Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

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8. Ausgabe Mai 2011

Da seh ich Rot

04 Der Populist.

Der Versuch einer Richtigstellung.

10 Lippenlesen oder Kino? Macht raubkopieren gl端cklich?

20 Fussball!

Evolutionstheorie einmal anders.


2 8. Ausgabe, Mai 2011

Inhalt

EDITORIAL KONSTRUKTIVES SCHWARZSEHEN WILL GELERNT SEIN.

SEITE 03

HINTERGRUND DER POPULIST. EINE KLEINE ANLEITUNG ZUM TRÄUMEN. ABLASSHANDEL DER MENSCHLICHE WILLE. RUNAWAY BLUEPRINT.

SEITE 04 SEITE 05 SEITE 06 SEITE 07 SEITE 08

DA SEH ICH ROT/Schwarz D. SIEHT ROT. LIPPENLESEN ODER KINO? DA SEH ICH ROT. POESIA VISUAL

SEITE 09 SEITE 10 SEITE 13 SEITE 13

KULTUR SCHWITZEN - ABER RICHTIG. FUSSBALL - EIN ÜBERBLEIBSEL DER EVOLUTION?

SEITE 18 SEITE 20

KREATIVES DEMENZ WHAT'S NEXT?

SEITE 21 SEITE 24

IMPRESSUM REDAKTION TEXT ILLUSTRATION / BILD COVER LAYOUT LEKTORAT WEBDESIGN REDAKTIONSMITARBEITER DRUCK AUFLAGE ARTIKEL EINSENDEN WERBUNG ABO LESERBRIEFE THEMA DER NÄCHSTEN AUSGABE GÖNNERKONTO REDAKTIONSSCHLUSS

DIEPERSPEKTIVE, SIMON JACOBY, CONRADIN ZELLWEGER, MANUEL PERRIARD, BREMGARTNERSTRASSE 66, 8003 ZÜRICH C.J.| F.M.| M.H.B. | M.B.| U.Z.| B.| D.P. M.H.B. | S.K. | V.I. | I.J. | J.F. | A.S. | G.S. | D.A. | M.H. JOHANNES FIEDLER PER RJARD MARA BIELER & DANIELA BÄR TIMO BEELER | timobeeler.ch JONAS RITSCHER ZDS ZEITUNGSDRUCK SCHAFFHAUSEN AG 4000 artikel@dieperspektive.ch info@dieperspektive.ch abo@dieperspektive.ch leserbriefe@dieperspektive.ch DER EINFLUSS VON GELD UND KUNST AUF DIE POLITIK PC 87-85011-6, VERMERK: GERN GESCHEHEN FREITAG 15. MAI, 2011, 23.55 UHR


Editorial

3 8. Ausgabe, Mai 2011

Konstruktives Schwarzsehen will gelernt sein. Medien sind übersät mit Schreckensnachrichten. Bombenanschläge, Morde, Amokläufe und Unfälle, darüber wird berichtet und das wird auch gelesen. Nehmen wir den Tagi Online als Beispiel. An einem Sonntagnachmittag (17.04.11) findet man in der Rubrik Meistgelesen folgende Titel an der Spitze: 1. «Die DNA-Spuren an der Schiffsschraube waren von mir» 2. Unentschieden in Basel 3. Mysteriöser Fund auf dem Thunersee 4. Ghadhafis Bomben töten lautlos 5. Wie lange das AKW Fukushima noch lecken wird 6. Hamilton bricht Vettels Dominanz 7. 25 Jahre nach der Katastrophe bleiben viele Fragen offen 8. Nicolas Cage verhaftet Dramen, Krieg, Atomkatastrophen und tragische Einzelschicksale. Dazwischen zwei Sportresultate. Ein solches Bild bietet sich durchs Band, von Blick bis NZZ, auf allen Onlineportalen. Noch mehr als die Programmansage „Sex sells“ trifft „Leid und Elend sells“ zu. Wie kommt es, dass wir vor allem an Negativschlagzeilen interessiert sind? Es besteht sicherlich kein Mangel an positiven oder anderen informativen News und Reportagen. Dennoch scheint es, als interessierten sich die Leute hauptsächlich für Negativschlagzeilen. Ich versuche im Folgenden, mögliche Gründe und Konsequenzen dieser Affinität aufzuzeigen. Schadenfreude ist sicherlich ausschlaggebend für den Nachrichtenkonsum. Prominentestes Beispiel neuster Zeit ist dabei Karl T. zu Guttenberg mit seiner Plagiats-Affäre. Man ergötzt sich daran, dass einer erfolgreichen Persönlichkeit die Legitimation entzogen wird. Unter diesen Aspekt ist der Artikel über Nicolas Cage der obigen Liste einzuordnen. Auch eine gewisse Eifersucht spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Daneben hat Schaulust einen Einfluss darauf, welche Art von Information konsumiert wird. Wir betrachten aus sicherem Abstand etwas Tragisches

