magazin Nr. 50/2015
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Christlicher Glaube und seelische Gesundheit. Therapeutische Grundlagen der de’ignis Arbeit.
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik auf christlicher Basis.
Meine Seele verdient die beste Behandlung. In der de’ignis-Fachklinik erhalten Sie bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängste, Zwänge und Burnout, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch, eine individuell auf Sie ausgerichtete Behandlung. Nutzen Sie auch unsere Präventionsangebote, um bereits heute Ihrer seelischen Gesundheit nachhaltig etwas Gutes zu tun. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung oder Sie besuchen uns auf www.deignis.de
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik · Walddorfer Str. 23 · 72227 Egenhausen Telefon + 49 (0) 7453 93 91- 0 · info @ deignis.de
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
worauf wir in der Magazinausgabe Nr. 48 hingewiesen haben, erarbeiten wir, im Rahmen der Entwicklung von Grundlagen für die Christlich-integrative Beratung und Therapie am de’ignis-Institut, Orientierungshilfen, die an einer Schnittstelle zwischen Medizin, Psychotherapie und Theologie angesiedelt sind. So wurde für diese Ausgabe der Titel „Christlicher Glaube und seelische Gesundheit. Therapeutische Grundlagen der de’ignis Arbeit.“ gewählt. Den Artikel von Herrn PD Dr. med. Herbert Scheiblich, Mitglied der Leitung des de’ignis-Instituts, wollen wir Ihnen besonders ans Herz legen (ab S. 36). In seinem Artikel stellt er eine Matrix vor, die es ermöglicht, differenziert mit einem Blickwinkel der Medizin, Psychologie und Soziologie, den Menschen als Patienten zu beschreiben sowie aus Sicht der Theologie den Menschen umfassender, optimistischer, progressiver und konstruktiver darzustellen. Nicht im Sinne einer Ergänzung, sondern einem Plus an Möglichkeiten. Hinter jeder therapeutischen Schule, jeder pädagogischen Theorie und auch medizinischen Behandlungsmethode stehen Vorstellungen von Menschen, philosophische Ideen, theologische Hintergründe, mit anderen Worten, ein Menschenbild, eine Lehre über den Menschen, also eine Anthropologie. Herr Winfried Hahn versucht mit seinem Artikel eine Einführung in die Anthropologie der Christlich-integrativen Beratung und Therapie als Orientierungshilfe zu geben (ab S. 28). Des Weiteren hat sich Frau Dr. phil. Sonja Friedrich-Killinger mit dem Thema der Bindungsbeziehung auseinandergesetzt (ab S. 12). Die Autorin entwickelte ein Modell der Reorganisation innerer Arbeitsmodelle durch die Beziehung mit Gott (RIAG-Modell). Je zentraler die Bindungsbeziehung zu Gott im allgemeinen Beziehungsnetzwerk eines Gläubigen ist, umso häufiger und damit wirksamer können sensitive Beziehungserfahrungen in der Gottesbeziehung werden. Die Annahme des RIAG-Modells wurde an einer klinischen Stichprobe von 200 stationären Patienten in unserer de’ignis-Fachklinik untersucht. Das Ergebnis ist beeindruckend, wie Sie in dem Artikel lesen können. Allein an diesen drei exemplarischen Vorstellungen von Autoren dieses Magazins, können sie erahnen, welch interessante und kompetente Experten wir auch dieses Mal wieder für Sie gewinnen konnten. Hierbei soll auch
ersichtlich werden, welche Schwerpunkte wir insbesondere auf Kompetenz und Gottvertrauen bei de’ignis legen. Dabei ist uns wichtig, unsere Arbeit zu reflektieren und die Behandlungsergebnisse zu überprüfen. Unser sehr kompetentes und innovatives de’ignisTeam entwickelt sich fachlich ständig weiter und es ist uns gemeinsam von großer Bedeutung, dass wir nicht stehen bleiben, sondern nach vorne gehen, um Ihnen ein bestmöglichstes Behandlungsangebot anbieten zu können. Im Aktuell-Teil dürfen Sie sich über Weiterentwicklungen, das de’ignis-Team und neue Angebote von de’ignis informieren. Hierbei wollen wir besonders auf unseren neuen Internetauftritt www.deignis.de hinweisen. Wir freuen uns, wenn sie dort vorbeischauen. Sie haben auch die Möglichkeit uns auf Facebook zu besuchen. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Ihnen für alle Unterstützung in unserer Arbeit und das Vertrauen das Sie uns entgegenbringen. Über Spenden zur Unterstützung unseres Magazins freuen wir uns. Nun wünschen wir Ihnen viel Freude und interessante Anregungen beim Lesen dieser neuen Magazinausgabe.
Ihr Claus Jürgen Hartmann und Winfried Hahn, die Herausgeber
Claus-Jürgen Hartmann
Winfried Hahn
Geschäftsführer,
Geschäftsführender Heimleiter,
de’ignis-Fachklinik und
de’ignis-Wohnheim,
de’ignis-Institut
Vorstandsvorsitzender Christliche Stiftung de’ignis-Polen
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Alles zum Thema
Redaktion
Unser Gehirn: Erfinder Gottes oder Werkzeug Gottes?
Konzept, Layout und Gestaltung
Winfried Hahn, Claus J. Hartmann, Sebastian Hartmann, Rainer Oberbillig, Maike Prolingheuer, PD Dr. med. Herbert Scheiblich
Timm Hartmann, mail@nimmtimm.de
von Dr. med. Wolf Gerhard Frenkel 6
Bindung tut gut? Bindung tut gut. von Dr. phil. Dipl.-Psych. Sonja Friedrich-Killinger
AD Dipl.-Ing. Rainer Haas, haas@ad-stuttgart.de
Gestaltung und Produktion
Druck
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Papier
Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart LuxoArt Samt New
Auflage
16.000
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: +49 (0) 7453 9391 0 Fax: +49 (0) 7453 9391 193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE50 6426 1853 0062 1680 02 BIC: GENODES1PGW
Herausgeber
Impuls Vergebung. Eine vergessene Tugend. In einer Kultur der Anklage. von Prof. Dr. Gerhard Maier, Landesbischof a. D.
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Zur Diskussion Anthropozentrische und theozentrische Spiritualität. Eine psychologische Studie.
von Prof. Dr. Romuald Jaworski 20
Theorie- und Therapieentwicklung Einführung in die Anthropologie Christlichintegrativer Beratung und Therapie.
von Winfried Hahn 28
Matrix einer Christlichen Beratung und Therapie – integrativ oder integriert? von PD Dr. med.Herbert Scheiblich
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de,ignis-Aktuell Termine, Berichte, Aktuelles
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de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: +49 (0) 7453 9494 0 Fax: +49 (0) 7453 9494 396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE60 6426 1853 0066 6240 02 BIC: GENODES1PGW Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC: PZHSDE66XXX Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.
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Unser Gehirn: Erfinder Gottes oder Werkzeug Gottes? von Dr. med. Wolf Gerhard Frenkel
Foto: waldmeister. / photocase.de
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Sagredo: „Und ich frage dich, wo ist Gott in deinem Weltsystem?“ Galilei: „In uns oder nirgends!“ „Leben des Galilei“ von Bertolt Brecht
Eine Schlüsselszene aus Bertolt Brechts Drama: Am 10. Januar 1610, im Studierzimmer in Padua, lässt Galilei seinen Freund Sagredo durch das Fernrohr blicken. Gerade verschwindet einer der vier Jupitermonde hinter dem Planeten und widerlegt das geozentrische Weltbild von Ptolemäus und Aristoteles, wonach die Erde im Mittelpunkt der Welt steht und die Sterne an kugelförmigen Kristallsphären, etwa in der Art einer Käseglocke, befestigt sind. Dahinter wiederum erstreckte sich der Himmel, Gottes angestammter Aufenthaltsort. Und den gab es nun nicht mehr. Die Zeitgenossen Galileis und Sagredos waren von dieser Erkenntnis und ihrer Konsequenz erschüttert, die einige Jahrzehnte zuvor schon Kopernikus formuliert, aber aus wohlabgewogenem Grund nicht zu Lebzeiten veröffentlicht hatte. Die Kirche sah im kopernikanischen Weltbild, bei dem sich die Erde um die Sonne dreht, eine gefährliche Erschütterung ihres Lehrgebäudes – bis hin zur Negierung ihres Macht- und Wahrheitsmonopols: Die Erde steht im Mittelpunkt des Universums und der Stuhl Petri steht im Mittelpunkt der Erde!
Wie Galilei vorausgesehen hatte, wurden Via IV: Stufenbeweis – es muss ein seine Beobachtungen und wissenschaftli- Optimum geben, das für alles innerweltchen Schlüsse mit der Zeit bestätigt und liche Sein die Ursache seines Gut-, allgemein akzeptiert. Auch die Kirche Wahr- und Edelseins ist. machte damit irgendwann ihren Frieden: Via V: Finalitätsbeweis – Ordnung, Papst Benedikt XIV. hob am 17. April Zielstrebigkeit und Sinnhaftigkeit in 1757 den Bann gegen Werke auf, die der Welt setzen einen denkenden Geist ein heliozentrisches Weltbild vertreten – als Ordner voraus. also mit einer Sonne, um die die Planeten kreisen. Darüber hinaus formuliert Thomas von Aber Sagredos Frage „Wo ist Gott?“ Aquin noch einen teleologischen Gottesist mit dieser mathematisch untermau- beweis (Teleologie: Alle Vorgänge in der erten Erkenntnis nicht beantwortet, sie Welt sind an Zwecken orientiert und lautreibt uns noch immer um. Seit der An- fen daher zielgerichtet ab): tike beschäftigt sie Philosophen, Theo- Dieser Gottesbeweis geht von einer logen, Physiker, Astronomen, Mediziner, Lenkung der Welt aus, wonach feststellviele unserer Mitmenschen – und auch bar sei, dass es in den Dingen dauerhafte mich selbst. oder kumulierte Verbesserungen gibt. Der Vorsokratiker Xenophanes Diese bedürfen notwendigerweise einer (570 v. Chr. bis 470 v. Chr.) kritisiert Weltenlenkung, weil unvernünftige Dinge die Vielzahl und die Menschenähnlich- nicht in der Lage sind, ein Ziel zu verfolkeit der Götter im griechischen Olymp: gen. An oberster Stelle muss deshalb ein „Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie intelligentes Wesen stehen, das eben in wie Pferde aus“. Er war überzeugt, dass der Lage ist, ein Ziel vorzugeben. die Menschen sich ihre Götter selbst Thomas von Aquins Thesen bliegeschaffen haben und nicht umgekehrt. ben indes nicht unwidersprochen. Nach Auf diesen Philosophen beziehen sich Immanuel Kant lassen diese Überlegunnoch im 20. Jahrhundert die Exponen- gen Gottes Existenz zwar glaubhafter ten des kritischen Rationalismus, so bei- erscheinen, es handelt sich jedoch nicht spielsweise Karl Popper. Gegenpol hierzu um zwingende Beweise. Vollends die sind die vielen Versuche in Mittelalter Evolutionstheorie des Charles Darwin und Neuzeit, Gottes Existenz zu beweisen. machte Gottes Schöpfungsakt als „Initi Prononciert und scharfsinnig hat alzündung“ eigentlich entbehrlich: Thomas von Aquin dies mit seinen „5 Alle Lebensformen können sich durch Fortpflanzung und Auslese aus Wegen“ versucht (Via = Weg): ihrer jeweiligen Vorstufe entwickelt haVia I: Bewegungsbeweis – die bewegte ben. Die vielen Jahrmillionen der Erd Welt setzt einen von ihr verschiedenen geschichte reichen völlig aus, um die Ar Beweger voraus. tenvielfalt unseres Planeten allein durch Via II: Kausalitätsbeweis – die Welt diese beiden Naturgesetze zu erklären. hat eine erste Wirkursache, welche Für viele Menschen hatte – und hat – Gott aber auch in einem wissen selber unverursacht ist. Via III: Kontingenzbeweis – die Welt schaftlich abgestützten Weltbild seinen ist nicht notwendig existierend und Platz. Diese Denkrichtung nennt sich setzt zur Erklärung ihrer Entstehung Pantheismus und hat ihre Wurzeln, die Existenz eines notwendig existieren- was nicht verwundert, Anfang des 18. Jahrhunderts, also in der Blütezeit des den Wesens voraus.
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Rationalismus. Gott hat die Naturgesetze geschaffen, die sämtliche Beziehungen und Abläufe zwischen den Dingen regeln, er ist allgegenwärtig in seiner Schöpfung, er wohnt in aller Materie, beseelt Tiere und Pflanzen. Aber: Es gibt keinen allmächtigen, personifizierte Gott, der sich uns bewusst zuwendet. Viele unserer Zeitgenossen neigen diesen Ideen zu, die eine gewisse Ähnlichkeit mit archaischen Naturreligionen haben. Allerdings hat sich in den USA mit dem Kreationismus seit einigen Jahren eine neue (aber eigentlich uralte) Denkrichtung etabliert, die das Wirken der Evolution negiert und wieder mehr dem teleologischen Weltbild zuneigt, mit einem Gott, der den Schöpfungsprozess nicht nur angestoßen, sondern ständig in ihn eingegriffen hat und dies heute noch tut.
Die Kontroverse ist auch im 21. Jahrhundert noch nicht ausgetragen oder gar entschieden. Wir nähern uns diesen existenziellen Fragen nun nicht mehr (nur) mit der Schärfe des Geistes, sondern auch mit den Methoden der modernen Neurophysiologie, der Elektro- und Magnetstimulation des Gehirns, insbesondere aber mit dem Auflösungsvermögen der neuen bildgebenden Verfahren, beispielsweise der (funktionellen) Magnetresonanztomographie. Mit dieser bildgebenden Methode kann man jedes innere Organ, auch das Gehirn, quasi „in feine Scheiben schneiden“, die verschiedenen Gewebe klar voneinander abgrenzen und sogar beob-
achten, wie sich das Bild bei bestimmten Gedanken, Handlungen und Gefühlsregungen charakteristisch verändert – die so genannte funktionelle MRT. Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage analysiert Hans Reiter in seinem Buch aus dem Jahre 2007 „Gott und Jenseits – Irrtum oder Möglichkeit“ Erklärungsmodelle für religiöse Visionen und Erlebnisse: • Der Hirnforscher Ramachadran beobachtete an Patienten mit einer Epilepsie, die im Schläfenlappen ihren Ursprung hat, ein verstärktes religiöses Erleben bis hin zu spirituellen Visionen. • Ebenfalls bei einer Epilepsiepatientin konnte Olaf Blanke vom Universitätsklinikum Genf mit einer speziellen Elektrostimulation das Gefühl hervorrufen, dass sie zwei Meter über ihrem Bett an der Zimmerdecke schwebt und ihren Körper unter sich liegen sieht. Wenn der Mediziner den Strom ausschaltete, „ … verschwand die Empfindung, wie sie gekommen war“. • Die gesunden Versuchspersonen des Neuropsychologen Michael Persinger berichteten nach Magnetstimulation über dem Scheitellappen über spirituelle Empfindungen wie das Gefühl, von Gott berührt zu werden oder den Körper zu verlassen. Die Schilderungen der Versuchspersonen ähneln denen von Nah-TodesErlebnissen. • Das hierbei oft berichtete An-derDecke-Schweben, die Lichttunnel oder auch rasch ablaufende Erinnerungssequenzen, die sich mit Lebensrückblicken vergleichen lassen, können auch durch das Verabreichen eines bestimmten Sauerstoff-Kohlendioxidgemischs hervorgerufen werden, ferner ekstatische Zustände sowie das Gefühl kosmischen Erkennens und universeller Liebe. Reiter erkennt an, dass sich aufgrund dieser wissenschaftlichen Ergebnisse individuelle Visionen und religiöse Erleb-
nisse „allein durch Gehirnvorgänge erklären lassen“. Sie genügen ihm aber nicht zur Begründung kollektiven religiösen Wahrnehmens wie das Sonnenwunder von Fatima oder die Erscheinungen von Medjugorje. Diese Visionen sahen auch Personen, bei denen eine suggestive Beeinflussung von innen oder außen unwahrscheinlich war. Hier sieht der Buchautor „eine Ursache außerhalb des Menschen“ am Wirken. Die Erkenntnisse der Neurophysiologie sprächen ergo nicht gegen eine Existenz Gottes und – konsequent zu Ende gedacht – gegen ein Fortleben nach dem Tod. In den Nachrichtenmagazinen „Focus“ und „Spiegel“ waren zur Frage, ob und in welcher Weise Gott sich in unserem Denkorgan manifestiert, in den letzten Jahren einige bemerkenswerte Artikel zu lesen. Das Thema scheint die Menschen also nach wie vor zu beschäftigen. Der Focus-Redakteur Siefers reflektiert Anfang 2009 über die Forschungsergebnisse des Neurophysiologen Jordan Grafman, der die Gehirne seiner 40 Probanden mit dem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) untersuchte, während diese auf verschiedene Weise an Gott dachten. Das Denken an Gottes Wirken, ihm entgegengebrachte Gefühle und das dogmatische Wissen über Gott aktivierten jeweils unterschiedliche Hirnregionen. Demnach besäße „… Gott im Gehirn des Menschen kein eigenes Zuhause“ und die Religiosität sei nicht in einer eigenen Region verankert, sondern bediene sich „der kognitiven Netzwerke für das Soziale“. Aufschlussreich für mich zu lesen waren die Kommentare zu diesem Artikel, z. B.: • Gott hinterlässt überall Spuren, daher auch im Gehirn. • Man muss Gott nicht suchen, denn er ist allgegenwärtig. • Wir sind gewollt.
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• Man kann Gott sicher nicht materiell finden, durch Hirnfunktionen (lächerlich). Liebe kann man auch nicht sehen, nur ihre Auswirkungen …“ Den letzten Kommentar finde ich überaus passend, wird Gott doch oft als liebend dargestellt oder sogar mit der Liebe gleichgesetzt. „Über Bord mit der Religion“ ist hingegen die Quintessenz des FocusAutors Michael Odenwald, nachdem er in seinem Artikel vom 20.02.2009 die jüngsten humangenetischen und evolutionsbiologischen Forschungsergebnisse referiert und kommentiert hat. Er zitiert zunächst den Genetiker Dean Hamer, der in seinem 2004 erschienenen Buch „Das Gottes-Gen“ die Religiosität des Menschen auf dem Gen VMAT2 lokalisiert hat. Diese Spiritualitätsvariante sei möglicherweise auch bei den Religionsgründern Jesus, Buddha und Mohammed ausgeprägt gewesen. Die Evolutionsbiologie würde die These vom Religiositätsgen bestätigen: „Religiosität war in der Frühzeit beim Überlebenskampf des Menschengeschlechts hilfreich.“ Dem widerspricht der US-Anthropologe Scott Atran, Ann Arbor im Bundesstaat Michigan: Glaubensinhalte wie das Leben nach dem Tod würden nicht zum besseren Überleben im Hier und Jetzt beitragen. Religiosität erwachse vielmehr aus der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns – sie sei im Denkorgan „fest verdrahtet“, es besitze „eine Voreinstellung dafür“. Der Mensch wisse um seinen Tod, könne damit aber nur schwer umgehen. „Deshalb braucht er einen Ausweg, um nicht seelisch überwältigt zu werden. Den bietet die Religion, und das Gehirn nimmt ihn bereitwillig an.“ Im Grunde seien sich die Wissenschaftler einig: Religiosität sei ein „evolutionär gewachsenes biologisches Phänomen.“ Nach Lektüre und Analyse der oben kommentierten populärwissenschaftlichen Artikel wollte ich wissen, wo die Hirnforschung bei diesem Thema derzeit steht.
Eine aktuelle Recherche in der US-ame- Etwas Wasser in den wissenschaftlichen rikanischen medizinischen Datenbank Wein gießt indessen der Artikel von PubMed mit den Suchbegriffen „fMRI Veronika Hackenbroch im „Spiegel“ vom AND religiosity“, also „funktionelle Ma- 02.05.2011. Die Autorin berichtet von gnetresonanztomographie und Religiosität“ einem ungewöhnlichen Experiment des förderte in wenigen Minuten ein knappes Neuropsychologen Craig Bennett von der University of California in Santa Barbara: Dutzend einschlägiger Aufsätze zu Tage. Im Wesentlichen stimmen alle For- Der Forscher ließ einen toten Lachs schergruppen darin überein, dass Reli- Bilder von fröhlichen, ängstlichen und giosität sich im Gehirn morphologisch wütenden Menschen „betrachten“. Tatwie funktionell deutlich manifestiert, sächlich fand er im parallel ablaufenden nämlich im frontalen (Stirnlappen), pari- fMRT spezifische Signale im Gehirn des etalen (Scheitellappen) und medial-tem- Fisches: Eine wissenschaftliche Sensation – poralen Cortex (Schläfenlappen) sowie oder etwa doch nicht? im Precuneus (Übergang vom Scheitel- Nachdem er die notwendigen Korlappen zum Hinterhauptslappen), also rekturrechnungen an der Bildgebung vorin Hirnregionen, die mit Emotion, Re- genommen hatte, verschwanden die Sigpräsentation des Selbst und kognitiven nale allerdings wieder komplett … Das Experiment sage also nichts Konflikten korreliert sind. Diese doch relativ neuen Erkennt- über die emotionale Intelligenz von nisse (2009 – 2014) unterscheiden sich Lachsen aus, aber umso mehr über die in funktionell-morphologischer Hinsicht Tücken der fMRT! „Je großzügiger der also nicht wesentlich von denen, die ich Untersucher die Einstellung wählt, desto mehr Hirnaktivität wird das Gerät zeibereits weiter oben zitiert habe. Bemerkenswert aus dieser Recher- gen.“ Der Forscher muss also eine „Signiche erschienen mir darüber hinaus die fikanzgrenze“ festlegen, ein hoch subjektiver Vorgang und, gemäß Bennett, „ein folgenden Forschungsergebnisse: Improvisiertes Beten (also nicht prinzipienloser Prozess“. auswendig gelernte oder abgelesene Ge- Die Zuverlässigkeit, mit der fMRTbetstexte) aktivierte eine starke fMRI- Ergebnisse reproduziert werden können, Antwort in der temporo-polaren Region ist entsprechend niedrig: Lediglich 33 (unterer Schläfenlappen), im präfronta- bis 66 Prozent. Bei einem meiner eigenen len Cortex (vorderes Stirnhirn), in der klinischen Forschungsprojekte habe ich temporo-parietalen Verbindung (zwi- mich vor ein paar Jahren auch mit der schen Schläfen- und Scheitellappen) funktionellen MRT und dem bei dieser und wiederum im Precuneus (Übergang Bildgebung genutzten BOLD-Kontrast beschäftigt (BOLD = Blood OxygenaScheitellappen – Hinterhauptslappen). Als die Forscher Karmeliterinnen tion Level Dependent, die Abhängigkeit während mystischer Erlebnisse/Erfah- der magnetischen Eigenschaften des Blurungen untersuchten, fanden sie Aktivie- tes von dessen Sauerstoffgehalt). rungsbilder in etwa denselben Hirnregi- Mit der BOLD-Methode ist es onen, aber zusätzlich bis hinab in tiefere möglich, Nervenkerne und sonstige Strukturen, nämlich zu den Stammgang- Strukturen im menschlichen Gehirn zu identifizieren, die durch Stimulation lien im Mittelhirn und zum Hirnstamm. Eine weitere Arbeitsgruppe konnte eines bestimmten Nervs angesprochen zeigen, dass Religiosität und Spiritualität werden. Daraus wiederum lassen sich mit einer dickeren Hirnrinde assoziiert gewisse Rückschlüsse auf die Steuerungssind, was bei einer erblich vorbelasteten vorgänge und Funktionsabläufe innerGruppe einen gewissen Schutz gegen die halb des Zentralnervensystems ziehen. Entwicklung einer endogenen Depression Die damals gewonnenen Erfahrungen und Einsichten lehren mich Vorsicht darstellte.
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und Disziplin bei der Bewertung der auf genden Zitat auf den Punkt gebracht: diese Weise erzielten farbcodierten zwei- „Der Glaube bringt genug Licht für diejenigen, die glauben wollen, und genug Schatten, um bis dreidimensionalen Aufnahmen. Ein befreundeter Neurophysiologe sagte damals zu mir: „Wenn Sie nur die Messempfindlichkeit genügend hoch drehen, können Sie bei der f-MRT-Bildgebung jeden Befund erzeugen, den Sie sehen wollen!“ Damit soll nichts Grundsätzliches gegen den diagnostischen oder wissenschaftlichen Wert dieser für sich genommen exzellenten Untersuchungsmethoden gesagt sein. Aber ohne verantwortungsvolle Interpretation der Befunde durch einen Kenner der Methode (und ihrer Fallstricke!) könnten sie fragwürdige bis gefährliche, im besten Fall belanglose Ergebnisse liefern. Die in der wissenschaftlichen Community, aber auch mittlerweile in den Spiegel- und Focus-Artikeln diskutierten Erkenntnisse der Neurophysiologie können im Grenzgebiet zur Geisteswissenschaft – wenig überraschend – nach Belieben interpretiert werden, je nach persönlicher Grundeinstellung. Das Forschungsergebnis selbst ist und bleibt jedoch neutral und erlaubt keine sichere Aussage zu Gott und seiner Beziehung zu uns Menschen. Damit würde die Wissenschaft eindeutig ihre Kompetenz überschreiten – und das weiß sie auch. Die ernstzunehmenden wissenschaftlichen Publikationen in renommierten Fachzeitschriften berichten streng sachlich über ihre (in meinen Augen glaubwürdigen) Forschungsergebnisse und enthalten sich jeglicher religionsphilosophischer Interpretation. Was also bleibt? Beliebigkeit?
