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IM FLUSS DER ZEIT Meisterchoreografien des 20. Jahrhunderts Ein TANZFONDS ERBE Projekt. Uwe Scholz Nils Christe
SUITE NR.2 [RACHMANINOW], 2. Satz OKTETT SYNC
nach Musik von Sergej Rachmaninow (Suite Nr. 2 für zwei Klaviere op. 17) Felix Mendelssohn Bartholdy (Oktett für Streicher Es-Dur op. 20) und Ludovico Einaudi (Salgari) Choreografie:
Uwe Scholz SUITE NR.2, OKTETT Nils Christe SYNC Bühne: Uwe Scholz SUITE NR.2, Karl Lagerfeld OKTETT Nils Christe SYNC Kostüme: Uwe Scholz SUITE NR.2, Karl Lagerfeld OKTETT Annegien Sneep SYNC Einstudierung: Christoph Böhm SUITE NR.2, Roser Muñoz OKTETT Annegien Sneep SYNC Es tanzen: SUITE NR.2 Greta Dato, Stefan Kulhawec, Alexander Teutscher OKTETT 1. Satz Lucy Van Cleef, Greta Dato, Jennifer Hebekerl, Gemma Pearce, Sara Pena, Denise Ruddock, Alexandra Urcia1, Juan Bockamp, René Klötzer, Niko Ilias König, Yannick Neuffer, Glauber Mendes Silva2, Alexander Teutscher, Martin Zanotti
OKTETT 2. Satz Emily Downs, Stefan Kulhawec OKTETT 3. Satz Juan Bockamp, René Klötzer, Yannick Neuffer, Glauber Mendes Silva2 OKTETT 4. Satz Lucy Van Cleef, Greta Dato, Emily Downs, Jennifer Hebekerl, Gemma Pearce Sara Pena, Denise Ruddock, Momona Sakakibara3, Alexandra Urcia1 Juan Bockamp, René Klötzer, Niko Ilias König, Stefan Kulhawec Yannick Neuffer, Glauber Mendes Silva2, Alexander Teutscher, Martin Zanotti SYNC Greta Dato, Alexander Teutscher / Emily Downs, Stefan Kulhawec (Solo) Lucy Van Cleef, Jennifer Hebekerl, Inmaculada Marín López, Gemma Pearce Sara Pena, Denise Ruddock, Juan Bockamp, René Klötzer, Niko Ilias König Yannick Neuffer, Glauber Mendes Silva2 1
Studentin des Centre de Dansa de Catlunya (Barcelona) 2Student der Staatlichen Ballettschule Berlin 3Studentin der Munich International Ballet School
Choreografische Assistenz: AnnaLisa Canton, István Farkas, Dirk Neumann | Inspizienz: Mandy Krügel | Bühnenmeister: Uwe Riebow – Beleuchtungsmeister: Ulf Kupke – Ton: Andreas Schwarzer – Masken und Haartrachten: Andrea Braun – Kostümdirektorin: Nicole Lorenz – Damengewandmeisterin: Cerstin Zok-Bochow – Herrengewandmeisterin: Gabi Cudok – Kostümassistenz: Katrin Ax – Putzmacherei/Kostümgestaltung: Manuela Meinicke – Herstellung der Dekorationen in den eigenen Werkstätten unter der Leitung von: Martin Goldmann – Malsaal: Klaus-Jörg Buder – Plastik: Claudia Düsing – Tischlerei: Reinhard Gäbel – Schlosserei: André Schubert – Dekorationsabteilung: Waltraud Stiller, Gisela Vater
Pause nach OKTETT Gefördert von TANZFONDS ERBE – eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes Wir machen darauf aufmerksam, dass unautorisierte Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. Zuwiderhandlungen sind nach dem Urheberrechtsgesetz strafbar. Haben Sie Ihr Mobiltelefon ausgeschaltet?
