart Hall, „Popular-demokratischer oder autoritärer Populismus“ ; in Victor Rego Diaz et. al. (Hg.): „Stuart Hall - Populismus, Hegemonie, Globalisierung“ Ingar Solty; „Donald Trump – ein amerikanischer Faschist? Legitimationskrise, Repräsentationskrise und rechter Populismus in den USA “; Sozialismus 1/2016


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Warum Aufstehen gegen Rassismus und speziell die Stammtisch-kämpferinnen-Schulungen ein zentraler Bestandteil unserer Strategie ist Was ist das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“? Das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus ist ein Bündnis, dass sich im Kern aus den Gewerkschaften des DGB (insbesondere IG Metall und ver.di), LINKE, SPD und Grüne (zumindest in Teilen), den Parteijugendverbänden der drei Parteien, dem VVN-BdA, Naturfreunden, Attac, IL und VertreterInnen des Zentralrats der Muslime zusammensetzt. Auf lokaler Ebene kommen viele Bürgerinitiativen und lokale Bündnisse aus der Flüchtlingshilfe und der Arbeit gegen Rechts sowie Gliederungen von Religionsverbänden, Stiftungen, Jugend- und Bildungszentren und vielen mehr hinzu. Gerade auf lokaler Ebene schließen sich insbesondere auch viele bislang nicht politisch Aktive oder unorganisierte Leute der Kampagne an. Unter diesem breiten Schirm können sich viele Menschen den Aktivitäten gegen rechte Hetze und Rassismus anschließen und in Aktion mit anderen Menschen kommen. Das ist eine der großen Stärken des Bündnisses: es ist zu einem Anlaufpunkt für bisher unorganisierte Menschen geworden und konnte über das „übliche

Polit-Milieu“ ausgreifen. Dies liegt weniger an einer straffen inhaltlichen Ausrichtung, sondern an dem konkreten Angebot, Material kostenlos zu bestellen, Hilfe beim Gruppenaufbau zu bekommen etc. Allen Menschen, die sich dem Aufstieg der AfD und dem Zuwachs an rechten Parolen in

der Gesellschaft entgegenstellen wollen, sind eingeladen sich zu beteiligen. Die knappe jedoch anschauliche Erzählung ist: Lange Zeit waren bestimmte rassistische Parolen und Hetze zwar existent, jedoch nicht salonfähig.„Schmuddelparteien“ wie die NPD wurde nicht jede zweite Woche in die 11


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3. Bundesweit Akzente setzen, um punktuell zusammenzukommen und Ausstrahlung zu gewinnen (ein erster Punkt: Demo/Konzert in Berlin am 3. September) 4. Das StammtischkämpferInnen-Schulungskonzept, Ausbildung von 10.000 Menschen bis zur Wahl 2017 Zum Vorwurf der „fehlenden sozialen Frage“ Die Aktivitäten und die Breite des Bündnisses wurden durch die Einigung auf einen minimalen Konsens erreicht. Dieser ist aus linker Perspektive alles andere als vollständig. Er bietet weder eine ausführliche Rassismusanalyse, noch eine Bandbreite an Forderungen für eine bessere Welt. Das heißt ganz konkret auf den Punkt gebracht: Wir haben keine ausführliche Kritik am Asylpaket formuliert, denn es war klar: dann wäre die SPD nicht dabei gewesen, dann wären die Grünen nicht dabei gewesen und dann

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2. Lokale Bündnisse vernetzen, gründen und in gemeinsame Aktion bringen sowie lokale Strukturen aufbauen und deren„Sichtbarkeit“ befördern (Aufstehen-Netzwerk)

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1. Massenmaterial erstellen und für alle zugänglich machen

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Die zentralen Kampagnenbausteine sind demnach:

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Talkshow eingeladen, sondern es gab eine Art antifaschistischen Grundkonsens der breiten gesellschaftlichen Mehrheit, die es rechten Parteien schwer gemacht hat Fuß zufassen oder weit auszugreifen. Mit der AfD und der Zuspitzung der letzten Monate ist diese „Schmuddelecke“ aufgebrochen worden. Auf einmal sind rechte Sprüche in Talkshows und in der Presse „sagbar“ und Rechte können sich mehr und mehr radikalisieren. Das ist eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft und im Hinblick auf andere Länder in Europa ist der „Aufstieg der AfD“ kein übertriebenes Schreckensbild der Zukunft. Deshalb lautet das Motto: die rote Linie wieder zu ziehen. Parolen wieder unsagbar zu machen und den Aufschwung rechter Hetze und damit auch rechter Gewalt und rechten Wählerstimmen Einhalt zu gebieten. Es geht explizit nicht darum, platt einen potenziellen AfD-Wähler hinter eine rote Linie stellen zu wollen, sondern die Partei mit ihrem Bild und ihren Parolen. Es geht um eine gesellschaftliche Stimmung, die sich gegen AfD & Co. wendet und deren Hetze diskreditiert und an den Rand drängt.

wären folglich auch die Gewerkschaften nicht dabei gewesen, deren Großteil insbesondere deren Entscheidungs- und MandatsträgerInnen Teil des sozialdemokratischen oder grünen Spektrums sind. Kurz: unser Ziel war zunächst das breite Bündnis und kein einwandfreier, inhaltlich guter und scharfer Aufruf. Scharfe Aufrufe gibt es zur Genüge, doch wir meinen es braucht mehr. Es gibt momentan das Problem, dass viel geschrieben und gesagt wurde, viel Gutes und Richtiges, doch es mangelt an der Umsetzung. Ein breites Bündnis braucht seine Zeit bis es halbwegs steht. Auch dieser Prozess verlief nicht ohne interne Debatten. Am Ende zeigt jedoch momentan der Verlauf, dass es funktioniert. Der offene und breite Charakter wirkt inklusiv und ermutigt Leute auf uns zuzukommen. Vor allem viele junge Leute die sich gerade anfangen zu politisieren, schließen sich diesem Bündnis an. Dabei machen wir häufig die Erfahrung, dass sehr viele von ihnen im Bündnis merken, dass wir (aus dem Umfeld von SDS und LINKE) die besseren AktivistInnen und Inhalte haben. Deshalb sehen wir die Möglichkeit viele neue Leute zu gewinnen. Zudem gelingt es uns über das Bündnis eine sehr gute Vernetzung mit den Gewerkschaften herzustellen, darunter auch viele ehrenamtliche und einfache Gewerkschaftsmitglieder. Dies wird uns


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ermöglichen die soziale Frage in konkreten Auseinandersetzungen zu stellen. Das ist unserer Ansicht nach ein wichtiger Beitrag zur Verschiebung von Kräfteverhältnissen nach links. Anders als häufig behauptet wird auch im Bündnis bei konkreten Projekten die soziale Frage thematisiert und auch viele noch unorganisierte Leute damit konfrontiert. Insbesondere in den Gewerkschaften wird von vielen Aktiven damit argumentiert, dass man sich nicht durch Rassismus spalten lassen will um geschlossen der Kapitalseite gegenüber zu treten. Das Wichtige ist, dass die “soziale Frage” und insbesondere ein damit speziell verbundener “Katalog” an “richtigen Antworten”, nicht zur Bedingung gestellt werden, mit uns in Aktion zu treten. Wir schweigen Debatten nicht tot, sondern wir wollen auf der Grundlage gemeinsamer Aktion in Debatten kommen. Perspektiven der StammtischkämpferInnen Ein besonderer Fall in diesem Kontext sind die Ausbildungen der StammtischkämpferInnen. Denn genau hier treffen sich die Leute, mit denen die Debatten zu führen sind. Hier spricht ein gewerkschaftlich Organisierter mit einer Flüchtlingshelferin, einer Studentin und einer Linken

und kommt ins Gespräch. Gemeinsam wird in den Schulungen erarbeitet, wie man rechten Parolen entgegen tritt. Sobald man tiefer ins Detail geht, kommt man um klassisch “linke” Argumentationen nicht herum. Statt den Teilnehmenden einen Faktenkatalog vorzulegen, den sie unbedingt auswendig lernen sollten (den es online eh schon in verschiedensten Variationen gibt), lebt das Seminar von den Übungen und dem gegenseitigen Empowerment. Man probiert sich aus, gibt sich Feedback und diskutiert zielorientiert an Lösungsansätzen und Gegenstrategien. Und nebenher hat man sechs Stunden lang Zeit andere Aktive kennenzulernen, zu aktivieren und zu ermutigen danach auch aktiver Teil der Kampagne zu sein. Das hat auch eine organisierende Wirkung und bestärkt gemeinsames Handeln – also genau die Aspekte, die Gramsci beim organischen Intellektuellen in den Fokus setzt: gemeinsames Lernen aus Erfahrungen, gemeinsames Handeln und das “Weitergeben” von Erfahrung an andere. Die StammtischkämpferInnenSchulungen können also zu einem wichtigen Bestandteil linker Hegemoniepolitik werden. Wir haben die Möglichkeit so längerfristig mit Leuten zusammen zu arbeiten und sie von der LINKEN/dem SDS zu überzeugen. In Bremen ist es uns z.B. gelungen durch die StammtischkämpferInnen-Schulungen eine

noch bessere Verbindung zu der DGB-Jugend zu schaffen und mit ihnen dann auch in Aktion zum Thema Nebenjobs von Studierenden und zu Diskussionen zu sozialistischem Feminismus zu kommen. Und nicht nur das: Die Schulungen sind ein gänzlich neues Format und sprechen auch die Menschen an, die noch nicht auf einer Demo waren oder noch nie groß politisch aktiv waren. Wir haben die Chance hunderte von Menschen zu politischer Arbeit zu motivieren und wahrhaftig ein breites Bündnis auf die Beine zu stellen, das fähig ist, dem Aufstieg der Rechten etwas entgegen zu setzen. Warum der SDS unserer Ansicht nach bei AgR aktiv sein soll Dem SDS kommt dabei im Kampf gegen die AfD eine wichtige Rolle zu. Denn gerade viele Studis wollen sich engagieren und dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegen treten. Deshalb sollten wir als SDS versuchen, viele von diesen Leuten für uns zu gewinnen und mit ihnen den Kampf gegen die AfD zu führen. In einigen Städten passiert das schon und wir haben dadurch in den letzten zwei Semestern einige neue GenossInnen gewonnen und sind mit ihnen gemeinsam in Aktion gekommen. Aufstehen gegen Rassismus bietet deshalb viele 13


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wegungs- und Kampagnenorientierung zu stärken und Profil zu geben.

