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Tableau vivant

furchtlos widerstehen.

Tableau vivant Unruhige Körper

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Körper performen laut Judith Butler ständig. Wir affirmieren also laufend ein bestimmtes Bild, eine Identität. Die Eigenwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung spielen hierbei eine essentielle Rolle. Es geht nicht nur um die Konstruktion von Identität, sondern auch um die Projektion diverser Dinge oder Ideen auf uns selbst und auf andere, die wiederum unsere Perzeption beeinflussen.

„Performativity is thus not a singular act, for it is always a reiteration ofnorms or set ofnorms, and to the extent that it acquires an act-like status in the present, it conceals or dissimulates the conventions ofwhich it is a repetition.” (Butler 1993: 12). Wir sind also Produzent_ innen und Konsument_innen einer Realität, die aus Normen besteht, die wir übernehmen. Dabei wollen wir die unsere Wahrnehmung prägen und prägten werden

auch ein bestimmtes Bild von uns manifestieren und dieses konstruieren wir mittels virtueller Plattformen und im Rahmen bestimmter Diskurse. Dies alles kommt einer mise en abyme gleich, dem Bild im Bild, der Geschichte in der Geschichte.

Performen wir also unsere Identität? Wird Identität zu einer Performance? Laut Judith Butler ist das Performative, die diskursive Praxis, die das produziert, was genannt wird. Durch das ständige Zitieren der Konventionen und Ideologien der Welt um uns herum bestätigen wir diese Realität. Durch den performativen Sprechakt inkorporieren wir diese Realität durch unsere Körper. Trotzdem bleibt diese Realität eine soziale Konstruktion. Durch das Performen der Konventionen dieser Realität und durch das Verkörpern dieser Erzählungen werden diese Konventionen zur Realität und erscheinen als notwendig und natürlich. Laut Judith Butler existieren wir nicht einfach nur als Körper, aber in gewisser Weise „machen“ wir unsere Körper, sie unterscheiden sich schließlich auch von unseren Zeitgenossen durch ihre individuelle Form und unser körperliches Auftreten. So ist, laut Butler, auch unsere Subjektivität konstruiert. Und unsere Subjektivität ist schließlich die Quelle für alle unsere Aktionen. “Gender cannot be understood as a role which either expresses or disguises an interior ’self ’, whether that ’self ’is conceived as sexed or not. As performance which is performative, gender is an ’act’, broadly construed, which constructs the social fiction of its own psychological interiority.“ (Butler 1998). | Carola Fuchs

Auseinandersetzung mit den oben genannten Fragen dar. Dabei funktioniert eben jenes Medium, der Körper, als aktives Organ. In Bezug auf das Tableau vivant werden Bilderkörperlichnachgestellt, die als historische undalso auch sozio-kulturelle Fragmente Geschichte abbilden und so auch damalige Identitätskonstruktionen wiedergeben. Dabei werden Bilder aus allen Jahrhunderten bis hin zur Gegenwart dargestellt, die zeigen, wie stark Bilder aktuelle Identitätskonstruktionen mit beeinflussen und beeinflusst haben.

Der Körper ist zunächst ruhig, er dient als reine Projektionsfläche, Zuschreibungen von außen, im tatsächlichen Wortsinne, Projektionen von außen, schreiben ihm seine Bedeutungund also seine Identität zu. Projektionen von Bildern aus der Kunstgeschichte, auf den Körper projiziert. Der Körper wird selbst zur Leinwand und also Abbildung seiner selbst und anderer Bilder, anderer Projektionen. Gleichzeitig geht es um eine Performance in der Performance, da das Performative selbst ja ebenso in Frage gestellt wird. Anschließend „erwacht“ der Körper zum Leben, indem er sich der Projektionsfläche entzieht und selbst inszeniert und in Bewegung setzt, so als wolle er diesen Konventionen Einhalt gebieten und sich ihnen widersetzen. Der Tanz, manifestierter Ausdruck, soll, indem er den Körper als Medium verwendet, Sprache sein, Form und Ausdruck. Es bedarf also eines sich bewegenden Körpers, um den Raum lebendig zu machen und das Narrativ zu brechen. Ein lebendiger Körper auch im Sinne eines widerstandsfähigen Körpers. Zusätzlich werden Textfragmente aus Judith Butlers „Bodies that matter“ und ihre Ideen zur Performativität zu hören sein. Diese entstammen dem theoretischen Hintergrund für das Stück. Während der Text immer langsamer und langsamer zu hören ist, werden die Bildprojektionen immer schneller und schneller, bis der Körper schließlich zusammenbricht, so als könne er den sozialen Konventionen und dem künstlichen Narrativ keinen Widerstand mehr leisten.

Meine Performance stellt eine intermediale

Butler, Judith (1988): Performative Acts and Gender Constitution: An Essay in Phenomenologyand Feminist: In: Theory, Theatre Journal, Vol. 40, No. 4, Dezember, 1988, 519 –531.

Judith Butler (1993): Bodies that matter. On the Discurive Limits of Sex. New York/ London: Routledge Chapman & Hall.

Performativität

Judith Butlers (1956*) Erkenntnisinteresse gilt der systematischen Herausarbeitung der Mechanismen kultureller Destabilisierung von Subjektidentitäten. Ihre Analytik zielt darauf ab, die Bedingungen alltäglicher „Subversion“ von Subjektformen freizulegen und fixe Identitäten (insbesondere fixe Geschlechteridentitäten) aufzubrechen. Wie können Subjekte der Reproduktion des immer Gleichen entgegenstehen? Und inwiefern werden in Prozessen der Unterwerfung widerständige Subjekte hervorgebracht? Butler begreift Widerständigkeit als Möglichkeit der performativen Verschiebung symbolisch-normativer Kategorien. Mit ihrem Konzept der Performativität richtet sie den Blick mikroskopisch auf die performative kontinuierliche Selbstarbeit und Selbstpräsentation des Subjekts „at work“.

é | Buchtipp: Athena Athanasiou und Judith Butler (2014): Die Macht der Enteigneten. Das Performative im Politischen. Diaphanes. Zürich.

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