ERWACHSENE
LEKTÜREN
NIVEAU 2
Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
- Vereinfachter und gekürzter Text mit Erklärung schwieriger Wörter in Fußnoten - Übungen zu Leseverständnis, Wortschatz und Grammatik - Übungen zur Prüfungsvorbereitung A2 - Abschlusstest
Themen Paris
Kindheit
Krankheit und Tod
Identität
A1
START DEUTSCH 1
NIVEAU 2
A2
START DEUTSCH 2
NIVEAU 3
B1
ZERTIFIKAT DEUTSCH - ZD
NIVEAU 4
B2
GOETHE-ZERTIFIKAT B2
IS
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DAF A 2
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ERWACHSENE ELI LEKTÜREN
NIVEAU 1
Klassiker
DIE AUFZEICHNUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE
Malte, ein junger Schriftsteller, kommt nach Paris und beschreibt in seinem Tagebuch seine Eindrücke der Stadt: Menschen, Straßen, Gebäude, Verkehr, Geräusche der Stadt und im Nebenzimmer, Kranke in einem Wartezimmer, aber auch Kindheitserinnerungen, Familiengeschichten und die erste Liebe. Eine klassische Handlung fehlt, es geht vielmehr um persönliche Wahrnehmungen der fiktiven Figur des Malte Laurids Brigge. Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, erschienen 1910, ist der einzige Roman von Rainer Maria Rilke.
RAINER MARIA RILKE
Rainer Maria Rilke
NIVEAU 2
ELI-Lektüren: Texte für Leser jeden Alters. Von spannenden und aktuellen Geschichten bis hin zur zeitlosen Größe der Klassiker.
RAINER MARIA RILKE DIE AUFZEICHNUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE
DAF A2
ERWACHSENE
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Kapitel 1
Erste Eindrücke in Paris
2 11. September, rue Toullier.
Hierher kommen die Leute also, um zu leben. Oder auch, um zu sterben. Ich bin spazieren gegangen. Ich habe gesehen: Hospitäler. Ich habe einen Menschen gesehen, der schwankte und umfiel. Die Leute versammelten sich um ihn, so konnte ich ihn nicht mehr sehen. Ich habe eine schwangere Frau gesehen. Sie ging mühsam an einer hohen Mauer entlang. Manchmal tastete sie daran, als müsste sie prüfen, ob die Mauer noch da sei. Ja, sie war noch da. Was war hinter der Mauer? Ich suchte auf meinem Stadtplan: Maison d’Accouchement, Geburtshaus. Gut. Man wird dort ihr Baby zur Welt bringen. Weiter zur Rue Saint-Jacques, ein großes Gebäude mit einer Kuppel. Der Plan gab an: Val-de-grâce, Hôspital militaire, Militärkrankenhaus. Die Gasse begann, von allen Seiten zu riechen. Es roch, soweit man es unterscheiden konnte, nach Jodoform1, nach dem Fett von Pommes frites, nach Angst. Alle Städte riechen im Sommer. Dann habe ich ein eigentümliches2 Haus gesehen, es war auf dem Stadtplan nicht zu finden. Aber über der Tür stand noch ziemlich leserlich: Asyle de nuit, Nachtasyl3. Neben dem Eingang waren die Preise. Ich habe sie gelesen. Es war nicht teuer. 1 2
s Jodoform, - Desinfektionsmittel eigentümlich eigenartig, merkwürdig
10
3
s Nachtasyl, e Herberge
DIE AUFZEICHNUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE
??
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AUFGABEN
Wortschatz 1
Adjektivbildung Finden Sie zu den Wörtern aus Kapitel 8 zu jedem Substantiv das passende Adjektiv.
Beispiel: die Sympathie 1 das Strahlende 2 der Mut 3 das Erstaunliche 4 die Unermüdlichkeit 5 das Schöne 6 das Grässliche 7 das Heimliche 8 die Ähnlichkeit 9 das Beneidenswerte
2
sympathisch ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... ..................................................................... .....................................................................
Gegenteil Finden Sie zu jedem Adjektiv das Gegenteil.
