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GRENZENLOS UMHERSCHWEIFEN
LUFTRAUM VOLLER GESCHICHTEN
Sie sind flügellahm, auch wenn man es ihnen nicht ansieht. In Reih und Glied stehen eine Boeing 747 von KLM und ein Airbus A340 von Air France auf der Startbahn. Als ob sie jeden Moment abheben könnten. In Wirklichkeit stehen die Maschinen auf dem, was man ihre letzte Ruhestätte nennen könnte. Das Unternehmen Aircraft End-Of-LifeSolutions, seit kurzem hier ansassig, wird sie vollständig demontieren. Ein Schild an einem Zaun (‚Landeplatz - Zugang streng verboten’) veranschaulicht, dass die abgedankten Flugzeuge nicht aus der Luft gefallen sind. Unter dem Namen Twente Airport wird das Gelände außerdem teilweise weiterhin für Geschäfts- und Urlaubsflugverkehr genutzt.
RIESIGES GEBIET Die Landebahn muss man also links liegenlassen, aber ansonsten kann man sich AUF DEM EHEMALIGEN LUFTWAFFENSTÜTZPUNKT TWENTHE TEILEN SICH SPAZIERGÄNGER UND RADFAHRER JETZT DAS GROSSE AREAL MIT FELDLERCHE UND WIESENPIEPER. ALTE SPUREN UND NEUE KUNST ERZÄHLEN VON DER REICHEN GESCHICHTE DIESER GEGEND.
ungehindert auf einem Gelände bewegen, das lange Zeit unzugänglich war. Es eröffnet sich einem ein riesiges Gebiet, in dem alle möglichen Arten von Natur, Landschaftskunst und Geschichte zu entdecken sind. Alleine schon die Klinker, die zum sogenannten Erlebnispfad führen: sie wurden schon beim Bau des allerersten Flughafens verwendet, der 1931 eröffnet wurde.
Jetzt wurden die 130 Hektar des Militärflughafens zu der bemerkenswerten Natur hinzugefügt, die sich im Laufe der Zeit in diesem Gebiet entwickelt hat. Man kann dort Vögel und eben auch immer noch (Segel)Flugzeuge beobachten, wandern und Fahrrad fahren, Landschaftskunst genießen, seltene Flora und Fauna entdecken oder die geheimnisvolle (militärische) Geschichte der Gegend erleben.
Einfach nur die endlose Weite auf sich einwirken lassen, geht natürlich auch. Im Frühling und Sommer verwandelt sich die Fläche dank einer bestimmten Art des Mähens in ein Blumenmeer. Die Feldlerche hält einen aber, soweit es geht, auf Abstand: ihr Lebensraum ist mit Schildern eingegrenzt, die das Verlassen der gekennzeichneten Wege untersagen.
SPANNENDER BLICK Ein schöner Ort, sie zu beobachten, ist der Aussichtspunkt, der beinahe wie ein UFO aus der Ebene aufsteigt. Künstler Paul de Kort verwandelte ein altes Tanklager in ‚Parallax’. Oben auf den aufgebrochenen Treibstofftanks hat man einen weiten Blick auf die Umgebung, in der neuerdings Froschteiche - angelegt in der Form von Bombenkratern - wie blaue Augen aufleuchten. In der Eichenschonung unten schnüffeln zwei amerikanische Staffordshire Terrier herum; ihr Frauchen kümmert sich nicht um die Anleinpflicht für Hunde. Am Fuße des Hügels bietet einem ein Tunnel einen spannenden Blick auf die Landschaft auf ganz neuer Ebene.
Parallax ist einer der Orte, an denen (Landschafts)Künstler Spuren der Militärgeschichte für den Besucher wieder zum Leben erwecken. Außerdem sind Wachthäuschen, Hangars und die von Fledermäusen so geliebten Bunker zurecht stille Zeitzeugen. Am Ende des Weges aber erklingt plötzlich eine Kakophonie. Im Gebäude C-26 wurden einst die Motoren der F-16 Düsenjäger getestet, jetzt ist das stählerne Gerippe das Klangkunstwerk Doppler. Hier wechseln sich das Dröhnen einer alten Messerschmitt und der Singflug eines Wiesenpiepers ab, und ein früherer Bewohner erzählt, wie er mit seiner Familie von den deutschen Besatzern aus dem Gebiet vertrieben wurde. Mehr Erzählungen sind auf dem Erinnerungspfad zu finden, auf der Bahn, auf der früher die Bordwaffen aufgestellt wurden.