Magazin der EB Zürich Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Nr. 31 – Herbst 2011
Grund kompetenzen Es braucht eine Gesamtstrategie! Emil Zopfi Im Alleingang ist man freier Beilage Wählen
EDITORIAL
Grundkompetenzen: lesen, schreiben und rechnen können
EB KURS Nr. 31 – Herbst 2011 Magazin der EB Zürich, Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Zürich, Riesbachstrasse 11, 8090 Zürich TELEFON 0842 843 844 FAX 044 385 83 29 INTERNET www.eb-zuerich.ch E-MAIL marketing@eb-zuerich.ch HERAUSGEBER Serge Schwarzenbach (für die Geschäftsleitung) REDAKTION Christian Kaiser, Fritz Keller (silbensilber, Zürich) GESTALTUNG Giorgio Chiappa MITARBEIT Kati Dietlicher, Jürg Fischer, Ute Ruf, Guido Stalder, Fritz Franz Vogel, René Worni FOTOS Susanna Anliker, Philipp Baer, Reto Schlatter, Iris Stutz, Marco Volken ILLUSTRATIONEN Cornelia Gann, Sämi Jordi DRUCK Ringier Adligenswil AG TITELBILD Reto Schlatter
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Ein Blick über die Grenzen ist oft eine Gelegenheit zum Perspektivenwechsel. Was bringt zum Beispiel einen Mann dazu, sich in einen Schottenrock zu kleiden? Da steckt wohl viel Tradition dahinter. Die Schotten beeindrucken uns aber nicht nur in modischer Hinsicht, auch in Sachen Weiterbildung lassen sie uns staunen: In Schottland wurde seit 2001 der Bevölkerungsanteil mit Lese-, Schreib- oder Rechenschwäche von 21 auf 14 Prozent gesenkt. Das ist eine Meisterleistung. Der Schlüssel zu diesem Erfolg liegt im Zusammenspiel verschiedener Massnahmen. «The Wheel» (http://wheel.aloscotland.com/trial.php) zeigt den ganzheitlichen Ansatz der Nachholbildung in Schottland, an dem sich sowohl Staat, lokale Behörden und anbietende Institutionen orientieren. Auch in der Schweiz gibt es vielversprechende Ansätze, um die Situation zu bessern. Die Arbeit liegt dabei in den einzelnen Kantonen. Lesen Sie ab Seite 8 den Artikel zu Grundkompetenzen und helfen Sie mit, dass dieses Thema auch bei uns kein Tabu mehr ist. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Serge Schwarzenbach Herausgeber
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inhalt 5 Porträt Äpfel pflücken auf dem Balkon: Ernährungsberaterin Cäcilia Koch will wissen, wie sie zu einer guten Ernte kommt.
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6 Event Lernpower: Fachfrau Verena Steiner gibt in einem Vortrag Tipps zum nachhaltigen Lernerfolg.
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8 GRUNDKOMPETENZEN Lesen, schreiben, rechnen, Computer bedienen: Was man alles können muss, um in unserer Gesellschaft bestehen zu können. 18 Persönlich Schlaflos: «Goodnight nobody» heisst der preisgekrönte Dokumentarfilm der Video-Kursleiterin Jacqueline Zünd. 22 Kursfenster Griechisch in Zeiten der Krise: Mit handfesten Sprachkenntnissen lässt sich vieles besser verstehen.
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24 Im Gespräch Steil bergauf: «Schriftsteller sind Alleinläufer, auch künstlerisch und gesellschaftlich», sagt der schreibende Berggänger Emil Zopfi.
Kurzstoffe 22
4 Gesehen, gehört 15 WeiterBildung 16 Rätsel «Wortquadrat» 17 Kolumne 21 Auskunft 27 Vogelschau 28 Tipps und Tricks 29 Kultur 30 Agenda 31 So finden Sie uns
Beilage in der Heftmitte Sigg Sagg Sugg
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SIGG SAGG SUGG Sigg Sagg Sug g: ein entscheid ein Entscheidungssp iel oder endes Spiel? stehen an. Nicht nur uns Parlamentswahlen ere und Vertret er in Bern wäh Vertreterinnen treffen wir len wir; jed Entscheidung en Tag en, wählen Die Teilneh aus. menden des 21. Bildung «Journalis sgangs mus» haben recherchiert ben und foto , geschriegrafiert.
Beilage zum
Magazin EB Kurs
der EB Züri
ch. Herbst
2011
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GESEHEN, GEHÖRT
NEUES GESAMTPROGRAMM DER EB ZÜRICH Auswählen. Ganz frisch ist es da: das Gesamtprogramm der EB Zürich. Über 400 Kurse und Bildungsgänge werden darin beschrieben. Neu gibt ein Kompetenzsatz darüber Auskunft, was Teilnehmende zum Abschluss können. Zum Beispiel: «Sie können ausgehend von einer Standortbestimmung Ihre weitere Laufbahn planen» am Ende des Kurses «Professionelle Laufbahnplanung in 5 Schritten». Auch layouterisch ist das Gesamtprogramm überarbeitet worden. Verschiedene Neuerungen führen zu einer besseren Übersicht, so dass ein bestimmtes Angebot schneller gefunden wird. Bestellen Sie das Programm unter 0842 843 844 oder mit einem Mail an lernen@eb-zuerich.ch.
Nachhaltigkeit? Weiterbildung! 12. April 2011 Bastien Girod Glücksmaximierung statt Nachhaltigkeit 7. Juni 2011 Verena Steiner Lernen und Gedächtnis 27. September 2011 Hans-Peter Hauser Öffentliche Weiterbildung: Umstritten und notwendig
Weiterbildung – wie ich sie will
POLITIKUM WEITERBILDUNG Fragen. Den Überblick zu bewahren, ist nicht einfach: In der Schweiz ist der Weiterbildungsbereich sehr heterogen strukturiert. Noch immer gibt es kein nationales Weiterbildungsgesetz, das für eine klare Ordnung schafft, obwohl das Volk im Frühjahr 2006 Ja sagte zur neuen Bildungsverfassung. – Im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Chance Weiterbildung» setzt sich der Rektor der EB Zürich, Hans Peter Hauser, mit dieser Situation auseinander und geht der Frage nach, ob es sich eine moderne Gesellschaft leisten kann, ohne staatlich geförderte berufliche Weiterbildung auszukommen. (Dienstag, 27. September 2011, 19.00 im BiZE)
SCHNELL ZUM ZIEL Suchen. Wer in Dietikon, in Winterthur, in Rüti oder in Bülach wohnt und eine Weiterbildung plant, möchte dies idealerweise gleich am Wohnort tun. Da lohnt sich ein Blick auf die kürzlich aufgeschaltete Website www.wbzh.ch. Dieses Portal umfasst alle öffentlichen kantonalen Anbieter und macht schnell klar, wo welche Weiterbildungsveranstaltungen stattfinden. Es gehört zum Auftrag dieser Institutionen, dass sie auf vielfältige Möglichkeiten und auf unterschiedliche Lernbedürfnisse achten. Sie stellen ihre Angebote regional verteilt zur Verfügung und engagieren sich für ein nachhaltiges Weiterlernen, das für möglichst viele Erwachsene zugänglich ist.
ENTWICKLUNGSPROJEKT IN BRASILIEN Staunen. «Associaçao Brasileira de Amparo à Infãncia – ABAI» ist ein Entwicklungsprojekt zur Unterstützung von Kindern, vor etwa 30 Jahren gegründet von der Schweizerin Marianne Spiller-Hadorn. Im Süden Brasiliens in der Nähe der Stadt Curitiba wurde ein Ort geschaffen, in dem Familien ein Umfeld vorfinden, das ihnen Arbeit und Bildung ermöglicht. Der Ethiker und Kursleiter an der EB Zürich, Thomas Gröbly, hat für das Buch «Hunger nach Gerechtigkeit» verschiedene Beiträge gesammelt, die das Projekt näher vorstellen und in einen grösseren Zusammenhang stellen. Als wunderbarer visueller Einstieg dienen die Bilder von Fridolin Walcher und Michaela Hahn. (Helden Verlag, Zürich, 2011, Fr. 39.80) 4 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
PORTRÄT
«Nachhaltigkeit ist wichtig» Permakultur auf Balkonien. Es wachsen lassen, erleben, wie Organismen sich vernetzen und eine funktionierende Gemeinschaft bilden: Cäcilia Koch (53) liebt die Natur und ist daran, ihre Balkone in ein Permakultur-Biotop zu verwandeln. Das Know-how hat sie sich im Kurs «Willkommen in Balkonien» geholt.
den Kurs «Willkommen in Balkonien» belegt und viel über Permakultur und Nachhaltigkeit erfahren. Das Ziel der Permakultur ist die Selbstversorgung. Man wählt die Pflanzen so, dass sie sich gegenseitig ergänzen und miteinander vernetzen. Das ist hochspannend und klappt selbst auf einem kleinen Balkon. Permakultur soll auch die soziale Seite fördern. Man plant und realisiert ein Projekt am besten gemeinsam mit seinen Nachbarn. Damit vernetzen sich auch die Menschen untereinander. Das ist nachhaltig.
AUFGEZEICHNET René Worni BILD Reto Schlatter
«Ein für mich typischer Wochentag ist geprägt von meiner Arbeit als Zytologie-Laborantin. Wir untersuchen menschliches Zellmaterial welches für die mikroskopische Untersuchung aufbereitet wird. Dabei handelt es sich vor allem um gynäkologische Krebsvorsorgeabstriche. Ich arbeite acht Stunden. Damit ist mein Tag bereits schon ausgefüllt. Nach 30 Jahren in diesem Beruf habe ich eine neue Herausforderung gesucht und vor kurzem eine berufsbegleitende Ausbildung als ernährungspsychologische Beraterin am IKP Zürich abgeschlossen. Ich bereite mich nun zusammen mit meinen Klienten auf die Abschlussarbeit vor. Ich kann meine Arbeitszeit selbständig einteilen. So kann ich meine Klienten unter der Woche oder am Wochenende beraten. Mein Ziel ist, dass die Ernährungspsychologie mein zweites Standbein wird. Aufgewachsen auf dem Land, in einer Grossfamilie, liebe ich die Natur. Da mir das Leben in der Stadt sehr gefällt, versuche ich die Natur auf meine kleinen Stadtbalkone zu holen. Diese nachhaltig zu begrünen ist eine grosse Herausforderung. Ich habe am BiZE
Nachhaltigkeit ist mir ein grosses Anliegen. Auch in der Ernährungspsychologie geht es um Nachhaltigkeit. Zu mir kommen Menschen, die vor allem körperlich etwas verändern wollen. Ein bestimmtes lang antrainiertes Essverhalten kann nur langsam verändert werden. Die Ernährungspsychologie ist ein ganzheitliches Konzept mit dem Ziel, alle Ebenen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Entspannung finde ich beim Theaterspielen oder beim Fotografieren. Seit 18 Jahren bin ich in der freien Theatergruppe Theater Thalwil engagiert. Doch neben Ausbildung und Vollzeitjob musste das Schauspielen leider etwas in den Hintergrund treten. «Irma la Douce» war meine grösste Rolle, «Quarantäne», ein Dreifrauenstück von Gisela Widmer, meine grösste Herausforderung. Ich gehe bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit an den Zürichsee. Ich wohne im Zürcher Seefeld und habe deshalb nicht weit. Ich spaziere gerne durch das Elefantentobel, wo ich mich wunderbar entspannen kann. Ich fahre sehr gern Fahrrad und habe mein Auto verkauft, als ich in die Stadt gezogen bin.» EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 5
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Hör mal zu, mein Teddy! Aktives Lernen. Verena Steiner weiss, wie man effizient lernt. Sie schrieb Lernkolumnen im Tages-Anzeiger und verfasste mehrere Bücher zum Thema. An einer Veranstaltung in der Aula des Bildungszentrums für Erwachsene BiZE gab sie aktuelle Tipps zum Besten. TEXT Fritz Keller BILD Susanna Anliker
* Verena Steiner; Lernpower, 2011, Pendo-Verlag, Fr. 27.50 www.explorative.ch
«Lernpower bedeutet Lust, Einsatz und Kompetenz.» So steht es in ihrem Buch, das Verena Steiner kürzlich veröffentlicht hat.* Und einiges von diesem Elan übertrug die Lernspezialistin auf das zahlreich erschienene Publikum, als sie mit hohem Tempo loslegte. Gleich zu Beginn wies sie auf einen wichtigen Punkt hin: Beim Lernen nie die Messlatte zu hoch setzen. Wer meint, er müsse in vierzehn Tagen eine neue Sprache sprechen können, handelt sich nur Frustrationen ein. Wer aber dosiert seine Lernziele setzt und diese zielstrebig anpeilt, wird dabei Erfolg haben.
Was heisst zielstrebig? Für Verena Steiner beginnt der Weg zum Ziel damit, dass man Fragen stellt. Wer ein Buch in die Hand nimmt und sich daraus Wissen aneignen möchte, soll sich schon zum Vornherein überlegen, was er überhaupt wissen möchte. «Fragen sorgen für einen wachen Geist», sagt die Fachfrau fürs Lernen. Fragen wecken die Neugier, geben eine Struktur vor, verknüpfen das eigene Vorwissen mit dem Inhalt und führen zu Hypothesen, die man nach der Lektüre des Buches überprüfen kann. Schon am Ziel? Man klappt das Buch zu, hat sich da und dort Noti-
Die Teddybär-Methode Hier die konkrete Anleitung zur Teddybär-Methode aus dem Buch «Lernpower»: Holen Sie Ihren Teddy hervor und nehmen Sie Ihren Lernstoff oder einen Zeitungsartikel; es geht ja schliesslich ums Üben. Unterteilen Sie den Text in vernünftige Happen. Lesen Sie Happen für Happen, legen Sie dabei das Gelesene im Geist zurecht und versuchen Sie, eine innere Vorstellung aufzubauen. Sie können dabei auch Notizen oder Skizzen machen. Dozieren Sie dann nach jedem Happen dem Teddybär frei aus dem Gedächtnis, also ohne auf Text oder Notizen zu schauen, was Sie gelesen haben. Anstelle de Teddys können Sie sich auch eine bestimmte Person, wie die Lehrerin oder den Prüfer vorstellen. Wichtig sind drei Dinge: 1. dass Sie den Teddy oder den imaginären Gesprächspartner so ernst wie ein reelles Gegenüber nehmen, 2. dass Sie nach jedem Happen innerlich vom Lesen aufs Dozieren umschalten, und 3. dass Sie beim Dozieren stets Ihre Stimme gebrauchen, statt bloss in Gedanken zu sprechen. Wichtig ist zudem, dass Sie in den kommenden Tagen so oft wie möglich üben und dabei die Länge der Happen dem Schwierigkeitsgrad anpassen.
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zen gemacht, nach Antworten auf die vorher gestellten Fragen gesucht, bei einigen mit Erfolg. Ist man schon da, wo man hinmöchte? Nach Verena Steiner beginnt jetzt erst der zweite von vier Lernschritten, der darin besteht, das Gelesene in eigenen Worten zusammenzufassen. Dabei kommen Lernende nicht darum herum, auszuwählen, was wichtig ist, zu reduzieren und zu verdichten, aber auch neu zu strukturieren. Besonders erfolgreich ist die Methode, sich Gelerntes nicht nur in Stichworten zu notieren, sondern in einem Fliesstext. Oder das Gelernte jemandem vorzutragen, zum Beispiel dem Teddybär (siehe Kasten). So zeigt sich, ob man etwas verstanden hat. Nachhaltig? Wissen kann ganz schön widerspenstig sein. Ist es mal da, heisst es nicht, dass es für immer da bleibt. Es verflüchtigt sich gerne. Da ist der dritte Schritt gefragt: Memorieren. Die moderne Neurophysiologie hat herausgefunden, was es braucht, um Wissen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis zu befördern, wo es langfristig abgespeichert werden kann. Dazu sind kräftige Lernreize vonnöten, die im Hirn einen chemischen Prozess auslösen, welche Neuronen wachsen lassen und Synapsen verstärken. Einfacher gesagt: Ein Wissensnetz muss geknüpft werden, das um so mehr aufnehmen kann, desto enger die Maschen sind. Verena Steiner zeigte, dass Memorieren auf keinen Fall stures Pauken meint. Im Gegenteil, eigene Vorstellungen und Phantasie sind auch gefragt. Was versteckt sich zum
Beispiel hinter dem Namen MRS. VAN DER TRAMP? Es ist ein Akronym, also ein Abkürzung mithilfe von Anfangsbuchstaben. So lassen sich alle französischen Verben memorieren, die sich mit être konjugieren: monter, rester, sortir – venir, aller, naître – descendre, entrer, rentrer – tomber, retourner, arriver, mourir, partir. Voilà! Und nochmals. Wäre da nicht die Vergessenskurve, wäre man jetzt am Ziel. Aber sich eine Sache einmal gemerkt zu haben, reicht nicht aus, denn unser Hirn neigt dazu, Gelerntes in Meer des Vergessens versinken zu lassen. Dagegen hilft nur eines: Repetieren. Wissen will repetiert werden, damit es jederzeit abgerufen werden kann. Interessanterweise braucht es gerade am Anfang relativ schnell
aufeinander folgende Repetierschritte, bis das Wissen wirklich verankert ist. Verena Steiner brachte es mit einem jüdischen Sprichwort auf den Punkt: «Wer studiert, nicht repetiert, der hat gesät und nicht gemäht.» Im Gespräche während des anschliessenden Apéros bedauerten einige Zuhörende, dass sie diese konkreten Tipps nicht schon früher gekannt hätten. Aber wie sagte die Referentin doch: «Zum Lernen ist es nie zu spät.» Die nächste Veranstaltung im Rahmen der Reihe «Chance Weiterbildung» findet am 7. September statt. Es spricht Hans-Peter Hauser, Rektor der EB Zürich, zum Thema «Öffentliche Weiterbildung» (Genaue Angaben siehe www.eb-zuerich.ch) EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 7
GRUNDKOMPETENZEN
Überleben ohne faule Tricks Basics nachholen. Lesen, schreiben, rechnen, den Computer nutzen: Das können erstaunlich viele in der Schweiz nur lückenhaft, trotz normaler Schulbildung. Das kostet – die Wirtschaft Geld, die betroffenen Leute Selbstwertgefühl und Sicherheit. Es gibt vielversprechende Ansätze, um die Situation zu bessern.