und empfinden Mitleid, jedoch wollen wir nichts Näheres damit zu tun haben, also keinesfalls selber betroffen sein. Bei unbedachtem Konsum von Schreckensnachrichten entzieht sich der Leser einer Verantwortung. Man wird über einen Missstand informiert, wird jedoch in den meisten Fällen kaum selber aktiv. Man nennt dieses Phänomen „soziale Lähmung“: Verantwortung wird abgeschoben, je mehr andere Personen über einen Missstand informiert sind, was dazu führt, dass mögliche Hilfeleistungen unterlassen werden. Keine Frage: Negative Nachrichten gehören in die Medien. Tragische Ereignisse geschehen auf der Welt, ob die Medien nun darüber berichten oder nicht. Ein Ausblenden à la „aus den Augen, aus dem Sinn“ wäre auf keinen Fall angebracht, denn die Problematik mit der Verantwortungsabschiebung wäre so nicht gelöst, sondern noch verschlimmert. Als mögliche Lösung sehe ich einen kritischeren Umgang mit Negativschlagzeilen, und zwar sowohl seitens der Rezipienten als auch seitens der Medien. Als Rezipient sollte immer auf den feinen Unterschied zwischen sich informieren und sich belustigen geachtet werden. Dient die Schreckensnachricht wirklich dazu, mehr zu erfahren und ein tieferes Verständnis für ein Problem zu gewinnen? Oder handelt es sich um blosse Unterhaltung auf Kosten einer tragischen Begebenheit, ohne dass man wirklich an einer Lösung des Problems interessiert ist? Für die Medien gilt Ähnliches. Wird etwas aufgebauscht, um Leser oder Zuschauer zu gewinnen? Wird an wunden Stellen von Individuen unnötig gestochert? Ist ein provokativer Titel für das Überbringen der Botschaft unabdingbar? Man ist ja nicht naiv. Ein gewisses Mass an Schwarzsehen oder -malen ist sicherlich angebracht. Nur sollte beachtet werden, dass die Farben nicht aus dem Leben verdrängt werden und dass wir im Schwarzen Farben zu suchen beginnen. Conradin Zellweger Redaktor

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artikel@dieperspektive.ch


4 8. Ausgabe, Mai 2011

Hintergrund

{Text} Carl Jauslin

Der Populist. Ein Populist ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein volksnaher Politiker mit manipulativen Tendenzen. Nun, wie kam es eigentlich zu dieser negativen Konnotation des Populisten? Dazu ist es vorteilhaft, den historischen Kontext sowie die etymologische Herkunft des Begriffs näher zu betrachten. Populist kommt vom lateinischen popularis, was mit „volksnah“ übersetzt werden kann. Dies erklärt jedoch noch nicht, wie dem Populisten die manipulativen Tendenzen angehängt wurden. Im alten Rom unterschied man in der Politik zwischen dem Lager der Popularen und dem der Optimaten. Die Optimaten bestanden hauptsächlich aus der Aristokratie und waren folglich sehr konservativ eingestellt. Dem gegenüber standen die Popularen, die nicht mit dem heutigen Begriff des Populisten zu verwechseln sind. Sie hatten innovative Pläne für die Gestaltung Roms. Sie hatten das einfache Volk hinter sich, dessen Einfluss nie unterbewertet werden darf. Gracchus zum Beispiel, ein Paradebeispiel für einen Populisten, setzte sich für Agrarreformen ein, die den armen Bauern unter die Arme greifen sollten. Doch schon zu dieser Zeit wusste jemand die Etikette des Popularen für eigene Interessen zu missbrauchen. Der grosse Julius Caesar wusste die Masse mit

einfachen Mitteln wie zum Beispiel prunkvollen Festspielen und Gladiatorenkämpfen in der Arena für sich zu gewinnen. Nach ihm machten es viele gleich. Leere Versprechungen, Ankündigungen von Reformen mit ausbleibenden Umsetzungen… Somit definiere ich den Populisten als eine Missbrauchsform des Popularen, auch wenn diese Begriffe in verschiedenen Kontexten nicht so direkt unterschieden werden können. Gracchus, der Popular und Caesar, der erste aus den Popularen berühmt gewordene Populist. Diese Linie der Populisten kann direkt weiter verfolgt werden, dabei muss man nicht mal das Land wechseln. Silvio Berlusconi, so scheint es, würde sich selbst in einem republikanischen System wie dem italienischen wohl nur allzu gerne selbst zum Kaiser krönen (wenn er es nicht schon bis zu einem gewissen Grad gemacht hat). Berlusconi, der neue Caesar, der in Rom regiert wie es vor 2000 Jahren seine Vorgänger schon gemacht haben. Wie wird man denn zum Populisten oder was muss ein Populist haben? Und, noch viel interessanter, was macht ihn so erfolgreich? Wie kriegt er es fertig, die Masse so zu manipulieren, dass sie auf seiner Seite steht? Allen Populisten wird ein gewisses Charisma zugeschrieben, von Caesar über Napoleon bis hin zu Berlusconi. Sie geben vor, das einfache Volk zu verstehen

und können mit einfachen Worten die Massen erreichen. Sie sagen genau das, was das Volk hören will. Sie alle lösen im Volk eine vereinende Kraft aus und appellieren immer an die Vaterlandsliebe. Im Grunde genommen sind sie Identifikationsfiguren einer Nation. Sie haben die Fähigkeit, jeder einzelnen Bevölkerungsschicht und jedem einzelnen Bürger zu verstehen zu geben, dass seine Anliegen ernst genommen und berücksichtigt werden. Der Populist ist sowohl Vorbild und Übermensch wie auch einfach einer von ihnen - zumindest gibt er dies vor. Hier liegt auch der Grund, wieso der Populist fähig ist, die Masse zu manipulieren: Indem er sowohl vorgaukelt, einer des einfachen Volkes zu sein und sich somit zur Identifikationsfigur macht, als auch die Rolle des Helden und Übermenschen übernimmt. Mit seinem unglaublichen Einfluss und seiner Macht gibt er die Vision der Zukunft vor und verspricht Hoffnung auf Besserung. So kann er das Vertrauen der Masse gewinnen. Die Kombination aus Gleichwertigkeit unter den Bürgern und Übermensch macht ihn so beliebt und zu einer legendären und mystischen Figur. Genau in dieser antithetischen Kombination liegt seine manipulative Kraft, die direkt mit dem Identifikationspotenzial des Populisten zusammenhängt.•

{Foto} Leonie Ritscher

dieperspektive in Amerika!

