Magazin der EB Zürich Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Nr. 27 – Herbst 2010
Generationen management: Alt + Jung = Erfolg Rolf Lyssy: Die Schweizer macher als Musical?
EDITORIAL
FITTE ALTE – FIT FÜRS ALTER? In «meinem» Fitnesscenter ist eine ganze Wand mit Autogrammkarten berühmter Sportler tapeziert. In den Widmungen bedanken sich diese für die tolle Unterstützung (ohne die diese Athleten natürlich nie in der Lage gewesen wären, diese Leistung zu vollbringen).
EB KURS Nr. 27 – Herbst 2010 Magazin der EB Zürich, Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Zürich, Riesbachstrasse 11, 8090 Zürich TELEFON 0842 843 844 FAX 044 385 83 29 INTERNET www.eb-zuerich.ch E-MAIL marketing@eb-zuerich.ch HERAUSGEBER Serge Schwarzenbach (für die Geschäftsleitung) REDAKTION Christian Kaiser, Fritz Keller (silbensilber, Zürich) GESTALTUNG Giorgio Chiappa MITARBEIT Guido Blumer, Kati Dietlicher, Jürg Fischer, Lea Gottheil, Rita Torcasso, Fritz Franz Vogel FOTOS Susanna Anliker, Philipp Baer, Roger Canali, Reto Schlatter ILLUSTRATIONEN Andy Fischli, Eva Kläui DRUCK Ringier Adligenswil AG TITELBILD Reto Schlatter
Wenn ich mich so umsehe, wer sich an diesen modernen Körperarbeit-Ersatz-Maschinen so abrackert, dann entdecke ich zum grossen Teil «Athleten/-innen», die spätestens 1960 an den Olympischen Sommerspielen in Rom teil genommen haben. Und sie sind immer noch fit! Später, in der Garderobe, dreht sich das Gespräch nicht um den Jassabend oder den organisierten SBB-Ausflug ins Tessin, sondern es wird über das «Geschäft» gesprochen. Die Leute sind berufstätig, engagiert, tragen Verantwortung und fällen Entscheide. In Zukunft wird die Altersgruppe der 50- bis 65-Jährigen viel grösser sein als die der 15- bis 24-Jährigen. Nicht nur ein amüsantes Phänomen in den Fitnesscentern, sondern eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt und entsprechend auch für die berufliche Weiterbildung; auch die Unternehmen sollten sich allmählich fit trimmen für ihr alterndes Personal. Lesen Sie dazu unsere Titelgeschichte ab Seite 8. Unsere Aufgabe als Erwachsenenbildungsinstitution ist es aber auch, dem Berufsnachwuchs möglichst praxis nahe Kompetenzen mit auf den Weg zu geben. Zum Beispiel für all jene, die eine journalistische Laufbahn ins Auge fassen. Die Teilnehmenden des aktuellen Bildungsgangs «Journalismus» haben als Abschlussarbeit für diese Ausgabe eine Beilage zum Thema «Nachtgeschichten» verfasst – weitgehend in Eigenregie. Das Ergebnis finden Sie in der Heftmitte. Viel Lesevergnügen. Serge Schwarzenbach Herausgeber
inhalt 5 Porträt Auf der Suche nach einer Lehrstelle: Adisorn Srithamma hat auch dank einem Deutschkurs Erfolg gehabt. 6 Event Denkende Roboter? Rolf Pfeifer, Experte für künstliche Intelligenz, zeigte auf, was wir alles von Robotern lernen können.
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8 ARBEIT UND ALTER Arbeitskräfte werden bald knapp. Die Unternehmen werden die Alten noch brauchen; Generationenmanagement wird zum Wettbewerbsvorteil.
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18 Persönlich Elena Schaidl malt in ihren Bildern das Fallenlassen und Getragensein. Als Kursleiterin sucht sie den «gangbaren Weg». 22 Kursfenster Richtig verhandeln heisst, sein Gegenüber ernst zu nehmen und gleichzeitig auf seinen Ansprüchen zu bestehen. 24 Im Gespräch «Ich will mit meinen Filmen Geschichten erzählen», sagt der Regisseur Rolf Lyssy. Seine «Schweizer macher» taugen auch zum Musical.
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Kurzstoffe
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Gesehen, gehört WeiterBildung Rätsel «Wortquadrat» Kolumne Auskunft Vogelschau Kultur Tipps und Tricks Agenda So finden Sie uns
Beilage in der Heftmitte: NACHTGESCHICHTEN
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GESEHEN, GEHÖRT
HELVETISMEN Gut gesagt. Was uns Schweizern ring geht, geht bei den Deutschen leicht von der Hand. Und was wir speditiv erledigen, tun die Deutschen zielstrebig. Wie wir reden und schreiben – da gibt es ein paar Unterschiede diesseits und jenseits des Rheins. Carsten Stütz, Kursleiter für Deutsch an der EB Zürich, hat diese Unterschiede in einer Broschüre zusammengetragen und in ein paar vergnügliche Übungen eingebaut. Dem Autor geht es dabei nicht um Wertung, sondern ums Aufzeigen von kulturellen Unterschieden. Im Kurs «Helvetismen» können diese Unterschiede ausführlich diskutiert werden.
LERNFOYER Gut beraten. Selbstständig lernen heisst nicht, dass man sich alles alleine aneignen muss. Im Lernfoyer der EB Zürich haben Lernende verschiedene Möglichkeiten, an eigenen Projekten zu arbeiten und dabei von Fachpersonen Unterstützung zu erhalten. Entscheidend ist, dass diese Beraterinnen und Berater gut ausgebildet sind und genau wissen, wie sie die Lernbegleitung gestalten. Das zeigte sich deutlich in einem Fachgespräch mit Dr. Geri Thomann von der Pädagogischen Hochschule Zürich, das kürzlich im Lernfoyer zum Thema stattfand. Lern begleitung, so die Quintessenz, heisst nicht, die Lösungen zu zeigen, sondern nur den Weg dorthin.
KURZGESCHICHTEN Gut geschrieben. Die Teilnehmenden des aktuellen Bildungsgangs «Literarisches Schreiben» zeigen, was sie können. In einem schön gestalteten Buch haben sie Kurzgeschichten versammelt, die im Bildungsgang entstanden sind. «Sommers Ende» heisst da ein eindeutiger Titel, «Ich-Röhre» ein etwas verschlüsselter. Die Texte machen Lust auf ein Lesefest, das am 6. November 2010 im BiZE stattfinden wird. Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den bisherigen zehn Bildungsgängen werden aus veröffentlichten und unveröffentlichten Texten vorlesen. Das Buch kann in Buchhandlungen bestellt werden (ISBN 978-3-905744-03-3, ca. Fr. 26.–), nähere Informationen zum Fest finden sich unter www.eb-zuerich.ch.
f e s t iv Lern ürich Z B E
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Freitag, 10. September 2010 17 bis 22 Uhr Bildungszentrum für Erwachsene BIZE Riesbachstrasse 11 8008 Zürich
www.lernfestival.ch
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LERNFESTIVAL Gut gelernt. Das Lernfestival findet vom 10. bis 11. September 2010 statt. In der ganzen Schweiz werden im Rahmen des Lernfestivals die unterschiedlichsten Events aus allen Bildungssparten angeboten. Auch die EB Zürich macht am Samstag, den 10. September, von 17 bis 20 Uhr für Neugierige ihre Türen auf. Interessierte erhalten in einstündigen Veranstaltungen einen Einblick in verschiedene Themen: «Now I phone» etwa zeigt den professionellen Einsatz des iPhone, «Mit guter Stimmung Anklang finden» ist ein Training für die klingende Visitenkarte, im «Tea Time Talk» wird englisch kommuniziert. Das ganze Programm findet sich unter: www.eb-zuerich.ch.
PORTRÄT
Von Khon Kaen nach Dietikon Lehrstellensuche. Als Adisorn Srithamma, 18, vor drei Jahren in die Schweiz kam, konnte er kein Deutsch. Dann büffelte er Vokabeln und Grammatikregeln. Nun hat er eine Lehrstelle als Polybauer gefunden und wird unter anderem Baugerüste fachgerecht aufstellen. AUFGEZEICHNET Fritz Keller BILD Reto Schlatter
«Ich bin nun seit drei Jahren in der Schweiz. Bis ich fünfzehn war, lebte ich in der thailändischen Stadt Khon Kaen, einer Stadt etwa 360 Kilometer nordöstlich von Bangkok. In die Schweiz bin ich gekommen, weil meine Mutter hier mit einem Schweizer verheiratet ist. Ich wusste nicht genau, wohin mich die Reise führt, kannte nur Bilder, die eine schöne Natur zeigten. Am Anfang war es schwierig. Ich hatte all meine Kollegen in Thailand zurückgelassen. In Dietikon, wo ich wohne, wurde ich in eine Einschulungsklasse eingeteilt, vor allem, um Deutsch zu lernen. Das war gar nicht so schlecht, aber natürlich konnte ich mit meinen viel jüngeren Mitschülerinnen und Mitschülern nicht viel anfangen. Ich bin ein ruhiger Mensch, von mir aus rede ich nicht so viel. Nach einem Jahr wechselte ich in die Integrationsklasse an der Berufswahlschule Limmattal. Da habe ich viel gelernt, vor allem Deutsch und Mathematik.
Und endlich fand ich auch gleichaltrige Freunde, die in einer ähnlichen Situation waren wie ich. Das half mir sehr. Als das Berufswahljahr vorbei war und ich immer noch keine Lehrstelle hatte, wechselte ich ins Programm ‹Junior Power› der Stadt Zürich. Die Hälfte der Woche arbeite ich in einer Metallwerkstatt, die andere Hälfte haben wir Unterricht. Und wir werden unterstützt in der Lehrstellensuche. In drei Monaten schrieb ich etwa 30 Bewerbungen für eine Lehrstelle als Automobilfachmann. Leider erhielt ich nur Absagen. Einmal wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Aber mein Deutsch war nicht gut genug. Gerne wäre ich auch Koch. Ich koche viel für mich selber, thailändisch, aber auch Schweizer Gerichte. Leider habe ich auch als Koch keine Lehrstelle gefunden. Noch immer ist mein Deutsch nicht so, wie es sein sollte. Deshalb habe ich mich auch für diesen Stützkurs an der EB Zürich angemeldet. Es gefällt mir, ich mache meine Aufgaben und lese auch immer wieder deutsche Artikel im Internet. Vor ein paar Wochen habe ich mich an verschiedenen Stellen auch als Polybauer beworben. Nach einem Vorstellungsgespräch konnte ich eine Schnupperlehre machen. Ich habe mich voll eingesetzt und es hat geklappt, ich habe einen Vertrag. Ich weiss, es ist ein strenger Beruf, aber ich freue mich. Im August beginne ich meine dreijährige Lehre. Und vielleicht kann ich später immer noch Automobilfachmann oder Koch werden.» EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 5
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Können Roboter denken? Künstliche Intelligenz. Welche Rolle spielt der Körper bei der Entwicklung von Intelligenz? Ist es wirklich so, dass unser Geist unser Handeln steuert? Können wir von Robotern lernen? Prof. Dr. Rolf Pfeifer, einer der weltweit renommiertesten Forscher über Robotik und künstliche Intelligenz, referierte an der EB Zürich über «Artificial Intelligence zwischen Science und Fiction». TEXT Christian Kaiser BILD Susanna Anliker
Der Mann ist wirklich ein Global Player. Ein Tüftler, ein Netzwerker, ein Smart Brain, das mit den hellsten Köpfen rund um diesen Globus zusammenarbeitet: MIT, Peking, San Diego, Paris, Brüssel waren Forschungsstationen. 2003/2004 hielt er als Professor für Informationswissenschaft und -technologie an der Uni Tokio die «erste globale, voll interaktive, videokonferenzbasierte Vorlesungsreihe» ab. Im letzten Jahr hat er aus Schanghai nachgedoppelt: Diesmal waren die internetbasierten Videokonferenzen zusätzlich mit virtuellen 3-D-Räumen ausgestattet, in welchen die Forschenden aus verschiedensten Disziplinen zusammenarbeiten konnten. Die sogenannten «ShanghAI Lectures 1.1» (AI steht für Artificial Intelligence) werden in diesem Jahr auch von Zürich aus um den Globus geschickt. Denn Rolf Pfeifers Homebase ist das «ai lab», das Artificial Intelligence Laboratory am Institut für Informatik der Universität Zürich (http://ailab.ifi.uzh.ch). Beim Bauen lernen. Rolf Pfeifer will nicht weniger als die Intelligenz verstehen, die menschliche und die künstliche – und die Unterschiede zwischen beiden. Und her6 EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010
ausfinden, wie unser Körper unser Denken und Lernen beeinflusst. Nebenbei bastelt er immer wieder an der neusten Generation von Robotern mit. Beides ist natürlich eng miteinander verknüpft: Wer intelligente Roboter bauen will, muss verstehen, wie Intelligenz funktioniert. Und wer mit selber lernenden Robotern experimentiert, erfährt dabei auch etwas über das Lernen an sich. «Understanding by building», Verstehen durch Bauen, nennt Pfeifer dieses Konzept. Was Pfeifer und seine Forscher dabei gelernt haben, illustriert er anschaulich anhand von verschiedenen Roboter-Generationen der letzten zwanzig Jahre: Da waren die «Swiss Robots», die aus Hindernissen kleine Häufchen bildeten. Oder die drei kleinen Lego-Roboter, die alle baugleich waren, sich aber im Aussenmaterial leicht unterschieden und völlig verschiedene Dinge taten. Oder «Stumpy» der bereits über zwanzig verschiedene Varianten der Fortbewegung beherrschte und sich im Dutzend zu einer ballettähnlichen Choreografie arrangieren liess. Lernen = Körper und Bewegung. Seine langjährigen Versuche mit
Robotern haben ihn eines gelehrt: Lernen erfolgt durch Bewegung, über die physikalische Interaktion mit der Umwelt. Intelligenz hängt nicht allein von der steuernden Zentrale (Hirn, Algorithmen, Computerprogramm) ab, sondern genauso vom Körper, von der Körperlichkeit. Die Kognitionswissenschafter und AI-Forscher haben dafür den Begriff des «Embodiment» geprägt; die Erkenntnisse und Gedanken eines Organismus haben ihren Ursprung in der Morphologie (Oberflächenbeschaffenheit, Struktur), den Materialeigenschaften und der Umgebung eines Körpers. Descartes lag falsch. Pfeifer ist einer, der für seine Forschung rund um künstliche Intelligenz die bestehenden Konzepte über unser Denken radikal hinterfragt. Die jenigen der Psychologen und der Neurowissenschafter genauso wie die der Philosophen. Descartes’ «Ich denke, also bin ich» etwa gehe von einer Trennung zwischen dem Geistigen und dem Körperlichen aus und greife zu kurz. Das Hirn ist für Pfeifer zwar wichtig, aber nur ein Teil des ganzen Denkapparates. Seine Message an die Neurowissenschafter lautet darum schlicht: «Wer nur das Hirn
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untersucht, kann überhaupt nichts aussagen.» Denn das Nervensystem und der Körper sind für Pfeifer an der Entwicklung von Intelligenz gleichermassen beteiligt, arbeiten gewissermassen arbeitsteilig zusammen. Dass der Geist als Schaltzentrale den Körper kontrolliere, sei hingegen schon in neuropsychologischen Experimenten in den 80er Jahren widerlegt worden (z. B. im «Libet-Experiment» von Benjamin Libet 1979). Radikaler Querdenker. Das Hirn als Kommandozentrale anzusehen, als «zentralisierte Steuerung», oder – wie gerade en vogue – in seiner Funktionsweise mit dem Internet zu vergleichen, ist für Rolf Pfeifer ebenso falsch, wie es das Bild vom
Herz als Pumpe im Mittelalter war. Oder der Vergleich des Gehirns mit einer Telefonzentrale zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Das Problem ist, dass wir uns immer wieder mit bekannten Metaphern behelfen, um komplexe Dinge zu verstehen. «So überzeugend diese Metaphorik auch ist, so falsch ist sie auch», sagt Pfeifer. Einer von seinen Lieblingssätzen lautet: «Es kann immer auch anders sein.» Für seine Intelligenz-Theorie bezieht er sich nicht nur auf die Robotik, er baut auch neuere Ansätze aus Biologie, Psychologie und den Neurowissenschaften ein. Oder die unkonventionellen Beobachtungen seiner Studenten. Wenn man Rolf Pfeifer zuhört, erhält
man den Eindruck: Nur das Querdenken, das Sich-Lösen von ein gefahrenen Denkmustern bringt wirklich neue Sichtweisen und Erkenntnisse. Und die braucht’s, um Roboter zu bauen, die denken, sich wie Menschen bewegen und vielleicht sogar fühlen können. Eines Tages. Vielleicht. Denn: Auf die Publikumsfragen, wohin sich die künstliche Intelligenz entwickelt, weigert sich Pfeifer schlicht, eine Antwort zu geben: «Die Prognostiker liegen immer falsch.» Rolf Pfeifers Intelligenz-Theorie lässt sich anschaulich nachlesen in dem Buch: Rolf Pfeifer und Josh C. Bongard, How the Body Shapes the Way We Think – A New View of Intelligence, MIT Press, 2006, 394 Seiten.
