spielzeit 2013 / 2014
THE HORTA PROJECT Soap Recreation THE HORTA PROJECT Soap Recreation Ein Tanzabend von Rui Horta Musik von Les Tambours du Bronx, Koen Brandt und Norbert Zacharias
The Rilke Dance Project
am 05.04.2014 | Bad Nauheim, TAF am 15.05. und 25.05.2014 | Lich, Kino Traumstern
DIE WIRRNIS DER PINGUINE Tanzstück von Tarek Assam und Robert Przybyl ab 05.06.2014 | TiL-studiobühne
TanzArt ostwest 2014
vom 31.05. bis 9.06.2014 TanzArt Gala am 07.06.2014 | 19.30 Uhr | Großes Haus
SIDDHARTA
Tanzstück von Tarek Assam und Mirko Hecktor am 15.03., 04.04., 19.04. und 03.05.2014 TiL-studiobühne
Michael Bronczkowski
THE HORTA PROJECT Soap Recreation
Ein Tanzabend von Rui Horta Musik von Les Tambours du Bronx, Koen Brandt und Norbert Zacharias
Ordinary Events (1991)
Choreographie, Bühne, Licht
Rui Horta
TänzerInnen
Jennifer Ruof
Kostüm
Kathy Brunner
Lea Hladka
Musik Ordinary Events
Les Tambours du Bronx
Claudio Pisa
Musik Khôra
Koen Brandt | Norbert Zacharias
Manuel Wahlen
Choreographische Assistenz
Dietmar Janeck
Endré Schumicky
Emmanuel GarcÍa GÁzquez
Edoardo Novelli
Ausstattungsassistenz
Bernhard Niechotz
Inspizienz
Heike Meister
Khôra (1996) TänzerInnen
Yuki Kobayashi
Mamiko Sakurai
Premiere am 22. Februar 2014 | 19.30 Uhr | Großes Haus
Magdalena Stoyanova
Dauer der Aufführung: ca. 2 Stunden | Eine Pause
Caitlin-Rae Crook
Sven Krautwurst
Manuel Wahlen
Michael Bronczkowski
Technischer Direktor Helmut Stresemann | Stellvertr. Technischer Direktor Steff Hans |Theatermeister Olaf Boyens Silvia Dinius, Uwe Dittrich | Kostümwerkstätten Doreen Scheibe, Sandra Stegen-Hoffmann Ton Volker Seidler | Beleuchtung Andrea Leib | Maske Hannelore Keil | Requisite Frank Urban Malersaal Giuseppe Viva | Schlosserei Erich Wismar | Deko und Polsterei Philipp Lampert | Schreinerei Stefan Schallner
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Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.
THE HORTA PROJECT wird gefördert von Tanzfonds Erbe – eine Initiative der Kulturtstiftung des Bundes
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Die Idee zu THE HORTA PROJECT – Soap Recreation Vorwort von Tarek Assam
Vor über 20 Jahren, als ich noch aktiver Tänzer war, tat sich plötzlich in Frankfurt am Main ein Geheimtipp auf: Rui Hortas S.O.A.P. Company am Mousonturm. Die Tanzgemeinde hörte und sah mit Staunen diesen ungewohnten und neuen Ansatz im zeitgenössischen Tanz. Ich bin daraufhin immer wieder als Pilger nach Frankfurt in den Mousonturm gefahren, um mir die interessanten, innovativen und so ungewohnt neuen Ansätze der Arbeiten Hortas anzusehen. Oft habe ich mit Kollegen darüber gesprochen, dass es nicht eine neue physische Virtuosität alleine war, die uns begeisterte – die Bewegungen konnten wir ja nachmachen – sondern der überraschende Ansatz wie die Bewegung, die Choreographien mit dem Bühnengeschehen verwoben waren. Für mich war dies eine der klarsten Geburtsstunden des zeitgenössischen Tanzes – in Folge des modern dance und der vorwiegend von William Forsythe geprägten Postmoderne. Mit 04
großem Bedauern habe ich nach dem Weggang Hortas aus Frankfurt bemerkt, dass dieser innovative, experimentierfreudige Weg im zeitgenössischen Tanz an vielen Theatern nicht weiter verfolgt wurde. Andere interessante Strömungen im Tanz wurden für die Spielpläne der Häuser und Tanzaktiven bestimmender. Nie aber habe ich mein persönliches Staunen über das immer wieder überraschende Moment der theatralen und tänzerischen Verknüpfungen bei den Vorstellungen von Hortas S.O.A.P. Company vergessen. Überraschend Frisches in die Tanzstücke einzubringen, ist in der choreographischen Arbeit meiner Stücke zu einem wichtigen Bestandteil geworden. Man kann heute mit Recht sagen, dass von Horta wichtige und weitreichende Impulse für den zeitgenössischen Tanz, nicht nur in Hessen, sondern deutschlandweit und international ausgegangen sind. Nach wie vor zählt Rui Horta zu den großen Tanzschaffenden der zeitgenössischen Szene.
Viele seiner Impulse sind in die Arbeiten der jetzigen zeitgenössischen Tanzszene eingeflossen; werden als choreographische Denkanstöße weltweit wieder erkannt. Die TCG, als kleine hochaktive und leistungsfähige Compagnie in der Mitte Hessens, erweckt dieses hessische Tanzerbe zu neuem Leben. Wir danken besonders der Kulturstiftung des Bundes für die Unterstützung bei diesem Projekt.