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.


Hintergrund

5 8. Ausgabe, Mai 2011

{Text} Fionn Meier

Eine kleine Anleitung zum Träumen. Einfach dasitzen und seinen Gedanken freien Lauf lassen. Ab und zu wieder mal aufblinzeln und erstaunt feststellen, wo einen die eigenen Gedanken hingetragen haben. Meist an irgendeinen schon fast vergessenen Ort in der Vergangenheit... Tagträumen, eine in unserer hektischen Gesellschaft schon fast vergessene Kunst. Es bleibt einfach keine Zeit neben dem Studium, dem Geldverdienen, dem Hobby, den Kollegen und der Familie. Das Träumen braucht nämlich Zeit und Ruhe. Die fünfundzwanzig Minuten am Morgen in der S12 reichen nicht, um sich zu entspannen und den Gedanken freien Lauf zu lassen, bis sie sich zu einem Traum zusammenfügen. Und dann geht das Tagesprogramm los, durchgeplant bis zum Schluss, keine Zeit zum Nichtstun, zum Träumen. Doch Träume sind wichtig, meines Erachtens sogar sehr wichtig. Sie sind das absolute Gegenteil vom Nichtstun. „I have a dream“ lauten die berühmten Worte von Martin Luther King. Ein Traum, der eine gewaltige Wirkung hatte. Träume können Visionen entstehen lassen, können die Zukunft verändern. Bei solchen Träumen kreisen die Gedanken jedoch nicht um eine schöne Erinnerung in der Vergangenheit. Sie gehen in die Zukunft, in unbekanntes Neuland, in dem noch alles möglich ist. Doch was sind heute die Träume für die Zukunft? Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch eine Fülle von Träumen, die die Welt in Bewegung hielten. Die einen sind erfolgreich umgesetzt worden, die

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anderen sind gescheitert und ausgeträumt. Mit der letzten Finanzkrise ist nun auch der Traum des neoliberalen Kapitalismus für die meisten Leute zu Ende geträumt. Man reibt sich die Augen und weiss nicht wohin. Es braucht wieder neue Träume und Visionen. Zu einem solchen Traum soll hier angeleitet werden. In der nächsten ruhigen Stunde kannst du damit beginnen, dich zu fragen, was du machen würdest, wenn du von heute an jeden Monat 2500 Franken bekämst, einfach so. Das ist schon alles für den Anfang. Nun gilt es, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, seinen Wünschen zu folgen und sich in Träumen zu verlieren. Würde man weiterhin das Gleiche arbeiten, sei es, um zusätzliches Geld zu verdienen, oder weil man Freude an der Arbeit hat? Oder würde man es sich in der Hängematte bequem machen und dem süssen Nichtstun frönen? Würde man endlich etwas anpacken, was man schon immer tun wollte, aber keine Zeit und kein Geld hatte? Oder würde man sich entscheiden, noch ein Kind zu bekommen und ganz für diese Kinder da zu sein? Wie würde sich das Leben verändern? Dieser Traum lässt sich noch erweitern, indem man sich vorstellt, was die anderen träumen würden. Der Nachbar, die Frau an der Kasse, der Surprise-Verkäufer, der Manager oder der Lokführer, was würden sie tun, wenn sie alle auch 2500 Franken im Monat bekämen, einfach so? Würden sie weiterhin zur Arbeit gehen? Was würde mit unserer Gesellschaft geschehen, wenn die Leute nicht mehr arbeiten müssten,

nur um ein Einkommen zu bekommen? Wenn ihnen nur schon auf Grund ihrer Existenz ein Leben ermöglicht würde, ohne dass sie gezwungen wären zu arbeiten? Diesen Traum, in dem jeder einfach so genug zum Leben bekommt, gibt es schon lange. Doch nun beginnen ihn wieder mehr Leute zu träumen und immer mehr Leute glauben an seine Umsetzung. Im Sommer 2012 wird eine Initiative gestartet, um das bedingungslose Grundeinkommen, wie es genannt wird, in der Schweiz einzuführen. Der Grundstein zu dieser Initiative wurde diesen März an einem Kongress in Zürich gelegt. Über 600 interessierte Leute nahmen teil und verfolgten die Reden und Diskussionen. An den Gesprächen nahmen unter anderem auch prominente Persönlichkeiten wie Roger Köppel, der Chefredaktor der Weltwoche, Oswald Sigg, langjähriger Berater von verschiedenen Bundesräten, oder Klaus Wellershoff, ehemaliger Chefökonom der UBS, teil. Dies deutet auf die gesellschaftspolitische Relevanz dieser Idee hin, mit der immer mehr Leute konfrontiert werden. Die Leute beschäftigen sich dann meist mit Fragen folgender Art: Lässt sich das überhaupt finanzieren, was macht man mit den Ausländern, ist die Schweiz dann noch wettbewerbsfähig? Doch bevor man sich auf diese Fragen, wie, wann, wieviel etc. stürzt, sollte man sich die Zeit nehmen zu träumen, wie es Martin Luther King getan hat: was wäre, wenn... Nur wenn dabei ein schöner Traum herauskommt, wird man sich für diese Idee begeistern können und Lösungen auf all diese Fragen finden. •