Der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal schlug eine (nach ihm benannte) Wette vor: „Es ist besser, bedingungslos an Gott zu glauben, weil man nichts verliert, wenn er nicht existiert, aber auf der sicheren Seite ist, wenn es einen Gott gibt.“ Etwas weniger zynisch-utilitaristisch hat er seine religiöse Einstellung im fol-
diejenigen mit Blindheit zu schlagen, die es nicht wollen.“
Auf diesem Weg und bei dieser Suche können wir uns gegenseitig helfen, und auch Gott selbst kann uns dabei helfen, wenn wir auf seine leise Stimme hören. Wer nämlich an Jesus Christus glaubt und seine Lehre von der Nächstenliebe wirklich ernst nimmt, für den ist es nicht schwierig, Gott zu begegnen:
Wir alle müssen uns einen jeweils eigenen Weg zum Glauben suchen. Dabei helfen uns, je nachdem, wie wir geprägt sind, möglicherweise die Erkenntnisse „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder geder antiken Denker und mittelalterlichen tan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25, Mystiker – oder auch die Ergebnisse der 31 – 46). aktuellen Hirnforschung. Für mich persönlich ist der Gedanke tröstlich, dass Gott in uns selbst, nämlich in den Hirnarealen, wo unsere Persönlichkeit ihr morphologisches Substrat hat, einen Platz für sich geschaffen haben könnte. Das und nicht weniger sagen für mich die oben referierten wissenschaftlichen Ergebnisse aus – eine durchaus subjektive Deutung, zugegeben, die auch von vielen Wissenschaftlern angezweifelt wird; siehe oben. Andererseits spricht die rein mechanistische Stimulierbarkeit der „religiösen Strukturen“ unseres CereDr. med. Wolf G. Frenkel Geboren 1955 in Meßbrums nicht dagegen, dass durch sie auch kirch, Studium der Humanmedizin in Ulm und Tübingen und Promotion zum Dr. med. Von 1981 – 2009 Entwicklung Gott zu uns sprechen kann, dass er dort von ca. 60 patentierten Produktinnovationen im Bereich sogar in uns gegenwärtig ist. therapeutischer Medizinprodukte. Gründung des Beratungs Auch das Gefühl von Liebe kann unternehmens CreaMedic in Inzigkofen. durch eine Neurostimulation relativ einSeit 2009 Medical Director der md registration support Ltd. fach ausgelöst werden. Niemand käme in Ochsenhausen. Das Unternehmen bietet Unterstützung deshalb auf die Idee, der realen Liebe z. B. bei der internationalen Registrierung von Medizinprodukzwischen zwei Menschen ihre Existenz abten, Beratung, externes Projektmanagement, Training und Expertisen. Seit 2014 Medical Director der UL/mdt medical zusprechen, siehe auch die Kommentare device testizg GmbH in Ochsenhausen. zu Siefers/Focus. Wichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir in erster Linie unsere eigene Begegnung mit Gott, nicht nur im Gebet, im „stillen Kämmerlein“, sondern zum Beispiel in der Natur und – vor allem! – in unserem Nächsten, also eben nicht nur in uns selbst! Das Wissen darüber, welche Regionen unseres Gehirns dabei aktiviert werden, ist eine spannende wissenschaftliche Fragestellung, aber für unsere Zwiesprache mit Gott ohne weiteres entbehrlich. Gott sagt zu uns: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen“ (Jeremia 29,13ff ).
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Der Glaube bringt genug Licht f端r diejenigen, die glauben wollen, und genug Schatten, um diejenigen mit Blindheit zu schlagen, die es nicht wollen.
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Bindung tut gut? Bindung tut gut. von Dr. phil. Dipl.-Psych. Sonja Friedrich-Killinger
Beziehungen zu Menschen spielen in unserem Leben eine wesentliche Rolle. Denn Menschen, die uns etwas bedeuten, lassen keinen von uns unbeeinflusst. Wie viele aus eigener Erfahrung wissen, spenden uns wichtige Menschen häufig Kraft und vermitteln uns eine gute Portion Sicherheit. Sie können jedoch ebenso eine Quelle unserer Angst oder erlebter Unsicherheitserfahrungen sein – manchmal sogar beides. Wir fühlen uns ausgesprochen elend, wenn die Beziehung zu den für uns wichtigen Menschen über längere Zeit durch belastende und negative Erfahrungen gekennzeichnet ist. Auf Dauer kann dies zu einer deutlichen Beeinträchtigung unserer psychischen und physischen Gesundheit führen. Die wohl wichtigsten Bezugspersonen zu Beginn unseres Lebens, mit denen wir unsere ersten Beziehungserfahrungen machen, sind meist Vater und Mutter. Dieser prägenden Beziehung widmet sich die Bindungstheorie. Sie beschreibt das enge emotionale Band zwischen Kind und Vater/ Mutter und nennt diese spezifische Form der Beziehung „Bindung“. Begründer der Bindungstheorie ist der britische Kinderund Jugendpsychiater John Bowlby. Er geht davon aus, dass Bindung ein lebenslang bestehendes Bedürfnis ist, das „von der Wiege bis zur Bahre“ reicht. Wir Menschen kommen mit der angeborenen Bereitschaft und Notwendigkeit Bindungen aufzubauen zur Welt. Die Bindung zu Vater und Mutter sichert dem Kind über die Nahrung sein physisches und über die Zuwendung der Eltern sein psychisches Überleben. Wir sprechen von einer Beziehung als Bindung, wenn sich die in Bindung stehende Person
folgendermaßen gegenüber ihrer Bezugsperson verhält: 1 Verlässt Vater oder Mutter den Raum,
so fängt das Kind an zu weinen, zu rufen oder will sich anklammern und auf diese Weise die Eltern hindern aus dem Raum zu gehen. D. h. das Kind zeigt Stress und Protest bei einer Trennung von den Bezugspersonen. 2 Ist die Mutter oder der Vater im Haus oder beim Außenspiel zu weit entfernt so fängt das Kind an, sich durch Rufen, Schreien oder Suchen bemerkbar zu machen. D. h. das Kind möchte die Nähe zur Bezugsperson aufrechterhalten. 3 Erkundet ein Kind im Sandkasten oder auf dem Spielplatz seine Umgebung und weiß plötzlich nicht wie es eine Situation einschätzen soll, so wendet es sich per Blickkontakt an die Bezugsperson oder holt sich durch kurzen Körperkontakt wieder Sicherheit, um sich erneut der Erkundung zuzuwenden. D. h. das Kind nutzt die Bezugsperson als sichere Basis für seine Exploration der Umwelt. 4 Läuft ein großer Hund auf das Kind zu oder fühlt es sich mit einer Situation überfordert so sucht es die Bezugsperson als Schutz und Hilfe auf. D. h. das Kind nutzt die Bezugsperson als einen sicheren Hafen. Diese vier Merkmale sind für eine Bindungsbeziehung kennzeichnend. Das angeborene Bindungsverhaltenssystem wird aktiviert, wenn sich ein Kind durch seine innere Befindlichkeit (Müdigkeit, Hunger, Schmerzen, Alleinsein) oder äußere Umstände (Dunkelheit, Lärm, Abstand
von der Bezugsperson) bedrängt oder bedroht fühlt. Das Kind reagiert dann mit Bindungsverhaltensweisen wie z. B. rufen, anklammern, weinen oder nachlaufen. All diese Verhaltensweisen dienen dazu, die Nähe zur Bezugsperson herzustellen und auf diese Weise, die im Kind entstandene Angst zu reduzieren, so dass das Kind erneut Sicherheit erlangen kann. Fühlt sich das Kind wieder sicher und geborgen, so wendet es sich erneut der Erkundung seiner Umwelt zu. Auf diese Weise halten sich Bindung und Exploration im Idealfall immer wieder die Waage. Ist eine Bezugsperson gut darin, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten des Kindes wahrzunehmen und darauf angemessen und prompt zu reagieren, so weiß das Kind, dass es sich auf seine Bezugsperson verlassen kann. Es erwartet, dass diese es verlässlich trösten und ihm helfen wird, wenn es sie braucht. D. h. die Bezugsperson ist für das Kind erreichbar und verfügbar. In diesem Fall sprechen wir von einer feinfühligen Bezugsperson, die es dem Kind ermöglicht, eine sichere Bindungsqualität zu entwickeln. Daher formen diese Beziehungserfahrungen mit Vater/Mutter die Erwartungen des Kindes, wie sie sich in Situationen verhalten werden, in denen das Kind ihren Trost, ihre Nähe, Hilfe sowie Schutz und Sicherheit benötigt. Das Kind entwickelt mit der Zeit ganze Vorstellungsmodelle darüber, wie die Bezugsperson auf seine Bindungsbedürfnisse reagieren wird. Diese werden als innere Arbeitsmodelle von Bindung gespeichert. Reagieren nun Bindungspersonen auf die Bedürfnisse des Kindes zurückweisend, vernachlässigend oder unberechenbar und
Foto: SKunevski / photocase.de
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inkonsistent, so entsteht im Kind Unsicherheit und Angst. In Folge bilden diese Kinder eher unsichere Bindungsqualitäten zu ihren Bezugspersonen aus und entwickeln Erwartungsmodelle, die nicht mit der zuverlässigen Unterstützung durch die Bezugspersonen rechnen. Somit dienen die inneren Arbeitsmodelle der primär wichtigen Personen als eine Art Vorbild für andere Bindungsbeziehungen. Innere Arbeitsmodelle sind nach ihrem Aufbau in der Kindheit relativ stabil. Die Rolle der kindlichen Bindung an die Eltern wird im Erwachsenenalter von der Bindung an den Partner übernommen. Daher ist es auch verständlich, dass wir ähnliches Verhalten von unserem Partner erwarten oder ähnliche Einstellungen gegenüber Nähe und Zuverlässigkeit eines Partners hegen, wie sie sich aus den Erfahrungen unserer Eltern-Kind-Beziehung entwickelten. Menschen, die eine sichere Partnerbindung besitzen, beschreiben sich als zufrieden mit der Partnerschaft. Sie fühlen sich sehr wohl mit der Nähe sowie mit gegenseitiger Abhängigkeit mit ihrem Partner. Wenn sie sich hilfs- oder schutzbedürftig fühlen, wenden sie sich ohne Mühe an ihren Partner, da sie sicher sind, von ihm getröstet zu werden und sich somit wieder in einen sicheren Gemütszustand bringen zu können. Auf diese Weise trägt die sichere Partnerbindung zu psychischem Wohlbefinden, Stabilität sowie Selbstbewusstsein eines Menschen bei. Menschen, die unsichere Partnerbindungsqualitäten aufweisen, zeigen ganz unterschiedliches Verhalten. Die einen haben ein übermäßig starkes Verlangen nach Nähe, was den Partner häufig überfordert oder auch abschreckt. Sie machen sich sehr viele Sorgen um ihre Beziehung, nörgeln häufig und verwenden sehr viel Energie auf ihre Beziehung (unsicher ängstlichambivalente Bindung). Die anderen haben wenig Vertrauen in die Unterstützung des Partners, und erwarten im Gegenteil die Zurückweisung ihrer Bindungsbedürfnisse. Daher versuchen sie, diese Zurückweisung zu vermeiden, indem sie erst gar keine Nähe
zum Partner suchen (unsicher abweisendvermeidende Bindung). Die dritte Gruppe hegt starke Wünsche nach Beziehung und Nähe, leidet aber gleichzeitig unter einer großen Angst vor Zurückweisung sowie vor missbräuchlichen Erfahrungen (unsicher ängstlich-vermeidende Bindung). Menschen mit hoch ausgeprägten unsicheren Bindungsqualitäten finden wir vermehrt im klinischen Kontext.
Positive, verlässliche zwischenmenschliche Bindungserfahrungen stärken unser Selbstbewusstsein. Insgesamt können wir resümieren, dass die sichere zwischenmenschliche Bindung sowohl am Beginn unseres Lebens als auch im Erwachsenenalter dem ganzen Menschen gut tut. Denn positive, verlässliche zwischenmenschliche Bindungserfahrungen stärken unser Selbstbewusstsein, lassen das Gefühl von Selbstwirksamkeit, Vertrauen, Sicherheit, sowie Geborgenheit in uns entstehen und stärken somit unser gesamtes psychisches und physisches Wohlbefinden. Sie bilden eine wichtige Grundlage, um uns den Aufgaben des Lebens zu stellen und diese zu meistern. Negative zwischenmenschliche Beziehungserfahrungen hingegen gelten unter anderen Faktoren als maßgeblich für psychische Störungen. Daher besteht ein Behandlungsansatz in der psychotherapeutischen Arbeit darin, in der therapeutischen Beziehung für Patienten neue positive sowie feinfühlige Beziehungserfahrungen zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise die Bindungssicherheit der Patienten und in Folge die psychische Gesundheit zu verbessern.
Doch nicht nur die zwischenmenschliche Beziehungserfahrung und Bindung wirkt sich auf unsere psychische sowie physische Gesundheit aus, sondern ebenso wesentlich ist unsere Beziehung zu Gott. Die noch junge Forschungsrichtung, in der Religion als Bindung verstanden wird, zeigt in beeindruckender Weise, dass die Beziehung zu Gott ebenfalls als Bindungsbeziehung verstanden werden kann und wir ähnlich der Eltern- und Partnerbindung auch hier verschiedene Qualitäten der Bindung entwickeln. Häufig zeigen diese Qualitäten eine Übereinstimmung mit den Qualitäten der uns wichtigen Bindungspersonen. Somit scheint die Religiosität eines Erwachsenen, im Besonderen seine Gottesbeziehung, mit dessen allgemeiner Beziehungsund Bindungserfahrung übereinzustimmen. Das bedeutet, dass wir Menschen Gott ähnliche Eigenschaften zuschreiben und er in einem ähnlichen Ausmaß als verlässlich, verfügbar und nah von uns wahrgenommen wird, wie das für unsere wichtigen Bezugspersonen zutreffend ist. Konkret erleben wir, Gott beispielsweise dann als verfügbar, wenn wir das Empfinden haben, dass Gott auf unsere Gebete antwortet und unsere Anliegen wahr- und ernstnimmt. Dadurch fühlen wir uns von ihm gesehen, aber auch in unserer Wichtigkeit bestätigt. Wir sind Gott so wichtig, dass er uns antwortet und eben nicht unsere Kommunikationssignale einfach ignoriert, übergeht oder gar zurückweisend darauf reagiert. Dieses Verhalten zeichnet eine feinfühlige Bindungsperson aus. Die neueren Forschungsergebnisse machen deutlich, dass – vergleichbar der zwischenmenschlichen Bindung – eine sichere Bindung zu Gott mit geringerer Ängstlichkeit, Einsamkeit und Depression einhergeht sowie mit einer höheren Lebenszufriedenheit im Allgemeinen verbunden ist. Haben Menschen jedoch viel Angst davor, dass Gott sie bestrafen oder im Stich lassen könnte, zeigen sich erhöhte Neurotizismuswerte und damit eine deutliche Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit. Sind sich also Menschen darüber unsicher, ob Gott ihnen seine
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Zuwendung und Unterstützung verlässlich geben wird, wenn sie diese benötigen, wirkt sich dies wenig positiv auf ihre psychische Gesundheit aus. Auf der anderen Seite zeigen zwei Studien, dass Menschen trotz unsicherer Bindungsgeschichte zu ihren Eltern oder dem Partner, bei einer sich fortwährend positiv entwickelnden Gottesbeziehung, ein neues Maß an Bindungssicherheit erwerben konnten. Nun stellt sich die Frage wodurch dieser Prozess, der eine Reorganisation der inneren Arbeitsmodelle zur Voraussetzung hat, zustande kam. Das von der Autorin entwickelte RIAG-Modell (Modell der Reorganisation innerer Arbeitsmodelle durch die Bindungsbeziehung zu Gott) geht davon aus, dass bei diesem Prozess zwei Faktoren eine wesentliche Rolle spielen: zum einen der subjektive Stellenwert der Gottesbeziehung im Leben eines Gläubigen (Zentralität), zum anderen die in dieser Gottesbeziehung neu erlebten positiven Erfahrungen von Feinfühligkeit (sensitive Beziehungserfahrungen). Kurzgefasst enthält das RIAG-Modell folgende Annahmen: Je zentraler die Bindungsbeziehung zu Gott im allgemeinen Beziehungsnetzwerk eines Gläubigen ist, umso häufiger und damit wirksamer können sensitive Beziehungserfahrungen in der Gottesbeziehung werden. Sensitive Beziehungserfahrungen in der Gottesbeziehung können beispielsweise zunehmende Erfahrungen von Geborgenheit, Unterstützung und Hilfe oder das Erleben von Führung durch Gott sowie erfahrener Barmherzigkeit in der Gottesbeziehung sein. Auch die Abnahme des Gefühls, von Gott im Stich gelassen oder nicht wahrgenommen zu werden sowie der Furcht, man könne in Gottes Augen nicht ausreichend liebenswert sein, zählen hierzu. Diese sensitiven, die bisherigen Erfahrungen und Annahmen eines Menschen korrigierenden Erfahrungen – so wird im RIAG-Modell angenommen – tragen zu einer Zunahme der Bindungssicherheit nicht nur in der Gottes- sondern auch beispielsweise der Partnerbindung bei. Hierdurch können sich die bestehenden unsicheren inneren
• Wenn Sie Appetit auf den Forschungsbereich „Religion und psychische Gesundheit“ bekommen haben, sei Ihnen das Buch „Die Bindungsbeziehung zu Gott – ein dynamischer Wirkfaktor in der Therapie?“ d er Autor in emp fohlen. Hier find en Sie einen grundlegenden Überblick über die Zusammenhänge von Religiosität und psychischer Gesundheit. In auf das Wesentliche beschränkter und in gut lesbarer Form wird d e r g e g e n w ä r t i g e S ta n d d e r Fo rs c h u n g dargestellt. Viele empirische Befunde und eine auch für den wissenschaftlichen Laien gut verständliche Einführung in das Konzept der Bindung, erwarten den Leser. Des Weiteren werden der Zusammenhang von Bindung und Religion sowie interessante Forschungsergebnisse aus diesem Bereich dargestellt. Diese wissenschaftliche Umfrage zu religiöser und zwischenmenschlicher Bindung wird durchgeführt von der Arbeitsgruppe für Empirische Religionsforschung (AGER) der Universität Bern (Hauptverantwortliche Ansprechpartnerin: Dr. phil. Sonja Friedrich-Killinger).
Arbeitsmodelle in Richtung mehr Bindungssicherheit verändern. Da Bindungssicherheit, wie oben ausgeführt, zu psychischer Gesundheit beiträgt, wird im RIAG-Modell angenommen, dass die Verbesserung der Bindungssicherheit auch mit einer Verbesserung der psychischen Gesundheit einhergeht. Zudem ist davon auszugehen, dass sensitive Beziehungserfahrungen auch direkt für die Verbesserung der psychischen Gesundheit wirksam werden können. Alle diese Annahmen des RIAGModells wurden an einer klinischen Stichprobe von 200 stationären Patienten in der de’ignis-Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik untersucht. Die Ergebnisse der Studie machen
Das Buch kann direkt bei der Autorin per E-Mail an sonja@friedrich-killinger.de bestellt werden. Verlag Dr. Kovač, Hamburg
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deutlich, dass es für die Verbesserung der psychischen Gesundheit maßgeblich ist, welchen Stellenwert die Gottesbeziehung im Leben eines Gläubigen einnimmt (Zentralität). So konnten Patienten, deren Bindungsbeziehung zu Gott sich während des Klinikaufenthaltes intensivierte, am besten von der Behandlung profitieren. Ähnliches zeigte sich für Patienten, deren Gottesbindung durchgehend einen wesentlichen Stellenwert im Leben der Patienten einnahm. Patienten die sowohl zu Behandlungsbeginn als auch am Ende angaben, dass ihre Beziehung zu Gott für sie eine wenig maßgebliche Rolle in ihrem Leben spiele, erreichten zu einem geringeren Prozentsatz eine Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit. Berücksichtigt man dabei, mit welcher Symptombelastung die Patienten zu Anfang in die Klinik kamen, wird deutlich, dass die Patienten, deren Gottesbeziehung sich während des Klinikaufenthaltes intensivierte, obwohl sie zu Beginn die höchste Symptombelastung aufwiesen, dennoch am Ende den besten Therapieerfolg erreichten. Wie im RIAG-Modell angenommen zeigte sich, dass hierbei die sensitiven Beziehungserfahrungen in der Gottesbeziehung eine maßgebliche Rolle spielten. Je mehr die Patienten während des Klinikaufenthaltes die Erfahrung von Geborgenheit in ihrer Gottesbeziehung gemacht hatten und erlebten, dass Gott ihre Gebete erhörte, ihnen Kraft gab sowie sie bei Problemen unterstützte – Gott sie also wahrnahm und als dialogisches Gegenüber auch antwortete –, umso stärker verbesserte sich sowohl ihre Bindungssicherheit als auch ihre psychische Gesundheit. Eine entscheidende Rolle für das Erwerben neuer Bindungssicherheit spielte auch der Prozess der Abnahme negativer Empfindungen und Beziehungserwartungen, wie z. B. Gott würde den Patienten im Stich lassen, sich abwenden, wolle strafen oder nehme den Patienten gar nicht erst wahr und sei ewig unzufrieden mit ihm. Die Studie zeigt: wuchs insgesamt das Vertrauen gegenüber Gott, dass er zuverlässig, antwortend, nicht zurückweisend sei,
verbesserte sich sowohl die Bindungssicherheit als auch die psychische Gesundheit der Patienten bedeutsam. Diese Effekte waren unabhängig von Alter oder Geschlecht der Patienten. Möglicherweise handelt es sich bei dem Prozess der Reorganisation innerer Arbeitsmodelle somit um eine Art „universellen Prozess“, der in jedem Lebensalter und geschlechtsunabhängig ein erstrebenswertes Ziel darstellt.
In Folge zeigten diese Patienten weniger Angst. Hatten Patienten während des Klinikaufenthaltes vermehrt Gefühle des Vertrauens, der Geborgenheit und Hoffnung in ihrer Beziehung zu Gott gewonnen, wirkte sich dies interessanterweise auch auf die Bindungssicherheit in ihrer Partnerschaft aus. In Folge zeigten diese Patienten weniger Angst, dass sie in den Augen ihres Partners unzureichend sein könnten und hatten weniger Angst davor, von ihrem Partner verlassen zu werden. Somit scheint das in der Bindung zu Gott neu erworbene Vertrauen den Selbstwert und das Selbstbild des Patienten zu stärken. Zudem scheinen ebenso überhöhte Wünsche nach Nähe oder Ansprüche an die Verfügbarkeit des Partners gemildert zu werden. Die per Definition allgegenwärtige und damit immer ansprechbare Bindungsfigur und per Definition ewige, also nicht zeitlich begrenzte Bindung zu Gott kann somit eine Partnerschaft auch entlasten. Wird nicht mehr ausschließlich in einer zwischenmenschlichen Beziehung das „Heil“ (in Form von Lebenssinn und Glück) gesucht, können Patienten auch wieder neue Lebensziele und -perspektiven für sich entdecken. Neben diesen positiven Effekten auf die
Partnerbindung wurde ebenso deutlich, dass die Bindungssicherheit in der zwischenmenschlichen Partnerbindung auch noch durch andere in der Therapie wirksame Faktoren eine Veränderung erfuhr. Denkbar sind hier insbesondere die therapeutische Beziehung sowie die Beziehung zu Mitpatienten, die potentiell ebenfalls korrigierende Erfahrungen für die Patienten bereitstellen. Alles in allem lässt sich festhalten, dass die Bindungsbeziehung zu Gott – ähnlich wie die therapeutische Beziehung – einen Rahmen der grundlegenden Annahme bietet, in dem der Gläubige Vertrauen aufbauen, Ängste abbauen und neue sensitive Beziehungserfahrungen machen kann. Diese in der Gottesbeziehung verfügbaren sensitiven Beziehungserfahrungen könnten als korrigierende emotionale Erfahrungen, d. h. den bisherigen Annahmen des Patienten nicht entsprechende Erlebnisse verstanden werden, die in Folge zu neuen Bewertungen und Einsichten anregen. Beide (die korrigierende emotionale Erfahrung sowie die metakognitive Reflexion) stellen auf zwischenmenschlicher Ebene wichtige psychotherapeutische Interventionen dar und gelten als allgemeine Wirkfaktoren in der Psychotherapie. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch die Wirksamkeit sensitiver Beziehungserfahrungen in der Gottesbeziehung zum einen für eine neu erworbene Bindungssicherheit zum anderen für den Behandlungserfolg, wie es das RIAGModell postuliert, verstehen. Bindung tut also dem ganzen Menschen gut und kann im therapeutischen Zusammenhang viel Gutes bewirken. Wir tun gut daran, unsere zwischenmenschliche sowie „göttliche“ Bindung zu pflegen. Auch wenn noch nicht alle Wechselwirkungen der Bindungsbeziehung zu Gott mit anderen Faktoren in der therapeutischen Arbeit untersucht sind, ist sie eines mit Sicherheit in der Psychotherapie nicht: irrelevant.
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Diese wissenschaftliche Umfrage zu religiöser und zwischenmenschlicher Bindung wird durchgeführt von der Arbeitsgruppe für Empirische Religionsforschung (AGER) der Universität Bern (Hauptverantwortliche Ansprechpartnerin: Dr.phil. Sonja Friedrich-Killinger).
Testen Sie Ihren Bindungsstil. Machen Sie mit bei der Online-Studie und erfahren Sie Ihren persönlichen Bindungsstil! Ziel der Studie ist es, den deutschsprachigen Fragebogen der „Bindungsbeziehung zu Gott“ weiter zu optimieren. Es gilt interessante Fragen aus unterschiedlichsten Bereichen der religiösen und zwischen-menschlichen Erfahrung zu beantworten. Nehmen Sie an dieser spannenden Entdeckungsreise teil unter:
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Dr. phil. Sonja Friedrich-Killinger Promotion an der Universität Jena, Mitglied der Arbeitsgruppe für Empirische Religionsforschung (AGER, Universität Bern), Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) mit Zusatzqualifikation für Kinder und Jugendliche – in eigener Praxis tätig.
