Positionspapier der EVP-Fraktion

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Positionspapier der EVP-Fraktion

Schaffung einer Europ채ischen Verteidigungsunion

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Schaffung einer Europ채ischen Verteidigungsunion


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Positionspapier der EVP-Fraktion Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion

Inhalt 1.  Sicherheit für alle oder überhaupt keine Sicherheit  � � � � � � �

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2.  Es bedarf einer neuen europäischen Sicherheitsstrategie  � � �

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3.  Die Krisenreaktionsfähigkeiten der EU müssen wachsen  � � �

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4.  Mehr Geld für Sicherheit und Verteidigung  � � � � � � � � � � � � � � � �   13 5.  Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Entwicklung europäischer Verteidigungsfähigkeiten  � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �   15 6.  Technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB)  � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �   17 7.  Sicherheit durch Partnerschaften  � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �   19 8.  Weiteres Vorgehen  Anhang

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1.  Sicherheit für alle oder überhaupt keine Sicherheit Das Sicherheitsumfeld der EU ist unbeständig, komplex undlabil. Im Süden und Osten ist Europa mit einem Bogen der Instabilität konfrontiert. Der Ring befreundeter Staaten, den man erwartet hatte, ist zu einem Feuerring geworden. Im Süden breiten sich ISIS und andere terroristische Vereinigungen im Nahen Osten und in Nordafrika weiter aus, zusätzlich zur allgemeinen Instabilität in der Region und zu den Sicherheitsherausforderungen im Sahel. Im Osten sind der hybride Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, die unrechtmäßige Annexion der Krim und hybride Taktiken einschließlich Cyberterrorismus und Informationskriegsführung, die zur Destabilisierung der Länder der Östlichen Partnerschaft angewandt werden, die akutesten Sicherheitsbedrohungen, mit denen die EU konfrontiert ist. Die Flüchtlingskrise an den Grenzen im Süden und Osten stellt die EU und ihre Mitgliedstaaten vor dramatische Herausforderungen, die auch Sicherheitsbedenken einschließen, und muss gemeinsam angegangen werden. Die externen und internen Sicherheitsbedrohungen sind nun eng miteinander verflochten. Auch die US-Regierung erwartet von uns, dass wir bei der Stabilisierung unserer weiteren Nachbarschaft die Führung übernehmen. Vor diesem Hintergrund sollten Sicherheit und Verteidigung weiter im Mittelpunkt der europäischen Agenda stehen. Das Hauptproblem besteht im fehlenden politischen Willen, von allen vorhandenen militärischen Fähigkeiten und Instrumenten umfassend Gebrauch zu machen, um die Ziele der EU-Außenpolitik zu erreichen und den Sicherheitsbedenken aller Mitgliedstaaten entsprechend Artikel 42 Absatz 7 EUV gleichermaßen gerecht zu werden. Dieser Artikel sollte das Pendant der EU zu Artikel 5 der NATO werden

und unbeschadet der Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung, die sich für die meisten Mitgliedstaaten der EU aus dem Washingtoner Vertrag ergibt, operationalisiert werden Europa muss in Situationen realer Bedrohung stärker, schneller und reaktionsfähiger sein. Es muss seinen Teil der Verantwortung übernehmen und Ziele in die Tat umsetzen. Wir bedauern, dass der Europäische Rat von Juni 2015 den Erwartungen des Verteidigungsrates vom Dezember 2013 nicht gerecht wurde.

Gemäß aktuellen Daten der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) für 2013 haben die Mitgliedstaaten 186 Milliarden EUR für Verteidigung ausgegeben, und ihre Streitkräfte zählen 1 435 000 Soldaten, mehr als in den USA. Die Gesamtsumme europäischer Ausgaben für Verteidigung liegt unter der Hälfte der amerikanischen Ausgaben, aber die Effektivität dieser Ausgaben wird auf 10-15 Prozent derer Amerikas geschätzt. Aufgrund fehlender Zusammenarbeit, Koordination und Synergien führen diese Ausgaben zu desaströsen operativen Ergebnissen, sind eine Verschwendung von Steuergeld und schwächen unsere Sicherheit. 5


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2.  Es bedarf einer neuen europäischen