6 8. Ausgabe, Mai 2011

Hintergrund

{Text & Illustration} Marlon Höss-Böttger

Ablasshandel Ich war ein Kind, das eine kluge Idee hatte, um an Geld zu kommen. Wir bastelten uns Büchsen, gingen auf die Strasse und erzählten den Passanten, wir würden Geld für Kinder in Afrika sammeln. Wir bekamen viele Münzen in unsere Büchsen gesteckt. Die zündende Idee dafür hatten wir, weil im Spielzeugladen neben der Kasse dieser grosse, durchsichtige Sammelbehälter für Kleingeld stand. Darauf ein Foto von Kindern in Afrika, einerseits hungernd, andererseits vor allem lächelnd. Als wir nach Hause kamen, fragte meine Mutter mich: „Und? Wirst du es denn tatsächlich auch den Kindern in Afrika geben?" Ich verstand ihre Frage nicht. Natürlich würden wir die Büchsen leeren, um uns Spielzeug zu kaufen. Meine Mutter ermahnte uns, erklärte uns, was wir getan hatten und warum wir zum Abschluss die Spenden in die Kiste im Laden einwerfen mussten. In unserer einfachen Welt hatten wir, unserem Verständnis nach, Gutes getan. Der Satz

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„Wir sammeln für Kinder in Afrika" hatte sich zusammen mit den Münzen, dem Sammelbehälter, den lachenden Kindern und dem Spielwarenparadies zu einem riesigen, verheissungsvollen Gedanken verbacken. Natürlich handelte es sich um Betrug; wir hätten uns das Spielzeug auf Kosten der afrikanischen Kinder gekauft. Erst meine Mutter stellte uns die entscheidende Frage, so dass wir weniger über Werte lernten, jedoch mehr über Ursache und Wirkung erfuhren. Die moderne Form des Ablasshandels, wie sie von verschiedenen Anbietern angeboten wird, erinnert mich an meine Sammelbüchse. Um den Umweltschaden auszugleichen, welcher beispielsweise bei Flugreisen angerichtet wird, ist es möglich, einen CO2-Ausgleich zu leisten. Fliege ich nach Asien - wobei ich eine gleich hohe CO2-Belastung verursache wie wenn ich zwei Jahre lang mit dem Auto fahre -, kaufe ich mich in Klickgeschwindigkeit über die Homepage in klimafördernde Projekte ein. Um mein

Gewissen zu beruhigen und mich im Glauben zu wähnen, meinen Dienst für das Klima getan zu haben. Ich bezahle, entrichte meinen Obolus und die Natur erlässt mir meine Klimaschuld für den zu erwartenden Schaden. Das ist nichts anderes als eine moderne Form des Ablasshandels. Wie kann jemand nur ernsthaft glauben, damit durchzukommen? Die Klimaveränderungen, die unsere Erde derzeit erfährt, sind derart gewaltig, unwägbar und unverständlich, dass wir ihnen als Mensch wie ein Kind gegenüber stehen. Nur so kann ich mir solch ein Verhalten erklären. Wir begreifen Ursache und Wirkung nicht. Warum sonst tauchen im Internet Fotos auf von Grillwütigen, die im Januar mit nacktem Oberkörper grinsend im Schrebergarten stehen, in der rechten Hand das Bier, in der linken die Wurst, mit der Bildunterschrift „Endlich Klimaerwärmung"? •


Hintergrund

7 8. Ausgabe, Mai 2011

{Text} Carl Jauslin

Der menschliche Wille. Die Eigenheit des Menschen ist dadurch gekennzeichnet, dass er einen individuellen Willen besitzt. Viele Philosophen bezeichnen die ratio als das Merkmal, das uns vom Tier unterscheidet. Der menschliche Wille wird meistens nur als selbstverständliche Konsequenz des Urteilsvermögens dargestellt. Aber ist es nicht so, dass jeder die Vernunft in gewissem Masse besitzt und dass sie eigentlich bei jedem zu den gleichen Urteilen führen sollte? Im Gegensatz zur Vernunft, die objektiv ist, steht aber der Wille, der subjektiv und somit bei jedem verschieden ist. Der Wille unterscheidet uns nicht nur von den Tieren, sondern stellt auch unter den Menschen die Individualität dar. Der Wille tritt genau dort ein, wo der Akt des Urteilens aufhört und der des Handelns beginnt. Er steht zwischen den beiden Größen des Urteilens und Handelns. Er steigt mitten in den Prozess hinein. Er ist der Ort, wo unser Charakter zum Vorschein kommt. Beim Urteilen geht es darum, eine geeignete Lösung für eine bestimmte Situation zu finden, oder einfacher gesagt: um die Entwicklung einer Erkenntnis