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Imp u l s
Vergebung. Eine vergessene Tugend. In einer Kultur der Anklage. von Prof. Dr. Gerhard Maier
Unsere Zeit ist eine Zeit der Hochkon- der Öffentlichkeit hinausgedrängt. Das junktur verschiedenster „Kulturen“. Weil eigene Fehlverhalten der Kirchen fordert wir keine allgemeine Kultur mehr haben, allerdings solche Reaktionen und Anklagen sind unzählige Einzelkulturen entstan- geradezu heraus. den: „Kultur des Streitens“, „Kultur des Friedens“, „Kultur des Gesprächs“, „Kultur des Hinsehens“ usw. In unserer Zeit gibt es tatsächlich auch so etwas wie eine „Kultur der Anklage“. Meines Erachtens beginnt sie im pädagogischen Bereich. Die Erziehung hat sich jahrzehntelang auf die Rechte des Einzelnen, aber weniger auf seine Pflichten und die notwendige Solidarität der Gemeinschaft konzentriert. Ich-Stärke und oppositionelles Verhalten waren Leitsterne der Erziehung, Individualisierung und Egozentrik ihr Ergebnis. Zu Eine Verfestigung der „Kultur der Anklage“ den Ergebnissen zählt leider auch die kann man auch im gesamten politischen Annahme eines Rechts, die Schuld zuerst Bereich beobachten. In der jüngeren Verbei anderen zu suchen, und sie unter An- gangenheit ist das am Umgang mit Thilo klage stellen zu dürfen. Die Gesellschaft Sarrazin besonders anschaulich geworden. befindet sich auf dem Weg einer ständigen In wenigen Tagen vermischten sich beSuche nach Sündenböcken. Passiert irgend- rechtigte und unberechtigte Anklagen zu wo ein Amoklauf, geschieht irgendwo eine einem erdrückenden Konglomerat. Die Überflutung oder ein Erdbeben, kommt un- Frankfurter Allgemeine Zeitung fühlte weigerlich die Frage: Wer, welcher Mensch sich veranlasst, die Frage nach der Meiund welche menschliche Institution trägt nungsfreiheit in unserem Staat zu stellen. Umso auffälliger ist das Fehlen einer daran Schuld oder Mitschuld? Im gesellschaftlichen Bereich verfes- „Kultur der Vergebung“. Das letzte größere tigt sich diese „Kultur der Anklage“. Wie Ereignis, in dem die Vergebung eine Rolle andere moralische Instanzen sind etwa die spielte, war meiner Erinnerung nach die Kirchen unter Dauerfeuer. Ihr Recht auf Ermordung dreier Christen unter scheußdie Entwicklung eigener, glaubensgemässer lichen Umständen im türkischen Malatiya. Ordnungen wird in Zweifel gezogen, ob- Dort sprach die Frau eines der Ermordeten wohl es im Grundgesetz und in der Lan- öffentlich aus, dass sie den Mördern vergebe. desverfassung garantiert ist. Das Kruzifix, Aber wo wird Vergebung im öffentlichen zugleich Symbol einer Jahrtausende alten Leben unseres Landes ausgesprochen und Geschichte und Kultur, wird aus dem Raum praktiziert? Und wo geschieht sie unter uns
Umso auffälliger ist das Fehlen einer „Kultur der Vergebung“.
im persönlichen Bereich? Insofern legt es sich nahe, von einer vergessenen Tugend zu sprechen. Der christliche Ausgangspunkt der Vergebung liegt bei der Vergebung, die Gott dem sündigen Menschen schenkt. Bei ihm allein ist die Vergebung aus reiner Liebe, ohne den Gedanken der Kompensation oder des menschlichen Verdienstes. Diese göttliche Vergebung soll unser Leben so tief verändern, dass es wieder neu beginnen kann. Zugleich hat diese göttliche Vergebung eine feste Basis, von der aus sie in unser Menschenleben hineinwirkt. Sie ist nicht nur ein punktuelles oder gar „zufälliges“ Ereignis. Die feste Basis besteht in der Erlösung, die Jesus Christus gebracht hat und die unsere Sünden wieder beseitigte: „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden“, sagt eine Kernstelle im Neuen Testament (Epheser 1,7).
Es ist nach dem Zusammenhang des Neuen Testaments, aber auch vom Charakter der Vergebung her klar, dass sie niemandem aufgedrängt wird. Sie kann nur im Vertrauen auf Gottes Zusage gesucht und angenommen werden. Klar ist dann auch, dass in dieser christlichen Sicht die Vergebung beim Einzelnen ansetzt. Sie kann nicht einfach kollektiv ausgesprochen werden. Auch dort, wo einer ganzen Gemeinde oder einer Gruppe von Menschen Vergebung zugesprochen wird, bleibt immer noch die Frage, wie der Einzelne in der Gemeinde oder Gruppe damit umgeht. Höchst anschaulich kommt dies in der Abendmahls-Liturgie zum Ausdruck.
Vergebu n g
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In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden.
Foto: krockenmitte / photocase.de
Epheser 1,7
Obwohl die ganze Gemeinde am Abend- öffentlichen Leben, das uns an die Exismahl teilnimmt, spricht doch jeder für tenz Gottes erinnert und zugleich unsere sich das Schuldbekenntnis. Jeder geht für Verantwortung vor Gott bewusst macht. seine Person, um Brot und Wein, gleich Jeder Einzelne, der unter den geLeib und Blut Christi zu empfangen, und genwärtigen Verhältnissen lebt, ist auf jeder empfängt von diesen Elementen etwas, allen Gebieten herausgefordert, selbst was keiner in der Welt jemals empfangen Vergebung zu üben. Das macht eine ökohat oder empfangen wird. nomisch und ökologisch, ja insgesamt Die Vergebung wird ferner charak- rational durchdachte Handlungsweise keiterisiert durch eine besondere Gewissheit. neswegs überflüssig. Vergebung geschieht Zitiert sei noch einmal das alte Konfirman- ja gerade mitten in diesen Lebensverhältdenbuch der Württembergischen Kirche nissen und nicht außerhalb auf einem exo(Nr. 54): „Durch sein Wort ruft der Heiland uns tischen Kontinent. Derselbe Mensch, der Sünder in sein Reich und schenkt uns die Verge- Vergebung üben kann, muss ja ständig die bung. Allen Verlorenen hat er versprochen: Wer Kosten seines „Turmbaus“ (seines Verhalzu mir kommt, den werde ich nicht hinaus stoßen tens) verantwortungsbewusst kalkulieren (Joh. 6,37). Unter Umständen kann die von (Lukas 14,27 – 29). Dennoch muss sich Gott geschenkte Vergebung auf den gesell- der Einzelne auch immer wieder der Frage schaftlichen und politischen Bereich stellen: Wann habe ich das letzte Mal übergreifen. Zwar wird sie dadurch keine vergeben? Vergebung eignet sich nicht „Tugend“ im Sinn der antiken Tugendlehre, dazu, ununterbrochen ausgesprochen und aber ein Gegenpol zu einer Kultur der „gewährt“ zu werden. Bitte keine Inflation Anklage, und damit zum möglichen An- der Vergebung! satzpunkt einer „Kultur der Vergebung“. Eine letzte Erwägung: Wo man VergeDabei werden einige Punkte relevant sein: bung auch in das wirtschaftliche, politische Vergebung, die eventuell einer Kultur und gesellschaftliche Verhalten einbezieht, der Vergebung entspricht, wird niemals ist dies Ausdruck eines ganz bestimmten ihren religiösen Ausgangspunkt vergessen. Menschenbildes. Hier wird dann ernst Sie bleibt insofern ein Ausrufezeichen im gemacht mit der Erkenntnis, dass wir alle
Sünder sind. „Der gute Mensch“ als Idealbild einer Ideologie oder Weltanschauung muss hier der menschlichen Realität weichen, die sich in den Worten zusammenfassen lässt: Wir sind im höchsten Maß geliebte Menschen – nämlich von Gott geliebt – aber nach unserer Erkenntnis zugleich sündige Menschen, die auf Vergebung angewiesen sind.
Prof. Dr. Gerhard Maier von 2001 bis 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er war Prälat in Ulm und Studienleiter des Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen. Außerdem ist er ist Autor vieler wegweisender Bücher und einschlägiger theologischer Fachliteratur. Derzeit Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee/ Leuven (Belgien).
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Anthropozentrische und theozentrische Spiritualität. Eine psychologische Studie. von Prof. Dr. Romuald Jaworski
Vo r b e m e r k u n g : Der vorliegende Text wurde aus dem Polnischen übersetzt und sprachlich so weit wie möglich überarbeitet. Er enthält einen interessanten empirischen Ansatz zum Thema anthropozentrische und theozentrische Spiritualität. Es handelt sich hierbei um einen Versuch unserer polnischen Kollegen mit entsprechenden Fragebögen die Effektivität christlichspiritueller Erfahrungen zu belegen und stellt somit einen interessanten Diskussionsbeitrag dar.
Neben der Suche nach oberflächlichem Vergnügen und der Sorge um materielle Sicherung haben viele Menschen geistige Bedürfnisse. Viele von ihnen suchen bei der Entwicklung ihres geistlichen Lebens nach Antworten auf Fragen nach dem Sinn und Zweck ihres Daseins bei Wahrsagerinnen, in Horoskopen oder im Okkultismus. Auch in der Psychologie wird immer häufiger von der geistigen Dimension des Menschen und von dem Bedürfnis nach geistiger Weiterentwicklung geredet. H. G. Koenig weist auf die Tatsache hin, dass in schwierigen Situationen die Menschen sehr oft Hilfe in der Religion finden. Religiöse Spiritualität ist im Kampf gegen Depression, Selbstmordgedanken, Ängste und Süchte eine wertvolle Hilfe. Die Forschungsergebnisse scheinen die These zu bestätigen, dass das religiöse Engagement einen guten Einfluss auf die psychische Gesundheit hat. Heutzutage ist eine Vielfalt unterschiedlicher Formen geistigen Lebens zu beobachten. A. Matanic verweist auf unterschiedliche Kriterien, mit deren Hilfe sich spezifische Arten der Spiritualität unterscheiden lassen: ethnischgeographische
(z. B. polnische, französische, deutsche, usw. Spiritualität), dogmatische (z. B. marianische, christozentrische Spiritualität), asketisch – praktische (z. B. Spiritualität der Liebe, apostolische Spiritualität), anthropologische oder psychologische (z. B. emotionale Spiritualität, Spiritualität der Kinder und Jugendlichen, Spiritualität der Frauen), Standesunterschiede und Berufe (z. B. Ordensspiritualität, Spiritualität der Laienbrüder, der Ärzte, der Arbeiter), historisch – chronologische (z. B. barocke Spiritualität), Ordensfamilien und Institute des geweihten Lebens (z. B. karmelitische oder ignatianische Spiritualität). Ohne auf die detaillierten Unterscheidungen einzugehen, möchte ich nachfolgend spezielle Ausprägungen der psychologischen und theologischen Interpretation der Spiritualität darstellen. Psychologische Interpretation der Spiritualität
Eine traditionelle psychologische Auffassung der geistigen Sphäre ist charakterisiert durch den Reduktionismus auf psychische Erlebnisse oder gar auf biologische Prozesse. Dieser Tendenz lassen sich verschiedene Aussagen von S. Freud, A. Maslow, G. W. Allport, E. Fromm zuordnen. Auch auf polnischer Seite gibt es Autoren, die sich damit beschäftigen: J. Santorski, K. Wisniewska-Roszkowska, J. Kozielecki, P. Socha. Eine Gegenposition zu diesem Reduktionismus ist die Position V. E. Frankls und die Weiterentwicklung seiner Ideen in Polen durch K. Popielski. Auch das Engagement der christlichen
Psychologen, die integrative Hilfe für Menschen anbieten, betont die Besonderheit der geistigen Erfahrungen und die Unmöglichkeit, sie auf die psychischen und physiologischen Prozesse zu reduzieren. Um diese Positionen, die die psychologische Interpretation der Spiritualität betreffen, zu veranschaulichen, sollen die Ansichten von Abraham Maslow und Viktor E. Frankl im Besonderen dargestellt werden: Um die geistige Sphäre des Menschen zu schildern, benutzt A. H. Maslow die Begriffe „Selbstverwirklichung“, „höhere Bedürfnisse“ und „Wachstumsmotivation“. Im Sinne der Selbstverwirklichung sollen die verborgenen und ungenutzten Möglichkeiten aktiviert werden. Die Theorie A. H. Maslows ist eine der ausgereiftesten Konzeptionen der geistigen Entwicklung des Menschen. Diese geistige Entwicklung ist mit dem intensiven Erleben von Freude über die Entfaltung von Optimismus und Höflichkeit den anderen gegenüber bis zu den „Gipfelerlebnissen“ (peak experiences) verbunden. Die Ansichten Maslows fügen sich gut in die grundlegende Tendenz der amerikanischen Psychologie ein. Die American Psychological Association führt die Spiritualität (spirituality) auf die Problematik des Wohlbefindens und des Wohlstandes (wellbeing) zurück. Laut dieser Konzeption strebt der Mensch nach Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse, indem er sich in den Bereichen Kunst, Meditation und Religion engagiert. Manche setzen jedoch die Spiritualität mit religiösem Erleben gleich.
Foto: Pierre Iglesias / pheebs / gennadi+ / GabiPott / tilla eulenspiegel / photocase.de
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Eine psychologische Studie
V. E. Frankl unterscheidet drei Sphären in der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen: leibliche, psychische und geistige. Nach seiner Ansicht können physische, psychische und geistige Phänome auf einem unterschiedlichen Bewusstseinsniveau auftauchen. Der Autor setzt sich mit den Ansätzen der Psychoanalytiker kritisch auseinander, vor allem mit S. Freud, der behauptet, Spiritualität sei „Anatomisiert“ und durch Triebhaftigkeit kausal determiniert. Frankl ist mit den Ansichten von H. Benziger (aus der Schule C. G. Jungs), der die Existenz eines religiösen Triebes analog zum Geschlechtstrieb annimmt, nicht einverstanden. V. E. Frankl äußert sich gegenüber diesen Ansichten kritisch und konfrontiert sie mit einer existentiellen Analyse der Psychoanalyse. Er postuliert, dass beim Menschen neben dem Bereich der Psyche auch noch eine geistige Dimension existiert. In der geistigen Sphäre fallen die grossen tatsächlich existentiellen Entscheidungen. Der Autor der Logotherapie behauptet, dass man aufgrund der existentiellen Analyse innerhalb der unbewussten Spiritualität des Menschen eine unbewusste Religiosität entdecken kann: den unbewußten Gottesbezug.
Foto: jala / lorepx / LarsZahner / kemai / photocase.de
Theologische Interpretationen der Spiritualität
Sowohl die theologische Reflexion in den wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Abhandlungen der Hochschulen als auch Praktiken in Sonntagsgottesdiensten und in den Strömungen der charismatischen Erneuerungen der katholischen Kirche weisen eine enorme Vielfalt und Unterschiedlichkeit auf. Was sie verbindet, ist die Bindung der Spiritualität an die übernatürliche Sphäre und die Stellung Gottes im Mittelpunkt aller Erlebnisse und Handlungen. In den unterschiedlichen theologischen Interpretationen von Spiritualität wäre es ratsam, diese Ansichten zu beachten und zu erkennen, dass sie mit der Psychologie korrespondieren. Der Begriff „Spiritualität“ wird als Synonym für die Bezeichnung „das in-
nere Leben“ bzw. „das geistige Leben“ gebraucht. M. Chmielewski versucht diese Begriffe folgendermaßen zu ordnen: […] als das innere Leben verstehen wir die ganze psychoemotionale, kognitive Aktivität des Menschen, die, obwohl sie immer mit seiner äußeren Aktivität untrennbar verbunden ist, immer den Mittelpunkt seiner Persönlichkeit bildet. Jeder Mensch, da er ein freies und rationales Wesen ist, hat also ein inneres Leben, das wir von der äußeren Aktivität als sekundär zur inneren Welt einer Person intuitiv unterscheiden. Wenn das innere Leben auf die außersinnliche Realität trifft und auf besondere Weise den persönlichen Bereich eines Menschen prägt, kann man von Spiritualität sprechen. Sehr oft hat dieser Bezug religiösen Charakter, in diesem Fall nennt man es religiöse Spiritualität. Das bedeutet, dass auch eine nicht-religiöse Spiritualität existieren kann. Zur Charakterisierung wird die Spiritualität meistens durch ein Adjektiv näher erläutert, z. B.: fernöstliche Spiritualität, mittelalterliche, gegenwärtige, christliche etc. Grundlage für die Charakterisierung der Letzteren, also der christlichen Spiritualität, ist ihr Bezug auf Jesus Christus. Anders ausgedrückt: die allgemeine Spiritualität fügt sich in das innere Lebenskonzept ein. Eine spezielle Ausprägung ist jedoch die christliche Spiritualität. K. Wojtyla schreibt, dass eine Person ein rationales Individuum ist und sich als ein Subjekt von den höchstentwickelten Tieren durch sein inneres Leben unterscheidet. Dieses innere Leben, das geistige Leben, konzentriert sich auf die Wahrheit und das Gute. Eines der zentralen Punkte des inneren Lebens ist die Frage nach dem endgültigen absoluten Ursprung und wie man ein guter Mensch werden kann, um Vollkommenheit zu erreichen. Das zweite vatikanische Konzil sagt, wie wichtig die Betrachtung von Spiritualität aus der Sicht des christlichen Glaubens ist. Diese Spiritualität ist einzigartig und muss unverändert bleiben, auch wenn sie eine Vielfalt in Bezug auf die verschiedenen Gaben des Heiligen Geistes beinhaltet.
Konzeption einer theozentrischen bzw. anthropozentrischen Spiritualität
Psychologen und Theologen äußern sich zum Thema Spiritualität sehr unterschiedlich, vor allem über die Auswirkungen auf das Befinden der Menschen. Viele Menschen haben schädliche Auswirkungen durch Esoterik und New Age zu spüren bekommen, bis hin zum Verlust ihrer Familien und im Extremfall ihrer Persönlichkeit. Ein wesentliches Kriterium für die Unterscheidung von gesunder Spiritualität und krankmachender Spiritualität besteht in ihrer jeweiligen Zielsetzung. Bei den Forschungen im Bereich Religionspsychologie, die an der Kardinal-Stefan-WyszynskiUniversität durchgeführt wurden, konnten zwei Typen der Spiritualität unterschieden werden: Theozentrische Spiritualität, in der der Mensch Gott in den Mittelpunkt seines Lebens und seines Interesses stellt. Der andere Typ ist die anthropozentrische Spiritualität, die sich auf den Menschen, seine eigenen Bestrebungen, Neigungen und Bedürfnisse konzentriert. Die theozentrische Spiritualität ist eine Spiritualität, in der sich der Mensch auf Gott und seine Gnade konzentriert. Er wird durch seine Überzeugung und Gottes Offenbarung inspiriert, dass er als Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Durch Gebet, Nachdenken über das Wort Gottes, Teilnahme am kirchlichen Leben, Respektieren der Bedürfnisse anderer, strebt der Mensch vor allem nach Erlösung und nach Vereinigung mit Gott. Bei seiner geistlichen Entwicklung im Sinne der Wiedererlangung der Gottebenbildlichkeit beachtet er die geistigen Werte, die im Bereich des religiösen, intellektuellem, emotionalen und kulturellen Leben existieren. Diese Werte sind zum Beispiel: Güte, Schönheit, Liebe, Gerechtigkeit. Dabei stützt er sich auf die Gnade Gottes und versucht den Willen Gottes zu erkennen und zu erfüllen. Die anthropozentrische Spiritualität ist eine Spiritualität, in der sich der Mensch durch ein Bedürfnis nach persönlicher
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Kriterien zur Unterscheidung der Spiritualität
Anthropozentrische Spiritualität (AS)
Quelle
1. Offenbarung Gottes 2. Berufung des Menschen von Gott, und seine Gottesebenbildlichkeit 3. Empfang des Heils durch Bekehrung und Taufe
1. 2.
Gottesbild
1. Gott als Person 2. Wahrheit über die Heilige Dreifaltigkeit
1. Gott als unpersönliche Kraft, Energie. 2. Gott als Symbol dafür, was der Mensch werden soll.
Art der Realisierung
Theozentrische Spiritualität (TS)
1. Buße und Bekehrung 2. Gebet • Meditation als Vorbereitung auf Gottes Wirken • Kontemplatives Gebet als Gabe Gottes • Schaffen einer persönlichen Bindung zwischen Gott und Mensch 3. Wirkung der Gnade Gottes 4. Erfüllung mit dem Heiligen Geist 5. Nachahmung des Lebens von Christus und den Heiligen 6. Lesen des Wortes Gottes 7. Gewissensforschung 8. Gebet und Teilnahme am kirchlichen Leben 9. Zentrale Stellung Gottes im Leben • Erkennen seines Willens • Wahrheit, Schönheit, Liebe und Gerechtig keit auf Gott beziehen • Unterordnung der materiellen Güter sowie des intellektuellen, emotionalen und kulturellen Lebens mit dem Ziel: • Befreiung des Geistes von untergeordneten Bindungen • Streben nach Gottvertrauen 10. Nächstenliebe • Zeugnis vom eigenen Glauben geben, Weitergabe des Glaubens • Hilfsbereitschaft und Kooperationsbereit schaft mit Anderen 11. Leben und Engagement in Gemeinschaft mit Kirche und Gemeinde
1. Erkennen der mentalen Möglichkeiten und Stärken um sein Leben zu gestalten 2. Meditation als: • Konzentration zur Erreichung des Nirwanas • Aufmerksamkeitsübung • Art der Entspannung und Konzentration • Bestreben das eigene „Ich“ zu erkennen. 3. Eigene Anstrengung 4. Stimulanzien, Genussmittel, leibliche Techniken, Techniken zur mentalen Stärkung und Bewusst seinsveränderung bzw. -erweiterung 5. Umgang mit förderlichen Personen 6. Auswahl entsprechender Literatur 7. Selbstkontrolle und planmäßiges Handeln • Tages- und Lebensplanung • Techniken und Autosuggestion und Visualisierung 8. Selbstbezogenheit • Suche nach ästhetischen Empfindungen • Sorge um Wert und Würde der eigenen Person • Einhaltung bestimmter Regeln • Beständigkeit des Verhaltens • Moralische Vervollkommung mittels eigener Kräfte • Stärkung des eigenen Willens • Ausführung ethisch wertvoller Handlungen • Versuche, sich selbst seinen Platz in der Welt, das eigene Potenzial und eigene Grenzen zu verstehen • Verwirklichung der geistigen, intellektuellen, emotionalen und kulturellen Entwicklung ohne Bezug auf Gott • Verwirklichung eigener potentieller Möglichkeiten 9. Gute Taten
1. Vereinigung mit Gott 2. Erlösung und das ewige Leben 3. Vollkommenheit und Heiligkeit
1. 2. 3.
Ziel
Bedürfnis nach Entwicklung, Selbstverwirklichung, Zielperspektiven und Ideale Bedürfnis sich für etwas größeres als der Mensch zu engagieren/Transpersonale Psychologie
Verwirklichung eigener Ideale und Bedürfnisse Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit Verbindung mit der kosmischen Realität und Erleben von Einheit mit an deren Existenzen/ New Age Philosophie
Um in der Praxis zwei Arten der Spiritualität zu unterscheiden, anthropologische und theozentrische, wurde eine Forschungsmethode geschaffen: Die Skala der theozentrischen und anthropozentrischen Spiritualität (STS – SAS, siehe Anhang dieses Artikels).