N i e h a be ich mein S t a u n e n über das i m m e r wieder ü b e r r a schende Moment b e i d e n Vorstellungen v o n S . O.A.P. v e r g e s sen
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Ordinary Events
Lea Hladka Jennifer Ruof
Von Risiken und Ursprüngen Rui Horta im Interview von Dagmar Klein
Sie studieren derzeit mit der Tanzcompagnie Gießen zwei Ihrer bekannten Stücke aus Ihrer Frankfurter Zeit wieder ein: „Ordinary Events“ (1991) und Ihr letztes „Khôra“ (1996). Wie sehen Sie ihre choreografische Entwicklung mit der S.O.A.P. Company am Künstlerhaus Mousonturm? Natürlich liegt ein großer Spannungsbogen zwischen „Ordinary Events“ und „Khôra“. Dazwischen lagen höchst intensive Jahre, sicher der Höhepunkt meiner Karriere. Alle meine Stücke sind sehr physisch, kraftvoll und dynamisch. Aber von Anfang an auch konzeptionell angelegt, das hat sich wohl verstärkt zum Ende hin. Auch habe ich mehr Theatralik einfließen lassen, zugleich das Bühnenbild reduziert. Bei „Ordinary Events“ könnte das Stichwort „Risiko“ lauten, es ging um das Sich-FallenLassen, um das Fliegen des Körpers. Dieses Stück ist zum Klassiker geworden. „Khôra“ ist insgesamt nachdenklicher angelegt, der Tanz ist fragmentierter, die Figuren gehen mehr in sich und sind individueller. Das war eine deutliche Veränderung in meinem Stil, 08
den ich dann mitgenommen habe. Der ist gültig bis heute. „Ordinary Events“ ist zum Repertoire-Stück geworden für Compagnien weltweit. Woher stammt die Faszination daran? Ich selbst bin immer noch überrascht von der starken Atmosphäre, die das Stück ausstrahlt. Es funktioniert auch nach fast 25 Jahren noch! Es war mein erster Auftrag für Frankfurt, den ich noch mit ForsytheTänzern erarbeitete. Dafür probten wir in einem Olympia-Zentrum in der Schweiz, waren dort umgeben von all diesen Athleten. Also haben wir deren Bewegungsabläufe mit einbezogen und die waren wesentlich rauer als beim Bühnentanz üblich. Worum geht es in dem Stück? Um das Teilen von Räumen, äußere und innere. Es gehört zu den schwierigsten Dingen im Leben, das Zusammenleben. Es geht immer auch darum, wer das Sagen, wer die Macht hat. Wir leben alle in einem sozialen Raum,
der geprägt ist von Regeln und Ritualen. Das ist notwendig für die Gemeinschaft, aber es engt den inneren Raum des Einzelnen auch ein. Die äußeren Ansprüche und die inneren Bedürfnisse zu kombinieren, gelingt nicht immer. Ich arbeite im Stück mit dem formalen Bild der Stadt, symbolisiert durch Straßen – etwa mit einem roten Teppichläufer – und mit Inseln der Vertrautheit, die uns Schutz bieten.
E s g e h ört zu den s c h w i e rigsten Dingen i m L e b en, das Z u s a m m enleben. Es g e h t i mmer auch d a r u m , wer das Sagen, w e r d i e Macht hat.
Welche Rolle spielt die Musik? Ich habe die damals neue Musik der Tambours du Bronx ausgewählt, eine Gruppe von Bergarbeitern, die mit ihren harten Rhythmen und lauten Percussions die Gewalt der Straße symbolisieren, das männliche Element also. Daneben gibt es im Stück nur Stille, die Stille des Inneren. „Khôra“ wurde von Kritikern als Ihr „deutschestes Stück“ bezeichnet. Ahnen Sie warum? Was ist für Sie deutsch daran? Es ist tatsächlich ein aus dem Verstand entstandenes Stück. Wir haben im Vorfeld unglaublich viel diskutiert und erst dann den Tanz umgesetzt; das ist ungewöhnlich für mein Vorgehen, aber vielleicht typisch deutsch. „Khôra“ ist von der Idee getragen, das Eigentliche des Menschen zum Vorschein zu bringen, also von der Dunkelheit zum Licht vorzudringen. Dafür habe ich im Bühnenbild den Lichtschein von Overhead-Projektoren auf Eiswürfelbehälter gerichtet. Das Licht bringt das Eis zum 09
Gemäß Platon ist Schmelzen, verursacht eine Zustandsveränderung. Warum „Khôra“, was bedeutet der Titel? Tatsächlich sollte der Titel ursprünglich anders lauten: Die vier Häute des Elefanten – weil wir alle solche Schutzhüllen um uns haben, manchmal so viele, dass wir uns kaum noch bewegen können. Das findet seine Entsprechung in einer Szene mit dem Ent-Hüllen. Doch dann erschien ein Stück mit ähnlichem Titel, da mussten wir etwas anderes wählen. Choros ist im Griechischen der Tanzplatz und Choreographie die Tanzschrift. Und gemäß Platon ist „Khôra“ der bewohnte oder beseelte Raum, aus dem alles hervorgeht und seine Form erhält. Und Formen sind bekanntlich veränderbar. Wie kam die Komposition von Koen Brandt dazu, die vor allem Geräusche und Klangcollagen beinhaltet? Wir hatten zuvor das überaus erfolgreiche Stück „Object constant“ gemacht, mit dem wir weltweit auf Tournee waren. Dafür hatte Koen schon komponiert. Ich wollte nicht noch ein erfolgreiches Stück, ich wollte 10
einen radikalen Schnitt, etwas komplett anderes. Ich war sozusagen auf Nein-Sagen getrimmt und Koen musste immer wieder neue Vorschläge einbringen. Das war nicht einfach, auch für die anderen nicht, aber es hat sich gelohnt. Warum haben Sie Rekonstruktionen von „Khôra“ bislang immer abgelehnt? Und was ermöglichte Ihnen die Zusage für Gießen? Weil es so schwierig ist, in den ungewöhnlichen Bewegungen, die eher zur Körperperipherie hingehen, und wegen des darstellerischen Anspruchs. Zugesagt habe ich wegen der Ehre dieser Einladung durch Tarek Assam, die schließlich unter dem Vorzeichen „Deutsches Tanzerbe“ steht. Endlich wird offiziell anerkannt, dank der Deutschen Tanzstiftung, dass Tanz zu unserem kulturellen Erbe gehört. Dann die Tatsache, dass wir eine lange Probenzeit bekamen, seit Ende November sind wir schon dabei. Die Tanzcompagnie kam sogar vor Weihnachten eine Woche nach Portugal zum Training, in mein Kulturzentrum Montemor, südlich von Lissabon. Und dass mit Dietmar Janeck ein ehemaliger S.O.A.P-Tänzer hier vor Ort lebt und bereit war, sich einzubringen in die