SUITE NR. 2 Greta Dato, Alexander Teutscher, Stefan Kulhawec
OKTETT
EIN ABEND – DREI CHOREOGRAFIEN
UWE SCHOLZ
IM FLUSS DER ZEIT verbindet drei Choreografien, die zu unterschiedlicher Zeit an unterschiedlichen Orten entstanden sind. SUITE FÜR ZWEI KLAVIERE NR. 2 (RACHMANINOW), wie die Choreografie mit vollem Titel heißt, schuf Uwe Scholz 1987 für das Zürcher Ballett. Dessen Chefchoreograf war er von 1985 bis 1991. Die Uraufführung fand statt am 5. April 1987 im Zürcher Opernhaus. Aus diesem Ballett ist in Cottbus der zweite Satz (Romanze) zu sehen, denn die Choreografie insgesamt erfordert 40 Tänzer. Die Projektion zeigt ein Werk von Wassily Kandinski. OKTETT entstand ebenfalls für das Zürcher Ballett, Premiere war am 10. Januar 1987 im Zürcher Opernhaus. SYNC choreografierte Nils Christe 1997 für das Ballet du Nord (Roubaix, Region Nord-Pas-de-Calais, Frankreich). Die Werke von Uwe Scholz studierten Roser Muñoz und Christoph Böhm ein. Beide sind langjährige Assistenten und Mitarbeiter des Choreografen und tanzten selbst in diesen Produktionen. Nils Christe und seine Frau Annegien Sneep leiteten die Proben zu SYNC persönlich. Der früh verstorbene Uwe Scholz und der in Rotterdam geborene Nils Christe gelten als führende Vertreter des „Sinfonischen Balletts“, in dem höchste Musikalität in reinen Tanz überführt wird. Beide besitzen ein hochentwickeltes musikalisches Empfinden sowie ein exzellentes Gefühl für Raumwirkungen. Beide fordern temporeiche Aktion und stellen höchste Ansprüche an die technischen Fähigkeiten der Ausführenden. Im Projekt IM FLUSS DER ZEIT lassen sich an einem Abend zugleich die unterschiedlichen Gewichtungen erleben, die sie ihrer Arbeit gaben. Uwe Scholz betonte die Vertikale, setzte der Schwerkraft den Eindruck federleichter Mühelosigkeit entgegen. Nils Christe dagegen erkundet die Horizontale, lässt die Tänzer oft raumgreifend in Bodennähe agieren.
Uwe Scholz (1958-2004) erhielt seine tänzerische Ausbildung von 1973 bis 1979 an der Stuttgarter John Cranko-Schule. 1977 entwickelte er seine erste Choreografie (für eine Veranstaltung der John-Cranko-Schule). 1979 wurde er von Marcia Haydée ins Stuttgarter Ballett aufgenommen und erhielt dort 1980 seinen ersten festen Choreografie-Vertrag. Die Tänzerlaufbahn gab er auf mit wenigen Ausnahmen wie etwa seinem Ballett „Coppelia“ (1989), in dem er den Coppelius tanzte. 1982 wurde Scholz Hauschoreograf des Stuttgarter Balletts, der erste seit dem Tod John Crankos im Jahr 1973. 1985 wechselte er als Ballettdirektor und Chefchoreograf ans Zürcher Opernhaus. Damit war er der bis dahin jüngste Leiter eines Tanzensembles von europäischer Geltung. 1991 holte Intendant Udo Zimmermann ihn als Ballettdirektor an die Oper Leipzig, wo er bis zu seinem Tod arbeitete. Scholz ist einer der herausragenden Schöpfer sinfonischer Ballette, sein Œuvre umfasst mehr als 100 Choreografien zu Musik von der Klassik bis zur Moderne. Er arbeitete auch für die Mailänder Scala, die Wiener Staatsoper und die Ballets de Monte Carlo.