Sicherheitsstrategie

Eine neue europäische Sicherheitsstrategie ist seit Langem überfällig. Wir brauchen einen neuen Ansatz, der das radikal veränderte Sicherheitsumfeld berücksichtigt, und müssen die politischen Ziele der EU definieren und sie zu einem stärkeren Akteur im Bereich der Sicherheit machen. Die EVP-Fraktion erwartet eine ehrgeizige neue Strategie, die zu einem EU-Weißbuch zur Sicherheit und Verteidigung führt und im Rahmen derer ein Fahrplan mit realistischen und praktischen Schritten definiert wird. Dabei sollten Schlussfolgerungen gezogen werden in Bezug auf die Organisation, Ausrüstung, Fähigkeiten und Verfahren zu deren Einsatz, falls sie nötig werden. Außerdem sollten im Rahmen der Strategie gemeinsame Bedrohungswahrnehmungen und gemeinsame Sicherheitsinteressen definiert werden, um die Entstehung einer gemeinsamen strategischen Kultur zu fördern. Der EU-Verteidigungsgipfel im Juni 2015 war eine verpasste Gelegenheit, da es dort nicht gelungen ist, die verteidigungsrelevanten Fragen umfassend zu behandeln.

lierten Inseln militärischer Zusammenarbeit ein Ende zu setzen, muss dem Beginn der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) oberste Priorität eingeräumt werden. Die EVP-Fraktion befürwortet die Idee, einen ständigen Rat der Verteidigungsminister einzurichten. Durch die Einführung eines zweimal im Jahr auf den Tagungen des Europäischen Rates stattfindenden thematischen Dialogs zur GSVP würden Sicherheit und Verteidigung ganz oben auf der Agenda bleiben. Der Europäische Rat sollte in seinen Anforderungen spezifischer und fordernder sein.

Die EVP-Fraktion spricht sich nachdrücklich dafür aus, von den Verträgen im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) vollen Gebrauch zu machen. Wir müssen die im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Bestimmungen operationalisieren (Artikel 41 Anschubfonds, Artikel 44 EUV Übertragung der Durchführung von GSVP-Missionen an eine Gruppe von Mitgliedstaaten, Artikel 46 EUV Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, Artikel 222 AEUV die Solidaritätsklausel und Artikel 42 EUV die Klausel über gegenseitigen Beistand). Um den unkoordinierten und iso7


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Die Krisenreaktionsfähigkeiten der EU

3.

müssen wachsen

Die Stärke der EU liegt in ihrem Potenzial, über die gesamte Bandbreite ziviler und militärischer Instrumente Ressourcen zu mobilisieren. Durch deren Nutzung in einem umfassenden Ansatz entsteht die einzigartige potenzielle Flexibilität zur effektiven Bewältigung der schwierigsten internationalen Probleme. Wir erinnern daran, dass die Instrumente der GSVP ein wesentliches Werkzeug innerhalb des Umfassenden Ansatzes bleiben sollten. Um ihre Werte zu fördern und ihre Interessen zu schützen, muss die EU mehr sein als ein Hilfeleister oder ein Postkonfliktakteur. Sie sollte Bedrohungen antizipieren, deren Eintreten verhindern und in unserer unmittelbaren und weiteren Nachbarschaft für Sicherheit sorgen. Die EU sollte bereit sein, Militäroperationen der GSVP mit voller Handlungsfähigkeit durchzuführen, wenn ihre Sicherheit bedroht ist. Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) muss seine Fähigkeit ausbauen, Krisen zu erkennen und zu antizipieren sowie GSVP-Missionen und -Operationen zu planen und durchzuführen. Verstärkte Zusammenarbeit und Koordination zwischen verschiedenen Überwachungsund Krisenreaktionsfähigkeiten auf EU-Ebene sind ebenso dringend notwendig wie die Rationalisierung bestehender Strukturen und die Verringerung unnötiger Überschneidungen. Die Mitgliedstaaten sollten langwierige und unflexible Beschlussfassungsverfahren überwinden, damit die einschlägigen zivilen und militärischen Mittel schnell eingesetzt werden können. Die Grundursachen von Defiziten bei der Kräftegenerierung müssen von den Mitgliedstaaten und mit Unterstützung der EU behoben werden. Wir

