Katalog Weißes Gold

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Chinesisches Porzellan bei der Eröffnung des Museums für Ostasiatische Kunst Köln, 1913. Chinese Porcelain at the Opening of the Museum of East Asian Art Cologne, 1913.


Vorwort / Preface Dank / Acknowledgements

6 12

15. Jahrhundert / 15th Century Blau-Weiß-Porzellan für den Hof Blue-and-White Porcelain for the Court

15

16. Jahrhundert / 16th Century Porzellan und Steinzeug mit leuchtenden Farben Porcelain and Stoneware with Luminous Colours

27

17. Jahrhundert / 17th Century Narrative Porzellanmalerei für Gelehrte und Kaufleute Narrative Painting on Porcelain for Literati and Merchants

91

17./18. Jahrhundert / 17th/18th Century Innovation und Archaismus in der Kangxi-Periode Innovation and Archaism in the Kangxi Period

123

18. Jahrhundert / 18th Century Pastellfarben und verfeinerte Eleganz der Yongzheng-Periode Pastel Colours and Refined Elegance of the Yongzheng Period

145

18. Jahrhundert / 18th Century Klassische Form und technische Perfektion der Qianlong-Periode Classical Form and Technical Perfection of the Qianlong Period

159

19./20. Jahrhundert / 19th/20th Century Spätphase einer großen Tradition Late Phase of a Great Tradition

177

Chinesisches Porzellan für den Export Chinese Porcelain for Export

193

Baukeramik für Paläste und Tempel Architectural Ceramics for Palaces and Temples

227

Zeittafel / Chronology Karte: Bedeutende Öfen / Map: Important Kiln Sites Literaturauswahl / Selected Bibliography Impressum / Colophon

266 267 268 274


Vorwort

Preface

Vorwort

Detail von Kürbiskalebasse Kat. Nr. 3: Die dunklen Partien des Kobaltblau zeigen den typischen „heaped and piled“-Effekt des frühen 15. Jahrhunderts. Detail of gourd shaped flask cat. no. 3: the dark cobalt blue areas display the typical ‘heaped and piled’ effect of the early 15th century.

Der von Jiena Huo vorbereitete Katalog „Weißes Gold – Porzellan und Baukeramik aus China, 1400 bis 1900“ und die gleichnamige Ausstellung präsentieren eine Auswahl der kostbarsten Bestände chinesischen Porzellans und Steinzeugs der Ming- und Qing-Dynastie aus der Sammlung des Museums für Ostasia­ tische Kunst Köln. Damit kommt ein Projekt zur Vollendung, das seit vielen Jahren ein großes Desiderat darstellte. Bekanntlich wurden Keramik und Porzellan in China seit alters her hoch geschätzt und als Kunstwerke gesammelt und gehandelt. Darin unterscheiden sie sich von anderen Kunstgattungen, wie zum Beispiel der buddhistischen Kunst, die traditionell nicht als Kunst gesammelt und deren künstlerischer Wert erst infolge der erhöhten Aufmerksamkeit vonseiten westlicher Sammler bewusst wurde. Um den hohen Stellenwert des für die Ming- und Qing-Dynastie typischen Blau-Weiß-Porzellans nachvollziehen zu können, muss man sich vor Augen führen, dass die Porzellanmaler das Kobaltblau mehr oder weniger blind als graue Glasurflüssigkeit auftrugen und erst nach dem Brand erkennen konnten, ob die Malerei geglückt war oder nicht. Vor diesem Hintergrund sind das Genie und die einzigartige Meisterschaft der chinesischen Porzellanmaler zu bewundern, die es verstanden, den Stil der Tuschmalerei in das Medium der Porzellanmalerei zu übertragen. Mit dem 2008 erschienenen, ebenfalls von Jiena Huo vorbereiteten Katalog „Feuer und Erde – Chinesische Frühkeramik (3500 v. Chr. – 1400 n. Chr.) im Museum für Ostasiatische Kunst Köln“ arbeitete das Museum seine Sammlung chinesischer Frühkeramik auf. Nun schließt sich mit dem vorliegenden Katalog ein Kreis, der die gesamte Zeitspanne chinesischer Keramik- und Porzellanherstellung vom Neolithikum bis in das ausgehende 19. Jahrhundert umfasst. Zu den größten Überraschungen, mit denen die Kölner Sammlung aufwarten kann, zählt zweifellos die Kollektion von Baukeramik der Ming- und Qing-­ Dynastie, die der Museumsgründer Adolf Fischer (1856–1914) auf seinen Ankaufsreisen vor und nach der Jahrhundertwende in China zusammentrug (Kat. Nr. 92–106). Dieser Komplex wurde bisher noch nie präsentiert oder publiziert. Da die meisten der Tempel und Paläste, von denen die Fragmente stammen, zerstört und unwiederbringlich verloren sind, haben sie als Zeugnisse Ming- und Qingzeitlicher Baukunst unschätzbaren Wert. Sie geben zudem Einblick in das im Auftrag des Kaiserhofs in Beijing und in den Nördlichen Öfen gebrannte Steinzeug, das mit leuchtenden Bleiglasuren in Honiggelb, Grün und Cremeweiß die bis in die Tang-Dynastie zurückreichende Tradition der Drei-Farben-Glasuren (Sancai) fortsetzte. Auch im Bereich der Gefäßkeramik gelang es dem Museumsgründer, herausragende Beispiele Ming-zeitlichen Porzellans der kaiserlichen Manufakturen in Jingdezhen, Provinz Jiangxi, für das Museum zu erwerben (Kat. Nr. 4, 6, 16, 17, 35).