„Khôra“ der bewohnte oder beseelte Raum
Rekonstruktionsarbeit. Das war eine große Unterstützung. Wie verlief die Zusammenarbeit mit der TCG? Ganz wunderbar. Dank der guten Organisation durch Tarek und seinem Team; in der Einstudierung dank des immer präsenten und verlässlichen Assistenten Emmanuel García Gázquez, und natürlich dank der großen Motivation und Einsatzbereitschaft der Tänzerinnen und Tänzer. Ich habe den Eindruck, auch die Tanzcompagnie ist gewachsen an diesem Stück. Ich stehe voll und ganz hinter dieser „Soap Recreation“. Was passiert danach? Ich habe bereits Pläne für eine neue Choreographie, möchte mehr mit bildenden Künstlern arbeiten. Aber insgesamt will ich doch reduzieren. Das viele Herumfliegen in der Welt tut nicht gut, mir nicht und der Umwelt auch nicht. 11
Proben Ordinary Events
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EndrĂŠ Schumicky Jennifer Ruof
Rui Horta, Caitlin-Rae Crook Edoardo Novelli, Yuki Kobayashi
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Proben Ordinary Events
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Edoardo Novelli, Jennifer Ruof EndrĂŠ Schumicky
Lea Hladka
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Proben Ordinary Events
Probenaufenthalt iM Kloster Montemor/Portugal Dezember 2013
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Claudio Pisa
KhÔra Ensemble
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freie Improvisationen
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oben: Michael Bronczkowski, Manuel Wahlen unten: EndrĂŠ Schumicky
oben: Caitlin-Rae Crook unten: Jennifer Ruof
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freie Improvisationen
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oben: Sven Krautwurst, Yuki Kobayashi unten: Ensemble
oben: Ordinary Events Ensemble unten: KhÔra Ensemble
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Proben Kh么ra
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Rui Horta Sven Krautwurst
Rui Horta
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Proben Kh么ra
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Magdalena Stoyanova Mamiko Sakurai
Magdalena Stoyanova, Sven Krautwurst Caitlin-Rae Crook
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Proben Khôra
Emotion und Abstraktion sind keine Gegensätze Zur Bedeutung Rui Hortas für die deutsche Tanzszene von Prof. Dr. Gerald Siegmund Wer heute auf die Tanzszene in Deutschland zu Beginn der 1990er Jahre zurückblickt, dem zeigt sich folgendes Bild: Auf der einen Seite gab es die großen neo-klassischen Ballettkompanien, in deren Reihen William Forsythe mit dem Ballett Frankfurt schon seit geraumer Zeit für Unruhe sorgte. Auf der anderen Seite hatten sich an den mittleren Stadt- und Staatstheatern kleinere Tanztheaterensembles zusammengefunden, die ihre Zeitgenossenschaft über ein verändertes Tanzverständnis und aktuelle Themen behaupteten. Dabei waren die radikalen Impulse der ersten Generation von Tanztheatermachern wie Pina Bausch oder Johann Kresnik, die Anfang der 1970er Jahre mit ihrer Kritik am verstaubten Ballett und der Gesellschaft, die sich darin spiegelte, für Furore sorgten, längst erloschen. Das Tanztheater war zu einer neuen Form geworden, einer Form zumal, die sich kaum über die Landesgrenzen hinaus bewegte. Überraschungen kamen vor allem aus dem europäischen Ausland, aus Belgien 26
Magdalena Stoyanova, Michael Bronczkowski Mamiko Sakurai, Sven Krautwurst
oder Portugal, wo sich über den Umweg der USA und des post-modernen Tanzes plötzlich ein neues Lebensgefühl auftat. Diese sogenannte freie Szene vermittelte eine ganz und gar andere Körperlichkeit, die weitaus radikaler war als die mal düsteren, mal heiteren Gesellschaftsbilder der deutschen Tanzszene. Die Gruppen von Anne Teresa de Keersmaeker oder Wim Vandekeybus setzten den Körper in halsbrecherischen und akrobatischen Aktionen immer wieder selbst aufs Spiel, in dem sie ihn in Hochgeschwindigkeitschoreographien jeden Moment zu Fall zu bringen drohten. Das war ebenso frisch wie frech, unbekümmert und derart direkt geradeheraus, dass man sich im positiven Sinne geradezu überrumpelt fühlen konnte. In dieses Tableau fügte sich der portugiesische Choreograph Rui Horta perfekt ein. Nach der Nelken-Revolution 1974 erhielt er seine Ausbildung als Tänzer beim Gulbenkian Ballett in Lissabon, bevor auch er, wie viele seiner Generation, nach New York ging, 27
Was passiert, wenn um dort die ganze Welt des modernen und post-modernen Tanzes zu entdecken. Nach acht Jahren nach Portugal zurückgekehrt, gründete er dort seine eigene Gruppe. Bei einem Gastspiel in Frankfurt fragte ihn Dieter Buroch, Intendant des Künstlerhauses Mousonturm, ob er nicht in Frankfurt bleiben wolle, um dort mit einer eigenen Kompanie zu arbeiten. Die Idee war einfach, aber für die damalige Zeit in Deutschland neu: In der ehemaligen Frankfurter Seifenfabrik Mouson, der das neue Ensemble seinen Namen S.O.A.P. Dance Theatre verdankte, sollten sie unter professionellen Bedingungen arbeiten und produzieren, um dann auf Tourneen rund um die Welt ihr „Produkt“ zu verkaufen. Die Rechnung, Lokales mit Internationalem zu verbinden und den künstlerischen Anschluss an die Welt zu finden, ging auf. Bis zu ihrer Auflösung im Frühjahr 1998 gab die Gruppe bis zu achtzig Vorstellungen im Jahr, mehr als die Hälfte davon im Ausland. Schon Hortas erstes Stück „Long Time Before the End“ aus dem Jahr 1991 verströmte eine schweißtreibende Lust an der Bewegung, die leicht ins Publikum übersprang. Die schier unerschöpfliche Energie seiner Tänzerinnen und Tänzer löste rund um die Welt regelrechte Begeisterungsstürme aus. 28
jeder seine eigene Wirklichkeit hat?
