Umsetzungstipp
Contradictio
Mit dem Gegenteil erklären
Publikationsreihe «Umsetzungstipps – Unterrichtsmethoden»
In unserem Vademecum «ÜberUnterrichten» haben wir die Herausforderungen kompetenzorientierter Unterrichtsmethoden vorgestellt und ein Spektrum verschiedener Unterrichtsmethoden aufgezeigt, mit denen Sie Handlungskompetenz in Ihren Unterricht integrieren.
Im Fokus stehen dabei:
> Methoden, um Lernvoraussetzungen zu schaffen
> Methoden zur Vermittlung und Sicherung von berufsrelevantem Wissen und Verständnis
> Methoden zur Vermittlung, zur Anwendung und zur Wissenssicherung von Vorgehensweisen, Fertigkeiten und Techniken
> Methoden zur Förderung und Reflexion des persönlichen, berufsbezogenen Erfahrungswissens
> Methoden zur Festigung von beruflicher Erfahrung
> Methoden, um Auswertung und Abschluss zu gestalten
Die Umsetzungstipps knüpfen an das Vademecum an und vertiefen jeweils eine darin aufgeführte Unterrichtsmethode.
Fokus der Umsetzungstipps – sie tragen ihn bereits im Namen – ist die Umsetzung. Während im Vademecum vor allem das Was ins Zentrum gestellt wurde, so geht es in den Umsetzungstipps nun um das Wie der zentralen Unterrichtsmethoden.
Wir hoffen, Ihnen mit den Umsetzungstipps wertvolle, praxisnahe und vor allem hilfreiche Impulse für die Umsetzung der Unterrichtsmethoden geben zu können.
Das Wort «Contradictio» stammt ursprünglich aus dem Lateinischen und bedeutet «Widerspruch». Im Unterricht wird die Methode Contradictio dazu angewendet, Wissen zu sichern. Dafür bringen die Teilnehmenden das neue Wissen mit dem bereits bekannten Wissen in Verbindung. Sie arbeiten selbstständig die Unterschiede zwischen dem neuen und dem bereits bekannten Wissen aus. Dadurch setzen sich die Teilnehmenden aktiv mit dem Gelernten auseinander, was zur Wissenssicherung führt.
Ein Contradictio wird beispielsweise nach dem Vorstellen eines neuen Themas durchgeführt. Die Teilnehmenden erhalten den Auftrag, Bereiche zu identifizieren, die gerade nicht so sind wie im beschriebenen Thema. Oder die Lehrperson gibt die beiden Bereiche vor und die Teilnehmenden müssen selber herausfinden, wo die Unterschiede sind.
Die theoretischen Grundlagen dieser Unterrichtsmethode liegen im Diskriminationslernen (Frey & FreyEiling 2010). Das Diskriminationslernen ist eine Form des assoziativen Lernens. Das assoziative Lernen besagt, dass ein Lernprozess in Gang gebracht wird, wenn zwei Begriffe miteinander in Beziehung gebracht werden können. Oder anders gesagt: Es fällt leichter, neues Wissen abzurufen, wenn das neue Wissen mit dem alten Wissen verknüpft wird. Dies, weil dadurch die ganze Assoziationskette erinnert wird (Ausubel 1973).
Bei der Methode Contradictio erkennen die Teilnehmenden den Unterschied zwischen Neuem und bereits Bekanntem. Dadurch nehmen sie das neue Wissen klar und kontrastiert wahr. Das macht das Contradictio zu einem guten Wissenssicherer, der den Lernprozess nachhaltig unterstützt.
Folgende Literatur ermöglicht einen theoretischen Einblick in die Unterrichtsmethode:
Ausubel, D. P. (1973).
Die Verwendung von «Advance Organizers» beim Lernen und Behalten von bedeutungshaltigem, sprachlichen Material. Funkkolleg Pädagogische Psychologie, Grundlagentexte. Frankfurt: Fischer.
Edelmann, W. (2000).
Lernpsychologie (6. Auflage).
Weinheim: Beltz.
Frey, K. & FreyEiling, A. (2010). Ausgewählte Methoden der Didaktik. Zürich: vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich.
anforderungen an die unterrichtsmethode
Die Methode eignet sich nur dann, wenn die Teilnehmenden Verwandtes kennen und das Neue davon abheben können.
Um neue Begriffe einzuführen, ist diese Methode ungeeignet.
Damit die Unterrichtsmethode funktioniert, müssen die Teilnehmenden das neue Thema verstanden haben und die Begriffe einordnen können. Nur so gelingt es, dass die Teilnehmenden das Neue mit verwandten Themen in Beziehung setzen und Unterschiede identifizieren.
tipps für die entwicklung des unterrichtsmaterials
Für diese Unterrichtsmethode muss kein bis wenig Unterrichtsmaterial vorbereitet werden. Es bietet sich an, eine vollständige Arbeitsanleitung für die Teilnehmenden zu verfassen. Die Arbeitsanleitung muss selbsterklärend sein und Folgendes beinhalten:
> Ausgangslage
> Aufgabenstellung
> Erwartungen
> Organisation
Ob mit oder ohne Arbeitsanleitung, die Lehrperson sollte sich in der Vorbereitung Gedanken zu folgenden Fragen machen:
> Sollen die Teilnehmenden die Unterschiede zwischen zwei vorgegebenen Begriffen identifizieren oder sind sie in der Auswahl frei?
