Ursula Helene Neubert
FLORE A S ! Malerei aus den Jahren 2014 - 2018
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Ursula Helene Neubert
FLOREAS! Malerei aus den Jahren 2014 - 2018
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Eigentlich empfindet man immer nur das, was ist, noch einmal, stellt die Wirklichkeit durch emotionale Nuancen hindurch wieder her, jene Wirklichkeit, die sich verkörpert in Stoff, Form und Farbe: Augenblicksschöpfungen, gewandelt ins Unwandelbare. Jean Fautrier
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VORWORT Ach, Blumen malen. Geht das heute eigentlich noch? Wie kann eine Künstlerin den bereitstehenden Klischees, wie sie denn „Kitsch“ lauten oder „Lieblichkeit“ oder „Dekoration“, einen ernst zu nehmenden eigenen Standpunkt entgegensetzen? – Ursula Helene Neubert ist sich des verminten Geländes, in dem sie seit vielen Jahren unterwegs ist, bewusst - und schert sich nicht sonderlich darum. Denn erstens weiß sie ihre Blumenbilder in guter, im Grunde ununterbrochener kunsthistorischer Gesellschaft. Und zweitens will sie gar nicht anders. Es ist die Farbe an sich, die es der Malerin angetan hat. Die Leuchtkraft der Pigmente, die schier unendliche Fülle an möglichen Zusammenklängen, ihre Tiefe, ihre Emotionalität. Nicht zuletzt ihre Schönheit. – Ein Begriff, mindestens so verdächtig wie ein Blumenbild, könnte man einwenden. Aber in den Bildern der Künstlerin erlangt er Glaubwürdigkeit in dem Ringen um Gestaltung, die den Betrachter mitnimmt auf eine Reise in mannigfaltige und ausdrucksstarke Farbwelten. Und Blüten sind ihr Organe des Sich-Zeigens, des Sichtbar-Machens. Der vorliegende Katalog versammelt Werkgruppen der letzten vier Jahre: Die leichten, strahlenden Papierarbeiten mit Acryl als Bindemittel für Pigmente und Gesteinsmehle. Die Leinwände, bei denen Öl und Eitempera ihre unterschiedlichen Stofflichkeiten verschmelzen. Die Arbeiten auf Holz mit ihren Farbkontrasten und ungewöhnlichen Sichtwinkeln. Großformatige Gemälde auf Jute mit ihrer eigenwilligen Stofflichkeit, dem ihr eigenen Widerstand und der Möglichkeit, das Pigment noch intensiver zur Geltung zu bringen - sogar auf der Rückseite der grundierten Gewebe. Und nicht zuletzt die Jute-Blumenbänder, deren längliche Formate etwas Narratives bergen. Sie erzählen von Wanderungen in der Natur, die die Künstlerin in letzter Zeit regelmäßig mit einem Armband aus Kreppband unternimmt, auf das sie gefundene Blüten heftet. Diese entwendete Natur dient als Malvorlage im Atelier, individuelles Erleben fügt sich zum Seriellen. Hier bieten die Blumenbilder auch etwas Heilendes und Tröstliches, ihre Schönheit rührt an und erfreut. Überhaupt reklamiert Ursula Helene Neubert eine gewisse Naivität für ihr Künstlertum: die Freude an der unerschöpflichen Formen- und Farbenvielfalt, die unsere bedrohte Natur bereithält, über eine Reise in ihr persönliches Inneres malerisch auszudrücken.