Hortas Stärke war nicht die Neuartigkeit der Bewegungen, die er und die Tänzer erfanden, oder gar ein revolutionäres Körperverständnis, das dem Tanz, wie etwa das Tanztheater der Pina Bausch, neue gesellschaftliche Relevanz verleihen konnte. Vielmehr bediente er sich, der sich selbst immer als Autodidakten in Sachen Tanz beschrieben hat, aus den unterschiedlichsten Tanztechniken und -traditionen, um daraus eine explosive Mischung aus Zeitgeist und philosophischem Tiefgang zu machen. In Stücken wie „Domestic Arrangements“ oder „Object Constant“ ging es natürlich auch um zwischenmenschliche Beziehungen und das Verhältnis der Geschlechter, um kleine Geschichten von Liebe und Hass, Begierde und Ohnmacht. In den mitreißenden Soli und Duetten, welche die Stücke choreografisch strukturierten, zeigten sich emotionale Verletzlichkeiten, die das Publikum berührten.
Doch dabei blieb es nicht. Rui Horta hatte es immer verstanden, seine Stücke mit einer abstrakten Fragestellung zu grundieren, die sich in den getanzten zwischenmenschlichen Beziehungen lediglich konkretisierte. So beschäftigte er sich in „Object Constant“ etwa mit der perspektivischen Struktur unserer Wirklichkeit. Was passiert, wenn jeder seine eigene Wirklichkeit hat? Wo gibt es Stabilität, wo gibt es Dinge oder Objekte, die konstant bleiben, oder verlässliche Verabredungen, über die wir uns verständigen können? Um diese Art der Verunsicherung auch konkret zu erzeugen, spielte er ebenso virtuos mit der Theatersituation und bezog das Publikum durch direkte Ansprachen ins Geschehen mit ein. In „Khôra“, dem sechsten und letzten Stück, das er für S.O.A.P. schuf, war es die Frage der Erinnerungen, die ihn umtrieb. Der menschliche Körper trägt die Spuren all seiner Erfahrungen und Handlungen in sich, die es ihm ermöglichen, sich aktuell zu verhalten und zu agieren. Doch was ist dann Gegenwart, was freier Wille? Horta, der einst mit einem Architekturstudium begonnen hatte, gliederte seine Bühnen stets nach klaren architektonischen Prinzipien. So stecken in „Khôra“ jeder Tänzer
und jede Tänzerin zunächst ihre eigenen eng begrenzten Räume ab, Territorien aus Gewohnheit, die es zu verteidigen gilt, bevor die Grenzen beginnen, durchlässig zu werden. Overhead-Projektoren, auf denen Behälter mit Eiswürfeln stehen, dienen dabei als Lichtquellen, sodass das Licht zusammen mit den schmelzenden Eis zum aktiven Mitspieler auf der Bühne wird. Für seine „Gesamtkompositionen, die Tanz, Architektur, Licht und Musik zu einer Einheit führen“, so die Begründung der Jury, erhielt Rui Horta schließlich 1997 den 2. Deutschen Produzentenpreis für Choreographie.
Schon Hortas erstes Stück verströmte eine schweißtreibende Lust an der Bewegung, die leicht ins Publikum übersprang
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Kh么ra
Sven Krautwurst, Mamiko Sakurai, Magdalena Stoyanova Yuki Kobayashi, Manuel Wahlen, Caitlin-Rae Crook
Rui Horta / S.O.A.P. / Mousonturm Überblick über die Frankfurter Jahre von Dieter Buroch Am Telefon: ...kann ich Sie treffen? /...nein (wollte ich sagen) / ...ich bin von der Deutschen Bank / ...aber gerne (habe ich gesagt und einen Sponsor vermutet). Ein freundlicher, seriös aussehender Herr, namens Joachim Schlange, hat mich im Büro besucht und (anstelle von Geld) einen jungen Choreografen angeboten, den er in Portugal kennen gelernt und von dem er gleich ein paar Videos mitgebracht hat. Meine Begeisterung war verhalten, denn es gab genügend Künstler, die im Mousonturm auftreten wollten. Der Hinweis, ...er würde sich um die Reisekosten kümmern ..., hob nicht wirklich meine Stimmung. Am Abend habe ich mir die Videos angesehen und war beeindruckt. Warum also nicht? Vom 19.07. bis 21.07.1990 fand das erste Gastspiel von Rui Horta Dance im Mousonturm statt. Gezeigt wurde das Stück „Interiors“, mit sechs wunderbaren Tänzerinnen, einem großartigen – aber unaufwändigen – Bühnenbild und einer 32
perfekten Lichtregie. Das Publikum applaudierte ordentlich, die Presse war verhalten positiv und ich war völlig begeistert. Nicht nur die künstlerische Qualität hat mich beeindruckt, sondern auch die Professionalität von Rui Horta, sein fürsorglicher und freundlicher Umgang mit seinen Tänzerinnen und unseren Technikern und nicht zuletzt die Tatsache, dass das ganze Bühnenbild in einen Kleinwagen passte und in kürzester Zeit auf- und abgebaut werden konnte. So habe ich mir Freies Theater immer vorgestellt. Kurz vor seiner Abreise habe ich Rui Horta im Cafe gefragt, ob er sich vorstellen kann, am Mousonturm eine kleine Company, zu „enorm schlechten Bedingungen“ aufzubauen. Das angesparte Geld würde sechs Monate reichen und wenn wir dann noch keinen Erfolg hätten, müssten wir das Vorhaben wieder sterben lassen. Rui lächelte freundlich, bat um eine kurze Bedenkzeit, stieg mit seinen Tänzerinnen zu dem Bühnenbild ins Auto und fuhr die 2.300km zurück.