Eine psychologische Studie
Weiterentwicklung und Selbstverwirklichung motiviert, sich auf sich selbst konzentriert, durch eigenes Bestreben und Bemühen Werte wie zum Beispiel Güte, Liebe und Schönheit zu erwerben. Dies geschieht durch Meditation, die als eine Art Entspannung und Konzentration verstanden wird, als auch durch verschiedene körperliche Übungen, Techniken zur Steigerung mentaler Kräfte, erkennen der Potentiale und Grenzen der eigenen Möglichkeiten, Weiterentwicklung durch Wille, moralische Lebensführung, Erkennen von Wert und Würde der eigenen Person, Beschäftigung mit hilfreicher Lektüre und Umgang mit den Menschen, die zur Erreichung der persönlichen Ziele förderlich sind, streben nach Selbstverwirklichung und Realisierung der selbst gewählten Ideale. Beide Typen der Spiritualität haben ihre Berechtigung. Um sie jedoch besser charakterisieren zu können, müssen wir einen Blick auf die Quellen der Inspiration, die Ziele, das zugrundeliegende Gottesbild, als auch auf das Verständnis der Spiritualität und die Gestaltung des geistlichen Lebens werfen. In Tabelle 1 werden die charakteristischen Merkmale der theozentrischen und anthropozentrischen Spiritualität dargestellt. Empirische Forschung über anthropozentrische und theozentrische Spiritualität
Die Ergebnisse der Forschungen die von M. Koczwara, die an 126 Studenten durchgeführt wurden, ergaben eine Gruppe von hoher theozentrischer (TS) und niedriger anthropozentrischer Spiritualität (AS), als auch eine Gruppe von hoher anthropozentrischer (AS) und niedriger theozentrischer (TS) Spiritualität. Sie unterscheiden sich im Wertesystem (nach Rokeach Value Survey (Werteskala von Rokeach)) und ließen sich danach charakterisieren. Die Werte für theozentrische und anthropozentrische Spiritualität, ergaben sich aus der Auswertung der Fragen. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass die Spiritualität der Menschen die Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen,
in höherem Maße mit religiösen Werten, dem Wunsch nach tieferem Kontakt zu Gott, dem Streben nach Vollkommenheit und Heiligkeit, dem Glauben an Gott, aber auch mit der Realisierung moralischer Werte und der Hilfsbereitschaft gegenüber anderen verbunden ist. Die Personen, die sich dagegen auf die geistige Sphäre des Menschen konzentrieren (AS), schätzen und realisieren die geistigen und materiellen Werte ebenso. In beiden Gruppen beobachtet man das Streben nach Unabhängigkeit, nach selbstloser Hilfsbereitschaft für andere, nach Gesundheit, nach Existenzsicherung, nach persönlicher Entwicklung, die auf die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten bezogen ist. Die Personen mit theozentrischer Spiritualität schätzen jedoch das religiöse Leben und den Kontakt mit Gott höher und versuchen die materiellen und persönlichen Angelegenheiten dem Streben nach Gott unterzuordnen. Die Untersuchungen von M. Koczwara lassen folgende Schlüsse zu: Die theozentrische Spiritualität und die anthropozentrische Spiritualität funktionieren unabhängig voneinander. Man kann die Personen mit hohen Werten in TS von Personen mit hohen Werten in AS unterscheiden. Diese Personengruppen haben unterschiedliche Wertesysteme. Die Personen die Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen, schätzen die mit dem Gewissen übereinstimmenden Handlungen: Wahrheit, Liebe, anderen Menschen dienen, Opferbereitschaft für das Allgemeinwohl. Sie pflegen den Kontakt mit Gott, das religiöse Leben und sie streben nach Heiligkeit und Erlösung. Personen mit einem hohen Grad an anthropozentrischer Spiritualität bevorzugen mehr als die Personen aus der ersten Gruppe Vergnügen, Reichtum, beruflicher und sozialer Erfolg, Naturverbundenheit, Erkennen und Entwickeln eigener Fähigkeiten und Interessen, Freiheit, Wahlmöglichkeiten, Unabhängigkeit und Souveränität, Lebensweisheit, als auch existenzielle Absicherung und Gesundheitsfürsorge. Sie legen Wert auf die Realisierung materieller Ziele, auf das Kennenlernen der
Welt, sie schätzen die Kommunikation mit anderen, aber auch den sozialen Status sowie Bequemlichkeit und Gesundheit. Sie streben sowohl nach körperlicher Fitness, als auch nach intellektueller Betätigung, wobei das Aussehen für sie durchaus wichtig ist. Neben den materiellen Werten schätzen sie auch das moralisch Gute (mit dem Gewissen übereinstimmende Handlungsweisen) und die Selbstverwirklichung. Der anthropozentrischen Spiritualität sind altruistische Handlungsweisen nicht fremd. Die Analyse der Untersuchungsergebnisse zeigt jedoch, dass diese Spiritualität den Menschen weniger Verbindlichkeiten auferlegt, im Alltag und bei Problemen den eigenen Werten treu zu bleiben. Auch die von K. Zworska durchgeführten Untersuchungen von Personen mit unterschiedlichen Typen und Arten der Spiritualität haben gezeigt, dass das geistige Leben für die Integrität der Persönlichkeit bedeutend ist. Die Untersuchungen umfassten 120 Erwachsene (vor allem Studenten). Bei diesen Untersuchungen wurden neben der Skala der theozentrischen und anthropozentrischen Spiritualität auch das Adjective Check List Verfahren und der 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test (16PF) angewendet. In einer statistischen Analyse wurden die Ergebnisse ausgewertet und verglichen: 1 TS – hohe Werte bezüglich der Ergeb-
nisse bei der theozentrischen Spiritualität und niedrige bei anthropozentrischen. 2 AS – niedrige Werte bei der theozentrischen Spiritualität und hohe bei der anthropozentrischen. 3 K – Kontrollgruppe: Personen, die niedrige Werte sowohl in der theozentrischen als auch in der anthropozentrischen Gruppe erzielt haben. Dabei handelt es sich um Personen mit niedrigem Interesse an Spiritualität. Bei Personen mit theozentrischer Spiritualität wurde ein höheres Niveau an Stabilität und emotionaler Ausgeglichenheit, bessere soziale Anpassung, stärkeres Pflichtgefühl und Bindung an soziale
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Normen, tiefere und zufriedenstellendere Kontakte mit anderen Menschen, höheres Vertrauen und mehr Offenheit gegenüber anderen Personen, sowie ein höheres Vertrauen zu sich und zu Gott festgestellt. Diese Personen kommen mit den Widrigkeiten und Herausforderungen des Lebens besser zurecht und haben eine positivere Lebenseinstellung. Nach Auswertung der Untersuchungen über verschiedene Arten von Spiritualität kann mit Blick auf Schwierigkeiten bezüglich der Realisierung von Zielen, die mit dem Wertesystem in Verbindung stehen, die Schlussfolgerung gezogen werden, dass bei der Bewältigung von Krisen die anthropozentrische Spiritualität weniger hilfreich ist, als die theozentrische. Die Ergebnisse zeigen, je mehr sich die Spiritualität auf Gott richtet, desto besser gelingt die Bewältigung von Schwierigkeiten und desto höher ist die Fähigkeit konstruktive Strategien zur Krisen- und Konfliktbewältigung zu entwickeln. Aufgrund der Studien kann ferner behauptet werden, dass Personen mit hoher theozentrischer Spiritualität zentrale Werte und Ideale in ihrem Leben akzeptieren und realisieren, wie: Glaube an Gott (Religion, Erlösung), geistige Entwicklung (Vertiefen des Kontakts mit Gott, Streben nach Vollkommenheit und Heiligkeit) und Liebe. Andere Aspekte werden niedriger bewertet, woraus man folgern kann, dass sie den oben genannten Werten untergeordnet sind. Ein Mensch der sein Vertrauen auf Gott setzt und ihn in sein Leben einlädt, ihm in Freud und Leid vertraut, kommt besser mit Krisen und Schwierigkeiten zurecht. Die Pflege der theozentrischen Spiritualität ist eine starke Ressource für die seelische Gesundheit und ein angemessenes psychosoziales Verhalten. Im Hinblick auf die unterschiedlichen geistigen Strömungen in der heutigen Zeit scheint die Ermunterung des Evangelisten Johannes aktueller als je zuvor zu sein: Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister (1. Joh 4,1). Auch der Apostel Paulus schreibt: Prüfet alles, das Gute behaltet (1. Thess 5,21). Es ist also ratsam, einerseits den Respekt und
andererseits Vorsicht und Distanz im Blick auf die unterschiedlichen Modelle der anthropologischen Spiritualität zu wahren. Fußnoten 1 H.G. , Research on religion, spirituality and mental health: A review. Canadian Journal of Psychiatry, 54 (2009), Seite 283 – 297.
Vgl. A. Matanić, Duchowość chrystocentryczna braterstwa franciszkańskiego, Studia Franziskańskie 1/1984, Poznań, Vgl. auch: J. W. Gogola, OCD Teologiakomunii z Bogiem. Krakow: Wyd. Karmelitow Bosych 2001, Seite 20. 2
Vgl. A. Maslow, W stronę psychologii istnienia, Poznań: Rebis, 2004 3
V. E. Frankl, Nieuświadomiony Bog. Warszawa: Instytut Wydawniczy PAX 1978. 4
5 6
Die Skala beinhaltet Aussagen, die eine bedeutende Dimension der menschlichen Existenz, d. h. Spiritualität betreffen. Bestimmen Sie, in welchem Grad die Sätze in der Skala mit ihrer Gesinnung und ihrem Verhalten übereinstimmen. Nachdem Sie jeden Satz gelesen haben, antworten Sie, inwieweit Sie mit seinem Inhalt einverstanden oder nicht einverstanden sind. Bewerten Sie nach der vorliegenden Skala:
Ebda, Seite 56
M. Chmielewski, Sto jeden pytań o žycie duchowe. Lublin: Verlag „Polihymnia“ 1999, Seite 11 – 12. 7
Fragebogen zur theozentrischen und anthropozentrischen Spiritualität (TS – AS)
7 Ich bin völlig einverstanden. 6 Ich bin einverstanden.
Vgl. K. Wojtyla, Milość i odpowiedzialność. Lublin: Wyd. TN KUL 1986, Seite 24 – 25.
5 Ich bin eher einverstanden.
Vgl. R. Jaworski, M. Koczwara, Duchowość theocentryczna i antropocentryczna. Refleksja Psychologiczna. Studia Plockie T. XXXIX 2011, Seite 165 – 182.
3 Ich bin eher nicht einverstanden.
8
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M. Koczwara, Preferencje wartości u osob z duchowością theocentyczną iantropocentryzcną. Eine nicht veröffentlichte Magisterarbeit unter der Leitung von R. Jaworski. UKSW Archiv. Warszawa 2002.
Vgl. K. Zworska, Specyfika osobowości u osob o roznym typie duchowości. Eine nicht veröffentlichte Magisterarbeit unter der Leitung von R. Jaworski. UKSW Archiv, Warszawa 2007. 10
4 Ich kann mich nicht entscheiden. 2 Ich bin nicht einverstanden. 1 Ich bin gar nicht einverstanden.
Versuchen Sie ehrlich und in Übereinstimmung mit Ihrer eigenen Gesinnung zu antworten. Bewerten Sie alle Sätze und prüfen Sie, ob Sie keine ausgelassen haben. • Alternativ für Protestanten:
In meinem Leben nehme ich die Person Jesu und anderer biblischer Gestalten zum Vorbild. •• Alternativ für Protestanten:
Die Teilnahme am Gemeindeleben ist ein wichtiges Merkmal meiner Religiosität. Schlüssel: Prof. Dr. Romuald Jaworski ist katholischer Pfarrer, Professor, Psychologe und Psychotherapeut, Gründer und Supervisor der Gesellschaft für Christliche Psychologen in Warschau. Leiter des Lehrstuhls für Religionspsychologie an der Kardinal WyszyńskiUniversität in Warschau, Priester der Diözese Plock in Polen. Langjähriger Leiter eines Priesterseminares, Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen im Bereich von Psychologie und Glaube.
TS umfasst die folgenden Fragen:
Mitglied im wissenschaftlichen Beirat (de’ignis-Institut).
Die Sätze Nr. 21 und 35 sind Pufferfragen (Ablenkungsfragen).
1, 4, 5, 8, 10, 11, 13, 16, 17, 20, 22, 25, 26, 28, 30, 31, 33, 37, 38, 41 AS umfasst die folgenden Fragen:
2, 3, 6, 7, 9, 12, 14, 15, 18, 19, 23, 24, 27, 29, 32, 34, 36, 39, 40, 42
Eine psychologische Studie
Fragebogen zur theozentrischen und anthropozentrischen Spiritualität (TS – AS)
1
Das Streben nach Vereinigung mit Gott ist das Hauptziel meines Lebens.
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2
Ich entwickle mein eigenes Gottesbild.
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3
Ich strebe nach Wert und Würde bezüglich meiner Person.
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4
Ich will, dass sich der Wille Gottes in meinem Leben erfüllt.
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5
In meinem Leben nehme ich die Person Jesu und Maria zum Vorbild.•
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6
Den anderen zu helfen, bereitet mir große Zufriedenheit.
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7
Dank verschiedener Techniken, z. B. Relaxation, Konzentration versuche ich meine Möglichkeiten zu maximalisieren.
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8
Aus Liebe zu Gott bin ich imstande, auf Vergnügen und Bequemlichkeiten zu verzichten.
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9
Ich strebe nach Augenblicken der Reflexion über mein Verhalten.
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10 Ich glaube, dass ich als Gottes Ebenbild geschaffen bin.
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11 Die Liebe Gottes inspiriert mich, den anderen Menschen zu helfen.
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12 Ich halte mich für den Gestalter des eigenen Lebens.
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Ich betrachte Gebet als ein Treffen mit dem persönlichen Gott.
14 Ich strebe konsequent nach der Realisierung eigener Vorsätze.
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15 Ich versuche mir und Anderen gegenüber ehrlich zu sein.
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16 Durch Bekehrung und Buße kann ich mein Leben verbessern.
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17 Ich versuche ein Zeuge Gottes in meiner Umgebung zu sein.
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18 Selbsterkenntnis führt zur Veränderung des Lebens.
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19 Bevor ich eine Entscheidung treffe, überlege ich, was für mich wertvoller und verlockender ist.
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20 Das sakramentale Leben in der Kirchengemeinschaft ist ein wichtiges Merkmal meiner Religiosität.
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21 Materielle Sicherheit für mich und meine Familie ist für mich von größter Bedeutung.
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22 Der Glaube an Gott hilft mir die Welt um mich herum zu verstehen.
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••
Ich suche nach ästhetischen Eindrücken in Theater, in Poesie und Musik.
24 Das Empfinden der menschlichen Schönheit stimuliert meine geistige Entwicklung.
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25 Ich bin überzeugt, dass Gott sich um mich kümmert.
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26 Im Alltag versuche ich mich nach den Regeln des Evangeliums zu richten.
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27 Der Kontakt zu wertvollen Menschen motiviert mich zur Arbeit an mir selbst.
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28 In den Momenten des Misserfolgs und der Schwäche versuche ich der Barmherzigkeit Gottes zu vertrauen.
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29 Ich betrachte Meditation als eine Übung, die Aufmerksamkeit und Bewusstseinszustände zu kontrollieren.
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30 Ich glaube, dass meine innere Erfahrung mit Gott ein Geschenk ist.
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31 Ich bitte den Heiligen Geist, die notwendigen Gaben an mich zu verteilen.
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32 Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit bilden das Ziel meines Lebens.
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Meine geistige Entwicklung ist auf den Zusammenhang mit der Gnade Gottes bezogen.
34 Ich übe meine Geduld und Selbstkontrolle.
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35 Ich versuche ein Maximum an Zufriedenheit und Vergnügen im Leben zu haben.
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36 Ich entwickle eine Empfindsamkeit für menschliche Bedürfnisse.
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37 Ich bin bereit auf eigene Pläne zu verzichten, falls sie mit zu den Geboten Gottes im Widerspruch stehen.
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38 In meinem geistigen Leben spielt die Gewissenserforschung eine wesentliche Rolle.
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39 Ich benutze Meditation, um zur Erkenntnis meines eigenen „Ichs“ zu gelangen.
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40 Bei der Realisierung meiner Lebensziele, zähle ich eher auf mich, als auf Gott.
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41 Das Leben der Heiligen und anderer Vorbilder im Glauben bildet ein Verhaltensmuster für mich.
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42 Ich bin der Ansicht, dass ich durch eigene Anstrengung imstande bin, die geistige Entwicklung zu verbessern.
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T h e o r i e - u n d T he ra pie e n t wic k l u n g
Einführung in die Anthropologie Christlich-integrativer Beratung und Therapie. von Winfried Hahn
Anthropologie in Philosophie und Theologie – kurzer historischer Abriss ( Siehe Anmerkung 1 )
Anthropologie beschäftigt sich mit dem Bild und den Vorstellungen, die wir Menschen uns von uns selbst machen. Damit ist die Anthropologie ein Ausdruck der Eigenschaft des Menschen, über sich selbst und seine Umwelt nachzudenken. Dementsprechend ist sie eines der Hauptthemen in Philosophie und Theologie. Will man die Geschichte der Anthropologie seit der Antike auf ihre Hauptlinien reduzieren, so ragen einige Namen und Begriffe wie die höchsten Gipfel einer Bergkette heraus, die maßgeblich das Denken für Jahrhunderte beeinflusst haben: Plato, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin und der beginnende Humanismus in der Renaissance, die Reformation und die Aufklärung. Augustinus war stark von Plato beeinflusst und räumte dem Universalen, für ihn Gott, absolute Priorität ein. Den Leib sah er als Gefängnis, in das die Seele eingesperrt ist, um gegen die niederen Begierden zu kämpfen. Diese Vorstellungen prägten im Wesentlichen das Mittelalter. Thomas von Aquin, ein herausragender Vertreter der Scholastik am Beginn der Renaissance, stand jedoch stärker unter dem Einfluss der Gedanken von Aristoteles. Er sah den Menschen in seiner Gottebenbildlichkeit. Seiner Ansicht nach war zwar der Wille des Menschen vom Sündenfall betroffen, nicht jedoch sein Intellekt. Eine
Folge dieses Denkens war, dass der Mensch sich gegenüber Gott autonomer empfand. Schließlich gab es ja den Bereich des Verstandes, des Intellekts der unbeeinflusst vom Sündenfall noch der Gottebenbildlichkeit entsprach und somit gottgleich, also autonom war. Diese hohe Wertschätzung des Verstandes als Erkenntnisquelle führte dazu, dass sich Kunst und Wissenschaft eher dem Geschaffenen, der Schöpfung zuwandten, um diese zu erforschen. Für Aristoteles hatte das Geschaffene, Natürliche (im Gegensatz zu Plato) eine höhere Bedeutung. Das Universale, Göttliche, verlor gegenüber der Erforschung des Speziellen an Bedeutung. Der Verstand und die ihm zugänglichen Bereiche, wie z. B. die Natur, rückten zunehmend ins Blickfeld. Eine Folge war, dass sich die Aufteilung der Wissenschaft in einzelne, voneinander geschiedene, spezielle Wissensgebiete, wie wir sie heute kennen, entwickelte. Im Bereich der Theologie führte diese Wertschätzung des Verstandes, wie oben schon ausgeführt, zu der Vorstellung, der Mensch sei immer noch, trotz Sündenfall, Gottes Ebenbild und könne durch die Betätigung seines Verstandes in dieser Gottebenbildlichkeit weiter voranschreiten. Demgegenüber betonten die Reformatoren stärker die Erlösungsbedürftigkeit und Sündhaftigkeit des Menschen. War das Mittelalter also stärker geprägt von Plato und Augustinus, die beginnende Renaissance mehr von Aristoteles und Thomas von Aquin so geschah in der Reformation
über Luthers Grundsatz „sola scriptura“ die Hinwendung ausschließlich zu Aussagen der Heiligen Schrift, und damit rückte die neutestamentliche paulinische Anthropologie, von der später noch die Rede sein wird, in den Focus der Betrachtung. Diese durch die Reformation verbreitete biblische Sichtweise ist weder platonisch und auch nicht vom griechischen Denken beeinflusst. Paulus zog eine sehr deutliche Trennlinie zwischen menschlicher Weisheit, also auch der Philosophie und göttlicher Offenbarung (Kolosser 2,8). Francis Schaeffer schreibt über die neue reformatorische Sichtweise folgendes: „Die Seele ist nicht wichtiger als der Leib. Gott hat den ganzen Menschen geschaffen, und der ganze Mensch ist wichtig. Die Lehre von der leiblichen Auferstehung der Toten ist keine altmodische Sache. Sie sagt uns, dass Gott den ganzen Menschen liebt und der ganze Mensch für Ihn wertvoll ist. Die biblische Lehre steht also der platonischen diametral entgegen, die aus der Seele (dem „Oberen“) etwas sehr wichtiges macht, und den Leib (das „Niedere“) als gänzlich unwesentlich betrachtet.“1
Die Reformation führte zur Aufhebung der platonischen Aufspaltung in Seele und Leib als höher bzw. minderwertige Bereiche. Aus reformatorischer Sicht besteht der Gegensatz, in dem sich der Mensch befindet, nicht im Gegeneinander von Seele und Leib, sondern zwischen Geist und Fleisch, also dem Erlöstsein in Christus und der sündigen Natur des Menschen. In der Aufklärung und im Rationalismus (Descartes: „cogito ergo sum“,
Einführung in die Anthropologie
Spinoza, G. W. Leipnitz, u. a.) setzten sich, in gewisser Abgrenzung zur Reformation, die in der Renaissance erwachten Autonomiebestrebungen fort, indem um die Frage nach der Freiheit, den Grenzen der Freiheit, und der moralischen Verantwortung des Menschen (z. B. Imanuel Kant, Kategorischer bzw. Hypothetischer Imperativ) gerungen wurde. Rousseaus Vorstellung von einem guten Naturzustand des Menschen, der von der Gesellschaft verdorben werde, beeinflusste nicht nur seine Zeitgenossen, sondern wirkte maßgeblich bis in die Neuzeit. (Reformpädagogik, antiautoritäre Erziehung, etc). Die Reduktion auf die Erforschung des Sichtbaren, des verstandesmäßig Erfassbaren und den der Naturwissenschaft zugänglichen Themen, machte es für den Menschen immer schwieriger an eine höhere sinnstiftende Ordnung zu glauben. Mit der Preisgabe der Bibel als verbindliche Quelle göttlicher Wahrheit, entwickelten sich in der Epoche des Idealismus ständig wechselnde Vorstellungen darüber, wie eine sittliche und moralische Vervollkommnung und Weiterentwicklung des Menschen geschehen könne. Hegels Vorstellung einer metaphysisch vorherbestimmten, evolutionären Weiterentwicklung der Menschheit im Sinne einer Dialektik aus These, Antithese und Synthese ist durch den weiteren Verlauf der Weltgeschichte gründlich widerlegt. Bei Hegel, der dem Idealismus zugehörig betrachtet wird, ist der Zusammenhang zwischen Idee und Wirklichkeit noch explizit vorhanden, während Kirkegaard mit seiner revolutionierenden Trennung von Denken und Dasein dem Existentialismus den Weg öffnete. (Siehe Anmerkung 2)
Foto: BeneA / photocase.de
Zwar versucht Kirkegaard mit seinem berühmten „Sprung“ Gott als sinnstiftende Instanz für die menschliche Existenz zu erhalten, was jedoch weder von Sartre („ … die Existenz ist vor der Essenz … “) noch von Albert Camus mitvollzogen wurde. Albert Camus‘ Philosophie gipfelt in der von vielen als absurd empfundenen Vorstellung, der Sinn des Lebens bestehe darin, gegen seine Sinnlosigkeit zu rebellieren, indem
man eben versucht, das Beste aus seinem Leben zu machen, eben zu existieren. Diese pessimistische Sicht des Daseins wird häufig als Nihilismus bezeichnet, der sich schon bei Nietzsche wiederfindet. Dieser sieht die Überwindung des Nihilismus, in den seiner Ansicht nach die christlich abendländische Geistesgeschichte geraten ist, im Willen zur Macht, (im Gegensatz zur christlichen Sklavenmoral) mit dem sich daraus entwickelnden Übermenschen, ein Begriff, den die Nationalsozialisten in ihrem Sinne deuteten. (Vgl. hierzu: Handwörterbuch Philosophie Hg.v. Wulff, D. Rehfus, Göttingen 2003, UTB Vandenhoek und Ruprecht, Stichwort Nihilismus) Der immer grösser werdende Einfluss von Karl Marx auf die europäische Geistesgeschichte (und später auf die gesamte Weltgeschichte) bewirkte, dass gesellschaftsrelevante Fragen wie Ökonomie, Klassenkampf, Produktionsverhältnisse und die damit zusammenhängenden Fragen nach gerechteren Wirtschaftssystemen zur Erhöhung der sozialen Gerechtigkeit immer mehr an Bedeutung gewannen.
Im philosophischen Denken vollzog sich also eine Entwicklung weg vom Schöpfer hin zum Geschaffenen, zur Natur, kurz gesagt: vom Übernatürlichen zum Kreatürlichen, vom Streben nach Höherem wie bei Plato über die Gottebenbildlichkeit bei Thomas von Aquin, dann in Abgrenzung zur Reformation zur Aufklärung und zum Rationalismus, wo man versuchte, Moral und Ideale logisch zu begründen, um ernüchtert vom Idealismus beim Existenzialismus mit der Preisgabe höherer Sinnzusammenhänge zu landen. Die Erforschung des real Vorhandenen ohne die Berücksichtigung höherer Sinnzusammenhänge bildet auch die Grundlage des Empirismus, des Positivismus, aber auch der sogenannten Frankfurter Schule, deren Kernpunkte die kritische Hinterfragung von Autoritäten und gesellschaftlicher Gegebenheiten im Sinne einer dialektischen Weiterentwicklung durch den kritischen Dialog darstellen. Der ausgeprägte Relativismus im Denken der Postmoderne erscheint als logische Konsequenz einer alles hinterfragenden kritischen Einstellung.