Armin Kaumanns 3
V O R S I C H T: S C H Ö N ! „Floreas“ – Überlegungen zu Bildern von Ursula Helene Neubert
Schönheit in der Kunst, zumal in der Malerei, steht unter Generalverdacht. Zwar war kunsthistorisch gesehen die Schönheit, die zugleich die reine Wahrheit über das Dargestellte vermittelte, ein wichtiger Bewertungsmaßstab in der Malerei. Aber in der zeitgenössischen Kunst wird die Schönheit vermieden. Hier unterliegt sie der Anmutung des schön Gemachten, des Dekorativen und des Seichten. Was die Schönheit für die „hohe“, die „angesehene“ Kunst verdächtig macht. Und so stellt sich die Frage, wie in der Kunst heute Schönheit überhaupt angemessen thematisiert werden kann. Wobei die Definition von Schönheit ja auch uneindeutig ist. Was in diesem Zusammenhang der bildenden Kunst mit dem Begriff Schönheit gemeint ist, ist: sich auf eine harmonisch anmutende Welt zu beziehen, ohne ausschließlich das Zerstörte, Fragmentierte, Verletzte darzustellen. Und stattdessen auch das Strahlende, Lebendige, Blühende, Unversehrte in den Blick zu nehmen. Ursula Helene Neubert bewahrt sich den ungebrochenen Blick auf die Schönheit der Natur. Nur dieser kann letztlich zur Wertschätzung von Pflanzen- und Tierwelt führen. In ihrer Tätigkeit als Künstlerin belässt Neubert es nicht beim bloßen Blick auf die Schönheit und ihrer Wiedergabe. Sie sammelt Elemente des Schönen ein und überträgt sie mit Eitempera und Pigmenten, mit Acryl- und Ölfarben auf Jute, Papier, Holz. Mit einem Armreifen aus Kreppband flaniert sie durch den Wald und über die Wiesen und greift etwas von der Schönheit ab: Blüten, Gräser. Zu Hause aufbewahrt werden sie zur Grundlage eines nächsten Bildes. Ebenso wie die Blumenarrangements, die sie vor sich ausbreitet, um sie malerisch festzuhalten. Es gibt sie durchaus, die wiedererkennbaren Blumenbilder, in denen die Gladiole, die Aster, die Zinnie, der Storchenschnabel, das Gänseblümchen und wie sie alle heißen, zu erkennen ist. Vor allem auf den schmalen Langformaten, deren Grundlage die Blütenarmbänder sind. Da schwelgt die Malerin in der Vielfalt dessen, was die Natur hervorbringt. Vielfalt der Formen, Vielfalt der Farben. So wie sie sie sammelt auf ihren Spaziergängen, so werden die Blüten malerisch gesammelt und gezeigt: wie das Fazit einer Jahreszeit, eines Ortes, eines Momentes. Und vor allem wie eines: das Fazit von Farbe. Denn die steht im Mittelpunkt aller künstlerischen Überlegungen von Neubert. Blumen sind lediglich ein Mal-Anlass.
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Es geht Ursula Helene Neubert um das Spiel zwischen den Farbtönen, wie sie sich miteinander und nebeneinander verhalten, verändern, verstärken. Es geht ihr darum, welche Farbklänge durch welches Miteinander entstehen. Wenn man andere ihrer farbgewaltigen, vor Lebendigkeit überschäumenden, explosiven Bilder sieht, mag man es – hier und da – kaum für wahr halten wollen, dass Neubert tatsächlich reale Blumen vor sich sah. So weit hat sie sich von ihnen entfernt und ist ihnen dennoch treu geblieben. Was Neubert dann doch vom Generalverdacht der bloßen Hascherei nach Schönheit befreit und von den – wie im Vorwort von Armin Kaumanns so pointiert genannten Klischees, das ist ihre individuelle technische Vorgehensweise. Neubert malt keine traditionellen realistischen Blumenstillleben. Sie überträgt ihr Bild der Blumen überlebensgroß in mehreren Schichten auf die Leinwand. So groß, so überbordend, dass sie häufig genug an den Rändern abbrechen. Damit entwickelt sie eine offene Komposition, die die Grenzen des Bildträgers wie auch die der Fantasie des Betrachters sprengt. Dieser ist frei, die Blume „weiter zu malen“, sie in den Raum hinein zu sehen, sie sich entwickeln zu lassen. Ursula Helene Neubert behält verlaufende Farbspuren, statt sie zu übermalen. Die Farbspuren erzählen damit vom Entstehungsprozess des Bildes und führen zu einem gewissen Grad an Abstrahierung. Eine weitere Besonderheit in Neuberts Maltechnik ist der Umgang mit der Grundierung der Jute, die sie häufig für die großen Formate auswählt. Denn die Malerin entscheidet sich oft für die ungrundierte Rückseite der Jute. Auf ihr findet sich punktuell die weiße Grundierung, die stellenweise durch das Material gedrungen ist. Der Untergrund wird damit zum Hintergrund, der dem gemalten Blumenarrangement eine ganz eigene Anmutung verleiht. „Floreas!“ hat Ursula Helene Neubert ihren Katalog genannt. „Floreas“ kann man auf zweierlei Weisen übersetzen: mit „du mögest blühen (oder auch gedeihen)“ bzw. mit „blumig“ (in einer Akkusativform). Neubert hat den Titel mit einem Ausrufungszeichen versehen. Wo wir gerade bei fremden Sprachen sind: Im Spanischen heißt das Ausrufungszeichen „signo de admiración”, Zeichen der Bewunderung. Und damit schließt sich der Kreis. © Sigrid Blomen-Radermacher M.A.