So habe ich mir freies Theater immer vorgestellt Danach ging alles ganz schnell. Im Aug. 1990 kam Rui’s Zusage, im Dez. 1990 fanden Auditions in Lissabon, Amsterdam und in Frankfurt statt, im Jan. 1991 stand Rui mit einer Reisetasche in Frankfurt vor der Tür, im Febr. 1991 begannen die Proben mit sieben TänzerInnen aus sechs verschiedenen Ländern und am 04.04.1991 war die Premiere von „Long Time before the End“ am Mousonturm. Die schwierigste Zeit für ein Freies Ensemble ist unmittelbar nach der Premiere. Selbst eine gelungene Produktion wird frühestens nach sechs Monaten zu Gastspielen eingeladen, weil die Veranstalter zunächst das Stück sehen wollen und ihren Spielplan langfristig vorausplanen. In der Zwischenzeit gibt es für die Künstler keine Arbeit und für den Produzenten keine Einnahmen. Aber auch hier hatten wir Glück. Im Mai 1991 (als die Fernsehanstalten noch wenigstens
eine Aufwandsentschädigung an die Künstler bezahlen konnten) drehte 3sat einen 45-minütigen Film über S.O.A.P. und im Juni 1991 wurde Rui Horta und die Company von Walter Heun zu einer Residence bei der „Tanzwerkstatt Europa“ nach München eingeladen, wo vier Choreographen jeweils einen zwanzigminütigen Beitrag zum „Mozart-Jahr“ erarbeiten sollten. Hier entstand das Stück „Wolfgang, bitte...“, mit dem S.O.A.P. zu der ersten „Tanzplattform Deutschland“ nach Berlin und von dort als nationaler Vertreter zu den „Recontres choreographiques internationales de Bangolet“ nach Paris eingeladen wurde. Wir waren mächtig stolz, dass wir als junge Gruppe an diesem viertägigen internationalen Choreographenwettbewerb teilnehmen durften und ich erinnere mich noch gut an unsere TänzerInnen, die nach ihrer Aufführung mit mir im Publikum (unmittelbar vor der Jury) saßen und jede Vorstellung der Konkurrenten lautstark bejubelten. Vorsichtig habe ich versucht, ihnen das 33
Gehofft hatten wir, Wesen eines Wettbewerbs zu erklären und dass es nicht förderlich ist, unter den Augen der Jury die Mitbewerber so überschwänglich zu beklatschen. Daraufhin wurde mir unmissverständlich klar gemacht, dass auf der Bühne KollegInnen stehen, die einen ordentlichen Applaus verdient haben, wenn sie ihre Sache gut gemacht haben. Ich habe gemerkt, was für ein Idiot ich bin und fing an, die weit verbreitete Kollegialität unter den Tänzern schätzen und lieben zu lernen. Um weitere Hotelkosten zu sparen, reiste ich einen Tag vor dem eigentlichen Ende des Festivals ab. Am Abend traf ich in Frankfurt bei einer Party den FAZ-Fotografen Wonge Bergmann, dem ich stolz von der gelungenen Aufführung von S.O.A.P. in Paris erzählte, zu der ich mir eigentlich einen Frankfurter Journalisten gewünscht hätte. Die Antwort von Wonge war verblüffend: „Ich fliege morgen nach Paris und mache ein Foto von der Preisverleihung an S.O.A.P.“.Woher nehmen Journalisten nur immer dieses Selbstbewusstsein? Am nächsten Tag verlieh die Jury S.O.A.P. den ersten Preis und schon am nächsten Morgen war ein großes Foto in der FAZ. Wonge hatte tatsächlich Wort gehalten. Die Überraschung war ebenso groß wie die Freude. Ein Glückwunsch kam sofort von William Forsythe – nicht aber von der 34
dass die Arbeitsweise von S.O.A.P. auch Einfluss auf die Freie Theaterszene nehmen würde Frankfurter Kulturdezernentin. Mit dem Preis in Bagnolet war eine Anschubfinanzierung für die nächste Produktion und eine umfangreiche Tournee verbunden. Überlebenswichtig für das junge Ensemble. Rui Horta ergänzte das zwanzig MinutenStück „Wolfgang, bitte...“ um zwei weitere Choreographien und machte daraus die Abendfüllende Produktion „Made to Measure“, die am 09.01.1992 im Mousonturm Premiere hatte. Bewusst war dieses Stück für kleinere Bühnen, mit geringem technischem Aufwand konzipiert worden. Im Auftrag des Goethe-Instituts (das damals noch faire Honorare an die Künstler bezahlen konnte) kamen zahlreiche Tourneen durch Südamerika, Osteuropa, die baltischen Länder und Kanada zustande. „Made to Measure“ wurde fast 200 Mal
auf der ganzen Welt gespielt und war genau das, was wir uns unter Freiem Theater vorstellten – eine professionelle Gruppe, die sich wenigstens teilweise durch eigene Honorareinnahmen finanzieren konnte. Gehofft hatten wir natürlich, dass die Arbeitsweise und Strategie von S.O.A.P., mit einer Verbindung aus künstlerischem und wirtschaftlichem Erfolg, auch Einfluss auf die Freie Theaterszene in Deutschland nehmen würde. Was leider nicht eintraf. Es galt weiter: Ein volles Theater ist ein Geschäft – und nur ein leeres Theater macht Kunst. Bis heute aber bleibt die Frage, warum auf den internationalen Tanz-Festivals so selten deutsche Gruppen vertreten sind. Im August 1992 hatte „Domestic Arrangements“ als dritte S.O.A.P.-Produktion Premiere, im Mai 1994 „Object Constant“, eines der erfolgreichsten Stücke von Rui Horta. Es folgte im April 1995 „Glass – short stories of fools“ und im Okt. 1996 „Khôra“, Rui’s letzte Produktion am Mousonturm. Am 25.04.1998 war S.O.A.P. zum letzten Mal mit „Objekt Constant“ in Frankfurt zu sehen. Vorausgegangen war eine heftige Etat-Kürzung des Mousonturms durch das Kulturdezernat – aber auch die Einsicht, dass ein erfolgreiches Konzept und ein ge-
nialer Künstler wie Rui Horta Perspektiven zur Weiterentwicklung braucht, die wir ihm in Frankfurt nicht geben konnten. In meinen 23 lebhaften Jahren am Künstlerhaus Mousonturm war der Aufbau von S.O.A.P. und die Zusammenarbeit mit Rui Horta ein prägendes und unvergessliches Ereignis. Ich habe viel gelernt, viel erfahren dürfen, viel verstanden, große Erfolge genossen und einen herausragenden Künstler und Menschen kennengelernt. Dafür bin ich Rui noch heute sehr dankbar. Bedanken möchte ich mich auch bei Tarek Assam und der Tanzcompagnie Gießen, die mit „The Horta Project – Soap Recreation“ die Erinnerung an ein großes Stück Tanztheater in Deutschland wach halten.