> Falls zwei Begriffe vorgegeben werden: Welche Begriffe eignen sich?
> Welche Hilfestellungen und Formulierungen (mündlich oder schriftlich) eignen sich, um die Teilnehmenden in den Gedankenfluss zu führen?
Je nach Ausgestaltung Plenumsdiskussion zum Abschluss müssen Schreibpapier, Karteikarten und Stifte organisiert werden.
Demzufolge erzielt ein Contradictio mit wenig Vorbereitungsaufwand einen hohen Lerneffekt.
Mit vorgegebenen Begriffen
Ein Contradictio läuft folgendermassen ab, wenn zwei Begriffe vorgegeben werden:
1. Die Teilnehmenden haben ein neues Thema kennengelernt.
2. Die Lehrperson schreibt einen Begriff des neuen Themas und einen Begriff eines verwandten, bereits bekannten Themas an die Wandtafel.
3. Die Teilnehmenden werden aufgefordert, die Unterschiede der beiden Begriffe zu identifizieren.
4. Danach findet eine Diskussion über die Unterschiede im Plenum statt.
Ohne vorgegebene Begriffe
Wie bereits erwähnt, muss die Lehrperson nicht zwingend zwei Begriffe vorgeben. Je nachdem bietet sich eine offenere Gestaltung an. Die Lehrperson leitet die Teilnehmenden dann an, sich das Gegenteil des Neuen zu überlegen. Das kann z. B. sein:
> eine widersprüchliche Aussage
> ein Gegenbeispiel
> eine konträre Situation
> eine andere Ansicht
Erfolgsfaktoren für beide Varianten Je nach Teilnehmendengruppe eignet sich die eine oder andere Ausgestaltung besser.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Teilnehmenden aktiv zum Nachdenken angeregt werden. Beispiele, die den Teilnehmenden aufzeigen, wie sie die Unterschiede oder Gegensätze suchen sollen, sind dafür hilfreich.
Die Lehrperson lässt danach die Teilnehmenden in Ruhe arbeiten und greift nicht in den Suchprozess der Teilnehmenden ein. Dies stellt sicher, dass die Teilnehmenden ihren Gedanken freien Lauf lassen können. Das ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren dieser Unterrichtsmethode.
Abschliessend findet eine Diskussion im Plenum statt. Es bietet sich an, dass die Teilnehmenden ihre Überlegungen in Gruppen im Plenum präsentieren, ihre Ergebnisse auf Karteikarten schreiben und an eine Pinnwand heften oder ihre Überlegungen grafisch festhalten. Der Diskussion im Plenum sind keine didaktischmethodischen Grenzen gesetzt.
Ein Contradictio ist für eine Gruppengrösse von 5 bis 20 Teilnehmenden geeignet. Es kann alleine, als Partner oder Gruppenarbeit durchgeführt werden. Je nach Ausgestaltung dauert es zwischen 5 und 20 Minuten.
Kompetenzorientierter Unterricht auf den Punkt gebracht. Ohne Fragezeichen? Denn obschon das Vermitteln, Sichern und Anwenden von Kompetenzen in aller Munde und Bestandteil jedes zeitgemässen Unterrichtskonzepts ist, zeigen sich die Schwierigkeiten oft erst bei der Umsetzung.
In unserer Reihe «Umsetzungstipps» unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung kompetenzorientierter Bildungsmassnahmen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie kompetenzorientierte Unterrichtsmethoden punktgenau im Unterrichtsalltag umsetzen können.
Unsere Publikationsreihe umfasst ein Spektrum von rund 40 Unterrichtsmethoden. Diese werden laufend publiziert.
Im Bereich «Grundlagenwissen und Verständnis sichern» bietet die Publikationsreihe Umsetzungstipps zu folgenden Unterrichtsmethoden:
Fragespiel
Interview
MindMap
Beziehungsnetz
Zeichnen statt Schreiben
Stamm und Äste
Contradictio
Sie finden unsere Umsetzungstipps jeweils nach Erscheinen auf unserer Homepage. Möchten Sie die Umsetzungstipps lieber in gedruckter Form beziehen, tragen Sie sich ein unter: www.ectaveo.ch/abonnement-umsetzungstipps
Wir stellen Ihnen diese gerne regelmässig nach Erscheinen per Post zu.
Herausgeberin
Ectaveo AG
Riedtlistrasse 15a
CH-8006 Zürich info@ectaveo.ch www.ectaveo.ch
Autorin
Ectaveo AG
Gestaltung und Satz dezember und juli gmbh www.dezemberundjuli.ch
Auflage 1. Auflage, 2024
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