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ARBEIT UND ALTER
Das Alter als Wettbewerbsvorteil Wege aus der Demografiefalle. Die Erwerbsbevölkerung wird immer älter. Der Nachwuchs wird langsam knapp, ältere Arbeitnehmende sind hingegen wenig gefragt. Wie soll das gehen? Weiter die Alten ausrangieren und junge Fach kräfte importieren? Unternehmen müssen umdenken: Eine Personalpolitik, welche die älteren Mitarbeitenden wertschätzt, wird zum Wettbewerbsvorteil. Text Christian Kaiser Bilder Reto Schlatter
Wer den 50. Geburtstag gefeiert hat, kann sich fit, jung und dynamisch fühlen – wenn er die Stellenanzeigen durchblättert, wird er trotzdem den Eindruck bekommen, zum alten Eisen zu zählen: «Alter: zwischen 30 und 40 Jahren» lautet nicht selten das Anforderungsprofil. Daran, dass es immer die Arbeitnehmenden ab 50 sind, die in Krisen wegrationalisiert und sozialverträglich frühzeitig in Rente geschickt werden, hat man sich ja längst gewöhnt; auch daran, dass die Betriebe die Abgänge im nächsten Aufschwung durch günstigeren Nachwuchs ersetzen. Das Alteisen-Syndrom. Die Alten haben in der Arbeitswelt ein Imageproblem: teuer, wenig flexibel, lernfaul, nicht kreativ, weniger produktiv, kompliziert. Zu den gängigen Vorurteilen gehören auch der «Rückgang der intellektuellen Fähigkeiten», «geringere Mobilität und Anpassungsfähigkeit», «vermindertes Selbstvertrauen und Unsicherheit», «vor allem aber fehlende Innovationskraft», schreibt der Unternehmensberater und Buchautor Norbert Herrmann in seinem Buch «Erfolgspotenzial ältere Mitarbei8 EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010
ter»*. Und Befragungen zeigen, dass Personalverantwortliche vor allem die Leistungskomponenten Lernfähigkeit, körperliche Belastbarkeit, Lernbereitschaft, Flexibilität und Kreativität (in dieser Reihenfolge) deutlich häufiger bei den jüngeren Arbeitnehmenden vermuten als bei den älteren. Schneller, höher, weiter. «Die Liste der Stereotype liesse sich beliebig verlängern», schreibt der Ausser rhoder Zukunftsphilosoph Andreas Giger, der sich seit Jahren mit dem Megatrend Alterung auseinandersetzt. Die Vorurteile liefen alle auf eines hinaus: «Alter heisst Abbau von Leistungsfähigkeit. Und weil es sich in harten Zeiten kein Unternehmen leisten kann, Mitarbeiter zu beschäftigen, die nicht zu hundert Prozent Leistung erbringen, erscheint es nur rational, wenn sich Unternehmen von den älteren trennen.» Oder keine Alten einstellen. Giger sieht die Ursache dafür in einem – in der Wissensgesellschaft eigentlich längst überholten – Leistungsbegriff; zwar spiele die Muskelkraft in der modernen Wirtschaft kaum noch * Norbert Herrmann: Erfolgspotenzial ältere Mitarbeiter, Hanser, 2008, 264 Seiten
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eine Rolle, unsere Vorstellung von Leistung sei jedoch immer noch mit derjenigen im Spitzensport vergleichbar: Leistung = höher, weiter, schneller. Und da können die Älteren eben nicht mithalten. Arbeitskräfte werden knapp. Das Problem ist nur: Unsere Wirtschaft wird immer älter. Die mit Abstand grösste Generation, die Babyboomer, gehen bald in Pension, und die nachstossenden Genera tionen können die Lücken, welche die vor 1965 geborenen hinterlassen, niemals ausfüllen. 2050 wird jeder dritte Einwohner der Schweiz älter als 60 Jahre sein. Gemäss den neusten Prognosen des Bundesamtes für Statistik wird es bis 2030 10 Prozent mehr 45- bis 64-Jährige geben, die Altersgruppen der 15bis 24-Jährigen und der 25- bis 44-Jährigen werden hingegen rückläufig sein. Die Experten sind sich deshalb einig: Qualifiziertes Per-
sonal wird auf dem Arbeitsmarkt bald knapp werden. In einigen Branchen, zum Beispiel im Gesundheitswesen, fehlt der Nachwuchs jetzt schon. Zuwanderung ist keine Lösung. Die Alterung der Erwerbsbevölkerung ist kein schweizerisches Phänomen, sie betrifft auch diejenigen Länder, aus welchen in den letzten Jahren junges, qualifiziertes Personal in die Schweiz zugewandert ist; in Westeuropa wird die Zahl der als besonders innovativ und leistungsfähig geltenden 30- bis 44-Jährigen bis 2030 um 20 Prozent schrumpfen. Die «routinierte Projektleiterin mit Auslanderfahrung und Fremdsprachenkenntnissen, Anfang 30» wird dann schwer zu finden sein. Und vor allem: Wenn es sie irgendwo gibt, werden sie nicht nur Schweizer Unternehmen und ihre Headhunter unbedingt wollen.
DIE BILDER: GENERATIONEN MIT ZUKUNFT IM BLICK In Unternehmen arbeiten verschiedene Generationen zusammen: Neben den Babyboomern (bis 1965 geboren) die Generation Golf (bis 1975 geboren), die Generation dot.com (bis 1985 geboren) sowie die Generation Game (oder Generation Krise, ab 1985 geboren). Ihre bisherigen Erfahrungen haben sich in die Gesichtszüge eingeprägt, allen gemeinsam ist der Blick in eine berufliche Zukunft, in der sie älter sein werden. Der Zürcher Fotograf Reto Schlatter hat dieses Spannungsfeld für EB Kurs ins Bild gesetzt.
«Es ist davon auszugehen, dass wir ab etwa 2015 einen Arbeitskräftemangel haben werden», mahnt der Schweizerische Arbeitgeberverband auf seiner Website. Er hat bereits 2006 – also noch bevor die erhöhte Arbeitslosigkeit im Zuge der Finanzkrise die demografischen Probleme in die Hinterköpfe verbannt hat – eine Kampagne lanciert: Sie soll die Unternehmen sensibilisieren, «damit ältere Menschen in den Unternehmen eine Chance haben». Angesichts des zu erwartenden Arbeitskräftemangels müsste es wohl eher heissen: «damit die Unternehmen bei den älteren Menschen eine Chance haben». Die Alten werden gebraucht. Denn im Klartext bedeuten die Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung nichts anderes, als dass die Zukunft der Schweizer Unternehmen mehrheitlich von Personen zwischen 50 und 65 abhängt. Laut einer Studie von Adecco von 2008 zeigen sich die Schweizer Unternehmen aber immer noch zuversichtlich, dass die Jugend das Problem des künftigen Arbeitskräftemangels lösen wird. «Angesichts der rückläufigen Zahl der Berufsanfänger ist davon aber nicht auszugehen», schreiben die Studienautoren. EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 9
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Die Geschäftswelt habe sich bisher zu wenig mit den Folgen des demografischen Wandels auseinandergesetzt. Die Adecco-Studie sieht für die Betriebe insbesondere folgende drei Möglichkeiten, sich auf die Demografiefalle einzustellen: Arbeitnehmer länger beschäftigen; für Ältere attraktiv bleiben; mit einer alternden Belegschaft die Produktivität steigern. Vorurteile hinterfragen. Die Unternehmen sollen ihre Zukunft also auf diejenige Bevölkerungsgruppe bauen, die gemeinhin als weniger leistungsfähig gilt. Angeblich. Denn: Wie das mit Klischees nun mal so ist, sie sind (mit Ausnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und einer sinkenden Weiterbildungsbereitschaft – siehe Interview Seite 14) durchwegs falsch. Weder sind ältere Arbeitnehmende im Schnitt häufiger krank, noch sind sie weniger flexibel. Die Flexibilität nimmt im Gegenteil im Alter sogar noch zu, zum Beispiel für Auslandeinsätze, weil ältere Arbeitnehmende ja weniger familiäre Verpflichtungen haben. Wie Studien belegen, nimmt auch die Lernfähigkeit im Alter nicht ab. Allerdings ändern sich die Lern-
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muster. Die sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten verbessern sich mit zunehmendem Alter sogar. Ältere Semester denken tendenziell weniger abstrakt und kurzfristig, dafür mehr in Systemen und Beziehungen. Das semantische Lernen, also das Aufnehmen und Anbinden von Begriffsinhalten an bereits gespeichertes Wissen, fällt ihnen gemäss dem Zürcher Neuropsycho logen Lutz Jäncke sogar leichter. «Wir werden die Lernfähigkeit und die Erfahrungen der älteren Menschen noch brauchen, davon bin ich überzeugt», sagte Jäncke an einem Vortrag an der EB Zürich. Tod durch Stillstand. Tödlich für die Lernfähigkeit ist allerdings Routine. Und genau hier liegt in vielen Betrieben das Problem; die Alten machen bis zur Pensionierung das, was sie schon immer gemacht haben – und verlernen vor lauter Unterforderung irgendwann das Lernen. Für die Metro AG mit Holdingsitz in Zug beispielsweise sind Leistungsprobleme eben nicht die «Folge eines natürlichen Alterungsprozesses, sondern das Ergebnis von langzeitig ausgeführten Tätigkeiten, in denen es nichts zu lernen gibt». Die Personalverantwortlichen im Konzern sind des-
halb dazu aufgefordert, «eine Kultur des lebenslangen Lernens zu schaffen», «mit den Mitarbeitenden über 50 über ihre beruflichen Perspektiven zu sprechen» und ihnen «die Möglichkeit zu geben, beschäftigungs- und leistungsfähig zu bleiben». So wie es scheint, sind solche Bekenntnisse im Moment noch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Ressourcenverschwendung. Die Alten auszurangieren, ist hingegen eine «exorbitante Verschwendung von Ressourcen», wie das Institut für Empirische Sozialökonomie schon 2001 festhielt. «Denn mit den Älteren gehen Erfahrung und Wissen verloren – und dies alles nur aufgrund eines Vorurteils von ihrer geringeren Leistungsfähigkeit.» Dabei sind sich die Personalverantwortlichen durchaus auch der Vorzüge älterer Arbeitnehmender bewusst: In Befragungen attestieren sie den älteren Arbeitnehmenden tendenziell ein grösseres Erfahrungswissen, eine höhere Arbeitsmoral und -disziplin, ein besseres Qualitätsbewusstsein, mehr Loyalität, vertiefteres theoretisches Wissen sowie eine leicht höhere psychische Belastbarkeit als den jüngeren. Alles Werte und Tugen-
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den, die in der modernen Wissensgesellschaft durchwegs gefragt sein müssten (siehe Kasten: «Wettbewerbsvorteil 55plus»). Zeichen verkannt? Trotzdem sind die Schweizer Unternehmen alles andere als fit für den Umgang mit ihrer alternden Belegschaft. Die erwähnte Adecco-Studie hat für jedes Land einen «Demografischen Fitness-Index» erstellt. Bewertet werden die fünf Handlungsfelder Karrieremanagement, lebenslan-
ges Lernen, Wissensmanagement, Gesundheitsmanagement und Altersvielfalt. Von 400 möglichen erzielten die befragten Schweizer Unternehmen im Schnitt gerade einmal 172 Punkte. Mehr als 80 Prozent der Betriebe erreichten weniger als die Hälfte der möglichen Punktzahl. Und 50 Prozent der befragten Unternehmen wissen nicht einmal über die Altersstruktur ihres Personals Bescheid. Die Studienautoren schliessen daraus, dass die Schweizer Unternehmen
den «Haupthandlungsfeldern zur Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit offenbar nur wenig Aufmerksamkeit schenken». Die Fitnesskur. In ein ähnliches Horn bläst Martina Zölch, Professorin für Human Resource Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz: «Langfristig gesehen dürfte es als grob fahrlässig angesehen werden, die Heraus forderungen des demografischen Wandels in der Abstellkammer ei-
«Wettbewerbsvorteil 55plus»: Was ältere Arbeitnehmende gut können Die moderne Wissensgesellschaft verlangt vor allem nach produk– haben genug Fehler gemacht, um entstehende Sackgassen tiver Wissensarbeit in Teams. Gemäss dem deutschen Zukunfts vorherzusehen, und können deswegen auch Niederlagen proinstitut entscheiden darum einige Fähigkeiten, die sich überwieduktiver verarbeiten; gend bei älteren Angestellten finden, «zunehmend über den – sind flexibler einsetzbar, weil sie die Kinderphase hinter sich Erfolg». Für die Unternehmen, die sie aktiv nutzen, werden sie haben; zum «Wettbewerbsvorteil 55plus»: – haben ein grosses Durchhaltevermögen, weil sie Aufgaben realistisch einschätzen und ihre Ressourcen einteilen; Ältere Mitarbeitende – streben in der Regel keinen Firmenwechsel mehr an, sind – überblicken komplexere Sachverhalte sowie den gesamten deshalb loyaler und besser planbar; Arbeitsprozess besser, sie kennen das Unternehmen, den – engagieren sich mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Firma, weil Markt und die Mitbewerber und wissen eher, was der Kunde sie ihren Job nicht als Selbstverständlichkeit sehen, sondern als will; eine der wenigen Chancen, beruflich etwas zu erreichen; – haben häufig bessere kommunikative Fähigkeiten, können – sichern Entscheidungen fundierter ab und geben diesen den deshalb gut mit Kunden umgehen, schaffen Vertrauen; erforderlichen zeitlichen Raum; haben eine grössere Treff sicherheit als jüngere; – können besser verhandeln; – haben ein grösseres Allgemeinwissen und einen grösseren – machen bei bestimmten schwierigen Aufgaben (z. B. QualitätsWortschatz; kontrolle) weniger Fehler, weil sie sich nicht so schnell ablenken – können effizienter Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden; lassen.
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nes Unternehmens zu platzieren und ihn in der Unternehmensund Personalstrategie nicht zu berücksichtigen.» Zusammen mit einem Expertenteam der Hochschule für Wirtschaft FHNW verschreibt sie den Unternehmen im neuen Buch «Fit für den demografischen Wandel?»* ein Fitnessprogramm in vier Stufen: 1. Wissen, wo das Unternehmen steht: Die Altersstruktur analysieren und demografische Zukunftsszenarien entwickeln. 2. Wissen, wo die Mitarbeitenden stehen: Individuelle Standort bestimmungen durchführen und gegenseitige Erwartungen offenlegen. 3. Führungskräfte qualifizieren: Stereotype übers Alter abbauen und eine Unternehmenskultur aufbauen, welche die älteren Mitarbeitenden fördert. 4. Von guten Praxisbeispielen lernen: Sich von innovativen Lösungen anderer Unternehmen inspirieren lassen, von ihren Erfahrungen mit altersgerechtem Personalmanagement ler* Zölch/Mücke/Graf/Schilling: Fit für den demografischen Wandel? Haupt, 2009, 390 Seiten
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nen und die eigene Praxis überdenken. Die Generationen managen. An Ansätzen und Strategien für eine altersgerechte Personalpolitik mangelt es nicht: Ob «Generationenmanagement», «Age Management», «lebensphasenorientierte Personalpolitik» oder «lebenszyklusorientierte Personalentwicklung» – im Grundsatz geht es bei all diesen Schlagworten um das Gleiche: Eine Personalpolitik, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Generationen im Unternehmen abgestimmt ist, die Lern- und Leistungsfähigkeit aller Altersgruppen fördert und den Know-how-Transfer zwischen den Generationen langfristig sichert. Und natürlich den älteren Arbeitnehmenden die Wertschätzung zukommen lässt, die sie verdienen. Erfolg = Alt + Jung. Generationenmanagement fokussiert auf die erfolgreiche Zusammenarbeit von Alt und Jung. Zum Beispiel in ganz bewusst aus verschiedenen Generationen zusammengesetzten Teams. Die Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmenden sind vor allem bei Jungen – auch jungen Führungskräften – verbreitet, die
bisher wenig mit Älteren zusammengearbeitet haben. Gemischte Generationenteams schlagen so mehrere Fliegen mit einer Klappe: Sie fördern den Wissenstransfer von Alt zu Jung und von Jung zu Alt und helfen gleichzeitig, die altersbezogenen Klischees abzubauen. Das gelingt im operativen Tagesgeschäft am besten: «Bringen Sie alte Hasen und junge Wilde gerade jetzt in Workshops zusammen», empfiehlt etwa der Unternehmensberater und Coach Ralf Overbeck. «Ideen, Erfahrung und Know-how lassen sich so schnell sammeln und erfolgreich implementieren.» Etwas plakativ definiert er Generationenmanagement als: Alt + Jung = Erfolg. Auf Weiterbildung setzen. Ein wichtiger Pfeiler eines aktiven Generationenmanagements sind auch gezielte Weiterbildungsmassnahmen für ältere Mitarbeiter, denn die Weiterbildungsquote bei Mitarbeitern über 50 Jahre beträgt in der Schweiz nicht einmal 25 Prozent. Das dürfte auch daran liegen, dass die Unternehmen vor allem die jüngeren Mitarbeitenden mit Weiterbildungen fördern. Dass das Wissen und die Quali fikationen älterer Mitarbeiter so
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zwangsläufig veralten, liegt auf der Hand. Laut Norbert Herrmann bedarf es deshalb einer «Entwicklungs- und Qualifizierungsoffen sive, vor allem für die Mitarbeiter der 45plus-Generation». Die Fachleute sind sich einig, dass eine gute, altersgerechte Personalpolitik über kurz oder lang zum Wettbewerbsvorteil wird. Herrmann: «Unternehmen, denen es gelingt, intelligente Wege zu finden, um das reich vorhandene Potenzial älterer Mitarbeiter zu erschliessen, werden die negativen Auswirkungen des demografischen Wandels am wenigsten zu spüren bekommen – und damit die Nase im Wettbewerb vorn haben.» Ins Alter investieren. Herrmann empfiehlt den Führungskräften, ihre Mitarbeitenden wie ein Wertpapier-Portfolio zu betrachten: «Schliesslich sind Ihre Leute minLINKS www.demografiefitness.ch – Instrumente, um die Fitness im Unternehmen zu überprüfen www.arbeitgeber.ch > Arbeit und Alter – die Altersstrategie des Arbeitgeberverbandes www.generationenmanagement.info – Tipps für erfolgreiches Generationenmanagement www.lebensphasenorientierte-personalpolitik.de – ein Projekt für zukunftsgerichtete Personalpolitik www.agebroker.de – Jobbörse für die zweite Karriere in Deutschland
destens genauso wertvoll.» Die zentralen Fragen dabei lauteten: Welches Potenzial steckt in ihnen? Wie entwickeln sie sich? Welche Risiken verbergen sich? «Niemand würde eine sinnvolle Wertpapierstrategie darin sehen, alles zu kaufen, was neu auf den Markt kommt, oder alles, was billig ist.» Das gelte auch für eine gute Personalstrategie. Der demografische Wandel zwingt Wirtschaft und Gesellschaft dazu, den Wert älterer Arbeitskräfte – und des Alters an sich – ganz grund legend zu überdenken. Der Neuropsychologe Lutz Jäncke brachte es an einer Veranstaltung des Schweizerischen Forums für Erwachsenenbildung an der EB Zürich auf den Punkt: «Wir müssen so weit kommen, dass Stereotype über ältere Mitmenschen wie krank, behindert, langsam, impotent, hässlich, arm, depressiv, mental abbauend, nutzlos und isoliert ersetzt werden durch erfahren, genau, potent, attraktiv, finanziell, unabhängig, optimistisch, mental beweglich, mental gesund, wertvoll, sozial eingebunden, gesund, weise.» Jugendlichkeitswahn war gestern. Die Zukunft ist reif.