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Die Objekte philosophischer Fragestellung und Auseinandersetzung verlagerten sich also ins Hier und Heute und beschäftigen sich mit sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Fragen, weniger mit der Suche nach Sinn und höheren Zielen. Dies veranlasst Francis Schaeffer zu folgender Aussage: „Heute gibt es fast keine Philosophie im klassischen Sinne des Wortes mehr – es ist eigentlich alles Antiphilosophie. Niemand glaubt mehr, dass die großen Fragestellungen rationale Antworten finden können.“ 2 Zu einem ähnlichen Er-
gebnis kommt Lutz Geldsetzer am Ende einer Vorlesungsreihe über philosophische Anthropologie an der Universität Düsseldorf, wenn er über die Geschichte der philosophischen Anthropologie resümiert: „Kritisch wird man anmerken müssen, dass die fortgetriebene historische Analyse des Menschen nur zeigt, dass der Mensch zu allen Zeiten und in allen Lagen verschieden und auch wiederum gleich war und ist, so dass sich aus historischer Forschung (in diesem Zusammenhang die Betrachtung der Geschichte der Philosophie – der Verfasser) allein überhaupt kein Argument über das Wesen des Menschen ergibt. Geschichte als Faktenkunde liefert vielmehr Argumente für alles und nichts.“ 3
Der an Christus und die Bibel glaubende Mensch empfindet diese Entwicklung als eine Verarmung und bedauert die damit verbundene Orientierungslosigkeit und voranschreitende Sinnentleerung. Für ihn hat die Aussage von Paulus, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis liegen (Kolosser 2,3) tiefgreifende Bedeutung, die nicht nur Orientierung für sein Denken, sondern eine Sinngebung für sein ganzes Dasein beinhaltet. Notwendigkeit einer Anthropologie aus theologischer Perspektive als Orientierungshilfe für CiBT
Therapeutische, pädagogische, sozialtherapeutische und medizinische Konzepte, (auch andere humanwissenschaftliche Disziplinen) haben das Ziel, dem Menschen in seiner Entwicklung bzw. bei seiner Heilung und Wiederherstellung
zu begleiten, bzw. zu unterstützen. Dabei stellt sich die Frage, welches Bild vom Menschen den einzelnen therapeutischen, pädagogischen und anderen humanwissenschaftlichen Methoden und Vorgehensweisen zugrunde liegen. Jede therapeutische Schule, jede pädagogische Theorie, auch hinter medizinischen Behandlungsmethoden stehen Vorstellungen vom Menschen, philosophische Ideen, theologische Hintergründe etc. mit anderen Worten, ein Menschenbild, eine Lehre über den Menschen, also eine Anthropologie. Ob definitiv ausgesprochen und transparent gemacht oder verborgen, unbewusst oder halbbewusst – alle Aussagen über den Menschen beinhalten philosophische oder theologische, also weltanschauliche Vorstellungen und damit Vorentscheidungen, die unbewusst das Handeln bestimmen. Auch die scheinbar objektiven Ergebnisse der empirischen Forschung sind bei Weitem nicht so neutral und objektiv, wie sie oftmals einer wissenschaftsgläubigen Öffentlichkeit präsentiert werden. Es ist der Verdienst des Kritischen Rationalismus, auf den oftmals verborgenen Subjektivismus scheinbar objektiver Forschungsergebnisse hinzuweisen. So fließen auch in empirische Studien Wertbezüge ein, die das Forschungsergebnis maßgeblich beeinflussen oder gar vorwegnehmen. Dabei handelt es sich um: • Wertungen im Bereich grundsätzlicher methodologischer Voraussetzungen und Bedingungen der Forschung • Wertungen im Bereich der Auswahl von Forschungsproblemen • Wertungen als Gegenstand von Forschungsproblemen • Wertungen im Bereich der methodischen und forschungstechnischen Realisierung von Forschungsvorhaben • Wertungen im Bereich der Verwendung und Anwendung von Forschungsergebnissen 4 Wenn es also nur eingeschränkt möglich ist, von objektiven wissenschaftlichen Ergebnissen auszugehen, so stellt sich die Frage, welche weltanschaulichen, philoso-
phischen und im Bereich der Humanwissenschaften anthropologischen Voraussetzungen und Vorentscheidungen hinter pädagogischen, therapeutischen, soziologischen etc. Modellen stehen und welche Auswirkungen sie haben. Das bedeutet, der im Sinne der Aufklärung auf positive Weise mündig gewordene Mensch wird sich die Frage stellen: Wie wirken sich die hinter den pädagogischen, therapeutischen und medizinischen Theorien stehenden Weltbilder in der Praxis aus und zu welchen Konsequenzen führen sie? Im weiteren Verlauf dieser Abhandlung möchte ich mich auf pädagogische und therapeutische Aussagen beschränken. So stellt sich zum Beispiel die Frage: Wenn von den „Vätern“ des Behaviorismus Watson und Skinner auf das Vorhandensein eines Bewusstseins beim Menschen verzichtet wird und der Mensch auf Reiz – Reaktionsmuster reduziert wird, in wie weit sind die vom Behaviorismus und der Verhaltenstherapie entwickelten Methoden hilfreich und wo haben sie bei der Anwendung ihre Grenzen? Dass sich aus diesem Reduktionismus sehr hilfreiche Therapieformen, nämlich die Verhaltenstherapie mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen entwickelt hat, ist unbestritten. Dennoch stellt sich die Frage nach den Grenzen dieser Methodik, weil wesentliche Elemente des Menschseins ausgeblendet werden.5 Auch die Tiefenpsychologie eines Siegmund Freud, so anregend und wertvoll sein psychodynamisches Modell der Psyche aus Über-Ich, Ich, Es auch ist, so sehr irrte er doch mit seiner einseitigen Religionskritik. Seine Behauptung, Religion sei schädlich für die seelische Gesundheit des Menschen, wird von neueren Studien widerlegt.6 Zu Recht erntete er Widerspruch von seinem Schüler C. G. Jung, der schon sehr früh postulierte, die Klärung der Gottesbeziehung sei entscheidend für die seelische Gesundheit eines Menschen.7 Auch die verschiedenen Richtungen aus der humanistischen Psychologie wie z. B. die klientenzentrierte Gesprächstherapie eines Carl Rogers haben ihre positiven Anwendungsmöglichkeiten, allerdings auch ihre Grenzen.
Einführung in die Anthropologie
So stellt sich auch im Bereich der Pädagogik die Frage, welche philosophischen bzw. anthropologischen Vorentscheidungen stehen hinter der Kritik an traditionellen pädagogischen Konzepten, die beispielsweise von Katharina Rutschky als „Schwarze Pädagogik“ bezeichnet werden.8 Sind die von ihr zusammengestellten Quellen wirklich repräsentativ für einen ausschließlich unterdrückenden Erziehungsstil und wenn ja, gibt es nicht auch positive Elemente in der von ihr kritisierten bürgerlichen Erziehung? Welche anthropologischen Vorentscheidungen sind verantwortlich für eine einseitig vernichtende Kritik an traditionellen Werten und Erziehungszielen. Gibt es nicht Wertvolles, Schützenswertes und Bewahrenswertes aus früheren Zeiten? War die Erziehung in den Klöstern des Mittelalters oder in der Folge der Reformation nur schlecht und unterdrückend? Gab es nicht auch damals Werte, die es wert sind, geschätzt, bewahrt und weitergegeben zu werden? Welche anthropologischen Wertentscheidungen prägen die pädagogischen Ansätze der Aufklärung, des Humanismus, eines August Herman Francke, eines Pestalozzi, die Reformpädagogik, die antiautoritäre Erziehung, die emanzipatorische Pädagogik, oder die heute propagierte empirische Pädagogik? Aus heutiger Sicht und im Rückblick stellen wir fest, dass fast jede Zeitepoche mit ihrem zeitgenössischen Menschenbild und dem damit verbundenen Reduktionismus Bewahrenswertes, aber auch Extremes hervorbrachte. Auch hier gilt: Wir können durch die Geschichte und Geistesgeschichte mit dem Mistwagen fahren und sehr viel Mist finden, wir können auch mit dem Heuwagen durchfahren und sehr viel Heu finden. Ein wichtiges Kriterium bleibt jedoch: Welches Bild vom Menschen, welche Anthropologie führte zu den unterschiedlichen Ausprägungen? Es ist für jeden mündigen Menschen, besonders jedoch für den Pädagogen und Therapeuten wichtig, sich durch die kritische Reflexion über die Hintergründe, der von ihm angewandten Methoden sich selbst aber auch die
seiner Begleitung anvertrauten Menschen vor Einseitigkeiten zu schützen.Diese Beispiele mögen genügen, um aufzuzeigen, dass sich hinter pädagogischen und psychologischen Modellen weltanschauliche, philosophische, anthropologische Vorstellungen verbergen, die aus ihrer jeweiligen Perspektive interessante, aber eben auch begrenzte Rückschlüsse auf das Wesen des Menschen zulassen. Im Rahmen Christlich-integrativer Beratung und Therapie machen wir den Versuch, die fruchtbaren Elemente aller therapeutischen Schulen wirksam werden zu lassen und diese in einem, wie der Name schon sagt, Christlich-integrativen Modell zusammenzuführen.
Woher komme ich, wozu lebe ich, wohin gehe ich? Wie schon ausgeführt, haben die Humanwissenschaften das Bestreben, die Entwicklung, Wiederherstellung und Heilung des Menschen durch Stärkung seiner psychischen Bewältigungsstrategien, der Erweiterung seiner sozialen und kommunikativen Kompetenzen, der Aufrechterhaltung seiner Gesundheit sowie seiner beruflichen Handlungsfähigkeit zu fördern. Bei diesem Prozess geht es nicht nur um pädagogische, medizinische bzw. therapeutische Maßnahmen, sondern auch um so wesentliche Fragen wie nach dem Sinn des Lebens: Woher komme ich, wozu lebe ich, wohin gehe ich? Auch die Frage nach Werten, Verantwortungsbewusstsein und Zielen spielt eine wesentliche Rolle. Sind diese Fragen nicht geklärt, ist es für viele Menschen schwierig, eine Motivation zum Handeln und Belastungsfähigkeit in Krisen zu entwickeln.9 Deshalb haben wir es bei unserem pädagogischen und therapeutischen Handeln auch mit weltanschaulichen Fragen zu tun. Die Bedeutung dieser Fragen
für die seelische Gesundheit wird seit einiger Zeit auf breiter Ebene diskutiert und ist ins Blickfeld der Psychologie geraten. Dabei wird Spiritualität mehr und mehr als Ressource wahrgenommen. Die Einbeziehung der Spiritualität in das therapeutische Handeln macht jedoch eine Auseinandersetzung und Positionierung im Bereich der theologischen Anthropologie notwendig. Christlich-integrative Beratung und Therapie braucht als eine ihrer Arbeitsgrundlagen eine überkonfessionell ausgerichtete und theologisch gut fundierte biblische Anthropologie. Grundzüge einer theologisch begründeten biblischen Anthropologie
„Die dogmatische Anthropologie kreist um zwei zentrale Themen: Gottebenbildlichkeit und Sünde des Menschen „10 Konsens in der Theologie zwischen den Konfessionen besteht in der biblischen Grundannahme: Durch den Sündenfall verlor der Mensch seine unmittelbare Gottesbeziehung, fiel aus der Gottverbundenheit und geriet in eine für den Menschen schwer erträgliche Gottesferne. 11 Zwar wird nun die Frage, ob es den idealen, paradiesischen Urzustand tatsächlich gegeben habe, und ob er als historisch auch mit Blick auf die Evolution haltbar sei, intensiv diskutiert. Die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, unabhängig davon, man von einer noch vorhandenen Gottebenbildlichkeit (imago) wie in der Scholastik oder Gottähnlichkeit (similitudo) spricht, wird von den meisten Theologen nicht in Frage gestellt. Nach Auffassung der Reformatoren ist die Gottebenbildlichkeit des Menschen in Christus wiederhergestellt. Auch die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche“ gehen von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, aber auch von seiner Rechtfertigung durch Glauben aus. Wörtlich heißt es in Artikel 10: „Paulus beschreibt das Evangelium als Kraft Gottes zur Rettung des unter die Macht der Sünde gefallenen Menschen: als Botschaft,
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die die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben (Röm.1,16) verkündet und die Rechtfertigung (Röm. 3,21 – 31) schenkt.“ Deutlich wird hier die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen durch Christus festgeschrieben. Auch ist er nicht mehr Herr über sich selbst, denn durch die Erbsünde ist er unter die Herrschaft des Bösen versklavt. Innerhalb der Theologie ergaben sich jedoch aus diesen Grundannahmen unterschiedliche Positionen. So ging Augustinus von der Erbsünde als ererbte Schuld aus, während andere darin eher die ererbte Neigung zum Sündigen sahen. (Nicht berücksichtigt bleibt an dieser Stelle die für Augustinus wichtige Frage der Prädestination mit der Problematik: Vorherbestimmung aus Vorherbestimmung oder Vorherwissen.) Allerdings beantwortet die Bibel die Frage nach dem Ursprung des Bösen in sehr eindeutiger Weise. Es ist nicht in erster Linie auf den von Siegmund Freud wie auch immer gearteten Todestrieb zurückzuführen, noch ausschließlich als notwendiger Aggressionstrieb im Sinne der Arterhaltung, wie Konrad Lorenz es postulierte: Die Neigung zum Bösen an sich ist seit dem Sündenfall in der Natur des Menschen verankert. Ob der Mensch durch den Sündenfall seine Gottebenbildlichkeit verloren hat,
wie es von den Reformatoren vertreten wurde – wobei durch die Christusbeziehung die Wiederherstellung der Gottebenbildlichkeit geschieht – oder ob die Gottebenbildlichkeit erhalten blieb (imago), wie in der Scholastik von Thomas von Aquin und noch stärker von Nikolaus von Kues vertreten wurde, soll nur am Rande erwähnt werden. Der dahinter liegende Streitpunkt ist in der Bedeutung der Gnade zu sehen. Für die Reformatoren war es wichtig zu betonen, dass der Mensch nur aus Gnade und Glauben aus seiner abgrundtiefen „Verderbtheit“ gerettet werden kann, für die katholische Seite war es bedeutsam zu betonen, dass, wie schon ausgeführt, die Gottebenbildlichkeit des Menschen im Bereich des Intellekts erhalten blieb und er deshalb bei der Wiedererlangung seiner Gottebenbildlichkeit einen eigenen Beitrag leisten kann. „Im Gegensatz zu Thomas von Aquin hielten die Reformatoren Gott allein für autonom. Dies traf in zwei Richtungen zu. Als erstes gibt es keine Autonomie im Bereich letzter Autorität. Für die Reformatoren war die Bibel Quelle endgültiger und umfassender Erkenntnis – das heißt Sola scriptura: allein die Schrift; im Gegensatz zu „Schrift und …“, gleich, ob dieses „und …“ die Kirche oder die sogenannte natürliche Theologie ist. Zum zweiten gab es im Bereich des Heils kein Zugeständnis an die menschliche
Autonomie. In der römisch-katholischen Heilslehre war das Werk der Errettung zweigeteilt. Christus war für unsere Erlösung gestorben, der Mensch jedoch hatte das Verdienst Christi zu verdienen. Es gab also noch ein humanistisches Element in dieser Heilslehre. Die Reformatoren nun bestanden darauf, dass der Mensch überhaupt nichts zum Heil beitragen kann. Keine autonome, humanistische, religiöse oder moralische Anstrengung kann dem Menschen zum Heil verhelfen. Die Erlösung gründet sich allein auf das vollendete Werk Christi, sein Sterben, das in Raum und Zeit, nämlich in der Geschichte geschehen ist. Der einzige Weg zum Heil ist: die leeren Hände im Glauben ausstrecken und durch die Gnade Gottes das freie Geschenk Gottes annehmen. Sola fide – allein der Glaube. Im Bereich der endgültigen normativen Erkenntnis mit Bezug auf „Sola scriptura“ gibt es keine Aufteilung in das, was die Kirche oder die natürliche Theologie sagen, und das, was die Bibel sagt. Es gibt aber auch in Bezug auf „Sola fide“ keine Aufteilung in das, was die Bibel sagt, und das, was die rationalistischen Philosophen sagen. Es galt: allein die Schrift und allein der Glaube“. 12
Mehrere hundert Jahre Streit und Diskussion lassen die Theologen beider Konfessionen die gegenseitige Bereicherung unterschiedlicher Akzente erkennen und viele Gemeinsamkeiten entdecken. (siehe: Gemeinsame Erklärung zur RechtfertiFoto: BeneA / photocase.de
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Einführung in die Anthropologie
gungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche). Von daher soll die Frage Verlust der Gottebenbildlichkeit (imago) oder nur noch Gottähnlichkeit (simultudo) nur am Rande erwähnt werden. Bedeutsam durch alle Jahrhunderte hindurch und von fast allen Theologen als biblischer Befund bestätigt sind folgende Grundzüge als Wesensmerkmale biblischer Anthropologie, wie sie vor allem in den Paulusbriefen entfaltet werden: 1 Verlust der unmittelbaren Gottesbe-
ziehung durch den Sündenfall und die daraus resultierende Erlösungsbedürftigkeit. Wenn man heutzutage vom Sündenfall spricht, vor allem im Bereich der Philosophie, Psychologie, Pädagogik etc., entstehen vor allem in diesen Fachkreisen große Vorbehalte und Bedenken. Ursache dafür ist die in früheren Jahrhunderten stark geschürte Angst vor der Hölle und der ewigen Verdammnis sowie das mit viel Druck erzeugte Streben des Menschen nach Heiligung, Ablegen von Sünde und Streben nach Vollkommenheit, um vor Gottes Gericht bestehen zu können. Diese angstbesetzte Sichtweise erzeugte Hemmnisse bei der Persönlichkeitsentwicklung in Bezug auf Identität und Autonomie. In diese Richtung ging auch wie schon erwähnt die Religionskritik von Sigmund Freud, wenn er zum Ausdruck brachte, dass ein empfindliches Gewissen in Form eines rigiden Über-Ichs schädlich sei für die Entfaltung einer gesunden und sich frei entfaltenden Ich-Identität. Deshalb empfiehlt es sich im Bereich der Christlich-integrativen Therapie und Beratung, um Missverständnisse zu vermeiden, eine andere Begrifflichkeit zu wählen. Paul Tillich war es, der dem Begriff der Entfremdung im Bereich der Theologie zu weitreichender Bedeutung verhalf. Der von Marx auf ökonomische Prozesse und die Arbeitswelt reduzierte Begriff hatte schon bei Hegel eine tiefere Bedeutung in Bezug auf die Selbstfindung des Menschen, geht aber auf viel ältere Wurzeln, die bis in die Antike reichen, zurück.13 Tillich
verwendet den Entfremdungsbegriff nun, um vor allem den Begriff Sünde zu interpretieren. In diesem Sinne bedeutet Entfremdung für den Menschen das Getrenntsein von Gott seinem Schöpfer und Ursprung, beschreibt aber auch den Zustand „der Gebrochenheit im Selbstverhältnis und im Verhältnis zu anderen Menschen“.(14) Das bedeutet, die Entfremdung von Gott ist zugleich Entfremdung zu sich selbst, zu seinen Mitmenschen, aber auch zur Natur. In diesem Sinne ist für Paul Tillich die Entfremdung des Menschen auch der Ursprung psychopathologischer Störungen (Anmerkung 3). Hier ist der Berührungspunkt zum Bereich der Therapie und Beratung. Auch wenn der Begriff Entfremdung nicht alle Facetten bezüglich dem Sündenfall und seinen Folgen abdeckt, so ist er dennoch eine weniger belastete Umschreibung dessen, welche Folgen die Sünde für den Menschen hatte: die Gebrochenheit in Bezug auf die Beziehung zu Gott, zu sich selbst und seiner Umgebung (Mitmenschen und Natur). Er beschreibt auch den Zustand des sich selbst Fremdseins, was nicht nur eine allgemeine Grundbefindlichkeit des Menschen im Sinne der Normalpathologie darstellt, sondern in gesteigertem Maße auch psychopathologische Bedeutung hat und damit zu den Symptomen psychischer Krankheitsbilder gehört. Auch in diesem Sinne empfiehlt sich die Annahme und Verwendung des Begriffes der Entfremdung. Es wirkt auch weniger stigmatisierend, wenn man von Entfremdung als von Sündenfall und Sünde spricht. Allerdings hielt Tillich selbst, und dieser Aspekt darf nicht übersehen werden, den Begriff Entfremdung für ergänzungsbedürftig. Zum Begriff der Sünde gehöre darüber hinaus der persönliche Entscheidungscharakter und die persönliche Schuld. 2 Der Mensch kann aus eigener Kraft und
Anstrengung diese Entfremdung nicht überwinden. Er braucht einen Erlöser.
3 Dieser Erlöser ist Christus. Christus
ist der zweite Adam. So wie durch den ersten Adam die Sünde und damit die Trennung zwischen Gott und Mensch in die Welt kam, so geschieht jetzt die Wiederherstellung und damit die Aufhebung der Entfremdung durch den Glauben an den Erlöser. 4 Durch diesen Glauben sind wir
mit Christus am Kreuz gestorben, begraben und wieder auferstanden. Christi Auferstehungskraft ist jetzt in jedem Gläubigen wirksam. Durch die Gemeinschaft mit Christus wird die Gemeinschaft mit Gott und damit die Gottebenbildlichkeit im Verlauf eines Entwicklungsprozesses wiederhergestellt. Im Glaubenden entsteht durch die Identifikation mit Christus (Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir, Gal.2,20) eine neue Identität: die Christusidentität. Die Trennung zwischen Gott und Mensch und damit die Entfremdung und Gebrochenheit der gesamten Menschheit wird nun durch die stellvertretende Erlösung durch Christus und die neue Christusidentität wieder aufgehoben. Durch den Rückbezug auf den ersten Adam und Christus als zweiten Adam als Gegenbild zum ersten, entwickelte Paulus eine so umfassende Sicht der Erlösung, dass man bei ihm zurecht von der ersten christlichen Anthropologie sprechen kann. 5 Die Entstehung der obengenannten
Christusidentität ist ein übernatürlicher Vorgang. Durch die Hilfe des Heiligen Geistes geschieht eine übernatürliche Hilfe bei der Wiederherstellung der Gebrochenheit und Entfremdung des Menschen hin zu seiner Gottebenbildlichkeit. Dies geschieht im Einssein mit dem Auferstandenen. Die Wiederherstellung der Gottebenbildlichkeit ist ein prozesshafter Vorgang im Sinne von: schon vorhanden, sich aber dennoch im Verlauf der Heiligung entfaltend. Diese Wiederherstellung
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der Gottebenbildlichkeit ist im Rahmen der Christlich-integrativen Beratung und Therapie einer der wesentlichsten Wirkfaktoren im Prozess der psychischen Heilung. Dies ist die eigentliche Spiritualität der CiBT. Sehr gut hat Paul Tillich diesen Weg aus der Entfremdung des Menschen mit dem dreifachen Charakter der Erlösung beschrieben 15: a Erlösung als Teilnahme am neuen Sein
(Wiedergeburt)
b Erlösung als Annahme des neuen Seins
(Rechtfertigung) c Erlösung als Umwandlung durch das neue Sein (Heiligung) Das vierte Kapitel wird sich damit beschäftigen, wie sich der dreifache Charakter der Erlösung in die therapeutische Begleitung von psychisch kranken Menschen in ihren Heilungsprozess integrieren lässt und damit im Rahmen Christlich-integrativer Therapie und Beratung zur Anwendung bzw. zur Auswirkung kommt.
Fortsetzung folgt:
Christliche Anthropologie und ihre Bedeutung für die therapeutische Begleitung und Behandlung von psychisch kranken Menschen
Der Persönlichkeitsbegriff im Wandel der Zeit: Antike, Neues Testament, neuzeitliche Persönlichkeitsmodelle z. B. Mead und andere, moderner Individualismus etc. • Selbstverlust und Entfremdung im Zusammenhang mit psychopathologischer Symptombildung • Christliche Spiritualität und Erlösungslehre als ressourcenorientierter Therapieansatz im Gegensatz zum Vorwurf des anthropologischen Pessimismus wie z. B. bei Franz Buggle u. a. • Gnade als Raum für Schwachheit und die Ausprägung von Mut, um ehrlich und damit authentisch zu sein, als Schlüssel zur Individuation
• Ergänzung professioneller therapeutischer Methoden durch • Aufhebung der Entfremdung wie z. B. bei V. Frankel, C. G. Jung u. a. • Existenspsychologische Fragestellungen und Lösungsansätze aus theologischanthropologischer Perspektive • Überleitung bzw. Hinführung zu der schon ausgearbeiteten und sehr detailliert vorliegenden Christlichen Anthropologie von Dipl.-Psych. Rainer Oberbillig.