TEXT Guido Stalder BILDER Reto Schlatter
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GRUNDKOMPETENZEN
Helena Amrein sieht nicht aus, als ob sie suchend und unsicher durch das Leben gehen würde. Sie ist 54, Mutter von drei erwachsenen Töchtern, leitet ein Team im Gastrobereich in Steffisburg bei Thun und strahlt Offenheit und Tatendrang aus. Eine selbstbewusste Frau, die mitten im Leben steht. Kein Zufall, dass sie für unser Treffen das Café des Fitness-Centers vorgeschlagen hat. Noch vor einiger Zeit war vieles anders. Helena Amrein musste sich lange durch den Alltag tricksen. Sie lernte trotz neun Jahren Schule nicht richtig lesen und schreiben, ging als funktionale Analphabetin durch die Welt. Wenn sie etwas lesen oder schreiben musste, schob sie es jemandem anders zu oder rettete sich mit geschickten Taktiken aus der Situation. Und sie entwickelte ein feines Gespür für Ansprüche von aussen. «Was ich wohl besser als
andere kann, ist zu merken, was Leute von mir wollen», sagt sie heute, «und damit bin ich lange über die Runden gekommen.» Erschreckende Zahlen. Helena Amrein ist stellvertretend für 800 000 Leute in der Schweiz, die nicht richtig lesen und schreiben können. Sie schaffen es nicht, einen einfachen Zeitungsartikel zu verstehen. Auf rund 400 000 schätzt das Bundesamt für Statistik diejenigen, die Mühe mit Alltagsmathematik haben: beispielsweise Preisschilder für Sonderangebote in einem Verkaufsgeschäft richtig interpretieren oder eine statistische Grafik verstehen können. Dazu kommt noch die Gruppe der Leute, die die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nur mangelhaft beherrschen. Zusammen gefasst spricht man von den Grundkompetenzen.
Die Bilder: Grundkompetenzen in der modernen Welt Informationen aufnehmen, sie verarbeiten und neu ordnen, sei dies lesend, schreibend oder rechnend. Das gehört zu den Grundkompetenzen, die wir im Alltag immer wieder einsetzen, bei der Zeitungslektüre am Frühstückstisch, beim Schreiben von E-Mails und beim Ausfüllen von Formularen, beim Ausrechnen des Rückgelds. Die Fotograf Reto Schlatter hat diese komplexen Vorgänge in seinen überblendeten Bildern eingefangen.
Menschen, die über eine oder mehrere dieser Grundkompetenzen nicht verfügen, leben mit einem grossen Handicap. Sie können am gesellschaftlichen und beruflichen Leben nur beschränkt teilnehmen. Manchmal wird der Alltag für sie zum Spiessrutenlauf: Dauernd müssen sie auf der Hut sein, um nicht «entlarvt» zu werden. Wer nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen kann, gilt sehr schnell als dumm. Volkswirtschaftlich ist der Schaden ebenfalls enorm. Wenn Berufstätige mit eingeschränkten Grundkompetenzen viele Arbeiten nicht verrichten und auch kaum an Weiterbildungen teilnehmen können, verlieren sie bei wirtschaftlichen Entwicklungen sehr schnell den Anschluss und oft auch die Beschäftigung. Das Berner Büro BASS hat in einer offiziellen Studie errechnet, dass allein die Leseschwächen die Arbeitslosenversicherung jährlich rund eine Milliarde Schweizer Franken kostet. Vorzeigebeispiel Schottland. Mit ähnlichen Problemen haben auch andere Länder zu kämpfen. Zum Beispiel in Schottland. Laut einer EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 9
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breit abgestützten Studie hatten hier vor zehn Jahren gut 21 Prozent der Bevölkerung zwischen 16 und 64 Jahren ernsthafte Probleme mit den Grundkompetenzen. Dies in einer wirtschaftlichen Situation, die für Schottland als traditionelles Agrar- und Industrieland ohnehin schwierig war. Massenarbeitslosigkeit drohte, mit allen sozialen Folgen wie Verwahrlosung, Alkohol und Gewalt. Die Regierung schlug deshalb Alarm und lancierte ein gross angelegtes Projekt.
hen auch Prominente zu ihren Schwächen – inklusive Fussballstars, die bekennen, dass sie besser im Toreschiessen seien als im Lesen und Schreiben. Die Kampagne «The Big Plus» zeigt, dass dies keine Schande ist und wie man das Problem angehen kann.
Heute, zehn Jahre nach dem Start des Programms, sind es nur noch gut 14 Prozent, die in den Grundkompetenzen sehr schlecht abschneiden, also ein Drittel weniger. Moira Hamilton, Officer im nationalen Projekt: «Der Grund dafür ist, dass wir hier sehr nahe an der sozialen Praxis arbeiten.»
Mit der Kampagne werden auch alle möglichen staatlichen und sozialen Stellen angesprochen. Thomas Sommer, Projektleiter im Bereich Illettrismus an der Fachhochschule Nordwestschweiz, weist auf den Vorteil der schottischen Kampagne hin: «Ob Ärzte, Pfarrer, Angestellte in Gemeindezentren oder sogar das Personal in Pubs: Alle sind für das Thema sensibilisiert.» Wo immer es etwas zum Lesen, Schreiben oder Rechnen gibt, achten die zuständigen Leute auf allfällige Probleme und suchen das Gespräch.
Werbekampagne. Nahe an der sozialen Praxis bedeutet zuerst einmal, Lese-, Schreib- und Rechenschwächen öffentlich zum Thema zu machen. In Schottland wurde die Kampagne «The Big Plus» gestartet, die zeigte, wie viele betroffen sind. In Radio- und Fernsehspots und auf Plakatwänden ste-
Stärken statt Schwächen. Das eigentliche Förderungsprogramm orientiert sich nachher am Alltag der Betroffenen. In Form eines Rades (The wheel; www.thealoscotland.com) werden die verschiedenen Ziele und Schritte dargestellt. Im Mittelpunkt des Rades steht der Lernende. Darum herum gruppiert
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sind die verschiedenen Bereiche, in denen die Leute ihre Fähigkeiten ausüben sollen – Arbeit, Gemeinschaft, Familie, privat. Dann fragt man sich, so Moira Hamilton: «Was müssen sie lesen können, welche Texte schreiben sie? Was sind ihre Ziele und Pläne? Was sind ihre Stärken?» Man orientiere sich immer an den Stärken, das helfe auch für das Selbstbewusstsein. Im Programm arbeiten Leute von der nationalen Kampagne mit lokalen Behörden zusammen. Wichtig ist dabei auch der Einsatz von Freiwilligen. Oft sind das Leute, die selber Mühe mit den Grundkompetenzen gehabt haben und deshalb die Probleme aus eigenem Erleben kennen. Sie halten die Schwelle für den Einstieg niedrig und üben häufig eine Mentor-Rolle aus. Ein Teil der Schulungen wird in den Betrieben der Leute vorgenommen; auch das erleichtert den Einstieg. Ernst genommen. Zurück zu Helena Amrein aus Steffisburg. Auch sie war es irgendwann leid, sich weiter durchzuwursteln und ihre Schwächen vor den eigenen Töchtern zu verstecken. Nach einigem
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Hin und Her meldete sie sich für einen Lese-und-Schreib-Kurs für Erwachsene an. Sechs Jahre ist das bereits her, und sie sagt noch immer: «Dieser Schritt hat mein Leben verändert. Das war eine Befreiung für mich.» Endlich musste sie keine Tricks mehr verwenden, weil sie ja mit ihren Problem unter ihresgleichen war: «Da wurde ich erstmals ernst genommen.» Man habe einander helfen können, und häufig sei es auch sehr lustig gewesen. Wichtig für sie: Man habe «Stopp» sagen können, wenn man an eine persönliche Grenze kam. Bloss ein Jahr dauerte der Kurs. Das reichte, um deutlich besser, aber nicht fehlerfrei zu werden. Amrein: «Man muss nicht alles können. Aber wenn man mit den Fehlern besser umgehen kann, kommt man seltener in eine Stresssituation und macht deshalb weniger Fehler.» Typisch schweizerisch. Helena Amrein hat vom steigenden Angebot für Lese-und-Schreib-Kurse für Erwachsene in der Schweiz profitiert. André Schläfli, der für den Schweizerischen Verband für Weiterbildung SVEB die Angebote der
Kantone untersucht hat, zeichnet aber ein durchzogenes Bild des Schweizer Angebots. Zwar seien die gesetzlichen Grundlagen in allen Kantonen vorhanden, um die Grundkompetenzen zu fördern. Es gebe auch verschiedene Angebote von den Kantonen selber oder finanzielle Unterstützung für andere Anbieter. Aber, so Schläfli: «Es ist eben typisch schweizerisch – jeder Kanton macht etwas für sich, überall ist die Situation wieder anders.» Neben sehr fortschrittlichen Kantonen wie beispielsweise Tessin, Baselland oder Neuenburg gebe es auch andere, in denen relativ wenig laufe. Konkret: Anders als beim Vorzeigebeispiel Schottland wird wenig zwischen den Ämtern koordiniert, die Angestellten in den Amtsstellen seien zu wenig sensibilisiert und würden deshalb kaum aktiv. Ebenfalls im Unterschied zum Beispiel Schottland gehen die Behörden nicht aktiv auf die Leute zu, sondern die Leute müssen zu ihnen kommen. Eklatant auch der öffentlich wahrnehmbare Unterschied zum «Musterknaben» Schottland: Es gibt keine ernstzunehmende SensibiliEB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 11
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sierung für das Thema durch staatliche Stellen. Die öffentliche Diskussion über das Thema ist noch sehr zögerlich. Schläfli weiter: «Es existiert auch kaum ein gezieltes Marketing der Anbieter, die Leute werden vielfach nicht erreicht.» Von einer Kampagne wie «The Big Plus» sind wir in der Schweiz weit entfernt. Aktiv in den Betrieben. Ansätze sind in der Schweiz aber durchaus vorhanden, auch in den Betrieben. An der Schlusstagung des Projektes «GO» für die Förderung der Grundkompetenzen in Biel stellten vier sehr unterschiedliche Unternehmen ihre Aktivitäten vor: Zweifel Pomy-Chips AG, PostLogistics, die SBB und die PUA Reinigungs AG. – Zweifel Pomy-Chips schulte Mitarbeitende gezielt am Computer, und zwar im Betrieb selber. In zwanzig Lektionen lernten die Leute den Umgang mit den betriebseigenen Computer-Programmen. Die Firma ist ein typisches Beispiel dafür, dass man auch einfachere Arbeiten in der Logistik nicht mehr ohne Grundkompetenzen verrichten kann. Produktionsleiter Christian Knobel: «Wir wollen die Leute bei uns behalten, deshalb investieren wir 12 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
in ihre Ausbildung.» Die Fluktuation sei hier sehr niedrig, deshalb rechne sich die Investition auch für die Firma. Schon vor einiger Zeit hat man die Angestellten – häufig Leute mit Migrationshintergrund aus über zwanzig Ländern – in Deutsch, Lesen und Schreiben geschult. Hier genauso wie beim Umgang mit dem Computer können die Leute auch für sich privat profitieren. Christian Knobel: «Das ist der Schlüssel für die Motivation.» Auf bescheidenem Niveau förderte die PUA Reinigungs AG Mitarbeitende in den Grundkompetenzen. Das waren Frauen, die zum Teil seit fünfzehn Jahren im Betrieb sind und sehr tiefe Deutsch-Kenntnisse haben. Die Kunden hätten seine Angestellten kaum verstanden, erzählt PUA-Inhaber und -Geschäftsführer Peter Steiner, und seine Leute hätten die Arbeitsaufträge nicht lesen können. «Wir mussten zum Teil mit Piktogrammen arbeiten.» Hier waren die Erwartungen gering. Steiner: «Wenn die Leute nach dem Kurs ‹Guten Tag› sagen konnten oder ‹Ich bin fertig›, dann waren sie schon zufrieden.»
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Bernhard Grämiger, beim SVEB Projektleiter für die Pilotkurse in den Firmen, sieht klare Erkenntnisse: Bei diesen Beispielen – und auch bei PostLogistics und SBB, die ebenfalls Pilotprojekte durchführten – zeige sich, dass ein Angebot vor Ort und nicht in einem weit entfernten Schulhaus sehr sinnvoll sei. Kurze, zielgerichtete Angebote bis zu dreissig Lektionen seien effektiver und auch beliebter als längere, umfassendere. Hier müssten aber realistische Ziele gesetzt werden.
Schub vom Bund? Entscheidend für eine allfällige Grundkompetenzen-Offensive in den Unternehmen ist die Finanzierung. Ob die Betriebe wirklich alles zahlen wollen, wenn der Nutzen auch privat ist, ist für Bernhard Grämiger fraglich: «Mit guten Willen ist es nicht getan, es braucht auch Geld.» Dieses Geld fordert der Schweizer Dachverband Lesen und Schreiben, in dem die engagierten Organisationen zusammengefasst sind. In einer Petition mit mehr als 20 000 Unterschriften, die der Ver-
Ein Zentrum für Grundkompetenzen Im Mai 2011 eröffnete die EB Zürich das «Zentrum für Grundkompetenzen». Hier kann man nicht nur schreiben, lesen, sondern auch das Rechnen und andere im beruflichen und privaten Alltag wichtige Fähigkeiten neu erwerben: etwa mit einem PC umgehen, elektronische Geräte bedienen, Formulare ausfüllen usw. Aktuelle Angebote für Grundkompetenzen an der EB Zürich: – Lesen und Schreiben für Erwachsene – Aktuell informiert diskutiere ich mit – Vertiefungskurse Deutsch als Zweitsprache A1/A2 – Aussprachetraining Deutsch – PC-Vorkurs – PC-Einstieg (Slow Go) – Keine Angst vor Zahlen/Alltagsmathematik
band letzten Herbst dem Bundesrat übergeben hat, verlangt er, dass das Recht auf Grundbildung gesetzlich verankert wird. Die Forderung ist aktuell: Zurzeit wird das eidgenössische Weiterbildungsgesetz überarbeitet. Das neue Gesetz soll garantieren, so der Verband, «dass jede Person, unabhängig von ihrem Alter und ihrer Herkunft, die Möglichkeit hat, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.» Wie das konkret aussehen soll, wer was durchführen und vor allem, wer was bezahlen soll – darüber werden National- und Ständerat in Kürze heftig debattieren. Mit offenen Karten. Das Schlusswort hat Helena Amrein aus Steffisburg. Sie, die sich damals durch die Schule und die Köchin-Lehre getrickst hat, absolviert heute die Ausbildung für das Wirtepatent. Auch wenn sie noch nicht perfekt lesen und schreiben kann, ist sie überzeugt, den Abschluss zu schaffen. Und das mit einem erheblichen persönlichen Komfort: «Ich muss heute nicht mehr mogeln.»
Weitere Informationen unter www.eb-zuerich.ch
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«Von mir aus zum Nulltarif» Weiterbildung für alle. Lesen, Schreiben, Rechnen, Computer bedienen: Das soll man der EB Zürich auf vielfältige Art und sehr günstig lernen können. Und vor allem ohne Ausgrenzung. Sagt Rektor Hans-Peter Hauser. INTERVIEW Guido Stalder
Hans-Peter Hauser, was bietet die EB Leuten, die Mühe mit Lesen und Schreiben haben? Ein breites Angebot an spezifischen Kursen und anderen Möglichkeiten zum Lernen. Unsere Herausforderung ist dabei vor allem die: Etwas, das immer noch als Mangel angesehen wird, zu etwas Normalem zu machen. Die EB Zürich hat dazu eine gute Chance. Hierher kommt man nämlich nicht zum Illetrismus-Kurs, sondern einfach in die Weiterbildung. Man besucht vielleicht einen Photoshop-Kurs, etwas im Bereich Kommunikation oder befasst sich mit dem Management für Nonprofit-Organisationen. Und eben wieder andere setzen sich mit Lesen und Schreiben oder dem Bedienen von Computern auseinander. So muss das eingebettet sein – einfach als Weiterbildung. Könnten sich andere Kund/innen der EB Zürich daran stören? Wenn sie es stört, dann sollen sie nicht an die EB Zürich kommen. Doch das ist für niemanden ein Problem . Für diejenigen aber, die Lesen und Schreiben lernen, ist es enorm wichtig, dass es keine Entmischung und keine Sonderbehandlung gibt. Das ist unser stärkster Beitrag für die Leute, die Sorgen haben mit dem Lesen und Schreiben, das schützt sie wirklich. Was bringt es konkret? Sehr viel. Wer sich ein, zwei Jahre gezielt mit Lesen, Rechnen, oder Computerbenutzung auseinandersetzt, holt sich viel Sicherheit und erreicht ein gutes Niveau. Das erhöht die Chancen am Arbeitsplatz und verbessert auch allgemein die Lebensqualität. 14 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
Immer unsicher in den Grundkompetenzen zu sein, sich durchmogeln zu müssen, das nagt am Selbst bewusstsein. Oft ist es ein Teufelskreis: Ich habe Leute erlebt, die beim Lesen so sehr damit beschäftigt waren, keine Fehler zu machen, dass sie sich gar nicht erst mit dem Inhalt beschäftigen konnten. Da geht es in den Kursen darum, einen besseren Zugang zu finden. Wird die EB Zürich ihr Angebot noch ausbauen? Sicher. Es wird noch mehr sprachliche Angebote geben, aber auch Grundangebote in der Informatik, in der Mathematik und im Lösen von Problemen. und das in verschiedenen Lernformen. Man soll nicht immer in einen Kurs gehen müssen, sondern soll auch Möglichkeiten zum Selbstlernen haben. Und wer soll das bezahlen? Das ist eine Aufgabe der Allgemeinheit. Es wird immer Leute geben, die auch als Erwachsene noch etwas in den Grundkompetenzen brauchen. Also muss der Staat dafür sorgen, dass es solche Angebote gibt und dass sie günstig sind. Und zwar ohne mühsames Verfahren, in dem man nachweisen muss, dass man wenig Geld hat. Von mir aus, könnte das Angebot sogar gratis sein – oder halb gratis, wie man auf der Autobahn fahren kann. Das kostet ja auch nur vierzig Franken.