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Gemeinsam erfolgreich dank wirkungsvollem Generationenmanagement Erfolgsfaktor Wertschätzung. Prof. Dr. Anita Graf ist seit 2004 Professorin für Human Resource Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Sie ist überzeugt, dass eine wertschätzende Kultur die Leistungfähigkeit in den Betrieben erhöht. An der EB Zürich leitet Anita Graf den neuen Kurs «Wirkungsvolles Generationenmanagement». nehmen betrachtet und gefördert? Haben wir eine Kultur der Wertschätzung, wertschätzende Kommunikation, wertschätzende Beurteilungssysteme und Arbeitsbedingungen, die Autonomie und Gestaltungsfreiraum ermöglichen? Aber es muss auch im Einzelfall geprüft werden, was die Ursachen sind, die zu niedrigerer Produktivität geführt haben. Das lässt sich in einem Einzelgespräch herausfinden. Ein Auslösefaktor kann beispielsweise die Beziehung zwischen dem Mitarbeitenden und dem Vorgesetzten sein; wie viele Mitarbeitende zeigen durch den Wechsel eines Vorgesetzten plötzlich ganz andere Fähigkeiten und sind wieder voll motiviert.
Frau Graf, Arbeitnehmende ab 50 gelten in vielen Unternehmen als weniger produktiv, als kostspielig, innovationsfeindlich, unflexibel. Ist da etwas dran? Ältere Mitarbeitende ab 50 sind keine homogene Altersgruppe. Es gibt sehr grosse individuelle Unterschiede. Studien zeigen beispielsweise, dass sich innerhalb von Altersgruppen grössere Leistungs unterschiede feststellen lassen als zwischen den Altersgruppen. So kann ein 30-Jähriger weniger produktiv, innovationsfreundlich und flexibel sein als ein 55-Jähriger. Die Generation 50plus gilt auch als wenig lernwillig. Entspricht das Ihrer Erfahrung? Die Lernfähigkeit nimmt im Alter nicht ab. Die Weiterbildungsbereitschaft jedoch schon. Sicher ist aber auch, dass Unternehmen die Lernbereitschaft positiv beeinflussen können, beispielsweise durch eine lernförderliche, entwicklungsförderliche Kultur und die Sensibilisierung für das lebenslange Lernen. Erbringen ältere Arbeitnehmende nicht die Leistung, die sie könnten, weil ihre Arbeitskraft zu wenig wertgeschätzt wird? Natürlich ist Wertschätzung zentral. Die wichtige Frage lautet: Wie werden ältere Menschen im Unter14 EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010
Was können Arbeitnehmende über 50 tun, um der inneren Kündigung vorzubeugen? Ich kann die Wichtigkeit von Standortbestimmungen nicht genug betonen. Eine ehrliche Beurteilung der Situation hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten, Motivationen, Werte, Sinnfragen ist sehr wichtig. Man sollte sich die Frage, was die wesentlichen Dinge im Leben sind, in jeder Lebensphase wieder neu stellen. Weitere Punkte sind: – Selbstverantwortlich denken und handeln. – Neue Lernfelder suchen, etwas riskieren, sich Möglichkeitsspiel(t)räume eröffnen. – Neue Tätigkeitsbereiche anvisieren mittels Weiterbildung. – Schauen, wo Freude entsteht, diese Felder aus bauen. Möglichkeiten suchen, um in der jetzigen Tätigkeit mehr Freude zu integrieren (falls dies nicht möglich ist, Konsequenzen ziehen). – Mit den Vorgesetzten das konstruktive Gespräch suchen. – Gezielt Belastungen reduzieren und Ressourcen aufbauen. Kurse zum Thema – Wirkungsvolles Generationenmanagement – Älter werden im Beruf – Professionelle Laufbahnplanung in 5 Schritten – Kompetenzen-Portfolio – Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcenmodell Weitere Infos und Anmeldung unter www.eb-zuerich.ch
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Wortquadrat von Jürg Fischer 1 3
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Waagrecht (i = j = y) 3 Vermeintlich die Schönste im Bankenwesen – muss aber aufpassen, dass sie nicht selbst hineingerät 9 Bezweckt die städtische Gebietsentwicklung 11 Eine Reinschrift wäre darauf glatte Verschwendung 13 Macht international jedes Buch unverwechselbar, das Kürzel 14 Wo französisches Strassentheater stattfindet 15 Stressbedingte Ursache für Geschwindigkeitsexzesse 16 Konzentrationsübung für Köche 17 Was die Mutter für die Schraube, aber auch der Hammer für den Nagel 21 Hat das Format für Westentaschen, was da im Anzug ist 2 4 Gälte dies für alle Schlaufen, könnte man sich eigentlich nicht verlaufen 26 Ein Schwiegersohn, der sprachlich in die Jahre gekommen ist 28 Bildet das 17 waagrecht zur Pflicht 29 Einer, der TV total gern hat 30 Das hört man viel in der Unterwelt der Übernamen 31 Zirkusstück 3 2 Im Jahr, wie es beim Lateiner war
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Senkrecht 1 Geht, auch an der EB Zürich, idealerweise mit Lernfähigkeit einher 2 Wird, wenn nicht Holland-Spanien, oft mit Hitchcock in Verbindung gebracht 3 Sind die im bayrischen Bierzelt genau definiert? Eher Disziplinierung bei unbotmässigem Tun 4 Die der Wahrheit kann sehr kurz sein, aber lange nachwirken 5 Wo nun doch keine alpine Pforte entsteht 6 Womit Petrus eine Urform des Walking praktizierte 7 Ihr kann die Alster das Wasser (nicht) reichen 8 Kopflose weibliche Pferde, die Lärm verursachen 10 Ursache oder Wirkung der Finanzkrise? Dem Geier ist’s egal 12 Viele davon wurden in Italien zum Euro 18 Ist es der Befund, trägt er nicht zur Eindeutigkeit bei 19 Ist neudeutsch schlicht sauber 20 Der italienische Boulevard, deutsch geschrieben 2 2 Der Knabe von der grünen Insel würde andersherum zur Post gehören 23 Eine Dame mit dem Fuss am Kopf, das ist natürlich Käse 25 Wo Rilke, beinahe in Triest, sehr elegisch wirkte 27 Dient der Knochen-, nicht der Währungsstärkung
Lösungswort
Schicken Sie das Lösungswort, das sich aus den grauen Feldern ergibt, an raetsel@eb-zuerich.ch. Einsendeschluss: 30. September 2010. Die Lösung findet sich ab dem 4. Oktober 2010 auf www.eb-zuerich.ch > Magazin EB Kurs. Unter den richtigen Einsendungen werden 5 Preise verlost. Erster Preis ist ein Bildungsgutschein der EB Zürich im Wert von 100 Franken. Zweiter bis fünfter Preis ist eine EB-Zürich-Tasche.
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Nachtgeschichten Nachts. Was passiert in der Nacht? Was ist das Besondere an der Nacht? Die Teilnehmenden des 20. Bildungsgangs «Journalismus» an der EB Zürich schreiben darüber. Beilage zum Magazin EB Kurs der EB Zürich. Herbst 2010
Legende fehlt Legende 2. Zeile
Beatrice Kälin, Franciska Tièche, Line Numme, Maria Savoldelli, Hansjürg Reber, Adriana Zilic, Sandro Portmann, Monika Z’Rotz-Schärer, Stefan Greter, Vera Honegger, Daniel Roth, Esther Wintsch, Heinz von Niederhäusern, Doris Büchel.
Inhalt Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II Die Stundenrufer der Nacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Ein Nachtspaziergang . . . . III Eine kleine Nacktgeschichte . . . . . . . . . . IV Vom Verschwinden der Nacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV Wenn der Mond rund ist . . . V Das Besondere der Nacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Von Lerchen, Eulen und der inneren Uhr . . . . . . . VI Das kleine Schwarze . . . . VIII Nie mehr arbeiten? . . . . . . VIII Partyhopping mal drei . . . . . IX Stern 162 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Markt für Freunde der Nacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X Engel in Orange . . . . . . . . . . . . X Alpauffahrt bei Nacht . . . . . . XI «nachtwach» . . . . . . . . . . . . . . XI Im Sommer Tag – im Winter Nacht . . . . . . . . . . . XII Singen in der Nacht … . . . XIV Königin der Nacht . . . . . . . XIV Vampire im Zwielicht . . . . . . XV Schlaf, Kindlein, bitte schlaf . . . . . . . . . . . . . . . XV «Vertrauen ist das A und O» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI
II NACHTGESCHICHTEN
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Reto Schlatter
Editorial
Nachtgeschichten
Früher lebten die Menschen im Rhythmus der Natur. Bei Sonnenaufgang begann die Arbeit, und mit dem schwindenden Tageslicht betteten sie sich zur Ruhe. Das gehört der Vergangenheit an. Dank der Elektrizität können wir die Nacht zum Tag machen. Die einen freiwillig, die anderen notgedrungen. Einerseits bieten sich so viele neue Möglichkeiten, andererseits wird es für viele immer schwieriger, zur Ruhe zu kommen und endlich zu schlafen. Oft stand ich am Bett meiner Kinder, der Verzweiflung nahe. Schlaf endlich, schlaf! Ich fragte mich jeweils, wieso die Kinder die Nacht nicht geniessen können. Ist es die Angst davor, etwas zu verpassen? Wissen schon die Kleinen, dass die Nacht mehr ist als Ruhe und Erholung? Wir Teilnehmenden des 20. Bildungsgangs «Journalismus» haben uns auf die Suche gemacht nach Geschichten, welche nur die Nacht schreibt. Gefunden haben wir Geschichten von Menschen, die in der Nacht arbeiten, und solchen, die die Nacht durchfeiern; Geschichten zur Nacht, Nachtgeschichten. Lesen Sie selber.
Monika Z’Rotz-Schärer
Die Stadt nachts mit ganz anderen Augen sehen.
Die Stundenrufer der Nacht Noch vor rund 200 Jahren drehten in Zürich abends die Nachtwächter ihre Runden und hielten über die schlafenden Bürger Wache. An genau festgelegten Orten liessen sie ihren Stundenruf erschallen.
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«Hört, ihr Herrn und lasst euch sagen, unsere Glock’ hat zehn geschlagen ...» Unvermutet tauchen zwei schwarz gewandete Gestalten mit Laterne und Hellebarden aus dem Dunkeln auf und singen bei der Schipfe ihr Nachtwächterlied. Martin Harzenmoser und Markus Lienhart haben vor rund drei Jahren eine alte Tradition wieder aufgenommen und führen interessierte Zuhörer entlang einer alten Nachtwächterroute vom Lindenhof aus rund um den St. Peter durch dunkle Gassen und in heimliche Winkel der Altstadt. «Nachts sieht man Zürich mit ganz anderen Augen und lässt sich auch leichter in die alte Zeit zurück entführen», sind die beiden Nachtwächter überzeugt. «Erste Pflicht der Nachtwächter war es, Brandherde zu entdecken und mit drei markanten Hornstössen möglichst schnell Alarm zu schlagen», erzählt Markus Lienhart. «Nächtliche Ruhestörer wurden mit auf die Wache genommen. Wer ohne Laterne unterwegs war, machte sich bereits als lichtscheues Gesindel verdächtig. Die Sperrstunde in den Wirtschaften war damals schon um neun Uhr abends, und manch ein Wächter war genötigt, die ‹Überhöckler› gelegentlich sogar mit der Hellebarde aus den Spelunken zu treiben», fügt er lachend hinzu. Für viele Teilnehmende sei besonders interessant, an Orte zu gelangen, die normalerweise kaum jemand kennt, meint der historisch interessierte Sekundarlehrer Martin Harzenmoser. Wer verirrt sich schon in die Rollengasse oder ins Kaminfegergässchen? Während der Vorbereitung seiner Touren hat Harzenmoser lange Zeit in den Archiven der Stadt recherchiert und dabei einige Trouvaillen entdeckt. So erzählen die Nachtwächter während ihrer Führungen unter anderem auch über die misslichen hygienischen Verhältnisse im alten Zürich. «Haushaltabfälle hat man ungeniert in die Mitte der Gasse, den sogenannten Ehgraben, geworfen», schildert Harzenmoser vor einem Haus in der Glockengasse. «Frühmorgens musste man auf der Hut sein, weil viele Bürger den Inhalt ihrer Nachttöpfe einfach aus dem Fenster kippten», text Francisca Tièche bild Horst Mitzel doppelt Markus Lienhart nach.
Öffentliche Führungen: Am ersten und letzten Dienstag im Monat Besammlung um 20.30 Uhr auf dem Lindenhof www.nachtwaechterzunft.ch
Ein Nacht spaziergang Langsam wird es Nacht hier auf dem Sternenberg, und ich mache mich auf zu einem meiner Lieblingsspaziergänge. Ein leichter Wind bläst mir ins Gesicht und vertreibt die Hitze des Tages. Der Himmel, von einem zarten, fast durchsichtigen Blau, verfärbt sich im Westen, wo die Sonne untergeht, von Gelb ins Rosarote, dann ins Graue einer Wolkenbank. Kühl und angenehm ist die Luft, duftet schwer vom frisch geschnittenen Gras. Immer wieder fliegen Fledermäuse mit akrobatischer Leichtsinnigkeit durch die Luft. Der Mond zeigt fast sein volles Gesicht und lässt sein silbernes Licht auf den gemähten Wiesen ruhen. Blätter und Äste der Bäume bilden filigrane Scherenschnitte gegen den Nachthimmel. Verlassen steht der Heuwender auf der Wiese – ein riesiges Insekt mit vielen Beinen. Glühwürmchen leuchten am Wegrand, in der Hoffnung, mit ihrem Lichtschein einen Partner anzulocken. Einzelne Sterne schimmern am Himmel, der Mond scheint hell über die hügelige Landschaft. Dort, wo sein Schein nicht hinfällt, ist es dunkel und unergründlich. Nichts ist zu hören, Stille rundherum. Gross und majestätisch ruht die Nacht über dem Sternenberg: ein Hauch von Ewigkeit.
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Vera Honegger
NACHTGESCHICHTEN III
Vom Verschwinden der Nacht Eine kleine Nackt geschichte Schreie wecken mich mitten in der Nacht. Ich beuge mich aus dem Fenster und entdecke zwei Prostituierte, die sich lautstark beschimpfen. Mit einem Seufzer sinke ich zurück ins Bett. Mein Schlaf ist von kurzer Dauer. Kurz nach fünf Uhr läutet der Wecker. Ich falle vom Bett in meine Kleider und schwinge mich aufs Rad. Scherben liegen auf der Strasse, Spuren der Nacht. Gleich um die Ecke treffe ich auf die diensthabende Sexworkerin. Sie trägt ein schwarzes Kleid mit einem grossen Ausschnitt, um die Schultern eine Stola. Auf mein Grüssen ernte ich ein knappes Nicken. Ich überquere die Langstrasse, ein stockbesoffener Mann rudert mit seinen Armen. Beinahe fällt er auf mich. Einige Strassenzüge weiter erblicke ich einen Freier, der auf seinen Zehenspitzen steht. Er äugt durch ein Fenster in eine Parterrewohnung hinein. Zwei Frauen im Bikini sitzen auf Liegestühlen vor dem Fenster und preisen ihren Körper an. Bevor ich den Chreis Cheib verlasse, beobachte ich eine Prostituierte, die vor dem Eingang einer geschlossenen Kneipe sitzt und ihre Füsse aus engen Lackstiefeln mit hohen Absätzen schält. Ich nähere mich dem Löwenplatz, aus einem Schaufenster starrt mich eine Puppe in einem sexy Dress an. Unversehrt erreiche ich den Bahnhof, steige in den Zug und mache die Augen nochmals zu.
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Maria Savoldelli
IV NACHTGESCHICHTEN
Der Mensch hat die Nacht zum Tag gemacht. Doch bei der Beleuchtung der Aussenräume wird übertrieben. Dark Sky Switzerland will Gegensteuer geben. «Wann haben Sie zum letzten Mal die Milchstrasse gesehen?», fragt Geschäftsführer Theo Wirth zurück, wenn man von ihm wissen will, was Dark Sky Switzerland (DSS) ist. In der Tat sind die Nächte in unseren Siedlungsräumen mit der rasanten Entwicklung der Beleuchtungstechnik so hell geworden, dass ein grosser Teil der Sterne nicht mehr sichtbar ist. Es waren denn auch vor allem Astronomen, die DSS 1996 als Schweizer Sektion der International Dark-Sky Association gründeten, um der exzessiven Aussenbeleuchtung – man spricht heute von Lichtverschmutzung – entgegenzutreten. Inzwischen ist die Mitgliederschaft von DSS wesentlich heterogener geworden, denn Lichtverschmutzung ist nicht nur für Astronomen ein Problem: Die künstlich erhellten Nächte bringen den Schlaf-Wach-Rhythmus von Mensch und Tier durcheinander; Vögel müssen die mächtigen Lichtglocken über den Städten umfliegen oder bleiben darin gefangen; Myriaden von Insekten umflattern die Lichtquellen bis zur Erschöpfung, wenn sie nicht vorher daran verbrennen. Das ungenutzt abgestrahlte Licht bedeutet ausserdem einen enormen Energieverschleiss. Bei DSS engagieren sich heute Naturwissenschaftler, Lichtexperten und Architekten, Juristen und Medienleute. Sie leisten Aufklärungsarbeit, beraten Behörden und Unternehmen bei der Planung von umweltverträglichen Beleuchtungskonzepten und unterstützen Privatpersonen im Kampf gegen die Lichtverschmutzung. Theo Wirth ist überzeugt, dass die Arbeit sich auszahlt. Er nennt zwei Beispiele: Bei der Neugestaltung der Rheinfall-Beleuchtung waren Experten von DSS als Gutachter eingebunden und konnten Korrekturen durchsetzen. Und die Skybeamer, die noch das hinterletzte Gartenfest aufpeppten, sind praktisch verschwunden. «Dass dafür keine Bewilligungen mehr erteilt werden, ist nicht zuletzt der Aufklärungsarbeit von Dark Sky Switzerland zu verdanken», sagt Theo Wirth. Schon mit einigen wenigen Massnahmen, so Wirth, lässt sich die Lichtverschmutzung beträchtlich reduzieren. Das Wichtigste: Das Licht soll nur dorthin strahlen, wo es auch benötigt wird; Aussenleuchten müssen vor allem nach oben gut abgeschirmt sein. Und: Warum buhlen Leuchtreklamen auch dann noch um Kundschaft, wenn diese längst in den Federn liegt?
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Heinz von Niederhäusern bild darksky.ch
Die Welt bei Nacht bringt es an den Tag: Wo Geld ist, ist Licht.
Das Besondere der Nacht «Das Symbol der Aufklärung ist das Licht – so bleibt es die Nacht, welche das Unheimliche, Unerklärliche, die Rätsel und Geheimnisse hütet. Schlafen wir nur deshalb nachts, um uns all dem nicht stellen zu müssen?» Mona Vetsch, Fernseh- und Radiojournalistin
Vollmond: Schön anzuschauen und Anlass zum Nachdenken.