Dazu zählen zum Beispiel die großen Töpfe (Kat. Nr. 12, 13), welche die Frühphase des polychromen Wucai- und Doucai-Dekors repräsentieren, und die schönen Stücke der Wanli-Periode (Kat. Nr. 9, 10, 14). Adolf Fischer lenkte sein Augenmerk außerdem auf Porzellan und Steinzeug u.a. mit Fahua-Glasuren (Kat. Nr. 19, 20, 21, 23, 29), das in Anlehnung an Techniken des Zellenschmelz-Emails dekoriert wurde, sowie auf Seladone aus Longquan, Provinz Zhejiang (Kat. Nr. 24, 25, 26, 27). Durch Neuerwerbungen in den 1960er- und 1970er-Jahren gelang es dem Museum, den Ming-zeitlichen Sammlungskomplex um wichtige Beispiele des Blau-WeißPorzellans der Yongle-Periode zu bereichern, die den typischen „heaped and piled“-Effekt zur Schau stellen (Kat. Nr. 1, 2, 3). Die Dauerleihgaben der Peter und Irene Ludwig Stiftung ergänzen diesen Bestand hervorragend (Kat. Nr. 5, 7, 8, 34, 62). Die von Hans-­ Wilhelm Siegel ins Leben gerufene Orientstiftung ermöglichte in den 1980er-Jahren darüber hinaus den Ankauf einer großen Gruppe von Blanc de Chine-Porzellan aus der Sammlung Erich Vio (Kat. Nr. 39–42, 44, 45). Neben Jingdezhen stellte das in der südchinesischen Küstenprovinz Fujian gelegene Dehua, das auf Blanc de Chine spezialisiert war, eines der wichtigsten Zentren der Porzellanherstellung der Ming- und Qing-Dynastie sowohl für den einheimischen Markt wie auch für den Export dar. In der Sammlung des Qing-zeitlichen Porzellans ragt vor allem die Gruppe der archaisierenden, monochrom glasierten Stücke aus den kaiserlichen Manufakturen in Jingdezhen heraus, neben einem Wassertropfer mit mustergültiger „peach bloom“Glasur (Kat. Nr. 53) ein dunkelblau glasierter Teller (Kat. Nr. 54) der Kangxi-Periode. Eine besondere Bereicherung stellen die monochromen Porzellane der Qianlong-Periode der Sammlung Ludwig dar (Kat. Nr. 64, 66, 68), allen voran das Wassergefäß in Form von Pilzen der Unsterblichkeit (Kat. Nr. 67), das wir als Titelmotiv für diesen Katalog gewählt haben. Besondere Hervorhebung verdienen außerdem die innovativen, in der Palette der Famille rose bemalten Porzellane der Yongzheng-Periode (Kat. Nr. 58, 59, 60), zum Beispiel zwei im Stil der europäischen Ölmalerei bemalte Trinkbecher (Kat. Nr. 61), die auf der Basis von opakem Weiß fein nuancierte Pastellfarben („Puderfarben“, fencai) und Farbgradierungen aufweisen. Die in dem Katalog repräsentativ dokumentierte Sammlung des Museums enthält auch typische Beispiele des Exportporzellans und zeigt, welche Bedeutung der weltweite Handel mit chinesischem Porzellan für das wirtschaftliche Wachstum Europas hatte. Die Spanne des Exportporzellans reicht von Ming-­ zeitlichem Kraak-Porzellan der Sammlung Ludwig (Kat. Nr. 79) bis hin zu feinem Blau-Weiß-Porzellan der Übergangsperiode zwischen Ming- und Qing-Dynastie (Kat. Nr. 80) sowie Porzellan der Famille rose, u.a. aus der Sammlung Augusts des Starken (Kat. Nr. 84, 85, 86), und schließlich zu den für den südostasiatischen Markt bestimmten Waren mit leuchtenden Bleiglasuren und exzentrischen Formen (Kat. Nr. 88–91), die Hugo Vedder dem Museum stiftete.

6

7

Detail der Vase Kat. Nr. 62: Im 18. Jahrhundert imitierte man den „heaped and piled“-Effekt durch kleine Punkte. Detail of the vase cat. no. 62: in the 18th century the ‘heaped and piled’ effect was imitated by small dots.



15. Jahrhundert 15th Century

Blau-WeiĂ&#x;-Porzellan fĂźr den Hof Blue-and-White Porcelain for the Court

14

15


15. Jahrhundert

1.1

15th Century


Meiping-Flasche

1

Die schöne Meiping-Flasche mit hoher ausladender Schulter, kurzem eingezogenem Hals und vorgewölbter Lippe hat einen leicht ausschwingenden Fuß. Der Körper ist vollständig mit einer bläulichen Glasur überzogen, die den feinen weißen Scherben des Bodens frei lässt. Die Schulter ist mit den Schriftzeichen neifu in Unterglasur-Blau beschriftet. Zuerst wurden die Umrisslinien gezeichnet, danach füllte man die Binnenflächen in dichten Pinselstrichen mit Kobalt aus, das kleine schwarze Eisenflecken aufweist. Das „Ministerium für Öffentliche Arbeiten“ (neifu) war für die Angelegenheiten des Kaiserhauses zuständig. Ihm oblag die Vorbereitung von Riten und Zeremonien, die Beauftragung von Kunstwerken und die Versorgung mit Essen und Wein. An der Spitze des Ministeriums stand das Direktorat der Palasteunuchen. Nachdem der Kaiserhof 1421 von Nanjing in die Verbotene Stadt nach Beijing zurückverlegt worden war, bestellte der Hof große Mengen Porzellan in Jingdezhen, darunter sehr viel Blauweiß-Porzellan. Der Typ der Meiping-Flasche diente ursprünglich zur Aufbewahrung von alkoholischen Getränken. In der Song-Dynastie nannte man diesen Gefäßtyp „lange Flasche“ (jing ping). Während der Yuan-Dynastie wurden die für den Palastgebrauch in den Nördlichen Öfen produzierten Flaschen auf offizielle Order hin mit der Aufschrift „Innerer Palast“ (neifu) beschriftet. Ein Beispiel findet sich etwa in der Sammlung des Museums für Ostasiatische Kunst.1 In der MingDynastie begnügte sich der Hof jedoch nicht mehr mit den groben Erzeugnissen provinzieller Öfen, sondern bestellte Waren von hoher Qualität in der kaiser­ lichen Manufaktur in Jingdezhen. Es sind vier gut dokumentierte Flaschen dieses Typs mit der Inschrift „neifu“ erhalten. Ein berühmtes Paar mit intakten Verschlüssen befindet sich in der Sammlung Ataka in Osaka.2 Ein anderes Stück wurde aus einem in das Jahr 1464 datierten Grab in Nanjing geborgen,3 außerdem aus dem Grab des Herzogs Haiguo († 1380), ebenfalls Nanjing,4 und aus dem Grab des Prinzen Yong in Beijing.5 Manchmal stiftete der Kaiserhof auch Flaschen; zum Beispiel befand sich auf dem Staatsaltar in Nanjing eine Flasche mit der Inschrift „kaiserliche Stiftung“ (shang ci) in Eisenoxidrot.6 In der späten Ming-Dynastie begann die gebildete Elite Chinas diesen Gefäßtyp als Vase für Pflaumenzweige zu verwenden. Dies erklärt die Bezeichnung „Pflaumenvase“ (meiping), die bis heute populär geblieben ist. Im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert machte die Porzellantechnologie in Jingdezhen bedeutende Fortschritte. So weist das hier vorgestellte Stück einen rein weißen Scherben auf, was darauf schließen lässt, dass der Ton einen hohen Kaolinanteil und die Glasur einen geringen Feldspatanteil besitzt. Laut Lokalchronik der Provinz Jiangxi aus dem Jahr 1556 wurde das Kaolin als „offizielle Erde“ (guan tu) bezeichnet. Dank der Handelsaktivitäten unter Kaiser Yongle (reg. 1403–1424) konnte Kobalt aus dem Nahen Osten importiert werden. Der charakteristische „heaped and piled“-Effekt des Ming-zeitlichen Kobaltblau wurde in späteren Jahrhunderten immer wieder nachgeahmt (vgl. Kat. Nr. 62).