zu einer bestimmten Sache. Es ist der kreative und denkende Akt des Handelns. Das Handeln selbst ist der ausführende Akt. Und genau dazwischen liegt der Wille, der uns ausmacht. Die eigentliche Entscheidung findet schlussendlich nicht beim Urteilen, sondern danach in der Sphäre des individuellen Willens statt. Das Urteilsvermögen sagt einem zwar, was vernünftig ist, aber wie man aus Erfahrung weiss, handelt man nicht immer danach. Verantwortlich dafür ist der menschliche Wille. So gesehen könnte man meinen, der Wille sei ein Fluch, denn er behindert uns mit den Einflüssen unserer Gefühle und Triebe beim Ausführen von vernünftigen Urteilen. Doch sollte man nicht vielleicht zuerst fragen, ob das, was vernünftig ist, auch gut ist? Wenn wir keinen Willen hätten und direkt das ausführen würden, was wir von unserem Verstand vorgekaut bekommen, würden wir den Maschinen ähnlicher sein als den Menschen. Wir würden zu ausführenden Apparaten unserer Vernunft werden. Unsere Individualität wäre zerstört, denn wir würden gehorchen, ohne

es überhaupt wahrzunehmen. Im Krieg und in militärischen Einheiten wird aus dem Menschen genau ein solcher ausführender Apparat hergestellt. Der nur gehorcht und seine Individualität für das Wohl des Ganzen aufgibt. Viele Herrscher haben aus eigennützigen Gründen versucht, den Menschen gerade so zu manipulieren und ihn zu einer gehorchenden Maschine zu verändern. Wenn wir unseren Willen nicht beachten, werden wir von unserer Vernunft unterdrückt werden. Sie wird uns immer unmenschlicher, gefühlloser und schlussendlich schlechter machen. Ich will damit nicht sagen, dass die Vernunft schlecht ist, sie ist objektiv und wichtig für ein gemeinsames Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Jedoch sollten wir vor lauter Objektivität und Sachlichkeit nicht unsere Subjektivität verlieren. Denn es kann nicht unsere Bestimmung sein, nur nach unserer Vernunft zu leben und dabei entweder zu gefühllosen und gehorchenden Apparaten zu mutieren oder in der Objektivität und Sachlichkeit zu versinken und dabei ganz zu vergessen, wer wir eigentlich sind. •

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8 8. Ausgabe, Mai 2011

Hintergrund

{Illustration} Samuel Kaufmann

Runaway blueprint

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Da seh ich Rot/Schwarz HEADS IN BAGS

ein Tanztheater von Jacqueline Pasanisi im Theater am Gleis in Winterthur

Mittwoch, 18. Mai 2011 - 20.15 Uhr Premiere mit Apéro Donnerstag, 19. Mai 2011 - 20.15 Uhr Freitag, 20. Mai 2011 - 20.15 Uhr

9 8. Ausgabe, Mai 2011

Mit "heads in bags" setzt sich Jacqueline Pasanisi und die Tänzer und Tänzerinnen der Tanzcompagnie "solodanza am Werk" mit dem Thema Identität auseinander. Identität. Woran machen wir unsere Identität eigentlich fest? An unserem Gedächtnis? - An unserem Bewusstsein? - An etwas Sozialem oder schlicht und ergreifend an unserer Biologie? Eine Koproduktion mit dem Theater am Gleis, Winterthur. Reservationen: Notenpunkt Tel: 052 214 14 56 info@noten.ch Untere Vogelsangstrasse 3 8400 Winterthur

{Illustration} Vincenzo Iorio

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10 8. Ausgabe, Mai 2011

Da seh ich Rot/Schwarz

{Text} Marco Büsch

Lippenlesen oder Kino? Der Vorspann läuft, mit schöner Musik und schönen Bildern, die Namen flimmern über den Bildschirm. Dann endlich beginnt der Film, man sieht zwei Männer in einer Kneipe sitzen. Die Kamera zoomt näher heran, einer der Männer nimmt einen grossen Schluck aus seinem Bierglas und fängt an zu sprechen. Nein, falsch, nur seine Lippen bewegen sich, seine Stimme aber setzt erst drei Sekunden später ein, wenn schon die nächste Einstellung gezeigt wird. Und so läuft der Film gnadenlos weiter, ohne dass auch nur einmal die Stimmen zu den Lippenbewegungen passen würden oder das Gläserklirren zu den Trinkbewegungen. Es ist eine Qual. Halblegales Filmeschauen im Internet kann eine Tortur sein. Zuerst verschwendet man

wichtige Zeit darauf, einen funktionierenden Stream für den Film zu finden, dann muss dieser eine Ewigkeit laden, so dass man sich währenddessen anderen Dingen widmet – im schlimmsten Falle sogar wichtigeren –, und dann kommt man zurück, startet den Film und nach einer Minute stellt man fest, dass die Tonspur verschoben ist. Und man darf sich nicht beschweren, es ist ja kostenlos! Nun, ich tue es trotzdem: Wie kommt jemand dazu, den Schritt in die Illegalität zu wagen, nur um dann einen Film hoch zu laden, dessen Tonspur verschoben ist? Egal wie man es dreht und wendet, die KostenNutzen-Rechnung geht ein-fach nicht auf. Ausser es sind so kleine Sadisten oder Sadistinnen, die sich freuen, wenn man ihrem Tun auf den Leim kriecht.