Philosophisch geht es Kirkegaard darum, das ontologische Problem der Einheit von Denken und Sein (die Kirkegaard ablehnt) anthropologisch zu lösen. Das reine Denken kann seinen eigenen Grund nicht angemessen denken, es sei denn im Vollzug als religiöser Glaube. „Glaube ist Sein“. Die verwirklichte Realität ist deshalb für Kirkegaard die Innerlichkeit, in welcher das Individuum die Möglichkeit aufhebt und sich mit dem Gedachten identifiziert, um darin zu existieren. (UTB Handwörterbuch Philosophie, Hg. v. Wulff, D. Rehfus, Göttingen 2003, Stichwort Kirkegaard)
Sein des Menschen als Menschen bedroht. Das zentrierte Selbst des Menschen kann zerbrochen werden, und mit dem Verlust des Selbst verliert der Mensch auch seine Welt. Selbst-Verlust als Verlust des bestimmenden Zentrums im Menschen geschieht in moralischen und psycho-pathologischen Konflikten, sowohl unabhängig voneinander als auch in gegenseitiger Beeinflussung. Das furchtbare Erlebnis des „in Stücke Brechens“ ergreift vom ganzen Menschen Besitz. In dem Maße, in dem sich das ereignet, fällt auch die Welt in Stücke. Sie hört auf, Welt zu sein im Sinne eines sinnvollen Ganzen. Die Dinge sprechen nicht mehr zum Menschen, sie verlieren ihre Fähigkeit, zu einer sinnvollen Begegnung mit ihm zu kommen, weil der Mensch selbst diese Fähigkeit verloren hat. In extremen Fällen wird die völlige Unwirklichkeit der Welt erlebt, nichts bleibt außer dem Erlebnis des eignen leeren Selbst. Solche Erfahrungen sind extrem, aber extreme Situationen enthüllen Möglichkeiten der gewöhnlichen Situation. Möglichkeiten der Zerreißung sind immer im Menschen gegenwärtig. Der Mensch kann seine vollkommene Zentriertheit nicht als selbstverständlich betrachten. Wenn die Inhalte sich gegeneinander bewegen und keine Einheit gefunden wird, kann die Zentriertheit des Selbst zerbrechen. Je mehr das begrenzte Selbst durch Hybris und Konkupiszenz getrieben wird, sich selbst zum Zentrum aller Dinge zu machen, desto mehr hört es auf, Zentrum von irgendetwas zu sein. Es verliert sich, weil es alle Inhalte verliert, und es verliert alle Inhalte, weil es sich selbst verliert. Der Mensch hört auf, eine Welt zu haben – in Korrelation zu seinem Selbst – er wird ein Teil seiner Umgebung, unfähig, ins Welthafte durchzubrechen, unfähig, sich selbst von der Welt abzugrenzen. Er wird ein Teil und verliert die Möglichkeiten, dem Ganzen und sich selbst gegenüber zu stehen.“
Anmerkung 3
(Aus Paul Tillich Systematische Theologie I/II, Berlin 1987, Bd. II, Seite 70 – 71)
Anmerkung 1
Dieses Kapitel erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige oder detaillierte Darstellung der Geschichte der Philosophie zu sein. Vielmehr ging es mir darum, in groben Zügen einen Bogen über die abendländische Geistesgeschichte zu spannen, um die Hauptströmungen des Denkens, das unser Weltverständnis prägt, deutlich werden zu lassen. Viel Bedeutsames und Wichtiges bleibt unberücksichtigt. Anmerkung 2
Tillich selbst schreibt dazu: „Selbst-Verlust ist das erste und grundlegende Merkmal des Übels und bedeutet Verlust des eigenen bestimmenden Zentrums. Selbst-Verlust ist die Auflösung des zentrierten Selbst durch zerstörerische Kräfte, die nicht mehr zur Einheit gebracht werden können. Solange sie zentriert sind, konstituieren sie die Person als ein Ganzes. Wenn sie sich gegeneinander bewegen, spalten sie die Person. Je weiter die Spaltung geht, umso mehr ist das
Literatur: 1
Francis Schaeffer: Preisgabe der Vernunft, Wuppertal 1975, Seite 28, Brockhaus Verlag
2
Francis Schaeffer, Preisgabe der Vernunft a. a. O., Seite 30
3
Lutz Geldsetzer, Kompendium der Philosophischen Anthropologie, Vorlesung an der Universität Düsseldorf 1986 veröffentlicht unter www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/philo/anthro/ anthrop1.htm/vorbemerkung
Einführung in die Anthropologie
4
vgl. hierzu Prim/Tilmann: Grundlagen einer kritisch-rationalen Sozialwissenschaft, Heidelberg 1977, Quelle und Meyer UTB, Seite 110 – 113
5
vgl. hierzu: Wolfhart Pannenberg, Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 2011, Vandenhoeck und Ruprecht, Seite 27
6
vgl. hierzu: Utsch, Bonelli, Pfeiffer, Psychotherapie und Spiritualität, Heidelberg 2014, Springer-Medizin Seite 2 – 8
7
vgl. hierzu: Winfried Hahn, Gottesbegegnung als Schlüssel zur Selbstfindung, Gedanken zur Religionspsychologie C. G. Jungs, de’ignis Magazin Nr. 45, 2013, Seite 26 ff
8
Katharina Rutschky (Hrsg), Schwarze Pädagogik, Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung, Frankfurt a. Main 1977
9
vgl. hierzu: Irving D. Jalom, Existenzielle Psychotherapie, Köln, Edition Humanistische Psychologie 1989
10
Pannenberg a. a. O. Seite 20
11
vgl. hierzu Pannenberg a. a. O Seite 52 ff
12
Francis Schaeffer a. a. O. Seite 19 – 20
13
vgl. Pannenberg a. a. O. Seite 260
14
Pannenberg a. a. O. Seite 276
15
Paul Tillich, Systematische Theologie I/II, Berlin 1987 Bd. II Seite 189 ff
Foto: joexx / photocase.de
Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden, und machte eine Ausbildung zum Christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
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Matrix einer Christlichen Beratung und Therapie – integrativ oder integriert? Entwurf einer Logik vom Menschen, seiner Entfremdung und Identität. von PD Dr. med. Herbert Scheiblich
Historische Entwicklung
dass Religion und Glaube anhaftete, ist überholt. Der Glaube als den Menschen einschränkend zu sehen, wird zunehmend als blinder Fleck erkannt und korrigiert. Die Auffassung von „Altvater“ Freud: 1 Um das in 25 Jahren erworbene „Religion ist eine kollektive Zwangsneurose“ Wissen, die Erfahrungen und Weisheit im Verbund mit Marx‘ Aussage: „Religion zusammenfassend wiederzugeben und eine ist Opium fürs Volk“ ist schlicht falsch Landkarte für die weitere Entwicklung der und überholt. Die sogenannte Aufklärung Arbeit aufzuzeigen. In diesem Übersichtsar- verführte die P-Fächer zu einer lückentikel werden die Hauptbegriffe und Axiome haften Wahrnehmung des Menschen mit vorgestellt. Es ist daher selbstverständlich, Ausblendung wesentlicher Faktoren in der dass vertiefende Aspekte in weiteren Arti- Anthropologie. Die religiösen Bedürfnisse keln entwickelt werden und Redundanzen und Betätigungen des Menschen sind wenicht zu vermeiden sind. sentliche Faktoren im Alltag des Menschen. Die Matrix ist ein wissenschaftlicher Rahmen, in den die nachstehenden Ziele 3 daher ist ein neuer Blick auf die Geeingebunden sind und er dient dem Brü- schichte des Christentums erforderlich. Der ckenschlag mit ähnlichen Konzepten. Er Glaube und die Frömmigkeit sind frühere bietet einen vereinfachenden fundierten Formen von Psychologie und PsychotheÜberblick über ein vielschichtiges Tätig- rapie, die nicht nur unter dem Aspekt des keitsgebiet der Psychiatrie, Psychotherapie Pathologischen, sondern auch unter dem Aspekt der positiven Erfahrungen der Menund Psychosomatik. Der Begriff Logik ist nicht in einem schen in der Vergangenheit, aufzuarbeiten mathematischen Sinne aufzufassen, son- ist. Die Frage ist daher, welche Aspekte der dern als Standorthilfe und „roter Faden“ historischen Seelsorge sind für die heutige zu verstehen. Beratung und Therapie bedeutsam, z. B. die Beichte als affektive Katharsis. 2 Das Verhältnis Theologie – Psychologie befindet sich in einem prozesshaften 4 das Ziel ist das Bild einer Spiritualität Umbruch. Die früher praktizierte Ableh- zu entwerfen, das einerseits christozentrisch nung jedes Religiösen in der Psychiatrie als Standpunkt (Konfession) und andererund Psychotherapie löst sich zunehmen- seits offen-ausgewogen (Profession) ist. den zu einer Integration auf. Das Stigma, Der zentrale Begriff für die Matrix ist die Die Matrix ist als Metarahmen der theoretischen und praktischen Grundlagen der de’ignis Arbeit zu betrachten:
Spiritualität. Sie ist … • als wesentlicher Wirkfaktor in der Psychotherapie zu entwickeln. Dabei ist sie religiös sensibel, kulturspezifisch, geschlechtskorrekt und sozial gestaltend, • eine neurophysiologische und neuroplastische Funktion des Gehirns (brainbased), • eine Sichtweise der praktischen Theologie und umsetzbar für den Austausch mit anderen Religionen (kommunizierbar), • ein Teil des Selbstkonzeptes eines Menschen, • ein übergreifendes soziales Verhalten in der Gesellschaft. Die Matrix ist die Grundlage eines BioPsycho-Sozio-Spirituellen Modells des Menschen. Die Beschreibung psychischer Prozesse wird um die spirituelle und transzendente Sicht erweitert. Die bedeutsamen Komponenten der Matrix sind in der Abb. 1 dargestellt: a Kontext: Allgemeine Logik vom System Mensch
Der „komplexe Mensch“ bedarf einer „komplexen“ Anthropologie. Eine anthropologische Sicht in der Therapie ist erforderlich zur Reflexion der alltäglichen Arbeit. Eine spezifische Perspektive beschreibt den Menschen jeweils aus ihrem Blickwinkel mit der Gefahr des Reduktionismus und der
Matrix einer Christlichen Beratung und Therapie
Abb. 1: Die bedeutsamen Komponenten der Matrix
a Kontext System Mensch Perspektivität Störungsbegriff Störungsmodell Parallelität
d Kompetenz b Kommunikation
c Kern
des Menschen Interaktion Bindung
des Menschen Sinn/Identität Störungsdynamik Ziel/Zweck
e Konsequenz Relevanz im menschlichen Alltag Christlicher Glaubensstil Werte
als Wirkfaktor des Menschen und im Menschen Indikation Messmethoden Intervention Methoden der Therapie Therapie
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Ideologie. Um dies zu vermeiden, ist das Ziel der Matrix eine Vernetzung der Einzelkomponenten, also Multiperspektivität, herzustellen. (Abb. 2) Diese Systemsicht wird durch eine Priorisierung umgesetzt. (Abb. 3) Es ist eine Kombination der Methoden der Datenerfassung und Bewertung notwendig: „statistisch – messmethodisch – allgemein“ mit „hermeneutisch – beobachtbar – individuell“. Der Mensch selbst nimmt als Betroffener seine subjektive Gewichtung vor. Ein we-
sentliches Element des Therapieprozesses ist daher die Herstellung einer gemeinsamen Sichtweise der Situation des Menschen durch Klient und Therapeut. Eine weitere Ebene der Komponente „Kontext“ ist ein grundlegendes Störungsmodell mit seinem spezifischen Störungsbegriff. Das Störungsmodell aus christlicher Sicht ist der Verlust der Gottesebenbildlichkeit (Imago) des Menschen. Die Imago ist als Idealbild des Menschen aufzufassen, dem er sich entfremdet hat (Abb. 4). Die Entfremdung umschreibt umfassend die Situation des Menschen. Er ist umfassend gestört in seinen Bindungen und
Beziehungsnetzen. Er hat keinen unmittelbaren Zugang mehr zu sich, den anderen, der Welt und Gott (als umfassendes System zu verstehen). Er versucht diesen Verlust zu kompensieren, was aufgrund seiner Endlichkeit nur unzureichend gelingt und durch suboptimale Lösungen zu neuen Konflikten führt. Die Entfremdung ist sowohl als individuelles Muster als auch als überindividuelles Schema zu sehen. Die Parallelität beschreibt den häufig nicht wahrgenommenen Umstand, dass verschiedene Prozesse im Menschen simultan ablaufen. Der Mensch ist eine ganzheitliche Entität, bei der synchrone Abläufe nur durch Pespektivität als künstliche Aufspaltung
Abb. 2: Vernetzung der Einzelkomponenten – Multiperspektivität
Objektive Sicht
Medizin
Psychologie
Neurophysiologie
Psychodynamik
Spiritualität
Kultur
Medizin Soziologie
Sicht der anderen
Meine Sicht
Psychotherapie
Philosophie
Pneumodynamik (Wirken des Heiligen Geistes) Theologie
Gottes Sicht
Matrix einer Christlichen Beratung und Therapie
Abb. 3: Systembericht mit Priorisierung
messbar
beobachtbar
erfahrbar/ spürbar
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Medizin Soziologie
•
Psychologie Theologie
verstehbar (Werte / Sinn)
erklärbar
•
Abb. 4: Störungsmodell
Konflikt
Vulnerabilität/Stress
Imago Erfahrung
Gene Gottesebenbildlichkeit
Trauma
zu verstehen sind. C. G. Jung war der erste, der diesen immens wichtigen Aspekt erkannte. In Bereich der Transzendenz besteht die Gefahr der Spekulation und der Orientierungslosigkeit, verbunden mit der Möglichkeit der Manipulation, daher entwickelte er den Grundgedanken dass
spirituelle Vorgänge immer gleichzeitig psychische Prozesse sind. Sie beschreiben das Zusammenlaufen von transzendenten und immanenten Prozessen im Menschen. Eine Aufspaltung des religiösen Erlebens in geistlichen und menschlichen Anteil als gegensätzliche Teile ist daher nicht zulässig.
Lernen
b Kommunikation: Interaktionen der Logik
Dieser Aspekt der Matrix beschreibt wie Komponenten des Menschen: Körper (mit Zellen etc.), Seele mit einzelnen Instanzen (bewusst – unbewusst etc.), Geist miteinander und mit anderen Menschen agieren. Die Binnenebene ist die Interaktion als basale
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Ebene zwischen den Nervenzellen mit ihren che sind in der heutigen Theoriebildung Transmittersystemen, Netzwerken und den der Psychotherapie vernachlässigt. psychischen/spirituellen Prozessen. Diese Aus christlicher Sicht wurden BeProzesse sind Gegenstand der derzeitigen wusstseinsprozesse vernachlässigt. Das BeDiskussionen um mind-spirit, brainmap- wusstsein als Bühne der Prozesse des Ich, als ping etc. und z. T. in der Theoriebildung Kern des Menschen, hat die Fähigkeit zur: begriffen. Aus christlicher Sicht ist Folgendes für • Assoziation mit Focusbildung einer die Interaktion anzumerken: Die Prozess Selbstwahrnehmung und -beschreibung, der Sprache, als Akt der Wirklichkeitsbil- -bewertung und Äußerung – Identitätsbildung (Gott sprach und es ward), verläuft dung in der Entwicklung des Mensch durch • Dissoziation als Auflösung des Ichs Embodiment als körperliche Erfahrung, oder Verschmelzung mit anderen (Mendie Voraussetzung für psychische-trans- talisierung) und transzendent mit Gott zendente Vorgänge im Hier und Heute (Einheitsbewusstsein). In diesem Umfeld (ohne Gehirn, keine Psyche, aber Geist) ist die Interaktion Geist Gottes – Geist des ist. Aus diesen ursprünglichen emotionalen Menschen anzusiedeln. Körpererfahrungen entwickelten sich über visuell-sprachliche Prozesse die Kognitio- Als Außenebene: Der Mensch ist ein Binnen. dungswesen, das aufgrund seiner Bezie Ein wesentlicher Schwerpunkt einer hungen seit der frühen Schwangerschaft Christlich-integrativen Beratung und The- bis zum 7. Lebensjahr seinen Bindungsstil rapie ist hierbei die Gewissensentwicklung und sein Kommunikationsmuster entwiund Willensbildung als motivationale und ckelt, die sich in allen Beziehungen seines voluntative Prozesse zu sehen. Diese Berei- Lebens wiederholen.
Die Stärke einer spirituellen Sichtweise besteht darin, dass der Klient aus einer „Adlerperspektive“ diesen Bindungsstil erkennt und beginnend in einem Flasherlebnis unabhängig vom Lebensalter Altes verlernen und Neues erlernen kann. Bindung bedeutet einerseits Sicherheit in sozialen Systemen, andererseits die Fähigkeit zur Weiterentwicklung. Die therapeutische Beziehung und der Kommunikationsstil der Spiritualität sind maßgebend durch die Bindungserfahrung geprägt. c Kern: Spezielle Logik
Das Zentrum der Persönlichkeitsstruktur ist die Person. Sie beschreibt nicht nur das immanente Selbst mit seinen Funktionen wie Selbstbewusstsein, Selbstwert, Selbstwahrnehmung etc. und die Funktionen des Ich‘s mit seinen Tools und Skills als vererbte und erweiterte Eigenschaften, erlernte Werkzeuge der Psyche und des ZNS, sondern auch den geistigen Kern des Menschen mit seiner transzendenten Funktion.
Abb. 5:Transzendenz
Transzendenz Geist
Sprache ZNS Gewissen, Wille
Bindung
Bewußtsein
Interaktion Immanenz
Matrix einer Christlichen Beratung und Therapie
Der Mensch ist aus Sicht einer theologischen Anthropologie gekennzeichnet durch eine doppelte Identifikation und Identität mit immanentem und transzendentem Anteil. Die unterschiedlichen theologischen Aspekte des Menschen werden als Prototypen des Adam-Modells (Beschreibung des entfremdeten Menschen in seiner existenziellen Not) und Jesus-Modells (Beschreibung des mit sich versöhnten Menschen im Hier und Heute lebend) als theoretische Grundlage genommen. Sie verdeutlicht, dass der Mensch nicht nur für einen Zweck, Ziel und Plan lebt, sondern einer Identität als einzigartiges Individuum bedarf. Er ist in der Pflicht, nicht nur individuelle Antworten auf seine psychosoziale Situation und eine existenzielle Antwort auf die Grundfragen des Lebens (Leid, Schuld, Tod, Unfall etc.) zu geben, sondern benötigt eine fundamentale Selbstantwort auf den Sinn seines Lebens. Aus Sicht der Störungsdynamik steht der entfremdete Mensch in einem permanenten Entwicklungs-/Lernprozess mit Progression/Regression seiner bio-psychosozialen Anteile. Sein spiritueller Bereich befindet sich in einem transzendenten Reifungsprozess, der aus dem unbewussten in einen bewussten Vorgang überführt werden muss, nach dem Schema:
Wo Es ist, wird Ich werden, wo Ich ist, soll Gott werden. Der Mensch überwindet so nachhaltig seine Entfremdung durch ganzheitliche Prozesse in allen seinen Komponenten. d Kompetenz: Logik der Prozesse – Logik der anderen
Diese Komponente ist als Operationalisierung das „Herzstück“ der Matrix. Sie
beschreibt den Alltagsprozess der Christlichintegrativen Beratung und Therapie als Wirkfaktor für den Menschen/Patienten: • Der Mensch entwickelt seine Spiritualität, neben den bekannten, gleichrangigen Therapieprozessen, als kompetentes Werkzeug für seine psychosoziale Situation und Zeit. • Er hat eine Tiefen-, Breiten- und Höhendimension in seinem Inneren und als Werkzeug für den Alltag • Der diagnostische Prozess wird neben den Standardverfahren (ICD, OPD, Verhaltensanalyse, ICF und Testpsychologie) erweitert um Verfahrensweisen zur Erfassung seiner Religiosität (Subjektive Schilderung, RST und andere Verfahren) und seiner Spiritualität (theologische Sichtweise, Moral, Ethik, Werte, Praxis des Glaubens im Alltag). • Es wird eine erweiterte Diagnose als Indikation gestellt. Sie ist nicht nur defizitär, sondern salutogenetisch und auf individualisierte Ziele des Patienten gerichtet. Darauf basierend erfolgt eine komplexe Intervention als umfassende Therapie mit verschiedenen Modulen: Interventionen
Psychotherapeutische Methoden: • Positive Psychologie • psychoanalytisch (Adler, Fromm) • tiefenpsychologisch ( Jung) • Existenzpsychologie (Frankl, Yalom, Künkel) • Transpersonal (Graf, Wilbert) • Kognitive Verhaltenstherapie • Hypnotherapie • Systemische Therapie Spirituelle Verfahren
• aus dem Bereich der Religion: Meditation, Lebensführung, Weisheit • christliche Methoden: Gebet, Bibelarbeit, Trost/Vergebung, Rituale, Tugend/Untugendkonzept, Gewissensbildung, Leben mit dem Heiligen Geist Soziologische Verfahren
• Pädagogik • Sport • Freizeit
Die Indikation und Intervention laufen als permanente, parallele Prozesse im Rahmen einer therapeutischen Bindung ab, diese ist gekennzeichnet durch: • Passung zwischen Patient und Therapeut im spirituellen Bereich • trialogisch Gott (als „virtuellen“ Dritten) – Patient – Therapeut • Prozessoffen mit den Zielen: Wohlbe finden, Zufriedenheit, Sinnfindung • individuelle Priorisierung der Perspektiven durch den Patienten mit dem Ergebnis: originäre Spiritualität des Patienten, die er nachhaltig in seinen Alltag integriert. e Konsequenz: Privatlogik – Alltagslogik
Konsequenz ist die Beschreibung des alltäglichen „to do“ der Spiritualität des Patienten und Therapeuten. Die Matrix ist um in einem Bild zu sprechen, der Versuch die längsten Strecken im Menschen und zwischen Menschen zu überwinden. Nämlich die Strecken: Von Herz zum Hirn, vom Hirn in die Hand, von Herz zum Herzen des gegenüber. Eine Christlich-integrative Beratung und Therapie ist dann effektiv, emergent, eminent und effizient, wenn … • Die Spiritualität des Patienten seine psychosoziale Situation mitprägt. • Er kreativ auf die Herausforderungen seines Lebens reagiert. • mit anderen konstruktiv in Frieden zusammenlebt. • resiliant mit Optimismus und Gelassenheit die Zukunft gestaltet. Er praktiziert einen christlichen Lebensstil mit einem kommunizierbaren Wertekatalog: • Gott begegnen • Christus nachfolgen • Heilige Schrift lesen • Sich übend der Gnade überlassen • In der christlichen Gemeinschaft leben und glauben • Gottes Wege suchen und gehen
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Th e o r i e - u n d T he ra pie e n t wic k l u n g
• Der Welt dienen, in den Bereichen Arbeit und Gemeinschaft mit Stellung beziehen und Verantwortung übernehmen In der Christlich-integrativen Beratung und Therapie (CiBT) wird … • aus Religion Theologie und aus Theologie Glaube • aus Religiosität Spiritualität und aus Spiritualität Frömmigkeit
PD Dr. med. Herbert Scheiblich ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Suchtmedizin, Verkehrsmedizin, Ernährungsmedizin, Kinder- und Jugendpsychotherapie und Lauftherapie. Habilitation als Privatdozent und akademischer Abschluss in evangelischer Theologie. Psychotherapieausbildungen in Systemischer Familientherapie, Individualpsychologie, RationalEmotiver Therapie, Hypnotherapie und Logotherapie. Er wohnt in Altensteig und ist Mitglied der de’ignis-Institutsleitung.
Konklusion – logisches Fazit
Die vorgestellte Matrix ist in der Lage, differenziert mit einem Blickwinkel der Medizin, Psychologie und Soziologie den Menschen als Patient zu beschreiben, mit der Sicht der Theologie den Menschen umfassender, optimistischer, progressiver und konstruktiver darzustellen; nicht im Sinne von „add on“ sondern einem Plus an Möglichkeiten. Die Matrix ist eine Karte, um menschliche Wachstumsprozesse reflektiert zu erfassen und zu behandeln. Dabei ist die Spiritualität integral als normaler Bestandteil der Therapie zu sehen und muss nicht extra integriert werden. Sie ist ein Prozess, der von der Objektivität der Theorie über den Menschen in einem personalisierten Lernprozess zu einer gereiften Subjektivität des Patienten, die intersubjektiv kommunizierbar ist, führt. Im Psychischen suchen, wo ist Transzendenz erkennbar? Im Spirituellem suchen, wo ist Immanenz erkennbar?
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de’ignis für Daheim. Und für unterwegs. Lange wurde daran gefeilt, seit Juni 2015 präsentiert sich de’ignis auf www.deignis.de nun mit einem komplett überarbeiteten Webauftritt.
Neben einer modern gestalteten Nutzeroberfläche, neuen Services wie der Kalender-Funktion, einer übersichtlicheren Veranstaltungsseite und einem Relax-Modus, finden Besucher der Website hier alle Informationen zu den zahlreichen de’ignis-Angeboten rund um die seelische Gesundheit, den einzelnen Einrichtungen und de’ignis, schneller und besser als jemals zuvor. Zusätzlich verfügt die Website über eine weitere neuartige Funktion, mit welcher beim Öffnen der Website die Möglichkeit besteht, zwischen vier unterschiedlichen Benutzerprofilen auszuwählen (Patienten/Angehörige/Interessenten an Karriere und Bildung/Fachpersonen, wie z. B. Ärzte, Psychologen, Vertreter von Krankenkassen oder Rentenversicherungen). So werden nur die Informationen herausgefiltert, die auch relevant sind. Entdecken Sie die neue Website am besten selbst und schauen Sie auf www.deignis.de vorbei.
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Neubau eines Veranstaltungsgebäudes am Standort Egenhausen. Mitte des Jahres 2015 wurde mit dem Neubau eines Veranstaltungs- und Fortbildungsgebäudes am Standort in Egenhausen begonnen. Innerhalb kurzer Zeit wurde der originell und modern gestaltete Bau errichtet.
Architektonisch fügt sich dieser durch seine charakteristische Holzschindelfassade harmonisch in das Landschaftsbild ein. So wurde bei der Planung und Umsetzung des Baus mit feinem Gespür auf Regionalität geachtet, sei es bei der Handwerkskunst oder auch den verwendeten Materialien, die eine unmittelbare Verbindung zur Umgebung des schönen Nordschwarzwalds schaffen. Die besonderen Herausforderungen des Neubaus liegen darin, alle notwendigen Funktionen, die für multifunktionale, moderne Räumlichkeiten benötigt werden, intelligent zu integrieren. Denn zukünftig sollen die Räumlichkeiten sowohl für Fortbildungen und Schulungen als auch für Veranstaltungen genutzt werden. Mit den neuen Räumlichkeiten schafft de’ignis eine zusätzliche Möglichkeit für Begegnungen von Menschen und der Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen. Informationen zu unseren Veranstaltungen, Fortbildungen und Schulungen finden Sie auf unserer Website www.deignis.de
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Neue Auszubildende in der Verwaltung. Seit einigen Jahren bilden wir in der Verwaltung Auszubildende im kaufmännischen Bereich aus.
Nachdem sich die Auszubildenden in den vergangenen Jahren für den Beruf Kauffrau/Kaufmann für Bürokommunikation entschieden hatten, entschied sich im Sommer 2013 die erste Auszubildende für den Beruf Kauffrau im Gesundheitswesen. Sie ist nun bereits im 3. Ausbildungsjahr und wird Ihren Abschluss voraussichtlich im kommenden Jahr absolvieren. In diesem Jahr stellen wir erstmals einen weiteren Ausbildungsplatz zur Verfügung. Wir freuen uns, dass wir seit dem 1. September 2015 eine zweite Auszubildende für den Beruf Kauffrau im Gesundheitswesen, einstellen durften. Wir wünschen Ihr für den Start der Ausbildung alles Gute und Gottes Segen. Zusammen mit dem gesamten Verwaltungsteam stehen Ihnen unsere Mitarbeiter von Montag bis Freitag zwischen 08:30 Uhr und 12:30 Uhr und von 13:30 Uhr bis 17:00 Uhr unter der Telefonnummer 07453 9391-0 zur Verfügung.