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Ming-Dynastie, Yongle-Periode (1403–1424) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 39,8 cm, D. 6,6 cm Inv. No. F 69,1 Ankauf / Acquisition: Sammy Yukuan Lee, Tokyo, 1969 Publiziert / Published: Goepper 1968, fig. 192 Wunderlich 1975, 157, fig. 2 Wiesner 1977, 44 Harrison 1985, 93, fig. 88 Schlombs 1995 (1), 134 Schlombs 1995 (2), 7, fig. 4

1.2


15. Jahrhundert

15th Century

Flasche in Form einer flachen Kürbiskalebasse

3

Ming-Dynastie, Yongle-Periode (1403–1424) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 30,1 cm Inv. No. F 68,4 Ankauf / Acquisition: Sammy Yukuan Lee, Tokyo, 1968 Publiziert / Published: Wiesner 1977, 45 Schlombs 1995 (1), 134

3.2

Die Flasche mit knollenförmiger Mündung, schlankem Hals und flachem rundem Körper hat einen niedrigen rechteckigen Fuß; die Basis ist glasiert. Als Henkel dienen zwei flache Bänder mit blattförmigen Enden. Vorder- und Rückseite des Körpers schmückt je eine Rosette in Unterglasur-Kobaltblau, deren Blätter mit einem Hintergrund aus ruyi-Motiven verknüpft sind. Die Mündung ziert eine Nelkenranke. Die Pilgerflasche gelangte im 5. oder 6. Jahrhundert nach China. Stein­ zeug­imitationen wurden bereits zur Zeit der Nördlichen Dynastien (3.–6. Jh.) hergestellt. Ein kleinformatiges Beispiel, das wahrscheinlich als Grabbeigabe diente, befindet sich in der Sammlung des Kölner Museums.1 Die exotische Form entwickelte sich seit der Tang-Dynastie (618–907) nicht mehr weiter. Erst im 14. und 15. Jahrhundert, besonders im Zuge der Expansionspolitik unter Kaiser Yongle, kamen die Formen ausländischer und exotischer Metall- und Keramik­ arbeiten wieder in Mode und wurden in Porzellan imitiert. Flaschen dieses Typs gehen auf islamische Metallarbeiten zurück und zählen zu den innovativen Gefäßformen, die in den kaiserlichen Manufakturen in Jingdezhen hergestellt wurden. Als Exportware kehrten sie in die islamische Welt zurück, was zu einer Wiederbelebung der traditionellen Form führte. Der neue Gefäßtyp diente nicht nur als Tributgeschenk, sondern wurde am Kaiserhof tatsächlich benutzt. Aus zwei fein getöpferten Hälften bestehend, wurde das Gefäß vor dem Brand entweder vertikal oder horizontal zusammen­ gefügt. Die Produktion setzte sich von der Yongle- bis zur Xuande-Periode mehr oder weniger unverändert fort. Meist tragen die Flaschen der Xuande-Periode eine Xuande-Marke. Die Rosetten auf Vorder- und Rückseite sind unterschiedlich, und das zentale Motiv kann zwischen einer Rosette auf floralem Grund mit einem zentralen Yinyang-Emblem oder Drachen und Päonienblüten variieren. Zwei parallele Linien in Unterglasur-Blau begrenzen die Seiten und setzen sich bis zum Fuß fort. Ein mit der hier vorgestellten Flasche identisches Stück stammt aus den kaiserlichen Manufakturen der Ming-Dynastie in Jingdezhen.2 Weitere Beispiele befinden sich im Ardebil-Schrein im Iran und im Topkapı Sarayı Museum in Istanbul,3 die beide zu den wichtigsten Sammlungen von chinesischem Porzellan außerhalb Chinas zählen. Ein weiteres Exemplar befindet sich in der Sammlung des Palastmuseums Beijing.4


3.1

22

23


16. Jahrhundert

16th Century

Wucai-Dekor die Gegenstände wie auf dem hier vorgestellten Stück mit roter und schwarzer Überglasur-Emailfarbe, während das Unterglasur-Blau malerisch ein­ gesetzt wurde. Dieses Dekorschema wurde im 16. Jahrhundert für kaiserliches Porzellan beherrschend. Vergleichbare Vasen befinden sich im Palastmuseum Beijing1, im Shanghai Museum2 und in der Sammlung Baur in Genf3. 14 Ming dynasty, Jiajing mark and period (1573-1619) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

Huo 2008, 198, fig. 157. WC 58: 10, 21, fig. 6. 3 Harrison-Hall 2001, 331, fig. 11: 144. 4 Stuart 1993, 27, fig. 8. 1

2

Wall Vase

This wall vase with its long neck and rounded opening has a half-gourd-shaped body with a flared foot and a concave base. The rear wall is flat and has a rectangular hole from which it can be hung from a wall hook. The decoration is executed in underglaze cobalt blue and overglaze red, yellow, and green enamel. The upper part of the gourd shows a phoenix with five tail feathers, looking back at a phoenix flying between clouds. On the lower section, two cockerels facing each other are shown in a garden with plants and taihu rocks. Three bands with ruyi heads accentuate the waist, a broad band of hanging leaves adorns the neck, and a band of tendrils of lingzhi fungus the foot. On the rear, the vase bears a cartouche with the six-character mark of the Wanli era ‘Da Ming wanli nian zhi,’ supported from below by a lotus blossom and crowned by an inverted lotus leaf. Vases like this were hung on walls or in sedan chairs. In 1592 the court alone ordered 400 blue-and-white wall vases. The six overglaze colours – red, yellow, green, turquoise, aubergine, and black – appeared in the Chenghua era (1465-87). Unlike the doucai decor, the wucai decor was characterized, as here, by red and black overglaze enamel outlining, while the underglaze blue was painted on. This decorative scheme was dominant in sixteenth-century imperial porcelain. Comparable vases can be seen in the Beijing Palace Museum,1 the Shanghai Museum,2 and in the Baur Foundation in Geneva.3