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Waagrecht (i = j = y) Gleicht die Eigenschaften der verschiedenen Niveaus aus Brachiale Zurechtweisung Ob Walo oder Kari, namentlich ein eindeutiger Eidgenosse Fliesst laufend ab, zweimal auch aus der Schweiz (Früheren) Generationen von Kindern verhasste Prophylaxe Dient im Büro, wenn nicht papierlos, der Zusammenfassung Ist Romands immer nützlich Wirkt behütend oder festlich Ein Boot mit grossem numerisch-vorsorglichem Abteil Da sehen Sie sie woanders Wer das als Kommunikationsform einsetzt, wird kaum ernst genommen Worauf der Halsabschneider vielleicht aus ist Jetziges oder künftiges Problem im Untergrund Mangelhafte Kern-Kompetenz führt zu dieser scharfen Sauce Ist eine Larve und gehört doch nicht an die Fasnacht Was der Strauchdieb zum Beispiel mitlaufen lassen kann
Senkrecht 1 Solche haben Gottes Wort schon mit der Muttermilch aufgesogen 2 Kann schwer auf dem Sennen und der Sennerin lasten 3 Nagerendstation 4 Wie durchlebt das Kind eine gewisse Phase? 5 Hat (hatte) Zug-Kraft 6 Ruderbootmodell für Teamunfähige? 7 Worum man auf Neudeutsch nicht herumkommt 8 Bringt Velorennfahrer auf die Überholspur 9 Ist megalitherweise sehr bekannt 11 Objekt ritterlicher Begierde 15 Beim Gericht beliebt, aber nebensächlich 18 Eine Frau, vom Namen her zur Bardame nicht ungeeignet … 21 und ein Knabe, der etwas von verdrehten Vögeln hat 2 2 Schafft Bypassübergänge 26 Lautloser Trab sowie Trieb 28 Ist auf Fusshöhe angesiedelt
Schicken Sie das Lösungswort, das sich aus den grauen Feldern ergibt, an raetsel@eb-zuerich.ch. Einsendeschluss: 30. September 2011. Die Lösung findet sich ab dem 4. Oktober 2011 auf www.eb-zuerich.ch/blog. Unter den richtigen Einsendungen werden 5 Preise verlost. Erster Preis ist ein Bildungsgutschein der EB Zürich im Wert von 100 Franken. Zweiter bis fünfter Preis ist eine EB-Zürich-Tasche.
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Sigg Sagg Sugg Sigg Sagg Sugg: ein Entscheidungsspiel oder ein entscheidendes Spiel? Parlamentswahlen stehen an. Nicht nur unsere Vertreterinnen und Vertreter in Bern wählen wir; jeden Tag treffen wir Entscheidungen, wählen aus. Die Teilnehmenden des 21. Bildungsgangs «Journalismus» haben recherchiert, geschrieben und fotografiert. Beilage zum Magazin EB Kurs der EB Zürich. Herbst 2011
Editorial
Sigg Sagg Sugg Wahlfreiheit ist das Privileg einer reichen, westlichen Gesellschaft. Der Soziologe Peter Gross schuf dafür den Begriff «Multioptionsgesellschaft». Wissenschaftler schätzen, dass der moderne Mensch 10 000 Entscheidungen trifft – pro Tag. Viele davon sind Auswüchse einer Überflussgesellschaft, deren Lebensstil durch ein Überangebot von Produkten und Dienstleistungen geprägt ist. Ein paar Entscheidungen, die wir im Laufe unseres Lebens fällen, bestimmen allerdings über unser Schicksal.
Inhalt Editorial II Sigg Sagg Sugg oder III Schere, Stein, Papier? Schräge Entscheidungs hilfen im Selbsttest III Starwahl gleich Stilwahl IV Kluft zwischen Berufswahl und Nachfrage IV der Wirtschaft V Tatort oder Traders? VI Seide oder Flanell? «Jetzt geht es um das VI Aussehen» Schottland, Strand VII oder Kreuzfahrt? Birchermüesli als VIII Zeitzeuge Neue Strassen VIII brauchen Namen Manchmal entscheidet IX das Schicksal «Die Formel 1 wird irgendwann mit Elektroautos X ausgetragen werden» «Ich habe ein Entscheidungsrecht!» XII XII Aus-gewählt! «Der Weg ist das Ziel» XIII Nagellack kaufen XIII ist gefährlich «Westliches oder zentrales Hochland?» XIV Die Vision bringt XIV Entscheide XV Ja! Nein! Jein! Der 21. Bildungsgang «Journalismus»: XVI Learning by doing II WIE MENSCHEN WÄHLEN
Elf Teilnehmende des 21. Bildungsgangs «Journalismus» haben verschiedene Wahlsituationen und Entscheidungsrituale unter die Lupe genommen. Die Wahlmöglichkeit zwischen zig Fernsehkanälen, 27 Erdbeerjoghurts oder Dutzenden praktisch identischen Ferienangeboten erzeugt höchstens Stress und wird unser Leben kaum beeinflussen. Schwerer wiegen die Berufs- oder die Partnerwahl oder persönliche Entscheidungen, wie Kinder zu bekommen, die Religion zu wechseln oder eine aussergewöhnliche Lebensform zu riskieren. Oft können sich Kopf und Bauch über die «richtige» Wahl nicht einigen. Wenn der Rat von Freunden und Fachleuten uns auch nicht weiter bringt, hilft letztlich nur noch das Zufallsprinzip: das Aufwerfen einer Münze, Würfeln, Karten legen oder kindliche Abzählverse wie etwa Sigg Sagg Sugg. Sandra Stutz-Delmore
Simona di Taranto, Hanna Lauer, Sandra Stutz-Delmore, Iris Guery, Christian König, Claudia Naef Binz, Nicole Siegenthaler, Ariane Costantini, Jérôme Stern, Sina Arikan, Marianne Wydler
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Reto Schlatter
Schräge Entscheidungshilfen im Selbsttest
«Schere, Stein, Papier» gehört nach wie vor zum Repertoire von Kindern.
Sigg Sagg Sugg oder Schere, Stein, Papier? Wie wählen Kinder heute auf dem Pausenplatz? Setzen sie dieselben Abzählverse ein wie schon ihre Eltern? Eine kleine Erkundungstour auf dem Spielplatz der Entscheidungsrituale. Wer spielt mit wem? Wer fängt zuerst? Wer sucht beim Verstecken? Mal wollen alle gleichzeitig, mal meldet sich keiner. Hier hilft der Abzählreim. Droht sogar Streit, kann er ihn abwenden. Doch wie wählen Kinder ihre Spielpartner? Nach Grösse, nach Alter, nach Lieblingsfarbe, nach Los, mit Münze, mit Würfel? Auf einem Pausenplatz halten Drittklässler beim «Sigg Sagg Sugg» die Schuhe mit den Spitzen gegeneinander. Auf «Sugg» ziehen sie den Fuss zurück oder bleiben in der Mitte. Ein Sechsjähriger zitiert den Vers aus dem Kindergarten: «Wer hat den schönsten Schuh, den schönsten Schuh hast du, wie alt bist denn du?» Dabei betont er das «Du» und dehnt das «Wer». Dann erklärt er, dass es alle o.k. finden müssten, wie die Mannschaft zusammengestellt sei. «Schere, Stein, Papier», spiele sie zu zweit, sagt ein blondes Mädchen. «Sigg Sagg Sugg» gebrauche sie hingegen fast nie. Auch Klatschspiele setzen Kinder zum Abzählen ein, wer aus dem Rhythmus fällt, scheidet aus. Will jemand die Kraft erproben, misst er mit Armdrücken, wer sich in Geschicklichkeit üben will, versucht, andern auf den Fuss zu springen. Eine Mutter bemerkt augenzwinkernd: «Und manchmal streiten Kinder auch, um ihre Wahl durchzusetzen.» Mehrmals pro Jahr breiten sich neue Formen auf den Pausenplätzen aus: Sammler tauschen die doppelten Klebebilder und Bonus-Spiele der Grossverteiler. Kinder schlängeln sich mit zurückgebeugtem Oberkörper unter einer hüfthohen Stange durch. Im Unterricht eingeführte Spiele nehmen die meisten gerne auf. Doch lassen sie den Reim oder das Geschicklichkeitsspiel mit den Kieselsteinen bald wieder bleiben. Lieber werfen sie den Ball in die Luft, wer ihn fängt, beginnt. Oder sie fragen: «Welche Hand willst du?» Einige machen einen Dritten zum Supervisor. Den Lehrerinnen springt es ins Auge, wenn der Schnellere, der Stärkere bestimmt. Viele Kinder achten beim Wählen darauf, in der Gemeinschaft gut dazustehen. «Wenn ich mir etwas wünschen darf, überlege ich mir, was andere Kinder ‹Cooles› haben», erklärt eine Achtjährige. Es ist Feierabend, es riecht nach Sommer. Auf dem Spielplatz ertönt ein «Sigg Sagg Sugg» und ein Vater erinnert sich an «Aazelle, Bölle schelle». Als Kind hat er es den Älteren im Quartier abgeguckt. Wer ziert sich nicht gern, damit er nicht Partei ergreifen muss? Ein Abzählreim mit «Ehr und redlich» könnte nicht text und bild Marianne Wydler nur den Kindern das Miteinander erleichtern.
Virtuelles Kaffeesatz-Lesen Die Antwort liegt im Kaffeesatz. Die iPhone-Applikation «Der mystische Kaffeesatz» ist lustig, wenn auch simpel gestaltet. Auf den Befehl hin «schüttel Dein iPhone», tue ich das brav und erhalte ein «Ja!» zur Antwort. Abgelenkt durch die DiätpillenWerbung am oberen Rand, habe ich vergessen eine Frage zu stellen. Beim Wiederholen erhalte ich die Antwort «Ich habe meine Zweifel». Auch Kaffeesatz scheint sich nicht gerne zu entscheiden. Tarot online Online Tarotkarten legen auf www.t-a-r-o-t.info. Eine schrille Seite, auf der auch meteorologische Voraussagen gemacht werden – das Wetter steht ja auch in den Sternen. Gibt man das aktuelle Datum ein, kann per Mausklick eine Karte gezogen werden. Mit Doppelklick auf das Kartenbild erscheint eine Erläuterungen zur – in meinem Falle – berechnenden, kaltherzigen Zynikerin, der Königin der Schwerter … Münzenwurf-Applikation Für die Verfechter eines bargeldlosen Lebenswandels bietet sich bei Entscheidungsträgheit «3D coin toss» an. Kein altmodisches Kramen nach Kleingeld in den Hosensäcken, sondern Handy zücken, runterladen und loswerfen resp. schütteln. Unerwartet fliegt die EuroMünze bereits in die Luft, hinauf in den Wolkenhimmel und landet nach mehrmaligem Aufspringen auf dem Gras, Kopf oder Zahl. Live macht das Ganze jedoch mehr Spass, da auch in Lokalwährung durchführbar …
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Iris Guery
WIE MENSCHEN WÄHLEN III
Starwahl gleich Stilwahl Frau hat wie immer die Qual der Wahl, sie muss auswählen, was sie in der kommenden Saison anziehen soll. Zum Glück haben wir unsere Promis, denn was würden wir ohne sie tun? Wer würde uns sagen, welche Stücke wir aus all den wunderschönen Kreationen der Top designer (oder der entsprechenden Kopisten) zu unserem Lieblingsstück erwählen sollen? Hier ein paar Tipps zum stressfreien «Starstil»: Suchen Sie sich einen Filmoder Musikstar aus, der Ihnen gefällt, mit dem Sie sich identifizieren können. Anschliessend surfen Sie im Netz, um Fotos von Ihrem Stilvorbild zu finden. Wenn Sie Glück haben, stossen Sie auf einen Artikel aus einer Modezeitschrift, der Ihren Star zeigt und genaue Beschreibungen der getragenen Kleidungsstücke gibt. Sollte das nicht der Fall sein, kaufen Sie am Kiosk alle einschlägigen Klatschmagazine und stöbern diese durch. Finden Sie dort nichts über ihren Stil-Liebling, müssen Sie auf einen bedeutenderen Star ausweichen. Können sie sich aber mit niemand anderem identifizieren, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sich auf den schmalen und äusserst gefährlichen Weg des eigenen Stils zu begeben. Seien Sie sich aber stets bewusst, die Konsequenzen können fürchterlich sein. Sie könnten Gefahr laufen, einen authentischen Stil zu entwickeln.
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Ariane Costantini
IV WIE MENSCHEN WÄHLEN
Gibt es noch freie Lehrstellen im Traumberuf?
Kluft zwischen Berufswahl und Nachfrage der Wirtschaft Rund 8000 Zürcher Jugendliche haben vor ein paar Tagen ihre «Stifti» begonnen. Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt hat sich entspannt, so dass viele Jugendliche ihren Wunschberuf lernen können. Trotzdem sind manche Schulabgänger leer ausgegangen – obwohl längst nicht alle Lehrstellen besetzt sind. Fast jeder vierte der frisch gebackenen Lehrlinge hat von der Schulbank auf den Bürosessel gewechselt, macht also eine kaufmännische Lehre. Seit Generationen gilt die «KV-Lehre» als solider Grundstein, als Beruf mit vielen Facetten, mit Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bis zum Konzernchef. «Mach doch erst mal das KV», raten Eltern ihren Sprösslingen, wenn diese gar exotische Berufsträume hegen oder keinen blassen Schimmer haben, wie sie später einmal ihre Brötchen verdienen wollen. Die Statistiken der Kantonalen Bildungsdirektion belegen, dass heute wie vor zwanzig Jahren die gleichen zwei Lehrberufe zu den Favoriten zählen: Kauffrau bzw. Kaufmann und Detailhandelsfachfrau bzw. -fachmann. Mehr denn je begehren junge Menschen eine Ausbildung in einem dieser beiden Berufe, während Ausbildungsgänge in Handwerk, Industrie und Technik immer weniger gefragt sind. Hier bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Die Wirtschaft (und besonders die Industrie) sei an mehr Jugendlichen interessiert, erklärte Ursula Renold, Direktorin des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT), Ende Juni in der Tagesschau, aber die Präferenzen der Jugendlichen gingen in eine andere Richtung. Woran liegt das? Zum einen gelten industriell-gewerbliche Berufe bei vielen Jugendlichen als unattraktiv: Harte Arbeit, dreckige Hände, magerer Lohn, wenig Aufstiegschancen. Das sind Vorurteile, die sich nicht so schnell aus den Köpfen
vertreiben lassen. Bereits wappnen sich die Berufsverbände gegen einen drohenden Lehrlingsmangel und lancieren zum Teil aufwändige Imagekampagnen. Die Stadt Zürich zum Beispiel wirbt mit Videoclips auf Youtube: Sympathische Lehrlinge, unter anderen eine Recyclistin, ein Logistiker und ein Automatiker, stellen ihren Beruf vor und erzählen, weshalb sie gerade diesen gewählt haben. Eine weitere Ursache für den Nachwuchsmangel liegt darin, dass viele traditionelle Lehren umfassende Wandlungen des Berufsbilds mit entsprechenden Reformen hinter sich haben. Und diese sind meistens mit höheren Anforderungen verbunden. Viele Bewerber bringen nicht die nötigen schulischen Voraussetzungen – naturwissenschaftliches, besonders aber solides mathematisches Grundwissen – für eine anspruchsvolle handwerkliche oder technische Ausbildung mit. Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ZLV) und Sekundarlehrerin, räumt ein, dass «die Volksschule in den letzten Jahren stark auf den Sprachbereich fokussiert war» und es vielleicht an der Zeit sei, Natur und Technik vermehrt in den Mittelpunkt zu stellen. Nicht immer ist es jedoch der zu leichte schulische Rucksack, der zu Absagen führt. «Bei uns müssen Interessentinnen in einer mehrtägigen Schnupperlehre zeigen, ob sie sich für den Beruf eignen», bestätigt Coiffeuse Denise D’Aurelio, die ihren Chef bei der Auswahl der (meist weiblichen) Lehrlinge unterstützt. Dem Coiffeurbetrieb sind die Schulnoten und die Ergebnisse des Multichecks (Eignungstests) nicht allzu wichtig. Aber manchmal scheitern die Bewerberinnen, weil es mit der deutschen Sprache oder der Kommunikationsfähigkeit hapert. Und oft lassen auch Umgangsformen und Auftreten zu wünschen übrig. Weil die guten Schüler in die Mittelschulen oder Bürogebäude strömen und leistungsschwächere Jugendliche oft nicht den Anforderungen genügen, bleiben viele Ausbildungsplätze in Werkhallen und Gewerbebetrieben leer. Über zwanzig Prozent der Schulabgänger hängen denn auch nach der obligatorischen Schulzeit ein zusätzliches («freiwilliges») Schuljahr an. Aber nicht alle tun das, weil sie keine bzw. nicht die passende Lehrstelle gefunden haben. «Manche Jugendliche beschliessen schon zu Beginn der zweiten Sekundarklasse, dass sie ein Brückenangebot in Anspruch nehmen werden, und beteiligen sich überhaupt nicht am Berufswahlprozess. Das ist mir ein Dorn im Auge», sagt Lilo Lätzsch.
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Sandra Stutz-Delmore
Tatort oder Traders? Dieses Jahr verkündete das Schweizer Fernsehen Einschaltquoten unter dreissig Prozent, ein Rekordtief. Zurückzuführen ist dies einerseits auf die Möglichkeit, verpasste Sendungen später im Internet oder via Podcast zu schauen. Doch am Internet allein liegt es nicht. Die Wahl, ob eine Sendung top oder flop ist, entscheidet der Zuschauer zu Hause mit. Zappt jeder weg, stimmt die Quote bald nicht mehr. Das Schweizer Fernsehen ist gezwungen, Massnahmen zu ergreifen. Vor allem Unterhaltungssendungen funktionieren nicht immer. «Zart oder Bart» und «Ab in die Küche» verschwanden schnell wieder vom Bildschirm. Solche Formate leben oft von der Person im Vordergrund. Was wäre «Benissimo» ohne Beni Thurnheer oder «Eiger, Mönch und Kunz» ohne Susanne. Darum hatte die Sendung mit Anna Meyer keinen Erfolg mehr − und wurde abgesetzt. Trotz hoher Einschaltquoten war dagegen diesen Sommer mit der Quizsendung «Deal or No Deal» Schluss. Bei solchen Entscheidungen kann der Publikumsrat massgebend sein. Dieser fungiert als Vertretung der Zuschauer zu Hause. In der Regel trifft er sich elfmal im Jahr und beobachtet ausgewählte Programme. In mehreren Arbeitsgruppen werden diese bewertet und im Plenum mit den Programmverantwortlichen von SRF diskutiert. Der Publikumsrat leistet, obwohl er rein beratend zur Seite steht, einen grossen Beitrag zur Programmentwicklung beim Schweizer Fernsehen.
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Nicole Siegenthaler
WIE MENSCHEN WÄHLEN V
Seide oder Flanell?