Es galt weiter: Ein volles Theater ist ein Geschäft – und nur ein leeres Theater macht Kunst
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Ein Blick Zurück Ordinary Events (1991) und KhÔra (1996) in Bildern
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KhÔra
oben: KhÔra unten: KhÔra
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oben: Ordinary Events unten: Ordinary Events
oben: Ordinary Events unten: KhÔra
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Khôra 1996: It`s funny, it`s fantastic. It`s exotic, it`s extraordinary. It`s dance, it`s drama. --------------------The Ottawa Citizen A big philosophical Bang. --------------------The Globe and Mail Number one dance crew of 1995, Rui Horta's S.O.A.P. Dance Theatre make their triumphant return. ----------------Night and Day, Toronto Krönender Abschluss der wohl besten deutschen Tanztheaterguppe. ------------------Hamburger Abendblatt Schöner, hinreißender Tanz. Und dahinter noch ein kluges Konzept. ------------------Hamburger Morgenpost Ordinary Events 1991: Ordinary Events, light years from ordinary! -----------------The Gazette, Montreal 40
oben: Rui Horta unten: KhÔra
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Choreographien von Rui Horta und William Forsythe
Versuch einer tanzwissenschaftlichen Einordnung von Mirko Hecktor Der Portugiese Rui Horta muss wegen seiner zehnjährigen Arbeitsphase als Artist in Residence, seinem S.O.A.P. Projekt von 1991 bis 1998 am Mousonturm Frankfurt unter der Leitung von Dieter Buroch und als Hauschoreograf und seinem Rui Horta.stage Projekt Ende der 1990er Jahre an der Muffathalle in München durchaus im Kontext des deutschen Tanzerbes begriffen werden. Umso verwunderlicher erscheint es jedoch, dass bei einer genaueren Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Rui Horta, vierzehn Jahre nach seinem Umzug zurück nach Portugal, schnell klar wird, dass Horta mit seinen Arbeiten – trotz weltweiter Rezeption – im historischen sowie zeitgenössischen Diskurs der deutschsprachigen Tanzwissenschaften so gut wie nicht vorkommt. Möglicherweise ist dies einerseits dem Rückzug nach Portugal Ende der 1990er Jahre geschuldet, der vier Jahre vor einer verstärk42
ten bundesweiten Förderung der deutschen Tanzszene und Tanzgeschichte durch den Tanzplan Deutschland stattfand. Vielleicht ist deshalb der Einfluss der S.O.A.P. Projekte auf die damalige deutsche und internationale Tanzszene einfach durch die Abwesenheit Hortas oder seine persönliche Abneigung, bezüglich einer Rekonstruktion seiner Stücke, schlicht vernachlässigt worden. Andererseits passten die Arbeiten womöglich nicht eindeutig genug in die tanzwissenschaftlichen Diskurse des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert – wie zum Beispiel die Studien über die Abwesenheit im zeitgenössischen Tanz, Tanz im politisch-gesellschaftlichen Kontext, Tanz und Biopolitik oder generell Tanz im Performancekontext. Sieht man jedoch Tanzstücke von Horta in der Retrospektive, so merkt man, dass er ähnlich wie William Forsythe schon während der frühen 1990er Jahre verstärkt performative, und auch mediale Elemente,
V e r w u n derlich, dass R u i H o rta in der d e u t s c hen Tanzwissen s c h a f t so gut w i e n i cht vorkommt in seine Choreographien einfließen ließ. Das ist vielleicht nicht so überraschend, betrachtet man die Lebensstationen der zwei Künstlerkarrieren: Sowohl William Forsythe als auch Rui Horta lebten und arbeiteten in den 1970er und 1980er Jahren (wenn auch einige Jahre versetzt) in New York. Und beide arbeiteten in den 1990er Jahren in Frankfurt. Ein Einfluss von New Yorker PerformancekünstlerInnen der 1970er und 1980er Jahre, wie zum Beispiel Yvonne Rainer und der Grand Union Tanzcompagnie, sowie Performances von MusikerInnen wie Laurie Anderson, wäre trotz der unterschiedlichen Zeitperioden nur allzu wahrscheinlich, was aber bis dato zu untersuchen bleibt. Weiterhin realisierte Horta sein erstes Stück für den Mousonturm in Frankfurt mit TänzerInnen von William Forsythe’s Frankfurter Balletts.