14.3

14.4


15.1

15

Becken

Das modelgeformte Becken hat die Form einer Blüte mit flachem, fünffach gelapptem Rand. Der Dekor ist in Unterglasur-Kobaltblau und in roter, gelber und grüner Überglasur-Emailfarbe ausgeführt. Typisch für den Wucai-Dekor der Wanli-Periode sind die in roter Überglasurfarbe gemalten Umrisslinien und die in schwarzer Emailfarbe gezeichneten Binnenlinien etwa bei der Wiedergabe von Kiefernnadeln und Fell. Das Becken ist mit einer transparenten Glasur überzogen, die den Boden bis auf die von einem Doppelring gerahmte Marke der Wanli-Periode ausspart. Spiegel, Cavetto und Fahne zeigen eine von mythischen Fabeltieren bevölkerte Phantasielandschaft, die auf den zwischen dem 4. und 1. Jahrhundert v. Chr. kompilierten „Klassiker von Bergen und Flüssen“ (Shanhaijing) Bezug nimmt. Im Zentrum des Spiegels steht ein großes Einhorn (qilin) unter einer Kiefer, weitere Einhörner, ein Tiger mit Flügeln (qiongqi), ein Ochse mit einem Bein, ein Hase, ein Pferd mit Tigerstreifen und rotem Schweif (lushu), ein Hirsch mit zwei Geweihen (fuzhu) sowie ein leopardenähnliches Wesen beherrschen die aus Felsen, Bäumen, Blumen und volutenartig stilisierten Wolken bestehende Landschaftsszenerie. Alternierende Kiefern und Wutong­-

52

53

Ming-Dynastie, Wanli-Marke und -Periode (1573–1619) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi D. 34,5 cm Inv. No. 87,1 (OS) Schenkung / Donation: Orientstiftung zur Förderung der Ostasiatischen Kunst, 1987 Auktion / Auction: Sotheby’s, Hong Kong, 24.11.1987, lot 51 Publiziert / Published: Orientstiftung zur Förderung der Ostasiatischen Kunst 2000, 20 Schlombs 1995 (1), 28


22.1


22

Topf

Der Topf mit eingezogenem Hals und ausgestellter Mündung hat einen ausschwingenden Fuß mit unglasierter Basis. Das Gefäß ist mit einer dicken violettblauen Glasur überzogen und in der Fahua-Technik mit Porzellan-Schlicker mit einem Dekor aus Päonien und Chrysanthemen in Türkisblau, Weiß und Gelb geschmückt. Der Hals zeigt stilisierte ruyi-Wolken, über die Schulter hängen Girlanden aus Perlenschnüren und Glückssymbolen. Den Fuß fasst ein Band aus stilisierten Blättern ein. Das Gefäßinnere ist mit einer dünnen smaragdgrünen Glasur bedeckt. Der Topf des Kölner Museums ist ein Meisterwerk des Fahua-Porzellans aus Jingdezhen. Das bei hoher Temperatur gebrannte Porzellan lieferte eine ideale Grundlage für diese Dekortechnik, die bei Steinzeug häufig zu Abplatzungen führte. Die in Jingdezhen verwendeten Glasuren enthielten weniger Blei und hafteten deshalb besser auf dem Untergrund. Fahua-Porzellan wurde meist für Tempel oder Familienschreine produziert. Vergleichsstücke finden sich im Palastmuseum, Beijing1, und im Britisch Museum, London2, außerdem kam ein ähnliches Stück in einem 1445 datierten Grab zutage3. 22

Inv. No. F 11,26 Ankauf / Acquisition: Adolf Fischer, 1911 Publiziert / Published: Fischer 1942, fig. 134

Jar

This jar has a short neck and slightly flared mouth; its foot is a little splayed, and the base is unglazed. The vessel is coated in a thick purplish-blue glaze and has a design of peonies and chrysanthemums in turquoise, white, and yellow executed in the fahua technique with porcelain slip. The neck displays stylized ruyi clouds, while over the shoulder there hang strings of pearls and garlands of lucky symbols. The foot is framed by a border of stylized leaves. The inside has a thin emerald green glaze. The present jar is a masterpiece of fahua porcelain from Jingdezhen. Porcelain fired at a high temperature provided an ideal base for this technique, which in the case of stoneware often led to flaking. The glazes used in Jingdezhen contained less lead and as a result adhered better to the substrate. Fahua porcelain was mostly produced for temples or family shrines. Comparable pieces can be found in the Palace Museum, Beijing,1 and the British Museum, London,2 and a similar piece was unearthed in a tomb dated 1445.3

22.2

68

Ming-Dynastie, spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 34 cm, D. 16,5 cm

69

Ming dynasty (late 15th or early 16th century) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

Gugong 2000, vol. 35, 45, fig. 42. Harrison-Hall 2001, 421, fig. 13: 23. 3 WC 56: 11, 43, fig. 5.

1

2


17. Jahrhundert

17th Century

36.1

36 Qing-Dynastie, Shunzhi- oder Kangxi-Periode (ca. 1644–1722) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 4,6 cm, D. 16 cm Inv. No. F 12,10a Ankauf / Acquisition: Adolf Fischer, 1912 Publiziert / Published: Hsu 1986, 108, fig. 26

Schale

Die flache Schale ist in leuchtendem Unterglasur-Kobaltblau bemalt und bis auf den Fußring mit transparenter Glasur überzogen. Die dargestellte Szene „Die verzauberte Schönheit“ entstammt dem Drama „Das Westzimmer“ (Xixiang ji). Die schöne Yingying hält einen Pflaumenblütenzweig, ihre Dienerin einen Fächer; beide Frauen blicken auf Zhang Sheng und seinen Freund, einen Mönch, die an einem Tempeleingang stehen. Die äußere Wandung zeigt einen Fischer, der bei seiner Hütte am Fluss das Netz einrollt. Das Liebesdrama „Das Westzimmer“ erfreute sich im 17. Jahrhundert großer Beliebtheit. Bei ihrer Begegnung am Tempel verlieben sich die beiden Protagonisten Zhang Sheng und die schöne Yingying auf den ersten Blick. Unter­ schiedliche Illustrationen dieser Szene erschienen in verschiedenen Holzdruck-­ Editionen des Dramas. In der Version von Min Qiji, die sich im Kölner Museum befindet1, sind die Figuren auf einer buddhistischen Almosenschale wieder­ gegeben. Die Darstellung auf dem hier vorgestellten Teller folgt hingegen der populären Druckausgabe aus dem Jahr 1628, die auf Illustrationen des Künstlers Qian Gu (1508 – ca. 1578) basiert2 (Abb. 6). Offenbar war dies die Vorlage, die den Porzel-lanmalern in Jingdezhen zur Verfügung stand. Sie adaptierten die