Betriebsausflug. Ein Highlight für die de’ignisMitarbeiter im Jahreslauf. Ein Höhepunkt für Mitarbeiter der de’ignis-Klinik ist u. a. der jährliche Betriebsausflug. Auch 2015 durften sich die Angestellten Mitte Juli über schöne, gemeinsame Stunden freuen.
Das Wetter meinte es in diesem heißen Sommer sehr gut und schickte an diesem Tag zwischen vielen Sonnenstrahlen auch ein paar Wolken vorbei. Hin und wieder sorgte eine wohltuende, frische Brise für etwas Abkühlung. Zunächst ging es nachmittags mit dem Bus nach SeewaldBesenfeld, wo sich die Mitarbeiter nach getaner Arbeit mit Kaffee und Kuchen stärkten. Danach konnten sich alle bei einer ca. zweistündigen Wanderung an der abwechslungsreichen Landschaft freuen. Viele gute Gespräche entwickelten sich auf dem gemeinsamen Weg. Dies war eine gute Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen (näher) kennen zu lernen, die in einem anderen Arbeitsbereich oder einer anderen Abteilung der Klinik arbeiten. Ein wunderbarer Ausblick auf das Murgtal, der die bewanderte Landschaft weit übertraf, wartete auf die teilweise müden, aber glücklichen Ankömmlinge beim Panorama-Stüble in Schwarzenberg. Mit großem Appetit bediente sich jeder an einem liebevoll gestalteten, leckeren Grill- und Salatbuffet und genoss die Gemeinschaft und das Ambiente bei untergehender Sonne. Nach einem ereignisreichen Tag kehrten alle Beteiligten wohlbehalten mit dem Bus in die Klinik zurück.
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Liebe Leserinnen, liebe Leser. Ein Brief von den Praktikantinnen der de’ignisFachklinik an die Leser des de’ignis-Magazins.
Die Nagoldtal-Sperre
Kompetenz. Und Gottvertrauen. Dies ist nicht nur ein Slogan, der leichtfertig unter das Logo der de’ignis-Fachklinik geschrieben wurde. Nein, dies sind zwei Eigenschaften, die wir als Praktikanten hautnah erleben dürfen. Zurzeit leben wir zu viert in der Praktikanten-WG in Egenhausen und fahren von dort aus jeden Morgen zur stationären Klinik. Den Tag beginnen wir dort mit einem gemeinsamen Frühstück, bevor wir uns im Anschluss mit dem gesamten Team zur Morgenandacht treffen. Bereits am ersten Montagmorgen, als wir vom Team begrüßt wurden und jeder sich kurz vorstellte, ist spürbar geworden, wie willkommen wir in der Klinik sind. Jedem von uns ist ein Platz an der Seite eines Psychotherapeuten bereitet, dessen Bezugsgruppe wir zugeteilt sind und der mit uns in engem Kontakt steht. Wir sind alle vier als Praktikanten der Psychologie da, es gibt aber auch Praktikumsplätze bei den Ärzten, in der Pflege oder Verwaltung, in der Küche oder bei den Hausmeistern. So bietet die Klinik ein äußerst breites Spektrum an Einblicken und Erfahrungen, die man sammeln darf. Für uns ist es eine ganz besondere Freude, nicht nur an den Gruppentherapiestunden teilnehmen zu können, sondern auch in der Einzeltherapie dabei zu sein. Dies ist bei Weitem nicht selbstverständlich und beruht auf einem großen Vertrauen, das wir vom Team und auch von den Patienten entgegenge-
bracht bekommen. Natürlich fragen wir die Patienten zuvor, ob sie damit einverstanden sind, dass wir ihre Therapie begleiten. Wir sehen die Patienten unserer Bezugsgruppe somit in sehr verschiedenen Kontexten, da wir neben den Einzel- und Gruppentherapien auch mit in die Bewegungs-, Musik- oder Kreativtherapie gehen können oder weitere Angebote wie Entspannungskurse und das Gruppentraining sozialer Kompetenz anleiten. Uns stehen praktisch alle Angebote offen, die die Patienten wahrnehmen können. So können wir lernen, wie die Ergo- und Physiotherapeuten arbeiten, was beim Sandsackboxen oder Bibliodrama geschieht und was die Patienten im Einzelnen in der jeweiligen Therapie lernen und für sich mitnehmen können. Oft kommt es zu kurzen Gesprächen über Gedanken, die die Patienten gerade bewegen oder Ideen, die plötzlich aufgekommen sind. Und manchmal ist es einfach nur ein freundliches Lächeln, das uns entgegen strahlt und zeigt, dass den Patienten eine bestimmte Erfahrung gut getan hat. Besonders schön und einzigartig sind natürlich die gemeinsamen Gebete. Für mich wird das Gebet mit einer Patientin und dem Therapeuten meiner Bezugsgruppe, das wir nach den Einzelgesprächen jeweils hielten, ein ganz besonderes Erlebnis bleiben. Wir konnten spüren, für wie viele kleine Schritte wir Gott dankbar sein dürfen und wie wohlwollend er die Therapie begleitet hat.
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Blick vom Egenhäuser Kapf ins Tal
Ab und zu dürfen wir Praktikanten auch das Morgengebet des Teams gestalten oder mit den Patienten den Lobpreis halten. „Sie sind so voller Energie und Freude, danke für die schöne Musik“, freut sich eine Patientin über Sara Odau, die mit ihrem Gitarrenspiel den Lobpreis bereichert. Sara ist 23 Jahre alt und studiert Psychologie in Greifswald. Dort ist sie bei „GreifBar“ tätig, einem Werk der Pommerschen Landeskirche. Sie erfuhr über den Stand bei Willow Creek mehr über die Klinik und baute dort den Kontakt zu den Eheleuten Heidi und Claus-Jürgen Hartmann auf. Sie kommt gebürtig aus Geesthacht in der Nähe von Hamburg und bleibt für acht Wochen als Praktikantin in Egenhausen. Während dieser Zeit können wir neben den Erfahrungen bei den Psychologen und Patienten auch Einblicke in den Alltag des Küchenteams erhalten, denn jeden Mittag übernehmen wir zu zweit den Spüldienst. Er gehört zu unseren Praktikantenaufgaben; genauso wie das Kopieren, Post verteilen, die Vorbereitung der Patientenakten und die Kinderbetreuung. Ein kleiner Gast im Hause, dessen Mutter zur Therapie gekommen ist, spielt ganz besonders gerne mit Vivian Christ, die
durch ein Inserat in der christlichen Zeitschrift „Psychologie und Seelsorge“ vom einzigartigen Angebot der Klinik erfuhr. Vivian kommt gebürtig aus dem Hunsrück und besucht dort ihrem Nachnamen getreu – eine Freie evangelische Gemeinde. Sie ist 21 Jahre alt, studiert Psychologie in Bamberg und macht ihr achtwöchiges Praktikum nun ihm Rahmen ihres Studiums. Desweiteren dürfen wir Praktikanten mit den Patienten die Aufnahme- und Entlassungstests durchführen, zu denen wir die Patienten begleiten und bei Fragen unterstützen. Ab und an stehen auch Patientenfahrten in die umliegenden Städte auf dem Plan oder das gemeinsame Spazieren in der erholsamen Umgebung der Klinik. Es gibt viele Felder und Streuobstwiesen um die Klinik herum, auf denen manchmal eine Schafsherde grast und blökt. Wenn am Morgen die Sonne durch den Nebel zwischen den hohen Tannen bricht, genügt ein stilles Staunen, um zu erahnen, wie reich Gott uns mit der Schönheit seiner Schöpfung beschenkt. Gleich hinter dem Haupthaus beginnt das Naturschutzgebiet „Kapf “, auf dessen Wanderwegen man eine wunderschöne Aussicht auf die Gegend hat und auf dessen Grillplatz wir vor zwei Wochen ein sehr beschwingtes
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Fest mit allen Klinikmitarbeitern gefeiert haben. Auch an den Wochenenden, wenn wir Praktikanten unsere Freizeit im erholsamen Schwarzwald verbringen können, genießen wir die Natur. Am letzten Wochenende haben wir zwei Ausflüge an den Sankenbachsee bei Baiersbronn und die Nagoldtalsperre gemacht und bei herrlichstem Sonnenschein im kühlen Wasser gebadet. Wir lachen viel zusammen, beten füreinander und verbringen eine wirklich geschenkte gemeinsame Zeit. Es fühlt sich zuweilen an, als ob wir uns schon lange kennen und so haben wir eine „kleine neue Familie“ für die Monate in Egenhausen gefunden. Während dieser Monate macht sich die sogenannte „Terraingruppe“ einmal in der Woche für eine kleine Wanderung mit Teresa Kritzinger (24) auf den Weg und genießt mit ihr die ungestörte Ruhe des Waldes. Teresa kommt aus Österreich und studiert Psychotherapie in Salzburg. Sie gehört der International Christian Fellowship Kirche an und erfuhr über Freunde von der Klinik. Sie bleibt für insgesamt 12 Wochen in Egenhausen und spürt zunehmend mehr, wie gut ihr der Therapeutenberuf gefällt. Wir alle bemerken, wie wir mit jeder Woche mehr an den uns anvertrauten Aufgaben wachsen und prüfen können, ob Gott uns wirklich für diesen Beruf vorgesehen hat. Vielmehr für diese Berufung, denn „des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der HERR allein lenkt seinen Schritt“ (Sprüche Salomos 16,9). Ich bin sehr dankbar, für die Weite der Herzen des Klinikteams, die Weitsicht, mit der das Leben jedes Einzelnen angeschaut wird und das stetige Vertrauen, dass Gott das Seine auf allen Wegen dazutut. Ich habe von der Christlich-integrativen Therapie der Klinik über die Universität Trier erfahren, an der ich Psychologie studiere. Mein Name ist Christina Hanenberg, ich bin 22 Jahre alt und komme gebürtig aus Kevelaer am Niederrhein. Dort gehöre ich der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien an. Seitdem ich in Egenhausen angekommen bin, macht es mich sehr glücklich, dass ich die Möglichkeit habe, 10 Wochen lang ein Praktikum bei de’ignis absolvieren zu können und von Gott an diesen Platz gestellt worden zu sein. Ich darf auch im Namen der anderen sprechen, wenn ich sage, dass unsere Erwartungen an das Praktikum weit übertroffen wurden. Wir fühlen uns überaus wohl bei de’ignis und sind sehr dankbar für die gute Verpflegung und die vielen, eindrücklichen Erlebnisse. Es ist also nicht ausschließlich die hohe fachliche Kompetenz des Klinikteams, die es uns leicht macht, Antworten auf unsere Fragen zu erhalten und Erfahrungen in der Praxis unseres Fachs zu sammeln, sondern auch das Gottvertrauen, dass ein jeder ausstrahlt. Ein fester Glaube daran, dass Gott uns in den Beziehungen untereinander begegnet, dass er auch in schweren Zeiten und schwierigen Situationen seine schützenden Hände über uns hält und uns die richtigen Worte schenkt, aufeinander einzugehen. Wir wissen, dass wir ohne ihn nichts
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tun können, mit ihm aber alles. Durch seine reiche Gnade dürfen wir sogar das für uns Menschen Unmögliche hoffen. Nicht nur einmal werden wir Zeuge, wie sich für Patienten plötzlich Türen öffnen, mit denen niemand gerechnet hätte. Wie jemand doch wieder Zugang zu den Mitmenschen und einer hoffnungsvollen Lebensperspektive entwickelt, der anfänglich so traurig und verzweifelt war. Immer wieder hören wir von den Patienten, wie viel Kraft Gott ihnen schenkt und wie wohltuend die Andachten und Predigten in der Klinik für sie sind. Die Seele beginnt von neuem zu atmen, wenn sie sich auf Gott und das Himmlische ausrichtet, wenn sie Gott im Gesang preist und ihn anbetet. Wir wünschen uns, dass noch viele, viele Menschen diese Erfahrungen in der de’ignis-Fachklinik machen dürfen und sich von Gott und den Mitmenschen reich beschenkt wissen! „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen“ (Psalm 103)
Egenhausen, den 1. September 2015 Christina Hanenberg
Fachklinik Aktuell
Treffen mit Pfarrern. Vorstellung der de’ignis-Arbeit. In den letzten Monaten hatten wir zwei Gelegenheiten, die Arbeit von de’ignis den Pfarrerinnen und Pfarrern der Umgebung unserer Klinik vorzustellen.
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Auf unsere Bitte, die Pfarrer der Region über unser vergleichsweise neues ambulantes Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien informieren zu dürfen, wurden wir zu einer Pfarrdienstbesprechung des Kirchenbezirks Nagold eingeladen. Nachdem der Leiter, Dekan Ralf Albrecht, das Treffen mit einem kurzen, prägnanten und inhaltsstarken biblischen Impuls eröffnete, informierten wir die Pfarrer zunächst über die Arbeit der de’ignis-Fachklinik. Dabei stellten wir die verschiedenen Angebote vor, erläuterten, welche Krankheiten wir behandeln und wie eine Kostenübernahme bei der Krankenkasse oder Rentenversicherung für eine Behandlung beantragt werden kann. Das Interesse der Pfarrerinnen und Pfarrer war sehr groß, was sich in zahlreichen Fragen zeigte. Sie interessierten sich insbesondere dafür, auf welchem religiösen Hintergrund die Arbeit von de’ignis basiert und wie der Glaube in den therapeutischen Prozess integriert werden kann. Wir konnten vermitteln, dass uns der christliche Glaube als Ressource wichtig ist, wir aber an keine bestimmte christliche Glaubensgemeinschaft gebunden sind, was sich darin zeigt, dass sowohl Mitar-
beiter als auch Patienten aus verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften kommen. An einigen Beispielen konnten wir erläutern, inwiefern der christliche Glaube in der Therapie eine Rolle spielen kann, z. B. dass ein negatives Gottesbild durchaus ein Aspekt einer psychischen Erkrankung sein kann, während das positive Gottesbild eines liebenden himmlischen Vaters, der in schwierigen Lebenssituationen durchträgt, im therapeutischen Prozess sehr hilfreich sein kann. Im Anschluss stellte Barbara Schwab von der de’ignisBeratungsstelle unser Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien am Beispiel eines Jugendlichen mit dysfunktionalen (abträglichen, schädlichen) Gedanken. Sie erläuterte, wie Gruppenleiter es neuen Besuchern erleichtern können, in einer Gruppe anzukommen. Einige Wochen später hatten wir die Gelegenheit, einigen neuen Vikaren des Kirchenbezirks unsere Klinik in Egenhausen zu zeigen und ihnen unsere Arbeit ausführlicher zu erklären. Oberarzt Dr. Rainer Kloß erläuterte dabei das psychotherapeutische Konzept der Klinik und stellte sich den Fragen der angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer.
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Foto: Christian Prolingheuer
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Start im Dezember 2015
Neues Seminarangebot.
Gesundheitsvortrag.
Das de’ignis-Institut bietet dieses Jahr zum ersten Mal ein Seminar zur diagnosenübergreifenden Psychoedukation an. Start ist im Dezember 2015. Psychoedukation ist eine moderne Methode zur systematischen didaktisch-psychotherapeutischen Intervention für Patienten, Klienten und Angehörige zur Mitbehandlung bei unterschiedlichen psychischen Störungen. Die Methode kann sowohl im Einzelgespräch, wie auch in der Gruppe angewendet werden. Im Seminar werden neben den allgemeinen diagnoseübergreifenden Grundlagen die spezifischen Besonderheiten der Psychoedukation für folgende Diagnosegruppen vermittelt:
Am Mittwoch 17. Juni 2015 hatte die de’ignis-Fachklinik in Kooperation mit der vhs Oberes Nagoldtal zum Gesundheitsvortrag eingeladen. Die Referentin Diplom-Psychologin Daniela Kohlert, Psychologische Psychotherapeutin an der de’ignis-Fachklinik, erläuterte in ihrem Vortrag zum Thema: „Nichts als Arbeit!?“, wie es in unserem Leben, das häufig von vielen Herausforderungen, Veränderungen und einem hohen Lebenstempo geprägt ist, gelingen kann, im Gleichgewicht zu bleiben und wieder Orientierung im Leben zu gewinnen. Gleichgewicht erklärte Sie anhand des Bildes einer Wippe. Wenn eine Seite Gewicht hat, braucht es ein Gegengewicht um ausgeglichen sein zu können. So haben Arbeit und Regeneration ihre Berechtigung im Leben. Anschaulich und sehr lebhaft zeigte die Referentin mit Hilfe der Finger einer Hand fünf Bereiche auf, die helfen können, ausgeglichen zu leben: Werte, d. h. das was einem Menschen persönlich wichtig ist, geben Orientierung, so dass jemand in der Lage ist, Prioritäten zu setzen. Achtsamkeit hilft im Leben nicht nur getrieben zu werden, sondern immer wieder das Hier und Jetzt bewusst wahr zu nehmen. Selbstfürsorge für die eigene Gesundheit durch Bewegung, gesunde Ernährung und Entspannung; das Pflegen eines tragfähigen Beziehungsnetzes und die Akzeptanz dessen, was sich nicht verändern lässt und im Gegenzug das mutige Verändern von Dingen, die sich ändern lassen.
Depression Freitag, 11. Dez. 2015 Seminar 2 Angststörungen Samstag, 12. Dez. 2015 Seminar 3 Suchterkrankungen Freitag, 25. Nov. 2016 Seminar 4 Schizophrenie Samstag, 26. Nov. 2016
Seminar 1
Seminar 5 Allgemeine Psychotherapie Freitag , 9. Dez. 2016
PD Dr. med. Herbert Scheiblich (Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzqualifikation Kinder- und Jugendpsychotherapie, Suchtmedizin, Ernährungsmediziner, Lauftherapeut, Magister der Theologie – Mitglied der de’ignis-Institutsleitung).
Leitung des Seminars:
Teilnahme an unserer Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie oder qualifizierte seelsorgerliche Ausbildung mit Abschluss oder Heilpraktiker für Psychotherapie oder medizinischer, sozialpädagogischer oder theologischer Beruf.
Teilnahmevoraussetzungen:
Anmeldung und weitere Informationen:
www.deignis.de/Angebote/Fortbildung
Die de’ignis-Fachklinik bietet viermal im Jahr Gesundheitsvorträge in Zusammenarbeit mit der vhs Oberes Nagoldtal an. Zu den Gesundheitsvorträgen kommen viele interessierte Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung. Die aktuellen Termine werden jeweils auf der de’ignis-Website www.deignis.de bekannt gegeben.
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Fortbildung in„Christlichintegrativer Beratung & Therapie“ (CiBT) in Egenhausen.
Die „Christlich-integrative Beratung & Therapie“ ist eine Integration von: Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik, Pädagogik zu einem ganzheitlichen Konzept, das alle Aspekte des Menschseins ausgewogen umfasst.
Die Teilnehmer lernen, Menschen mit seelischen Problemen qualifiziert auf der Basis biblischer Werte und Wahrheiten in Kombination mit wissenschaftlicher, klinisch-psychotherapeutischer Fachkenntnis zu helfen. Die Fortbildung ist als dreijährige berufsbegleitende Intensivausbildung in zwei Phasen konzipiert. Phase 1
(1. Jahr Basic)
In Phase I wird innerhalb von sieben dreitägigen Seminaren grundlegendes Wissen für Berater vermittelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Werkzeugen für eine psychologische Beratung. Gleichzeitig dient dieses Jahr der Orientierung, ob eine umfassendere Beratungs-/Therapieausbildung (Phase II) angestrebt werden soll. Ein Abschluss mit Zertifikat als Psychologische/r Berater/in (de’ignis) für seelische Gesundheit ist möglich. Das Ausüben von Heilkunde ist ausgeschlossen. Phase 2
(2. Jahr Advanced, 3. Jahr Skills & Tools)
In Phase II werden vertieftes Wissen, praktische Fähigkeiten und Werkzeuge für Berater und Therapeuten vermittelt. Nach Erfüllung aller Zertifizierungsvoraussetzungen wird ein Zertifikat als Psychologische/r Berater/in (de’ignis) für Pastoralpsychologie und psychosoziale Arbeit verliehen. Das Ausüben von Heilkunde ist damit noch ausgeschlossen. Ein Zertifikat als Therapeut/ in (de’ignis) für Pastoralpsychologie, Psychotherapie und psychosoziale Arbeit kann nach bestandener, selbstorganisierter staatlicher Prüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie vergeben werden. Auf diese Prüfung bereiten wir mit unserer Fortbildung in Theorie und Praxis vor.
Die Durchführung der Fortbildung geschieht in einer offenen Gruppe von ca. 20 Teilnehmern, die in Workshops, Kleingruppen zur Selbsterfahrung und Supervision sowie durch praktische Übungen die Vermittlung von Theorie und Praxis erhalten. Für Interessenten, die eine vergleichbare Ausbildung schon abgeschlossen haben, besteht die Möglichkeit einzelne Workshops zu buchen. Der Kurs steht jedem offen, der …
• mindestens 25 Jahre alt ist • über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt • aufgrund seiner Persönlichkeit für eine Tätigkeit als Berater/Therpeut geeignet ist • einen praktischen beruflichen Bezug zu den Ausbildungsinhalten der CiBT hat • in den Feldern von Beratung, Therapie und psychosozialer Arbeit in Institutionen, Gemeinden oder Ähnlichem tätig ist Bestimmte berufliche Qualifikationen wie in einem Ausbildungsberuf (z. B. Krankenpfleger/in, Gesundheitsberater/in, Erzieher/in) oder einem akademischen Beruf (Ärztin/Arzt, Psychologe/in, Sozialarbeiter/in, Pastor/in) sind erwünscht. Für Teilnehmer ohne akademische Voraussetzungen ist es erforderlich, dass sie die Begrifflichkeiten der oben genannten Fachgebiete beherrschen bzw. sich diese im Selbststudium aneignen. Neben den Präsenzseminaren ist Eigenstudium anhand einer Literaturliste erforderlich.
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Abschluss! Des ersten CiBT-Basic Kurses. Am 9. Mai 2015 hat der erste Fortbildungskurs mit neuem Aufbau das Basic-Jahr (Phase I) beendet. Sieben intensive Seminare und erste Erfahrungen in der Beratungsarbeit liegen hinter den Teilnehmern. Im Februar 2016 geht es dann weiter mit Phase II. Der n盲chste Basiskurs (Phase I) startet 2016 mit dem ersten Seminar (CiBT Basic) vom 14. bis 16. Januar 2016 Bei Fragen rund um die Fortbildung ber盲t Sie gerne Frau Maike Prolingheuer, Assistentin der Institutsleitung, 07453 9494-385 oder m.prolingheuer@deignis.de
Telefon: E-Mail:
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Ambulante Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien. Irgendwie anders – das Asperger-Syndrom.
Toni, 8 Jahre alt, wird in einer Kinder- und Jugendambulanz vorgestellt, da der Verdacht geäußert wurde, dass bei dem Jungen das Asperger-Syndrom vorliegen könnte. Die Mutter berichtet, dass Toni sich schon im Kindergarten am liebsten allein beschäftigt habe. Sein Spiel war von häufigen Wiederholungen geprägt. Bei unerwarteten Veränderungen kam es sowohl im Kindergarten als auch zu Hause zu heftigsten Wutanfällen. Er ist motorisch ungeschickt und beim Essen sehr wählerisch. In der Schule fällt es ihm sehr schwer, sich an Regeln zu halten. In Mathematik beeindruckt er mit Detailwissen. Im Sportunterricht führt seine Ungeschicklichkeit zu großen Problemen. Toni wird immer als letzter in eine Mannschaft gewählt. Insgesamt hat er kaum Kontakt zu seinen Klassenkameraden, er wirkt sehr ichbezogen und geht seinen Mitschülern mit seinen Spezialinteressen und ständigen Wiederholungen auf die Nerven. Er kann kaum auf die Bedürfnisse seiner Mitschüler eingehen, häufig äußert er verletzende Bemerkungen und zeigt sich dabei uneinsichtig. Was bedeutet die Diagnose AspergerSyndrom konkret?
Viele von Ihnen werden noch den Filmklassiker „Rain Man“ mit Dustin Hoffman kennen, der einen Asperger-Autisten spielt. Unvergesslich die monotone Sprache und die weitüberdurchschnittliche rechnerische Begabung, die Dustin Hofmann schauspielerisch perfekt umsetzte. Natürlich kann ein Kinofilm nicht die Vielschichtigkeit des Aspergers-Syndroms wiederspiegeln, genauso wie dieser Artikel nur einen kleinen Überblick über die Symptomatik des Asperger-Syndroms und einen kurzen, unvollständigen Einblick in das Erleben eines betroffenen Kindes geben kann. Das Asperger-Syndrom wurde 1944 von dem österreichischen Kinderarzt Hans Asperger beschrieben. Es ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und gehört neben dem frühkindlichen Autismus und dem atypischen Autismus zu den AutismusSpektrum-Störungen (ASS). Diese sind gekennzeichnet durch: • Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion • Schwierigkeiten in der Kommunikation • sowie stereotypes Verhalten und Sonderinteressen.