Wenn der Mond rund ist Jeden Monat erscheint er pünktlich in seiner vollen Pracht am Nachthimmel – der Vollmond. Niemand kann sich seiner Wirkung entziehen. Ein Plädoyer wider die Wissenschaft. Der Einfluss des Mondes auf die Gezeiten ist erwiesen. Kann es aber sein, dass auch wir Menschen von der Anziehungskraft des Mondes beeinflusst werden? Fragt man die Wissenschaftler, so lautet die Antwort: Nein. Sie gehen lediglich davon aus, dass, wenn überhaupt, das Licht des Mondes einen Einfluss auf den Menschen haben kann. Schlafstörungen und «Mondsüchtigkeit» hätten damit zu tun, dass das nächtliche Licht die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin hemmen kann. Aber sind wir heutzutage nicht so vielen künstlichen Lichtquellen ausgesetzt, dass dieses Argument an Überzeugungskraft verliert? Halten wir uns erst an die Tatsachen. In exakt 27,321 Tagen umkreist der Mond unseren Planeten. Erde und Mond drehen sich ständig um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Dieser liegt knapp zwei Kilometer unter der Erdoberfläche, 4,7 Kilometer vom Erdmittelpunkt entfernt. Während der Mond seinen Kreis um diesen Schwerpunkt zieht, bewegt sich der Erdball eiernd um diesen Punkt und dreht sich zudem täglich um seine eigene Achse. So entstehen ungleichmässige Anziehungskräfte, es entstehen Ebbe und Flut. Ebbe und Flut gibt es zweimal täglich. Der Vollmond leuchtet allerdings nur einmal im Monat. Da Mond, Erde und Sonne bei Vollmond aber auf einer Linie stehen (Sonne und Mond in Opposition zueinander) und der Mond uns dann am nächsten ist, kann es durchaus sein, dass seine Anziehungskraft auch auf unsere Körperflüssigkeiten verstärkt einwirkt. Genau so, wie nur bei Vollmond Springfluten entstehen. Es kann doch sein, dass wir im hellen Schein des Vollmondes in Wallung geraten, schlecht schlafen oder einfach anders sind, weil eine Umstrukturierung unserer Körpersäfte stattfindet. Schon Paracelsus sprach im 16. Jahrhundert von Hirn- und Nervenströmen, die vom Mond angezogen würden wie eine Kompassnadel vom Nordpol. Mag die Wissenschaft in vielem recht haben: Trotzdem beeinflusst der Mond uns Menschen. Sei es auch nur durch unsere selektive Wahrnehmung – frei nach Descartes: «Ich sehe, also bin ich.» Bekanntlich versetzt der Glaube text Line Numme bild Claudia Huldi / pixelio.de Berge.
«Die Dunkelheit der Nacht entzieht uns die vertrauten Bilder, zwingt uns, eigene, besondere Bilder zu kreieren. Ist dann die Nacht, der Traum oder der Gedankenflug lang genug, reihen sich diese Bilder zu Geschichten – zu viel kühneren als alle realen, weil wir uns im Dunkeln viel mehr trauen.» Urs Augstburger, Schriftsteller
«Die Nacht hüllt uns in ihren samtblauweichen Mantel ein, und erst darin können Sterne, Tanz und Diamanten funkeln und glitzern.» Romea Bausch-Spörri, Tänzerin/ Tanzlehrerin für Orientalischen Tanz
«Ich liebe die Nächte, weil die Nervensägen meistens für einige Stunden ruhen. Wahrscheinlich habe ich die meisten meiner Songs zwischen Mitternacht und Morgengrauen geschrieben. Ich glaube, man hört ihnen das irrlichternd Schlaflose auch an.» Büne Huber, Patent Ochsner
«Wenn du nach 5 bis 6 Tagen Radeln, fast ohne zu schlafen, durch die Nacht fährst, sehnst du dich vor allem auf den Morgen. Nicht den, den die meisten von uns normalerweise erleben. nein, den Morgen davor. Den Morgen vor dem Morgen sozusagen.» Andrea Clavadetscher, Sieger Race Across America 2001 nachgefragt haben
Doris Büchel und Esther Wintsch
NACHTGESCHICHTEN V
Von Lerchen, Eulen und der inneren Uhr Eine Nachtschwester, ein Kellner und ein Teamleiter haben etwas gemeinsam: Sie arbeiten gerne in der Nacht. Obwohl Chronobiologen sagen, Nachtarbeit sei ungesund.
Arbeit wird nicht nur am Tag geleistet. Häufig auch in der Nacht. Nachtarbeit ist aber nicht unproblematisch; die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit sind bekannt. Trotzdem gibt es Menschen, die die Nacht freiwillig zum Tag machen: die Bündner Nachtschwester Esther Roman, der deutsche Kellner Bastian Harmel und der in Persien geborene Angestellte Nader Bahrami beispielsweise. «Ich geniesse das Arbeiten in der Nacht, die Gespräche und die Begegnungen, die für mich vor allem nachts möglich sind», sagt Esther Roman. Sie schlafe seit Jahrzehnten schlecht oder wenig, komme mit vier bis fünf Stunden Schlaf aus und mutmasst, dass ihr Körper das einfach mitmache, weil sie so gerne Nachtwache halte. Sie ist 58 Jahre alt und arbeitet seit 30 Jahren als Nachtschwester in einem Pensum von 30 bis 50 Prozent. Alles andere als ruhig geht es zu später Stunde im Restaurant Odeon in Zürich zu und her. Bastian Harmel trägt einen kecken Kinnbart und ist eine sportliche Erscheinung. Er ist 24 Jahre alt und arbeitet im Restaurant Odeon als Kellner, zweimal die Woche bis vier Uhr morgens. «Die Gäste sind lockerer und entspannter, wenn sie nach Feierabend hierher kommen. Da liegt auch mal ein Spass mit der Kundschaft drin», sagt er. Seit acht Jahren macht auch er die Nacht zum Tag und schläft bis weit in den Tag hinein. Die Nachtarbeit sei für ihn kein Problem. Er sei körperlich fit, treibe sehr viel Sport und sei selten krank. Unangenehme Seiten habe sein Beruf aber auch ab und zu. Dann nämlich, wenn Betrunkene morgens um vier Uhr das Lokal mit einer Notschlafstelle verwechselten. Nader Bahrami ist 46 Jahre alt. Seit 12 Jahren arbeitet er als Teamleiter in der Produktion bei einem grossen Schweizer Kabelhersteller. Im Vier-Schicht-Betrieb: sechs Tage Frühschicht, sieben Tage Nachtschicht, VI NACHTGESCHICHTEN
sieben Tage Spätschicht, sieben Tage frei – eine gros se Strapaze für seinen Körper, der aussieht, wie wenn er die Jugendlichkeit konserviert hätte. Vor zwei Jahren hatte Bahrami für ein Jahr als Intermezzo einen geregelten Tagesablauf. Die Lebensqualität sei für ihn damals schon besser gewesen: «Schichtarbeit kann einen Menschen kaputt machen», findet er, «ist für mich aber eine Einstellungssache. Ich habe mich dafür entschieden und richte mein Leben nach diesen Arbeitszeiten.» Gemäss Bundesamt für Statistik leisteten in der Schweiz letztes Jahr über 500 000 Menschen Schichtarbeit. Die reine Nachtarbeit ist in dieser Statistik nicht enthalten. Es gebe Menschen, die jahrelang und bis zur Pensionierung gut Schichtarbeit ausüben können, hält Daniel Hicklin fest. Er ist Leitender Psychologe und Projektleiter für Schichtarbeit an der Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach. Es sei aber bekannt, dass die Probleme bei der Schichtarbeit mit zunehmendem Alter häufiger werden, vor allem die Verschiebungen des Schlaf-Wach-Rhythmus und die Rückumstellung bereiteten im Alter vermehrt Pro bleme. «Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Magen-Darm- und Herz-Kreislauf-Störungen bei Schichtarbeitern häufiger sind. Und die meistverbreiteten Probleme sind ganz klar Schlafstörungen.» Dies bestätigt auch Till Roenneberg, Chronobiologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München: «Zu wenig Schlaf über eine lange Zeit stresst unser Immunsystem und kann zu Fettleibigkeit, Diabetes, Persönlichkeitsveränderungen und Depressionen führen», sagt er. Und er weiss, wie wir ticken: Seit mehreren Jahrzehnten erforscht er die innere Uhr von Menschen, Tieren, Pflanzen und Zellen. Chronobiologie heisst diese noch junge Wissenschaft. Die innere Uhr unterscheidet zwischen verschiedenen Zeittypen, denen die Wissenschaftler Chronotypen sagen. Da sind einerseits die Frühtypen, die früh am
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Was rät der Experte für die innere Uhr den Schicht arbeitern? «Frühtypen sollten in den Frühschichten und Spättypen in den Spätschichten arbeiten», empfiehlt Roenneberg. Die Schichtarbeitsforschung habe diesen Innenaspekt jahrelang vernachlässigt. Um die Arbeit rund um die Uhr gut abdecken zu können, müsse man individuelle Lösungen suchen. Sein Traum wäre es, dass die Arbeitnehmer sich in Zukunft chronotypisieren liessen. Das heisst, sie würden eine Empfehlung bekommen, in welchen Schichten sie am besten arbeiten könnten. «Wenn sie das nicht tun, dann tragen sie selbst die Schuld. Man muss aber die gesamte Industrie darauf aufmerksam machen, dass sie mit einer Einteilung wie bisher die Leute krank macht und dafür auch verantwortlich ist», sagt er. Dazu müsste seiner Meinung nach erst mal eine politische Entscheidung getroffen werden: Es sollten keine Extrazulagen auf Nachtschichtarbeit mehr ausbezahlt werden, da durch sie der Anreiz, gegen die innere Uhr zu arbeiten, zu gross sei. Die Einführung der Sommerzeit findet er auch «einen Unsinn». Der Mensch könne sich gar nicht richtig daran anpassen, und sie erhöhe den sozialen Jetlag um eine Stunde. Von sozialem Jetleg spricht man, wenn die gesellschaftlichen Zeitpläne in Disharmonie mit unserer inneren Uhr sind.
Nader Bahrami weiss um die Problematik der Schichtarbeit, er sieht für sich aber vor allem die positiven Seiten: Die freien Zeitfenster, die sich für ihn ergeben. Freizeit untertags, in welcher er dies und das erledigen kann, wenn die meisten ihrem Tagewerk nachgehen. Das Arbeitsklima unterscheide sich für ihn am Tag nicht sonderlich von dem in der Nacht. Wenn seine Arbeit und sein Arbeitgeber es zulassen würden, würde er jedoch gerne wieder am Tag arbeiten. Esther Roman hingegen kann sich nicht vorstellen, tagsüber zu arbeiten. Sie hat es wiederholt versucht und immer wieder verworfen. Oft nimmt sie sich Zeit, am Bett der Patienten zu sitzen, ihnen zuzuhören und ihre Hände zu halten. Das Menschliche stehe für sie in ihrem Beruf im Vordergrund. Viele Patienten hat sie in ihrem Sterbeprozess begleitet. Den Angehörigen spendet sie Trost und weint mit ihnen. Neulich sei ein junger Mann in ihrem Beisein gestorben. Dieser Todesfall habe sie sehr beschäftigt. Am Tag des Abschiedsrituals für das Personal im Spital war sie in einem Rosengarten in Bischofszell. Gleichzeitig wie das Abschiedsritual im Spital fand im Rosengarten eine Meditation statt: «21 Minuten für Dich». Spontan nahm sie daran teil. «Dieses Erlebnis hat mich tief bewegt», sagt sie mit ihrer ruhigen Stimme, die so gar nicht zur grellen Hektik des Tages passen will. text Esther Wintsch illustration Mattiello
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Morgen erwachen und sofort munter sind. Man nennt sie Lerchen. Und andererseits die Spättypen, die abends lange leistungsfähig sind und erst spät müde werden – die Eulen. Zwischen den extremen Lerchen und Eulen gibt es viele Mischtypen. Unser Chronotyp ist zu einem grossen Teil genetisch programmiert, wir können ihn nicht mit unserem Willen verändern: «Lehrer sind beispielsweise meistens Lerchen», sagt Roenneberg. «Als Eulen könnten sie nämlich mit einer Horde von dreissig Jugendlichen gar nicht umgehen um acht Uhr morgens.»
Buchtipp: Till Roenneberg: «Wie wir ticken; Die Bedeutung der Chronobiologie für unser Leben». DuMont Buchverlag, Köln, 2010. 320 Seiten, Fr. 30.50. Den eigenen Chronotyp bestimmen: www.thewep.org
NACHTGESCHICHTEN VII
Das kleine Schwarze Mitte der 20er-Jahre brachte Coco Chanel ein überaus schlichtes und komplett schwarzes Kleid auf den Markt. Eine Farbe, die bis anhin nur verheirateten Frauen und Witwen vorbehalten war. Und es endete kurz über dem Knie – ein Skandal! 1926 veröffentlichte die «Vogue» einen gezeichneten Entwurf des Kleides mit dem treffenden Kommentar: «Dieses schlichte Kleid wird eine Art Uniform für alle Frauen mit Geschmack werden.» Das kleine Schwarze war geboren. Obwohl zu kurz, zu gewagt, zu schlicht, avancierte das kleine Schwarze zum Klassiker und machte Coco Chanel unsterblich. Kult-Status erlangte das Kleid mit Audrey Hepburn im Film «Frühstück bei Tiffany». Das speziell für diesen Film von Givenchy entworfene kleine Schwarze brachte übrigens bei einer Versteigerung bei Christie’s im Jahr 2006 rund 600 000 Euro ein. Der höchste Preis, der je für ein Kleid aus einem Film bezahlt wurde. Längst hängt das kleine Schwarze – in mindestens einer Ausführung – in jedem weiblichen Kleiderschrank. Frau kombiniert auf ihre eigene, originelle Weise. Von Ballerinas bis High Heels, alles ist erlaubt. Seinen Höhepunkt erreicht das Kleid nachts. Im kleinen Schwarzen wird jede Frau zum Vamp.
Nie mehr arbeiten?
Casinos haben etwas von einer unbezwingbaren Festung. Die Bank gewinnt immer. Eines Nachts wollte ich das Casino bezwingen. Das war mein Plan. Gleich vornweg: Ich habe beim Selbstversuch gewonnen. Neben einem lustigen Abend auch Geld. Zu Hause zog ich einen schwarzen Sakko, dunkelblaue Jeans und meine italienischen Lederschuhe an. Ich steckte fünfzig Franken ein. Fünfzig Franken verlieren, sei’s drum – dachte ich – die habe ich schon dümmer ausgegeben. Vor dem Spiegel überprüfte ich nochmals meine Kleidung: Wenn ich untergehe, dann mit Stil. So würde ich ohne Problem ins Casino kommen. Später merkte ich: Reinkommen ist gar nicht das Problem. Im Casino wirkte alles sehr glamourös: Roter Teppichboden, Kronleuchter, ganz klar, hier roch es nach Geld. Einziger Kontrapunkt waren zwei heruntergewirtschaftete Gestalten, die gebeugt über den Tischen hingen. Bei mir musste das anders sein. Schliesslich hatte ich mir eine Strategie zurechtgelegt. Die versuchte ich gleich mal beim Roulette. Ein 5-Franken-Jeton auf Schwarz. Die Kugel fällt. «19, Rot», sagt die blonde Frau mit den streng nach hinten gebunden Haaren. Ich will sie kontern und lege zwei Jetons auf Schwarz. «7, Rot», die Stimme der Frau zeigt keine Emotion. Roulette ist ein doofes Spiel, dachte ich mir und wechselte zum Blackjack-Tisch. Dort sass ein freundlicher älterer Herr namens Willi. Als ich nach dem Einsatz fragte, sagte er: «20 Franken Minimum.» Ich schaute auf mein Budget – 40 Franken waren noch da – und legte das Plastikgeld auf den Tisch. Das Spiel ging schnell, sehr schnell. Eine Minute entschied über Sieg oder Niederlage. Zehn Minuten waren vergangen, und ich hatte 80 Franken gewonnen. Jetzt noch auf Hundert und ich höre auf, sagte ich mir. Irgendwie verlor ich das Zeitgefühl. Auch den Bezug zum Geld. Es waren ja nur Plastik jetons. Dasselbe dachte sich wahrscheinlich der korpulente Mann neben mir und wechselte zum dritten Mal eine 200-Franken-Note in Jetons um. Seine Frau neben ihn schien das nicht zu kümmern. Er lächelte sie an, als wollte er zu ihr sagen: «Diesmal schaffe ich es.» Ich meinerseits hatte meine Hunderter-Limite erreicht und ging – ohne das Casino geknackt zu haben – nach text Sandro Portmann bild Conor Ogle / flickr.com Hause.
Das Aussehen des kleinen Schwarzen hat sich im Laufe der Jahre verändert. Der Zauber, den es auf Designer, Frauen und Männer ausübt, nicht.
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Doris Büchel
Roulette ist ein doofes Spiel, dachte ich mir ...
VIII NACHTGESCHICHTEN
Stern 162 Wer den Code nicht aus wendig kennt, sollte nicht in letzter Minute an der Haltestelle aufkreuzen. Eine Anleitung für Zürcher Nachtbusse.
Ausschwärmen: Partygänger ergiessen sich jeden Abend auf der Vergnügungsmeile.
Partyhopping mal drei
Donnerstagabend: Zürich bereitet sich auf das Wochen ende vor. Die Limmatstadt hat einiges an Vergnügungen zu bieten. Ein trendiger, ein verruchter und ein gewöhn licher Partyort im Selbsttest. 21.00 Uhr, erster Halt: Rimini Bar, tagsüber Männerbadi am Schanzengraben und ab 7 Uhr abends trendy Freiluftbar für jedermann. Hier treffen Szenis auf Normalos, gestärkte Hemden auf ausgeleierte T-Shirts. Die buschigen Sträucher und Palmen lassen schnell Ferienfeeling aufkommen. Dahinter tritt hie und da die graue Felswand hervor, da die Bar in einem Graben liegt. Von irgendwoher ertönt rockige Musik, die geht jedoch im Stimmengewirr rasch unter. Man sitzt am Boden auf verstaubten Teppichen, mampft Pizza und Kartoffelsalat und trinkt dazu kühles Bier. Fazit: Wer’s gerne einfach, aber stylish mag, ist in der Rimini Bar genau richtig. Manchmal etwas überfüllt, was die vielen schönen Menschen wieder wettmachen. Szenenwechsel. Sie ist Zürichs Hure schlechthin, Fressmeile, Vergnügungsviertel und Rotlichtmilieu zugleich: die Langstrasse im Kreis 4 mit ihrem Dauerbetrieb in den hippen Bars, den Striplokalen und den modernen Restaurants. Wohin das Auge reicht, verruchtes Jung und Alt mit Drinks in der Hand und Zigaretten im Mund. Man unterhält sich erregt oder streitet lauthals – manchmal auch mit Gewalt. Hier darf man das eben, denn die Langstrasse ist frei von jeglichen Konventionen und deshalb nahe am Puls des Lebens. 23.00 Uhr, johlende und pöbelnde Agglo-Kids zwischen Dirnen und Drogenabhängigen, der Alkoholpegel ist hoch und die Stimmung beinahe auf dem Höhepunkt. Fazit: Für Partygänger, die Lust auf das volle Leben haben: Sex, Drugs and Action. Oder zu später Stunde noch einen Happen essen gehen wollen. Einige Stationen im 4er-Tram weiter in Richtung Seefeld, weg von trendy Insider-Plätzen und verruchten Vierteln, hat das «Mascotte» seine Bässe voll aufgedreht. Der Club am Bellevue ist stets gut besucht. Heute haben Ladys bis 23.00 Uhr kostenlosen Eintritt, ein Cüpli gibt’s gratis dazu – was die Warteschlange vor dem Eingang erklärt. Drinnen tanzen betrunkene Gäste, und eine Gruppe von Frauen hat fast die gesamte Tanzfläche in Beschlag genommen. Sie liegen sich in den Armen und hüpfen lallend zu Hip-Hop-Beats umher. Fazit: Urbane Gäste, nicht unbedingt trendig und für Clubbesuche der durchschnittlichen Sorte. Dafür ist das Mascotte aber schnell und einfach erreichbar.