Illustrationen auf Porzellan, das nicht nur für den einheimischen Markt, sondern auch für den Export geschaffen wurde. Ein fast identischer Dekor findet sich auf einem 1673 datierten Teller in der Butler Collection3, außerdem auf einem in das Jahr 1666 datierten Teller in der Percival David Collection4 sowie auf einem Stück im Victoria and Albert Museum5. 36

Dish

This shallow dish is painted in luminous underglaze cobalt blue and apart from the base ring is coated all over in transparent glaze. The scene depicted, ‘beauty’s enchantment,’ comes from the drama ‘Romance of the Western Chamber’ (Xixiangji). Beautiful Yingying is holding a sprig of plum blossom, and her maid a fan; both women are looking at Zhang Sheng and his friend, a monk, who are standing at the entrance to a temple. The underside depicts a fisherman rolling in his net on the river. The love drama ‘Romance of the Western Chamber’ enjoyed great popularity in the seventeenth century. At their meeting by the temple, the two pro­ tagonists Zhang Sheng and beautiful Yingying fall in love at first sight. Various illustrations of this scene appeared in a number of woodblock-print editions of the drama. In Min Qiji’s version in the Museum of East Asian Art,1 the figures are depicted on a Buddhist alms dish. The depiction on the dish shown here, by contrast, is based on a popular printed edition of 1628, which in turn was based on illustrations by the artist Qian Gu (1508 – c. 1578) (Fig. 6). 2 Evidently this was the model available to the porcelain painters in Jingdezhen. They adapted the illustrations to porcelain intended not just for the domestic market, but also for export. An almost identical decor can be seen on a dish in the Butler Collection dated 1673,3 another on a dish dated to 1666 in the Percival David Collection,4 and a piece in the Victoria and Albert Museum.5

Abb. / Fig. 6

98

99

Qing dynasty, Shunzhi or Kangxi period (c. 1644-1722) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

36.2

1 2

3 4 5

Whang 1995. Fu 1981, 644, fig. 452; Zhou 1988, 752, fig. 518; 760, fig. 521. Virginia 1990, 196, fig. 136. Hong Kong 1981, 39, fig. 26. Kerr 1986, 56, fig. 32.


17. Jahrhundert

17th Century

Blanc de Chine-Figur eines sitzenden Damo

40

Ming-Dynastie, 17. Jahrhundert Porzellan Dehua, Provinz Fujian H. 22,1 cm Inv. No. F 84,3 (OS) Schenkung / Donation: Orientstiftung zur Förderung der Ostasiatischen Kunst, 1984 Provenienz / Provenance: Erich Vio, Hong Kong Publiziert / Published: Wiesner 1986, 13 Ganter 1989, 28 Schlombs 1995 (1), 140

Die Figur sitzt im Meditationssitz mit übereinandergeschlagenen Beinen, der Gesichtsausdruck ist konzentriert und nach innen gekehrt. Eine prominente Stirn, lange Ohrläppchen, buschige Augenbrauen und ein Bart charakterisieren den legendären Begründer des Chan-Buddhismus, Bodhidharma. Die vor dem Bauch verschränkten Hände verschwinden unter den fein geschnittenen Faltenwürfen des voluminösen Gewandes. Die weiße Figur ist mit einer glänzenden, elfenbeinfarbenen Glasur überzogen, die nur den matt glänzenden Schädel mit Tonsur ausspart. Damo (Skr. Bodhidharma) war ein indischer Mönch, der im frühen 5. Jahrhundert nach China gekommen sein soll, um den Chan-(Zen-)Buddhismus zu begründen. Der Legende nach soll er neun Jahre in einer Höhle nahe des Shaolin-­ Klosters, Provinz Henan, meditiert haben, bis er die Erleuchtung erlangte. Bodhisharma ist an seinen übertriebenen Gesichtszügen leicht zu erkennen und gehört zu den Figuren, die in Dehua zahlreich für den Bedarf von Provinztempeln oder privaten Familienschreinen gefertigt wurden. Die Produktion setzte sich über Generationen fort, daher ist eine Datierung oftmals schwierig. Die hier vorgestellte Figur wurde in separaten Modeln für Kopf und Rumpf vorgeformt und anschließend modelliert, eine Technik, die für das 17. Jahrhundert charakteristisch ist. Vergleichsstücke finden sich im British Museum1, im Museum der Provinz Fujian2 sowie im Metropolitan Museum in New York3. 40

Ming dynasty (17th century) Porcelain Dehua, Fujian Province

40.2

1 2 3

Harrison-Hall 2001, 515, fig. 17: 14. Shanghai 1981, vol. 27, fig. 140. Valenstein/Meech-Pekarik/Jenkins 1977, fig. 42.

Blanc de Chine Figure of a Sitting Damo

The figure is seated cross-legged in a meditative posture, a concentrated expression on his face. A prominent forehead, long earlobes, bushy eyebrows, and a beard characterize the legendary founder of Chan Buddhism, Bodhidharma. The hands folded in front of his belly are invisible behind the finely carved folds of the voluminous garment. The white figure is coated in a glossy ivory-coloured glaze, reserving only the matt skull with its tonsure. Damo (or Bodhidharma) was an Indian monk who is said to have come to China in the early fifth century in order to found Chan Buddhism (Zen in Japanese). According to legend, he spent nine years in a cave near the monastery at Shaolin in Henan Province, meditating until he found enlightenment. Damo is easy to recognize by his exaggeratedly non-Chinese physiognomy, and is one of the figures produced in large numbers in Dehua for the needs of provincial temples or private family shrines. Production continued for generations, making the pieces difficult to date. The figure shown here was preformed in separate moulds for the head and the torso, and then finely modelled, a technique characteristic of the seventeenth century. Comparable pieces can be found in the British Museum,1 the Museum of Fujian Province,2 and the Metropolitan Museum in New York.3


40.1

108

109


18. Jahrhundert

59 Qing-Dynastie, Yongzheng-Marke und -Periode (1723–1735) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 6,7 cm, D. 12,2 cm Inv. No. DL 93,8 Dauerleihgabe / Permanent loan: Peter und Irene Ludwig Stiftung Auktion / Auction: Kunsthaus Lempertz, Köln, 27.11.1993, lot 116