Natürlich könnte ich auch einfach ins Kino gehen, aber ich bekomme leider Kopfschmerzen und klaustrophobische Zustände von den 3DBrillen, die man jetzt überall tragen muss; es ist also nicht etwa wegen des Geldes. Oder vielleicht ein bisschen. Aber mit diesen grauenhaften 3D-Filmen treiben die Filmemacher einen wirklich in die illegale Welt des Onlinefilmeschau-ens! Ich würde das vor Gericht ohne Weiteres in meine Verteidigung einbauen: Wir sind ei-gentlich alle nur Opfer schlecht überarbeiteter 3D-Filme! Jetzt weiss ich gar nicht mehr, auf wen ich eigentlich wütender bin, auf die Kinos oder die unfähigen Uploader, aber wenn mir jemand meinen wohlverdienten Filmabend zunichte machen will, sehe ich rot! •

{Illustration} Isabel Jakob

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Da seh ich Rot/Schwarz

11 8. Ausgabe, Mai 2011

{Illustration} Johannes Fiedler

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12 8. Ausgabe, Mai 2011

Da seh ich Rot/Schwarz

{Illustration} Anna Schรถnholzer

falten schneiden kleben redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.


Da seh ich Rot/Schwarz

13 8. Ausgabe, Mai 2011

{Illustration} Gian Steiner • http://www.gians-faerberei.ch •

{Foto} Darko Andersen

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.


14 8. Ausgabe, Mai 2011

Da seh ich Rot/Schwarz {Illustration} Samuel Kaufmann

{Illustration} Manon Homberger

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16 8. Ausgabe, Mai 2011

Da seh ich Rot/Schwarz {Bild} Laura Summerauer Aufgenommen während der Reise durch Amerika und Kanada. Irgendwo im Nirgendwo ausserhalb von Vancouver.

LANDSCAPES - CITYSCAPES & WORDSCAPES mit Markus Senn (Fotografie) und Maria Kern (Malerei) www.kion.ch

Vernissage Mittwoch, 4. Mai 2011, 18.00 - 21.00 Uhr Ausstellungsdauer 4. - 30. Mai 15.00 - 18.00 Uhr Münstergasse 14, Zürich in den Räumen der Galerie Maurer (im Innenhof)

Markus Senn ist seit über 30 Jahren selbstständiger Fotograf und fotografiert bevorzugt internationale Projekte für Wirtschaftsunternehmen, Medien und Privatpersonen. Mit Leidenschaft und Professionalität rückt er seine Motive ins rechte Bild. Maria Kern, die seit den frühen 1990er Jahren als freischaffende Künstlerin arbeitet, verbindet in ihrer Arbeit Malerei, Musik, Gesang und Lyrik zu einem Ganzen. Die Arbeitsphasen und Ausstellungen im Ausland, vor allem in Berlin, Wien, London und New York, haben ihr Schaffen nachhaltig geprägt.

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Verein Stolzewiese UND QVO PRÄSENTIEREN:

2 - 20 00

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Stolzewiese Zürich

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TRAM 9/10 bis Seilbahn Rigiblick BUS 33 bis Scheuchzerstrasse

FREITAG 18:00 bis 24:00 Uhr

Fiona Daniel Charlotte Parfois

Pop

Dass

Rusconi

SAMSTAG 12:00 bis 24:00 Uhr Tätsch Quiz mit BONI KOLLER und KATJA ALVES

Mundartisten The Sadies Annakin Kalabrese & Rumpelorchester George Vaine

The Mekons stolze-openair.ch EINTRITT


18 8. Ausgabe, Mai 2011

Kultur

{Text} Urban Zellweger

Schwitzen - aber richtig. Das lauwarme Wasser rauscht mit einem angenehmen Geräusch auf meinen nackten Körper. Immer wieder mit beiden Händen über das Gesicht und durch die Haare fahrend, muss ich nun wahrscheinlich schon länger als zehn Minuten so dagestanden haben. Ich stelle den Hahn ab und laufe aus dem Duschbereich. Die Türe zur Sauna ist aus Glas und relativ streng zu öffnen. Sie darf ja keine Hitze durchlassen und hat an den Rändern daher Dichtungen aus Silikon. Das Badetuch um die Hüfte geschlungen, trete ich in die Hitze ein. Jedesmal wieder ein Abenteuer! Die Luft, die einem entgegenspringt, scheint zunächst erstickend. Tief durchatmen! Ich wende mich der Sanduhr zu. Es ist eine dieser klassischen Sanduhren, die schön geschwungen sind und gelben Sand beinhalten. Fünfzehn Minuten soll sie laufen, so zeigt es die Skala an. Doch wir alle wissen, dass es deutlich mehr sind. Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Sand schon alt ist und die Verengung der Sanduhr leicht verstopft – jedenfalls drehe ich sie immer. Bleibt mir auch nichts anderes übrig. Der Versuch, aus einem Saunabesuch ein Fazit zu ziehen oder sich einem philosophischen Thema zu nähern, ist bis jetzt immer misslungen. Die Umstände lassen es nicht zu. So kommt es, dass nicht weitergegriffen werden kann als das Schwitzen. Nackte Menschen, die in einem kleinen Raum dehydrieren – das wäre doch Grundstoff für Philosophien. Man könnte Bücher schreiben, Thesen aufstellen, Assoziationen finden – leider schwieriger als es tönt. Dennoch versuche ich heute, mein Hirn anzustrengen und den Saunabesuch ein wenig tiefgründiger zu durchdenken. Schon klar – man ist den Anderen gleichgestellt in einer Sauna. Oder etwa nicht? Die scheinbar angenehme und anfangs so unerklärbare Stille ist speziell. Einklang, Frieden, Zu-