fordern die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission (HR/VP) und Leiterin der EDA auf, beim Zusammenbringen der externen und internen Dimension der GSVP die Führung zu übernehmen. Die EU-Gefechtsverbände sind das wichtigste der EU zur Verfügung stehende militärische Instrument für Kriseneinsätze. Leider wurden sie nie eingesetzt und operativ erprobt. Es ist wichtig, die politische Blockade zu überwinden, die es unmöglich gemacht hat, dieses Werkzeug zu nutzen. Die mangelnde Flexibilität des EU-Haushalts führt zu Verzögerungen bei der operativen Auszahlung von EU-Mitteln und beeinträchtigt möglicherweise die Fähigkeit der EU, rechtzeitig auf entstehende Krisen zu reagieren. Der Mechanismus Athena zur Finanzierung von GSVP-Militäroperationen muss grundlegend überholt werden. Der Katalog gemeinsamer Kosten, der zurzeit 10-15 Prozent abdeckt, muss bedeutend erweitert werden. Dies sollte zu einer vollständigen Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten bei wichtigen GSVP-Aufgaben führen. Effektive Finanzierungsmechanismen für zivile GSVP-Missionen sollten ebenfalls eingerichtet werden. Die EVP-Fraktion fordert die Weiterentwicklung des bestehenden EAD-Operationszentrums in ein vollfunktionsfähiges zivil-und militärstrategisches Operationskommando, das den Planungs- und Durchführungsstab abdeckt. Es 9


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sollte ein EU-Operationskommando eingerichtet werden, das eine schnelle und effektive Planung, Befehlskette und Kontrolle sicherstellt, mit dem Ziel, hochintensive militärische und zivile GSVP-Operationen durchzuführen und die territoriale Verteidigung umzusetzen. Nie zuvor waren die hybriden Bedrohungen, mit denen wir konfrontiert sind, von solcher Intensität. Im Mittelpunkt des nächsten gemeinsamen politischen Rahmens sollten realisierbare Vorschläge stehen, die dabei helfen, hybride Bedrohungen abzuwehren und die Widerstandsfähigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie der EU-Partner insbesondere in der EU-Nachbarschaft zu stärken. Dieser Rahmen sollte unter intensiver Koordinierung und regelmäßiger Konsultation der NATO entwickelt werden, die ihre eigene Reaktion auf hybride Kriegsführung innerhalb der gleichen Zeitachsen entwickeln wird. Eine einzigartige Gelegenheit, die Reaktionen von EU und NATO aufeinander abzustimmen, sollte nicht versäumt werden. Bereiche wie strategische Kommunikation, die an ein Publikum im Osten, Süden und in der EU gerichtet ist, Propagandaabwehr, Energie, Cybersicherheit, Frühwarnmechanismen, strategische Infrastruktur, Kriegsführung geringer Intensität und Grenzverletzungen müssen zwischen dem EAD, der EDA und den Gremien der Europäischen Kommission und entsprechenden EU-Agenturen (z. B. FRONTEX) hinreichend koordiniert und in künftigen Strategien berücksichtigt werden.

Hybride Konflikte erfordern eine hybride Antwort. Die EVP-Fraktion hält es für notwendig, Instrumente auszubauen, die dem Aufbau von Sicherheit dienen. Der Schutz personenbezogener Daten ist sehr wichtig, andererseits ist jedoch auch ein wirksamer Mechanismus zur Abwehr terroristischer Bedrohungen notwendig. Der Einsatz ziviler Satellitensysteme, die in Europa im Aufbau sind, sollte zu Zwecken der Erhebung und Übermittlung von Informationen, welche entscheidend für die Sicherheit des Kontinents sind, in Erwägung gezogen werden. Die Grenzen zwischen der inneren Sicherheit und der äußeren Sicherheit verschwimmen zunehmend. Am deutlichsten zeigt sich dies am akuten Problem der unkontrollierbaren Migrationsströme aus den östlichen und südlichen Nachbarländern. Wir müssen die Grundursachen dieses Phänomens angehen, indem wir die Zusammenarbeit mit Transitländern und Ausgangsländern von Migration stärken, unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Strategien und Instrumente.