Insgesamt wurde „Ordinary Events“ weltweit mehr als 150 Mal auf den wichtigsten Tanzfestivals aufgeführt. „Es war auch Bill Forsythe’s große Zeit. Wir waren alle miteinander befreundet und haben auch kooperiert“, beschreibt Horta die 1990er Jahre in einem Interview aus dem Jahr 2013. Während Horta und Forsythe ihr choreographisches Material meist völlig unterschiedlich einsetzen, ist bei den installationsartigen Bühnenbildern ihrer Arbeiten eine gewisse stilistische Ähnlichkeit erkennbar. Besonders Rui Hortas minimalistische Bühnenbilder sind häufig durch Lichtkontraste und klare Farbgestaltungen geprägt. Dies und die starke Präsenz von Abwesenheit in der szenischen Gestaltung stehen im Gegensatz zu seiner Bewegungssprache. Die energetisch, aber auch „organisch rund“ gestalteten Abfolgen in Hortas Choreographien sind Teil einer akrobatisch üppigen und extrem körperlichen Gegenwärtigkeit. Eine genauere Einordnung des choreographischen Œvre Rui Horta’s wurde im historischen und zeitgenössischen deutschen Tanzkontext noch nicht erbracht und wird mit der Wiederaufführung seiner beiden Stücke am Stadttheater Gießen hoffentlich angestoßen. 43
Ordinary Events
Lea Hladka, Jennifer Ruof Claudio Pisa
Ordinary Events
Edoardo Novelli Manuel Wahlen
EndrĂŠ Schumicky Jennifer Ruof
Ordinary Events
Manuel Wahlen Claudio Pisa
Kh么ra
Sven Krautwurst Magdalena Stoyanova
Kh么ra
Yuki Kobayashi
Manuel Wahlen
Kh么ra
Magdalena Stoyanova, Caitlin-Rae Crook, Sven Krautwurst Yuki Kobayashi, Manuel Wahlen, Mamiko Sakurai
BIOGRAPHIE Rui Horta Rui Horta begann bereits mit 17 Jahren seine Tanzausbildung beim „Ballett Gulbenkian“. Anschließend studierte und lehrte er Zeitgenössischen Tanz in New York. Zehn Jahren später kehrte er nach Portugal zurück und wurde zu einer der Leitfiguren im neuen portugiesischen Tanz. 1990 wurde Rui Horta von Dieter Buroch eingeladen, am Künstlerhaus Mousonturm eine eigene Tanzcompany aufzubauen. Mit S.O.A.P. kreierte Rui Horta eine Reihe von Choreographien, die von bedeutenden internationalen Theatern und Festivals eingeladen wurden – beispielsweise vom „Joyce Theatre“ in New York und dem „Thêatre de la Ville” in Paris, das für mehr als ein Jahrzehnt Hortas Werke präsentierte und koproduzierte. Rui Horta wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der „Grand Prix du Concours de Bagnolet“ und der „Deutsche Produzentenpreis für Choreographie“. Zudem wurde er vom französischen Kultusminister in den Rang eines „Chevalier des Arts et Lettres“ erhoben. Rui Horta unterrichtete an zahlreichen wichtigen Tanz- und Ballettschulen, wie etwa dem „Laban Dance Centre“, dem „Conservatoire National de Paris“, dem „Conservatoire National de 54
Rui Horta
Lyon“ u.v.m. Im Jahr 2000 kehrte er nach Portugal zurück, wo er in Montemor-oNovo, einem ehemaligen Kloster aus dem 16. Jahrhundert, das „O Espaço do Tempo“ etablierte, ein interdisziplinäres Kunst- und Forschungszentrum, das heute zu den wichtigsten Kulturzentren des Landes gehört. Seine Choreographien sind noch immer in der internationalen Tanzszene präsent und gehören zum festen Bestandteil renommierter Tanzkompanien, wie dem „Cullberg Ballet“, dem „Nederlands Dans Theater“, dem „Ballet du Grand Thêatre de Genéve“, dem „Ballet de l'Opéra de Marseille“, „Random Dance“, dem Königlichen Opernhaus in Göteborg u.v.m. Darüber hinaus ist Rui Horta ein gefragter Bühnenbildner und Light- und Mediendesigner. Als Opernregisseur inszenierte er u.a. am Theater Basel Strawinskys „The Rake’s Progress“ sowie John Adams „A Flowering Tree“ für die „Gulbenkian Foundation“ und Luis Tinocos neue Oper „Paint Me“. Eine seiner letzten Arbeiten war „Danza preparata”, ein Solo für die italienische Tänzerin Silvia Bertoncelli zu Musik von John Cage.
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Kurzbiographien Tanzcompagnie Gießen:
Caitlin-Rae Crook begann ihre Tanzausbildung an der Kim Harvey School of Dance in Australien, bevor sie an die Western Australian Academy of Performing Arts wechselte. Im Anschluss war sie u.a. Mitglied der Mystic Ballet Company USA, des Western Australian Ballet und der Tasmanian Ballet Company. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist sie Mitglied der Tanzcompagnie Gießen. Lea Hladka begann im Alter von 10 Jahren ihre Tanzausbildung an der Staatlichen Ballettschule Berlin und Schule für Artistik. Nach ihrem Abschluss nahm sie an diversen Workshops u.a. von William Forsythe teil und war anschließend Mitglied am Tanztheater Eisenach, zuletzt unter Ballettdirektor Andris Plucis. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist sie Mitglied der Tanzcompagnie Gießen. Yuki Kobayashi erhielt ihre Tanzausbildung an der Hakuchou Ballet Academy. Anschließend studierte sie bis 2007 an der Königlichen Ballettschule Antwerpen. Ihr erstes Engagement erhielt sie an der Cinevox Junior Company in der Schweiz und nahm erfolgreich an verschiedenen internationalen Tanzwettbewerben teil, u.a. dem Prix de Lousanne. Seit der Spielzeit 2012/13 ist sie Mitglied der Tanzcompagnie Gießen. Jennifer Ruof erhielt ihre Tanzausbildung an der Ballettakademie Payer, bevor sie ans Ballettförderzentrum Nürnberg wechselte. 2010 begann sie ein Studium an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, B.A. Dance. Während dieser Zeit war sie u.a. in Stücken von Georg Reischl, Didier Theron, Stephanie Thiersch und Omar Rajeh zu sehen. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist sie Mitglied der Tanzcompagnie des Stadttheaters Gießen. Mamiko Sakurai erhielt ihre Tanzausbildung an verschiedenen Schulen in ihrem Heimatland Japan, bevor sie 2009 an der Staatlichen Ballettschule Berlin abschloss. Es folgten Engagements u.a. am Staatstheater Braunschweig, der Deutschen Oper Berlin
sowie am Theater Plauen-Zwickau. Seit der Spielzeit 2011/2012 ist sie Ensemblemitglied der Tanzcompagnie Gießen. Magdalena Stoyanova absolvierte ihre Ausbildung in Varna und Sofia. Ihr erstes festes Engagement erhielt sie an der Oper Varna. 2001 folgte ein Engagement am Nordharzer Städtebundtheater. Mit Unterbrechungen ist sie seit 2003 Ensemblemitglied der Tanzcompagnie Gießen und immer wieder solistisch zu erleben. 2008 entstanden erstmals eigene choreographische Arbeiten. Auch bei internationalen Festivals und Events ist sie ein gern gesehener Gast. Michael Bronczkowski absolvierte seine Ausbildung an der Duke Ellington School of the Performing Arts in Washington, D.C./USA und dem Liverpool Institute for Performing Arts, B.A. Dance. Er war Mitglied der Cinevox Junior Company in der Schweiz und 2012 beim Tanzensemble der Königsfelder Festspiele. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist er Mitglied der Tanzcompagnie Gießen. Sven Krautwurst begann seine Tanzausbildung am Ballettförderzentrum sowie der Contemporary Dance School Nürnberg. In den vergangenen Jahren hat er im zeitgenössischen Ensemble Marea Tanz mitgewirkt, und war 2007 Gasttänzer am Staatstheater Nürnberg. Weitere Engagements führten ihn an das Grand Theatre nach Bordeaux sowie 2010 nach Berlin, wo er beim Tanzprojekt „traumseits“ des Choreographen Javier Sanchez Martinez teilnahm. Edoardo Novelli begann seine Ausbildung in seiner Heimat Italien und wechselte im Anschluss an die Rotterdam Dance Academy. Er war u.a. Mitglied der Introdans Company in Arnhem, der Dance Company Nanine Linning in Heidelberg und des Cathy Sharp dance ensemble in Basel. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist er Mitglied der Tanzcompagnie Gießen.