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gute Möglichkeiten für uns. Die StammtischkämpferInnenSchulungen sind eine sehr gute Möglichkeit, unsere GenossInnen in Argumentationsstrategien zu schulen und gleichzeitig linke Inhalte ins Bündnis rein zutragen. Zudem sollten wir die Möglichkeit nutzen, uns über das Bündnis mit den Gewerkschaften und anderen Bündnispartnern zu vernetzten, denn wie wir mal festgehalten haben, sehen wir im Kontakt und Austausch zwischen Studierenden und Gewerkschaften eine der zentralen Aufgaben unseres Studierendenverbands. Deshalb hat unserer Meinung nach das Bündnis viel Potential, um nicht nur den Kampf gegen die AfD zu stärken, sondern auch unsere Organisation. In diesem gemeinsamen Projekt mit der Linkspartei sehen wir selbstverständlich auch die Aufgabe des SDS darin, linke Inhalte in gemeinsame Aktionen und Schulungen reinzutragen. Darunter verstehen wir aber nicht nur die soziale Frage sondern auch linken Feminismus – eben das Profil des SDS klar zu machen und z.B. auf der Demo gezielt mit diesen Themen zu intervenieren. Ein für den SDS nicht unwichtiger Punkt ist auch, dass “Aufstehen gegen Rassismus” ein gemeinsames Bündnisprojekt von SDS und LINKE ist. Wie auch beim Frauen*kampftag und bei Blockupy können wir hier dazu beitragen die Partei in ihrer Be-

vernetzen. Dadurch kann es gelingen, langfristig antirassistische und feministische Klassenkämpfe an den Unis und darüber hinaus zu stärken.

Zum Schluss Klar reicht das alles alleine nicht aus solange es uns nicht gelingt, eine starke Linke aufzubauen, die auch eine klare Oppositionshaltung zu den bestehenden Verhältnissen hat und für einen Aufbruch von Links zu kämpfen. Unsere Erfahrung hat aber deutlich gezeigt, dass Aufstehen gegen Rassismus dem nicht im Weg steht, sondern sogar dabei einen wichtigen Beitrag leistet. Im Großen und Ganzen sehen wir also viel Potential über Aufstehen gegen Rassismus uns und das Lager gegen die AfD zu stärken und den Kampf gegen die AfD und weitere RassistInnen und AntifeministInnen in den Stadtteilen, Unis, Betrieben und weiteren Orten zu führen. Dies gelingt aber nur, wenn Teile von uns aktiv darin mitarbeiten und auch unsere Inhalte in Schulungen und bei konkreten Aktionen reintragen. Deshalb rufen wir unsere GenossInnen in SDS, Linkspartei und Solid dazu auf, StammtischkämpferInnen-Schulungen auch bei sich in den Städten und an den Unis zu organisieren, sich an Aktionen gegen die AfD zu beteiligen und die Möglichkeit zu nutzen, sich darüber mit Gewerkschaften und weiteren Akteuren zu

Ein Beitrag von Daniel Urbach und Ronda Kipka, beide sind im Bundesvorstand des SDS und Unterstützer von Marx 21


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Warum Eribon den Aufstieg der Rechten nicht erklären kann Didier Eribon hat eines der mitreißendsten und anregendsten Bücher der letzten Jahre geschrieben. Wer „Rückkehr nach Reims“ liest, erlebt unzählige Aha-Effekte, die Gedanken geraten in Bewegung und die Ideen schießen nur so durch den Kopf. Das ist die wichtigste Funktion dieses Buches - einen erzählerisch packenden Denkanstoß zu liefern. Dieser Anstoß hat gewirkt. Mittlerweile ließe sich ein ganzes Buch über die Eribon-Lektüre und ihre Schlüsse schreiben. Der Großteil der Eribon-Leser*innen liest Rückkehr nach Reims, weil es packend geschrieben ist. Die meisten Linken hingegen verweisen auf das Buch aus ganz anderen Gründen. Eribon stellt in wenigen Kapiteln des Buches einige spannende Thesen zum Aufstieg der Rechten (Front National) und der politischen Veränderung der Arbeiter*innenklasse auf. Diese Themenwahl kann aber das Interesse am Buch kaum erklären, denn anderswo wurde das Thema schon viel gründlicher und besser bearbeitet. Warum versetzt dieses Buch dennoch so viele Linke in Aufruhr? Das Buch erzeugt seine Spannung nicht zuletzt aus der Lebensgeschichte Eribons. Als Kind der Arbeiter*innenklasse, 16

Homosexueller und FoucaultBiograf repräsentiert er gerade die akademische Linke, die sich politisch und individuell von der Arbeiter*innenklasse abgewandt hat. Durch diesen Hintergrund finden zwei linke Strömungen, die in der Zeit der 60/70er auseinandergingen, wieder in ihrem gemeinsamen Interesse an „Rückkehr nach Reims“ zusammen: der philosophisch und linksliberal geprägte Strang - interessiert an Foucault und Bourdieu auf der einen Seite; auf der anderen die Linken, die nach wie vor auf die Arbeiter*innenklasse setzen (Marxist*innen und gewerkschaftlich geprägte). Eribon spricht beide Teile an, weil der Aufstieg der Rechten allen Linken Sorgen machen. Die gesamte Linke sucht nach Antworten. Und genau in dieser Zeit schreibt Eribon als Repräsentant des einen Teils - der philosophischen Linken, als bekannter Foucaultbiograf dieses Buch; mit seinem geschulten Blick für Unterdrückungsverhältnisse wendet er sich wieder der Arbeiter*innenklasse zu.1 Das erzeugt Aufmerksamkeit in der gesamten Linken und darüber hinaus.

1 Diesen Gedanken verdanke ich einem Gespräch mit Heinz Hillebrand.

Warum Eribon den Aufstieg der Rechten nicht erklären kann Warum Eribon den Aufstieg der Rechten nicht erklären kann Die autobiografische Herangehensweise ist Stärke und Schwäche zugleich. Eribon beschreibt den Rechtsruck der französischen Arbeiter*innenklasse anhand seiner eigenen Familiengeschichte: Sein Vater und die ganze Nachbarschaft bestand aus treuen Anhänger*innen der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF). Nach jahrelanger Funkstille zwischen ihm und seiner Familie stellt er fest, dass seine Familie nun-


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mehr den Front National wählt. Das verblüfft, deckt sich aber mit unseren Beobachtungen der jüngsten Zeit: Wurde nicht Norbert Hofer (FPÖ) in Österreich von 84% der Arbeiter*innen gewählt, haben nicht über 30% der Arbeiter*innen bei den letzten Landtagswahlen in Deutschland flächendeckend die AfD gewählt? Und diese Rechtswähler*innen sollen früher links gewählt haben? Genau das zeigt uns Eribon. Er verweist auf ein linkes Defizit: Gerade der Teil der Gesellschaft den viele Linke vertreten wollen, wendet sich von ihr ab. Und wählt jetzt rechts – europaweit. Das versetzt uns in Aufregung. Eribon stößt uns auf dieses Versagen der Linken. Und wir fangen an zu grübeln: Wie können wir die Arbeiter*innen wieder für uns gewinnen? So richtig diese Frage ist, bleibt „Rückkehr nach Reims“ eine Antwort schuldig. Der Grund dafür ist Eribons Familiengeschichte. Er hatte 30 Jahre keinen Kontakt zu seiner Familie und hat die Veränderung ihrer politischen Einstellungen nicht miterlebt. Genau diese Leerstelle merkt man dem Buch beim zweiten Lesen an. Eribon malt eindrücklich zwei Bilder: Das Bild der Arbeiter*innen der 70er und das der 2000er. Da-

zwischen: Nichts.2 Das Buch ist stark in seinen Momentaufnahmen der jeweiligen Zeit. Ein gutes Beispiel ist folgende Feststellung: In den 70ern waren die Arbeiter*innen auch rassistisch, aber das machte nicht ihre Identität aus. Die eigene Identität als Arbeiter*in wurde durch ein stolzes „Wir Unten“ gegen „die da oben“ zum Ausdruck gebracht. Deshalb wählte Mann und Frau links, kommunistisch selbstverständlich. Heute hingegen ist die Hauptidentität „Franzose/ Französin“ gegen „die andern“, konstatiert Eribon. Nur wie kam es zu dieser Veränderung? Eribons stochert im Dunkeln

Eribon hat sich darüber natürlich Gedanken gemacht und zählt folgende Gründe auf: 1. Die Intellektuellen: Die Ungleichheit und Ungerechtigkeit, der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit war das große Thema der 70er. In den 80ern sprachen die Intellektuellen – typisch neoliberal – nur noch von Eigenverantwortung und Freiheit. Die Intellektuellen wandten sich damit von den Arbeiter*innen ab. 2 Darauf hatte Rainer Rilling in einem Kommentar zum Buch bereits hingewiesen.