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Adriana Zilic
Der Nachtzuschlag versteckt sich gut in der unübersichtlichen Code-Liste auf dem Ticketautomaten. Ein Fünf liber in der Tasche beschleunigt den Ticketkauf, besonders wenn man angetrunken ist. Wer sich noch fit fühlt und von der Nacht noch nicht genug hat, setze sich in die vordere Bushälfte. Da lässt es sich besser beobachten: die aufgedrehten Teeniegirls in ihren High Heels, der Typ, der barfuss und in Shorts durch die mittlere Tür einsteigen will, und die Fahrerin, die schreit: «Vorne einsteigen!» Man lasse sich von der Masse schöner Menschen am Limmatplatz verführen und überlege sich, ob man sich nicht doch noch auf ein letztes Abenteuer in die Menge stürzen will. Das Ticket gilt die ganze Nacht, und die ist noch jung. Oder man schätze das Durchschnittsalter der Passagiere und komme zum Schluss, der älteste zu sein. Man torkle dann in den hinteren Teil des Busses, dahin, wo es so schön schaukelt, und zeichne mit halb zugekniffenen Augen aus den Rücklichtern der Autos lange rote Streifen in die Nacht. Nach 40 Minuten wird man auf ein Trottoir 10 Fuss minuten von der Haustür ausgespuckt. Zeit genug, noch etwas laue Nachtluft zu schnuppern, seine alkoholisierten Gedanken durchzulüften und sich auf sein Bett zu freuen.
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Daniel Roth
NACHTGESCHICHTEN IX
Markt für Freunde der Nacht «Wir wollten einen Flohmarkt veranstalten für alle, denen der Morgen zu früh ist», sagt Daniela Jeck. Zusammen mit zwei Freunden hatte sie vor acht Jahren die Idee, eine Plattform für nachtschwärmerische Secondhand-Begeisterte und Kleinstgewerbler ins Leben zu rufen. Die Organisation ist einfach. Für einen Standplatz schreibt man sich vorgängig in der Bar «Daniel H.» im Kreis 4 persönlich ein. So fällt nebst dem frühen Aufstehen auch der Stressfaktor «Platz ergattern» weg. Mittlerweile ist der Nachtmarkt eine feste Grösse im Zürcher Nachtleben. Alle zwei bis drei Monate findet er an einschlägigen Orten statt. Teils unter freiem Himmel, wie zum Beispiel im Park des Landesmuseums, ein anderes Mal unter Dach in der Alten Börse. Jeweils um 19 Uhr geht’s los, in der Regel mit Open End.
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Der Nachtmarkt ist längst kein reiner Flohmarkt mehr, tummeln sich doch unter den Ständen auch kleine, feine Designermarken. So findet man eine Retro-Tischleuchte oder kunstvollen Schmuck neben neuen Pantoffeln für die Kleinsten. Das Publikum ist entsprechend vielfältig. Am frühen Abend kommen viele Fami lien mit ihren Kindern. Später kommen dann die wahren Freunde der Nacht, die sich zu dieser Zeit eindeutig wohler fühlen als am frühen text Line Numme Morgen. www.nachtmarkt.ch
X NACHTGESCHICHTEN
Sicherheitswärter Eckhart überwacht das Entladen von 40 Tonnen Schotter.
Engel in Orange
Täglich durchqueren unzählige Züge die Schweiz. Was die Fahrgäste meist ausser Acht lassen: Die Gleise müssen gewartet werden. Ein nächtlicher Besuch bei Gleisbauern. An der nahen Hohlstrasse in Zürich Altstetten lehnen sich junge Männer an ihre teuren Sportwagen, machen lässige Sprüche und lassen die Motoren ihrer Lieblinge aufheulen. Nur wenige Meter davon entfernt treffen sich richtige Männer im Werksgebäude der Gleisbauer zur Arbeit. Es ist kurz nach zehn Uhr nachts. Sie ziehen ihre orangefarbenen Berufskleider an, hören ruhig und gespannt den Anweisungen von Vorarbeiter Ronald Cyriaci zu. Schon vor dem Eintreffen der ersten Kollegen sass Cyriaci über seinen Schreibtisch gebeugt. Über ihm wachen auf einem Poster zwei Engel und verleihen dem ansonsten schmucklosen Büro etwas Sakrales. Dann geht es an die Arbeit. Zwölf Männer verteilen Material auf zwei Kleinbusse und einen Güterwagen. Der Führer zieht mit seiner Lok zwei Wagons mit ingesamt 40 Tonnen Schotter heran. Um halb zwölf Uhr fahren die Männer Richtung Urdorf. Dort muss ein 24 Meter langes Schienenstück, Joch genannt, ersetzt werden. Vor Ort entladen die Gleisbauer die Fahrzeuge, stellen Lampen auf, werfen den Generator an – die Nacht wird zum Tag. 300 Meter von einer Signalanlage entfernt steht Sicherheitswärter Jens Eckhart, bläst in sein Horn und warnt damit die Kollegen vor dem heranna henden Zug. Die ganze Nacht ist das seine Hauptaufgabe. «Besonders im Winter kann ich manchmal vor lauter Klammheit meine Glieder kaum mehr bewegen», sagt Eckhart. Die Nachtarbeit bringe insbesondere in der warmen Jahreszeit auch Vorteile. Die Sonne brenne einem trotz Schutzhelmen nicht dauernd auf den Schädel. Etwas anderes macht den Gleisbauern mehr zu schaffen: der Wechsel von Tag- auf Nachtarbeit. «Da kommen Körper und Kopf schon durcheinander», sagt Eckhart. Zwischen ein und vier Uhr ist die Bahnstrecke vollständig gesperrt. Die Vorbereitungsarbeiten für das Ersetzen des Jochs in einer der folgenden Nächte können beginnen. Schotter wird entladen, Gleise werden durchfräst, provisorisch wieder miteinander verbunden, Signallampen aufgestellt. Die Arbeiten an den Gleisen sind für diese Nacht beendet. Wieder im Werksgebäude, säubern die Gleisbauer das Material, verräumen dieses und essen etwas Kleines. Vorarbeiter Cyriaci schreibt unter den Augen der beiden Engel das Arbeitsprotokoll. Die Gleisbauer in Orange bescheren mit ihrer Arbeit Tausenden von Fahrgästen eine sichere Fahrt – eine starke Leistung.
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Hansjürg Reber
«nachtwach»
Alpauffahrt bei Nacht Familie Meile aus dem Thurgau fährt jeden Sommer auf die Alp. Die Vorbereitungen dafür kommen einer logistischen Meisterleistung gleich.
Auf der Alp Geitenberg im Bisisthal, 1743 m ü. M., sitzt Kari Meile vor der Alp hütte und raucht eine Krumme. Seit fast drei Monaten ist er mit seinen Kühen, Rindern und Kälbern auf der Alp. Seine Gedanken schweifen zurück zu jenem Freitagabend Mitte Juni, als zwei grosse Lastwagen mit 49 Kühen und Rindern Richtung Bisisthal abfahren. Kari und sein Sohn Sämi folgen mit 15 Kälbern in ihren Anhängern. Die Kälber schaffen den Aufstieg nicht, sie werden in der Nacht mit einer Seilbahn auf die Alp transportiert. Im Bisisthal angekommen, lassen sich Kari und seine Tochter Sandra zuerst verladen, die Nacht ist sternenklar und bitterkalt. Nach 17 Minuten ist die Kälberkiste wieder unten, so lange dauert die Fahrt zwischen Seilbahnstation und Alp. Zwei Kälber werden mit vereinten Kräften in die hölzerne Kiste gehievt. Sämi zieht die Seile an und deckt den Kasten mit einem Plastik zu, so bleiben die Kälber schön trocken. Die Seilbahn fährt an, steil geht es hinauf. Hoch oben in einer Waldschneise steht der erste Mast, den es zu überwinden gilt. Plötzlich fährt die Seilbahn rückwärts: Die beiden Kälber sind zu schwer; die Seile sind voll Wasser, laufen noch nicht wie geschmiert. Vier Anläufe braucht es, bis die Seilbahn genug Schwung hat, um die schwere Kiste über den ersten Mast zu ziehen. Dann geht es reibungslos weiter. Sämi und Theres kennen jeden Handgriff, wissen genau, wie sie die Kälber am besten in die Kisten kriegen. Die Nacht wird kälter, kurz vor Mitternacht kommt heisser Kaffee von der Alp herunter. Der ist hochwillkommen, mit neuem Elan werden die Kälber in die Kisten gehievt. Die Zeit zwischen dem Verladen wird trotz Kaffee lang und länger, Theres und Sämi kämpfen gegen den Schlaf, fühlen, wie die Kälte in ihre Kleider kriecht. Jedes Kalb scheint schwerer. Sie wickeln sich in Wolldecken ein, wärmen sich gegenseitig. Um halb fünf ist das letzte Kalb sicher in der Kiste. Eine Stunde später kommen Kari und Sandra mit der Seilbahn herunter: Die Alpauffahrt mit den Kühen und Rindern beginnt. Karis Krumme ist ausgegangen, es ist spät in der Nacht. Von weitem hört er die Glocken seiner Kühe. Bald steht die Alpabfahrt vor der Tür; er hofft, dass alle seine Tiere gesund auf seinen Hof zurückkehren werden.
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Vera Honegger
Montag, Mitternacht: Moderatorin Barbara Bürer sitzt im Schweizer Fernsehen vor dem Bildschirm. Sie animiert die Wachgebliebenen, im Studio anzurufen und ihre Geschichten zu erzählen. Das Thema heute: «Blind vor Wut». Die Studiodekoration simuliert die Intimität eines Wohnzimmers. Barbara Bürer hört zu, fragt nach, lässt erzählen. Charlotte berichtet von der Ungerechtigkeit im Zusammenhang mit ihrer Scheidung. Diese gros se Wut machte sie krank: Sie war gelähmt und sprachlos im wörtlichen Sinn. – Marlene schreibt im Mail, ihr Mann habe gestanden, dass er eine Liebhaberin hatte. Da wurde sie rasend vor Wut und konnte nur noch auf ihn einschlagen. Was bringt Menschen dazu, ihre ganz persönliche Geschichte zu erzählen? Dinge, über die man in einem anonymen Chat schreibt oder die man sonst bestenfalls einem guten Freund anvertraut? «Es ist der Schutz der Nacht», sagt die Psychologin Angelika Thoma. Sie begleitet die Sendung im Hintergrund. Menschen aus allen Schichten und Berufen melden sich. Sie vermutet, dass es oft Menschen sind, die sonst niemanden zum Reden haben. Obwohl «nachtwach» keine Ratgebersendung ist, werden Menschen mit ganz krassen Geschichten nicht alleingelassen. Ihnen wird ein Gespräch mit der Psychologin angeboten. Dienstag, eine Stunde nach Mitternacht: Barbara Bürer verabschiedet sich, bis zum nächsten Montag.
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Sämi und seine Helfer hieven gleich zwei Kälber in die Transportkiste der Seilbahn.
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Monika Z’Rotz-Schärer
«nachtwach»: Montag von Mitternacht bis ein Uhr auf SF 1 und DRS 3 NACHTGESCHICHTEN XI
Im Sommer Tag – im Winter Nacht Die durchschnittliche Sonnenscheindauer im Yukon, dem hohen Norden Kanadas, beträgt 20 Stunden im Sommer, 4 im Winter. Die Natur gibt den Lebensrhythmus vor. Werner Walcher hat sich für ein Leben im Yukon entschieden und ist vor 15 Jahren aus Deutschland ausgewandert. Herr Walcher, es ist September, und die langen, dunklen Winternächte stehen bevor. Wie gehen Sie mit der Dunkelheit um? Werner Walcher: Es ist gar nicht so dunkel, wie alle immer meinen. Da bei uns keinerlei Lichtverschmutzung herrscht, strahlen die Sterne unglaublich hell. Zudem reflektiert der Schnee. Das heisst, es wird trotz Nacht nie ganz dunkel. Und wenn der Mond scheint, dann verwandelt sich die ganze schneebedeckte Landschaft in eine einzige Märchenwelt. Meinen Sie mit der Märchenwelt auch die farbigen Nordlichter? Das ist natürlich fantastisch. Die sogenannten «Nor thern Lights» tanzen richtiggehend am Himmel. Meistens in den Farben Grün und Violett. Doch eigentlich haben sie nichts mit dem Winter zu tun, sondern mit der Sonnenaktivität. Sie sind also auch im Sommer zu sehen, dann einfach weniger klar. Haben Sie die nordischen Nächte erlebt, bevor Sie in den Yukon gezogen sind? Ja, das habe ich, und das war für mich einer der magischen Momente. Wir sind mit Schlittenhunden durch die verschneite, endlos wirkende Landschaft gefahren, der Trail beleuchtet vom Mondlicht. Da dachte ich: Schöner kann das Leben nicht sein. Die Temperaturen können doch bis auf minus 40 Grad fallen, wie gehen Sie denn mit dieser eisigen Kälte um? Da muss man sich einfach anpassen. Sich Kleider und Schuhe kaufen, die auch bei diesen Temperaturen noch genügend warm halten. Überhaupt heisst es da vorsorgen. Genügend Vorräte zu Hause haben, damit man für ein paar Tage nicht in die Stadt muss. Denn man will ja nicht riskieren, durch diese MinusXII NACHTGESCHICHTEN
grade das Auto zu beschädigen. Und wenn es so richtig schneit, ist man sowieso mit nichts anderem als mit Schneeschaufeln beschäftigt. Denn ohne das kommt man erst recht nicht mehr weg vom Haus. Doch es ist eine trockene Kälte, anders als in Europa. Das heisst, Sie gehen auch bei minus 40 Grad noch raus auf einen nächtlichen Spaziergang? Ja natürlich, dann erst recht! Die Luft scheint zu gefrieren, die Welt stillzustehen. Sie bewegen den Kopf und hören die Geräusche in Ihrem Körper. Das Verschieben der Gelenke, das Rauschen des Blutes. Eine Ruhe – unvorstellbar – wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Das tönt alles sehr romantisch. Doch letztlich muss der Mensch bei solchen Extremen doch sehr sorgsam mit sich umgehen, um zu überleben. Das ist so, und da kommt mir ein Beispiel in den Sinn. Ein Spanier kam im Winter hierher, um das Yukon Arctic Ultra Race auf dem Husky-Trail von 500 Kilometern zu Fuss zu laufen. Er hatte schon etliche Sahara-Tracks und andere Verrücktheiten hinter sich. Bei minus 35 Grad Celsius auf dem Trail hat er die Orientierung verloren, bekam Todesangst und hat sich komplett verausgabt. Daraufhin hat er sein Vorhaben abgebrochen. Er meinte, wenn er sich in der Sahara verlaufe, dann lege er sich hin und erhole sich. Und es wurde ihm bewusst, dass wenn er sich bei der Kälte hier in den Schnee legen würde, er nie mehr aufwachen würde. Leiden Sie nicht unter Lichtmangel während des Winters? Lichtmangel ist tatsächlich ein Problem, er kann zu Depressionen führen. Viele machen eine Lichttherapie und nehmen zusätzlich Vitamine ein. Früher
Werner Walcher: «Dank den extremen Nächten kann ich spezielle Aufnahmen machen.»
sprach man von «cabin fever». Die Leute waren Selbstversorger, ernährten sich von ihren Vorräten und hatten wochenlang keinen Kontakt zu anderen Menschen. Ist das heute anders? Ja, die Menschen sind eingebettet in der Zivilisation. Whitehorse ist eine Stadt, die auch im Winter funk tioniert. Die Menschen gehen einer Arbeit nach, in der Freizeit ins Hallenbad oder auf die beleuchteten Langlauf-Loipen. Aber auch so muss dem Lichtmangel entgegengewirkt werden. Viele machen im Januar Ferien und reisen irgendwohin an die Sonne, um den langen Winter zu unterbrechen. Dafür haben Sie 20 Stunden Sonne im Sommer. Im Sommer ist es oft fast zu viel Licht. Die Sonne scheint beim Aufstehen, egal wie früh man aufsteht. Und die Sonne scheint auch noch beim Zeitunglesen kurz vor Mitternacht. Ohne Uhr herrscht Orientierungslosigkeit, der Körper schaltet auf Dauerbetrieb. Kommt da der Rhythmus nicht komplett durcheinander? Sie brauchen ganz klar weniger Schlaf im Sommer. Es verschiebt sich alles ein wenig, und man hat das Gefühl, unendlich viel Zeit zu haben für all das, was man tun will. Letzte Woche habe ich ein deutsches Kamerateam begleitet. Von der anfänglichen deutschen Pünktlichkeit und Planung war Ende Woche nicht mehr viel zu spüren. Erstens kamen sie nie ins Bett und dementsprechend auch nicht wieder raus. Der Zeitdruck, um bei einem gewissen Licht die Aufnahmen machen zu können, fällt komplett weg. Mediterrane Lebensweise im hohen Norden!