1 2 3 4 5 6 7 8
3
Wie lautet zu den folgenden Fragen das passende Fragewort? Kreuzen Sie an.
klug schön groß dick mutig laut traurig dunkel
a b c d e f g h
fröhlich dünn dumm leise hell klein hässlich feige
1 .................................... sieht Abelone aus? a ■ Was b ■ Wie c ■ Warum 2 .................................... sitzen die Mädchen vor den Wandteppichen? a ■ Woher b ■ Wer c ■ Warum
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3 .................................... konnte Maltes Mutter früher besonders gut? a ■ Was b ■ Wie c ■ Wo 4 .................................... erzählt Abelone am Anfang? a ■ Wem b ■ Wovon c ■ Weshalb
Gramatik 4 Setzen Sie die richtigen Präpositionen ein. (Für jede
Präposition gibt es eine Lücke.) an • im • vor • ins • an • auf • nach
Beispiel: ins Malte und Abelone gehen ................... Museum 1 Die Wandteppiche hängen ................... der Wand. 2 ................... den Teppichen sitzen Mädchen und zeichnen. 3 ................... dem Teppich ist eine Insel zu sehen. 4 Die Rosen blühen ................... Park. 5 In den Ferien fährt Malte ................... Hause. 6 Malte schreibt Briefe ................... Abelone.
Start 2 – Sprechen 5
Formulieren Sie Fragen zum Inhalt des Kapitels 8. (Die Adjektive aus Aufgabe 1, die Fragen aus Aufgabe 3 und die Präpositionen aus Aufgabe 4 sollen Ihnen helfen.) Überlegen Sie sich die Antworten darauf und notieren Sie sie in Stichpunkten. Stellen Sie Ihre Fragen dann einem/-er Partner/-in, der/die diese beantworten soll. Tauschen Sie anschließend die Rollen.
Eigenschaften/Charakter – Aussehen – Verhalten – Gefühle (z. B. fasziniert, nachdenklich, einsam) Beispiel: Wie ist Maltes erster Eindruck von Abelone? 1 Warum ...........................................................................................................? 2 Was .................................................................................................................? 3 Wie ..................................................................................................................? 4 ...........................................................................................................................?
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ZUM WEITERLESEN
Rainer Maria Rilke Rainer Maria Rilke, der eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke hieß, wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren und starb 1926 in einem Schweizer Sanatorium an Leukämie. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker seiner Zeit. Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ist sein einziger Roman. Neben Gedichten schrieb er viele Briefe, u. a. an Lou AndreasSalomé, aber auch Aufsätze zu Kunst und Kultur.
Seine Kindheit und Schulzeit Rilke hatte keine leichte Kindheit. Seine Eltern trennten sich, als er neun Jahre alt war. Das Verhältnis zur Mutter war eng aber dennoch sehr belastet. Seine ältere Schwester starb sehr früh. Die Mutter kam darüber nicht hinweg und steckte René in Mädchenkleider, so wie es Rilke in seinem Roman beschreibt. Als Kind war René sehr oft krank, hatte Fieber und viel Angst. Seine Mutter saß in der Zeit oft an seinem Bettrand. Die Eltern schickten den sensiblen und künstlerisch begabten Sohn auf eine strenge Militärschule, worunter er sehr litt und krank wurde. Danach kam er auf eine Handelsschule, die er aber bald wieder verlassen musste, nachdem er eine Liebesaffäre mit einem älteren 88
Kindermädchen gehabt hatte. Auch hier zeigen sich Parallelen zur Militärschule und zur Figur der Abelone in dem Roman.
München und frühe Entwicklungsjahre In München lernt Rilke 1897 die exzentrische Dichterin und Denkerin Lou Andreas-Salomé kennen. Er verliebt sich in die ältere und verheiratete Frau und sieht sie als Muse und Mutter, später dann als gute Freundin. Sie schreiben sich viele Briefe, ziehen nach Berlin und reisen zusammen durch Russland. Lou riet ihm auch, sich statt René Rainer zu nennen, weil Lou Andreas-Salomé der Name literarischer klingt.
Worpswede und die Kunst Nach der Trennung von Lou ging Rilke nach Worpswede, einer Künstlerkolonie, und traf dort auf die Künstler Heinrich Vogeler, Otto Modersohn, Paula Modersohn-Becker, Carl Hauptmann und Clara Westhoff. Wenig später heiratete er die Bildhauerin Clara Westhoff und bekam mit ihr zusammen ein Kind. Im Sommer 1902, kurz nach der Geburt der Tochter Ruth, ging Rilke nach Paris, um eine Monografie über den Bildhauer Auguste Rodin zu verfassen. Unter den Eindrücken von Paris aus dieser Zeit entstand auch sein Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge.