2. Akademisierung: Die Linke akademisierte sich. Arbeiter*innen kamen in linken Organisationen immer weniger vor. Vor allem in den Führungsetagen. 3. Der Verrat: Die organisierte Linke beging mit der Mitterandregierung von 1981-1984 Verrat an den Arbeiter*innen. 4. Rinks und Lechts: Daher wandten sich die Arbeiter*innen ab. Es war egal, ob links oder rechts regiert. „Die da oben“ - womit jetzt auch Linke gemeint waren – machen sowieso was sie wollen. Eribon leitet daraus zwei zentrale Thesen ab: Da nur die Wahl des Front National noch Empörung bei „den da oben“ auslöst, wählen die Arbeiter*innen heute kollektiv den Front National. Sie brauchen ein kollektives Subjekt um sich ihrer selbst zu versichern. Nur muss dieses kollektive nicht unbedingt links sein. Der große Fehler der marxistischen Linken, so Eribon, sei es die Arbeiter*innenklasse als das eine progressive Subjekt der Veränderung auserkoren zu haben. Das sei nun widerlegt. Ich halte beide Thesen für falsch oder so nicht für haltbar. Und das nicht weil Eribon mit allem falsch liegt – im Gegenteil: Die Rechtswende der „Nouveau Philosophes“ in Frankreich war krass. Ein weiterer wichtiger Faktor war die furios gestartete Linksregierung in Frankreich 17


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Wenn Eribon von „den“ Linken spricht, differenziert er schlicht überhaupt nicht. Europaweit gab es in den 80ern einen massiven Rechtsruck. Kaum zufällig fiel das mit der Durchsetzung neoliberaler Politik in fast allen westeuropäischen Ländern zusammen. Nicht zuletzt rückte in dieser Zeit die Sozialdemokratie in die Mitte und viele Gewerkschaften orientierten auf Sozialpartnerschaft. ABER nicht die gesamte Linke 3 Die Ausnahme sind die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) und Portugals (CDU) sowie mit Abstrichen die holländischen Sozialisten (SP).

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Annahmen

Neben dem Mangel an Differenzierung ist eine wichtige Vorannahme Eribons fragwürdig. „Die“ Arbeiter*innen waren früher nicht alle links. Auch in den 60/70ern hat weniger als die Hälfte der französischen Arbeiter*innen die KPF gewählt. Nochmal: Weniger als die Hälfte. Diese Differenzierung findet sich bei Eribon nicht wieder. Dabei wäre das wichtig um den Rechtsruck besser zu verstehen. Ein Teil der Arbeiter*innen war auch damals schon rechts. Auch heute wählt nur ein Teil rechts. Wie Sebastian Chwala in seinem hervorragenden Buch über den Front National herausarbeitet, sind das vor allem Arbeiter*innen mit Einfamilienhäusern im Umkreis der großen Städte. Sie sind stark leistungsorientiert, fühlen sich zu wenig gewertschätzt und teilen aus gegen vermeintlich „faule“ Franzosen und „die Aus-

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falsche

rückte derart nach rechts. Auch die KPF schwenkte in Frankreich kurz nach ihrer Regierungsphase wieder stark nach links. Wenn Eribon von der Mitschuld der Linken spricht und den neoliberalen Schwenk der europäischen Sozialdemokratie meinte, sollte er das auch so sagen und analysieren. Denn hier gibt es tatsächlich einen starken Zusammenhang. Das jüngste Beispiel dafür sind die skandinavischen Länder, wo der Kurswechsel der Sozialdemokratie mit dem Aufstieg der Rechten korrelierte.

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aus Sozialisten und Kommunisten Anfang der 80er – die in einer desaströsen Niederlage und dem finalen Umschwenken beider auf neoliberale Politik endete. Nach dem Scheitern dieser Regierung begann der Aufstieg des Front National. Nur vollzog sich diese Niederlage der Linken und der Aufstieg der Rechten ebenso wie die Akademisierung der Linken fast ausnahmslos in Westeuropa.3 Daher greift es zu kurz hier nur auf den Verrat der KPF zu verweisen - sonst hätten alle linken Parteien und Kräfte in Europa gleichzeitig genau denselben Fehler gemacht. Das ist unwahrscheinlich und daher liegt es nahe, dass es sich Eribon hier zu leicht macht.

länder“. Zudem wird der Front National heute insbesondere in Regionen mit sehr großer Verteilungsungleichheit und hohen Arbeitslosenquoten gewählt. Das ist übrigens eine Gemeinsamkeit mit Deutschland. Wer sich die jüngsten Wahlergebnisse der AfD in BadenWürttemberg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin anschaut, findet die rechten Hochburgen genau in diesen Regionen und Stadtteilen. Auch der Einstellungswechsel lässt sich anderswo gut nachvollziehen. Die Soziologen Beaud/ Pialoux arbeiten in ihrer Langzeitstudie „Die Verlorene Zukunft der Arbeiter“ von 2004 heraus, dass rechtes Gedankengut unter den Arbeitenden seit den 80ern zunimmt. Doch sie finden dafür auch Gründe. In ihrer Studie, basierend auf jahrzehntelangen Untersuchungen in dem Peugeotwerk Socheaux, konstatieren sie, dass Anfang der 80er die Streikbereitschaft, das politische Bewusstsein und die Solidarität unter den Arbeitenden sehr hoch war und umgekehrt der Rassismus eher weniger stark ausgeprägt war. Mit der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse nahm dieser aber rasant zu. Die Arbeitsmarktreformen und Unternehmungsumstrukturierungen führten dazu, dass die Arbeitenden zunehmend in Konkurrenz standen. Je unterschiedlicher die Arbeitsverträge, Befristungen usw. und


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je weniger Normalarbeitsverhältnisse es gab, desto stärker nahmen rassistische Ressentiments zu. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Klaus Dörre bei seinen jüngsten Befragungen in Deutschland. Bei Eribon fehlen diese Erkenntnisse völlig. Stattdessen schüttet er das Kind mit dem Bade aus und erteilt einer marxistisch orientierten Arbeiter*innenpolitik eine Totalabsage. Dabei haben nur die dümmsten Marxist*innen Arbeiter*innen per se zu der einen progressiven Kraft erklärt. Andersrum wird ein Schuh draus: Ohne weite Teile der arbeitenden Bevölkerung wird es keine progressiven Gesellschaftsveränderungen geben. Das hat historische und aktuelle Gründe: Historisch hat meist die Arbeiter*innenbewegung – allein oder im Bündnis mit progressiven Teilen des Bürgertums – gesellschaftliche Verbesserungen durchgesetzt: Das Wahlrecht für Alle, eine gesetzliche Rente und Krankenversicherung, die gesetzliche Gleichstellung der Frau und vieles mehr. Auch in den letzten Jahrzehnten gelangen alle Verbesserungen nur durch Mitte-Unten-Bündnisse. Seit es diese nicht mehr gibt, gibt es keine progressiven Reformen mehr (bis auf ganz wenige Ausnahmen). Das zeigt: Eribons Betrachtung ist zu sehr soziologisch

geprägt und nimmt zu wenig ökonomische, politische und historische Betrachtungen in den Blick: Die Erkenntnis, dass der klassische Fließbandarbeiter im Blaumann nicht mehr die Arbeiter*innenklasse idealtypisch repräsentiert, brauchte seine Zeit. Jede Kapitalismusformation hat ihre spezifischen linken Organisierungsformen. Heute gibt es in Deutschland mehr Erzieher*innen und Krankenpfleger*innen als Beschäftigte in der Automobilindustrie. Das bildet sich aber noch zu wenig in den linken Organisationen ab. Da gibt es einiges zu tun.

Die Arbeiter*innen wählen die Rechten zwar, organisieren sich aber nicht dort. Die rechtspopulistischen Parteien sind europaweit keine Massenparteien wie es sozialdemokratische und kommunistische Parteien waren. Das macht Hoffnung und ist ein Ansatzpunkt. Auch wenn Eribon kaum konkrete Lösungen aufzeigt, sind seine Fragen die richtigen. Nur die Antworten müssen wir selber finden! Janis Ehling ist Mitglied der Bundesgeschäftsführung von Die Linke.SDS

Wer also gegen die Rechte etwas tun will, sollte besser schauen welche linke Organisierung im Gegenwartskapitalismus Solidarität und Erfolge schaffen kann. Und wie das klassenübergreifend – Arbeiter*innen mit progressiven Teilen der Mitte funktioniert. Von Eribon lässt sich anhand des Beispiels seiner Mutter zeigen, dass es weitere Anknüpfungspunkte gibt. Der Front National ist erzkatholisch und daher gegen Abtreibungen. Seine Mutter wählt ihn trotzdem, obwohl sie selber abgetrieben hat – wie es viele andere tun, die aber genauso viele Positionen am Front National stören. Linke müssten diese anderen Punkte aufspüren und das Unbehagen damit verstärken. Außerdem weist Eribon in einem Aufsatz auf einen wichtigen Punkt hin: 19