Sie selbst sind Filmemacher und Fotograf. Wie gestaltet sich Ihre Arbeit bei diesen Extremen? Abgesehen davon, dass die Landschaft und die Tierwelt unzählige Themen und Motive bietet, kann ich spezielle Aufnahmen machen dank den extremen Nächten. Im Winter bei Vollmond drehe ich ohne Probleme Filme. Und das goldene Abendlicht des Sommers, das Sie in Europa vielleicht eine halbe Stunde geniessen, das dauert bei uns mindestens vier Stunden. Wenn ich in dieser Zeit unterwegs bin und das Glück habe, einen Bären mit seinen Jungen beim Spielen zu filmen, ist das ganz einfach unbeschreiblich. Der Yukon strahlt eine solche Faszination aus, da kriegt man nie genug. Kurz: für meine Arbeit die perfekten Voraussetzungen.
interview
Beatrice Kälin
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yukonimages.com
Werner Walcher ist Filmemacher und Fotograf. Er berät und begleitet europäische Filmcrews, die im Yukon filmen. Seit 15 Jahren lebt er mit seiner Familie 40 Kilometer ausserhalb von Whitehorse, der Hauptstadt. Der Yukon ist 12-mal so gross wie die Schweiz und zählt total 35 000 Einwohner, davon leben 80 Prozent in Whitehorse. Dafür beheimatet der hohe Norden Kanadas eine Vielzahl von Wildtieren in grossen Populationen. Da erstaunt die Aussage von Werner Walcher nicht: «Im Yukon ist der Mensch Gast in einer Tierwelt.»
NACHTGESCHICHTEN XIII
Singen in der Nacht ...
Grosser Vogel Die Nachtigall ward eingefangen, Sang nimmer zwischen Käfigstangen. Man drohte, kitzelte und lockte. Gall sang nicht. Bis man die Verstockte In tiefsten Keller ohne Licht Einsperrte. – Unbelauscht, allein Dort, ohne Angst vor Widerhall, Sang sie Nicht – –, Starb ganz klein Als Nachtigall.
text
Sandro Portmann
XIV NACHTGESCHICHTEN
Die Zwergfledermaus ist ein Winzling.
Königin der Nacht
In der Nacht gehört die Stadt den Zwergfledermäusen. Geschickt vollführen sie Kapriolen in der Luft und erbeuten dabei Unmengen von Insekten. Ein Spätsommerabend in der Stadt Zürich, in der Bäckeranlage geniessen Anwohner den Feierabend, Clochards nippen an ihrer Bierflasche. Von den meisten Besuchern unbemerkt, fliegen Zwergfledermäuse unruhig, mit vielen Wendungen über ihre Köpfe hinweg. «Die Zwergfledermaus kommt häufig im Siedlungsraum vor», sagt Karin Safi-Widmer, kantonale Fledermausschutz-Beauftragte. Sie jage in der Struktur und finde leicht Unterschlupf in Hausfassadenspalten. Rollladenkästen böten der Zwergfledermaus eine ideale Tagesstätte, auch wenn ihr ärgster Feind, die Katze, gerne auf Fensterbrettern sitzend auf sie lauere. Bevor die Zwergfledermäuse in der Dämmerung ausflögen, betrieben sie Körperpflege und würden mit der Schnauze Parasiten aus der Flughaut herauslesen. «In der Nacht ist die Fledermaus konkurrenzlos und holt sich, was die Vögel tagsüber nicht abgeräumt haben», meint Karin Safi-Widmer. Sie kreisten oft um Strassenlampen, weil Insekten vom Licht angezogen würden. Fledermäuse würden kurze, sehr hohe Rufe aussenden, die für den Menschen nicht mehr hörbar seien. Die Rufe stiessen auf Objekte und prallten retour zur Fledermaus. Dauert es lange, bis das Echo des Aufpralls die Fledermaus erreiche, ist der Gegenstand weit weg – und umgekehrt. Diese Technik, genannt Echolot, mache die Fledermaus absolut unabhängig vom Licht. «Sie zeichnet damit ein ‹Hörbild› ihrer Umgebung», erklärt Karin SafiWidmer. Einer blinkenden Taschenlampe gleich schreie eine Fledermaus unentwegt, was sehr energieaufwendig sei. Die Ruffrequenz der Zwergfledermaus liege bei zirka 45 kHz, in einem eher hohen Bereich. Dies ergebe eine genaue Auflösung ihres Umkreises, sodass die tief fliegende Zwergfledermaus nicht in eine Hauswand krache. Unermüdlich jage sie während der ganzen Nacht (mit Pausen) Insekten. Nur das Weibchen kehre im Sommer regelmässig zum Unterschlupf zurück, um ihr Junges zu säugen. Die Morgendämmerung bricht an, die meisten Leute sind längst nach Hause gekehrt. Auf Parkbänken der Bäckeranlage schlafen Obdachlose. Die Zwergfledermäuse suchen ihren Unterschlupf auf.
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... das tut die Nachtigall. Der Name des zierlichen Vogels macht es deutlich: «Nacht» zeigt die Zeit der Aktivität an, «Galli» ist Althochdeutsch und heisst so viel wie «Singer» oder «Zauberer». Die Nachtigall ist also tatsächlich ein Nachtsinger. Und sie singt auf ihre ganz eigene Weise. Sie beherrscht zwischen 120 und 240 verschiedene Strophentypen. Zu hören ist die Nachtigall vor allem im Mai, wenn die Männchen eine Brutpartnerin suchen. Die meisten Menschen empfinden ihren Gesang als wohltuend. Früher galt er sogar als schmerzlindernd und sollte den Sterbenden einen sanften Tod und den Kranken Heilung verschaffen. Ein ganz besonderer Vogel also, der immer auch wieder in der Literatur Eingang findet. Ein bittersüsses Gedicht hat ihr Joachim Ringelnatz gewidmet:
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Maria Savoldelli
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www.fledermausschutz.ch
Fledermäuse erleben: www.fledermausschutz.ch/ERLEBEN/erleb_ind.htm
Vampire im Zwielicht
«Der kleine Vampir» lehrte uns schon als Kind: Vampire sind Nachtwesen, das Tageslicht ist für sie tödlich. Bis eine Handvoll Teenies die Vampire ins Zwielicht rückte. In mittelalterlichen Sagen stiegen die Seelen der Untoten nachts aus ihren Gräbern und verkrochen sich vor Sonnenaufgang wieder brav in ihren Sarg – so selbstverständlich, dass sich niemand fragte, was passiert wäre, wenn sie sich dem Tageslicht ausgesetzt hätten. Diese Frage stellte sich erst mit dem Einzug der Vampire in die Literatur. Bram Stokers Graf Dracula fühlte sich 1897 bei Tag zwar unwohl und geschwächt. Doch um ihn zur Strecke zu bringen, musste seine Brust mit einem Pfahl durchbohrt und der Kopf mit einem Schwert abgehauen werden. Die These, dass Vampire im Sonnenlicht zu Staub zerfallen, wurde 1922 im Film «Nosferatu» aufgestellt. Von da an galt das Tageslicht lange als sicherer Tod für die Untoten. In einem 1976 gedruckten und 1994 verfilmten Interview machte sich Vampir Louis über Knoblauch und Kruzifixe lustig, nicht aber über Särge und das Tageslicht. Schliesslich waren seine Gefährtinnen qualvoll zu Asche verbrannt, als die Sonnenstrahlen sie in ihrem zum Himmel hin offenen Kerker trafen. Actionheld Blade nutzte Hightech-Waffen mit künstlichem Tageslicht, um die Blutsauger nachts zu zerstäuben. Doch 2004 sahen wir Urvampir Drake nach über hundertjähriger Abwesenheit bei Tag durch die Grossstadt schreiten. Die naive Frage, wieso er das Sonnenlicht vertrage, konterte er lakonisch: «Erinnerst du dich nicht an Stokers Roman? Ich bin einzigartig!» Dem Urvampir Drake, der Ende des 19. Jahrhunderts noch als Dracula auftrat, mag man einzigartige Kräfte zutrauen. Wenn aber im 21. Jahrhundert eine Horde hübscher Teenies durch die Highschool huscht, kaufen wir ihnen ihre Vampirfantasien nur widerwillig ab. Denn als Vampirschönling Edward demonstrativ ins Sonnenlicht tritt, passiert ... nichts! Er steht nur da und funkelt. Das Nachtwesen ist zum 24-Stunden-Produkt mutiert. Sonnige Tage meiden die Vampire aus der «Twilight»-Saga nur aus Angst, durch ihr Glitzern aufzufallen. Ansonsten klappt tagsüber alles wunderbar: Keine Anzeichen von Schwäche oder Unwohlsein, in Edwards Zimmer (voll verglaste Aussenwände!) fehlt der Sarg. Die geballte Ladung Tabubrüche dieser Teenie-Vampir-Romanze geht definitiv zu weit! Wir fordern: Gebt der Nacht die Vampire text Daniel Roth bild Sylvia / pixelio.de und ihren dunklen Zauber zurück!
Schlaf, Kindlein, bitte schlaf Nichts gegen Bettmümpfeli und Schlaflieder, aber wenn’s ans Einschlafen gehen soll, verlangen Kinder Höherdosiertes. Manche Eltern setzen auf den sedierenden Effekt von Haushaltgeräten und schalten den Staubsauger ein; andere packen den munteren Sprössling abends ins Auto und kurven herum, bis er selig schlummert. Solcherlei blieb mir zwar erspart, dafür bestand der Sohnemann auf meiner Anwesenheit in seinem Bettchen, wo ich regelmässig vor ihm einschlief. Allmählich wurde mir mehr Distanz gewährt: Aus meinem Pro krustesbett entlassen, durfte ich mich zunächst unmittelbar daneben, dann vor der Zimmertüre am Boden einrichten, wo ich auf kalten Steinfliesen wenigstens der Lektüre frönen konnte. Und eines Tages, eh man sich’s versieht, schliesst sich die Türe zum Kinderzimmer. Plötzlich verbitten sich die Heranwachsenden jegliche Einsichtnahme in ihre Intimsphäre. Und der Knall, mit dem sie einem die Türe vor der Nase zuschlagen, entspricht dann ungefähr jenem, den sie in der Rübe haben, wenn sich die Pubertät an ihrem Gehirn zu schaffen macht. Nun sind wir Alten erst recht um den Schlaf gebracht, wenn sich die Jugend nächtelang herumtreibt und erst im Morgengrauen – in welchem Zustand auch immer – hoffentlich nach Hause findet. Ist auch das überstanden, verbleibt den geplagten Eltern noch eine Gnadenfrist, bevor die senile Bettflucht sie ereilt.
Vampire: Nachtgeschöpfe im Wandel der Zeit.
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Heinz von Niederhäusern
NACHTGESCHICHTEN XV
«Vertrauen ist das A und O» Der pensionierte Jurist Josef Bokstaller ist blind. Herrscht darum für ihn nur finstere Nacht? Ein Erfahrungsbericht. «Ich war ein kleines Kind, als ich auf meinem rechten Auge blind wurde. Bis heute kenne ich den Grund dafür nicht. Rechts ist nichts: kein Schwarz, kein Weiss, einfach nichts. Als ich 13 Jahre alt war, erblindete ich durch einen Unfall auch auf meinem linken Auge. In den folgenden 35 Jahren war meine Welt Grau. Ich erkannte keine Konturen, keine Farben und erst recht keine Objekte. Den Unterschied von Tag und Nacht habe ich dafür immer wahrgenommen. Wurde es Nacht, wurde auch das Grau dunkler. Dafür bin ich dankbar. Es hat mir geholfen, einen gewissen Tagesrhythmus einzuhalten. Ansonsten hätte ich möglicherweise mit Schlafproblemen zu kämpfen gehabt. Es ist rund 15 Jahre her, seit ich auf die Möglich keit einer Operation der Netzhaut hingewiesen wurde. Diese Chance habe ich gepackt. Innerhalb eines Jahres kamen die Farben zurück. Wenn jetzt das Wetter schön ist, sehe ich Blumen und den blauen Himmel, jedoch vernebelt und vernarbt. Darunter ist es leer. Scheint die Sonne, blendet es mich unwahrscheinlich. Allerdings erst, seit ich wieder Farben sehe. Ich muss dann eine Sonnenbrille aufsetzen. Interessanterweise habe ich während den 35 Jahren, als ich keine Farben erkennen konnte, stets fotografisch klar geträumt. Nach der Operation kamen die Farben zurück, dafür wurden die Träume wieder vernebelt. Die Klarheit von früher war einfach verschwunden. Ich habe auch immer optisch gedacht. Da hatte ich es sicher einfacher als jemand, der seit Geburt blind ist. Geburtsblinde Menschen müssen sich mühsam alles erarbeiten, ertasten. Ich kann immer noch von meiner Erinnerung leben. Als junger Bub ist man ja so interessiert und saugt alles auf. Davon habe ich mein Leben lang profitiert. Seit ich Farben und Konturen wieder erkennen kann, habe ich bei Bergwanderungen ständig mit Schwindel zu
Impressum Die Beilage «Nachtgeschichten» ist die Abschlussarbeit der Teilnehmenden des Bildungsgangs «Journalismus» der EB Zürich. Der Bildungsgang dauerte von Mai 2009 bis September 2010.
Josef Bokstaller: «Tag und Nacht immer wahrgenommen.»
kämpfen. Dieses Gleichgewichtsproblem hatte ich vorher nicht. Da habe ich einfach nichts gesehen und mich voll und ganz auf meine Begleitung verlassen. Sowieso ist Vertrauen das A und O. Besonders ‹gspürig› bin ich übrigens nicht. Meine Frau sagt ab und zu: ‹Hörst du die Grille oder den Vogel?›, aber ich höre gar nichts. Vielleicht sind mein Hör- und Tastsinn etwas besser trainiert, das ist alles. Ob für mich nur finstere Nacht herrscht? Höchstens wenn ich schlafe.»
Text und Bild Doris Büchel Stefan Greter Beatrice Kälin Vera Honegger Line Numme Sandro Portmann Hansjürg Reber Daniel Roth Maria Savoldelli Francisca Tièche Esther Wintsch
aufgezeichnet von
Doris Büchel
Heinz von Niederhäusern Adriana Zilic Monika Z’Rotz-Schärer Titelbild dieser Beilage Werner Walcher Leitung Fritz Keller Reto Schlatter (Bilder) Guido Stalder
Kolumne
Lea lernt: Ein Ort, der einem gehört Gründe finde ich immer. Die Wä sche hat noch nicht gelernt, sich selbst in die Maschine zu stopfen. Wenn ich tagsüber nur damit be schäftigt bin, Kartoffelbrei mit Ka rotten zu kochen und das Gemüse dafür erst noch zu kaufen, beleidige ich meine Fantasie. Dies und Ähnli ches erzähle ich meinen Lieben, die sich sorgen, weil ich so traurig bin. Ich habe eine Idee. Und packe end lich meine Gedichtbände aus den Umzugskisten. Die Kisten bringen einen Moderhauch in unsere neue, moderne Wohnung, ankommen kann man da nicht. Räume die Bände in Greifnähe meines Schreib tisches. Installiere meine Hippie lampe auf dem Tisch. Meinen sil bernen Ideenkasten stelle ich auch darauf. Stifte, Computer, Tastatur. Und warte. Am nächsten Tag schon stehen die ersten Sätze einer neuen Erzäh lung auf einem Papier, sie strickt sich fast von selbst weiter. Ich kann wieder zuhören, Geschenke machen, ich bin wieder da. Nein, es waren nicht die Kartoffeln, es war nicht meine ewige Müdigkeit, es war ganz einfach die Ecke, die mir gefehlt hat. Meine Ecke, wo sich die Fantasie kanalisieren und ausweiten kann, inmitten meiner Lieblingsbücher und Dinge. Als ich damals in Grossraumbüros mein Geld verdient habe, bin ich Lea Gottheil, 34, ist Autorin in Zürich. Für ihre Kurzgeschichten und Gedichte hat sie im In- und Ausland Auszeichnungen erhalten. Kürzlich ist im Arche-Verlag ihr erster Roman «Sommervogel» erschienen. Von Mai 2002 bis Juli 2003 hat sie an der EB Zürich den Bildungsgang «Literarisches Schreiben» besucht.
immer gern zu höhergestellten Mitarbeitern gerufen worden. Nicht, weil ich mich brennend da für interessiert habe, was sie mir zu sagen hatten. Nein, ich durfte einen Blick in ihr Privatleben er haschen. Schokoherzen im Schäl chen neben dem Computer. Auf dem Computer ein kleines Mons ter, das bei der Arbeit zuschaut. Kalendersprüche vielleicht, «I love my job, it’s the work I hate». Hätten wir besser gearbeitet, wenn auch wir unsere festen Plätze gehabt, zu unserem zweiten Zuhause de koriert hätten? Und doch wäre ich gern eine wan dernde Dichterin. Hätte die Gabe, mir auf Sanddünen, in Cafés, auf Parkbänken meinen Schreibplatz einzurichten. Aber tue ich das nicht längst? Sammle ich nicht in Cafés, in Gärten und Läden Ge danken, um sie dann in meinem Reich zu verarbeiten? Setzen sich all die reisenden Dichter und Ma ler nicht unter die Schreibtisch lampe nach ihren Abenteuern, und scheint dieser Platz ihnen nicht der wichtigste Ort auf ihren Reisen? Ist keine noch so kleine Ecke im engen Wohnraum vorhanden, gibt es die Bäume, die Steine, die man sich zu eigen machen kann, das Café mit den Lieblingsbildern und der anderen Frau, die morgens auch ihren Laptop ausbreitet und die man einmal fragen wird, ob sie denn auch dichtet. Ich bin mir sicher, jeder Mensch hat einen Ort, der ihm gehört. Wo er Welten überblicken kann. Ich blicke auf den Üetliberg, der in dieser Hitze aussieht, als hätte man ihn zu oft gewaschen. Wie viele Gedichte und Geschichten dort oben wohl entstanden sind? EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 17
persönlich
Lust am Verborgenen Himmelhäuser – ein schönes Wort! Vielleicht wird Elena Schaidls nächstes Bild so heissen. Sprache und Malerei sind für die Logopädin und Künstlerin gleichermassen wichtig. An der EB Zürich unterrichtet sie Lesen und Schreiben für Erwachsene. Text Kati Dietlicher BildER Roger Canali
Farben. Die Fensterläden sind geschlossen, damit die Sonne nicht an die Scheiben prallt. Es ist angenehm in diesen Innenräumen, still und kühl. Und hell genug, um die Bilder zu betrachten. Die an den Wänden – eigene und solche von anderen Künstlern – sowie die jenigen, die sie eigens bereitgelegt hat, um einen Ein blick in ihr Schaffen zu geben: grosse Einzelbilder, kleinere Paare und Serien, bestehend aus mehreren kleinformatigen Teilen. Vorherrschend sind die Far ben von Luft und Wasser, hie und da heftigeres Rot. Über dem Sofa die «Hängenden Gärten», ein zartes, helles Bild, unter dessen fliessender Leichtigkeit fes ter Grund spürbar ist. Eine gut verankerte Zartheit. Man kann das weder wegwischen noch wegpusten.