OKTETT
OKTETT Emily Downs, Stefan Kulhawec
Früh schon ist in der Tanzkritik die Musikalität der Arbeiten von Uwe Scholz hervorgehoben worden: seine Gabe, Musik so zu choreografieren, dass die Komposition und ihre Klangwelt durch den Tanz in Körper- und Raumbewegung übertragen sind. Scholz‘ musikalisches Gespür, sein untrüglicher Sinn für die Möglichkeiten von Bewegung sowie die Professionalität im Umgang mit Strukturen einer Partitur verhalfen seinem Œuvre zu einem ganz individuellen Profil. Auf seine eigene Weise erkundete er die Potenziale von Duos und Trios auf den Grundlagen, die John Cranko geschaffen hatte: in Variationen und Hebefiguren, überraschenden Verschränkungen der Körper oder intimen Formen der Nähe und Distanz. Dabei schöpfte Scholz stets aus dem Vokabular des Balletts, das er durch neoklassische Formen und Elemente des modernen und zeitgenössischen Tanzes erweiterte, ohne diese Basis zu verlassen. Seinen frühen, kometenhaften Aufstieg verdankt er der Art und Weise, wie er dem Genre des „sinfonischen Balletts“ neue ästhetische Dimensionen hinzugewann. Gabriele Brandstetter
NILS CHRISTE Nils Christe (*1949) gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Choreografen und wurde vielfach ausgezeichnet. Seit 1982 arbeitet Christe als freier Choreograph in Europa und Übersee, 69 Kompanien in 26 Ländern und 13 Schulen in 10 Ländern tanzen seine Werke. Die Ausbildung als Tänzer erhielt Christe in seiner Heimatstadt an der Rotterdamse Dansacademie und bei Hannie Bouwman in Den Haag, daneben studierte er Musik am Konservatorium in Rotterdam. Mit 17 Jahren wurde er Mitglied des Nederlands Dans Theater (NDT), dem er 15 Jahre als Tänzer angehörte. Bereits mit Anfang zwanzig trat Christe auch als Choreograf in Erscheinung. Von 1986 bis 1993 wirkte Christe als Künstlerischer Direktor des Scapino Balletts in Rotterdam und schuf sieben Werke für dieses Ensemble, darunter sein bekanntes Ballett „Pulcinella“. Er choreografierte zu Musik von Igor Strawinski, Francis Poulenc, Dmitri Schostakowitsch, Benjamin Britten, Henry Purcell, John Adams und anderen. Neben seinen über achtzig Balletten choreografierte Christe auch für die Opern „Dido und Aeneas“, „Aida“ und „Echnaton“ (Akhnaten).
SYNC Alexander Teutscher
In seinen besten Arbeiten gelingt es Scholz, das Musikalische, das „tönend Bewegte“ beider Kunstformen, der Musik und des Tanzes, so zu verflechten, dass die Musik dem Sehen und der Tanz dem Hören neu verbunden werden. Gabriele Brandstetter SYNC Denise Ruddock, Stefan Kulahwec
Heute (2012), nach drei Jahrzehnten künstlerischer Erfahrung, ist Nils Christe den ersten Meistern des Kontinents zuzuzählen. Schon zu Beginn der achtziger Jahre war er einer der meistbeschäftigten und erfolgreichsten jungen Choreografen seines Landes. Er gehörte einer Tänzergeneration an, die zur Formung jenes choreografischen Stils beitrug, der heute allgemein als „niederländische Schule“ bezeichnet wird. Diese Schule umfasst zumindest zwei wesentliche Aspekte: Zum einen ist es die Unverwechselbarkeit des choreografischen Stils – wozu das Schrittvokabular ebenso zu zählen ist wie die Bespielung des Raums, der Umgang mit Musik wie der Gebrauch der Kostüme –, zum anderen die Auffassung von Tanz als Äußerung heutiger Menschen zu gesellschaftspolitischen Themen. Nils Christe, der wohl Eigenständigste aus der Schar dieser Choreografen, baut auf dem klassischen Idiom auf, seine Sprache ist fließend, das heißt, ohne verzögernde pathetische Posen, vor allem aber ohne jenes vorbereitende Innehalten, das in der „hochklassischen“ Sprache jedem Schritt notwendigerweise vorauszugehen hat, die rasche Abfolge von Schritten aber dadurch hindert. Aus einem Programmheft des Wiener Staatsballetts
SYNC
SYNC Greta Dato
Nils Christe macht in seinen Choreografien Musik sichtbar.