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Diese Frage stellt sich mir, als ich meine Wäsche aus der Waschmaschine hole und mit Schrecken feststelle, dass meine Nachtbekleidung nicht nur unmodisch, sondern der sprichwörtliche letzte Schrei, beziehungsweise ein modischer Supergau ist. Zum Glück sieht mich niemand in meinen Pyjamas. Etwas Neues muss her und zwar sofort. Unterwäschegeschäft oder Warenhaus? Seidennegligé oder Flanellpyjama? Nach einem Blick in mein Portemonnaie ist die Antwort klar. Flanellpyjama. Hmm. Eigentlich will ich aber dieses tolle Seidennachthemd, das ich kürzlich im Schaufenster einer Unterwäscheboutique gesehen habe. Andererseits, was soll ich mit diesem Wahnsinnsteil? Ich entscheide mich also für zwei Pyjamas aus feinster mercerisierter Baumwolle, eines in Rosa, mit Streifen in fuchsia, das andere in violett mit blauen Streifen und einem schwarzen Fantasiedruck. Fühlt sich super an, auf der Haut und auch im Kopf. Etwas später beim Surfen im Internet, natürlich in einen meiner neuen Pyjamas gehüllt, stosse ich auf ein Zitat von Coco Chanel: «Die meisten Frauen wählen ihr Nachthemd mit mehr Verstand aus als ihren Mann.» Ist das so? Ich beginne mich zu fragen, wie ich meine Männer bis anhin ausgesucht habe. Es hat was. In Sachen Partnerwahl war ich bis jetzt wirklich nicht sehr kritisch. Die Wahl eines Mannes ist ja (meistens) eine reine Gefühlssache. Ich sollte doch mal testen, wie es ist, einen Mann nach harten Fakten auszusuchen. Fortsetzung Seite VII
VI WIE MENSCHEN WÄHLEN
«Jetzt geht es um das Aussehen» Jedes Jahr bewerben sich Hunderte von schönen Mädchen für die Miss-Schweiz-Wahl. In die finale TV-Show schaffen es aber nur zwölf. Es bleibt die Frage, ob dafür allein ihr Aussehen den Ausschlag gibt. Im Jahr 1976 gründete das Ehepaar Moser-Murbach die offizielle MissSchweiz-Organisation unter dem Credo «Beauty with a Purpose». Zu dieser Zeit diente die Wahl nicht nur der Repräsentation der Schweiz, sondern war in erster Linie eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Köpfchen und soziale Intelligenz waren gefragt. Die amtierende Miss setzte sich für Hilfsaktionen ein, und im Gegensatz zu heute wurde ein Grossteil der Einnahmen gespendet. Geht es heutzutage vor allem um «Geldmacherei»? Im Jahr 1993 bekam die Miss Schweiz als Gewinnpreis, unter anderem, ein Küchen-Pfannen-Set für wasserloses Kochen im Wert von 3500 Franken. Heute gibt es für die Siegerin als Supplement einen Repräsentationsvertrag für Léger-Produkte im Wert von 40 000 Franken. Das ist eine erhebliche Steigerung innert acht Jahren. Bereits am ersten Tag im Leben einer Miss Schweiz zerreisst man sich gerne das Maul über mögliche Leichen im Keller, wie Nacktbilder, Untreue, peinliche Auftritte oder erlogene Schultitel. Und kaum eine bestehende Liebesbeziehung überlebt das Amtsjahr. Wenn man sich aber die finanziellen Erträge anschaut, die um eine halbe Millionen Franken kreisen, nimmt Frau solche «Banalitäten» offenbar gerne in Kauf. Die Miss-Schweiz-Wahlen finden seit rund sechzig Jahren statt. Immer wieder taucht auch die Frage auf, ob es für den Titel reicht, einfach gut auszusehen. Jährlich melden sich vier- bis fünfhundert junge Frauen an, die den Kriterien entsprechen: Sie sind Schweizerinnen, ledig, kinderlos, mindestens 1,68 Meter gross und zwischen 17 und 25 Jahre alt. Ein erstes Schnellverfahren durch drei Experten aus den Bereichen Fotografie, Fashion, Lifestyle und einen Vertreter der Organisation reduziert die Auswahl um zwei Drittel. Die verbleibenden 150 Kandidatinnen werden nach Zürich eingeladen und einer achtköpfigen Jury vorgeführt, in der auch Sponsoren vertreten sind. Sie bewerten Eindruck, Aussehen und Fotogenität. Nach einem fünfminütigen Interview geht die Ausscheidung für etwa 60 Bewerberinnen weiter. «Jetzt geht es um das Aussehen», bestätigt Mitorganisatorin Karina Berger. So entscheidet die gleiche Jury, wer es in die glamouröse TV-Show schafft. Für zwölf junge Frauen ist der Traum der Schönheitskönigin noch nicht ausgeträumt. Eintext Hanna Lauer bild ZvG fach darum, weil sie schön sind.
Kerstin Cook ist noch die schönste Schweizerin: Bald muss auch sie ihr Krönchen abgeben.
< Dieses Jahr: länger, günstiger und öfter in die Ferien.
Schottland, Strand oder Kreuzfahrt? Party machen, Sightseeing, sich erholen oder möglichst viel entdecken: Ferien sind die wohlverdienten Wochen zur individuellen Gestaltung. Die Nordafrika-Krise und die tiefen Euro- und Dollarkurse ermöglichen günstige Reisen ins Ausland. Nach welchen Kriterien wählen die Schweizer diesen Herbst ihre Feriendestination? Unsicherheiten in Nordafrika führten im Frühjahr zu einem massiven Buchungsrückgang in der Reisebranche. Für die Sommerferien seien viele Gäste noch auf griechische Inseln oder Spanien ausgewichen, auf den Herbst habe sich die Lage wieder stabilisiert, sagt Simon Marquard, Sprecher von Kuoni. Hotelplan fördert die nordafrikanischen Destinationen aktiv mit zusätzlichen Broschüren und Angeboten, bis zu dreissig Prozent günstiger. Einen Rückgang verzeichnet auch das griechische Festland. Ist die politische Situation kritisch, schrecken Herr und Frau Schweizer von Ferien in diesem Land ab. Ist der Preis aber lukrativ genug, rücken die Ängste in den Hinterkopf. Dieses Jahr lockt der tiefe Euro, Ferien allenfalls im europäischen Ausland zu buchen. TUI Suisse führt mit seiner Reisemarke «1-2-FLY» seit Jahren eine Euro-Preisliste. «Der Wechselkurs beeinflusst die Buchungen stark», sagt Roland Schmid, Mediensprecher. So baden Schweizer diesen Herbst auf den Kanaren, Balearen und in der Türkei, Sehenswürdigkeiten werden in Hamburg, Berlin und Barcelona abgeknipst. Doch auch der tiefe Dollar erfreut die Kunden und sie nutzen ihn für Shopping-Trips in New York und Reisen nach Nordamerika. Schweizer profitieren wieder vermehrt von Frühbucherrabatten. Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir von Hotelplan Suisse stellt einen Strukturwandel fest: Kunden buchen nicht mehr nur spontane Kurztrips oder Städtereisen, sondern gehen mehrmals jährlich länger in die Ferien. Den tiefen Kursen sei Dank. Auch die Medien beeinflussen die Wahl der Destination. An einem Sonntag kann vom Morgen früh bis am Abend spät eine Reisesendung nach der anderen genossen werden. Wer träumt danach nicht von einer Kreuzfahrt auf dem Traumschiff? Oder nach einem Rosamunde-Pilcher-Film von den schottischen Küsten? Roland Schmid stellt bei Kreuzfahrtbuchungen sogar ein Wachstum im zweistelligen Prozentbereich fest. Traumferien sind erschwingtext und bild Nicole Siegenthaler lich geworden, für fast jedermann.
Fortsetzung von Seite VI
Ich surfe also zu einer dieser Single-Webseiten und klicke mich durch all die Profile von suchenden Männern. Bei meinen Pyjamas wähle ich zuerst die Farbe aus, dann den Schnitt. In dem Fall wähle ich zuerst die Haarfarbe, die Augenfarbe und dann die Körpergrösse und die Statur und natürlich das Alter. Da ich bereits sehr klare Vorstellungen habe, reduziert sich die Anzahl der Kandidaten sofort drastisch. Die wenigsten Männer sind über 1,90 Meter gross, haben dunkles Haar und helle Augen und liegen altersmässig zwischen 35 und 43 Jahren. Das ist so, wie wenn das tolle Kleidungsstück, dass man ausgesucht hat, vom Schnitt her nicht passt. Also, nochmals suchen. Vielleicht mit Körpergrösse von 1,80 bis 1,90 Metern? Aber immer noch mit dunklen Haaren und hellen Augen, das Alter mal offen lassen. Da gibt es doch ein paar Kandidaten mehr. O.k. Jetzt sortieren wir die aus, die Kinder haben. Noch ein paar weniger. Eingrenzen der Postleitzahl und alle diejenigen aussortieren, die nicht in Zürich und Umgebung wohnen. Wieder ein paar weniger. Dann wären da noch weitere Details: Ich grenze den Bildungsstand ein, und Nichtraucher wäre auch nicht schlecht. Nach noch ein paar Eingrenzungen und noch weniger Kandidaten wird mir endgültig klar, wieso ich mehr Pyjamas als Männer text Ariane Costantini habe. WIE MENSCHEN WÄHLEN VII
Birchermüesli als Zeitzeuge Quittenweg, Kirschenweg, Pfirsichweg, Aprikosenweg, Birnenweg, so lauten die Strassennamen der ehemaligen Arbeitersiedlung im Winterthurer Quartier Stadt rain. Die Strassen sind von der Talacker- und der Johannisstrasse eingerahmt. Im Volksmund nennt sich die Siedlung Birchermüesli-Quartier. «Ein gutes Quartier», meint ein Anwohner, der die Pflanzen im wohlgepflegten Garten giesst. Wer einmal hier wohne, wolle nie mehr weg. Auf die Frage, warum die Früchtenamen ausgewählt wurden, erklärt er, dass hier eine Baumschule stand. Deshalb sei die Benennung nach Obstbäumen erfolgt. Das Strassenschild mit dem Namen Baumschulstrasse ist Zeuge davon. Das Bircher müesli-Quartier ist stadtbekannt. Selbst offizielle Stellen bezeichnen das Quartier so, setzen den Namen allerdings in Anführungszeichen. Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts herrschte in Winterthur eine extreme Wohnungsnot. Deshalb erstellte die Heimstätten-Genossenschaft preiswerte Unterkünfte für Arbeiter. Die Bauten galten damals mit ihrer Flachdachkonstruktion als topmodern. Die sogenannten Kreuzreihenhäuser sind rückwärtig zusammengebaut und wurden 2009 renoviert. Nicht nur mit dem Quartier, sondern auch mit den Strassennamen kann sich die Bevölkerung identifizieren. Sonst wäre der Kosename Birchermüesli-Quartier wohl nicht entstanden.
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Claudia Naef Binz
VIII WIE MENSCHEN WÄHLEN
Marcus Schmid bringt mit seinem Team Winterthurs Strassenschilder auf den neusten Stand.
Neue Strassen brauchen Namen
Daniel Kofmel, Chef des Vermessungsamtes Winterthur, entwickelt mit seinem Team die Strassennamen in Winterthur. Bis das Tiefbauamt die Schilder montieren kann, dauert es manchmal Jahre. Im Winterthurer Ortsteil Dättnau entsteht ein neues Quartier. Zwischen JulieBikle-Strasse und Hedy-Hahnloser-Strasse befinden sich 18 Doppeleinfamilienhäuser im Bau. Gegenüber sind 62 Wohnungen fertig gestellt und am MariaKübler-Weg ist eine weitere Überbauung ausgesteckt. Neue Erschliessungen erfordern neue Strassennamen. Dafür ist das Vermessungsamt zuständig, das dem Baudepartement zugeordnet ist. Laut Stadtgeometer und Chef des Vermessungsamtes Winterthur, Daniel Kofmel, erfährt das Vermessungsamt über Baugesuche, Gestaltungspläne und Quartierpläne von Bauvorhaben. Die Mitarbeiter des Vermessungsamtes entwickeln mit Unterstützung der Stadtarchivarin erste Ideen für Strassennamen und nehmen Bezug auf Flurnamen oder historische Gegebenheiten. Die Strassennamen müssen innerhalb von Winterthur unverwechselbar sein. Um Kontroversen zu vermeiden, gehen die Vorschläge in die Vernehmlassung. Die Erschliessungen werden meist vor deren Bau benannt. Wie ein Quartier nachher aussehe, könne man zum Planungszeitpunkt nicht sagen. «Trotzdem müssen wir festlegen, was ein Weg, eine Strasse oder ein Platz sein wird», so Daniel Kofmel. Der Vorschlag für den Maria-Kübler-Weg stammt vom Frauenstadtrundgang Winterthur. Laut Vereinspräsidentin und Historikerin Helen Girardier hat das Vermessungsamt den Verein um einen Vorschlag gebeten. Die Winterthurerin Maria Susanna Kübler lebte ein typisches Frauenleben im Hintergrund. Aus Geldnot arbeitete Maria Kübler als Schriftstellerin und verfasste 1854 «Das Hauswesen», einen erfolgreichen Ratgeber für die Hausfrau. Das lasse sich mit Betty Bossi vergleichen, denn das Buch sei in 17 Auflagen erschienen, so Girardier. Steht ein Strassenname fest, erhält das Tiefbauamt den Produktionsauftrag. Alle Schilder werden im Haus produziert, erläutert Marcus Schmid, Leiter der Fachstelle Signalisation. «Sobald in einem Quartier auch nur ein Haus steht, müssen wir die Strassenschilder montieren.» Oft bemerke man, dass die Tafel am falschen Ort stehe, wenn das Quartier nach zwei Jahren fertig gestellt sei. In Dättnau leuchtet das Strassenschild Hedy-Hahnloser in dunklem Blau, die neuste Generation mit reflektierender Folie. Diese Schilder haben laut Marcus Schmid eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren. Es ist aber keine Seltenheit, dass Strassenschilder über fünfzig Jahre alt werden. text und bild
Claudia Naef Binz
Manchmal entscheidet das Schicksal In den 23 Jahren bei der «Botschaft», der Regionalzeitung für das Zurzibiet, hat Irene Meyer jedes Jahr etwa 600 Geburtstagsglückwünsche verfasst. Was für einen Reim aufs Leben macht sie sich nach diesem tausendfachen Blick in fremde Entscheidungsprozesse? «Es gibt vieles, was die Menschen nicht selber entscheiden, sondern wo entschieden wird. Wenn man das annimmt, so kann Wunderbares daraus entstehen.» Als Journalistin ist Irene Meyer generell neugierig, fragt nach, wie ein 80-jähriger Jubilar mit seinem speziellen Hobby angefangen hat. Und dann sprudle plötzlich eine ganze Geschichte durchs Telefon, dass seine Frau bei einem Preisausschreiben einen Aufenthalt für drei Personen in Engelberg gewonnen habe und er sich im Ferienort droben dachte: «Oh Gott, was mach ich hier nur?» Da sei in diesem Augenblick auf der Wiese ein Gleitschirmflieger gelandet und beim damals 57-Jährigen der Wunsch erwacht, dies auch auszuprobieren. Er fliege übrigens immer noch, beispielsweise über den Laubberg. Irene Meyer kommentiert und gibt nochmals etwas von ihrer Lebensphilosophie preis: «Ist das nun Glück oder Schicksal oder gottgewollt? Das ist offen. Es lohnt sich, neugierig zu schauen, warum das Schicksal für einen so entschieden hat. Die Kunst des Lebens besteht darin, zu akzeptieren.»
Die Journalistin Irene Meyer wohnt selber in einer der 23 Gemein-
Hundertzwanzig bis hundertfünfzig Wörter pro Person – Redaktorin Irene Meyer hat darin Routine, mit wenigen Worten eine Lebensgeschichte für die Leserschaft spürbar zu machen. Jede Woche schreibt sie etwa zehn Geburtstagsglückwünsche für die in Döttingen beheimatete Lokalzeitung. Dieses Jahr sei mit exakt 669 Glückwünschen human, sie habe aber auch schon 1200 verfasst. Bei den Telefongesprächen erlebt sie, wie Jubilare mit einer positiven Lebenseinstellung auch ihr Leben in einem positiven Lichte sehen. Ein Glückwunsch darf kein Nekrolog (Nachruf) sein, soll aus dem Leben erzählen. Sie pickt gerne ein paar Highlights aus der Vergangenheit heraus, will aber in erster Linie schildern, woran jemand jetzt Freude hat. Der Leser soll das Besondere am porträtierten Menschen verstehen, seine Freude am Garten beispielsweise, das Mitwirken in einem Verein. Schön, wenn der Jubilar dank dem Artikel Besuch bekommt und sich so eine Folgegeschichte ergibt. Ein erster Glückwunsch erscheine, wenn jemand 75 Jahre alt werde, dann mit 80, 85 und 90 Jahren. Danach jedes Jahr, bei hohen Geburtstagen wie dem Hundertsten erscheine ein Spezialbericht mit Foto. Früher seien halt oft die familiären Umstände ausschlaggebend gewesen; viele Frauen hätten nie einen Beruf erlernen können, per Zufall dann einen Mann kennengelernt und seien mit ihm zusammen im Leben weitergegangen. Heutige Frauen könnten sich hingegen auswählen, welchen Beruf sie erlernen und ob sie sofort oder später vielleicht Mutter werden möchten. Die betagten Jubilare seien heute mehrheitlich zufrieden, hätten sich arrangieren und den eingeschlagenen Lebensweg bejahen können. So empfindet Meyer es zumindest, wenn sie die Schilderungen am Telefon hört. Oft sei ja der Weg das Ziel; nicht, wo man hinläuft, sondern was man unterwegs erlebt. «Ich bin auch eher ein Mensch, der auf Nebenwegen unterwegs ist und ab und zu auf dem Hauptweg neugierig nachschaut, was und wer da noch unterwegs ist.» Entscheide seien nie unwiderruflich, schlimmstenfalls könne man ja wieder ein paar Schritte zurückgehen und an etwas Altem anknüpfen. Als Nächstes wird die Journalistin eine Frau aus der Ortschaft Siglistorf anrufen. Dann wird es wieder heissen: «Grüezi, da ist Meyer von der ‹Botschaft›, ich rufe an wegen Ihrem Geburtstag. Wir würden gerne für Sie einen Glückwunsch in der Zeitung publizieren und deshalb hätte ich gerne gewusst, wie es Ihnen denn so geht und was Sie gerne machen?»
den, die sie glückwunschmässig betreut.
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Christian König
WIE MENSCHEN WÄHLEN IX
«Die Formel 1 wird irgendwann mit Elektroautos ausgetragen werden» Als Peter Sauber 1967 mit einem frisierten VW-Käfer als Rennfahrer an den Start ging, dachte er noch nicht an die Formel 1. Schritt für Schritt führte ihn sein Weg schliesslich in die höchste Rennsportklasse. Nach welchen Kriterien traf er seine Entscheidungen und weshalb kamen aus seinem Team immer wieder Top-Fahrer wie Michael Schuhmacher oder Kimi Räikönen?