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Menschenrechte und Sozialismus – Eine schwierige Beziehung? „Völker, hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht! Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.“ – Die Internationale in der deutschen Übersetzung nach Emil Luckhardt1 In diesem Beitrag soll zunächst auf die bestehende, im SDS bereits mehrfach geäußerte Kritik, wonach Menschenrechte keinen Orientierungsrahmen für eine sozialistische Praxis geben könnten, eingegangen werden. Es wird argumentiert, dass weder diese noch weitere linke Kritiken einen Verzicht auf das Konzept der Menschenrechte rechtfertigen, sondern vielmehr auf problematische Aspekte des bürgerlichen Menschenrechtsdiskurses verweisen. Statt als Sozialist_innen auf das Konzept der Menschenrechte zu verzichten, müssen wir dem bürgerlichen Menschenrechtsdiskurs einen sozialistischen Menschenrechtsdiskurs entgegenstellen. Gelingt dies so weisen allein die bereits proklamierten aber nicht erfül1 Die gängige deutsche Übersetzung der Internationalen durch den Gewerkschafter Emil Luckhardt ist lediglich an das französische Original angelehnt. Die Formulierung „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“ findet sich im Original von Eugène Pottier nicht, stattdessen ist eher davon die Rede, dass die Internationale „die Menschheit sein werde“ (im Original: „L’Internationale | Sera le genre humain“). 20

lten Menschrechte durchaus über Neoliberalismus und Kapitalismus hinaus und eröffnen somit einen Weg zu einer sozialistischen Entwicklung. Zudem soll gezeigt werden, inwieweit das Konzept eine mächtige Defensivwaffe gegen rechtspopulistische Verschärfungen des Status quo darstellt. Die Debatte um Menschenrechte in Die Linke.SDS Auf dem 14. Bundeskongress von Die Linke.SDS wurde im Antrag „Studiengebühren stoppen – Bildungskämpfe zusammenführen“ unter anderem folgender Satz beschlossen: „Bildungsgebühren widersprechen [...] in jeder Form dem Menschenrecht auf Bildung wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Artikel 26 festgehalten ist.“ In der Debatte um den Antrag, welcher letztendlich ohne Gegenstimme angenommen wurde, bestand Uneinigkeit wie ein solcher Bezug auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) bzw. die UN-Menschenrechtscharta zu werten wäre. Einige Genoss_innen kritisierten, dass die AEMR kein Maßstab für sozialistische Politik sein könne, hierauf empörten sich Genoss_innen

aus Hamburg und fragten, was es denn sonst sein könne. Der Dissens über den Wert der allgemeinen Menschenrechtserklärung für uns als sozialistischen Studierendenverband wurde im letzten Bundeskongress nur aufgezeigt, diskutiert wurde er nicht. Da ich nicht darauf verzichten möchte auf diesen Dissens im SDS Bezug zu nehmen und der Kern des Konflikts im Plenum nicht aufgezeigt wurde, muss ich leider auf Nebengespräche außerhalb des Plenums und sonstige im SDS bereits vor längerer Zeit geführte Debatten zu Menschenrechten Bezug nehmen und auch im Folgenden einige Vermutungen über die bestehenden Positionen anstellen.2 Am Rande des letzten Bundeskongresses, erklärte mir ein Genosse, dass man sich seiner Meinung nach lediglich in Debatten mit Außenstehenden auf Menschenrechte beziehen solle, für einen sozialistischen Verband können diese jedoch kein Orientierungspunkt sein anhand derer dieser intern seine Politik festlegt. Ein anderer Kritikpunkt, bekannt aus früheren Bundeskongressen, ist dass die Herrschenden durch die Behauptung einer Verteidi2 Falls ich dabei bestehende Positionen falsch rekonstruriere, freue ich mich auf eine Antwort auf diesen Beitrag in der nächsten Praxis.


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gung von Menschenrechten Auslandseinsätze und imperialistische Kriege legitimieren. Ein antimilitaristischer Studierendenverband wie der SDS müsse eine solche Instrumentalisierung von Menschenrechten stets kritisieren. Kritisiert wird häufig auch, dass diskriminierte Menschengruppen wie Frauen, People of Color, Indigne, Minderjährige oder Besitzlose häufig nicht mitgemeint waren oder in der Praxis sogar teils immer noch nicht mitgemeint sind, wenn sich auf Menschenrechte bezogen wird. Schließlich kennt man aus linken Diskursen den Einwand, dass es sich bei den Menschenrechten um ein Konzept handle, welches durch die Bourgeoisie im Kampf gegen die Aristokratie entwickelt wurde. Es wären ausschließlich Bürgerliche gewesen, die einst die Menschenrechte in Dokumenten wie der

US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776, der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 oder eben der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 niedergeschrieben hätten. Mit dieser Behauptung liegt der Schluss nahe, dass sich Sozialist_innen nicht auf diese beziehen könnten, denn die Menschenrechte wären damit letztlich nur Ausdruck eines bürgerlichen Klasseninteresses. Menschenrechte vs. Bürgerliche Verhältnisse Diese Kritiken im Zusammenhang mit den Menschenrechten scheinen mir alle zumindest bedenkenswert, in ihrer Absicht begrüßenswert und isoliert betrachtet sogar größtenteils

legitim und richtig. Es ist gut, dass wir als Sozialist_innen kritisch hinterfragen, wie der Mainstream die Debatte um Menschenrechte führt. Problematisch wird es aber meines Erachtens, wenn diese Kritik am bürgerlichen Menschenrechtsdiskurs dazu führt, die emanzipatorischen Potentiale, die dem Konzept der Menschenrechte inhärent innewohnen, zu verkennen. Anstatt das Konzept der Menschenrechte als bloße bürgerliche Ideologie oder wertlos für einen sozialistischen Studierendenverband zu verkennen, gilt es die Menschenrechte als etwas zu begreifen, das die subalternen Klassen kritisch aufgreifend für sich verwenden können. Es stimmt, dass die Menschenrechte zu Anfang nur für weiße, besitzende Männer im erwachsenen Alter gemeint waren und nur ihren Interessenbereich berührten – soziale 21


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Allein aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit sollte man jedoch insbesondere im Fall Eleanor Roosevelts nicht über deren politische Ansichten urteilen. Als Feministin, Unterstützerin von gewerkschaftlichen Streiks, Bürgerrechtsaktivistin unter anderem gegen die US-Apartheid, Vertreterin des New Deal und Pazifistin gehörte sie zu den progressivsten Schichten des US-amerikanischen Bürgertums.

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Zwar wurde die UN-Menschenrechtskommission, welche als Reaktion auf den 2. Weltkrieg 1946 ins Leben gerufen wurde mit Eleanor Roosevolt, von einer Vertreterin der USamerikanischen, bürgerlichen Eliten geleitet3, jedoch übten die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten durch die Verankerung wirtschaftlicher und sozialer Rechte erheblichen Einfluss auf die AEMR aus. Auch ist die AEMR durch den christlicharabische Philosoph Charles Habib Malik sowie der chinesisch-konfuzianische Philosoph Peng-chun Chang geprägt. Sie waren beide Teil der ursprünglichen UN-Menschenrechtskommission und hatten dort großen Einfluss. Die AEMR ist also mitnichten ein rein bürgerliches oder rein westliches Produkt, stattdessen müssen wir sie als ein Dokument anerkennen, in welchem nach dem epochalen Verbrechen des 2. Weltkrieges, große Teile der Völker dieser Erde sich auf absolute Mindestansprüche für ein gutes Leben verständigten. Gleichzeitig müssen wir die Lücken des bürgerlichen Menschenrechtsdiskurses erkennen

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Sicherheit oder Geschlechtergleichheit war da nicht gemeint. Aber trotzdem haben zu allen Zeiten die Unterdrückten dieser Erde positiv und häufig auch erfolgreich die Menschenrechte für sich reklamiert und so eine sukzessive Ausweitung des Geltungsbereichs der Menschenrechte erkämpft. Sie hatten verstanden, dass sie in Kämpfen um Hegemonie verschieben konnten, für wen die Menschenrechte gelten. Beispiele dafür lassen sich sowohl bei der französische Bürger- und Menschenrechtserklärung als auch bei der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung finden. Anhand ersterer forderten französische Frauen schon bald ein, dass auch sie mitgemeint sein müssten, wenn von Menschenrechten gesprochen wird. Verbesserungen ihrer Rechtsposition waren die Folge. Bei der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung waren es People of Color in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die sich auf diese bezogen, um das US-amerikanische System der Apartheid zum Einsturz zu bringen. Im Falle der AEMR besteht sogar ein klar progressiver Ursprung. Es ist schlicht historisch falsch die AEMR als ein reines Produkt von Vertretern bürgerlicher Politik zu betrachten. Dies zeigt sich mit Blick auf die Zusammensetzung der UN-Menschenrechtskommission, welche die AEMR ursprünglich erarbeitete.

und den bürgerlichen Menschenrechtsdiskurs über sich selbst hinauszutreiben. Als Sozialist_innen müssen wir die Menschenrechte ernst nehmen, in vielen Punkten sogar ernster als die Vertreter bürgerlichen Denkens selbst. Hierzu müssen wir vor allem für die diskursive und praktische Aufwertung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte kämpfen. Denn diese werden in der UN-Menschenrechtscharta zwar als gleichwertig zu den individuellen Freiheitsrechten gedacht, jedoch bleiben diese gewöhnlich völlig unterrepräsentiert – sei es in den juristisch-fachlichen Debatten4, sei es in den Kampagnen von Menschenrechtsorganisationen, sei in der medialen Berichterstattung um Menschenrechtsverletzungen oder sei es auch in der linken Debatte um die Menschenrechte. Wenn wir auch die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte wirklich ernst nehmen, erkennen wir, dass die proklamierten Menschenrechte 4 Vergleiche hierzu auch die Forsthoff-Abendroth Debatte. Der Linkssozialist Abendroth tritt in dieser dafür ein, dass die sozialen Grundrechte im Grundgesetz den Staat binden. Außerdem interpretiert er dieses dahingehend, dass sie das Ziel einer umfassenden Demokratisierung durch den Sozialismus andeuten. Der rechtsautoritäre Staatsrechtsrechtler und Carl Schmitt-Schüler Forsthoff betrachtete sie hingegen als unverbindliche Willensäußerung, die keine Wirkungskraft habe, weil sie durch den Eingriff in Wirtschaft und Eigentum, die liberale Rechtsstaatlichkeit eingeschränkt werden würde. Danke an Jakob Migenda für diesen Hinweis.