SINFONISCHES BALLETT Es gehört zweifellos zu den größten Herausforderungen des neoklassischen Tanzes und des Tanzes überhaupt, Musikwerke zu choreografieren, die nicht von vornherein für den Tanz bestimmt sind: also der Gefahr zu entgehen, sie lediglich zu „vertanzen“, nur zu spiegeln oder in einen Leerlauf von rhythmisch aneinandergereihten Sprüngen, Läufen, Hebungen zu geraten ohne eine spezifische Verbindung zum Charakter der Musik. Der höchste Anspruch – ein Sichtbarwerden der musikalischen Komposition und ein Dialog zwischen Musik und Tanzkunst – prägte seit Beginn des 20. Jahrhunderts das „sinfonische Ballett“. Eines der ersten Werke dieser Form der Musikchoreografie, die erst in der Moderne mit dem handlungslosen Tanz entstand, ist Michel Fokins „Les Sylphides“ (1909) – eine Choreografie zu einer Serie von orchestrierten Chopin-Walzern, die ganz aus dem Geist eines „weißen Akts“1 des romantischen Balletts lebt. Der Begriff kam in den 1930er-Jahren auf, als Léonide Massine seine Ballette zu sinfonischer Musik schuf. Höhepunkte und Meisterwerke des neoklassischen sinfonischen Balletts sind George Balanchines Choreografien – etwa „Serenade“, „Concerto barocco“ oder „Agon“. Hans van Manen und Jiri Kylián haben neue Akzente gesetzt. Uwe Scholz hat – vor einem solchen Hintergrund betrachtet – eine ganz individuelle Handschrift entwickelt. Man könnte seine Form des Arbeitens als ein choreografisches Komponieren mit dem „Material“ der Tänzer-Raum-Bewegung bezeichnen: Scholz ist ein Choreograf der „tönend bewegten Formen“.
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Gabriele Brandstetter 1 Handlungslose Choreografie, bei der die Tänzerinnen, meist im Tutu, im Mittelpunkt stehen. BL
TANZ ERBEN – WIE GEHT DAS? Jede Kunst, auch die Tanzkunst, sollte ihre Vergangenheit kennen. Denn Erben, also die Arbeit mit den Erfahrungen der Vorgängergeneration weiter führen, ist die Grundvoraussetzung für jeglichen Fortschritt. Deswegen hat die Kulturstiftung des Bundes 2011 den Tanzfonds Erbe ins Leben gerufen. Dass Erben dabei nicht bedeutet, in der Vergangenheit zu leben, zeigt die Vielfalt der Themen und Formate der bisher geförderten Projekte. Der Ballettabend IM FLUSS DER ZEIT begibt sich auf Entdeckungsreise zu Meisterchoreografien von Uwe Scholz und Nils Christe und ist ein wunderbares Beispiel für erlebbare Tanzgeschichte. Madeline Ritter, Projektleiterin Tanzfonds Erbe
die kunst zu hören
Nachweise: Brandstetter, Gabriele: Uwe Scholz – Choreograf tönend bewegter Formen. In: Kadel, Nadja. Burchart, Kati (Hg.): Zeitsprünge – Leaps in Time. Uwe Scholz. Berlin 2013, S. 9-13 (gekürzt); die Texte zu Nils Christe (außer der Biografie) sind entnommen dem Programmheft des Wiener Staatsballetts „Meisterwerke des 20. Jahrhunderts“. Wiener Staatsoper. Spielzeit 2012/13, S. 43f. (gekürzt) Der Text von Madeline Ritter ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
Staatstheater Cottbus Intendant Martin Schüler Spielzeit 2015/2016 Programmheft Nr. 11 Premiere: 19. März 2016 Großes Haus Redaktion und Texte, soweit nicht anders vermerkt: Bernhard Lenort Fotos: Marlies Kross Grafische Gestaltung: Andreas Klose Brandenburgische Kulturstiftung Cottbus | Lausitzer Straße 33 | 03046 Cottbus Gefördert vom Land Brandenburg – Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur und der Stadt Cottbus