sammenhalt, „Wir sitzen alle im gleichen Boot“ – leider nur Schein und Trug. Man ist ruhig, weil man sich nicht getraut zu sprechen. Weder Handys noch Schwatzereien zwischen zwei Freunden, die nur daher verstummen, weil man die Situation in der Sauna als gute Ausrede benutzt, um einfach mal still, keuchend und nach innen gekehrt nebeneinander zu sitzen – Schweigen! (Nach einigen Minuten rinnt mir der Schweiss aus den Poren, ich nehme meine Füsse hoch und verschränke sie mithilfe meiner Hände zu einem Schneidersitz; in dieser Sitzposition verharre ich 10 Minuten, bis mir mein Vorhaben wieder einfällt.) Schweigen ist gut. Im Kopf ist viel los bei mir, aber reden tu ich nicht. Sowieso, salziger Schweissgeruch genügt meinem Mund. Genau! Ich muss weiter philosoph… „...aah fuck!“ Ich lächle. Mann neben mir kürzer als ich da. Schon am Leiden. Ha! Egal. Nicht ablenken lassen. Nachher noch einkaufen. Geld dabei? Egal jetzt. Auf- und abwippen hilft! Tief durchatmen sowieso. 90° Grad Celsius! Nicht schlecht. Tief durchatmen. Augen zu. Abwarten. Nicht mehr lange! Sanduhr zeigt eh falsch an. Nichts von Ruhe. Mein Kopf spricht. Und wie! Am heissesten beim Kopf. Aah fuck! JETZT ABER RAUS! Ich packe mein Badetuch, schlinge es mir um die Hüften und torkle aus der Sauna in Richtung Duschbereich. •

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.


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Was ist Fred ?

&... TABaK!

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oph s o l i h P e ein

eine Kunst ?

eine Politik ?

eine Feuerversicherung ?

oder: Staatreligion

?

ist Fred wirkliche eine Zigarette ?

oder ist es

5mg

8mg

Garnichts,

s? e l l A

7mg

Rauchen ist tรถdlich. Fumer tue. il fumo uccide


Kultur

20 8. Ausgabe, Mai 2011

{Text} Bill

Fussball - ein Überbleibsel der Evolution? Warum Fussball und Gladiatorenkämpfe kaum mehr zu unterscheiden sind und wie fatal Vuvuzelas aus Metall wären. In kaum einer anderen Sportart gab es jüngst solch beängstigende Entwicklungen. Fussball hat einige Jahrzehnte bis Jahrtausende an Entwicklung wettzumachen.

Vor einigen Jahren besuchte ich ein Bundesligaspiel im Olympiastadion. Ohne Frage ein eindrückliches Erlebnis. Eindrücklich nicht des Fussballs wegen, sondern wegen des ganzen Drumherums. Die Würste, das Bier, die Fans und die Schlachtrufe, welche bei mir Bilder einer germanischen Barbarenhorde hervorriefen. Dieser sechzehnjährige, rot angelaufene Schnösel, der hinter mir ständig irgendwas von irgendwelchen Böcken und Löchern brüllte. Fussball ist zu einem Relikt vergangener Feudalismuszeiten geworden. Was die kultivierten Engländer 1848 als Erholung vom Teetrinken erfunden haben, hat sich in ein todernstes Rivalengehabe verwandelt. Die Fussballwelt hat leider so einige Entwicklungen neuester Zeiten verpasst und stellt sich damit selbst ins Abseits. Für viele ist Fussball der letze Ort purer Männ-

lichkeit. Was besonders maskulin daran wirkt, wenn zweiundzwanzig erwachsene Männer einem Ball nachsprinten, weiss ich nicht, noch weniger, wieso man dabei zusieht und dazu grölend Bier trinkt, obwohl ich die Ästhetik und Kreativität, die in diesem Spiel möglich ist, hoch zu schätzen weiss. Eine Bestätigung der Rückständigkeit des Fussballs ist die extreme Homophobie. Gemäss der deutschen Kulturwissenschaftlerin Dr. Tatjana Eggeling, die sich auf Homosexualität im Profifussball spezialisiert hat, gibt es in Italien Agenturen, die Scheinbeziehungen mit Frauen für die italienischen Fussballer organisieren. Da lässt sich nur auf eine rasante Entwicklung hoffen, damit sich die Fussballer wieder um den Sport kümmern können, anstatt sich mit ihrem nächsten „romantischen“ Dinner mit einer Escortdame zu plagen. Ein Outing kommt trotzdem nicht in Frage, da heftige Reaktionen erwartet werden, die eine Karriere zerstören könnten. Nehmen wir das Beispiel des Schiedsrichters Urs Meier, der nach dem Ausscheiden Englands an der Euro 2004 etliche Todesdrohungen bekam und unter Polizeischutz gestellt werden musste. Da kann ja kaum noch von einem Spiel die Rede sein; da scheint einigen

WAS IST KULT?