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im offenen Widerspruch zu den bestehenden kapitalistisch-patriachalen Verhältnissen stehen – im Westen genauso wie anderswo. Hierdurch stellen wir uns zwar hinter die in den Menschenrechten verbrieften Mindestansprüche an ein gutes Leben, formulieren aber zugleich einen scharfen Widerspruch zum bürgerlichen Menschenrechtsdiskurs und den bestehenden Verhältnissen. Als Sozialist_innen müssen wir aufzeigen, dass die kapitalistischen Gesellschaften nicht geeignet sind, den Menschenrechten Geltung zu verschaffen. Der Kapitalismus versagt also bei der Erfüllung der Mindestansprüche an ein gutes Leben. Für den Neoliberalismus ist dieser Widerspruch gar offensichtlich. In Artikel 22 der UN-Menschenrechtscharta heißt es: „Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit [...] in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“ Wir könnte ein solches Recht auf soziale Sicherheit nicht im offensichtlichen Widerspruch zu einem ständig Prekarisierung hervorbringenden Neoliberalis-

mus stehen, wie könnte es nicht einen himmelschreienden Widerspruch zu Austeritäts- und Verarmungspolitik bilden? Nicht nur zu Neoliberalismus und Austerität auch zum Rechtspopulismus bilden die Menschenrechte einen offensichtlichen Widerspruch, so wird in Artikel 2 ein Verbot der Diskriminierung, „etwa nach etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“ formuliert und in Artikel 14 ein Asylrecht geschaffen. Überhaupt ist ein Konzept, das den Menschen und eben nicht angehörige von Staaten als Ausgangspunkt der Formulierung von Ansprüchen nimmt, gegenüber jeglichen populistischen Spaltungen gewappnet. Trotz all dieser Ernsthaftigkeit, mit der wir als Sozialist_innen das Konzept der Menschenrechte annehmen sollten, plädiere auch ich nicht für eine vollends unkritischen Umgang mit der UN-Menschenrechtschar ta. Die Einflüsse der Menschenrechtscharta waren vielfältig und auch widersprüchlich. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es mit Artikel 16 der AEMR (Ehe, Familie), sich dort auch ein Artikel findet, der von uns kritisiert werden muss. Schließlich bleibt die Definition der Ehe als einer „Verbindung von Mann und Frau“ dem Schema binärer,

heteronormativer Geschlechtlichkeit verhaftet und der konservative Satz „Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft [...]“ widerspricht zumindest latent unserer sozialistischen Forderung nach einer Vergesellschaftung der Reproduktionsarbeit. Sicher ließen sich weitere Kritikpunkte an einzelnen Artikeln nennen. Die Alternative: Menschenrechte und Sozialismus Dennoch bilden die Menschenrechte eine Alternative zu Neoliberalismus, Austerität und Rechtspopulismus. Sie sind geeignet die bestehenden Verhältnisse gegen Angriffe von Rechts zu verteidigen und diese gleichzeitig von links anzugreifen. Für die Linke können sie ein mächtiges Instrument im Kampf um Hegemonie bilden – auch da mit ihnen die Umsetzung von Ansprüchen eingefordert werden kann, deren Legitimität ansonsten erst hart erkämpft werden müsste. Da sie lediglich absolute Mindestansprüche an ein gutes Leben formulieren sind sie zwar nicht mit dem Sozialismus gleichzusetzen, jedoch eröffnen sie einen Weg zu einer sozialistischen Entwicklung. Alexander Hummel ist seit über fünf Jahren aktiv in Die Linke. SDS.

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Das Menschenrecht auf Bildung als antirassistischer Anker der Hochschulpolitik In diesem Beitrag soll dargestellt werden, warum das „Menschenrecht auf Bildung“ einen Kernpunkt linker, hochschulpolitischer Programmatik darstellen sollte. Hierzu wird zunächst ein kurzer Vergleich des Bildungsverständnisses wie es in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung enthalten ist und der Vorstellung von Bildung im Marxismus angestellt. Sodann wird auf weitere Implikationen des Menschenrechts auf Bildung eingegangen. Schließlich wird anhand der Erfahrungen der Heidelberger Hochschulpolitik und der jüngsten Studierendenproteste in Baden-Württemberg dargestellt, in welch besonderer Form der Satz „Bildung ist ein Menschenrecht“ geeignet ist, hegemonial unter den Studierenden verallgemeinert zu werden und rassistischen Spaltungen innerhalb der Studierendenschaft entgegenzuwirken. Das Menschenrecht auf Bildung und der Marxismus Auf dem 14. Bundeskongress von Die Linke.SDS wurde im Antrag „Studiengebühren stoppen – Bildungskämpfe zusammenführen“ unter anderem folgender Satz beschlossen: „Bil24

dungsgebühren widersprechen [...] in jeder Form dem Menschenrecht auf Bildung wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) im Artikel 26 festgehalten ist.“ In der Debatte blieben die Implikationen eines solchen Menschenrechts weitestgehend unbeleuchtet. Um diese näher zu klären, möchte ich zunächst aus dem Wortlaut von Artikel 26 der AEMR zitieren: „Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. […] Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.“ Die Proklamation eines Rechts auf Bildung ist bahnbrechend. Die Unentgeltlichkeit von Bildung wird hier festgehalten und insbesondere wird Bildung nicht auf bloße Ausbildung zu Erwerbszwecken reduziert, sondern emanzipatorisch auf sowohl individuelle als auch kollektive Qualitäten gerichtet verstanden. Individuelle Persönlichkeitsentwicklung und kollektive Gesellschaftsentwicklung werden als gleichrangige Ziele

von Bildungsprozessen begriffen. Hierzu heißt es im selben Artikel: „Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.“ In diesem Bildungsverständnis lassen sich Parallelen zu marxistischen Vorstellungen von Bildung finden. Auch im Marxismus wird Bildung zuvorderst als ein Prozess der Selbstformierung aufgefasst (vgl. HKWM: Bildung). Doch was sollte diese Formierung des Selbst anderes meinen als „die allseitige Entwicklung der Individuen“, die Marx als Kennzeichen eines zukünftigen Kommunismus nennt (Marx: Kritik des Gothaer Programms)? Bildung und deren unmittelbare Konsequenzen, nämlich Wissen und Fähigkeiten des formierten Selbst werden des Weiteren bei Marx als Mittel zur Steigerung


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der „Produktivkräfte“ gesehen1. Gramsci hingegen begreift Bildung ergänzend als Voraussetzung zur Selbstregierung und Eroberung der Hegemonie durch die Subalternen. Auch wenn sich die konkreten, kollektiven Ziele von Bildung im Art. 26 der AEMR und im Marxismus unterscheiden, sind diese nicht widersprüchlich. Zudem besteht darin, dass Bildung sowohl eine individuelle als auch eine kollektive Funktion hat, Einigkeit. Vor allem ist aber hervorzuheben, dass die „menschliche Kraftentwicklung als Selbstzweck“ im „Reich der Freiheit“ bzw. im Kommunismus (vgl. Marx, 3. Band des Kapitals) sich mit dem Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung von Bildung gemäß der AEMR trifft. Es ist damit klar, dass zwischen der Vorstellung von Bildung gemäß der AEMR und im Marxismus zumindest eine 1 Es gibt eine recht ausgreifende Debatte im Marxismus darüber, inwieweit Wissen eine eigene Produktivkraft darstellt. In Marxens Werk selbst lassen sich einige Stellen finden, am intensivsten in den Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie, wo Wissen als eigenständige Produktivkraft aufgefasst wird – mit weitreichenden Implikationen! In vielen anderen Werken spielt hingegen Wissen als eigenständige Produktivkraft keine Rolle, so unter anderem in Marxens Hauptwerk, dem Kapital. Aus diesem Widerspruch im Werk entwickelten sich schließlich unterschiedliche Auffassungen im Marxismus. Ohne diese Debatte weiter vertiefen zu wollen, positioniert sich dieser Beitrag auf Seite derjenigen, welche Wissen als eigenständige Produktivkraft zur Steigerung der Produktivkräfte begreifen.

Anschlussfähigkeit besteht. Unterschiede – wenn auch keine Widersprüche – bestehen aber zweifelsohne. Implikationen des Menschenrechts auf Bildung Wem es an Bildung mangelt, kann sich in der heutigen, schnell wandelnden Welt nur schwer zurechtfinden. Er oder sie findet keinen Platz in der Gesellschaft und ist nicht Gestalter*in des eigenen Lebens. Dies gilt umso mehr in einer komplexer werdenden, sich immer schneller wandelnden Wissensgesellschaft. Wem das Recht auf Bildung vorenthalten wird, dem wird strukturelle Gewalt angetan, da man ihn oder sie dazu zwingt, sich unter seinen bzw. ihren persönlichen Möglichkeiten zu entwickeln. Die Entwicklungspotentiale, die er oder sie hat, werden vorenthalten. Das Menschenrecht auf Bildung wendet sich – wie alle Menschenrechte – gegen historisch erlittene und weiterhin aktuelle Erfahrungen struktureller und manifester Gewalt. Durch die rechtliche Verankerung und die (formale) Bindung staatlichen Handelns an dieses Recht wird dieser Gewalt dauerhaft entgegengewirkt, bei einer vollen Verwirklichung des Rechts wird die Gewalterfahrung dauerhaft aufgehoben.