Spendenkonto:
de’ignis-Beratungsstelle für Kinder, Jungendliche und Familien Volksbank Nordschwarzwald IBAN: DE85 6426 1853 0066 6240 37 BIC: GENODES1PGW
1 Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion
Die Probleme im sozialen Bereich gehören zu den offensichtlichsten Auffälligkeiten. Das Sozialverhalten wird von der Umwelt als „seltsam“ empfunden. Die betroffenen Kinder haben Schwierigkeiten, sich in andere Kinder hineinzuversetzen und angemessenen Kontakt zu ihren Altersgenossen aufzunehmen und zu halten. „Small Talk“ ist eine große Herausforderung, Blickkontakt wird häufig vermieden. „Die anderen Kinder ärgerten mich oft absichtlich. Die ganze Schulzeit fragte ich mich warum, bis ich später herausfand, dass sie einfach nur etwas über mich herausfinden wollten, weil sie von meiner Fremdheit irritiert waren. Nie gab ich etwas von mir preis oder ging auf sie zu, ich wusste ja sowieso nicht wie. Und ich dachte, sie lehnten mich ab.“ „Ich wusste nicht, was „abmachen“ bedeutete, wie man Kinder einlädt oder was man zusammen reden könnte. Welche Person musste man wie und wann grüßen? Meine Mutter erklärte mir, dass dies anderen Zehnjährigen im Alltag mühelos gelingt.“ Schneebeli 2009, S. 26
2 Schwierigkeiten in der Kommunikation
Häufig verfügen die betroffenen Kinder über einen großen Wortschatz, die Stimme wirkt dabei allerdings eher monoton. Es kann vorkommen, dass das Sprechen nicht der Situation angepasst ist. Es wird zu laut oder zu leise gesprochen, Selbstgespräche werden geführt. Sprachinhalte werden wörtlich genommen, sodass übertragene Bedeutungen nicht verstanden werden. Zu Fragen verhielt ich mich ganz konkret. „Kannst du .... ?“ beantwortete ich mit einem „ja“ und das bedeutete „ja, ich kann“. Daher war der Effekt meines „ja“ auf die Frage „kannst du mal dein Zimmer aufräumen?“ nicht der gewünschte. Ich begriff überhaupt nicht, warum sie sich in diesem Fall so sehr über mich aufregten. Gerland,1998, S. 96
3 Mangelnde Flexibilität, Stereotypen
Die Angst vor Veränderung und die damit verbundene mangelnde Flexibilität ist ein typisches Merkmal für betroffene Kinder. Ein
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Grund dafür ist, dass die Gleichförmigkeit Sicherheit in einer verwirrend wahrgenommen Welt gibt. Die Kinder beharren auf die gelernten Regeln und Routinen. Plötzliche, unerwartete Veränderungen bedeuten Unsicherheit verbunden mit Angst. Diese Angst äußert sich häufig in emotionalen Ausbrüchen. Die Stereotypien äußern sich beispielsweise in der regelmäßigen Beschäftigung mit Spezialinteressen, häufige wiederkehrende Bewegungswiederholungen und zwanghaften Gesprächsthemen. Neben all diesen Auffälligkeiten bestehen häufig zahlreiche Wahrnehmungs-besonderheiten. Man geht davon aus, dass die Verarbeitung von Sinnesreizen bei Menschen mit Autismus auf besondere Art abläuft und sie sich daher in der Wahrnehmung von ihren Mitmenschen unterscheiden: „[…] der Autismus ist so schlimm, dass er eigentlich alle Bereiche betrifft auch das sehen, hören und denken […] meine Augen sehen anders als eure. Ich habe viel zu viel möglichkeiten, sachen zu sehen, die nicht nötig sind, ohne andere, habe auch ein zu gutes gehöre so dass ich nicht aussuchen kann, was ich hören will. Das strengt sehr an und zermürbt mich oft. Tief im herzen möchte ich mal ausruhen und nur mal hören und sehen, was andere sehen.“ Mario L., 14 J. alt, in: Bunter Vogel, Dez. 95
Förderungs-und Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder mit einem Asperger-Syndrom:
Letztendlich geht es darum, das Kind mit einem AspergerSyndrom in seiner Individualität zu verstehen, zu fördern und zu stärken sowie seine Lebensqualität und die seiner Familie durch geeignete Unterstützungsmöglichkeiten zu verbessern. Dazu zählen unter anderem:
uns finanziell unterstützen möchten, nutzen Sie bitte das extra für den Bereich Kinder/Jugendliche eingerichtet Spendenkonto. (siehe links).
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wir begleiten Sie und Ihr Kind. In eine positive Zukunft. In jeder Familie gibt es Krisenzeiten, besonders während der Pubertät der Kinder. Bei anhaltenden oder gravierenden Krisen kann es für die Überwindung sehr hilfreich sein, fachliche Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen, z. B. unsere Sozialpädagogische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien.
• Annahme des Kindes wie es ist • Beratung und Aufklärung der Eltern und des Kindes • Beratung und enge Kooperation mit der Schule und den Lehrern, eventuell Beantragung einer Schulbegleitung • Schaffung von klaren und bleibenden Strukturen • Einübung von Routinen • Förderung der sozialen Kompetenzen, behutsame Förderung von Sozialkontakten • Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten • Vermeidung von Redewendungen, die missverstanden werden könnten • Anerkennung und Nutzung des Spezialinteresses • Förderung und Nutzung der Stärken wie beispielsweise Aufrichtigkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit, ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
Aktuell bieten wir: • Ambulante Beratung, insbesondere Erziehungsberatung • Unterstützung von Jugendlichen in ihrem Identitäts findungsprozess und bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung • Sozialpädagogisches Handeln in akuten Krisensituationen (z. B. Hausbesuch, Einsatz vor Ort) • Training sozialer Kompetenzen mit Kindern und Jugendlichen • Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitstraining • Begabungsdiagnostik, Unterstützung bei der Lebens und Berufsplanung • AD(H)S -Konzept für Versicherte der DAK Gesundheit und einiger BKKen (in Kooperation mit Dr. med. Herbert Scheiblich) • Therapie und Elterntraining
Die Arbeit der de’ignis-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien wird zu einem Teil aus den Erlösen für die Beratungen finanziert, zum anderen Teil aus Spenden. Wenn Sie
de’ignis-Institut gGmbH · info@ deignis.de · www.deignis.de Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig · Telefon +49 (0) 7453 94 94- 0
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Spendenkonto: 54
Wohnheim Aktuell
Das de’ignis-Wohnheim aus der Sicht einiger Mitarbeiter.
Helga Kontschak • Fachkraft Krankenpflege
Warum arbeite ich im de’ignis-Wohnheim? Diese Frage wurde mir, zumindest so ähnlich, erst vor kurzem gestellt.Unwillkürlich gingen meine Gedanken dabei 2 1/2 Jahre zurück, als ich das de’ignis-Wohnheim zum ersten Mal gesehen habe und in den dortigen Alltag hinein schnuppern durfte. Und unwillkürlich tauchte in meinen Gedanken die Frage auf: Würde ich es wieder tun? Die Antwort war simpel, ein einfaches „Ja“ genügte. Dafür gibt es mehrere Gründe. Ich schätze es sehr, wie hier mit chronisch psychisch kranken Menschen umgegangen wird, trotz mancher sehr kreativen „Eigenarten“, die solche Menschen entwickelt haben. Für Menschen mit christlichen Werten, die psychische Probleme haben, braucht es einen Platz, an dem sie auch hierin verstanden werden. Hierbei finde ich den Christlich-integrativen Therapieansatz sehr hilfreich. Ein weiterer Grund und gleichzeitig auch ein motivierender Gedanke ist, gerade auch junge Erwachsene begleiten zu dürfen, sie zu ermutigen, ihre Ressourcen zu sehen und trotz aller gestellten Diagnosen ihr Leben in die Hand zu nehmen und auch Verantwortung dafür zu übernehmen. Ich persönlich empfinde es als Vorrecht, mich in Menschen investieren zu dürfen – zuzuschauen, wie sie sich verändern, auch wenn es manchmal lange dauert oder die Schritte sehr klein sind. Für den oft sehr turbulenten und voluminösen Wohnheimalltag, brauche ich es, mir immer wieder bewusst zu werden, dass die Gegenwart Gottes mitten in diesem Alltag ist. Es ist für mich enorm wichtig, immer wieder an einer gesunden Balance zu arbeiten – den Lebensstil Jesu einzuüben – Rückzugszeiten für mich selbst und meine Beziehung zu Gott einzubauen, aber auch Zeiten mit der Familie und engen Freunden. Was die tägliche Arbeit enorm bereichert, ist der gute, kollegiale Umgang untereinander und Zeiten in denen wir auch immer wieder sehr viel Spaß miteinander haben.
de’ignis-Wohnheim Sparkasse Pfullendorf-Messkirch Konto-Nr. 105 338, BLZ 690 516 20 IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD
um unsere Bewohner, dass sie ihren Weg finden, in Freiheit, Würde und Selbstbestimmung. Und mit einem erlebbaren Gott an ihrer Seite. Meine eigene Gottesbeziehung ist das, was mir die Kraft gibt, engagiert zu bleiben, das tägliche Miteinander, aber auch Auszeiten nur mit Gott oder einer lieben Freundin. Ich bin dankbar für den kostbaren Auftrag hier und freue mich immer wieder zu so einem tollen Team zu gehören und an einer Stelle zu sein, die wohl im Himmel für mich geschaffen wurde. Peter Hartmann • Sozialpädagoge
Im de’ignis-Wohnheim gibt es immer wieder herausfordernde Situationen, es wird nie langweilig. Ich kann meine Gaben einbringen, z. B. als Chorleiter den Bewohnern die motivierende Tätigkeit des Singens nahe bringen, mit ihnen überlegen, wie man sein zur Verfügung stehendes Geld sinnvoll einteilt, sie beraten in sozialen oder behördlichen Angelegenheiten. Durch Gremienarbeit kann ich auch in der Gesellschaft die Anliegen psychisch kranker Menschen vertreten und damit zu einem besseren Verständnis psychischer Erkrankungen beitragen. Renate • Heilerziehungspflegerin und Peter Sieland • Arbeitserzieher
Wir arbeiten im de’ignis-Wohnheim, weil wir einen Arbeitsplatz wollen, in dem eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus gelebt wird. Außerdem finden wir es motivierend, dass wir uns mit unseren Ideen und Talenten einbringen können und oft erfahren wir, dass Gott für uns schon Dinge vorbereitet hat, die dann genau passen oder gebraucht werden. Auch wenn es mit manchen Herausforderungen verbunden ist, finden wir immer wieder die Kraft, engagiert und motiviert zu bleiben. Wir wissen nämlich, dass dies der Platz ist, wo Gott uns haben möchte. In der Arbeit mit den Bewohnern zeigt er immer wieder seine ganz individuellen Gedanken, Vorgehensweisen und Ideenreichtum. Wir werden dadurch reich beschenkt.
Gaby Hartmann • Sozialpädagogin
Iris Rebholz • Erzieherin
Ohne Gott wäre für mich die Mitarbeiterschaft im de’ignisWohnheim nicht möglich. Es ist wohltuend, ganz praktisch zu erleben, dass Gott hier wirklich an der ersten Stelle steht, sei es von der gesamten Ausrichtung her wie auch im Miteinander von den Mitarbeitern und last not but least im Ringen
Bei der Arbeit im de’ignis-Wohnheim sehe ich meine Berufung von Gott, Menschen, die in eine Not oder Krise geraten sind, zu unterstützen, zu begleiten und sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Würde wieder zurück ins „Leben“ zu führen. Meine Motivation ist es, den Menschen mit Würde und
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Die Mitarbeiter des de’ignis-Wohnheim bei einer der vielen Besprechungen
Ermutigung zu begegnen, verbunden mit der Freude, ihnen bei ihrer Entwicklung und Entfaltung behilflich zu sein. Die Kraft engagiert zu bleiben, entnehme ich den besonderen Augenblicken, in denen ich die „kleinen (Fort-)Schritte“ unserer Bewohner zurück ins „Leben“ wahrnehmen kann und ihr Strahlen und die Freude in den Gesichtern sehe, wenn sie dies selber erkennen. Kathrin Leinenbach • Erzieherin
Meinen Weg ins de’ignis-Wohnheim habe ich als deutliche Führung von Gott erlebt. In mir schlägt ein Hirtenherz für zerbrochene Menschen, dabei empfinde ich eine Leidenschaft für die Begleitung unserer Bewohner. Ich liebe es, Orte mit zu gestalten, in denen sich Leben entfalten kann. Das Lied: „Urklang“ von Albert Frey berührt mich immer wieder, besonders wenn wir dies zusammen im Wohnheim singen. Darin heißt eine Sequenz „Schöpfergeist weck Lebenslust, Liebesglut und Kampfesmut.“ Es ist spannend mitten im Alltag der Bewohner zu sehen, wie sich Dinge im Lauf der Zeit entwickeln. Wie Einzelne ihr Leben neu anpacken, innerlich ausgeglichener werden, mehr von sich entdecken, eben ganz einzigartig– wo letztlich mehr Lebensqualität entsteht, auch wenn dies viele mühsame Schritte kostet und einen langen Atem erfordert. Doch in dem ganzen Kampf des Alltags mit den spürbaren Lasten der Bewohner sowie manchen Unmöglichkeiten erlebe ich, wie Gott sich zu uns stellt, wie er wirkt und etwas Gutes daraus wird. Das gemeinsame fachliche sowie geistliche Ringen als Team für unser Haus und die Bewohner ist mir sehr wichtig. Dieses am gleichen Strang ziehen in einem guten Miteinander fördert nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern ich erlebe es auch persönlich als sehr wertvoll, gemeinsam unterwegs zu sein. Gerade wenn die Arbeit erdrückend wirkt, ermutigt es mich, in ein engagiertes Team eingebunden zu sein und zu erleben, wie jeder nach Lösungen sucht, um neue Perspektiven für jeden einzelnen zu gewinnen.
Schulung für Seelsorge. Zur Begleitung von Menschen mit Lebenskrisen, psychischen Problemen und Krankheiten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, fundiert mit solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung ist das Fundament aller Seminarinhalte. Diese Seelsorgeschulung umfasst insgesamt 10 Seminare. Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Die Schulung soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen mit seelischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennen zu lernen. Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden. Seminar 5: 27. – 28. November 2015
Jugendseelsorge – Freundschaft, Liebe, Sexualität Seminar 6: 05. – 06. Februar 2016
Biblische Anthropologie, Therapie des Herzens, Hören auf Gott Seminar 7: 15. – 16. April 2016
Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu sich selbst) in Vergangenheit und Gegenwart Seminar 8: 15. – 16. Juli 2016
Identitätsentwicklung und –störungen, Sucht, Borderline-Persönlichkeitsstörung Weitere Infos über Termine 2016/2017 sowie den Kursneustart unter Telefon 07434 72341 -76. Veranstaltungsort:
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen www.tabor-schulungszentrum.de
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen, psychiatrischen Betreuung Telefon +49 (0) 7575 92 507- 0 seelsorge@ deignis-wohnheim.de · www.deignis.de
Einstieg jederzeit möglich !
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Wohnheim Aktuell
Seelsorgeschulung Kaleidoskop. Teilnehmer unseres Seelsorgekurses in Winterlingen berichten. Chancen und Grenzen „Ich fand es sehr interessant, die verschiedenen Therapierichtungen kennen zu lernen. Die unterschiedliche Herangehensweise an die jeweilige Thematik des Ratsuchenden und eben auch Chancen und Grenzen.“
Herzensoffenbarungen „Gesalbte Lobpreiszeiten als fester Bestandteil der Seminare geben dem Wirken des Heiligen Geistes Raum und schaffen die Grundlage für Herzensoffenbarungen bei den Teilnehmern der Seelsorgekurse.“
Parallelen zum eigenen Prozess „Durch die Beispiele
An eurer Liebe untereinander wird man euch erkennen „Ich kenne viele Mitarbeiter und auch Winfried
aus der Praxis (im de’ignis-Wohnheim) konnten viele Inhalte verdeutlicht werden. In vielem fand ich Parallelen einerseits zu meinem eigenen Prozess und andererseits zu dem, was ich in der Begegnung mit Menschen aus meinem Umfeld erlebe.“ Liebe deinen Nächsten wie dich selbst „Das Ver-
stehen der internen, teilweise unbewussten Vorgänge, die in einem seelisch verletzten Menschen ablaufen, eröffnen eine neue Sichtweise und ermöglichen eine Barmherzigkeit, sich selbst und dem Nächsten gegenüber. So bekam ich im Seminar erneut wichtige Impulse zur Umsetzung des zentralen Gebotes der Bibel: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Verknüpfung zwischen fachlich/therapeutischem Wissen und biblischer Wahrheiten
„Insgesamt erlebe ich in der Teilnahme an der Semiarreihe die Verknüpfung zwischen fachlich/therapeutischem Wissen und biblischen Wahrheiten als besonders wertvoll. So werden die einzelnen Seminare zu wichtigen Meilensteinen auf meinem Glaubensweg – einem Weg der Heilung und Wiederherstellung.“
Hahn als Referent der Seminare auch persönlich aus ihrer Arbeit im de’ignis-Wohnheim und erlebe dort auch in der Begegnung mit Bewohnern vom de’ignis-Wohnheim die liebevolle Art, wie die Mitarbeiter mit diesen oft so zerbrochenen Menschen arbeiten und leben. Es herrscht eine Atmosphäre der Hingabe. Im Wohnheim wie auch in den Seminaren werden die Worte Jesu lebendig: „An eurer Liebe untereinander wird man euch erkennen.“ Ich bin sehr dankbar, diese Seminare besuchen zu dürfen.“ Lebensfreude und Selbstwert „Durch das was ich in den Seminaren erlebe und wie ich seither Gott erlebe, wächst in mir ganz langsam wieder Lebensfreude. Die Mitarbeiter in den Seminaren vermitteln mir, wertvoll zu sein. Ich werde in meiner Art respektiert und angenommen. Und so langsam erhalte ich zurück, was ich verloren hatte – meinen Selbstwert. Ich darf aus alten Mustern aussteigen, Altes hinter mir lassen, damit Neues erblühen kann und darf.“
Alle Verfasser dieser Berichte sind der Redaktion bekannt.
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de’ignis-Wohnheim. Viele Herausforderungen mit hoffnungsvoller Perspektive.
ötigen Wir ben re n Eu weiterhi tzung! Unterstü machen! Jetzt mit
Große Fortschritte macht die Planung unseres Neubaus, der nötig wird, um die neuen Vorgaben der Landesheimbauverordnung, die ab 2019 in Kraft treten zu erfüllen. Wir befinden uns in intensivem Austausch mit den entsprechenden Fachbehörden. Dankbar sind wir nach wie vor für unsere engagierten Mitarbeiter/innen, die alles geben, damit der Aufenthalt im de’ignis-Wohnheim für unsere Bewohner nicht nur angenehm ist, sondern auch effektiv und damit, pädagogisch nachhaltige und erfreuliche Veränderungen bewirkt. Sehr dankbar sind wir für das spürbare Wirken Gottes in unserem täglichen Handeln. Für gesetzlich vorgeschriebene Erweiterungen und Neubauten am de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor in Engelswies benötigen wir in den nächsten Jahren eine gewaltige Investitionssumme. Diese Summe wird in 50.000 „Bausteine“ zu je 20 Euro aufgeteilt: Ich möchte Baustein(e) zu 20,- Euro pro Bausteinspenden und überweise den Gesamtbetrag von Euro auf das unten folgende Konto.
So können Sie ganz praktisch Teil des neuen de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor werden und dazu beitragen, dass wir auch weiterhin den Menschen dort Hilfe anbieten können, wo sie gebraucht wird. Als Spender erhalten Sie zudem ein Zertifikat über Ihre gespendeten „Bausteine“ sowie eine entsprechende Spendenbescheinigung.
Arbeiten zur Renovierung und zur schrittweisen Anpassung an die Vorgaben der neuen Landesheimbauverordnung haben im Altbau, wie man sieht, schon begonnen.
Spendenkonto:
de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor Sparkasse Pfullendorf-Messkirch Konto-Nr. 105 338, BLZ 690 516 20 IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD
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Polen Aktuell
Ambulante Therapie und Beratungsstellen (de’ignis). de’ignis-Gesundheitszentrum Sommerstraße 1, 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0, info@deignis.de de’ignis-Wohnheim Fred-Hahn-Straße 32, 72514 Engelswies Telefon 07575 92507-0, wohnheim@deignis.de
Einige unserer polnischen Mitarbeiter bei der Planung unserer Beratungsstelle in Warschau im Gemeindezentrum von Pastor Andrzej Nedzusiak (rechts im Bild)
Christliche Stiftung de’ignis-Polen. Es ist soweit. Ab November eröffnet die Christliche Stiftung de’ignis-Polen in Warschau eine Beratungsstelle. Dies ist für uns ein kleines historisches Datum, markiert es doch den Beginn einer Erweiterung unserer praktischen Tätigkeit in Polen. Neben unseren gut besuchten Schulungen für Seelsorge und saisonalen Therapiewochen im Haus ICHTHYS in Pomesk in früheren Jahren, entsteht jetzt eine dauerhafte Möglichkeit, ambulante therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durchgeführt wird die Therapie von unserer Psychotherapeutin Jola Tomczak. Unsere Beratungsstelle befindet sich in den Räumlichkeiten einer renommierten Arztpraxis im Zentrum von Warschau. Für diese Möglichkeit sind wir sehr dankbar. Auf dem oben stehenden Foto sieht man die Freude auf den Gesichtern einiger unserer Mitarbeiter. Dieser Schritt stellt für uns wieder ein neues Wagnis dar, denn trotz Wirtschaftswachstum ist die finanzielle Lage vieler Menschen in Polen äußerst angespannt. Nicht alle die Hilfe brauchen, werden dafür bezahlen können. Wir sind also weiterhin auf Hilfe und Unterstützung angewiesen.
de’ignis-Institut, Beratungsstelle Lerchenstraße 40, 72213 Altensteig Telefon 07453 9494 -0, institut@deignis.de Gillian Flügel, Beratungsstelle Am Bauschbergle 45, 72108 Rottenburg Telefon 07472 7833, gillfluegel@hotmail.de Magdalene Schnabel, Beratungsstelle Max-Liebermann-Straße 9, 73257 Köngen/N. Telefon 07024 8689169, info@jahwe-rapha.de Dorothea Reuther, Beratungsstelle Dillweißensteiner Straße 9, 75180 Pforzheim Telefon 07231 784088-0, dorothea.reuther@gmx.net Dagmar Göhring Sigmaringer Straße 64, 72474 Winterlingen Telefon 07434 7234187, dabegoe@t-online.de Erika Gesper, Beratungsstelle Alte Jakobstraße 75, 10179 Berlin Telefon 030 27591782, e.gesper@googlemail.com Katrin Lehmann & Annette Kuhn, Beratungsstelle Großenhainer Straße 137, 01129 Dresden Telefon 0351 84387-77, kathrin.lehmann@deignis-dresden.de Dr. med. Martina Dickhaut, Beratungsstelle Flamweg 89, 25335 Elmshorn Telefon 0175 6552413, martinadickhaut@gmx.de
Spendenkonto:
Christliche Stiftung de’ignis-Polen Sparkasse Pforzheim Konto 7 260 512 · BLZ 666 500 85 IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC: PZHSDE66XXX
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Tage seelsorgerlicher Begleitung.
Seelsorge mit allen Sinnen erleben.
Welches Ziel streben wir an?
Identität. Der ICH BIN sagt mir, wer ich bin!
Jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin ein Stück weit auf seinem/ihrem Weg der seelischen Verarbeitung zu begleiten. Was sind die „Tage seelsorgerlicher Begleitung“?
Diese Tage sind eine Einladung an alle als Abstand vom Alltag und geben Raum für die eigene Seele. Wie geschieht dies?
Ein Team von Seelsorgern wird die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in diesen Tagen bei Lobpreis, Gebet, Plenum, Kleingruppe, Stillezeiten und in Einzel-Seelsorge begleiten.
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Welches Ziel streben wir an?
Zu erleben was es heißt, „... dass ich für GOTT so wertvoll bin, dass ER mir ganz persönlich begegnen möchte und mir hilft, zu meiner gottgegebenen Identität zu finden und zu stehen“. Was ist „Seelsorge mit allen Sinnen erleben“?
In diesem Seminar werden alle Sinne angesprochen. Wie geschieht dies?
Warum machen wir das?
Durch Seelsorge, Gemeinschaft und Abstand vom Alltag sollen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gestärkt und ermutigt werden, um in ihrem Alltag weiterhin (oder wieder) bestehen zu können.
Vom 11. bis 13. Dez em ber
in Winterlingen
Durch Musik, Text, Foto-Impressionen … wird der Symbolgehalt des Wortes Gottes „erfahrbar“ gemacht. Was machen wir?
Gespräch, Austausch in der Gruppe, Einsatz neuer kreativer Methoden (Musik, Text, Foto-Impressionen, Symbolgehalt des Wortes Gottes), Lobpreis, Hören auf Gott, Gebet und manches mehr. Warum machen wir das?
Durch ressourcenorientierte, begleitende Seelsorge sollen die Teilnehmer gestärkt und ermutigt werden, um im Alltag weiterhin oder wieder zu bestehen.
Seminarleitung:
Seminarleitung:
Dagmar Göhring mit Team
Dagmar Göhring mit Team
Veranstaltungsort:
Veranstaltungsort:
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen Tel. 07434 7234176 · info@tabor-schulungszentrum.de
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen Tel. 07434 7234176 · info@tabor-schulungszentrum.de
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64, 72474 Winterlingen Telefon +49 (0) 74 34/72 34 17 6 info@tabor-schulungszentrum.de
Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64, 72474 Winterlingen Telefon +49 (0) 74 34/72 34 17 6 info@tabor-schulungszentrum.de
Vom 15. bis 17. Jan uar 201 6
in Winterlingen
Bei Unzustellbarkeit oder Mängeln in der Anschrift senden Sie bitte eine Benachrichtigungskarte an diese Adresse: de’ignis-Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
de’ignis-Fachklinik Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik: • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen • Sanatoriumsbehandlung • Nachsorge IRENA und ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention und Vorsorge • Assessment-Center
de’ignis-Wohnheim Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik • individuelle Betreuung
de’ignis-Institut Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben: • Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie • Interkonfessionelle Seelsorgeschulung • Vernetzung von Fachleuten • Supervision (ambulant) • Beratungsstellen (ambulant) • Sozialpädagogische Kinder- und Jugendambulanz • Weitere Angebote zur Prävention
de’ignis-Polen Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Schulungen • Freizeitpädagogik • Geplante ambulante und
stationäre Therapieangebote
www.deignis.de