59.1

18th Century

Yongzheng

Kumme

Die dünn getöpferte Kumme ist in zartem Unterglasur-Blau bemalt. Vor dem zweiten Brand wurden die Überglasur-Emailfarben in Grün, Rot und Gelb aufgetragen. Drei Medaillons mit fliegenden Kranichen, die von feingliedrigen Blütenzweigen umgeben werden, schmücken die äußere Wandung. Die Mündung ist außen und innen durch ein schmales, zartblaues Band akzentuiert. Der Spiegel zeigt eine rote Blüte und gelbe Blütenkelche mit grünen Blättern im Doppelring. Die Basis ist mit einer Yongzheng-Marke im Doppelring beschriftet. Die zarte Kumme entspricht dem typischen Doucai-Stil der YongzhengPeriode. Das feine Porzellan ist so dünn, dass man hindurchschauen kann, wenn man es gegen das Licht hält. Das zarte Blau, das transparente Grün und das leuchtende Rot, aber auch die klare Silhouette der Gefäßform zeugen von dem verfeinerten Geschmack des Yongzheng-Kaisers, der persönliche Anweisungen zur Fertigung von Kunstwerken für den Hof gab und zum Beispiel Porzellane der Ming-Zeit aus der Palastsammlung nach Jingdezhen sandte, damit sie den Handwerkern als Inspiration dienten. Die delikate Farbpalette erinnert an exzellente Porzellane der Chenghua-Periode, und es ist durchaus denkbar, dass ein solches Stück als Vorbild für diese Kumme diente. Vergleichsstücke finden sich in der Sammlung des Palastmuseums Beijing1 und des Nanjing Museum2.


59.2

59

Bowl

This thinly potted bowl is painted in delicate underglaze blue. Before the second firing, the overglaze green, red, and yellow enamels were applied. Three medallions with flying cranes surrounded by fine blossom sprigs adorn the outside. The mouth is accentuated outside and in by a narrow, delicate blue band. The well depicts a red flower and yellow calices with green leaves within a double circle. The base is inscribed with a Yongzheng mark in a double ring. This delicate bowl is in the typical doucai style of the Yongzheng period. The fine porcelain is so thin as to be translucent when held up to the light. The delicate blue, transparent green, and luminous red colours, as well as the clear silhouette of the vessel, bear witness to the refined taste of the Yongzheng emperor, who gave personal instructions for the manufacture of artworks for the court, and sent Ming porcelain items from the palace collection to Jingdezhen as inspiration for the craftsmen. The delicate palette recalls outstanding porcelain pieces from the Chenghua period (1465-87), and it is quite conceivable that such a piece served as the model for this bowl. Comparable pieces are to be seen in the Beijing Palace Museum1 and the Nanjing Museum.2

152

59.3

153

Qing dynasty, Yongzheng mark and period (1723-35) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

1 2

Gugong 1999, vol. 37, 157, fig. 144. Hong Kong 1995, fig. 105.


18. Jahrhundert

18th Century

Yongzheng

61.2

61 Qing dynasty, Yongzheng mark and period (1723-35) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

1 2 3

Gugong 1999, vol. 39, 81, fig. 70. Hong Kong 1995, fig. 55. Krahl 1994, 270, fig. 957.

61.3

A Pair of Drinking Bowls

These elegant drinking bowls with wide mouths and rounded bodies are coated with lustrous transparent glaze and painted in the famille rose palette using pink, turquoise, primrose yellow, and iron red. Three small sprigs of peach, pome­ granate, and loquat adorn the outsides. Inside, we see three small fruits. The base is inscribed with an underglaze blue Yongzheng mark in two columns in a square double cartouche. The two little drinking bowls represent the taste of the Yongzheng emperor, for whom elegance and refinement were the highest ideals. Among the Qing rulers, he was the most passionate art lover and patron. With the introduction of ruby red – obtained from powdered glass of that colour, itself produced with the help of colloidal gold particles – and opaque yellow and white, the palette of overglaze enamel colours was enormously enriched in the eighteenth century. With these colours, fine colour gradations and shades reminiscent of oil painting could be attained, allowing a lively, natural-looking reproduction of the motifs. Small drinking bowls came into fashion under the Ming dynasty Chenghua Emperor. The form of the vessel and the square double cartouche of the Yongzheng mark could be interpreted as homage to the Chenghua era, during which similar cartouches were popular. Comparable drinking bowls can be found in the Beijing Palace Museum,1 the Nanjing Museum2 and the Meiyintang Collection.3

61.4


18. Jahrhundert 18th Century

Klassische Form und technische Perfektion der Qianlong-Periode Classical Form and Technical Perfection of the Qianlong Period

158

159


67.1


Objekt in Form von Pilzen der Unsterblichkeit (Lingzhi)

67

Die neun Lingzhi-Pilze, die an einer Felsenplinthe wachsen, wurden in Modeln geformt und mit einer lavendelblauen Glasur überzogen. Der mit dunkelbrauner Engobe gefärbte Standfuß ist unglasiert. An der Basis zeigt das Stück eine Qianlong-Marke in Siegelschrift. Im 18. Jahrhundert erlebten die kaiserlichen Manufakturen eine phantastische Blüte. Es schien nichts zu geben, was man sich nicht in Porzellan hätte vorstellen oder was man nicht in diesem Material hätte realisieren können. Es gelang zum Beispiel, Stein, Metall, Holz und andere organische Materialien in Porzellan zu simulieren, ihre Form und Textur naturalistisch wiederzugeben oder in genialer Weise zu verfremden. Das hier vorgestellte Stück, das wahrscheinlich als Wassertropfer auf dem Gelehrtenschreibtisch diente, vermag die Textur und das natürliche Wachstum der Pilze einzigartig wiederzugeben, zugleich wird der Natur­gegenstand durch die verfeinerte Glasur überhöht. Der Lingzhi-Pilz, der auch als medizinische Heilpflanze dient, steht für Unsterblichkeit, und das Wort für die Zahl „neun“ (jiu) ist gleichlautend mit dem Wort für „lange Dauer“ (jiu). Spielerische und Glück verheißende Objekte waren unter dem Qianlong-Kaiser besonders beliebt. Es ist anzunehmen, dass das Stück als Geburtstagsgeschenk für ihn gefertigt wurde. Ein vergleichbares Objekt befindet sich in der Sammlung des Provinzmuseums Guangdong1.

