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Was ist Yoga
So betrachtet wird deutlich, wie die Natur des Kletterns automatisch das Konzept des Vinyasa beinhaltet. Im Yoga, im Klettern, im Leben erleben wir einen kontinuierlichen Fluss von körperlichen und geistigen Veränderungen: Begeisterung, Müdigkeit, Angst, Frust, Leichtigkeit, Starrheit, Flexibilität, Müdigkeit, Kraft, Zweifel, Entschlossenheit sind beim Klettern oft noch präsenter, gerade wegen der vielen unterschiedlichen Situationen, die wir erleben. Vinyasa bedeutet, diese Veränderung zu leben, um in einen Zustand der Präsenz, der dynamischen Meditation einzutreten, was oft geschieht, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Aus diesem Grund fühlen sich viele Kletterer eher zu den dynamischen Stilen hingezogen, die auf Vinyasa basieren. Wenn man weiß, wofür dieses Konzept steht, kann die Praxis zu einer wirkungsvollen Möglichkeit werden, Yoga und Klettern zu verbinden! Es handelt sich dabei allerdings um ein zweischneidiges Schwert: Wenn man Yoga mit der Wettkampfmentalität angeht, die das Klettern oft kontaminiert, hört es auf, ein Mittel zur Förderung des Bewusstseins des eigenen Selbst zu sein. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Abschnitt verschiedene Vinyasa-Sequenzen vorgeschlagen, die für Kletterer geeignet sind, auch als ergänzendes Training. Das Ziel bleibt jedoch, die Asana mit dem Atem zu verbinden, auch indem körperliche und geistige Grenzen ausgelotet werden, um dann das Klettern selbst in einen harmonischen Flow, in einen Tanz von Körper und Geist verwandeln zu können. Um diese Verbindung zwischen Geist, Atem und Bewegung kennenzulernen und dann am Fels neu zu entdecken, erkunden wir zunächst die wichtigste Sequenz des Yoga, die Sonnengrüße, Surya Namaskara, in verschiedenen Versionen. Anschließend werden weitere Sequenzen präsentiert, um an bestimmten Körperpartien oder Fähigkeiten (Gleichgewicht, Kraft, Rumpfstabilität, Mobilität etc.) zu arbeiten, die ebenfalls in den Trainingsablauf integriert werden können. Abschließend werden Übungen für vor und nach dem Klettern vorgestellt. Die vorgeschlagenen Sequenzen sollen nur eine Richtlinie für die Asana- und Vinyasapraxis darstellen: Die unendliche Variabilität im Umgang mit dem Körper und im Ausloten seiner Grenzen soll Anreiz sein, die Asana nach Belieben ohne vorgegebene Muster auszuführen, fließend, die eigenen Sequenzen und das, was uns am Ehesten hilft in einen persönlichen ”Flow“-Zustand einzutreten, zu ”fühlen“. Dabei sollte nur darauf geachtet werden, den Körper im Gleichgewicht zu halten, ihn vollständig zu fordern, Asana/Vinyasas einzubauen, die nicht nur direkt mit dem Körperteil zusammenhängen, an dem man arbeiten will, oder die widerspiegeln was wir "gerne“ tun, sondern auch Schwachpunkte angehen, die man gern vermeidet. Denn eines der Ziele der Praxis besteht darin, den gesamten Körper auf physischer und energetischer Ebene wieder ins Gleichgewicht zu bringen und zu harmonisieren, die Nadis zu öffnen, um den Prana-Fluss zu erleichtern. Dazu braucht es Gewaltlosigkeit, Akzeptanz, Erwartungslosigkeit gegenüber einem materiellen Ergebnis, Leidenschaft, Introspektion ...
Außerdem ist es wichtig, Ujjayi Pranayama zu üben (si. Kapitel Pranayama), um die Effekte der Synchronisation zwischen Bewegung und Atem zu verstärken und die Konzentration zu steigern. Diese Art des Atmens ist essenziell bei der Ausführung dynamischer Sequenzen, sowohl um den Fluss bewusster zu machen als auch um die Verwurzelung von Körper und Geist im ”Hier und Jetzt“ zu vertiefen.
Jede Asana ist eine Perle, Aber eine Hand voll Perlen ergibt noch keine Kette! Die Schnur, die die Asana durchzieht, verbindet und ordnet Ist der kontrollierte Atem der Seele und des Bewusstseins.
André Van Lysebeth
01. SURYA NAMASKARA
DER SONNENGRUSS
Die wahrscheinlich berühmteste Vinyasa-Sequenz, die sich durch eine Reihe von Asana auszeichnet, welche im Rhythmus des Ujjayi Pranayama verbunden werden. Alle Bewegungen wurden zur Vor- und Rückbeuge der Wirbelsäule entwickelt und strecken Wirbelsäule und Gliedmaßen. Die abwechselnden Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen bringen dem Körper unzählige Vorteile, sie straffen die Bauchorgane, verbessern die Verdauung und Ausscheidung, stärken den gesamten Körper, machen die Wirbelsäule elastisch und flexibel, verbessern die Atmung; Der Sonnengruß gilt als eine der schnellsten Methoden, um den Körper zu lockern und den Geist leicht, unbeirrt und friedvoll zu machen. Im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizin, wird dem Sonnengruß, der für jede Konstitution empfohlen wird, eine große Bedeutung beigemessen. Bei der Ausführung spielt es keine Rolle, in wie tief man in die einzelnen Asana hineingeht, entscheidend ist vielmehr die harmonische Verbindung zwischen einer Atemphase und der damit verbundenen Position. Der Sonnengruß sollte ein grundlegender Bestandteil der täglichen Praxis sein, einige Runden sind insbesondere morgens auszuführen, unabhängig von der sonstigen Asanaroutine oder anderer persönlicher Yoga-Praktiken. Darüber hinaus ist er hervorragend zum Aufwärmen sowohl für eine Asana-Session als auch für das Klettern geeignet. Und er ist auch am Ende eines Klettertages oder nach dem Training sehr nützlich, um Verspannungen in der Wirbelsäule zu lösen, die Gliedmaßen Muskulatur zu straffen und die Körperhaltung wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Auch für Anfänger ist diese Übung eine gute Möglichkeit, eine tägliche Routine aufzubauen: Gerade am Anfang ist es wichtig, den ”Habit Groove“ zu schaffen, der das Üben zu einem wesentlichen Teil des Lebens macht (ähnlich wie die Notwendigkeit, Klettern zu trainieren). In dieser Phase ist es sinnlos, eine lange und ausgiebige Praxis zu beginnen, die wir ein paar Tage üben und dann aufgeben... Lieber klein und gut anfangen, und die Grüße an die Sonne sind dafür perfekt! Indem wir nur eine Viertelstunde pro Tag einige Runden den Surya Namaskara widmen, lässt sich eine Gewohnheit entwickeln, die sich dann allmählich ausdehnt...
Es gibt viele Varianten des Sonnengrußes: hier wird die klassische Version (Rishikesh) und die zwei Varianten des Ashtanga Vinyasa Yoga (A, B) beschrieben. Auf physischer Ebene eignen sich sich hervorragend als Übung für Kletterer/innen.