Nicht umsonst wünscht sich Elena Schaidl, auf dem Dach der EB Zürich fotografiert zu werden: Sie liebt den Himmel, die Weite – und steht doch mit beiden Beinen auf dem Boden. «Schweben und fallen», das ist das Thema, das sie zurzeit beschäftigt. Gegensätze sind wichtig für die Malerin. Sie bilden die Pole des unsichtbaren Musters, das ihrem Schaffen zugrunde liegt. Dabei interessiert sie sich nicht so sehr für die Extreme, es geht ihr nicht ums Entweder-oder, sondern um alles, was dazwischen liegt, um die Ganz heit letztlich. «Ich möchte das Schweben, das wun derbare Gefühl des Getragenseins ebenso wie das Fallen, das auch mit Loslassen zu tun hat, in einem Bild ausdrücken», sagt Elena Schaidl. Und fügt nach denklich hinzu: «Vielleicht male ich, weil ich man che Sachen nicht begreife. Über die Bilder kann ich mich ihnen annähern und zumindest eine Ahnung von den Zusammenhängen bekommen.» 18 EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010
Haltungen. Elena Schaidls Bilder sind ruhig und zurückhaltend, nicht fordernd und laut. So wie die Malerin selbst. Sie steht nicht gern im Mittelpunkt. Lieber bleibt sie im Hintergrund, aus Bescheidenheit, aber auch weil sie sich die Freiheit bewahren möchte, in ihrer Malerei zu tun und zu lassen, was sie will. Unbeirrt den eigenen Weg gehen. Zum Kunstbetrieb hält sie vorsichtige Distanz und stellt nur selten aus. Aber an der BizArt 08 in der Galerie der EB Zürich hat sie gern teilgenommen – und sie wird sich auch dieses Jahr um die Teilnahme an der alle zwei Jahre stattfindenden internen Ausstellung bewerben. Sie sei ein scheues Mädchen gewesen, erzählt die zierli che Frau mit dem strahlenden Lachen. Und eher da rauf bedacht, zu tun, was man von ihr erwartete. Doch einmal habe sie Einspruch erhoben. Statt an die Kantonsschule zu gehen, habe sie darauf bestan den, das Lehrerinnenseminar zu besuchen. Nicht, weil sie unbedingt Lehrerin habe werden wollen, sondern weil sie wusste, dass sie am Seminar ihre musische Seite würde leben dürfen. Der Aufstand hat sich gelohnt. Elena Schaidl ist gern Primarlehrerin gewesen und arbeitet heute ebenso
PERSÖNLICH
engagiert als Logopädin und Kursleiterin. Es ist also «etwas Rechtes» aus ihr geworden. Und gleichzeitig hat sie damals den Grundstein gelegt zu ihrem zweiten Beruf als Künstlerin. Zufall, Glück, Vorse hung – weiss der Himmel, wer oder was! – segneten sie mit einem wunderbaren Zeichnungslehrer, der ihre Begabung erkannte und sie förderte. «Er war ein gnadenloser Kritiker», sagt Schaidl heute, «aber er hat an mich geglaubt.» Formen. Während der Seminarzeit in Luzern hat sie sich neben dem Zeichnen und Malen intensiv mit Fotografie beschäftigt. Sie liebte das Unmittelbare an dieser Ausdrucksform und das Handwerkliche. Später, nach ihrem Umzug nach Zürich, besuchte sie Kurse an der damaligen Kunstgewerbeschule, hat mit Holz und Ton experimentiert. Neugier ist ein wichtiger Antrieb in ihrem Leben, die Lust am Entdecken und Staunen: «Mich interessiert nicht das Offensichtliche, sondern das, was darunterliegt.» Und das gilt nicht nur für die Malerei. Als Logopädin forscht sie nach individuellen Lösungen für Menschen mit Lese- und
Schreibschwächen, indem sie genau hinhört und auch auf subtile Signale der Betroffenen achtet. «Es ist ein gemeinsames Suchen nach einem gangbaren Weg.» Inspiration für ihre Bilder findet Elena Schaidl in der Natur. Sie liebt karge Landschaften, die felsigen Gip fel oberhalb der Baumgrenze, die Wüste, das Meer. Am liebsten ist sie zu Fuss unterwegs, sammelt Ge genstände – Steine, Federn, Holzstücke – und Ein drücke – Licht, Himmel, Wolken. Alles, was sie nach Hause bringt, setzt sich, sinkt ab und taucht irgend wann wieder auf in einem Bild. Die Künstlerin weiss nie, wohin der Malprozess sie führen wird. Ihr gefällt der Satz von Picasso: «Wenn man ganz genau weiss, was man machen will, wozu soll man es dann über haupt noch machen?» Suchend nähert sie sich ihrem Gegenstand. Schicht um Schicht legt sie ihn frei, mit Bleistift und Kohle skizzierend zunächst und schliesslich malend, Schicht um Schicht, Acryl auf Leinwand, bis das Bild hält. Es dauert seine Zeit, bis die Malerin zufrieden ist mit ihrer Arbeit. Bis alles im Bild ist – Schweben und Fallen.
EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 19
Weiterbildung â&#x20AC;&#x201C; wie ich sie will www.eb-zuerich.ch Weiterbildung â&#x20AC;&#x201C; wie ich sie will www.eb-zuerich.ch
AUSKUNFT
Mail an den Experten Grüezi Herr Hauser Ich habe kürzlich eine kleine Firma (zwei Leute) gegründet und würde gern die Werbung und das Marketing in eigener Sache verbessern. Wo soll ich anfangen? Legen Sie sich eine Kommunikationsstrategie zurecht und planen Sie die einzelnen Aktionen innerhalb dieses Konzepts. So ersparen Sie sich viele Kosten und Leerläufe. Je genauer Sie Ihr Zielpublikum kennen, desto präziser können Sie die einzelnen Werbemassnahmen planen und koordinieren. Mit welchen Werbemassnahmen erreiche ich den grössten Werbe effekt pro investierten Franken? Diese Frage kann so nicht beantwortet werden, da jede Strategie anders ist. Das billigste Werbemittel ist jedoch nicht immer das günstigste. Eine gute Werbemassnahme besteht immer aus einem guten Inhalt (Kreation) und aus einer schlauen Mediastrategie. Was halten Sie von Guerilla-Marketing? (Das klingt nach illega len Marketing-Methoden, die den Leuten auf die Nerven gehen ...) Guerilla-Marketing ist momentan in aller Leute Munde. Es ist relativ einfach: Sie inszenieren etwas, das so spannend oder neuartig ist, dass die Medien darüber berichten. Gute GuerillaAktionen kommen sympathisch rüber, werden aber nachher meist verboten. Denken Sie zum Beispiel an die Aktion, als Pastorini im Dezember 07 «lebensgrosse» Spielzeugautos aus Sperrholz auf öffentliche Parkplätze stellte. Wie wichtig ist mein Internet-Auftritt? Worauf muss ich beim Online-Marketing vor allem achten? Für viele potenzielle Kunden ist Ihre Website der Erstkontakt. Sie machen sich ein Bild von Ihnen und Ihrem Angebot. Achten Sie auf einen authentischen, Ihnen und Ihrem Produkt entsprechenden Auftritt. Denken Sie beim Online-Marketing immer an Ihre Zielgruppe, und sprechen Sie diese mit kurzen, prägnanten Informa tionen an. Eine Website muss optisch ansprechen, und der Benutzer muss sich im Handumdrehen zurechtfinden. Website-Besucher haben keine Geduld. Schaffen Sie Ihren Kunden eine Plattform, auf der sie bleiben und sich eingeladen fühlen, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Lohnt es sich, für eine bessere Platzierung in den Google-Ab fragen viel Geld auszugeben (z.B. eine Agentur zu beauftragen, die den Internet-Auftritt entsprechend optimiert)? Sparen Sie nicht bei der Erstellung der Website, und geben Sie diese Aufgabe einem Profi in die Hand. Damit Ihr Internet-Auftritt eine Chance hat, bei Google gut platziert zu werden, gilt es schon beim Aufbau vieles zu berücksichtigen. Das A und O für eine gute Positionierung sind: aussagekräftige Texte, die Integration der wichtigsten Suchwörter in Titel, Dateinamen und Textinhalt sowie eine gute Verlinkung innerhalb der Website und vor allem gute Backlinks (Links, die von anderen Websites auf Ihre zeigen). Oft ist es dann nicht mehr nötig, Geld für Werbung wie sogenannte AdWords (Anzeigen bei Google) auszugeben. Vielen Dank für Ihre Tipps, es scheint, als ob ich mir Kosten und Mühe ersparen könnte, wenn ich einen Ihrer Kurse besuche ...
Peter Hauser ist ausgebildeter Werber und eidg. dipl. Erwachsenenbildner. Mit hauserconcept.ch und hallointernet.ch ist er tagtäglich mit Kommunikationsaufgaben konfrontiert. Peter Hauser unterrichtet an der EB Zürich seit 2002. Bildungsgang «Werbung, PR & Marketing» Nur wer die Werkzeuge der Marketingkommunikation kennt, kann diese bewusst und effizient einsetzen: 30. Oktober 2010, 09.00–15.00 Uhr, 30 Samstage 3. März 2011, 13.30–19.30 Uhr, 30 Donnerstagnachmittage 4960 Franken
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KURSFENSTER
Meer oder Berge: Das ist die Frage Kompromisse suchen. Verhandelt wird alltäglich: in der Familie, unter Freunden, im Arbeitsteam. Erfolg versprechend ist, wenn man dabei die eigenen Interessen offen vertritt und die Anliegen des Gegenübers mit einbezieht. TEXT Guido Blumer BILD Philipp Baer
«Äh, Michi, ich habe mir Gedan ken gemacht, ich will die kom menden Ferien mit dir am Meer verbringen.» – «Und ich will in die Berge!» Die Frau und der Mann höckeln nicht etwa zweisam im Fauteuil und kuscheln, sie sitzen sich frontal gegenüber: Sie leicht beschwörend nach vorne gebeugt, er etwas verkrampft nach hinten gelehnt, sein Blick führt ins Leere. «Warum willst du in die Berge?», fragt sie angriffig. – «Weil ich’s nicht lässig finde, mit unserem Hund ans Meer zu fahren. Die Reise ist viel zu lang, und in den Bergen ist es kühler und entspannender!» Lösungen suchen. Gut, sind die beiden im wirklichen Leben nicht liiert, Rahel und Michael besuchen nur den gleichen dreitägigen Kurs, in dem erfolgreiches Verhandeln trainiert wird. Sie finden im Spiel eine Urlaubslösung, die sie im fai ren Gespräch errungen haben: «In diesem Jahr fahren wir ans Meer, 22 EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010
im nächsten in die Berge.» Vorweg ist vom Kursleiter Thomas Pfister empfohlen worden, in einem sol chen Dialog möge man von der Po sition oder der Entscheidung zu den Interessen und Bedürfnissen beider Parteien vorstossen. Im wechselseitigen Erkunden und Plädieren soll das Feld der dahin ter liegenden Vorstellungen ausge weitet und vertieft werden, damit sich daraus viele Optionen erge ben, die wenigstens eine gute Lö sung für alle Seiten ermöglichen. Der Kursleiter hat den klassischen Streit um die ersehnte Destination in zwei Gruppen vorbereiten las sen. Was spricht denn für freie Tage am Meer, was für solche in den Bergen? Den einen ist’s am grossen Wasser schlicht zu heiss, zu langweilig; die anderen schätzen die wohlige Wärme und liegen gerne rum. Dann gibt’s Leutchen, denen die Bergwelt zu rau ist, zu eng, und diejenigen, die nichts lieber tun, als Gipfel im Dutzend zu besteigen. Und was ist, wenn sich ein Paar nicht einigen kann? Die sechs Teilnehmerinnen und vier Teilnehmer diskutieren lebhaft an den fünf im Halbkreis angeordne ten Tischen und finden für die eine wie die andere Idee vielerlei Argu mente. Weil sie sich bereits intensiv mit deeskalierenden Verhandlungs konzepten beschäftigt haben, sind sie sich schmunzelnd einig, dass ein solch launiges Konfliktchen schon nicht mit der Scheidung endet.
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Verhandlungsprinzipien. Klassische Vorgaben beim Verhandeln sind die sogenannten Harvard-Prinzi pien. Sie besagen: Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln; sich auf Interessen und nicht auf Positionen konzentrieren; Entscheidungsmöglichkeiten zum beidseitigen Vorteil entwickeln; Interessenkonflikte durch Hinzu ziehen von objektiven Kriterien und im Sinne von neutralen Beur teilungskriterien lösen; sich durch den Vergleich mit der besten Alter native für oder gegen eine Verhand lungsübereinkunft entscheiden. Während Thomas Pfister konzen triert von Verhandlungsstrategien spricht, von persönlichem Stil, schwierigen Situationen in Pro zessen, lässt er allzeit Widerspruch und Ergänzungen zu, bezieht das Gesagte geschickt in den Dialog mit ein.
Viele der Teilnehmenden stim men darin überein, dass derjenige Mensch mit reichlich Verhand lungsmacht ausgestattet ist, der viel Zeit, Ideen und Fachkompe tenz hat, über freien Zugang zu Informationen verfügt wie auch über Autorität, Ansehen und Res pekt. Jemand sagt: «Charisma kann auch verführen!» Das lässt Thomas Pfister gerne gelten. Klare Leitlinien und Prinzipien sind beim Verhandeln hilfreich, und doch ist jede Verhandlung wieder neu und erfordert situationsgerechte Ent scheidungen. Umsetzen im Alltag. Rahel, die 40-jährige Familienfrau, absolviert den Bildungsgang Kommunika tion. Der Kurs «Erfolgreich ver handeln» ist ein Wahlmodul dazu. Sie verspricht sich vom Besuch, dass sie in Gesprächen in der Fa
milie wie in Vorständen bald mal die weibliche Position verlassen kann und Win-win-Situationen er lebt. Sie wird dann geplanter und bedürfnisorientierter in Diskus sionen einsteigen und will sich bemühen, trotz dem intellektuel leren Zugang zur Kommunikation die Gefühle nicht zu unterdrücken. Ihr Mitspieler Michael, ein 45-jäh riger Zimmermann, tut es ihr mit dem Bildungsgang gleich. Er er hofft sich durch diesen Kurs mehr Verständnis und Interesse für seine Mitmenschen. Er liebt das Überraschende im privaten wie im beruflichen Leben und kann nun wohl besser damit umgehen. Womöglich will er nun sogar zu Meerferien Ja sagen.
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IM GESPRÄCH
«Die Widersprüche sichtbar machen» Der Vielseitige. Rolf Lyssy wurde mit «Die Schweizermacher» bekannt. Bis heute kamen von ihm 13 Spiel- und Dokumentarfilme ins Kino. Er ist auch Autor eines viel beachteten Buches und schreibt regelmässig Kolumnen im Zürcher «Tagblatt». Ein Gespräch über Lebensplanung, Scheitern und Selbstfindung. INTERVIEW Rita Torcasso BILDER Reto Schlatter
Rolf Lyssy, was machen Sie am liebsten? So genau kann ich das nicht festlegen. Viel Spass macht mir die Musik. Ich spiele in einem Jazz-Quar tett Schlagzeug, während des Winterhalbjahres tre ten wir jede Woche im «Eden au Lac» in Zürich auf. Filme drehen ist stärker mit Arbeit verbunden; das ist ein längerer Prozess.