Claudio Pisa erhielt seine Ausbildung an der Centro Regionale della Danza Lyceum in Neapel. Anschließend tanzte er bei Borderline Danza, Les Danseurs Napolitains, Balletto di Rovigo und der RBR Dance Company. 2012 übernahm er die Assistenz für Isamel Ivo im Rahmen des Festivals ImPulsTanz Wien. Er tanzte in den letzten Jahren in Kompanien in Spanien, Russland, Brasilien und Österreich. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist er Mitglied der Tanzcompagnie Gießen. Endré Schumicky erhielt seine Ausbildung an der Hungarian Dance Academy Budapest. Neben der dortigen Ausbildung absolviert er eine weitere Ausbildung an der Ronan Morgan School of Irish Dancing. Anschließend war er als Gasttänzer am Staatstheater Košice sowie am Staatstheater Mainz und arbeitete mit Choreographen wie Georg Reischl, Pascal Touzeau und Jacobo Godani. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist er Ensemblemitglied der Tanzcompagnie Gießen. Manuel Wahlen begann im Alter von 7 Jahren seine Ausbildung an der Ballettschule Cabriole in Münsingen, sowie später in der Ballettförderklasse in Bern. Er studierte am renommierten Ballettzentrum John Neumeier in Hamburg.Ab 2009 tanzte er am Mainfranken Theater Würzburg. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist er Mitglied der Tanzcompagnie Gießen.
Autoren:
Dieter Buroch war u.a. im Kulturdezernat Frankfurt tätig und Künstlerischer Leiter des OFF-TAT Frankfurt. 1988 begründete er das Künstlerhaus Mousonturm, dessen Intendanz und Geschäftsführung er bis 2011 inne hatte.Von 1991 bis 1998 war er General Manager des S.O.A.P. DANCE THEATER FRANKFURT. 2015 wird Dieter Buroch – wie bereits 2012 - gemeinsam mit Nina Hümpel das Festival DANCE in München kuratieren. Mirko Hecktor begann seine Karriere als Tänzer u.a. am Bayerischen Staatsballet und als Solist für das Ballett de Monte-Carlo. Er studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und arbeitet als Choreograph und Theaterregisseur. Zudem ist er als Autor für diverse Kulturjournale tätig und produzierte mehrere, im internationalen Kunstbetrieb beachtete Tanzvideos.
Dagmar Klein studierte u.a. Kunstgeschichte, Soziologie und Medizinische Psychologie in Gießen und schloss 1990 mit einem Magister in Kunstgeschichte ab. Seit 1992 arbeitet sie als freie Journalistin im Bereich des Feuilletons und seit 2007 u.a. für das Münchner OnlineMagazin tanznetz. Für ihre Forschungen zur lokalen Frauengeschichte wurde Dagmar Klein 1997 mit dem Elisabeth-Selbert-Preis des Landes Hessen ausgezeichnet. Prof. Dr. Gerald Siegmund studierte Theaterwissenschaft, Anglistik und Romanistik an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Er habilitierte am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und war als Assistenzprofessor an der Universität Bern. Seit Januar 2012 hat er die Professur für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen inne. Außerdem war Gerald Siegmund lange als Journalist und Kritiker, vor allem im Bereich Tanz und experimentelles Theater, tätig.
Fotografen:
Dietmar Janeck tanzte bis 2001 in verschiedenen Tanzkompanien in den Niederlanden, war langjähriges Mitglied des S.O.A.P. Dance Theatre Frankfurt und schloss seine Tänzerkarriere mit diversen eigenen Produktionen ab. Mit der Choreographin Regina van Berkel entstanden Arbeiten u. a. für das Nederlands Dans Theater, Gulbenkian Ballet, das Göteborg Ballett oder Cedar Lake Contemporary Ballet in New York. Seit 1998 entwickelt er neben Fotoausstellungen und Installationen auch Bühnengestaltungen. Rolf Wegst wuchs im schwäbischen Bietigheim-Bissingen auf und studierte in Gießen Psychologie. Dort begann er sich mit Portrait-, inszenierter und konzeptioneller Fotografie bei Walter Flögel an der JLU zu beschäftigen. Er war als Bildjournalist tätig u.a. für die Frankfurter Rundschaus und das Magazin der Süddeutschen Zeitung sowie für Agenturen wie dpa und epd. Seine Bilder von Reportagen in aller Welt sind immer wieder in diversen Ausstellungen und Publikationen zu sehen.
Khôra
Impressum Herausgeber:
Stadttheater Gießen GmbH
Intendantin
Cathérine Miville
Redaktion
Tarek Assam, Cornelia von Schwerin
Gestaltung
Torsten Jacobs
Druck und Herstellung
Brühlsche Universitätsdruckerei
Inszenierungsfotos
Rolf K. Wegst
Probenfotos
Dietmar Janeck
Probenfotos aus Portugal
Tarek Assam
Historische Fotos
Wonge Bergmann (Ordinary Events)
Günther Wertz (Khôra)
Texte
Bei allen Texten handelt es sich um Originalbeiträge zu diesem Programmheft.
Spielzeit 2013/14
Mamiko Sakurai Sven Krautwurst