Ausgehend vom Menschenrecht auf Bildung lassen sich viele weitreichende Implikationen und Konsequenzen ableiten. So folgt daraus nicht nur eine Kostenlosigkeit, sondern eine allgemeine Bedingungslosigkeit zur Inanspruchnahme dieses Rechts. Das heißt, Versuche, den Zugang zu Bildung an bestimmte Pflichten zu knüpfen (so geschieht dies etwa aktuell in Ungarn, wo Studierende nach ihrem Abschluss gezwungen werden, zunächst zehn Jahre in Ungarn zu bleiben), widersprechen dem Menschenrecht auf Bildung. Auch folgt daraus ein Imperativ zur Öffnung der Bildungsinstitutionen und zum Abbau aller Zugangsbeschränkungen. Aus der bereits erwähnten notwendigen Kostenlosigkeit von Bildung folgt die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausfinanzierung des Bildungssektors. Diese Kostenlosigkeit kann in der heutigen Wissensgesellschaft mit ihren erhöhten Anforderungen an die Eigeninitiative und autonome Zielsetzung der Individuen nicht länger nur„mindestens den Grundschulunterricht“ meinen, wie es noch in der AEMR festgehalten wurde. Vielmehr muss argumentiert werden, dass angesichts gestiegener gesellschaftlicher Anforderungen an den Einzelnen bzw. die Einzelne, heute ihm bzw. ihr auch höherwertige Bildung kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss. 25


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Die Heidelberger SDS-Gruppe konnte in der Studierendenvertretung der Universität Heidelberg das Menschenrecht auf Bildung mit den meisten der hier geschilderten Implikationen erfolgreich als Grundsatzposition verankern. Einmal beschlossen, wurde die Position, nachdem sie weiter durch uns gepusht wurde, sehr schnell auch von keineswegs linken Akteurinnen und Akteuren akzeptiert, mittlerweile wird diese sogar von vielen ansonsten unpolitischen oder gar konservativen Einzelpersonen vertreten. Das Menschenrecht auf Bildung stellt einen Leitgedanken in zahlreichen Projekten der Studierendenvertretung dar, so etwa bei einem Stipendienprogramm für Studierende mit Fluchterfahrung. Trotz der

weitreichenden progressiven Implikationen und einer ansonsten eher unpolitischen und teils konservativen Studierendenschaft, konnte das Menschenrecht auf Bildung vom Heidelberger SDS erfolgreich als hegemonialer Satz verankert werden. Gleichzeitig versuchen wir an verschiedenen Stellen an dem Antrag anzuknüpfen, indem wir etwa, ausgehend vom Menschenrecht auf Bildung und einem emanzipatorischen Bildungsbegriff, die BolognaReform kritisieren. Auch in den derzeitigen Studierendenprotesten gegen die rassistischen, durch die Grün-Rote Landesregierung geplanten Studiengebühren für Nicht-EUAusländer konnte die Idee des Menschenrechts auf Bildung erfolgreich verankert werden. Sowohl bei den Protesten in Heidelberg als auch bei der überregionalen Kundgebung gegen Studiengebühren in Stuttgart wurde in den Reden mehrfach sich positiv auf das Menschenrecht auf Bildung bezogen. Nach einem Open-Mic-Beitrag durch den Autor dieser Zeilen fingen die Studierenden dort an, sich in ihren Parolen auf das Menschenrecht auf Bildung zu beziehen. Hierzu skandierten sie auf der Sponti nach der Kundgebung lautstark: „Bildung ist ein Menschenrecht! Für Menschenrechte zahlen wir nicht!“ Mit dem Menschenrecht auf Bildung gelang es dem SDS Heidelberg, eine Idee sowohl

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Zur hegemonialen Verallgemeinerbarkeit des Satzes „Bildung ist ein Menschenrecht“ – die Erfahrungen der Heidelberger Hochschulpolitik

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Staatliches Handeln, das eine schwarze Null im Haushalt über den Ausbau von Schulen oder die Herstellung einer annehmbaren Betreuungsquote stellt, ist abzulehnen. Private Bildungsträger, die Bildung an die Zahlfähigkeit ihrer Klienten knüpfen, können aus dieser Perspektive überzeugend kritisiert werden.

in die Studierendenvertretung als auch in die aktuellen Studierendenproteste einzupflanzen, von der wir glauben, dass diese – unabhängig von unserer eigenen Aktivität –in der Praxis weiterwirken würde. Allen SDSGruppen, die dies bisher noch nicht tun, ist zu empfehlen, sich zukünftig offensiv auf das Menschenrecht auf Bildung zu berufen. Es bildet ein mächtiges Instrument im Kampf gegen Gebühren und sonstigen Hürden zum Hochschulzugang sowie für die weitere Öffnung der Hochschulen. Alexander Hummel ist seit über fünf Jahren aktiv in Die Linke. SDS Heidelberg und im SDSBundesverband. Seit kurzem hat er dort die Stelle für die critica und die Praxis inne. Seine lokale SDS-Gruppe hat einen konsequenten Fokus auf Hochschulpolitik, ergänzt durch insbesondere Antifa-Demonstrationen und Theoriearbeit.


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Populismus - Sahra Wagenknecht und ihre Kritiker*innen Sahra Wagenknecht ist eine Populistin und das ist auch gut so. Wir brauchen Populismus denn durch die Erosion klassischer Parteien und politischer Milieus, also durch die Entpolitisierung und Neoliberalisierung der Gesellschaft gibt es immer weniger Menschen mit klaren Weltanschauungen und festen politischen Meinungen. Außerdem schuf die Entstehung privater Medien und besonders deren Boom in den 80ern die Notwendigkeit sich populistischer Mittel zu bedienen. Früher hatten Politiker und Politikerinnen exklusive Kontakte zu Journalist*innen. Die Öffentlichkeit wurde informiert, wenn die Politik es für richtig hielt. Informationen über die Gesellschaft und einzelne Politiker*innen wurden in den Parteien über eigene Zeitungen und Parteiversammlungen weitergegeben. Die Macht lag meist völlig bei der Partei. In der Mediendemokratie aber können einzelne, besonders rhetorisch begabte Menschen mit Charisma, an der Partei vorbeispielen. Sie sind nicht auf die Partei angewiesen. Sie erlangen ihre Bedeutung in der Gesellschaft und der Partei über die Massenmedien. Diese gesellschaftliche Situation und diese Form der Mediendemokratie machen Populismus erst richtig wirkmächtig. Der langjährige bayrische Min28

isterpräsident F.J. Strauß war beispielsweise ein begnadeter Populist. Aber die Mehrheit der Bevölkerung war politisch so festgelegt, dass sie ihn nicht wählte. Heute ist die Situation eine andere. Wer viele Menschen erreichen will, muss: 1. populär zuspitzen und mit seinen politischen Forderungen am Alltagsverstand der Menschen ansetzen. Früher sagte man: Dem Volk aufs Maul schauen. 2. polarisieren. Gesellschaftliche Konfliktlinien müssen besetzt oder sogar geschaffen werden. Immer geht es dabei um “die da unten” gegen “die da oben” und “Das Volk gegen die Elite”! 3. Krawall schlagen. Zuverlässig kommen die schrillsten Positionen, die am unerwartesten und neuesten sind, in die Medien. Nicht anders lässt sich beispielsweise der Wahlsieg Trumps oder das massive Rampenlicht für einen Bürgermeister einer schwäbischen Kleinstadt namens Boris P. erklären. Wer drauf verzichtet, kommt medial nicht vor. Für Menschen, Gruppen und insbesondere Parteien ist das ein Riesenproblem. Daher kommt keine/r, der die Gesellschaft ernsthaft verändern will, zumindest an

einem strategisch eingesetzten Populismus vorbei. Ausnahmen gibt es lediglich dort, wo es noch oder wieder feste Milieus gibt, so z.B. bei den Grünen oder der CSU in Teilen Bayerns. Aber es gibt nicht DEN Populismus. Es gibt einen wichtigen Unterschied: den zwischen Linksund Rechtspopulismus. Die Rechtspopulisten à la Le Pen, Trump, Petry oder Seehofer verstehen unter Volk eigentlich die Volksgemeinschaft, die gegen die andern (Ausländer, Linke, Homosexuelle, meist auch Frauen) aufgestachelt wird. Nationales Volk gegen nationales Volk. Sie behaupten zwar für das “Volk” zu sprechen, sind aber meist mit den Eliten sehr eng verbandelt. Trumps Kabinett der Milliardäre, Seehofers Kontakte zur bayrischen Industrie und die hervorragenden Kontakte der AfD zu “deutschen” Familienunternehmen sind da ein beredtes Zeugnis. Die Linkspopulisten haben hingegen das Volksverständnis der Französischen Revolution oder der baskischen Linken. Die da unten – egal welcher Religion, Hautfarbe oder welchen Geschlechts – die Arbeiter*innen, Lohnabhängigen, Angestellten gegen die da oben.


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Guter Populismus – schlechter Populismus?

Medien gegen Populismus Populismus ist in Deutschland lagerübergreifend ein eher negativ besetzter Begriff. Die deutschen Medien liegen meist – nicht gesteuert, sondern ganz freiwillig – auf Regierungslinie. Alle “radikalen” Positionen werden in einen Topf geworfen. Dabei ist es völlig egal, wie viel sie gemeinsam haben. Und dann wird drauf gehauen. So geschieht es seit Jahren mit Sahra Wagenknecht. Sahra sei die “böse” Populistin und damit genau wie die AfD – die Extremismustheorie lässt grüßen. Das ist natürlich eine billige und

durchsichtige Masche. Diesen Teil der Sahra-Kritiker könnenwir hier getrost beiseite lassen. Es sind nebenbei dieselben, die sie in Talkshows einladen und ihr viel Raum geben. So funktionieren eben Medien heute. Ein merkwürdiges Paradox, aber hier nicht unser Problem. Die zweite Riege ist die der innerlinken Kritiker*innen. Diese mag Sahra schon seit Jahren nicht. Sie lehnen entweder Populismus generell ab oder sie mögen Sahras Beharren auf klaren Positionen nicht: Umverteilung, mehr staatliche Kontrolle über Banken und Konzerne, eine klare Friedenspolitik usw. usf... oder sie sehen in Sahra ein Hindernis für linke

Regierungsbeteiligungen. Diese nutzen gerade die sich bietende Gelegenheit um in den Chor des Sahrabashings einzusteigen. Das muss man auch nicht Ernst nehmen und ist nichts Neues. Es erklärt sich aus den normalen innerparteilichen Machtkämpfen und politischen Gegensätzen. Die dritte Riege der innerlinken Kritikerinnen beanstanden nicht, dass Sahra Populistin ist. Nur gibt es hier einige Zweifel, ob sie wirklich linkspopulistisch zuspitzt. Eine gesellschaftliche Polarisierung ist für Linke gut. Eine klare Kante gegen die Verhältnisse, die die Rechten erst stark gemacht haben – also gegen Merkel und die neoliberale 29


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2. Wie an der “linkspopulistischen” Partei Podemos gut zu sehen ist, werden Streits um Inhalte in populistischen Parteien schnell zum Riesenproblem. Gerade weil Populismus so unscharf ist, bindet er Menschen nur kurz – etwa für eine Stimmabgabe oder einen Wahlkampf. Für längeres Engagement braucht es aber eine tiefer gehende Bildung und ein klareres politisches Verständnis und Ziel. Populismus und populistische Parteien sind aber auf Personen zugespitzt, die man ablehnt oder denen man

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hinaus ergeht sich Sahra in Andeutungen. Wer sich die Interviews durchliest, wird 95% der Aussagen teilen. Aber 5% sind schwammig. Sahra verteidigt stets das Grundrecht auf Asyl und hat im Bundestag immer so abgestimmt. Was meint sie dann aber mit ihrer Kritik an Merkel wegen den “unkontrollierten” Grenzöffnungen”? Was soll “Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt” bedeuten? Dies lässt sie offen – ein klassisch populistisches Moment. In einer Programmpartei – wie es Parteien immer sind, die sich Gesellschaftsveränderung auf die Fahne geschrieben haben – führen solche Unklarheiten schnell zu Streit. Dies gilt verschärft in einer “Bündnispartei” wie der LINKEN. Parteien wie CDU und SPD brauchen Programme eigentlich nicht, weil sie den status quo nicht wirklich ändern wollen.