Im September kommt Ihr Film «Die Schweizermacher» als Musical auf die Bühne – 32 Jahre nach der Filmpremiere. Was bedeutet das für Sie? Ich geniesse es, dass der Film nochmals neue Früch te abwirft. Es ist so etwas wie eine späte Ernte für mich. Der Film gab als ironisch-satirische Komödie den damaligen Zeitgeist der Fremdenfeindlichkeit wieder. Haben Sie keine Angst, dass mit dem Musical daraus harmlose Unterhaltung wird? Nein, denn schon als ich den Film drehte, dachte ich, dass sich der Stoff für ein Musical eignen würde. Es geht darin ja um nichts weniger als um das Spannungs verhältnis zwischen Abschottung und Toleranz, also um ein sehr aktuelles Thema, das berührt. Unsere Abwehr gegenüber Fremdem beschäftigte Sie in mehreren Filmen. Ist das ein spezifisches Schweizer Thema? Die Frage, was ein Schweizer ist, berührt den Kern unserer Identität. Dass wir uns damit schwertun, hat auch geschichtliche Gründe. Sinnbildlich gespro chen mussten wir zuerst die Berge überwinden, wenn wir etwas anderes als unsern eigenen Umkreis kennenlernen wollten. Bewährtes auch mal in Frage zu stellen, verlangt Offenheit. Würden Sie sich selber als sozialkritischen Regisseur bezeichnen? Ich wollte Filme drehen, die unterhalten, aber dem Zuschauer auch das Gefühl geben, innerlich berei chert aus dem Kino hinauszugehen. Hinter meinem Ziel, etwas zu bewegen, steht Substanzielles: Ich bin
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IM GESPRÄCH
ein Kind der Aufklärung, ein Freigeist, der in Oppo sition zu jeder Art von dogmatischer Lehre steht. In meinen Filmen möchte ich die Widersprüche sichtbar machen, in welchen wir leben. Sie lebten Ihr ganzes Leben im Umkreis von Zürich und wohnen nun schon seit vielen Jahren im Seefeld und in Hottingen. Welche Beziehung haben Sie zur Stadt? Zürich ist mein geografischer und kultureller Boden, also das, was man als Heimat bezeichnen kann. Hier leben viele der Menschen, die mir nahestehen. Ich bin ein urbaner Mensch: Der regelmässige Aus tausch mit andern ist mir sehr wichtig. Dazu gehört auch, im Quartier verwurzelt zu sein. Haben Sie nie wie andere erfolgreiche Filmemacher daran gedacht, ins Ausland zu gehen? Nein, das war für mich nie eine Option. Ich will mit meinen Filmen Geschichten erzählen. Das kann ich nur in einer Gegend, die ich kenne und in wel cher ich verwurzelt bin. Als es noch möglich gewe sen wäre zu gehen, war ich vielleicht auch einfach zu ängstlich, dann gründete ich eine Familie. Mein Sohn machte dann, was ich mir damals nicht zu traute: Er wanderte mit 20 in die USA aus und hat sich dort eine Karriere als Kameramann aufgebaut. Sie kämpften jahrelang immer wieder um finanzielle Unterstützung für Ihre Filme. War das mit ein Grund, dass Sie 1998 an einer schweren Depression litten? Ein Auslöser unter anderen war damals sicher auch, dass die Realisierung eines Spielfilms scheiterte. In der kleinen Schweiz ist es kaum möglich, ohne finanzielle Unterstützung einen Film ins Kino zu
bringen. Das setzt Filmschaffende unter einen star ken Druck. Das undurchsichtige Förderungssystem mit anonymen Entscheidungen machte nicht nur mir zu schaffen. Kurz vor meiner Erkrankung hat ten sich zwei befreundete Filmschaffende das Leben genommen. Während Ihrer Depression gingen Sie für drei Monate in die Psychiatrische Universitätsklinik. Darüber schrieben Sie später den autobiografischen Bericht «Swiss Paradise». Hatten Sie keine Angst vor einer Stigmatisierung als «Depressiver»? Diese Angst hatte ich während meines Aufenthalts in der Klinik. Als es mir besser ging, war es für mich ein zwingendes Bedürfnis, darüber zu schreiben. Vielleicht, weil die Krankheit eine Zäsur in meinem Leben bedeutete, eine einschneidende Erfahrung, die mich bis auf den Grund meines Selbst erschüttert hat. Bei der Lektüre fiel mir auf, wie sehr Sie immer wieder bemüht waren, es andern recht zu machen, andere nicht zu enttäuschen und Konflikte gar nicht erst aufkommen zu lassen. Half Ihnen die Krankheit auch, sich selber ernster zu nehmen? Aus heutiger Sicht war die Krankheit schliesslich auch eine Befreiung aus Zwängen und Prägungen. Ein wichtiger Teil davon war damals auch die Aus einandersetzung mit meiner Herkunft aus einer jüdischen Familie. Im Buch rolle ich die Geschichte meiner Mutter auf, die durch halb Europa gereist war, bis sie schliesslich, als sie mit mir schwanger war, hier in der Schweiz bleiben konnte. Doch ihren Eltern verweigerte die Schweiz die Einreise, sie star ben im Konzentrationslager. Ich hätte schon als EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 25
IM GESPRÄCH
Kind ein Sensorium für Ungerechtigkeit, Diskrimi nierungen und Vorurteile entwickeln müssen. In den letzten zehn Jahren drehten Sie ausschliesslich Dokumentarfilme. Wollten Sie nach Ihrer Genesung keine Risiken mehr eingehen? Ich hatte das Gerangel um Geld satt. Ich habe ausge rechnet, dass ich während 30 Jahren als Filmschaf fender 7 Jahre dafür einsetzen musste, finanzielle Mittel aufzutreiben. Trotzdem habe ich dann vor drei Jahren ein neues Spielfilmprojekt entwickelt. «Die letzte Pointe» sollte eine tragikomische Ge schichte zum Thema Freitod werden – mit Stephanie Glaser in der Hauptrolle. Auch dieses Drehbuch wur de von der nationalen Filmkommission abgelehnt. Glauben Sie, dass bei solchen Entscheidungen auch Neid auf den erfolgreichen Filmemacher mitspielte? Eine Rolle spielt wohl eher die Art und Weise, wie man hierzulande mit Erfolg umgeht. Wenn sich ein
Film gut verkauft, ist das suspekt. «Die Schweizer macher» wurden damals nicht unterstützt mit der Begründung, ein so ernstes Thema eigne sich nicht für eine Komödie. Wollen Sie trotz der neuerlichen Ablehnung weiter Filme drehen? Natürlich war ich sehr enttäuscht. Doch wenn man eine solche Höllenfahrt, wie es die Depression ist, überstanden hat, erhält man eine Art Immunität ge gen Negatives. Das Drehbuch für den Film liegt jetzt in Deutschland, wo sich das Fernsehen interessiert. Und ich stecke mitten in der Planung eines neuen Dokumentarfilms. Ich möchte eine Fortsetzung von «Ursula oder das unwerte Leben» drehen. Diese Ge schichte eines taubblinden und geistig behinderten Mädchens war vor 48 Jahren meine erste grosse Kamera-Arbeit. Heute ist Ursula 60 Jahre alt. Das Rätsel eines solchen Lebens spiegelt auch unser eige nes Verhältnis zum Anderssein. Damit wären wir wieder bei unserem Umgang mit Fremdem. Vor einiger Zeit begannen Sie, regelmässig Kolumnen für das Zürcher «Tagblatt» zu schreiben. Haben Sie sich damit ein Betätigungsfeld für das Alter geschaffen? «Swiss Paradise» schrieb ich aus einem Bedürfnis heraus. Nach dem Erfolg des Buches hat es mich ge reizt, etwas anderes auszuprobieren. Ich schrieb einen Roman, für den ich jedoch bis jetzt keinen Verleger gefunden habe. Die Kolumnen schreibe ich gerne, denn sie bieten mir so etwas wie Narrenfrei heit – wohl auch aufgrund des Alters. Ich schreibe eigentlich über alles, auch über politische Entschei dungen oder Missstände in der Stadt. Kürzlich be merkte ich, dass ich meine Meinung zunehmend rabiater äussere. Was gehört denn für Sie zu einem guten Leben? Freud sagte, dass dazu Arbeit und Liebe gehören. Aus meiner Sicht braucht es ausserdem auch ein inneres Gleichgewicht. Das habe ich heute für mich erreicht.
Rolf Lyssy wurde am 25. Februar 1936 in Zürich geboren. Er drehte 1968 seinen ersten Spielfilm und schaffte zehn Jahre später den Durchbruch als bekannter Schweizer Regisseur mit «Die Schweizermacher». Danach drehte er mehrere Komödien, unter anderen «Teddy Bär» und «Leo Sonnyboy» und, Mitte 90er Jahre, «Ein klarer Fall». Ab 1994 kamen ausschliesslich Dokumentarfilme von ihm ins Kino, u. a. «Wäg vo de Gass» über einen Junkie, ein Film gegen die Todesstrafe und als letzter Film 2009 «Hard(ys) Life» über den Musiker Hardy Hepp. 2001 veröffentlichte er «Swiss Paradise» (Verlag Rüffer & Rub). Lyssy schreibt auch Kolumnen im Zürcher «Tagblatt», 2007 erschienen einige davon im Buch «Wunschkolumnen – oder hast du es dir anders vorgestellt?» (Verlag Einfach lesen).
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Sie leben seit einigen Jahren allein. Liessen sich Arbeit und Liebe nicht vereinbaren? Meine Bemühungen, einen Bund fürs Leben zu schliessen, scheiterten. Heute empfinde ich das Zu sammenleben als etwas Äusserliches, denn es gibt ja noch viele andere Formen der Beziehung. Doch bis ich das so annehmen konnte, brauchte es einen langen emanzipatorischen Prozess. Meine Eltern trennten sich, als ich 14 Jahre alt, danach hatte ich lange keinen Kontakt zum Vater. Natürlich wollte ich dann alles besser machen. Irgendwann musste ich aber akzeptieren, dass Liebe etwas Unberechen bares ist. Man geht damit auch immer ein Risiko ein.
Populärfotografie, 1990, 9 × 13 cm, Sammlung FFV
VOGELSCHAU
Die Statue Eine kopflose Statue irgendwo in sommerlich-südlichen Landen lädt dazu ein, ihr eine lebendige Aktualisierung zu geben. Eine gefasst blickende Mutter lässt sich auf ihrem Bildungsurlaub (vermutlich) von ihrer Tochter ablichten (das Gegenbild existiert auch). Die Kamera, die man heute jederzeit zur Hand hat, verweist auch auf den Umstand, dass es Zeiten gab, in denen Repräsentationen noch in Stein zu meisseln waren; die Figuren überdauerten dann als Erinnerungsträger mehrere Generationen, bis ihnen aus Lust, Frust oder Unwissen der Kopf abgeschlagen wurde. Wäre doch schön, man könnte sich ab und zu einen neuen aufsetzen. Fritz Franz Vogel
Der Bilderforscher und Bildersammler Fritz Franz Vogel ist Kursleiter an der EB Zürich im Bereich digital gestalteter Drucksachen. Für EB Kurs verfasst er Bildkolumnen über inszenierte Fotografie, eines seiner zentralen Forschungsgebiete.
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kultur
Kursleitende und Mitarbeitende der EB Zürich geben Tipps zu interessanten Büchern, CDs und Filmen.
Ap Dijksterhuis Das kluge Unbewusste Klett-Cotta, 2010
Lesen
Norah Jones Come Away With Me 2003
Hören
Erwin Wagenhofer We Feed the World Allegro Film, 2005
Sehen
Verblüffend. Warum geben wir Kellner A mehr Trinkgeld als Kell ner B – obwohl uns beide gleich gut bedienen? Was passiert bei sogenannten Aha-Effekten? Der holländische Autor Ap Dijksterhuis ist Experimentalpsychologe und zeigt uns auf unterhaltsame Art, wie das menschliche Hirn tat sächlich arbeitet und warum es gut sein kann, wenn das Unbe wusste für uns entscheidet. Er präsentiert in diesem Buch die Funktionsweisen unseres Denkens und Fühlens – mittels verblüffen der Experimente, witziger Anek doten und origineller Einblicke in die Feldforschung – und beweist, dass das Bewusstsein nur für ei nen kleinen Teil unserer geistigen Prozesse verantwortlich ist.
Süss. Anstrengend war der Auf trag in Laos. Die paar freien Tage in Kambodscha waren genau das Richtige, um Angkor Wat zu be suchen. In der sengenden Hitze inmitten der Tempelanlage, die mit riesigen Wurzeln und ganzen Bäumen überwuchert war, da, inmitten einer Ruine, hörte ich den süssen Klang ihrer Musik und die Tiefe ihrer Stimme. Die Töne kamen aus einer kleinen Musik anlage. Die Weichheit und die Klarheit umgaben mich und liessen mich nicht mehr los. Norah Jones hat mit ihrer ersten CD einen Welterfolg gelandet, und sicher haben viele von uns eine Geschich te zu einem ihrer Lieder. Ich blieb für alle Songs sitzen und wurde durch ihre Töne verzaubert.
Spannend. Ein moderner Klassiker des Dokumentarfilms! Erwin Wagenhofer enthüllt in raffinier ten Interviews und gekonnten Schnitten den komplexen Mecha nismus der globalen industriellen Agrarwirtschaft. Eindrucksvolle Bilder zeigen, woher der Fisch auf dem Gourmet-Teller stammt und warum viele junge Afrikaner sich in den gigantischen südspa nischen Gemüsegewächshäusern illegal verdingen müssen. Die Stärke des Films besteht darin, dass er die unmittelbar beteilig ten Agenten in ihrer eigenen Sprache reden lässt und das ge sagte mit Bild und Kontrast intel ligent verfremdet. Ein Meister werk der Montage, das zum Verständnis von komplizierten Zusammenhängen viel beiträgt.
GABRIELLE LEISI Co-Ausbildungsleitung «Berufsbildungsverantwortliche»
ROGER CANALI Kursleiter Fotografie
HANS HUONKER Projektleiter Nachhaltigkeit
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tipps und tricks
Schreib doch rasch per E-Mail Achtung Mitleser. Wohl kaum jemand möchte mehr auf die Vorteile der elektronischen Post verzichten. Eine Anfrage kommt ins Postfach, mit ein paar Klicks geht die Antwort zurück. Vergessen geht manchmal, dass E-Mails höchst unsicher sind. Text Fritz Keller Illustration Eva Kläui
Herkömmliche (unverschlüsselte) E-Mails sind mit ei ner Postkarte vergleichbar, deren Inhalt offen und einfach lesbar verschickt wird. E-Mails passieren auf dem Weg durch das Internet üblicherweise die Rech ner verschiedenster Unternehmen in verschiedens ten Ländern. Mit relativ wenig computertechnischem Geschick können sie auf dieser Reise von Fremden gelesen oder gar verändert werden. Zudem kann der Empfänger nicht sicher sein, dass der in der E-Mail angegebene Absender dem wirklichen Verfasser der E-Mail entspricht. Das zwingt zur Vorsicht. Schwierige Verschlüsselung. Zwar können E-Mails verschlüsselt verschickt werden, sie entsprechen dann gewissermassen einem verschlossenen Brief, auf dem nur noch die Adresse und der Absender zu lesen sind. Aber E-Mail-Verschlüsselung ist heute noch immer eher die Ausnahme und für Otto und Hanna Normalverbraucher zu kompliziert. Die von der Post und anderen Anbietern entwickelten Verfahren für den sicheren und nachweisbaren E-Mail-Verkehr zie len eher auf Geschäftskunden und weniger auf Pri vatkunden ab.
Vorsichtsmassnahmen. Natürlich kann es einem egal sein, wenn der Pöstler die Ansichtskarte an die Freun de liest: «Viele Grüsse aus dem sonnigen Süden.» Ge nauso verhält es sich mit vielen E-Mails. Nicht immer ist ihr Inhalt von jener Brisanz, die spezielle Mass nahmen erfordert. Trotzdem ist da und dort Vorsicht angesagt. Hier ein paar Tipps, die man auf jeden Fall beachten sollte. – Keine vertraulichen Daten per E-Mail übermitteln. Das gilt insbesondere für Passwörter und andere Zugangsdaten zu E-Mail-Konten oder gar zu Geld konten. – Sensible E-Mails von der Festplatte löschen, wenn sichern, dann auf einem externen Speicher. – Verschiedene E-Mail-Konten anlegen: Legen Sie zum Beispiel eine Haupt-E-Mail-Adresse an, die Sie nur vertrauenswürdigen Personen nennen, aber nicht im Internet veröffentlichen. Weitere E-MailKonten können dann zum Anmelden in Foren, On line-Shops oder sozialen Netzwerken verwendet werden. KURSE ZUM THEMA – IT-Sicherheit: Grundlagen – Sicherheit im Web: Einstieg – Sicherheit im Web: Aufbau Weitere Infos und Anmeldung unter www.eb-zuerich.ch
EB Kurs Nr. 27 – Herbst 2010 29
agenda
Schreiben und Lesen fördern
Vormerken! Informationsveranstaltungen zu Bildungsgängen und Kursen im Bildungszentrum für Erwachsene BiZE, Riesbachstrasse 11, 8008 Zürich Anwendungen am Arbeitsplatz Kurs «ECDL»-Start Kurs «Informatik-Anwender/in I SIZ» und «ECDL-Start» Kurs «Informatik-Anwender/in II SIZ» Bildungsgang «ICT Power-User SIZ» Publishing und Digitale Medien Bildungsgang «Web-Publisher EB Zürich» Bildungsgang «3D-Visualisierung und Animation»
Die EB Zürich baut nach den Herbstferien ihr Ange bot im Bereich Sprache weiter aus: Sie eröffnet in den Räumen des Lernfoyers das SchreibLeseZentrum SLZ. Dieses ist gedacht als Ort, in dem Interessierte sich auf vielfältige Art und Weise mit Texten ausein andersetzen können. So ist das SLZ dazu da, Schrei bende in allen Phasen und Aspekten der Textarbeit zu unterstützen: bei der Rezeption von Texten, bei der Erarbeitung eines eigenen Textes oder beim Wei terentwickeln einer Schreibstrategie. Oder wenn es darum geht, Fragen zu Stil und Grammatik zu klä ren. Da das SLZ räumlich ins Lernfoyer eingebunden ist, können die Texte direkt auf einem PC oder Mac gestaltet werden. Das SprachLeseZentrum SLZ setzt aber noch weitere Akzente. In kurzen Impulsveranstaltungen, in mit tellangen Workshops und ständig laufenden Ateliers werden Themen rund um die deutsche Sprache auf genommen und zur Diskussion gestellt. So beginnt am 5. November 2010 eine Reihe von Impuls-Work shops mit einer Veranstaltung zum Thema «Der ers te Satz»: Was macht Anfänge von Texten so speziell? «Paragraph Writing», «Texte im Lektorat» oder «Eigene Texte vortragen» sind weitere Titel aus die ser Reihe. Weitere Workshops finden statt zum The ma Metaphern oder zum biografischen Schreiben. Die EB Zürich ist überzeugt, dass sie mit dem SprachLeseZentrum SLZ einen Beitrag dazu leistet, Lesen und Schreiben möglichst facettenreich zu för dern.
Weitere Informationen www.eb-zuerich.ch > SchreibLeseZentrum SLZ
Programmieren und Systeme Bildungsgang «WebProgrammer PHP» 2.0 Bildungsgang «Java (Sun Certified Java Programmer)» Bildungsgang «Microsoft MCTS Web Applications» Kurs «Linux-Systemadministration Basis (LPIC-1)» Kurs «Linux-Systemadministration Aufbau (LPIC-2)» Die aufgeführten Kurse und Bildungsgänge werden alle in einer Veranstaltung vorgestellt. Donnerstag, 23. September 2010, 18.00–19.30 Uhr Montag, 15. November 2010, 18.00–19.30 Uhr Mittwoch, 15. Dezember, 18.00–19.30 Uhr
Persönlichkeit und Management Bildungsgang «Kommunikation» Bildungsgang «Management und Leadership» Bildungsgang «Leadership kompakt» Bildungsgang «NPO-Management» Bildungsgang «Projektmanagement» Bildungsgang «Werbung, PR und Marketing» Bildungsgang «Textpraktiker/in» Bildungsgang «Mediation im interkulturellen Umfeld» Bildungsgang «Journalismus» Bildungsgang «PR-Fachfrau / PR-Fachmann» – in Zusammenarbeit mit KV Business School Bildungsgang «Weiterbildung in der Familienphase» Die aufgeführten Kurse und Bildungsgänge werden alle in einer Veranstaltung vorgestellt. Mittwoch, 3. November 2010, 18.00–19.30 Uhr
Didaktik und Bildungsmanagement SVEB, Eidg. Fachausweis Ausbilder/in und Eidg. Diplom Ausbildungsleiter/in Montag, 6. September 2010, 18.30–20.00 Uhr Montag, 1. November 2010, 18.30–20.00 Uhr
WEITERE INFORMATIONEN www.eb-zuerich.ch/agenda
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EB Zürich Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Bildungszentrum für Erwachsene BiZE Riesbachstrasse 11 8090 Zürich
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Beruflich weiterkommen mit der EB Zürich Mit jährlich 16 000 Kundinnen und Kunden ist die EB Zürich die grösste von der öffentlichen Hand getragene Weiterbildungsinstitution der Schweiz. Weiterbildung liegt im Interesse des Wirtschaftsstandortes Zürich und muss darum für alle zugänglich sein – unabhängig vom finanziellen oder sozialen Status. Seit über 35 Jahren unterstützt die kantonale Berufsschule für Weiterbildung deshalb Berufsleute aus allen Branchen und Bildungsschichten dabei, beruflich am Ball zu bleiben; Lehrabgänger und Akademikerinnen, Handwerker und kaufmännische Angestellte, Kader und Berufseinsteigerinnen lernen neben- und miteinander. In über 400 Kursen und Lehrgängen können sie (fast) alle Fähigkeiten erwerben, die sie brauchen, um ihren Berufsalltag erfolgreich zu meistern.
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Weiterbildung – wie ich sie will
Kantonale Berufsschule für Weiterbildung W Bildungszentrum für Erwachsene BiZE Riesbachstrasse 11, 8090 Zürich Telefon 0842 843 844 www.eb-zuerich.ch lernen@eb-zuerich.ch