Herr Sauber, 1970 gründeten Sie in Hinwil die PP Sauber AG und widmeten sich seither ausschliesslich dem Bau von Rennsportautos. War das so geplant oder eher eine Verkettung glücklicher Zufälle? Auf das Glück allein kann man sich nicht abstützen – mein Ziel war immer der Weg. Mit meinen damaligen technischen Möglichkeiten wäre es vermessen gewesen, hätte ich mir die Formel 1 zum Ziel gesetzt. 1967, mit dem Käfer, war das ein Basteln. Der C 1 (das erste selbst konstruierte Rennauto) von 1970 war ein Basteln auf hohem Niveau: ein anspruchvolles, der Konkurrenz überlegenes Fahrzeug. Durch dessen Leistungen, aber auch durch Glück, fanden wir einen Käufer, der sich bei uns einen Sportwagen mit zwei Litern Hubraum bestellte. So ging es Schritt für Schritt weiter – und darum dauerte es auch sehr lange. Seit Ihrer damaligen Entscheidung für den Rennsport hat sich die Szene enorm verändert, heut zutage geht es um viel Geld. Das ist ja nicht nur beim Sport der Fall. Immer wenn es um Technik geht, sind diese Entwicklungen zu beobachten. Natürlich gibt es andere Sportarten, die Gott sei Dank noch ohne Elektronik auskommen, zum Beispiel der Bobsport. Die Formel 1 hingegen erlebte eine extreme Entwicklung – wie das Automobil auch. In der Formel 1 sucht man die Balance zwischen maximalem Antrieb und vernünftigem Widerstand. Hier hat die Entwicklung enorme Schritte gemacht – nicht nur im Windkanal, sondern auch dank Computersimulationen. 1991 standen Sie vor einer schweren Frage: Sie hatten mit der Unterstützung von Mercedes-Benz das legendäre Rennen von Le Mans und die SportX WIE MENSCHEN WÄHLEN
wagenmeisterschaft gewonnen. Gemeinsam plante man den Einstieg in die Formel 1, da zog sich Mercedes-Benz überraschend zurück. Wieso wagten Sie den Alleingang? Ich bin kein Mensch, der das Risiko sucht, und der Alleingang in die Formel 1 war mir eine oder zwei Nummern zu gross. Zu dieser Zeit hatten wir aber schon viel investiert. Dann kam zur Weihnachtszeit der Anruf mit dem Rückzugsentscheid aus Stuttgart. Ich besprach mich mit meinen Mitarbeitern, besonders mit dem technischen Verantwortlichen, Leo Ress. Wir kamen zum Schluss, dass wir es doch alleine probieren sollten. Unser erstes Formel-1-Auto war da schon in der Pipeline. Nachdem wir das letzte Rennen der Sportwagenmeisterschaft 1991 gewonnen hatten, nahmen wir uns zur Vorbereitung ein Jahr Zeit. 1993 war es dann so weit. Aus technischer Sicht hatten wir keine Angst vor der Formel 1. Ein Formel-1-Auto ist wesentlich simpler als ein Sportwagen. Auf den Geraden ist er bei weitem nicht so schnell. Aber die Formel 1 ist eine ganz andere Liga, wie eine «Super Champions League»; da mitzuspielen ist nicht einfach. Doch unser Auto kam beim ersten Rennen in die Punkteränge, und wir waren in der Startaufstellung vor Ferrari – also hatten wir ein gutes Auto. Mit Ihren Fahrern hatten Sie immer eine gute Nase und ermöglichten beispielsweise Michael Schuhmacher, Heinz-Harald Frentzen und Kimi Räikönen den Einstieg in die Formel 1. Wie wählen Sie Ihre Fahrer aus? Da muss man zwei Dinge differenzieren: Das Eine ist, den richtigen Fahrer zu finden. Das Zweite, oft ein unterschätzter Faktor, ist, dem Fahrer einen Ausbildungsplatz zu geben, damit er auch weiterkommt. Unser Team war immer ein guter Platz für junge Fah-
rer und ihre Entwicklung. Ein ganz wichtiger Punkt! Es gibt viele Beispiele für Fahrer, die sich nicht entwickeln konnten, weil sie nicht am richtigen Ort waren. Ihre Karriere war danach futsch. Aber wie finden Sie die Talente? Bei uns sind es meistens die Manager der Fahrer, die uns anfragen. Sie haben das Gefühl, wir seien ein gutes Team für junge Fahrer – was auch stimmt. Schuhmacher und Frentzen (1990 und 91 als Nachwuchsfahrer für Sportwagenrennen im Sauber Team) waren ja nachher Top-Fahrer in der Formel 1; Riesentalente! Wieso nahmen wir damals diese beiden Fahrer? Sie waren die besten aus der deutschen Formel-3-Meisterschaft. Das hat uns damals schon einen gewissen Namen gegeben. Und wie war das mit Kimi Räikönen? Kimi war sicher eine grosse Entdeckung. Bis 2001 bestritt er lediglich 24 Formel-Renault-Rennen. Nach dem Reglement hätte er gar nie eine Superlizenz für die Formel 1 erhalten dürfen. Wir kämpften für seine Superlizenz – und das war extrem schwer durchzusetzen: Der Fall kam vor die Formula One Commission. In seinem ersten Jahr bei uns machte er zwar weniger Punkte als Nick Heidfeld, doch man sah ganz klar, dass er ein Riesentalent hatte. Nachdem BMW 2005 die Mehrheitsanteile Ihres Teams übernommen hatte, beschloss der Automobilkonzern 2009 den Ausstieg aus der Formel 1. Darauf kauften Sie Ihr Lebenswerk wieder zurück. Wieso? BMW wollte den Betrieb in Hinwil schliessen, sie hatten den Mitarbeiterbestand schon erheblich redu-
ziert. Doch wenn BMW dieses Team aufgelöst hätte, dann hätten sich unsere Spezialisten in alle Winde zerstreut – unser Know-how, unsere Techniker und auch die Zulieferer; das ist einmalig in der Schweiz. Eine solche Kompetenz für den Rennsport hätte es in der Schweiz nie wieder gegeben. Das wollte ich verhindern. Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, Autos seien für Sie ein Mittel, um von A nach B zu gelangen. Spüren Sie keine Leidenschaft für Autotechnik? Nein, nicht für Autotechnik. Ich stelle einfach Ansprüche, und die sind sicher hoch. Aber Autos sind Transportmittel. Ein Auto sollte mir auch gefallen, es ist mir nicht egal, wie es aussieht. Und es sollte auch recht motorisiert sein, allerdings muss es nicht 400 PS haben. Absolut nicht. Das Auto muss bequem sein, es muss sicher sein, und es muss technisch auf hohem Niveau sein. Ich hatte das Glück, dass ich immer solche Autos fahren konnte. Welche Zukunft sehen Sie in der Automobiltechnik? Für die Zukunft glaube ich weniger an Hybrid-Fahrzeuge als an Autos mit Brennstoffzellenantrieb. Bei dieser Technik bleibt als einziger Verbrennungsrückstand reinstes Wasser. Bis heute hat der Mensch noch aus jedem Transportmittel irgendwann ein Sportgerät geschaffen, daher glaube ich auch, dass wir in der Formel 1 eines Tages mit Elektroautos fahren werden.
interview und bild
Jérôme Stern
Peter Sauber auf einem seiner «Transportmittel».
WIE MENSCHEN WÄHLEN XI
«Ich habe ein Entscheidungsrecht!» Kürzlich erklärte die Dame unserer örtlichen Ombudsstelle der Klasse meines Sohnes, dass auch Kinder Rechte besässen. Hätte sie bloss nicht vergessen zu erwähnen, dass sie auch ihre Pflichten haben! So kam es, wie es kommen musste. Mein Sohn war wieder einmal mit meiner Auswahl des Abendessens unzufrieden. «Maaann, Mami, schon wieder Wienerli im Teig! Kannst du auch noch etwas anderes kochen?» Ich liess mir meinen Unmut nicht anmerken und bestrich den Teig weiter mit Eigelb. «Sohn», sagte ich, «wenn dir nicht gefällt, was du siehst, dann schau weg!» Entnervt von meiner Gelassenheit ging er aus der Küche – fürs Erste. Die Wohnung fing gerade an, sich mit dem Duft der Wienerli zu füllen, als er auch schon mit wütendem Gesicht angestampft kam. «Nur, dass du es weisst, die Omnibus-Tante war bei uns und hat mich über meine Rechte aufgeklärt!», sagte er mit hochgezogener Stirn. «Soso», entgegnete ich, «Und? Welche Rechte besitzt du denn?» – «Ich habe ein Entscheidungs- und Mitbestimmungsrecht», meinte er selbstsicher, «und ich darf mitbestimmen welches Essen auf den Tisch kommt!» «Na klar hast du ein Entscheidungsrecht, mein Schatz», antwortete ich cool. «Es ist dir überlassen ob du mit leerem Magen oder mit Wienerli im Bauch schlafen gehst.» Zähneknirschend biss er in sein Wienerli, und da es ihm nicht schmeckte, ass er auch gleich den ganzen Teller leer.
text
Sina Arikan
XII WIE MENSCHEN WÄHLEN
Eine 16-jährige Mutter mit ihrem Baby.
Aus-gewählt!
Hat eine Minderjährige sich bewusst dazu entschieden eine Schwangerschaft auszutragen, hat das schwerwiegende Konsequenzen. Ausbildungsziele, die sie sich vor der Schwangerschaft gesteckt hatte, sind ohne Unterstützung kaum mehr realisierbar. Viele Jugendliche haben normalerweise schon Mühe, einen guten Ausbildungsplatz zu ergattern. Mit einem Kind und der Verantwortung im Nacken wird die Suche nach einer geeigneten Lehrstelle zur Tortur. Diese Erfahrungen machten auch Tanja* und Debbie*. Mit siebzehn wurde Tanja Mutter einer heute fünfjährigen Tochter. Weil sie keine familiäre Unterstützung erhielt, musste sie bereits zweimal ihre Lehre zur Kauffrau abbrechen. Heute ist sie Angestellte bei Totale Suisse und versucht ihre Lehre nächstes Jahr in einer Abendschule nachzuholen. «Leicht wird es nicht, aber ich möchte unbedingt einen Lehrabschluss. Nur schon wegen meiner Tochter», meint Tanja etwas wehmütig. Die 25-jährige Debbie hingegen steht seit der Geburt ihrer Tochter vor neun Jahren unter der Vormundschaft des Jugendamtes. Seit einem Jahr wird sie in einem Arbeitsprojekt des Sozialamtes auf die Arbeitswelt vorbereitet – ohne Lehre. Den jungen Müttern bleibt oftmals keine andere Wahl, als jene Arbeit anzunehmen, die ihnen geboten wird – oder der Gang zum Sozialamt. «Dies kommt für mich nicht in Frage, ich werde es auch ohne staatliche Unterstützung schaffen», so Tanja. Auch das soziale Umfeld ändert sich. Freunde wenden sich ab, und neue Bekanntschaften zu schliessen, ist ein schwieriges Unterfangen. Aus finanziellen Gründen ist es den jungen Müttern kaum möglich, an Ausgang, Kino oder Ferien zu denken. Es entsteht eine ungewollte Isolation, die die Frauen zusätzlich belastet. «Kein Mensch ist gerne allein. Obwohl ich meine Tochter an meiner Seite habe, fühle ich mich oft einsam», meint Debbie traurig. Auch Tanja macht die Einsamkeit zu schaffen, doch noch mehr belasten sie die alltäglichen Sachzwänge. Zum Beispiel nicht einmal ihr Lieblingsbrot kaufen zu können, sondern aus Preisgründen auf ein günstigeres ausweichen zu müssen. Oder nicht die Kleidung tragen zu können, die sie gerne hätte, da es finanziell einfach nicht machbar ist. Keine Wahl mehr zu haben, welcher Arbeit sie nachgehen möchte – sondern jedes Angebot annehmen zu müssen. Am schlimmsten jedoch, und da sind sich beide jungen Mütter einig, ist es, dem eigenen Kind bei den einfachsten Wünschen «nein» sagen zu müssen. *Namen von der Redaktion geändert
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Sina Arikan
«Der Weg ist das Ziel»
«Man nennt mich Bonus – heisse jedoch Roland Böhnke, was viele Bekannte gar nicht wissen. Der Übername stammt von meinem Chemielehrer aus der Bezirksschule. Er machte sich einen Spass daraus, den Schülern einen anderen Namen zu geben. Lateinisch übersetzt bedeutet Bonus der Gute. Das finde ich schön.» «Meine Leidenschaften lebe ich bereits seit jungen Jahren: Musik und Sport. Seit über zwanzig Jahren bewege ich mich in der Snowboard Szene. Anfangs haben die Skifahrer noch auf die Snowboarder gespuckt. Als Skater, der Rockmusik verfallen, war ich einer Randgruppe zugehörig. Mit gefärbten Haaren hing ich in alternativen Schuppen ab und wählte meinen selbstbestimmten Weg. In solch exotischen Rollen habe ich mich souverän durchgeboxt. Diese Erfahrung gibt mir Stärke und Gelassenheit. Ursprünglich komme ich aus dem kaufmännischen Bereich. Mit dreissig Jahren entschied ich mich, meinen gut bezahlten Job in der Kundenbetreuung bei einer Telekommunikationsfirma aufzugeben. ‹Was ich jetzt nicht mache, bereue ich vielleicht irgendwann›, sagte ich mir. Als Snowboardlehrer tätig, begann ich im Nebenjob als Guide und Eventbegleiter im Igludorf Scuol zu arbeiten. Schnee, Berge und der direkte Menschenkontakt faszinieren mich. Mein Engagement wurde belohnt. Im darauf folgenden Jahr übernahm ich die gesamte Leitung des Igludorfes. Ich bin ins kalte Wasser gesprungen. Denn das war ‹learning by doing›. Es gibt keine berufliche Ausbildung als Iglubauer. Das Bauteam bläst riesige Ballone auf und beschneit diese mit Hilfe von Fräsen mit Schnee. Seit sieben Jahren arbeite ich nun als Iglubauer. Zuletzt in Engelberg – mit 32 Iglus ist es die grösste Station in der Schweiz. Wenn die Saison gut läuft, kann ich über den Sommer vom Verdienst leben. Dann habe ich Zeit zum Reisen, Leute zu treffen oder übernehme Vorbereitungen für den Bau des nächsten Dorfes. Ich führe ein unkonventionelles Leben, überwiegend ‹freestyle›. Manchmal wird es jedoch anstrengend, immer auf Achse zu sein. Weil ich in der ganzen Schweiz in Hotels, Wohnungen oder im Zelt übernachte, bin ich nirgends zu Hause. Etwas mehr Stabilität und Konstanz wäre wünschenswert. Die Zukunft lasse ich aber auf mich zukommen. Meine Erfahrung zeigt, dass immer wieder ein Türchen aufgeht. Ich bin ein Mensch, der das Leben zulässt und lehne jedes Klischee ab. Rückblickend sehe ich: Das Leben wählt für mich eine bestimmte Aufgabe und ich entscheide.»
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Informationen zum Iglu-Dorf: www.iglu-dorf.com
Bonus, 38, aus Horgen, Iglubauer.
Simona di Taranto
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ZvG
Nagellack kaufen ist gefährlich In den Kosmetikabteilungen locken Produkte in schillernden Farben die Kundinnen an. Welche der vielen Nagellackfarben wohl die richtige ist? Eine hilfsbereite Kosmetikverkäuferin ist zur Stelle und reduziert die Auswahl auf vier Farben, ich entscheide mich schnell für eine davon. Ob sie zum Nagellack einen passenden Lippenstift zeigen dürfe, fragt die Kosmetikerin. Schon sitze ich auf einem Hocker und sie pinselt Farbe, Konturenstift obligatorisch, auf meinen Mund. Meine Lippen würden ruhig etwas Pflege vertragen, lautet das Verdikt. Ein höllisches Rot knallt mir aus dem Spiegel entgegen. Damit die Lippenstiftfarbe besser wirke, brauche es Gesichtspuder. Zuerst kommt allerdings ein Abdeckstift zur Anwendung. «Sie verwenden keine Augenpflege», tadelt die Beraterin, während sie mit der Wimperntusche vor meinem Gesicht herumfuchtelt. Der Lippenstift passe zu mir, erteilt die Verkäuferin mir ihre Absolution und kommt gleich auf meine zwar schöne, aber sehr trockene Haut zu sprechen. «Darf ich Ihnen eine Pflege zeigen?» Ein Serum wäre gut. Sie hätte besser einen Deodorant empfohlen, denn ich habe einen Schweissausbruch. Vor mir türmen sich Lippenstifte, Puder, Abdeckstift, und zwei Pflegesets tanzen vor meinen Augen auf und ab. Ich bin im Fegefeuer der Kosmetik gelandet. Dagegen hilft nur ein Ablasshandel und ich kaufe den Abdeckstift. Den Nagellack hätte ich beinahe vergessen.
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Claudia Naef Binz
WIE MENSCHEN WÄHLEN XIII
«Westliches oder zentrales Hochland?» Dies ist die (vielleicht) letzte Entscheidung, die der Coffeeshop-Besucher aus dem Werbespot treffen soll. Nach einer schier endlosen Entscheidungskette betreffend Zubereitungsart, Bechergrösse, Zusatzaroma und Herkunft der Kaffeebohnen kapituliert der junge Mann und bestellt ein Mineralwasser. Jeder hat es schon selbst erlebt: Auf der Poschti-Liste steht beispielsweise «Erdbeerjoghurt». Glücklich, wer im kleinen Dorfladen einkauft. Hier gibt es nämlich nur ein einziges Produkt, das aus dem Molkereibetrieb der Gemeinde. Der Städter hingegen erledigt seine Einkäufe beim Grossverteiler und erstarrt vor einem riesigen Kühlregal mit endlosen Joghurtbecher-Reihen. Höchste Zeit für computerunterstützte Kundenbetreuung! Wie am Bildschirm der SBB-BillettAutomaten müsste der Kunde sein «Menu» zusammenstellen können, wählt also als Erstes das Ziel, in diesem Fall das gewünschte Produkt «Erdbeerjoghurt». Nun beginnt der Dialog: «Erdbeerjoghurt aus Kuhmilch/Ziegenmilch/Schafsmilch/Sojamilch?» – Weiter – «Mit Erdbeerstückchen oder ohne?» Und so weiter und so fort, bis am Ende der genaue Standort des Artikels (plus Bild) aufleuchtet: «Sektor B, Reihe 4».