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1. Weil die populistische Zuspitzung notwendig mit Andeutungen spielt: die einen verstehen sie so, die andern so. Sahra bekommt viel Aufmerksamkeit, weil sie Themen besetzt, die sonst innerlinks verwaist sind: Sicherheit und Probleme mit der Bewältigung von Migration. Damit ist ihr Aufmerksamkeit garantiert und es ist wichtig diese Probleme anzusprechen. In einer Frage sind sich alle einig. Die Integration von Geflüchteten ist eine Mammutaufgabe, die großer finanzieller und personeller Kraftanstrengungen bedarf. Die Regierung Merkel nimmt diese Aufgabe nicht an und überlässt sie den oft überforderten Kommunen oder ganz den Ehrenamtlichen. Das ist ein Grund für die Unzufriedenheit. Merkel hier zu kritisieren, ist völlig richtig. Aber darüber

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Einheitspartei – ist auch gut. Populismus soll Menschen und insbesondere Schichten und Klassen, die sich von der Politik abgewandt haben wieder erreichen. Das versucht Sahra zweifelsfrei. Aber Populismus soll links gegen rechts stark machen. Gerade gibt es aber eine innerlinke Zuspitzung über die Partei hinaus. Milieus, die im letzten Jahr wegen ihrer humanistischen Position gegen Rechts stark zur LINKEN gekommen sind, können sich zudem auch wieder abwenden. Hier, in der Zuspitzung nach innen, wird Populismus zum Problem.

zustimmt. Diskussionen sind nicht vorgesehen. Daher spitzen sich Konflikte in populistisch agierenden Parteien anhand von Personen in Führungsgruppen wie bei Podemos zwischen Iglesias und Errejon zu. 3. Populismus in einer linken Mitgliederpartei ist solange kein Problem, wie die Polarisierung die eigenen Leute (und möglichst viele andere) gegen die Neoliberalen und Rechten mobilisiert. Führt die populistische Zuspitzung aber zu einer Zuspitzung innerhalb des eigenen Lagers, gibt es ein Problem. a) die Partei kann beschließen was sie will, wie es bei Sahra in dem Kontext sowohl in Fraktion und Parteivorstand mit übergroßer Mehrheit passiert ist – Sahra ist davon unabhängig. Ihre Stärke rührt aus ihrer medialen Präsenz und ihrer Bekanntheit in der Bevölkerung. b) viele ihrer Anhänger kennen in der Auseinandersetzung nur für und wider Sahra. Populismus lebt von Akklamation – gibt es Beifall oder gibt es ihn nicht – und nicht von inhaltlicher gemeinsamer Diskussion. Jede Kritik wird so schnell zu “Verrat” oder als ein “in den Rücken fallen” interpretiert. Kräftezehrende, unproduktive und demotivierende Konflikte sind da, innerhalb einer Mitgliederpartei wie es sie DIE LINKE


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sein will, vorprogrammiert. Die Internetplattform “Team Sahra” hat auch nichts mit Sanders oder Corbyn zu tun (wie manche behaupten). Sanders und Corbyn betonten immer wieder das nötige Eigenengagement ihrer Mitglieder. Im “Team Sahra” kannst du nur für sie kämpfen. Nichtsdestotrotz kann diese Politik kurzfristig großen Erfolg haben. Darauf spekulieren ihre engsten Anhänger, die keine Jubeltruppen, sondern langjährige aktive Programmparteimitglieder sind. Populismus und Mitgliederpartei bzw. Populismus und lebhafte, innerparteiliche Demokratie sind daher nur bedingt vereinbar. Wäre es nicht daher besser die Zuspitzung wirklich nur gegen Rechts und Neoliberale zu richten? Das Vereinende in den Vordergrund zu stellen? Linkspopulismus im besten Sinne! Das würde auch bedeuten sich um die Themen Migration und Sicherheit nicht länger zu drücken.1 Ebenso würde es bedeuten gegen die Kritik der Neoliberalen zusammen zu stehen und nicht nur eine Person mit diesen Angriffen allein zu lassen. Die Diskussionen aber wie wir Abgehängte, Arbeiter*innen, AfD-Wähler*innen zurück ho-

len, müssen wir weiterführen. Wenn wir dabei nicht nur Akademiker*innen ansprechen wollen, lohnt auch ein Blick in die Ergebnisse langjähriger Parteienforschung: Männliche Akademiker sind unter den Eintritten in Parteien die Spitzengruppe. Sie treten aber auch am schnellsten wieder aus. Frauen und Genossen*innen mit Hauptund Realschulabschluss treten weniger ein, aber auch noch viel weniger aus. Zugespitzt: Arbeiter*innen, Angestellte und Frauen sind weniger wankelmütig als Akademiker*innen. Und sie treten aufgrund persönlicher Kontakte, gemeinsamer politischer Erfahrungen und wegen dem Sozialleben einer Partei ein und bleiben dort. Sie sind weniger ämterorientiert – kurzum: stabil. Es braucht also viel mehr als nur Populismus! Populismus kann nur eine kurzfristige Lösung sein – zu Risiken und Nebenwirkungen dient dieser Beipackzettel. Für Hinweise und Erweiterungen bin ich dankbar. Janis Ehling ist Mitglied der Bundesgeschäftsführung von Die Linke.SDS.

1 Wer einen linken Text zum Thema Sicherheit lesen möchte, den sei Ingar Solty empfohlen: http://www. zeitschrift-luxemburg.de/sicherheitein-heisses-eisen-fuer-die-linke/ 31


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Die Linke muss gesellschaftliche Kraft werden Um dem Rechtsruck in Deutschland etwas entgegenzusetzen und Verbesserungen für die Mehrheit der Menschen zu erreichen, muss die LINKE mehr sein als ein Wahlverein. Gerade deshalb halten wir es für keine gute Idee, 2017 Kurs auf eine rot-rot-grüne Regierung – #r2g – zu nehmen. Ein Debattenbeitrag von Daniel Kerekes und Daniel Urbach In dieser Sache sind wir uns mit Klaus Ernst einig: Linke Politik darf sich nicht auf Schaufensterreden und Programme beschränken. Natürlich muss es darum gehen, im Hier und Jetzt für Verbesserungen zu kämpfen, um Perspektiven jenseits des Kapitalismus zu entwickeln. Gerade in einer Zeit, in der die AfD einen Landtagswahlsieg nach dem anderen einfährt, Pegida-Ableger bundesweit marschieren und das postfaktische Zeitalter angekündigt wurde, ist eine Alternative zum politischen Mainstream und Rechtspopulismus mehr als notwendig. Allerdings denken wir, dass es wenig hilfreich ist, sich dafür ein linkes Lager herbeizuwünschen. Das gibt es nämlich derzeit nicht. Um das zu erkennen, muss man nur in die Programme der Sozialdemokraten und Grünen schauen oder einfach ihr Regierungshandeln bewerten. Auch wenn Sigmar Gabriel und die Grünen nun verstärkt 32

Nichtt so süß wie es aussieht: r2g

links blinken – die SPD etwa, indem sie ihren Koalitionspartner CDU/CSU vermehrt kritisiert – ändert das an der politischen Grundausrichtung der Sozialdemokraten nichts, denn „nach ihren Taten, nicht nach ihren Worten sollst du sie erkennen.“ Außerdem denken wir, dass es nicht hilfreich ist, in eine Regierung einzutreten, in der es unmöglich ist, linke Politik umzusetzen. Anspruch der LINKEN sollte ein Politik-, nicht bloß ein Regierungswechsel sein. Mit der Schuldenbremse ist dieser nicht machbar. Es sollte vielmehr darum gehen, die LINKE zu einer aktiven Mitgliederpartei zu machen, um die Kräfteverhältnisse in Politik und Gesellschaft

zu verschieben: gemeinsam mit Initiativen, Gewerkschaften und linken Organisationen. Der SDS und die Linksjugend können dabei helfen, die LINKE nachhaltig bei jüngeren Menschen zu verankern. Ein Politikwechsel gibt es mit der aktuellen Führung von SPD und Grünen nicht Viele Reformen, die das Leben der Mehrheit deutlich verbessern könnten, würden Milliarden kosten. Für SPD und Grüne ist das ein großes Problem, denn sie wollen nicht von der Schuldenbremse


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abweichen. Eine R2G-Regierung könnte die Einnahmenseite des Staates durch eine andere Steuerpolitik erhöhen, um einen Politikwechsel zu finanzieren. Eine Steuerpolitik, die Reiche und Konzerne stärker belastet, wäre eine Voraussetzung. Bündnis90/Die Grünen haben sich für eine Vermögenssteuer light ausgesprochen, Sigmar Gabriel könne sich „für eine Vermögenssteuer“ erwärmen, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Doch wieder gibt es einen großen Unterschied zwischen Absichtserklärung und Regierungshandeln: Die größten Steuergeschenke an Banken, Konzerne, Multimillionäre und Milliardäre verabschiedete ausgerechnet Rot-Grün. Ein Politikwechsel bedeutet mehr als die Verteidigung des kränkelnden Sozialstaats, aber bereits diese wäre mit R2G schwer durchsetzbar. Das scheint den Befürwortern von R2G auch klar zu sein, denn in allen Sondierungstreffen und -gesprächen blieben konkrete Themen außen vor. Wer also die Lebensbedingungen der Menschen verbessern will, kann dies nur im Schulterschluss mit Initiativen und Gewerkschaften machen, denn von der Regierungsbank aus geht das nicht: Dort erlahmt eben jene Bewegung, die es braucht, um Kräfteverhältnisse zu verändern. Die Berliner rotrote Koalition bis 2011 ging sogar offen gegen Initativen wie Volksentscheide vor.