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Was vom Sommer übrig blieb 4 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2015 7
Was vom Sommer übrig blieb 10 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2015 8
Von Blumen 2 Eitempera und Öl auf Leinwand 40 x 50 cm - 2016 9
Was vom Sommer übrig blieb 11 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2015 10
Was vom Sommer übrig blieb 1 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2014 11
Das große Blau Öl und Eitempera auf Jute 96 x 130 cm - 2018 12
Stiefmütterchen Öl auf Jute 49,5 x 45 cm - 2017 13
Von Blumen 7 Eitempera und Öl auf Leinwand 45 x 55 cm - 2017 14
Was vom Sommer übrig blieb 7 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2015 15
Von Blumen 4 Eitempera und Öl auf Leinwand 50 x 40 cm - 2017 16
Was vom Sommer übrig blieb 8 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 35,5 x 47,5 cm - 2016 17
Von Blumen 3 Eitempera und Öl auf Leinwand 50 x 40 cm - 2017 18
Was vom Sommer übrig blieb 2 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2014 19
Von Blumen 5 Eitempera und Öl auf Leinwand 50 x 40 cm - 2017 20
Von Blumen 1 Eitempera und Öl auf Leinwand 50 x 40 cm - 2016 21
Was vom Sommer übrig blieb 14 Gesteinsmehle, Pigmente, Acryl auf Papier 34,5 x 46,5 cm - 2015 22
Türkis unten rechts Öl auf Jute 53 x 46,5 cm - 2016 23
Wahlverwandtschaften 3 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2017 24
Wahlverwandtschaften 4 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2017 25
Blütenpfade Variation 1 Eitempera auf Jute je ca. 132 x 32 cm - 2017 / 2018 26
Blütenpfade Variation 2 Eitempera auf Jute je ca. 132 x 32 cm - 2017 / 2018 27
Wahlverwandtschaften 1 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2017 28
Wahlverwandtschaften 2 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2017 29
Mohn Eitempera auf Jute 98,5 x 131 cm - 2018 30
Blaue Hortensie Öl auf Jute 53 x 49,5 cm - 2017 31
Anemonen 1 Eitempera auf Jute 90 x 130 cm - 2018 32
Anemonen 3 Eitempera auf Jute 90 x 130 cm - 2018 33
Der Rest vom Blumenstrauß 1 Eitempera auf Jute 96 x 132 cm - 2018 34
Der Rest vom Blumenstrauß 2 Eitempera auf Jute 99 x 130 cm - 2018 35
Blütenpfade Variation 3 Eitempera auf Jute je ca. 132 x 32 cm - 2017 / 2018 36
Blütenpfade Variation 4 Eitempera auf Jute je ca. 132 x 32 cm - 2017 / 2018 37
Wahlverwandtschaften 7 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2017 38
Wahlverwandtschaften 12 Eitempera auf Holz 52 x 48,5 cm - 2018 39
Anemonen 2 Eitempera auf Jute 90 x 130 cm - 2018 40
Chrysanthemen 2 Eitempera auf Jute 132 x 95 cm - 2018 41
V I TA Ursula Helene Neubert lebt und arbeitet in Neuss 2010 bis 2014 Studium der Malerei und Grafik an der Freien Akademie Rhein / Ruhr in Krefeld Seit 2018 Mitglied in der Produzentengalerie Judith Dielämmer in Grevenbroich 42
TEILNAHME AN AUSSTELLUNGEN
2019
Ausstellung in der Galerie Judith Dielämmer, Grevenbroich „FLOREAS!“
2018
Jahresausstellung Galerie Judith Dielämmer, Grevenbroich
St. Alexius-/St. Josef-Krankenhaus Neuss, „Teilstücke“
Ausstellungsraum 35blumen Krefeld, „BLUME BERG und MEHR“
2017
Haus Randerath Korschenbroich, „Rad-Lager“
Teloy Mühle Meerbusch, Jahresausstellung der Freien Künstler
2016
Alte Post Neuss, Jahresausstellung
2015
Rathaus Galerie Kaarst, „Parallele Welten“
2014
Universitätsklinik Düsseldorf, „Annäherungen“
2010
Kunst- und Kulturhaus Viersen,“ Bewegt - Beyond Movement“
2009
Evangelische Kirche Möllen, „Verwandlungen“
2008
Kunst- und Kulturhaus Viersen, „Mutabor“
ursula-h.neubert@gmx.de www.ursula-helene-neubert-malerei.de
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IMPRESSUM
Copyright: Ursula Helene Neubert 1. Auflage 2019 Fotografie: Tilman Neubert Grafik-Design, Bildbearbeitung: Uwe Dressler, Dressler Design
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