Die Vision bringt Entscheide Lena Vurma, die in Aarau aufgewachsene und in Berlin tätige Filmproduzentin, steht vor dem Dreh ihres ersten Spielfilms «Lost Place». Im Vorfeld dazu hat die 29-Jährige viel zu entscheiden. Sie wusste schnell, dass ihr Mystery Thriller sie in die Tiefen des Pfälzer Waldes führen würde. Dort sind seit Ende des 2. Weltkrieges über 50 000 amerikanische Soldaten stationiert. Ihr Partner und Regisseur Thorsten Klein ist in der Region in Rheinland Pfalz aufgewachsen. Sie war erstaunt, als sie die amerikanische Militärpolizei durch die Stadt gehen sah. Thorsten Klein ist auf Horrorfilme spezialisiert. In «Lost Place» stossen vier Jugendliche bei der Geo-Caching genannten GPS-Schatzsuche im Pfälzer Wald auf geheimnisvolle Technologie aus dem Kalten Krieg mit furchtbaren Nebenwirkungen. Klein bringt im Film die düstere Seite, Lena Vurma mit ihrer Fantasie und Liebe zu Verspieltem die hellere Seite ein. Denn die Zuschauer sollen mit den Figuren hoffen und wünschen können. Die zwei Filmschaffenden mussten über fünfzig Leute überzeugen, dass der Film gemacht werden sollte. Entscheidend ist für sie, eine Vision zu haben, schon im Voraus das Projekt klar zu sehen. Trotzdem wollen sie offen bleiben für Anregungen von aussen. Bleibt das Projekt lange bei einer Jury liegen, belastet es Vurma weit mehr als wenn sie Entscheide fällen muss. Mit ihrem Film richten sich Klein und Vurma an ein junges Publikum. Dieses wird per Internet abgeholt, kann zum Beispiel vor den Dreharbeiten wählen, welcher Schatz beim Geo-Caching gefunden werden soll. Verlassene Orte heissen im Geo-Cache-Jargon «Lost Places». Das gewählte Format 3-D unterstreicht die Atmosphäre im Wald mit den alten Bunkern und Funktürmen. Die Zuschauer sollen sich rundum gruseln. Die Produzentin Vurma sucht ihre Leute danach aus, wie sie ihre Ideen weitertragen. Die Arbeiten sollen wie Zahnräder ineinander greifen und das Ganze noch grösser und schöner gestalten. Im Gespräch spüre sie schon bald, ob sie dasselbe meinten. An der Berlinale hätten sie im Schutzanzug das Projekt vorgestellt. Dabei wurden sie von Koproduzenten angesprochen: «Genau, bei diesem Film wollen wir mit dabei sein.» Dass der Film mit einer Art von Hoffnung endet, ist für Vurma wichtig. Doch haben sie sich schon früh entschieden, dass der Zuschauer das Kino mit Gänsehaut verlassen soll. Etwas von der Bedrohung soll er mittragen, sich zum Beispiel fragen, ob er mit dem Handy neben sich schlafen soll.
Übrigens wirbt der eingangs erwähnte Spot nicht etwa für eine Coffeeshop-Kette, sondern für eine Krankenversicherung. Nach Ablauf des Films plädiert eine männliche Stimme aus dem Off: «Mir findet, s’Läbe sött wider eifacher wärde.» Recht hat sie!
text
Sandra Stutz-Delmore
XIV WIE MENSCHEN WÄHLEN
Lena Vurma ist immer auf der Suche nach guten Drehplätzen.
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Marianne Wydler bild ZvG
Entscheide nach dem Zufallsprinzip machen nicht zufriedener.
Ja! Nein! Jein!
Alle zehn Sekunden trifft der moderne Mensch heute eine Entscheidung. Ob Kaffee oder Espresso, Kind oder Karriere – er wird nie wissen, ob er die richtige Wahl trifft. Je mehr Auswahl er aber hat, desto unglücklicher wird er sein. Stundenlanges Zappen durch zahllose TV-Kanäle auf der Suche nach der perfekten Sendung. Überforderung beim Schokoladenkauf im Supermarkt – soll sie weiss, schwarz, mit Nuss, Chilli, Pfeffer oder Salz sein? Um die 10 000 Entscheidungen muss der Mensch heute laut Wissenschaft täglich treffen. Kleinere und grössere, banale und komplexe. Mit der Zunahme an Wohlstand hat sich der modernen westlichen Gesellschaft eine enorme Wahlfreiheit in allen Lebensbereichen eröffnet. Diese Freiheit bedeutet, dass wir selbstbestimmt und frei entscheiden können, eine Eigenschaft, die uns eigentlich glücklich machen sollte. Der amerikanische Psychologe Barry Schwartz zeigt in seinen Studien jedoch, dass Wahlfreiheit die Menschen eher unglücklich macht. Die Möglichkeit, zwischen dreihundert verschiedenen Joghurtsorten zu wählen, erhöht in erster Linie den Stresspegel des Konsumenten, jedoch nicht seine Zufriedenheit. Multioptionsgesellschaft lautet hierbei das Schlagwort. Lähmung, Überforderung und Frustration ihr Resultat. Überwindet der Mensch erst einmal die Paralyse der überdimensionalen Auswahl, wird er laut Schwartz auf jeden Fall weniger zufrieden sein mit seiner Entscheidung. Ein breiteres Angebot generiert eine gesteigerte Erwartungshaltung und mehr Frustrationspotenzial. Denn stellt sich die getroffene Wahl im Nachhinein als «falsch» oder «schlechter» heraus, gibt sich der Mensch die Schuld dafür und ist unglücklich. Gab es früher zwei Arten von Jeans, gibt es heute hunderte. Probieren wir uns durch den Dschungel an Modellen durch, haben wir am Schluss eine Hose, die wirklich gut sitzt. Viel besser als die alte im Einheitsschnitt. Doch bereits beim Verlassen des Geschäfts überlegen wir, ob wir wirklich den besten Kauf getätigt
haben. Warum? Weil unsere Erwartungen gestiegen sind. Wir können zwischen sechzig verschiedenen Modellen wählen; und entscheiden uns letztlich gegen 59. Wie wissen wir, dass keine der 59 nicht doch besser gepasst hätte? Mehr Angebot und Möglichkeiten verleiten zum konstanten Stress, eine Gelegenheit zu verpassen, die noch besser, günstiger, schöner, hipper oder eben passender wäre. Mehr Wahlfreiheit, mehr Unsicherheit, mehr Unzufriedenheit. Wurden früher wichtige Entscheidungen am Familientisch eingehend besprochen und über Wochen hinweg abgewägt, muss der Mensch heute vor allem schnell entscheiden. Dabei werden häufig Ärzte und Psychologen, Coaches und Fitnessberater oder auch Astrologen und Hellseher konsultiert. Es wird Münze geworfen oder dem Boden der Kaffeetasse entnommen, ob der verhasste Job gekündet oder das Corbusier-Sofa gekauft werden soll. Wer dem Räucherstäbchenduft entgehen will, kann online Tarotkarten ziehen, sich sein Tageshoroskop anschauen, Mike Shiva anrufen oder im Entscheidungszwist das iPhone schütteln und von «Decide it» ein «yes» oder «no» auf die formulierte Frage erhalten. Der Zufall soll entscheiden, denn zu viele Möglichkeiten stehen offen. «The secret to happiness is low expectations», so Barry Schwartz. Erwartet man wenig bis nichts, widerfahren einem viele erfreuliche Überraschungen. Der Umgang mit der Wahlfreiheit ist somit ausschlaggebend: Setzt sich der Mensch bewusst mit seinen Bedürfnissen und Zielen auseinander, wird er das Streben nach Immer-mehr durchbrechen können und sich von der Multioptionsgesellschaft nicht lähmen lassen. Selbstbestimmung in den tausenden täglicher Entscheidungen führen ihn zum Ziel: einem entspannten und zufriedenen Leben im Hier und text Iris Guery bild iStockphoto.com Jetzt. WIE MENSCHEN WÄHLEN XV
Impressum Die Beilage «Sigg Sagg Sugg» zum Thema «Wie Menschen wählen» entstand als Projekt der Teilnehmenden im dritten Semester des Bildungsgangs «Journalismus» der EB Zürich. Die Weiter bildung dauert noch bis Oktober 2011. Text und Bild Sina Arikan Ariane Costantini Iris Guery Christian König Hanna Lauer Claudia Naef Binz Nicole Siegenthaler Jérôme Stern Sandra Stutz-Delmore Simona di Taranto Marianne Wydler Reto Schlatter (Titelbild) Leitung Nikolaus Stähelin (Lehrgangsleitung) Christian Kaiser (Redaktion) Reto Schlatter (Bilder)
Auf der Suche nach dem besten Inhalt.
Der 21. Bildungsgang «Journalismus»: Learning by doing Am 15. Mai 2010 trafen sich im Zimmer 214 des Bildungszentrums für Erwachsene BiZE zwölf angehende Journalistinnen und Journalisten aus den unterschiedlichsten Berufsgattungen. Wir sind Marketingfachleute, Musiker, Buchhalter, Pfarrer, Lehrerinnen, Familienfrauen und vieles mehr. Genauso abwechslungsreich wie unsere Vorgeschichte ist auch der Bildungsgang. Angefangen haben wir mit einem Weekend auf dem aargauischen Herzberg, wo wir uns ein ganzes Wochenende mit dem kreativen Schreiben beschäftigten. Trotz der unterschiedlichen Hintergründe wurde aus uns schnell eine Einheit, die sich voll und ganz dem Journalismus verschrieb. Die EB Zürich bietet den Bildungsgang seit über zwanzig Jahren erfolgreich an. Themen wie Recherchieren, Sprache und Stil, Publizistik und Presserecht haben uns Schritt für Schritt an unsere Zukunft im Journalismus herangeführt. Die einzelnen journalistischen Formen wie Bericht, Interview, Porträt, Kolumne, Kommentar und Reportage wurden in Form von zertifikatsrelevanten Arbeiten überprüft. Sie haben uns den Alltag eines Journalisten, einer Journalistin hautnah erleben lassen, mit allen Hochs und Tiefs, die dieser spannende Beruf mit sich bringt. Einigen von uns ist es bereits während der Ausbildung gelungen, ihre Investition in diesen Bildungsgang zu «versilbern». Zur Abrundung der Ausbildung besuchten wir die Redaktionen der Tamedia und des Schweizer Fernsehens, die uns einen realistischen Einblick in die tägliche Praxis vermittelten.
XVI WIE MENSCHEN WÄHLEN
Zum Schluss noch die Erkenntnis eines erfahrenen Journalisten: Die Zeitung: heute aktuell, morgen Wurstpapier, in zwanzig Jahren Kulturgeschichte. text
Ariane Costantini
bild
Reto Schlatter
Kolumne
Olli singt mit Als ich die Teilnehmerliste zu der Kurswoche «Wandern und Singen» studierte, da stutzte ich. Neunundzwanzig Frauen und ein Mann! «Ha, der wird Hahn im Korb sein», dachte ich. Aber weit gefehlt: kein Traummann, um den alle weiblichen Wesen buhlten, sondern ein arbeitsloser, 35-jähriger Gärtner mit nur wenig Zähnen im Mund, den uns offensichtlich irgendeine soziale Institution zugeteilt hatte, in der Hoffnung, ja, auf was eigentlich? Das Geld hätten sie in einen Zahnarzt investieren sollen. Olli setzte sich in den Kreis und bedankte sich wortreich dafür, dass er mitsingen dürfe: «Es gibt ja so wunderbare Lieder von Komponisten wie Goethe oder Rilke, weiss jemand zufällig deren Geburtsjahr?» Ja, und dann sang er und traf keinen einzigen Ton. Adelheid, die rechts neben ihm sass und zu jedem Lied eine wunderschöne Oberstimme kreierte, raufte sich die Haare: «Mein linkes Ohr hört dauernd diese grässlichen Brummtöne, er macht jedes, aber auch jedes Lied kaputt.» Das stimmte und es stellte sich die Frage, ob man einen Kursteilnehmer nicht darauf aufmerksam machen darf, dass er im falschen Kurs ist … und ihn eventuell umteilt; im Garten unserer Anlage fand z.B. ein Holzbearbeitungskurs statt …
Aber nein, am nächsten Morgen stand Olli in Sandalen bei unserer Wandergruppe. Ich lief nicht gerne neben ihm her, denn ich konnte und wollte nicht all seinen Gedankengängen folgen. «Dieser Flusslauf, der ist irgendwie ungewöhnlich, ach, da soll es auch interessante Flussläufe in Spanien geben, übrigens, dort gibt es jetzt sogar Aldi, also wenn ich Direktor von Aldi wäre, ich weiss nicht so recht, ob ich diese Herausforderung …» Ich ass auch nicht gerne mit ihm. Seine oberen zweieinhalb Zähne mussten die ganze Kauarbeit übernehmen, und das war nicht sonderlich appetitlich, dazu die nicht enden wollenden Kommentare … Aber sozial, wie Frauen nun mal sind: Olli fand immer ein Opfer, irgendeine lief mit ihm, redete mit ihm, ass mit ihm, ja, und da frage ich mich, wie das umgekehrt wohl wäre: Ein Männerchor mit 29 Tenören und Bässen und dazu eine Frau, die immerfort plappert und beim Singen extrem hoch und falsch singt und das mit zweieinhalb Zähnen im Oberkiefer …
UTE RUF, 67, schreibt mit Kindern in Schulen und gibt Kurse an Pädagogischen Hoch schulen, wie man mit Kindern schreiben kann. Ausserdem macht sie Interviews und Reportagen und ist seit einiger Zeit auch als Kolumnistin tätig. Für die Schweizer und die Zürcher Lehrerzeitung hat sie über 200 Glossen verfasst. Die ehemalige Primarlehrerin hat auch SJW-Hefte für Kinder und einen Elternratgeber geschrieben. Ausserdem tanzt sie «wahnsinnig gerne» Jive! Die EB Zürich kennt Ute Ruf gut: 2002 und 2003 hat sie den Bildungsgang «Literarisches Schreiben» besucht.
EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 17
persönlich
Die Langsamerzählerin Wacher Film. Mit «Goodnight Nobody» hat es die Zürcher Filmemacherin Jacqueline Zünd bis nach Cannes geschafft. Ihr lyrisches Epos über vier schlaflose Menschen aus vier Kontinenten ist gleichzeitig eine Ode an die Langsamkeit. Doch sie kann auch anders: An der EB Zürich lehrt sie, aus welchen Ingredienzien ein guter Imagefilm gemacht ist. Text René Worni Bild Iris Stutz
Jacqueline Zünd ist zierlich und feingliedrig und wenn sie von ihren Filmen erzählt, dann wäre allein schon ihr Minenspiel ein kleines Filmporträt wert. «Ich weiss, in meinem Gesicht spielt sich immer sehr viel ab, darum kann man mich fast nicht fotografieren», lacht die 40-Jährige. Deshalb stehe sie viel lieber hinter als vor der Kamera. Ihr Lachen ist überraschend kräftig und bodenständig, und man kann sich gut vorstellen, dass sie sich an der Spitze einer Filmcrew zu behaupten weiss. Überraschende Bestätigung. Mit ihrem aktuellen und bisher längsten Dokumentarfilm «Goodnight Nobody», den sie als die grösste Herausforderung ihres bisherigen Filmschaffens bezeichnet, hat sie eine stolze Reihe von international renommierten Preisen eingeheimst und wurde zum diesjährigen Filmfestival nach Cannes eingeladen. «Das war das Schönste und kam völlig überraschend, das bestärkt einen ungemein», sagt sie. Sleepless around the world. Der Film handelt von vier Menschen aus der Ukraine, Burkina Faso, China und den USA, die nicht schlafen können. «Es ist ein Film über einen Zustand, den ich nachvollziehbar machen wollte», erklärt sie. In langen Einstellungen und poetischen Bildern folgt sie den Protagonisten durch die Nacht und setzt die Zuschauer gleichzeitig der Romantik und der Qual einer verzweifelten Suche nach Ruhe und Schlaf aus. Die Nacht hat ihren eigenen Rhythmus, ihre eigenen intimen Stimmungen und Geschichten, die Langsamkeit ist bestimmend. «Es ist schwierig, das in Worte zu fassen.» Sie hat bewusst nur in der Nacht gedreht. Denn das eigentlich Bruta18 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
le an der Schlaflosigkeit ist der Tag. Wenn man all den Dingen ausgesetzt ist, mit denen man nicht mehr umgehen kann: Licht, Lärm und vor allem Menschen, mit denen man kommunizieren muss.
persönlich
Wach bleiben im Kino. «Goodnight Nobody» ist ein gewolltes filmisches Experiment. Denn der Dämmerzustand zwischen Traum und Wachsein der Protagonisten überträgt sich auf das Kinopublikum. «Das ist gefährlich, weil man ja nicht will, dass das halbe Kino einschläft», sagt Jacqueline Zünd. Es gebe Leute, die ihren Film nicht mögen und das Kino wieder verliessen. Dokumentarfilmpuristen kritisierten, sie verwische die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm, andere bemängeln das Fehlen wissenschaftlicher Informationen. Doch dem langsamen Erzählrhythmus können sich die wenigsten entziehen. Damit hat die Filmemacherin ihr persönliches Ziel erreicht. Persönliches Thema. Schlaflosigkeit war während ihrer Kindheit ein Dauerthema zuhause am Familientisch, das so präsent war wie an anderen Familientischen das Segelboot oder der Schrebergarten: «Es ging immer darum, wie man es schafft, wieder zu schlafen, wenn man das einmal verlernt hat.» Zünds Mutter konnte phasenweise 24 Stunden lang nicht schlafen und strich nachts, für sie und ihren älteren Bruder hörbar, endlos durchs Haus. Als vor sieben Jahren ihr Sohn Sislej zur Welt kam, konnte er während anderthalb Jahren nachts nicht schlafen. «Und ich auch nicht. Da hab ich begriffen und mit den Recherchen zum Film angefangen», erklärt Jacqueline Zünd.
tergründe und erinnert etwas an die Taxifahrergeschichten aus «Night on Earth» von Jim Jarmusch. Doch wie findet man solche Leute in Afrika, den USA und Fernost? Tausende Mails waren nötig. Und auch überraschende Pannen gab es, etwa mit einer chinesischen Schriftstellerin, die überzeugt war, wieder schlafen zu können, sobald sie den Mann ihres Lebens finden würde. Kurz vor dem ersten Treffen hatte sie sich tatsächlich verliebt, konnte wieder schlafen und fiel damit für den Film aus. «Ein Dokumentarfilm steht und fällt mit der Wahl der Leute, die jederzeit wieder abspringen können.» Filmhochschule, Fernsehen, Imagefilm. An der Filmarbeit gefällt Jacqueline Zünd, dass drei Ebenen zusammenkommen: Sprache, Bild, Musik, Rhythmus. «Ich staune immer wieder, wie aufwändig und kompliziert dieses schwierige Patchwork ist und wie viele Leute es braucht, damit es auch funktioniert.» Nach der Mitarbeit beim Schweizer Fernsehen und verschiedenen Auslandaufenthalten ist sie heute als selbständige Filmerin tätig. Sie drehte auch Imagefilme, etwa für die ETH, für Geenpeace und HEKS und lernte viel bei dieser «Balance zwischen Kunst und Kommerz». Vieles von diesem Wissen kann sie heute weitervermitteln. Darüber freut sie sich. «Goodnight Nobody» ist im Rahmen des Lucerne Festival ab September in Luzern zu sehen.