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4.  Mehr Geld für Sicherheit

und Verteidigung

Fortwährende und bedauerliche Kürzungen bei den Verteidigungsausgaben unterminieren die operative Fähigkeit der EU und ihre Rolle als glaubwürdiger Bereitsteller von Sicherheit innerhalb der europäisch-atlantischen Gemeinschaft. Jetzt sind höhere und bessere Ausgaben gefordert. Es ist von existentieller Bedeutung für die Mitgliedstaaten der EU, die vereinbarten Ausgabenziele von 2 Prozent des BIP für Verteidigung zu erreichen. Wir möchten allen Mitgliedstaaten, die dieses Ziel bereits erreicht oder sich nachdrücklich dazu verpflichtet haben, unser Lob aussprechen. Gleichzeitig erinnern wir an die dringende Notwendigkeit besserer Ausgaben im Bereich Verteidigung durch mehr gemeinsame Planung und Beschaffung, um Überschneidungen, Fragmentierung und mangelnde Interoperabilität zu vermeiden.

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5.

Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Entwicklung europäischer

Verteidigungsfähigkeiten Bei der europäischen Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung wurden einige Fortschritte erzielt, wir müssen aber mehr tun und zügiger handeln, um sicherzustellen, dass die EU ihre strategische Autonomie erreicht. Wir müssen verhindern, dass sich die Fähigkeitslücke weiter vergrößert, und diese Tendenz energisch umkehren. Es ist sehr wichtig, der Fragmentierung der europäischen Verteidigungsbemühungen ein Ende zu setzen, indem auf eine größere strategische Konvergenz hingearbeitet wird. Kooperationsprogramme (gemeinsame Entwicklung und Nutzung) können bedeutende Skaleneffekte ermöglichen sowie die militärische Interoperabilität und Effektivität erhöhen. Um diese Programme wirtschaftlich tragfähig zu machen, müssen mehr Mitgliedstaaten teilnehmen. Positive Beispiele wie das Europäische Lufttransportkommando (EATC) müssen zahlreicher werden. Der Bündelung und gemeinsamen Nutzung muss aufgrund ihres Mehrwerts Priorität eingeräumt werden. Bei den vier Vorzeigeprojekten im Bereich Fähigkeiten, die beim Europäischen Rat von Dezember 2013 identifiziert wurden, müssen Fortschritte erzielt werden, und sie sollten allen Mitgliedstaaten offenstehen, die bereit sind, zu diesen Projekten beizutragen.

Die EDA muss in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit im Bereich Fähigkeitenentwicklung gerückt werden. Es sollten mehr Finanzmittel zugewiesen werden, damit die EDA ihre Aufgaben besser erfüllen kann. Mitgliedstaaten sollten diese Plattform nutzen, um mehr Informationen über Fähigkeitenentwicklung und Beschaffungspläne auszutauschen, damit die Bedürfnisse besser aufeinander abgestimmt werden, und sie sollten eine wichtigere Rolle bei der Koordinierung und Umsetzung solcher Projekte spielen. Die Kommission muss konkrete Vorschläge dazu machen, wie sie EU Projekte finanzieren kann, die auf eine bessere gemeinsame Widerstandsfähigkeit und Verteidigung gegen Bedrohungen von außen abzielen. Wir müssen für Anreize für eine Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten bei der Entwicklung von Kapazitäten sorgen. Dies kann über fiskalische und finanzielle Maßnahmen erreicht werden.

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Technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB)

6.

Die EDTIB ist ein Schlüsselelement der Fähigkeit Europas, die Sicherheit seiner eigenen Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, seine Werte – insbesondere Menschenrechte und Demokratie – zu schützen und seine Interessen zu fördern. Die Verteidigungsindustrie steht im Mittelpunkt der EDTIB und ist ein Schlüsselelement der europäischen Sicherheitsarchitektur. Heutzutage kann kein Mitgliedstaat groß angelegte Forschungs- und Technologieprojekte alleine durchführen. Eine verstärkte EDTIB sollte daher auf der Koordinierung von Verteidigungshaushalten, Harmonisierung von Anforderungen, Verringerung von Ineffizienzen und besseren Synergien basieren. Starke und wettbewerbsfähige europäische Unternehmen sollten innerhalb eines effizienten Verteidigungsmarktes agieren und die notwendigen Kapazitäten zur europäischen Verteidigung und für autonome EU-Operationen bereitstellen. Die Kommission sollte, in Verbindung mit einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine EU-weite Regelung zur Versorgungssicherheit einführen, die für die Entwicklung, Erhaltung und den Transfer von Verteidigungstechnologien sowie zur Stärkung von Solidarität und Vertrauen in der EU von herausragender Bedeutung ist. Ziel ist die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen und innovativen EDTIB. Die Einleitung einer vorbereitenden Maßnahme für 2017 wird der erste Schritt zur Erstellung eines GSVP-Forschungsprogramms auf EU-Ebene sein, das aus dem EU-Haushalt finanziert