Podiumsdiskussion mit Matthias Ackeret, René Beyer Jean David & Play Hunter www.kion.ch

Montag, 16. Mai 2011, 18.30 Uhr KOLLER AUKTIONEN Hardturmstrasse 102, Zürich in der Ausstellung Africa

Fans der Sieg ihrer Mannschaft mehr wert zu sein als ein Menschenleben. Hooligans seien nicht wegen des Fussballs in den Stadien und auf den Strassen. Das mag ja sein, aber wieso gibt es bei Tennisspielen keine Hooligans? Wird wohl sein, weil ein Fussballstadion die Vermummten mehr an ein Kolosseum erinnert als ein Tenniscourt. Glücklicherweise sind die Vuvuzelas aus Plastik, damit sich die Fans nicht auch noch die Köpfe damit einschlagen können. Aber wenn es nur die Fans wären. Jeder erinnert sich noch an die Szenen in der Türkei, wo es unter den Spielern zu regelrechten Schlachten gekommen ist. Das Kolosseum lässt grüssen. Schon auf den Juniorenplätzen wird so heftig geprügelt und gedroht, dass Spiele abgebrochen werden müssen. Eigentlich schade. Eine WM könnte ein so nationenverbindender Event sein wie kaum ein anderes Ereignis. Nicht nur die Schweizer vergessen Röstigraben & Co, nein, sie interessieren sich sogar plötzlich für Länder, von denen sie vorher noch nicht einmal den Namen gekannt haben. Mathias Hüppi darf ausnahmsweise auch mal was über afrikanische Kulturen erzählen, statt immer nur die Superleague-Resultate zu verkünden. Und wir alle trällern zu K’naan „Give me freedom, give me fire“. •

Podiumsgespräch im Rahmen der Ausstellung «AFRIKA», dem aktuellen Werkzyklus von Patrick Lo Giudice, in den Räumlichkeiten von KOLLER AUKTIONEN Kult ist mehrdeutig, vielschichtig und facettenreich und wird je nach Sprachgebrauch anders aufgefasst. Wir reden von Marken-Kult, Kult-Objekten, Personen-Kult, Kult-Filmen und auf der anderen Seite von Kulthandlungen und kultischen Ritualen. Anmeldung per email an anmeldung@kion.ch oder auf www.kion.ch bis 13.Mai

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.


Kreatives

21 8. Ausgabe, Mai 2011

{Text} Don Pedrone

Demenz Ich merke immer wieder, dass ich keinen grossen Aktiv-Wortschatz habe. Ich merke immer wieder, dass ich keinen grossen Schatz habe. Ich merke immer wieder, dass ich keinen Grossen habe. Ich merke immer wieder, dass ich keinen habe. Ich merke immer wieder, dass... Ich merke immer wieder. Ich merke immer. Ich merke. Ich.

Hochparterre AZ dieperspektive

14.4.2011

9:26 Uhr

Seite 1

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Kreatives

22 8. Ausgabe, Mai 2011

Einweihung des 5. Designomaten Freitag 6. Mai im Z am Park Zurlindenstrasse 275, Zürich Vernissage & Apéro ab 18.00 Uhr

Studenten aus der Grafikklasse der F&F konzipieren und gestalten Objekte zum Thema "Jukebox". Visuelles, textliches und Audio-Material werden zu den ausgewählten Songtiteln recherchiert, editiert und für das Format der Designbox gestaltet. Die Prototypen werden im Kafi Z zur Eröffnung vom Designomat Nr. 5 ausgestellt. Das Publikum hat die Möglichkeit ihr Lieblings Designobjekt zu wählen. Das Objekt mit den meisten Stimmen erhält den Publikumspreis. Dem gewählten Designer wird die Ehre zuteil, sein Designobjekt für Designomat herzustellen. Neue Designobjekte aus der Folgestaffel werden neu im Brutkasten sein, speziell zu erwähnen ist das Designobjekt von Ben Fluri "Guerilla Gärtner". www.designomat.ch

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BEN FLRI 2011 PRODUCT DESIGN

BEN FLURI Delfterstrasse 44 5004 Aarau benjaminfluri@sunrise.ch www.inno-motion.com

GUERILLA GÄRTNER In jedem schlummert ein kleiner Rebell. Manche haben ihm über die Jahre die Zügelangelegt, andere lassen ihn auch mal von der Leine. Sie können das nicht?!? Ab jetzt schon! Das „do it yourself kit Guerilla Gärtner“ macht jeden zum kleinen Randalierer. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass die Stadt in der Folge ein wenig blumiger wird. Nach dem Zusammenbauen des Spuckrohrs, können die äusserst widerstandsfähigen Samen, mit Hilfe des Lungenvolumens und innert Millisekunden, frei verteilt werden. Der Kugelmantel aus Gips bietet dem Samen Schutz und dient nach dem Erwachen als Wasserspeicher.

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„Ich höckle amigs nochli det weni nachem SuntigsJoggä en Zopf chauf.“

„Diä Cornetti-Canellas sind ja wüki sehr fein!“

„Diä neuä Pizzabröttli hani soo gärn! Hm!“

„Min Sunntigsbrunch isch Dank em Artos immer de Hvit.“

„Hesch recht gha dʻCanolli-Siziliani sind wüki meega guet.“

„Wennʻs dussä so warm isch nimi en Caffe Frappé mit iis. Isch zum KULT avanciert!“


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