Zwei Jahre Recherche. Die Recherchen dauerten zwei Jahre, bis die Filmemacherin ihre Schlaflosen gefunden hatte. Es sollte im Film nicht bloss um Schlaflosigkeit gehen, sondern auch um die kulturellen HinEB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 19
Weiterbildung â&#x20AC;&#x201C;â&#x20AC;&#x201C; wie wieich ichsie siewill will www.eb-zuerich.ch www.eb-zuerich.ch
AUSKUNFT
Mail an die Expertin Grüezi Frau Groth Wenn ich mit meinen zwei Mitarbeitenden über irgendein Thema diskutiere, kommt es immer wieder zu Konflikten, die ich unnötig finde. Mache ich etwas falsch? Das kann ich von aussen nicht beurteilen, «richtig» und «falsch» sind aber sicher Kriterien, die ich in der Kommunikation nicht anwenden würde. Auf den Punkt gebracht, geht es in der Kommunikation darum, eine Brücke vom Ich zum Du zu bauen, und dies auf eine möglichst angenehme Art und Weise, angepasst an die Situation, das Gegenüber und das Thema. Ich versuche immer, meine Meinung klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen. Das ist grundsätzlich sicher gut. Oftmals geht allerdings vergessen, dass zur Kommunikation nicht nur das Sprechen gehört, sondern auch das Zuhören. Sprechen und Zuhören sind die zwei Seiten derselben Medaille. Mag sein, dass ich nicht der beste Zuhörer bin. Wie kann ich mich darin verbessern? Gut Zuhören bedeutet, sich wirklich auf das Gegenüber einzulassen und ihm dadurch Wertschätzung zukommen zu lassen. Eine Möglichkeit, um das zu tun, ist das sogenannte Spiegeln. Sie hören ihrem Gegenüber zu und geben das Gehörte in ihren eigenen Worten wieder. So können Missverständnisse frühzeitig aus dem Weg geschafft werden. Gerade in Konfliktgesprächen kann das Spiegeln zur Klärung der Positionen beitragen. Gibt es ausser dem Zuhören noch andere Dinge, auf die ich in der Kommunikation achten soll? Mit dem Zuhören allein ist es natürlich nicht getan. Allzu schnell bewerten wir das Gehörte und bewegen uns in gewohnten Denkmustern. Das ist einer guten Kommunikation natürlich nicht förderlich. Kommunikation ist immer auch eine Herausforderung, die ich annehmen kann. Dazu gehört es, zu den eigenen Gefühlen zu stehen. Mit anderen Worten: Es braucht ab und zu etwas Mut. Und wenn es trotz allem zu Konflikten kommt, wie findet man dabei wieder raus? Konflikte löst man, indem man sie zulässt und Verschiedenheit akzeptiert. Man sollte bereit sein, über den eigenen Gartenzaun hinauszuschauen und dabei gleichzeitig sich selber nicht zu vergessen. Das Zauberwort heisst dabei «Einfühlung», sich in andere und sich selber einfühlen zu können. Das schafft die Grundlage für eine Lösungsfindung. Gibt es etwas, was ich während der Austragung eines Konflikts auf keinen Fall vergessen sollte? Mich selber zu sein beim Reden, mich für mich selber einzusetzen und dabei das Gegenüber nicht zu überfahren, diese Balance gilt es zu suchen. Und es ist empfehlenswert, sich und dem Gegenüber dabei Zeit zu lassen. Vielen Dank für Ihre Tipps, ich hoffe, ich finde die Zeit, nächstens mal in einem Ihrer Kurse noch mehr zu erfahren …
Ruth Groth ist freiberufliche Trai nerin und Beraterin für Kommunika tion und Rhetorik. Dabei stützt sie sich auf verschiedene Kommunikati onsmodelle, unter anderem jenes der Gewaltfreien Kommunikation. Ruth Groth unterrichtet an der EB Zürich seit 1990. Gesprächstraining Ruth Groth u.a. 5.–7. Dezember 2011, 12. und 13. Januar, 1.–3. Februar 2012, jeweils 9.00–17.00 Uhr 1950 Franken Weitere Kurse aus dem Bereich Kommuni kation unter www.eb-zuerich.ch
EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 21
KURSFENSTER
Griechisch trotz allem Kulturaustausch. Wer an der EB Zürich einen Griechischkurs belegt, bekommt mehr als ein Werkzeug, um in den Ferien mit den Einheimischen ein paar Brocken auszutauschen. Agni Rassidakis Kastrinidis vermittelt ihren Lernenden jenseits von Klischees einen Einblick in Alltag und Kultur des modernen Griechenlands. TEXT Kathi Dietlicher BILD Philipp Baer
Es gibt viele Beweggründe, Griechisch zu lernen. Einer aber ist den Teilnehmenden von Agni Rassidakis’ Kurs für Fortgeschrittene gemeinsam: die Liebe zu Griechenland, zu Inseln und Meer, Städten und Dörfern, und die grosse Sympathie für die Menschen, die dort leben. Daran ändert auch die schwere Krise nichts, in welcher das Land zurzeit steckt. Während sich die kleine Gruppe – sie besteht zurzeit aus 8 Personen – bereit macht zum Unterricht, nimmt das griechische Parlament in Athen mit knapper Mehrheit das drastische Sparpaket an, das die Regierung Papandreou geschnürt hat – in der Hoffnung, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Die nächste Tranche der Finanzhilfe von EU und Internationalem Währungsfond ist da22 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
mit gesichert. Doch das Volk in den Strassen ist aufgebracht, auf dem Syntagmaplatz demonstrieren die «Empörten». Die Lage ist ernst. Perspektivenwechsel. Agni Rassidakis baut die Aktualität in ihre Unterrichtslektion ein. Sie selber ist geboren in Kreta und vor dreis sig Jahren in die Schweiz gekommen, um Griechisch und Musikethnologie zu studieren. Heute ist sie Griechisch-Lehrerin aus Leidenschaft. Darüber hinaus hat sie sich in den letzten Jahren intensiv mit den Methoden des Blended Learning befasst, bei der sich Online-Sequenzen des Lernens mit Präsenzsequenzen abwechseln. Über die Vorgänge in ihrer Heimat ist sie sehr besorgt, und die andauernden Negativschlagzeilen machen ihr zu schaffen. Deshalb gibt sie nun ihren Lernenden, wie so oft in ihrem Unterricht, Gelegenheit, die Dinge für einmal aus einem griechischen Blickwinkel zu betrachten. Innensicht. Griechenland von innen, heisst die Devise. Agni Rassidakis arbeitet mit dem Internet, mit Fernseh- und Radiosendungen, Podcasts, Youtube, Texten aus Blogs, Liedern usw. Im Zentrum steht aber jeweils eine gemeinsame Lektüre. Meistens ist es ein zeitgenössischer Roman, der in einer relativ einfachen Sprache eine möglichst spannende Geschichte
kursfenster
erzählt. Beliebt sind natürlich Krimis. Zuletzt hat sich die Klasse Petros Markaris’ «Grossaktionär» vorgenommen und sich mit seinem Kommissar Kostas Charitos auf Verbrecherjagd begeben. Die Ermittlungen sind jeweils im «Moodle» weitergegangen, dem virtuellen Lernraum auf der hauseigenen E-Learning-Plattform, die Agni Rassidakis mit weiterem Material und Links zum Präsenzunterricht anreichert. Lied als Quelle. Aus gegebenen Anlass möchte die Kursleiterin den Teilnehmenden heute die Bewegung der «Empörten» vorstellen, die in Griechenland hauptsächlich von der Generation der 35-Jährigen getragen wird, jener Generation also, die nach der Militärdiktatur aufgewachsen ist und sich um Identität und Ideale betrogen fühlt. Sie verwendet dazu ein trauriges Lied von Nikos Portokaloglou über eine vertane Jugend sowie ei-
nen Ausschnitt aus einem Beitrag des Internetsenders «radiobubble». Die Teilnehmenden hören die fiktive und überzeichnete Geschichte einer jungen Frau vom Land, die in die Stadt zieht und dort, fasziniert von Konsum und schnellem Geld, alles aufgibt, was ihr je etwas bedeutet hat. Während des Hörens liegt der Text schriftlich vor den Lernenden, was das Verständnis erleichtert. Sowohl das Lied wie die Geschichte geben Anlass zu Übungen für das Hör- und Leseverständnis, für Vokabelübungen – und selbstverständlich für Diskussionen. Unterrichtssprache ist Griechisch und nichts als Griechisch. Auch unbekannte Vokabeln werden auf Griechisch erklärt, das ist eine Übereinkunft zwischen allen Beteiligten.
einen Teilnehmenden waren schon beim Einstiegskurs vor acht Jahren dabei. Jetzt sitzen alle beim gemütlichen Pausenkaffee: die Primarlehrerin mit dem griechischen Ehemann, die PR-Redaktorin mit den griechischen Wurzeln, die pensionierte Ausbildungsleiterin mit dem Hang zur Botanik, der Reisekaufmann, der vor 30 Jahren auf der Reise nach Nepal in Athen hängen geblieben ist, und die Direktionsassistentin, die sich noch immer über die schier unsägliche Länge griechischer Wörter wundert. Über zwei Dinge sind sich die Anwesenden einig: Wer einmal angefangen hat, Griechisch zu lernen, kann nicht mehr aufhören. Und eine bessere Lehrerin als Agni Rassidakis gibt es nicht.
Sprachlernen braucht Zeit. In der Gruppe herrscht eine entspannte Atmosphäre. Man kennt sich, ist seit vielen Jahren zusammen, die
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IM GESPRÄCH
«Ich verlaufe mich ständig» Bewegung und Schreiben. Der Schriftsteller Emil Zopfi ist ein leidenschaftlicher Kletterer und Bergsteiger. In einem neuen Buch über «Dichter am Berg» geht er der Frage nach, weshalb Dichter auf Berge steigen und weshalb Bergsteiger dichten; im Interview erläutert der langjährige frühere Kursleiter der EB Zürich, weshalb Wandern und Schreiben viel gemeinsam haben. INTERVIEW Christian Kaiser BILDER Marco Volken
In deinem unlängst erschienenen Buch «Über alle Berge – Geschichten vom Wandern» hast du als Heraus geber Texte von Goethe, Frisch, Hesse, Zuckmayer, Thomas Mann und Zopfi nebeneinander versammelt. Wie fühlst du dich in dieser Gesellschaft? Ich habe mich ja selber in diese Gesellschaft hinein «beweihräuchert». Ich habe dem Verlag noch mehr Wander- und auch Bergtexte vorgeschlagen. Der Verlag hat diese Auswahl getroffen. Mein Text «Martinsmad» war davor noch nicht veröffentlicht. In diesem Text schreibst du: «Ich bin ein schlechter Beobachter, meine Gedanken wandern andere Wege als meine Füsse, mein Blick geht nach innen.» Das sei auch der Grund, weshalb du manchmal vom Weg abkommst. Ich verlaufe mich ständig, weil ich dabei denke. Vor allem, wenn ich allein gehe. In Gruppen laufe ich gern einfach den anderen hinterher. Denn beim Gehen drehen sich Geschichten in meinem Kopf. Ich höre ganze Sätze. Manchmal setze ich mich hin und schreibe ein paar Stichwörter auf. Nimmst du schon ein Schreibvorhaben mit auf den Weg oder gehst du ganz zwecklos? Wenn ich wandere, gehe ich ohne Absicht. Das Denken kommt dann einfach, es passiert, weil Wandern ja eigentlich etwas Langweiliges ist. Nicht wie Tango tanzen oder Klettern, wo man sich voll auf die körperliche Bewegung konzentrieren muss; da bleibt keine Zeit zum Nachdenken oder Schreiben. Wandern, das ist diese Monotonie.
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Auch bei Nietzsche vermutest du, dass er sich verlaufen hat. Weshalb versinkt man beim Wandern so in Gedanken, dass man vom Weg abkommt? Nietzsche ist viel gewandert, all seine Biografen bestätigen dies. Er schrieb immer wieder auch selber über die Wirkungen: «Keinem Gedanken trauen, der nicht in freier Bewegung entstanden ist». Einerseits aktiviert die Bewegung die Hirnfunktionen, andererseits schafft die Monotonie des Wanderns Raum, um Gedanken zu entwickeln. Besonders wenn man wie Nietzsche oder Zuckmayer immer wieder die gleichen Wege geht, das gibt Freiraum für Ideen, den Gedankenfluss. Auf dem Einband von «Über alle Berge» steht, die darin versammelten Geschichten handelten vom «Glück in Wanderschuhen». Woher kommt dieses Glück? Das Glück kommt vom Verlag (lacht). Nicht von mir. Der Band steht in einer Reihe von Geschenkbüchlein, die den Leser glücklich machen sollen – wobei dies nicht immer stimmt. In deinem Buch rund um den Walensee gehst du «auf brennenden Füssen durchs Paradies». Klingt nicht gerade nur nach Glück, was da in den Wanderschuhen steckt … Kann das Wandern auch eine Beschäftigung mit den eigenen Abgründen sein? Ja, im assoziativen Sinn schon. Wenn ich die Welt um mich als Spiegel ansehe, dann ist das auch Selbstanalyse, Therapie. Das Thema Paradies ist bei einem bestimmten Bild auf einer Wanderung aufgetaucht, und ich habe die ganze Wanderung unter diesem Aspekt Paradies – oder Hölle – interpretiert und bin dabei auf extreme Ideen gekommen. Der
IM GESPRÄCH
Kernsatz ist: «Nicht der Kommunismus hat der Menschheit die Gleichheit gebracht, sondern die Badehose!» Das Universum kommt aus dem Wasser, das Paradiesische ist Nacktheit. Oder warum wollen die Menschen alle ans Wasser, wollen ein Haus mit Seeblick? Unverständlich. Ist das Gebiet um den Walensee für dich ein Paradies? Du hast ja dort rund einen Drittel deines Lebens verbracht … Der Walensee ist an sich sehr schön; ich halte ihn eigentlich für den schönsten Schweizer See, einfach der Natur wegen, die ihn umgibt. Die Autobahn durchbricht allerdings das paradiesisch Schöne. Doch das Paradies ist nirgends, die Hölle ist überall! Als ich ein halbes Jahr in London war, kam ich zu dieser Erkenntnis. Ich kannte die Problemdichte aus dem Dorf Obstalden; wenn ich diese Dichtheit auf London übertragen würde, wäre das dort die absolute Hölle. Die friedliche Idylle im Dorf ist sehr brüchig; die Hölle ist wirklich überall. Das Paradies natürlich auch. Jetzt wohnst du hier am Fusse des Üetliberges. Was fasziniert dich an der Stadt, an Zürich? Ich bin in einem kleinen Fabrikdorf, in Gibswil, im Zürcher Oberland aufgewachsen. Meine erste Anstellung nach dem Technikum Winterthur hatte ich in Zürich. Zürich war für mich wie Befreiung; ich liebe die Anonymität, auch in London. Der Üetliberg ist historisch unglaublich spannend, er ist auch wunderbar zum Wandern. Wir haben ja schon mal elf Jahre in Albisrieden gewohnt, am Üetlibergfuss, hier herzuziehen war für uns eine Art Rückkehr.
Wir wollten nicht im Dorf alt werden, auch keine Abhängigkeit mehr vom Auto. Alpinismus sei eigentlich ein urbanes Phänomen, schreibst du. Du bezeichnest ihn sogar als «Akt der Aufklärung». Ludwig Hohl schrieb, das Bergsteigen sei ein Mittel, um dem Gefängnis zu entfliehen. Ist der Drang in die Berge eine Flucht der Städter vor den Nöten der Moderne? Von den Ursprüngen her bedeutet Aufklärung ja auch Forschung: Die Naturforscher sind als Erste in die Berge gegangen. Das sportliche Element ist erst mit den Engländern gekommen. Am Ende des 19. Jahrhunderts haben dann auch die Städter, die Akademiker angefangen, sich für die Alpen zu interessieren. Damals wurde der «Akademische Alpenclub Zürich» gegründet, dessen Mitglied ich seit kurzem bin. Je länger, je mehr hat das Phänomen Fluchtcharakter erhalten. Auch bei Max Frisch ist das Fluchtmotiv ganz klar bei seinen Wanderungen über die Berge, besonders in den Jahren der Krise. Wie ist das heute? Heute auch; heute steht das Sportliche im Vordergrund, aber auch der Fluchtgedanke. Ich habe gerade zwei Porträts zweier junger Bergsteiger, eigentliche Sportkletterpioniere (Roli Heer, Martin Scheel), geschrieben. Beide sagen ganz klar: beschissene Jugend, beschissene Alte, beschissene Eltern – Klettern. Also ganz klar Flucht. – Und bei mir war es auch Flucht: aus der Fabrik hinaus in die Berge, zu Freiheit, Selbstbestimmung, Selbsterfahrung, Selbstfindung. Also nicht nur ein «weg von», sondern auch ein «hin zu». Beides hängt ja zusammen. EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011 25
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wissen, wie schnell, wer wo gewesen ist. Wenn einer eine Reise tut, dann will er was erzählen. Schon Goethe hatte geschrieben: «Nur wo du zu Fuss warst, bist du auch wirklich gewesen.» Ja, Goethe war ja auch ein Forschungsreisender, der sich etwa auf seiner Italienreise sehr eingehend mit den Dingen befasst hat. Ich lese gerne die Bücher der Alpenpioniere aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sie sind unheimlich eindrücklich und spannend: Pistolen schiessen und Echos messen, Schmetterlinge beobachten und bestimmen, die Farben des Himmels mittels Farbfächern festlegen usw. Die Verwebung von Forschung im Sinn von Aufklärung und Erlebnisbericht fasziniert mich. Von Max Frisch schreibst du in deiner Analyse «dem Alleingänger stünde die Welt offen». Inwiefern braucht es diesen Alleingang, um schriftstellerisch tätig zu sein? Frisch schreibt das in Zusammenhang mit seiner Alpenüberquerung. Im Alleingang bist du viel freier: in der Routenwahl, in den Gedanken. Der innere Weg ist viel intensiver möglich.