wird. Sie wird ein qualitativer Schritt für künftige europäische Kooperationsprogramme sein. In dieser Hinsicht unterstreichen wir die Bedeutung des vom EP vorgeschlagenen Pilotprojekts. In der Zwischenzeit sollten Mitgliedstaaten und Interessenträger die bereits im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms von „Horizont 2020“ bereitgestellten Möglichkeiten in vollem Maße nutzen. Die Mitgliedstaaten sollten die Forschungsmission zur Unterstützung der Außenpolitik der Union weiter unterstützen, zu der auch die technische Entwicklung auf dem Gebiet der Brückentechnologien (oder Technologien mit doppeltem Verwendungszweck) gehört, zur Verbesserung der Interoperabilität zwischen dem Zivilschutz und den Militärstreitkräften (wie in dem spezifischen Programm für „Horizont 2020“ dargelegt wird). Eine europäische Verpflichtung zur gemeinsamen Entwicklung und Finanzierung militärischer Fähigkeiten sollte an eine symmetrische Miteigentümerschaft an den Ergebnissen dieser Investitionen gekoppelt werden. Verkäufe der Ergebnisse gemeinsamer Projekte sollten der Zustimmung aller Beteiligten und einem Genehmigungssystem für gemeinsame Exporte gemäß den Leitlinien des gemeinsamen Standpunkts zur Kontrolle von Waffenausfuhren von 2008 und insbesondere den Bestimmungen zur Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts und zur Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region unterliegen.

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7.  Sicherheit durch

Partnerschaften

Die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO ist von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit und Verteidigung Europas. Die Sicherstellung transatlantischer Kohärenz und Solidarität ist entscheidend. Europa muss seinem Teil der Verantwortung nachkommen und als starker Verteidigungspfeiler innerhalb der transatlantischen Sicherheitsgemeinschaft mit der Fähigkeit agieren, GSVP-Missionen und -Operationen mit eigenen Mitteln durchzuführen. Daher muss sich die GSVP in folgenden drei Hauptbereichen weiterhin in vollständiger Komplementarität mit der NATO entwickeln: gemeinsamer Aufbau von Widerstandsfähigkeit (Kombination aus der Nutzung militärischer und nichtmilitärischer Mittel), Aufbau von Widerstandsfähigkeit mit unseren Nachbarn (kollektive Sicherheit) und Investitionen in Verteidigung.

Die EU muss ihre Zusammenarbeit mit Partnerländern in der EU-Nachbarschaft sowie internationalen und regionalen Organisationen wie den Vereinten Nationen, der Arabischen Liga, der Afrikanischen Union und der OSZE weiter ausbauen. Die EVP-Fraktion unterstützt die EU-Initiative „Train and Equip“ (Ausbildung und Ausrüstung) und fordert, dass EU-Finanzmittel zur Ausrüstung insbesondere derjenigen Drittländer zugesichert werden, die im Rahmen von GSVP-Missionen ausgebildet werden.

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8.  Weiteres Das Trittbrettfahren bei Verteidigung und Sicherheit muss ein Ende finden. Die GSVP kann nicht länger das schwächste Glied im EU-Integrationsprozess sein. Das Sicherheitsumfeld verlangt danach, dass die europäische Verteidigung vom „Papiertiger“ zur vollfunktionsfähigen Politik wird, die allen Mitgliedstaaten gleiche Sicherheit bietet und ihren wichtigen Sicherheitsanliegen gleiche Beachtung schenkt. Dies wird eine starke Führung erfordern, um die politische Blockade zu überwinden. Wir müssen keine neuen schweren oder komplexen Strukturen, Mechanismen oder Werkzeuge erfinden. Die bereits bestehenden müssen operative Realität werden.