Ein Rilke-Porträt von Leonid Pasternak, 1928
Schaffenskrise und Kriegsbeginn
Rainer Maria Rilke und seine Ehefrau Clara
Paris Die erste Zeit in Paris war für Rilke sehr schwer und verwirrend. Aus dem ruhigen beschaulichen Worpswede kam er plötzlich in die Großstadt und sah dort viel Elend, Armut und Krankheit. Er spürte wieder seine Kindheitsängste in schwerer Krankheit. Trotz finanzieller Schwierigkeiten blieb Rilke von 1902 bis 1906 in Paris und arbeitete acht Monate bei Auguste Rodin als Sekretär. Während der Pariser Jahre unternahm Rilke viele Reisen nach Italien, Schweden, Dänemark, Flandern, Ägypten und Spanien.
Nachdem 1910 Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge erschienen waren, geriet Rilke in eine zwölfjährige Schaffenskrise, während der er sich mit einigen Übersetzungen über Wasser hielt. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, konnte er nicht mehr nach Paris zurück und musste auch persönliche Dinge dort zurücklassen. Er musste zur Grundausbildung nach Wien und mithilfe einiger einflussreicher Freunde kam er ins Militärarchiv. Somit blieb ihm der Kampf an der Front erspart.
Späte Schaffensphase Nach Kriegsende gelang es Rilke, seine Gedichtzyklen abzuschließen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich und man diagnostizierte Leukämie. Er starb schließlich am 29. Dezember 1926 in einem Schweizer Sanatorium.
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ZUM WEITERLESEN
Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ein ungewöhnlicher Roman Rilkes Gedichte Rainer Maria Rilke Rilkes Lyrik ist beeinflusst von den Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ist Rilkes einziger Roman. Rilke ist eigentlich bekannt für seine Gedichte, Briefe und Aufsätze. Zu der Zeit, als der Roman erschienen ist, unterschied er sich deutlich von den realistischen Romanen des 19. Jahrhunderts. Eine kontinuierliche Handlung fehlt hier und es gibt auch keinen Erzähler im eigentlichen Sinn. Es ist vielmehr eine Tagebuchaufzeichnung einer erfundenen Figur, die durch Paris streunt und ihre Eindrücke und Gedanken aufschreibt. Rilke verarbeitet alle seine prägenden Einflüsse in dem Roman: seine Kindheitserlebnisse in Prag, seine traumatische Schulzeit auf der Militärschule, seine Reiseerfahrungen in Russland, seine Erlebnisse in Paris, seine Krankheitserfahrungen und seine Liebe zu älteren Frauen.
Philosophen Schopenhauer und Nietzsche, die er kennengelernt hat. Er hat eine Reihe an Gedichtzyklen geschrieben. Unter anderem verfasste Rilke Dinggedichte. Bei diesem Gedichttyp wird ein Gegenstand oder Lebewesen aus einer Distanz objektiv betrachtet und beschrieben. Dabei wird das Innere des Wesens so deutlich, als würde es selber sprechen. Ein Beispiel dafür ist das Gedicht „Das Karussell“, in dem er das ewige Kreisen eines Kinderkarussells im Jardin du Luxembourg beschreibt mit den Tierfiguren, Wagen, den mitfahrenden Kindern und der Bewegung.
Briefwechsel Neben seinem lyrischen Werken, seinen Aufsätzen und seinem Roman bildet sein umfangreicher Briefwechsel einen wichtigen Bestandteil seines literarischen Schaffens. Er führte mit sehr vielen Personen Korrespondenz, u. a. mit Lou Andreas-Salomé, Franz Xaver Kappus oder Sidonie Nádherny von Borutin. 90
Rilke, 1. v. l., auf einer Russlandreise
Der Panther Ein anderes, sehr bekanntes Dinggedicht von Rainer Maria Rilke ist Der Panther. Hier wird ein Panther, der in einem engen Käfig unruhig hin und her geht, im Detail beschrieben. Lesen Sie das Gedicht laut vor und versuchen Sie, die folgenden Fragen zu beantworten. Diskutieren Sie die Antworten eventuell in der Klasse oder mit einem Lernpartner. • Wie wird der Panther beschrieben? • Aus welcher Perspektive wird er beschrieben? • Notieren Sie, wie sich der Panther in seinem Käfig fühlt.
Der Panther Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf — Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille — und hört im Herzen auf zu sein.
September 1903 91