Du zitierst in diesem Zusammenhang auch Martin Walser: «Schreibend antworten wir auf einen Mangel. Uns fällt ein, was uns fehlt.» Könnte man «Schreibend» auch ersetzen durch «wandernd» oder «kletternd»? Absolut. Es ist ein Mangel, wenn es auch nur ein Bewegungsmangel ist. Ich denke, dass die Kinder von heute viel zu behütet sind, und dass dieses risikolose «Leben in einer Seifenblase» auch Mangel erzeugt. Man kann also sagen, wandernd, kletternd, gehend fällt uns auf, was uns fehlt, und schreibend antworten wir darauf? Ja, bei mir war das ja teilweise wie eine Ersatzhandlung. Ich hatte manchmal als Jugendlicher gelitten, wenn ich nicht klettern durfte. Schreibend habe ich dann die Touren noch einmal durchlebt. Wann kommt der Punkt, dass man eine Tour mitteilen will? Da gibt es eine Website, hikr.org, auf der Wanderer ihre Touren beschreiben. Jede Woche kommen dort ungefähr 50 Wanderberichte dazu mit Fotogalerien. Ganz erstaunlich, was da entsteht, zum Teil schwere Routenbeschriebe, nicht literarisch, aber jeder soll
Brauchst auch du den Alleingang, um als Schriftsteller zu bestehen? Der Schriftsteller ist an sich ein Einzelgänger, das liegt im Wesen der Sache: Wir sind Alleinläufer. Auch im künstlerischen und gesellschaftlichen Sinn. Es fällt auf, dass viele der schreibenden Berggänger meist allein unterwegs waren. Auch Franz Hohler geht ja oft allein. Wie ist es denn beim Klettern, einer anderen grossen Passion von dir? Ist das nicht auch ein Teamsport? Nein, das pure Gegenteil. Man ist in der Regel zu zweit, weil einer sichern muss. Das Klettern als solches ist aber keine Mannschaftsleistung. Im entscheidenden Moment hilft mir niemand. Es ist ein absoluter Einzelkämpfersport. Bei «Free solo» muss man sich so sicher fühlen, dass man nicht einmal einen Sichernden braucht. Der Mythos Seilschaft wird völlig falsch verstanden. Vielleicht ruft der Kollege mal «Du, links sehe ich einen Griff», aber letztlich geht es nur um dich und den Fels. Von Ludwig Hohl gibt es ein schönes Zitat in den Notizen: «Wenn einer nicht mehr kann, dann muss man allein weiter gehen.» Weitere Aussagen finden sich auf www.eb-zuerich.ch > EB Kurs.
Emil Zopfi: Ein Experte fürs Schreiben und für Bergliteratur Der Schriftsteller Emil Zopfi war lange Jahre an der EB Zürich als Kursleiter tätig: Anfang der 80er Jahre packte der Computerfachmann und Entwicklungsingenieur die ersten Personal-Computer aus, um die ersten Computerkurse zu geben. Mit der Zeit reifte die Überzeugung, dass man die Menschen zuerst für das Schreiben bewegen sollte, bevor man ihnen Computerkenntnisse vermittelt. Seine Frau Christa und er entwickelten Bildungskonzepte, wie man zum Schreiben anregen kann. Seit fast dreissig Jahren erteilt Emil Zopfi auch selbst Kurse in den Bereichen kreatives und biografisches Schreiben. Er hat auch den Bildungsgangs für Journalisten an der EB Zürich initiiert. Bis 2007 war Emil Zopfi zudem als Dozent für episches Schreiben im Bildungsgang Literarisches Schreiben tätig. Er hat zahlreiche Romane und Bergmonografien veröffentlicht. Zuletzt von ihm erschienen sind: Der Roman «Finale», «Über alle Berge; Geschichten vom Wandern» (Hrg.) und «Dichter am Berg», ein Sachbuch über Alpine Literatur aus der Schweiz. Emil Zopfi verfasst auch Wikipedia-Beiträge über Alpinliteratur, betreibt den Blog www.bergliteratur.ch und organisiert die «Bergfahrt», ein Festival für alpine Literatur. www.zopfi.ch
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Fritz Franz Vogel, Bahnhof Zürich, 2008, Digitalisat.
VOGELSCHAU
Unter Grund Wir eilen stets darüber hinweg, über Bodenplatten auf öffentlichem Grund. Ist mal so ein schweres Ding vom Schacht weggehoben, nehmen wir staunend zur Kenntnis, es gibt unmittelbar unter unse ren Füssen eine vielfältig verzweigte und funktionierende Stadt. Diese subkutanen Informations schichten wachsen nach einem ähnlichen Muster wie die Infrastruktur für den Personenstrom, der darüber hinweggeht: Kanäle, Tunnels, Verbindungen, Knotenpunkte, Umwege, vorläufige Sack gassen. Doch was pulsiert denn da durch dick und dünn? Alles fliesst, im Sinne Heraklits, unaufhör lich und immer anders. Das sehen wir aber nicht, nehmen aber an, dass in den Kabeln auch tatsäch lich etwas strömt und dadurch Maschinen, und mit ihnen die Gesellschaft, funktionieren. Würde nichts mehr gehen, digitaler Stillstand, wären die Schächte anderweitig benutzbar: als postmoderne Gräber. Hauptsache, wir leben und kommen noch nicht unter die Platte. Fritz Franz Vogel
Der Bilderforscher und Bildersammler Fritz Franz Vogel ist Kursleiter an der EB Zürich im Bereich digital gestalte ter Drucksachen. Für EB Kurs verfasst er Bildkolumnen über Skulpturen im Alltag, eines seiner Sammelgebiete.
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kultur
Kursleitende und Mitarbeitende der EB Zürich geben Tipps zu interessanten Büchern, CDs und Filmen.
Stéphane Audeguy Der Herr der Wolken 2006
Lesen
Sinéad O’Connor Am I Not Your Girl? 1992
Hören
Gary Ross Seabiscuit 2003
Sehen
Raffiniert. Akira Kumo ist ein japanischer Modedesigner. Er sammelt Bücher über Wolken. Um seine Bibliothek zu ordnen, stellt er Virginie Latour ein und erzählt ihr Geschichten von Wolken jägern. Und da sind Luke Howard, der Wolken malt und ihnen Namen gibt, Richard Abercrombie, der um die Welt reist, um zu sehen, ob sie überall gleich aussehen. – Stéphane Audeguy erzählt in seinem ersten Roman Geschichten von Leidenschaften rund um die Wolke. Raffiniert fliessen die Erzählungen inein ander, von den vergangenen Episoden bis in die Gegenwart. Audeguy wechselt elegant zwischen zwei Tonfällen: dem sachlich-nüchternen und dem märchenhaften. Ein Genuss bis zum Ende!
Zugänglich. «Das sind die Lieder meiner Kindheit. Das sind die Lieder, die mich Sängerin werden liessen.» So erklärt O’Connor die Auswahl der Standards, die schon von Grössen wie Ella Fitzgerald interpretiert wurden und auf diesem Album versammelt sind. Die sonst etwas sperrige irische Rebellin zeigt sich hier von ihrer zugänglichsten Seite – Sinéad für Anfänger. Dennoch keine allzu leichte Kost. Die klagevolle Frage, die dem Album vorangestellt ist sowie Songtitel wie «How Insensitive» und «Bewitched, Bothered and Bewildered» stellen klar, was hier geliefert wird: ein bittersüss-melancholischer Soundtrack für verregnete Oktobertage. Der Herbst mag kommen.
Uplifting. In Nov. 1938 in the USA, there was such a high level of interest in a horse race that businesses closed early to allow employees to watch or listen on the radio. The track held 40 thousand and it is estimated that 40 million more listened on the radio. Why was this horse, Seabiscuit, so popular with the general public? Why was he so good at filling up the infield where people could stand and watch for a quarter? This is the true story of the horse, Seabiscuit and of his owner, trainer and jockey who came together as a team during the depression years in the USA.
CHRISTINE MÜHLBERGER Kursleiterin Deutsch als Zweitsprache
THOMAS ANDERSSON Kursleiter Englisch
JUDY BROWN Kursleiterin Englisch
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tipps und tricks
Fettnäpfchen bei Stehapéros
Kleiner Apéro-Knigge. An den meisten Steh apéros spielen sich nicht gerade stehende Ovationen ab: Viele Apérogäste glänzen vor allem durch scheue Zurückhaltung oder scheitern an fettigen Häppchen. Das muss nicht sein. Text Christian Kaiser, Susanne Abplanalp Illustration Cornelia Gann
Wie isst man ein fettiges Käseküchlein? Käseküchlein, Serviette, Glas und Teller in der linken Hand balancieren, denn die rechte Hand braucht man für die Begrüssung. Tabu sind natürlich, die Fettfinger der Rechten schnell irgendwo behelfsmässig abzuputzen oder das Handgelenk der Teller tragenden Hand zum Gruss zu reichen. Für eine korrekte Begrüssung reicht auch ein Zunicken. Fettnäpfchen, in die man bei Stehapéros treten kann, gibt es einige. Das Rezept dagegen heisst Knigge; wer gute Umgangsformen hat, wird gern getroffen und ist letztlich erfolgreicher im Beruf. Darum interessieren sich heute vermehrt auch wieder Jüngere dafür, was Knigge ist: Ursprünglich ein Buch über Umgangsformen des Adolph Freiherr von Knigge wird der Begriff «Knigge» heute allgemein für Benimmregeln gebraucht. Hier also der «Intensiv-Knigge» für den nächsten Stehapéro: Dont’s! – Den Teller mit zu vielen Snacks füllen – Bereits am Buffet probieren – Vordrängeln am Buffet – Finger abschlecken – Nur über sich sprechen – Schlecht über andere Personen sprechen – Zahnstocher benutzen (im Mund)
Do’s! – Möglichst viele Kontakte knüpfen – Lächeln – Interesse für das Gegenüber zeigen An Apéros wird immer weniger Alkohol getrunken, vor allem zur Mittagszeit. Man prostet sich zu, indem man das Glas erhebt und dem Gegenüber in die Augen schaut – auch mit Wasser oder Orangensaft. Mineralwasser und Jus sollte auch in Stielgläsern ausgeschenkt werden. Wenn jemand anstossen möchte, darf man auch anstossen. Für die Konversation gilt: Blickkontakt halten. Wer zu einer Gruppe hinzukommt, sollte einen geeigneten Augenblick abwarten, um sich in das Gespräch einzubringen. Je länger man wartet, desto schwieriger wird der Einstieg. Tabu-Themen sind Politik, Religion, Geld, Krankheit, Anzügliches, Tod oder Militär. Wer an einem Stehapéro den ganzen Abend mit seinen besten Kollegen an einem Bistrotischchen verbringt, hat die Idee des Stehapéros nicht begriffen: Networking. Visitenkartenaustauschen beim Abschied erlaubt. KURSE ZUM THEMA «Knigge – korrekter Auftritt, korrekte Kleidung» Lernen Sie die aktuelle Etikette im Berufsleben kennen. «Gespräche führen – verstehen und verstanden werden» Auf Körpersignale achten, klar forumulieren, zuhören. «Schlagfertig und spontan reagieren» Passende Erwiderungen finden, selbstbewusst antworten. «Eine Sache auf den Punkt bringen» Authentisch sein und bewusst kommunizieren. «Gesprächstraining» Gesprächskompetenzen aufbauen und trainieren. Weitere Infos und Anmeldung unter www.eb-zuerich.ch
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agenda
Vormerken! Informationsveranstaltungen zu Bildungsgängen und Kursen im Bildungszentrum für Erwachsene BiZE, Riesbachstrasse 11, 8008 Zürich
20 Formationen von Gruppenfotografien Es ist erstaunlich, wie viele Wörter wir kennen, die eine bestimmte Gruppenformation bezeichnen: Anhäufung, Aufmarsch, Bande, Bataillon, Bruderschaft, Clique, Defilee, Detachement, Dutzend, Equipe, Familie, Feld, Gemeinschaft, Geschwader, Gilde, Gros, Harem, Haufen, Herde, Horde, Innung, Kartell, Klüngel, Kollektiv, Kolonne, Korps, Kreis, Masse, Menge, Nachhut, Orgie, Partei, Patrouille, Pulk, Regiment, Riege, Rotte, Rudel, Schar, Schule, Schwadron, Schwarm, Sippe, Stab, Staffel, Tross, Truppe, Unmenge, Verband, Verbindung, Verein, Vorhut, Warteschlange, Zug, Zusammenrottung … und das sind längst nicht alle. In der Fotografie ist seit 1840 eine Vielzahl solcher Formationen dokumentiert. Klassisch ist die Vereinsfotografie mit ihren vielfältigen Anordnungen und schmückenden Objekten zur Selbstdarstellung. Bekannt sind auch all die familieninternen Feiern, bei denen man zusammenkommt und sich austauscht: Das Gruppenbild hat Erinnerungscharakter. Auch im Sport hat sich das Gruppenbild weitgehend gehalten, auch wenn es sich in seiner Strenge, ähnlich wie in der traditionsreichen Schulklassenfotografie, etwas gelockert hat. Interessant sind die militärischen Formationen, die ganz unterschiedliche Dimensionen aufzeigen und je nach Gleichschritt und Unformierung eine angsteinflössende Massierung und Macht darstellen. Eine wesentliche, oftmals verkannte Gruppe ist die der Zuschauer, die stetig wächst, vor allem wenn man bedenkt, dass Gemeinschaften ganz unterschiedlicher Art vermehrt ihren Nachwuchsmangel beklagen, womit sich Bräuche und das Vereinsleben ganz allgemein kaum mehr aufrechterhalten lassen. Wenn alle nur noch zuschauen wollen, wird es tatsächlich über kurz oder lang wenig mehr zu erleben geben. Wo: Bildungszentrum für Erwachsene, BiZE, Riesbachstrasse 11, 8008 Zürich Wann: 9. September bis 15. Oktober 2011 Öffnungszeiten BiZE: Montag bis Freitag, 8 bis 21 Uhr, Samstag, 8 bis 17 Uhr 30 EB Kurs Nr. 31 – Herbst 2011
Persönlichkeit und Management Bildungsgang «Kommunikation» Bildungsgang «Führungsfachfrau/-mann (SVF)» mit eidg. FA Bildungsgang «Leadership SFV» Bildungsgang «NPO-Management» Bildungsgang «Projektmanagement» Bildungsgang «Werbung, PR und Marketing» Bildungsgang «Texter/in mit eidg. Fachausweis» Bildungsgang «Mediation im interkulturellen Umfeld» Bildungsgang «Journalismus» Bildungsgang «PR-Fachmann/-frau mit eidg. Fachausweis» (in Zusammenarbeit mit KV Business School) Bildungsgang «Weiterbildung in der Familienphase» Bildungsgang «Corporate Justice» Die aufgeführten Bildungsgänge werden alle in einer Veranstaltung vorgestellt: Mittwoch, 9. November 2011, 18.00–19.30 Uhr Didaktik und Bildungsmanagement SVEB, Eidg. Fachausweis Ausbilder/in und Eidg. Diplom Ausbildungsleiter/in Donnerstag, 10. November 2011, 18.30-20.00 Uhr Anwendungen am Arbeitsplatz Kurs «ECDL»-Start Kurs «Informatik-Anwender/in I SIZ» und «ECDL-Start» Kurs «Informatik-Anwender/in II SIZ» Bildungsgang «ICT Power-User SIZ 2010» Publishing und Digitale Medien Bildungsgang «Web-Publisher EB Zürich» Bildungsgang «3D-Visualisierung und -Animation» Bildungsgang «Video» Programmieren und Systeme Bildungsgang «WebProgrammer PHP» Bildungsgang «Oracle Certified Professional Java Programmer (OCPJP)» Bildungsgang «Microsoft MCTS .NET Framework 4, Web Applications» Kurs «Linux-Systemadministration Basis (LPIC-1)» Kurs «Linux-Systemadministration Aufbau (LPIC-2)» Die aufgeführten Kurse und Bildungsgänge werden alle in einer Veranstaltung vorgestellt: Mittwoch, 5. Oktober 2011, 18.00–19.30 Uhr Mittwoch, 16. November 2011, 18.00–19.30 Uhr Montag, 12. Dezember 2011, 18.00–19.30 Uhr
WEITERE INFORMATIONEN www.eb-zuerich.ch/agenda
WEITERBILDUNG – WIE ICH SIE WILL
Weiterkommen mit der EB Zürich Mit jährlich 16000 Kundinnen und Kunden ist die EB Zürich die grösste von der öffentlichen Hand getragene Weiterbildungsinstitution der Schweiz. Der erste Schritt zu neuen Horizonten: – Bestellen Sie unser neues Programm mit über 400 Kursen und Bildungsgängen. – Besuchen Sie eine unserer Informationsveranstaltun gen. – Lassen Sie sich über unser Angebot beraten. – Nutzen Sie unsere Lern- und Arbeitsplätze im Lernfoyer. – Buchen Sie eine Weiterbildungsberatung und klären Sie Ihre Ziele. – Machen Sie Selbsteinstufungstests auf unserer Webseite. – Lernen Sie anhand unserer Imagebroschüre unsere Werte kennen. – Verfolgen Sie unsere Aktivitäten auf Facebook oder Twitter. – Informieren Sie sich auf www.eb-zuerich.ch. – Fragen Sie telefonisch oder per Mail bei uns nach. – Kommen Sie vorbei und lernen Sie uns kennen.
Weiterbildung liegt im Interesse des Wirtschaftsstandor tes Zürich und muss darum für alle zugänglich sein – unabhängig vom finanziellen oder sozialen Status. Seit bald 40 Jahren unterstützt die kantonale Berufsschule für Weiterbildung deshalb Berufsleute aus allen Branchen und Bildungsschichten dabei, beruflich am Ball zu bleiben; Lehrabgänger und Akademikerinnen, Handwerker und kaufmännische Angestellte, Kader und Berufseinstei gerinnen lernen neben- und miteinander. Der persönliche Weg zum Ziel: Der Weg zum Lernerfolg ist individuell. In Weiterbildungs- und Lernberatungen werden die Ziele geklärt und geeignete Lernmethoden und -formen aufgezeigt. Nicht nur Privatpersonen, son dern auch immer mehr Personalchefs und Weiterbil dungsverantwortliche vertrauen darum auf den Slogan der EB Zürich:
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