Vorgehen Im derzeitigen komplexen Sicherheitsumfeld kann es sich die EU nicht leisten, Zuschauer zu sein. Die Friedensdividende ist vorbei. Unsere Werte und Interessen werden derzeit herausgefordert, und es ist Zeit, sich auf ehrgeizigere Zielsetzungen zu einigen. Die EU befindet sich aufgrund ihrer diversen – sowohl zivilen als auch militärischen – außenpolitischen Instrumente in einer einzigartigen Position, um eine aktive Rolle zu übernehmen. Um den Frieden zu sichern, müssen wir jedoch bereit sein, rasch, entschieden und mit Entschlossenheit zu handeln.

Angesichts der zunehmenden und überwältigenden Sicherheitsherausforderungen sollten die Union und ihre Mitgliedstaaten ernsthafte und konkrete Schritte gemäß Artikel 24 Absatz 1 EUV unternehmen, um eine vollfunktionsfähige gemeinsame Verteidigungspolitik zu entwickeln, die allen Mitgliedstaaten gleiche Sicherheit bietet.

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Anhang Die EVP-Fraktion fordert die EU auf, folgende Maßnahmen umgehend umzusetzen: >> Die HR/VP der EU muss eine neue und ehrgeizige europäische Außen- und Sicherheitsstrategie entwickeln, in der die Interessen, Operationsgebiete und Mittel zur Abwehr derzeitiger und künftiger Bedrohungen der EU klar definiert werden. >> Die HR/VP muss die künftige Außen- und Sicherheitsstrategie zu einem Weißbuch für Sicherheit und Verteidigung weiterentwickeln, um unser strategisches Denken mit der Entwicklung militärischer Kapazitäten zu verknüpfen. >> Die Kommission muss konkrete Vorschläge dazu machen, wie sie EU Projekte finanzieren kann, die auf eine bessere gemeinsame Widerstandsfähigkeit und Verteidigung gegen Bedrohungen von außen und auf die Unterstützung unserer Partner abzielen. >> Die EU zur regionalen Kraft für mehr Sicherheit und auch als einen starken europäischen Pfeiler der NATO weiterentwickeln. >> Die Kommission muss ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht werden und Selbstbeschränkungen überwinden, indem sie einen effizienten Verteidigungsmarkt aufbaut und eine europaweite Regelung zur Versorgungssicherheit einführt, und die Mitgliedstaaten müssen kontraproduktive Praktiken der Vergangenheit einstellen. >> Um unsere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, sollte die EU Forschungs- und Techno-

logieprojekte im zivilen und militärischen Bereich wie auch im Bereich Verteidigung (ko-)finanzieren, die künftige europäische Kooperationsprogramme innerhalb der EDA erleichtern. Die Mitgliedstaaten sollten mehr für Verteidigungshaushalte, gemeinsame Beschaffungsprojekte sowie Forschungs-, Technologie- und Entwicklungsprojekte ausgeben und darauf hinarbeiten, die Ziele zu erreichen, die sie sich selbst im Rahmen der NATO und der EU gesetzt haben. >> Der Europäische Rat sollte eine gemeinsame Verteidigung mit der Europäischen Verteidigungsunion aufbauen, auf der Grundlage ständiger strukturierter Zusammenarbeit und einer entsprechenden Klausel zur kollektiven Selbstverteidigung (Artikel 42 EUV), und sollte andere einschlägige Artikel operationalisieren (Artikel 41 Anschubfonds, Artikel 44 EUV Übertragung der Durchführung von GSVP-Missionen an eine Gruppe von Mitgliedstaaten und Artikel 222 AEUV die Solidaritätsklausel). > > Ständige strukturierte Zusammenarbeit könnte der richtige Weg sein, um die isolierten Inseln militärischer Zusammenarbeit in Europa zu koordinieren. >> Zusätzlich zum bestehenden zivilen Gemeinschaftsorgan (CPCC) sollte diese Union ein militärisches Operationskommando zur Planung und Durchführung künftiger Militäroperationen besitzen.

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November 2015 Follow us

Veröffentlicht von: EVP-Fraktion im Europäischen Parlament Presse und Kommunikation Publikationsteam Herausgeber:

Pedro López de Pablo

Verantwortlich:

Greet Gysen

Koordinator:

Daniela Bührig

Revision:

Thomas Bickl

Adresse: Europäisches Parlament, Rue Wiertz 60, B-1047 - Brüssel Internet: www.eppgroup.eu E-mail: epp-publications@ep.europa.eu Copyright: EVP-Fraktion im Europäischen Parlament


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