Mitregieren hilft nicht gegen einen Rechtsruck Ein Regierungswechsel bedeutet noch lange keinen Politikwechsel. In den Ländern verdeutlichten Rot-Rot und RotRot-Grün, dass sich die LINKE zur Mitverwalterin des Status Quo machte und häufig Verschlechterungen mittrug, statt für einen Politikwechsel zu sorgen. Gerade junge Menschen sind davon häufig betroffen. Exemplarisch sind die Exzellenzinitiatie und die Privatisierung von über 100.000 Wohnungen in Berlin. Auch wenn sich manchmal kleine Verbesserungen durchsetzen lassen, folgen bei R2G auf einen Schritt vorwärts zwei zurück. Zudem hat sich bis jetzt noch nicht gezeigt, dass R2G in Thüringen und Rot-Rot in Brandenburg dem Aufstieg der AfD etwas entgegensetzen konnten. Würde die These stimmen, dass ein linkes Regierungsprojekt den Aufstieg der AfD stoppen könne, müsste dies in Thüringen und Brandenburg der Fall sein. Die jüngsten Umfragen zeigen das Gegenteil: In Thüringen ist die LINKE seit ihrem Regierungsantritt von 28 auf 23 Prozent gefallen, die AfD hingegen von 10 auf 20 Prozent geklettert. In Brandenburg das gleiche Bild. Die LINKE verliert 2 Prozentpunkte und die AfD

konnte im gleichen Zeitraum, je nach Umfrage, 4 bis 8 Prozentpunkte hinzugewinnen. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen Ähnliches. Nach Regierungseintritt fehlte eine Kraft, die als Opposition gegen die herrschenden Zustände wahrgenommen wurde. Die Rechten füllten diese Lücke im Anschluss auf. Beispiel Italien: Um Berlusconi zu verhindern, beteiligte sich die italienische Schwesterpartei der LINKEN, die Rifondazione Comunista, zweimal an einer Mitte-Links Regierung (ab 1996 und ab 2006). Diesen Regierungen gelang es nicht, neoliberale Politik zu überwinden. Ganz im Gegenteil, viele neoliberale Reformen wurden gerade durch diese beiden Prodi-Regierungen umgesetzt. Zudem trug die Rifondazione Comunista auch Militäreinsätze im Libanon und Afghanistan mit. Dabei war die italienische Linkspartei zuvor noch treibende Kraft einer großen Bewegung gegen den US-Krieg gegen Afghanistan und Irak gewesen. Das Ergebnis dieser Regierungsbeteiligungen war katastrophal. 2008 kam Berlusconi zusammen mit der Lega Nord an die Regierung, während die Rifondazione Comunista alle Sitze verlor. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg saß in Italien keine Kommunistin und kein Kommunist mehr im Parlament. Die Erfahrung, dass mit der italienischen Linkspartei einer der wichtigsten parla33


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Alleine die Betrachtung jüngerer Regierungserfahrungen von kommunistischen und sozialistischen Parteien zeigt auf, dass eine Regierungsbeteiligung stets den Wegfall einer echten Opposition und der Stimme der gesellschaftlichen Bewegung im Parlament bedeutet. Dadurch schwächt sie eben jene, die einen weiteren Rechtsruck verhindern könnten. Janine Wissler hat völlig Recht, wenn sie betont, dass es weniger entscheidend ist, wer regiert, sondern vielmehr, wer opponiert und dass es auch Aufgabe der LINKEN ist, darauf hinzuweisen, dass Macht nicht in erster Linie im Parlament liegt. Dem Staat sind Macht und Klassenverhältnisse eingeschrieben, sozialistischer Politik stehen

damit starke Kräfte entgegen. Denn der Staat ist nicht neutral, sondern Produkt und Teil gegebener kapitalistischer Verhältnisse. Der griechisch-französische Politologe Nicos Poulantzas sagte dazu einmal passenderweise: „Der gesamte gegenwärtige Staat mit all seinen Apparaten – die Sozialversicherung, das Gesundheitswesen, die Bildung, die Verwaltung usw. – widerspiegelt in seinen Strukturen die Macht der Bourgeoisie. Ich glaube nicht, dass die Massen Stellungen autonomer Macht – nicht einmal untergeordnete Stellungen – innerhalb des kapitalistischen Staates halten können.“ Auch Rosa Luxemburg schrieb nicht umsonst, dass „in der bürgerlichen Gesellschaft […] der Sozialdemokratie dem Wesen nach die Rolle einer oppositionellen Partei vorgezeichnet [ist], als regierende darf sie nur auf den Trümmern des bürgerlichen Staates auftreten.“ Auch Unternehmen nutzen ihre Macht, um Druck auf Regierungen auszuüben. Ein Beispiel ist der Investitionssstreik der französischen Kapitalistenklasse gegen die Linksregierung Mitterrands in den 1980ern. Wenn die LINKE wirklich einen Politikwechsel durchsetzen will, sollte sie in erster Linie dafür kämpfen, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse nach links verschieben, nicht die Regierungsverhältnisse, da die Arbeiterbewegung sämtliche

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Politikwechsel ist eine Frage von Kräfteverhältnissen

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mentarischen Bündnispartner für Bewegungen so schnell aufgerieben wurde, demobilisierte die gesamte Linke. Bis heute erholte sich die italienische Linke nicht von diesem Schlag. Aufgefüllt hat diesen Leerraum die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo, der in seinen Reihen selbst für Faschisten einen Platz sieht. Um die Rechte zu stoppen, sollte die LINKE statt für eine Regierungsbeteiligung lieber um die Köpfe der Menschen kämpfen.

Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen gegen und nicht mit Vertretern der etablierten Kräfte durchgesetzt hat. Es ist unserer Ansicht wichtig, dass sich die LINKE als gesellschaftliche Kraft begreift, die sich vor Ort in den Stadtteilen, Betrieben, Schulen, Vereinen und Hochschulen verankert und dort um Gegenmacht kämpft. Sozialistische Politik darf sich nicht auf Parlament und Regierung fixieren. Die Antwort auf den Rechtsruck und die Hoffnung im Kampf gegen den Kapitalismus liegen in der Verankerung vor Ort und in einer lebendigen Aktivenpartei, deren besonderes Interesse die Bemächtigung zur Selbstermächtigung ist. Die LINKE zur gesellschaftlichen Kraft machen Die LINKE sollte deshalb stärker als bisher konkret in soziale Auseinandersetzungen eingreifen und dort aktiv werden, wo sich soziale Kämpfe abzeichnen oder bereits vorhanden sind. Für das kommende Jahr werden die Arbeitskämpfe an Kliniken und Krankenhäusern elementar sein, bei denen gewerkschaftliche Aktive und Angestellte versuchen, den Erfolg an der Berliner Charité zu wiederholen. Wenn ver.di im Vorfeld der nächsten Wahlen eine Tarifrunde für Entlastung und mehr


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Personal in Krankenhäusern startet, sollte die LINKE dort unterstützend aktiv werden und mit ihren Inhalten ein Angebot machen. Auch im Kampf gegen Rechts gilt es um eigene Mehrheiten zu kämpfen und möglichst viele Menschen mit einzubingen: Die StammtischkämpferInnen-Schulungen des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ sind eine sehr gute Möglichkeit, um uns mit vielen Aktiven zu vernetzen und sie dabei zu unterstützen, im Alltag den Kampf gegen rechte Argumentationen aufzunehmen. Deshalb sollte die Linkspartei stärker als bisher solche Schulungen organisieren und darüber die Möglichkeit nutzen, sich mit vielen Menschen vor Ort zu vernetzen und mit ihnen aktiv gegen Rassismus zu werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solche Angebote auch von bisher wenig Aktiven aufgenommen wird. Eine gute Möglichkeit also, um aus der eigenen Filterblase auszubrechen. Zu den Erfahrungen dieses Jahres gehört, dass die LINKE bei Wahlen besonders dort gut abschnitt, wo sie vor Ort verankert und aktiv ist. Das hat sich besonders in den Städten zur Kommunalwahl in Hessen und zur Landtagswahl in Baden-Württemberg gezeigt. Dies macht deutlich, dass wir für die Erfolge von morgen aktive Strukturen vor Ort und ein Wachstum an Mitgliedern brauchen. Die Verankerung der Partei muss dabei

langfristig gedacht werden und im Mittelpunkt stehen. Folglich sollten wir auch die anstehenden Wahlkämpfe als Chance sehen, unsere Partei weiter aufzubauen. Aktivierende Sozialberatung und Projekte wie der aufsuchende Wahlkampf an Haustüren sowie das Nutzen von Organizing-Methoden können dabei helfen, Menschen für aktive Politik zu gewinnen. Was es also braucht, ist eine linke Klassenpolitik, die auf langfristige Verankerung vor Ort und den Aufbau von Gegenmacht orientiert, statt auf Regierungsbeteiligungen. Nur so kann es uns gelingen, genug Kraft aufzubauen, um uns durchzusetzen. Es gibt noch viel zu tun, lasst es uns gemeinsam anpacken. Von Daniel Urbach (BuVo SDS) und Daniel Kerekes (Bspr Solid). Beide sind Unterstützer von Marx 21 Zuerst erschienen bei die Freiheitsliebe

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