67

Inv. No. DL 93,11 Dauerleihgabe / Permanent loan: Peter und Irene Ludwig Stiftung Ankauf / Acquisition: S. Marchant & Son, London Auktion / Auction: Sotheby’s, Hong Kong, 15.05.1990, lot 87 Publiziert / Published: Krahl 2000, 129f.

Object in the Form of the Fungus of Immortality (Lingzhi)

The nine lingzhi growing on a rocky plinth were formed in moulds and coated with a lavender glaze. The base ring is coated in dark brown engobe and unglazed. The base bears a Qianlong mark in seal script. In the eighteenth century the imperial factories enjoyed a fantastic heyday. There seemed to be nothing that it was not possible to imagine, or indeed realize, in porcelain. For example they succeeded in simulating stone, metal, wood, and other organic materials, reproducing their shape and texture naturalistically, or ingeniously defamiliarizing them. The present piece, which probably served as a water jar on the desk of a scholar, manages to reproduce the texture and natural growth of the fungus in unique fashion, while at the same time the natural object is enhanced by the refined glaze. The lingzhi fungus, which is also used in medicine, stands for immortality, and the word for the number nine (jiu) is homo­phonous with that for ‘long duration’ (jiu). Under the Qianlong emperor, playful and lucky objects were particularly popular. We may assume that this piece was a birthday present for him. There is a comparable object in the Guangdong Provincial Museum.1

170

Qing-Dynastie, Qianlong-Marke und -Periode (1736–1795) Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 12,8 cm

171

Qing Dynasty, Qianlong mark and period (1736-95) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

67.2

1

Shanghai 1981, vol. 24, fig. 29.


Exportware

Export Ware

Die Unsterblichen der Harmonie (Hehe erxian) 91

Qing-Dynastie, 17. oder 18. Jahrhundert Porzellan Jingdezhen, Provinz Jiangxi H. 13 cm Inv. No. F 12,10 Ankauf / Acquisition: Adolf Fischer, 1912 Publiziert / Published: Dittrich/Merkel 1965, 53 Dittrich 1973, 72

Die beiden modelgeformten Figuren sitzen auf einer Plinthe in Form eines zerklüfteten Felsens. Sie sind in locker fallende Mönchsgewänder gekleidet, Brust und Bauch sind wie die Füße nackt. Der Unsterbliche mit grüner Robe trägt einen Korb im linken Arm und einen Silberbarren in der rechten Hand. Der gelb Gewandete legt den Arm um seinen Gefährten und hält eine Lotusblume über der linken Schulter, vor ihm steht ein Schatzkästchen, Goldmünzen liegen auf dem Felsen verstreut. Die teilweise mit grüner, gelber und brauner Bleiglasur bemalten Porzellanfiguren sind typische Beispiele des Exportporzellans der Kangxi-Periode. Die beiden Untsterblichen werden als „Unsterbliche der Harmonie“ (hehe erxian) bezeichnet und gehen auf zwei exzentrische Mönche der Tang-Dynastie, Hanshan und Shide, zurück. Sie galten als Symbole für Glück und Harmonie. 91

The Immortals of Harmony (hehe erxian)

Qing dynasty (17th or 18th century) Porcelain Jingdezhen, Jiangxi Province

The two figures, which were formed in moulds, are seated on a plinth in the form of a craggy rock. They are clothed in loose monks’ robes, their breast, belly, and feet are bare. The immortal with the green robe is carrying a basket on his left arm, and a silver ingot in his right hand. The one in yellow has his arm around his companion holding a lotus blossom over his left shoulder, while before him stands a treasure chest, with gold coins strewn over the rock. The porcelain figures, partially painted in green, yellow, and brown lead glazes, are typical examples of Kangxi-era export porcelain. The two immortals are called the ‘Immortals of Harmony’ (hehe erxian) and go back to two eccentric monks of the Tang dynasty, Hanshan and Shide. They were regarded as symbols of happiness and harmony.

91.2

91.3


91.1

224

225



Baukeramik f체r Pal채ste und Tempel Architectural Ceramics for Palaces and Temples

226

227


Baukeramik

Architectural Ceramics

95.1 / Fa 7

Zwei rechteckige Hohlziegel eines Dachfirsts mit Drachendekor (zhengji) 95

Qing-Dynastie, frühes 17. Jahrhundert Steinzeug Nordchina, wahrscheinlich Huangwa-Öfen, Anshan, Provinz Liaoning H. 37 cm, H. 23 cm Inv. No. Fa 7 Inv. No. Fa 8

Die innen hohl gearbeiteten Firstziegel sind auf beiden Seiten mit einem fünfklauigen bzw. dreiklauigen Drachen im Hochrelief verziert. Schuppen bedecken den schlangenartigen Körper. Der Kopf wird je von einem weit aufgerissenen Maul mit gebleckten Zähnen, langer Zunge und aus den Nüstern sprießenden Schnurrhaaren beherrscht. Auf der Seite des Ziegels mit fünfklauigem Drachen sind Zeichen ein­ gekerbt, einmal das Zeichen für „Herz“ (xin) und das Zeichen für die Zahl „eins“ (yi) (Fa 8). Der dreiklauige Drache ist mit der Zahl „elf“ (shiyi) beschriftet (Fa 7). Dekorziegel dieser Art sitzen zwischen den beiden Eulenschwänzen auf dem Dachfirst. Sie werden einzeln gefertigt und erhalten eingeritzte Bezeichnungen und Nummerierungen, um ihre Anordnung kenntlich zu machen. Die Zahlen „eins“ und „elf“ geben wahrscheinlich die exakte Reihenfolge der Ziegel an. Stilistisch lässt sich der Drache auf den beiden Dekorziegeln der Kölner Sammlung mit einem Wandziegel des „Tores der Großen Qing-Dynastie“ (Da Qing men) im Palast von Mukden, Shenyang in der Provinz Liaoning, vergleichen (Abb. 13). Dieser Palast wurde von den Herrschern der Qing-Dynastie benutzt, bevor die Residenz 1644 nach Beijing in die Verbotene Stadt verlegt wurde. Nurhaci


(1559–1626), der erste Kaiser der Qing-Dynastie, begann mit dem Bau des Mukden-Palastes, der von Qianlong zwischen 1746 und 1779 vollendet wurde. Das „Tor der Großen Qing-Dynastie“ wurde von dem zweiten Kaiser Huang Taiji (1592–1643) zwischen 1625 und 1636 errichtet. Die beiden Firstziegel der Kölner Sammlung sollen von dem Museumsgründer Adolf Fischer 1906 auf einer Forschungsreise durch Nordostchina in Shenyang erworben worden sein. Vermutlich stammen sie von einem der kaiserlichen Gebäude des Mukden-Palastes, dessen Architekturkeramik neuesten Forschungen zufolge in den Huangwa-Öfen von Anshan, Provinz Liaoning, produziert wurde. Die Töpferfamilie Hou aus der Provinz Shanxi, dem Zentrum der Architekturkeramik während der Ming- und Qing-Dynastie, zog in der Wanli-Periode der Ming-Dynastie, im späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert, nach Haicheng, Provinz Liaoning, um dort die kaiser­ lichen Aufträge für den Mukden-Palast zu vollenden. Ihre glasierten Keramiken zeigen daher stilistische Einflüsse aus der Provinz Shanxi, wie zum Beispiel ein Drachenfirstziegel des Yungang-Höhlentempels in Datong von 1651 aus der Provinz Shanxi zeigt. Ähnlich wie die Familie Hou zogen viele begabte Handwerker aus Shanxi in andere Provinzen, um dort an großen Bauprojekten oder kaiserlichen Aufträgen mitzuarbeiten. Auf diese Weise gelangte die Kenntnis von Keramiktechniken wie Aufbau und Glasur an verschiedene Orte. Neuere Forschungen haben zum Beispiel ergeben, dass die Glasuren in Shenyang und Beijing ähnliche Bestandteile enthalten. Glasierte Architekturziegel waren ebenso wie das Motiv des Drachen außerhalb kaiserlicher Bauvorhaben untersagt. Die Farben repräsentieren unterschiedliche Ränge und Wichtigkeit: Hellgelbe Glasuren waren für kaiserliche Gärten bestimmt, kräftiges Gelb für die Palastbauten und dunkles Gelb für die kaiserlichen Gräber. Den Mitgliedern der kaiserlichen Familie blieben dagegen die Farben Grün und Schwarz vorbehalten. 95

Two Rectangular Hollow Tiles from a Roof Ridge with Dragon Decor (zhengji)

These hollow roof ridge tiles are decorated on each side respectively with a five and a three-clawed dragon in high relief. The serpentine bodies are covered in scales. The head is dominated by a wide-open mouth with curved teeth, long tongue, and whiskers emerging from the nostrils. On the side of the tile with the five-clawed dragon, characters are carved: the character for ‘heart’ (xin) and that for the number one (yi) (Fa 8). The three-clawed dragon is inscribed with the number eleven (shiyi) (Fa 7). Decorative tiles of this kind are placed on the ridge between the owl’s tails. They were manufactured singly and had descriptions and numbers carved into them to show where they belonged in the arrangement. The numbers ‘one’ and ‘eleven’ probably indicate the exact order of the tiles. Stylistically, the dragons on the present two decorative tiles can be compared to a wall tile of the ‘Gate of the Great Qing Dynasty’ (Da Qing men) in Mukden Palace, Shenyang, in the prov-ince of Liaoning (Fig. 13). This palace was used by the Qing rulers be­-

238

Abb. / Fig. 13

239

Qing dynasty (early 17th century) Stoneware Northern China, probably Huangwa kilns, Anshan, Liaoning Province


Baukeramik

Architectural Ceramics

103.1 / Fa 53


Architekturziegel für die Wand

103

Die trapezförmigen Dekorziegel sind massiv gearbeitet und mit grüner, gelber und weißer Glasur verziert. Das Hauptmotiv auf der Vorderseite zeigt eine Lotusblüte mit Samenkapsel, die einem Wellenmotiv über einem mit schwarzer Farbe kalt bemalten Felsen entspringt. Zwei symmetrische Schleifen und ein mittiges Band ragen auf die Lotusblüte herab. In einen der Ziegel (Fa 53) ist seitlich die Nummer „vierzehn“ eingeschnitten. Diese beiden üppigen Dekorziegel waren wahrscheinlich Teil der Wand eines größeren Gebäudes, vielleicht eines kaiserlichen Tempels. Lotusblumen als buddhistische Symbole finden sich dort zum Beispiel im Kontext der Acht buddhis­tischen Schätze, wie sie sich noch an Ming-zeitlichen Tempeln in der Provinz Shanxi erhalten haben. Dagegen sind die üppigen Schleifen und auch der stark zerklüftete Hintergrund mit dem prominenten Wellendekor typisch für das 18. Jahrhundert, in dem eine gewisse Schematisierung und Versteifung der Motive einsetzte. Die Farbpalette der Glasur entspricht dagegen dem typischen kaiserlichen Farbkanon. Die schwere Ausführung der Architekturziegel stellt eine Besonderheit dar, da diese meist zum Schutz auf die Oberflächen leichter Holzarchitektur aufgebracht wurden und daher relativ dünn gearbeitet waren. Die im Museum befindlichen Ziegel stammen dennoch aus einem kaiserlichen Ofen und waren für ein massives Bauwerk bestimmt, an dem die Dekorplatten mit seitlicher Lochung durch Zapfen miteinander verbunden wurden.

Qing-Dynastie, 18. Jahrhundert Steinzeug Wahrscheinlich kaiserlicher Ofen, Beijing L. 36 cm unten, 48 cm oben Inv. No. Fa 53 Inv. No. Fa 54

103 Wall Tile These trapezoidal decorative tiles are heavily moulded and are decorated with a green, yellow, and white glaze. The main motif on the front is a lotus blossom with a seed pod, which emerges from a wave motif above a rock painted in black (unfired). Two symmetrical loops and a band in the middle overhang the lotus blossom. The number 14 is incised into the side of one of the tiles (Fa 53). These two extravagantly decorated tiles were probably part of the wall of a fairly large building, maybe an imperial temple. Lotus blossoms as Buddhist symbols can be found in such positions for example in the context of the Eight Buddhist Treasures, such as have survived on Ming temples in Shanxi Province. By contrast, the luxuriant loops and the rugged background with the prominent wave decor are typical of the eighteenth century, which saw the emergence of a certain schematization and stiffening of the motifs. The palette of glazes however is entirely in accordance with the typical imperial canon. The sheer weight of this tile is unusual, as such tiles were mostly placed on the surfaces of light wooden walls and are for this reason relatively thin. The present tiles, though, were made in an imperial kiln and were destined for a large and solid building, where the decorative tiles were attached to each other by pegs in­ serted through lateral holes.

260

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Qing dynasty (18th century) Stoneware Probably imperial kiln, Beijing

103.1 / Fa 53


Verlag der Buchhandlung Walther Kรถnig


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